Auf den Datenmotor kommt es an

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Online-Marketing // Auf den Datenmotor kommt es an
Auf den Datenmotor
kommt es an
Big Data und Retargeting
für datengetriebenes
CRM nutzen
Dominik Haller, M.A.
I
m E-Commerce entscheiden manchmal schon kleine Details über Erfolg
und Misserfolg. Retargeting etwa sollte
möglichst mit intelligenter Kundenansprache
erfolgen, um den Besucher nicht mit irrelevanten Werbebannern zu vergraulen. Dazu ist ein
leistungsfähiges Analysesystem notwendig.
Interview mit dem CMO von
Exasol, Sean Jackson
Experten-Info:
Sean Jackson ist Chief Marketing Officer der EXASOL
AG und in dieser Funktion für
die Marketingstrategie des
Unternehmens verantwortlich.
Vorrangig treibt er die internationale Positionierung und
den Markenaufbau voran. Vor
seinem Einstieg bei EXASOL war er Marketing
Director bei der Actian Corporation und davor in
der gleichen Position bei Kognito tätig. Von 2000
bis 2006 leitete er den Bereich Marketing von
BakBone Software.
twitter.com/seanyj
[email protected]
www.exasol.com
einer Webshop-Seite, nachdem sie diese schon
verlassen haben. So möchte man sie zur Rückkehr
bewegen. Anders als in klassischer Onlinewerbung,
die meist nicht profilorientiert vorgeht, werden die
Besucher anhand ihres Such- und Kaufverhaltens
identifiziert und immer wieder mit gleichen oder ähnlichen Werbebotschaften angesprochen.
Hat ein Besucher das vermarktete Produkt aber
bereits erworben, dann sind diese Angebote eher
störend als einladend. Sie signalisieren, dass der
Webshop-Betreiber nicht in der Lage ist, zwischen
„vor dem Kauf“ und „nach dem Kauf“ zu unterscheiden. Damit einhergehend sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Käufer noch einmal zurückkehrt.
Um dieses Retargeting-Problem zu vermeiden, muss
der Einsatz der Marketingmethode mit Intelligenz
unterfüttert werden. Hierbei wird die Änderung des
Käuferstatus beim Produktkauf erkannt und der
Besucher zwar weiter verfolgt, aber die Angebote
beruhen nun auf Empfehlungen, die der Gast nach
dem Motto „Dies könnte Sie auch interessieren“
oder „Andere Gäste hat dieses Produkt ebenfalls
angesprochen“, bereits kennt. Sie kommen von einer
„Recommendation“ bzw. Empfehlungs-Engine.
eStrategy: Was verstehen Sie unter „intelligentem Retargeting“? Ist traditionelles
Retargeting nicht mehr zeitgemäß?
eStrategy: Kommt es also vor allem auf die
Personalisierung des Retargeting an?
Traditionelles Retargeting schickt Produktinformationen in Form von Werbebannern an die Besucher
Entscheidend für den Erfolg der Empfehlung ist
die Berücksichtigung des Kontextes, in dem sich
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einerseits der Kunde und andererseits die Website
bewegen. Der Kunde kann anonym durch sein Profil
per Clickstream-Analyse identifiziert werden. Er hat
seine IP-Adresse inklusive ungefährem Standort –
insbesondere im Mobilfunk – hinterlassen und er hat
die Suchfunktion und die Navigation im Webshop
genutzt, sodass seine Vorlieben bekannt sind.
Zudem sind durch Werkzeuge wie Google Analytics
oder Adobe Omniture zahlreiche weitere Nutzerdaten
bekannt: z. B. vorherige und nachfolgende Website,
Verweildauer, Browsertyp und Browser-Add-ons,
Betriebssystem, Bildschirmgröße und vieles mehr.
Alle technischen Daten sind nötig, um die Webseite
optimal präsentieren zu können.
Die Gold-Nuggets jedoch sind nur in den persönlichen Daten zu finden. Und wenn aus dem Besucher
bereits ein Käufer geworden ist, stehen auch die
Bezahldaten zur Verfügung. Durch die Analyse des
Kundenverhaltens (Customer Behaviour Analysis)
können so Up- und Cross-Selling-Methoden geschickt eingesetzt werden.
eStrategy: Ist der jeweilige E-Shop in der Lage,
Besuchern Retarget-Messages so schnell zu
schicken, dass sie sie auf der eigenen oder auf
weiteren Webseiten ansprechen können?
In der Tat. Die Rede ist hier von Analyse und Reaktion in nahezu Echtzeit. Um den gewünschten
Mehrwert in Form einer erhöhten Konversionsrate
zu erbringen, muss die Analyse der Nutzer- und
Interaktionsdaten in Echtzeit erfolgen. Das Onlinemarketing-Unternehmen MyThings etwa erreicht mit
personalisiertem Retargeting große Steigerungen der
Konversionsraten führender Markenanbieter.
eStrategy: Welche Art von Datenbanken ist für
solche Echtzeitanalysen geeignet?
Das Datenbanksystem, das die entsprechenden
Analysewerkzeuge mit Daten versorgt, muss zum
einen spaltenorientiert sein – damit lassen sich sehr
viele Daten in kurzer Zeit komprimiert hundertmal
schneller wegschreiben als in herkömmlichen zeilenorientierten Datenbanken. Auch Geschäftslogik,
Regeln und Modelle sind auf diese Rohdaten flexibel
anzuwenden. Dafür sind vor allem In-Memory-Datenbanken geeignet, deren Prozesse im Hauptspeicher
sehr viel schneller ablaufen als auf einer Festplatte.
Sie sind im Durchschnitt noch einmal um den Faktor
zwei bis fünf schneller als spaltenorientierte Datenbanken und ermöglichen daher fundierte Echtzeitreaktionen – also das Retargeting – unterhalb von
60 Sekunden.
eStrategy: Welchen Wert haben die sich
ergebenden Analysen für den Marketingmitarbeiter?
Damit sich dieser hochperformante Datenbankeinsatz wirklich lohnt, benötigen die Analysewerkzeuge
eine Vielzahl von Datentypen aus unterschiedlichen
Quellen. Je mehr Informationen in die Analysen
einfließen, desto genauer lassen sich im Marketing
Wahrscheinlichkeiten berechnen und Vorhersagen
treffen.
Das ist simple Statistik: Je mehr Daten vorliegen,
desto genauer sind das Modell und der Algorithmus,
welche die nächste Aussage berechnen sollen. Je
genauer der Treffer, desto besser das Ergebnis. Dieses fließt wieder in die nächste Vorhersage ein und
so weiter.
eStrategy: Gibt es solche prädiktiven Lösungen
bereits?
Ja. Eine solche Prognoselösung ist beispielsweise
die Predictive Analytics Software von Blue Yonder.
Doch um solche Echtzeitanalysen zu erzielen, muss
die entsprechende Datenbank nicht nur schnell
sein – sie muss außerdem eine große Anzahl von
Besucherprofilen gleichzeitig verarbeiten können.
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Sie leitet Vorhersagen auf Basis der gespeicherten
Nutzerdaten ab, was Kunden in Zukunft interessieren könnte. Je präziser diese Annahmen sind, desto
zielgerichteter erfolgt das Retargeting. Die Software
berücksichtigt deshalb für ihre Vorhersagen nicht nur
einen einzelnen Kunden, sondern die Vorlieben so
vieler Kunden wie möglich.
eStrategy: Dann verändert sich das Onlinemarketing aber ganz erheblich, oder?
Das Web-Marketing dem Zufall zu überlassen, war
gestern. Kontrolle und Echtzeitansprache sind heute
der Standard, und zwar auch dann, wenn sämtliche
Belange des Datenschutzes berücksichtigt werden.
Eine Web-Analyse-Software wie beispielsweise die
von Econda, integriert Shop-Monitoring, Customer
Journey Analysis, Segmentation, Behavioural Analysis und Recommendation Engine.
eStrategy: Welche Art von Kunde würde sich also
das Onlinemarketing wünschen?
Wir wissen, alle Besucher sind vernetzt und berichten mit hoher Wahrscheinlichkeit ihrem jeweiligen
Netzwerk von ihrem Negativerlebnis. Dies ist der
Worst Case. Der Best Case ist der, in dem aus
einem Besucher und Käufer ein Fan wird. Zufriedene
Kunden mag es viele geben, aber treue und begeisterte Kunden – die muss man erst einmal schaffen.
Apropos soziale Netzwerke und Communities:
Auch hier gilt es noch, mit Analysewerkzeugen Goldschätze zu heben.
In sozialen Plattformen wie Xing, Facebook, Linkedin
oder auf Verbraucherplattformen wie Dooyoo.de und
Ciao.de werden Urteile über Produkte, Unternehmen
und vor allem Marken gefällt, die jede Marketingabteilung brennend interessieren dürften. Doch Rezensionen, Blogbeiträge, Wikis, oder Tweets sind
unstrukturierte Texte, die nur von geeigneten Data
Mining Werkzeugen ausgewertet werden können.
Solche Werkzeuge sind heute eine zentrale Komponente von Social Media Analytics, einer noch relativ
jungen Disziplin der Big-Data-Analyse.
eStrategy: Moment mal, Sie sprechen offenbar
von wirklich großen Datenmengen. Das müssen
doch Petabyte an Daten sein?
Über ein Dashboard liefert die umfassende Software
dem Manager Antworten wie etwa, welche Suchkette die Besucher eines E-Shops durchlaufen. Ist
die Navigation schwierig oder gar irreführend, kann
es vorkommen, dass der Besucher die Website
frustriert ohne Ergebnis verlässt. Mindestens ebenso interessant ist die Frage, an welchem Punkt ein
digitaler Warenkorb verwaist stehengelassen wird.
Dieses Phänomen taucht öfter auf, als man erwarten
würde. Die Frage lautet, an welchem Punkt der Besucher den Bestell- und Kaufprozess abgebrochen
hat. An dieser Stelle müsste nachgebessert werden.
Diese Antworten haben erheblichen Einfluss auf den
Geschäftserfolg von Webshops.
Das stimmt! Allein Xing hat acht Millionen Nutzer,
Facebook in Deutschland rund 23 Millionen. Wie
beim intelligenten Retargeting kommt es hier darauf
an, nicht nur unkalkulierbar große Datenmengen
verarbeiten zu können, sondern dies auch möglichst
schnell zu erledigen – es herrscht eine „need for
speed“ wenn Sie so wollen.
Es ist ja bereits mehrmals vorgekommen, dass eine
Marketingkampagne den gegenteiligen Effekt hervorgerufen hat, als vom Firmenmarketing beabsichtigt
war. Nun kommt es nicht nur darauf an, den möglicherweise folgenden „Shitstorm“ auszuwerten, sondern auch angemessen mit Fingerspitzengefühl zu
reagieren – und zwar möglichst rasch, bevor große
Imageschäden eintreten.
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eStrategy: Wenn es aber um Geschwindigkeit
geht, wozu sollte man sich dann im Marketing
mit langwierigen Analysen von Zahlen aufhalten?
Geht es nicht ein wenig schneller?
Doch, schon: Eine entsprechend performante Datenbank liefert der Analysesoftware zwar geeignete
Informationen, doch der Nutzer bekommt mit einer
Visualisierungssoftware, wie zum Beispiel von
Tableau, eine wesentlich aussagekräftigere Präsentation der relevanten Erkenntnisse.
Entscheidend für den Erfolg der Empfehlung ist die Berücksichtigung des
Kontextes, in dem sich einerseits der
Kunde und andererseits die Website
bewegen.
Das Web-Marketing dem Zufall zu überlassen, war gestern. Kontrolle und Echtzeitansprache sind heute der Standard.
Wer quasi das Gras wachsen hört, kann
schneller negative Trends aufhalten und
positive Trends verstärken.
Autor
Dominik Haller, M.A.
Mit seinem Dashboard kann ein Marketingleiter
Assoziations- und Reputationsanalysen aufrufen,
wo das Rating der Marke abrufbar ist. Kampagnen
müssen gemäß ihrem – hoffentlich erwarteten –
Erfolg bewertet werden. Die enge und einfallsreiche
Interaktion mit den verschiedenen Verbraucher-Communities ist der beste Weg, rasch an aussagekräftige
Daten dieser Art zu kommen. Alle großen Markenunternehmen (beispielsweise Coca-Cola, Daimler usw.)
betreiben sie. Wer quasi das Gras wachsen hört,
kann schneller negative Trends aufhalten und positive Trends verstärken.
Der studierte Kommunikationswissenschaftler arbeitet
als Online Marketing Manager und Projektmanager bei
der TechDivision GmbH und
ist für das Content Management, Partnermanagement,
für die Eventorganisation
sowie sämtliche Marketingaktivitäten online wie offline zuständig. Darüberhinaus ist er als leitender Redakteur und Autor
des eStrategy Magazins verantwortlich für
Hintergrundrecherchen rund um die Themen
E-Commerce, Online Marketing, E-Recht,
Mobile, Webentwicklung und Projektmanagement. Neben seiner beruflichen Tätigkeit bei der
TechDivision GmbH engagiert er sich auch als
Lehrbeauftragter an der Universität Salzburg.
www.techdivision.com
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