P 2 P R O J E K T 2 // G Y M N A S I U M Neuer Bau für neues Lernen20 Steckbrief22 Interview25 Viel Holz und wenig Beton26 Fazit: Schule geht neue Wege29 Gymnasium Neuer Bau für neues Lernen In Diedorf entsteht eine Schule, die Raum für völlig neue Lernformen schafft. Dank integraler Planung dürfen von Anfang an alle ein Wörtchen mitreden. I n Diedorf nahe Augsburg entsteht derzeit Deutschlands innovativster Schulbau. Der Neubau des Schmuttertal-Gymnasiums ist ein Modellprojekt zum verantwortungsvollen Umgang mit nachwachsenden Ressourcen. Ist das Gebäude erst einmal in Betrieb, soll es sich selbst versorgen und mehr Energie produzieren, als es verbraucht. 900 bis 1000 Schüler finden hier künftig gute Lernbedingungen in möglichst schadstofffreier Umgebung vor. Für die Konzeption wählten die Planer einen integralen und zukunftsweisenden Planungsansatz. Das bedeutete, dass bereits zu Beginn der Planungsphase Experten aus jedem Bereich, vom Holzbauer bis zum Pädagogen, zu Rate gezogen wurden. Die Experten rückten die effiziente Nutzung der Räume ins Zentrum der Planung. Auch wenn der Schultypus vom konventionellen Schulgebäude abweicht, sollte er doch 20 mikado 10.2015 hinsichtlich der Flächenausnutzung keineswegs schlechter aufgestellt sein als ein konventionelles Schulgebäude. Bereits zu Planungsbeginn versuchen die Spezialisten, alternative Lösungsansätze unter den vielfältigen Blickwinkeln nachhaltiger Kriterien zu optimieren und schließlich auch umzusetzen. Zu den typischen Elementen einer Schule gesellen sich neue Typen, manch Althergebrachtes wurde den neuen Lerngegebenheiten angepasst: Vor den Klassenräumen werden Marktplätze mit Material zum Selbststudium errichtet. Sie ermöglichen den Kindern eigenverantwortliches Lernen in kleinen Gruppen. In allen Klassen werden PC-Arbeitsplätze installiert und anstatt der früher üblichen getrennten physikalischen, chemischen und biologischen Sammlungen entsteht eine gemeinsame, fächerübergreifende naturwissenschaftliche Sammlung. An so mancher Lösung wurde lange getüftelt, bis sie sich mit den Vorgaben des Freistaats Bayerns deckten. So stand der Brandschutz immer wieder im Fokus der Planung bei der Raumaufteilung. Schließlich verlangt die gesetzliche Vorgabe nach möglichst kleinen, abgetrennten Einheiten – eine Vorgabe, die das Konzept des „Marktplatzes“ vollkommen konterkariert. Durch die Ausarbeitung detaillierter Evakuierungskonzepte konnte diese Klippe aber doch umschifft werden. Der neue Gebäudekomplex entsteht in einem Landschaftsschutzgebiet. Die Gestalt des Baus musste also besonders sorgsam angegangen werden. Zum einen sollte sich das Gebäudeensemble in seiner Kubatur an die weitgehend unverbaute landschaftliche Umgebungssituation anpassen. Zum anderen mussten die Planer auf die Lärmbelästigung durch eine nahe gelegene Bundesstraße und einen Bahnhof reagieren. ARCHITEKTEN HERMANN KAUFMANN ZT Die gestalterische Lösung lag in einem mehrteiligen Gebäudekomplex mit nicht mehr als drei Stockwerken und flach geneigten, begrünten Satteldächern. Die Fassaden besteht aus unbehandeltem Holz. ▴▴Ein Blick in die Klassenhäuser verdeutlicht das Konzept: Sehr viel sichtbares Holz und Tageslicht bestimmen den Raumeindruck Die vier Bauteile des Gymnasiums gruppieren sich um einen Hof. Zwei Klassenhäuser, eine Aula, eine Dreifachsporthalle und weitläufige Außenanlagen bieten Platz für rund 900 Schüler. In den beiden Klassenhäusern finden Klassen- und Fachräume sowie die naturwissenschaftliche Sammlung, Werk- und Kunsträume Platz. Dabei gruppieren sich die Klassenräume um einen in der Mitte liegenden offenen Lichthof, der viel Tageslicht ins Gebäude bringt und als „Marktplatz“ dient. Diese multifunktionale Fläche soll es den Schülern ermöglichen, ARCHITEKTEN HERMANN KAUFMANN ZT Mehrere Bauteile ▸▸ Die Gebäudefassade des Gymnasiums wird in Sichtholz gestaltet, was den Pflegeaufwand minimiert www.mikado-online.de 21 P 2 STECK BR IEF BAUVORHABEN: Neubau SchmuttertalGymnasium Diedorf BAUWEISE: Holzbauweise mit Holzstahlbetonverbunddecken ENERGIESTANDARD: Plusenergiegebäude Primärenergiebedarf von ca. 63 kWh/ (m² a) BAUZEIT: September 2013 bis September 2015 BAUKOST EN: 26 Mio. Euro NUT ZFL ÄCHE: BGF 26 045 m² UMBAUT ER R AUM: 81 390 m³ BAUHERR: Landkreis Augsburg D-86420 Diedorf PL ANER /ARCHIT EK T: Architekten Hermann Kaufmann ZT GmbH A-6858 Schwarzach www.hermann-kaufmann.at STAT IK: Merz kley Partner ZT GmbH A-6850 Dornbirn mkp-ing.com mit neuen Lernformen neue Wege zu gehen. Klassenübergreifende Kooperationen sollen mithilfe dieses Bereichs ebenso möglich sein wie die schnelle Unterteilung einer Klasse in Kleingruppen. Das Konzept unterstützt das individualisierte Lernen. Durch die teils transparent gehaltenen Wände sind eine gute Übersicht und freie Sichtachsen gewährleistet. Die neuen Lernformen stellen auch neue Anforderungen an die Akustik des Baus: Wo früher ausschließlich Frontalunterricht bis in den hintersten Winkel gut hörbar sein musste, ist nun auch Lernen in Kleingruppen angesagt. Die Fachplaner reagierten darauf unter anderem mit der Installation von schallabsorbierenden Stellwänden. In die Entwicklung des neuen Flächenkonzepts steckten alle Beteiligten viel Energie: Detaillierte Befragungen von Lehrern, Schülern und Eltern und der qualifizierte Input eines Beratungsbüros führten schließlich zu der realisierten Lösung. Die zwei weiteren Gebäudeteile stellen die allgemeine Infrastruktur: Das dritte Gebäude nimmt Mensa, Aula, Bibliothek und Musikräume auf, das vierte Gebäude bietet Raum für eine Dreifachsporthalle mit zugehörigen Räumen wie Umkleiden, Holz in der Schule erleben Die Gebäude sind in Holzbauweise gefertigt. Lediglich die unterkellerten Bereiche der Klassenhäuser, Aula und Sporthalle sowie die Nebenräume der Sporthalle im Erdgeschoss werden in Stahlbetonweise hergestellt. Die Obergeschosse und die Dachkonstruktionen sind in Holzbauweise mit hohem gestalterischem Anspruch konzipiert. Dachstuhl und Deckenbalken bleiben als tragende Konstruktion sichtbar. Der Baustoff Holz wird so in der Schule an jeder Ecke erlebbar. L AGEPL AN BAULEIT UNG: Florian Nagler Architekten GmbH, 81245 München www.nagler-architekten.de Sporthalle: Merk Timber GmbH D-86551 Aichach www.merk.de mikado 10.2015 Klassenhaus 1 Klassenhaus 2 Sporthalle Aula ZEICHNUNGEN: ARCHITEKTEN HERMANN KAUFMANN ZT HOL ZBAUER: Klassenhäuser: Kaufmann Bausysteme GmbH A-6870 Reuthe www.kaufmannbausysteme.at 22 Geräteräumen und Technik. Auch in der Gestaltung des Außengeländes wurde nichts dem Zufall überlassen. Die Anordnung der einzelnen Gebäudeteile erlaubt es, die Schulfreiflächen intensiv mit der umgebenden Landschaft zu verzahnen. Um die Gebäude herum ist eine spannungsvolle Abfolge differenziert gestalteter Höfe, Spiel- und Wiesenfelder in Kombination mit Bändern aus Wegen, Vegetations- und Spielelementen geplant. Ökologische Lerngärten übertragen die innovative pädagogische Architektur des Innenraums in den Außenraum. Thema des Monats // Großprojekte // Gymnasium SCHNIT T Die Anforderungen an den Schallschutz machten es notwendig, dass den Deckenkonstruktionen besondere Beachtung geschenkt wurde. Speziell entwickelte und optimierte Holzstahlbetonverbunddecken sorgen für eine optimale Schalldämmung in allen Lernsituationen. Durch ihre recht große Speichermasse schaffen diese Decken zusätzlich eine verbesserte Wärmekapazität. Die Decke besteht aus Brettschichtholzrippen mit einer darüber liegenden Ortbetonplatte. Die darauf aufgebrachte Estrichschicht wurde mit einer Dicke von zehn Zentimetern bemessen. Auch sie dient als Speichermasse und wird über eine Fußbodenheizung zum Heizen und Kühlen verwendet. Die Fassaden wurden als senkrecht stehende Holzverschalungen ausgeführt. Das garantiert Dauerhaftigkeit und geringen Pflegeaufwand im Sinne der Nachhaltigkeit. Der hohe Vorfertigungsgrad der primär eingesetzten Holzkonstruktion ermöglichte einen raschen Aufbau der Gebäude bei größtmöglicher Präzision. Er stellt einen wertvollen Beitrag zum nachhaltigen Bauen dar. Durch die Vorfertigung im Werk konnten auch die Montagezeiten kurz gehalten werden. Die zum Einbau fertigen Elemente reizten die maximalen Transportgrößen maximal aus. So konnten auch die Transportkosten optimiert werden. Mit welcher Vehemenz die maximalen Transportgrößen durchgesetzt wurden, zeigt sich am Beispiel der Dreifachturnhalle: Obwohl die komplette Planung für die Dachelemente der Größe 3 m x 7 m bereits www.mikado-online.de abgeschlossen war, wurden sämtliche Pläne unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit noch einmal umgeworfen: Ausgeführt wurden die Decken schließlich mit 3 m × 14 m großen Elementen. Besonderes Augenmerk legten die Planer auf eine gute Tageslichtversorgung. Dies dient zum einen der Optimierung der Lernumgebung, reduziert andererseits aber auch den Stromverbrauch der künstlichen Beleuchtung. Das Konzept ist einfach: Tageslicht wird durch lange Lichtbänder an der Nordseite der Dachkonstruktion tief in das Gebäudeinnere gebracht. Damit es sich von dort auch gut weiter verteilt, wurden viele Wände transparent gestaltet. Für die Klassenräume bedeutet diese Lösung, Tageslicht nicht nur von der 23 MIKADO P 2 Fensterseite zu erhalten, sondern einen gewissen Teil zusätzlich durch die zum Teil in Glas ausgeführten Innenwände zu bekommen. Umfassende Haustechnik Das Schulgebäude sollte in der Jahresbilanz unter Berücksichtigung sämtlicher Energieströme (also insbesondere auch der nutzerinduzierten Bedarfe) primärenergetisch ein „Plusenergiegebäude“ darstellen. Also musste sämtlichen energierelevanten Eigenschaften des Gebäudes und auch der von den Nutzern verwendeten Technik besonderes Augenmerk gewidmet werden. Zunächst war der Baukörper selbst so zu planen, dass die aktiv zu deckenden Energiebedarfe für Heizung, Warmwasser, Kühlung, Belüftung, Beleuchtung und für die vom Nutzer verwendete Technik möglichst gering ausfallen. Dazu gehörte eine lückenlose und exzellent gedämmte Gebäudehülle ebenso wie ein Konzept zur sommerlichen Verschattung der Fensterflächen. Erst dann folgte die Konzeption zu Deckung des Restbedarfs, die vorzugsweise 24 mikado 10.2015 ressourcenschonend zu erbringen sein sollte. Das Ziel des „Plusenergiegebäudes“ machte es dabei erforderlich, durch zum Beispiel aktive Stromerzeugung eine höhere Energiemenge bereitzustellen, als es dem Primärenergiebedarf des Gebäudes entspricht. Eine zentrale Lüftungsanlage mit hocheffektiver Wärme- und Feuchterückgewinnung sorgt für bedarfsgerechte Belüftung. Ausgeführt ist die Anlage als Quelllüftung über mechanisch gesteuerte Zuluftklappen mit optimiertem Abluftrohrnetz. Dabei trägt das Lüftungskonzept auch dem Umstand Rechnung, dass die Marktplätze völlig unterschiedlich genutzt werden können und daher eine flexible Belüftung notwendig ist. Über einen unterirdischen Tunnel ist auch die Sporthalle mit der Haustechnik verknüpft. Die zur Kühlung notwendige Klimaanlage arbeitet mit Verdunstungskälte und hat so einen besonders niedrigen Energieverbrauch. Die optimale Tageslichtnutzung geschieht über Oberlichter und durch Lichthöfe in den einzelnen Gebäudeteilen. Transparente Zwischenwände und Tageslichtsysteme leiten das Licht innerhalb des ▴▴Die Fassaden sind als senkrecht stehende Holzverschalung ausgeführt Gebäudes weiter. Dies verringert die Notwendigkeit elektrischer Beleuchtung und senkt den Stromverbrauch. Das Heizkonzept sieht eine Zentralheizung mit zwei in Folge geschalteten Biomasse-Kesseln mit je 100 kW Leistung vor. Als Energieträger fungieren Pellets. Im Gebäude wurde ein 20 000-Liter-Pufferspeicher installiert. Die Wärmeübergabe erfolgt mittels Warmwasserfußbodenheizung. Die Warmwassererzeugung erfolgt über die Heizungsanlage. Das Plusenergiekonzept rundet eine Photovoltaikanlage ab. Um die strengen Zielsetzungen hinsichtlich des Energieverbrauchs zu überwachen, schließt sich an die Bauphase ein zweijähriges Monitoring an. Da die Schule ein Modellprojekt ist, ist eine umfassende Dokumentation des Gebäudes selbstverständlich. Jeder Projektbeteiligte dokumentierte seinen Planungsprozess, die Strategien der Entscheidungsfindung und die Vor- und Nachteile der unterschiedlichen Lösungsvarianten. Die komplette Dokumentation wird schließlich sowohl in Buchform einsehbar als auch über das Internet abrufbar ▪ sein. Thema des Monats // Großprojekte // Gymnasium Projektleiter im Gespräch Leuchtturmprojekt in Diedorf ◂◂Michael Kriegner ist Projektleiter bei Kaufmann Bausysteme. Bei der Konzeption und Planung des SchmuttertalGymnasiums in Diedorf liefen viele Fäden bei ihm zusammen KAUFMANN BAUSYSTEME mikado: Für die Konzeption der Schule brachte man schon von Anfang an Experten der unterschiedlichen Gewerke zusammen. Was bedeutet dieses Verfahren für den Holzbauer? Michael Kriegner: Bei diesem Projekt handelte es sich um ein höchst komplexes Bauvorhaben. Das Gebäude wurde als Holzbau konzipiert und realisiert. Die große Aufgabe war es jedoch, nicht nur den Holzbau an sich, sondern alle am Bau tätigen Gewerke abzustimmen. Maßgeblich für den Holzbau waren daher nicht nur statische und architektonische Grundlagen, sondern der gesamte Innenausbau bis hin zur Sicht-Installation der gesamten Technik. Aus diesem Grund ist es unserer Meinung nach unbedingt notwendig und fundamental für das gesamte Gebäude, dass von Anfang an Experten der Planungsund Konzeptionsphase hinzugezogen werden. Der Nachteil ist, dass der Holzbauer natürlich in der Umsetzung seiner eigenen Produktions- angepasst werden. Natürlich bringt eine Wiederholung eines Projektes Synergieeffekte: nicht nur für den Holzbau, sondern auch für alle Beteiligten. Ebenfalls sollte eine wirkliche Wiederholung eines Projektes, natürlich mit kleinen Änderungen, „Jeder Anschluss wurde bis ins letzte Detail geplant.“ vorteile sehr wenig Spielraum hat. Daher es ist unbedingt notwendig, dass die hinzugezogenen und beteiligten Fachplaner während der integralen Planung auch wirklich praxisbezogenes Fachwissen mitbringen. Ist der Bau variabel genug, um ihn in ähnlicher Form auch an anderen Standorten zu verwirklichen? Brächte das aus Ihrer Sicht Synergieeffekte? Der Bau ist bestimmt durch seine Achsgeometrie. Dadurch kann der Grundriss unserer Meinung nach sehr einfach an andere Standorte auch dem Bauherrn finanzielle Vorteile verschaffen. Der Schallschutz war zum einen innerhalb des Gebäudes ein Thema. Auch der Lärm von außen soll die Schüler nicht ablenken. Welche Schallschutzmaßnahmen kamen zum Einsatz? Zum einen wurde der Wandaufbau entsprechend konzipiert und ausgeführt und andererseits die Fensterflächen mit den entsprechenden Schallschutzwerten ausgeführt. Auch die Entwurfsplanung mit dem Innenhof ist dieser Anforderung dienlich. www.mikado-online.de Um die Transportkosten zu minimieren, wurden die Größen der Elemente bis zum Maximum ausgereizt. Was bedeutet das für den Transport? Natürlich ist ein Transport, der breiter oder länger ist als ein Normaltransport, mit Mehrkosten verbunden. Ebenfalls gibt es Rahmenbedingungen, die bei solchen Sondertransporten einzuhalten sind. Aber letztlich überwiegt der Vorteil. Je größer die Elemente sind, desto schneller ist einerseits die Montage und andererseits können zusätzliche Elementstöße reduziert werden. Auch das spart Zeit und Geld. Der hier angewendete Grundsatz, dass „größere Elemente“ nicht nur Zeit und Geld sparen, ist auch unsere Firmenphilosophie. Gab es Knackpunkte bei dem Projekt? Die Anforderungen an die Holzkonstruktion mit den verbundenen Ansprüchen von Architektur und Statik waren sicherlich sehr hoch. Mit unserem Know-how und Einsatz, aber auch mit unseren Fachfirmen und der ausgezeichneten Zusammenarbeit mit Architekten, Bauleitung und Fachplanern ist es uns gelungen, den Holzbau in der hohen Qualität zu realisieren. Ein Knackpunkt war sicherlich die Ausführung und Werkplanung, für die aufgrund der Terminsituation viel zu wenig Zeit war. Aufgrund der Komplexität war es erforderlich, jeden Anschluss bis ins letzte Detail zu planen und dann mit allen Beteiligten abzustimmen. Ein weiterer Punkt während der Montage der Holzkonstruktion war das Wetter, das im Sommer 2014 überwiegend schlecht war. Daher mussten wir während der gesamten Montagezeit sehr viel Zeit in die provisorischen Abdeckungen investieren. Herr Kriegner, vielen Dank für das Gespräch! 25 MIKADO P 2 Konstruktion Viel Holz und wenig Beton Dem Holzbauer geht das Herz auf, wenn er sich einige Konstruktionsdetails des Schmuttertal-Gymnasiums in Diedorf ansieht: Möglichst viele Verbindungen wurden in Holz-Holz ausgeführt 26 mikado 10.2015 Thema des Monats // Großprojekte // Gymnasium D ◂◂Die Montage der einzelnen Klassenhäuser erfolgte abschnittsweise amit die Vorfertigung so weit wie möglich optimiert werden konnte, gaben die Planer bereits in der Ausschreibungsphase die präzise Elementeinteilung vor. Sie orientierte sich am größtmöglichen Transportmaß und gab auch alle wichtigen Elementstöße vor. Außerdem sollten möglichst viele Verbindungen in Holz-Holz ausgeführt werden, um die Stahlbauteile möglichst weit zu reduzieren. Durch den Einsatz einer neuartigen Deckenkonstruktion konnte das Ziel leichter erreicht werden. Die für den Bau entwickelten Details werden nach ausführlicher Aufbereitung und Dokumentation künftig interessierten Planern und ausführenden Unternehmen zur Verfügung stehen, um sie bei weiteren Holzbauprojekten zum Einsatz zu bringen. Das Tragwerk der Klassenhäuser und der Aula ist ein Holzskelettbau. Er ruht auf einer Stahlbetonbodenplatte, die rundherum lückenlos gedämmt ist. Auf einer Schwelle aus Lärche steht die aufgehende Wandkonstruktion. In den Außenwänden integrierte Stützen und frei stehende Stützen im Rauminneren tragen die vertikalen Lasten ab. Kombiniert mit Wandscheiben bilden sie die vertikale Tragkonstruktion über drei Stockwerke. Für die Decken entwickelten die Planer eine neue Holz-Beton-Verbundkonstruktion. Die vorgefertigten Deckenelemente hängten die Verarbeiter in die Stützen ein. Sie bestehen aus BSHBalken und Querträgern und vormontierter Deckenuntersicht. Auf die Konstruktion brachten die handwerker dann nach Rohbaufertigstellung eine 120 mm starke Ortbetonschicht auf. Die statisch wirksame Verbindung der beiden Elemente wird über einen Formschluss erreicht, der Aussparungen in den Holzrippen und kleine Nocken im Beton vorsieht. Die vorgefertigten Dachelemente liegen auf den Außenwänden bzw. den Stützen auf. Die flach geneigten Satteldächer sind begrünt und zum Teil mit Photovoltaikmodulen bestückt. Zur sonnenabgewandten Seite haben alle Dächer ein langes Lichtband. Über den Sparren (100/360 mm) befindet sich eine 50 mm dicke Dämmplatte, darüber zwei Lagen hochdruckfeste Mineralwolle, die jeweils 160 mm dick sind. In der unteren Lage ist eine Holzlattung verlegt. Der doppelten Dämmschicht folgt eine Holzlattung zur Befestigung einer EPDM-Bahn, die ebenfalls mit Mineralwolle ausgefacht ist. Über einem Speichervlies liegt dann der Aufbau des Gründachs, der aus Drainage, Substrat und Vegetationsmatte besteht. Der Wandaufbau entspricht mit leichten Abweichungen ARCHITEKTEN KERMANN KAUFMANN ZT ▸▸Der Blick auf die Montage eines Klassenhauses verdeutlicht den Deckenaufbau. Noch ist die Ortbetonplatte nicht gegossen www.mikado-online.de 27 ARCHITEKTEN KERMANN KAUFMANN ZT P 2 möglichst geringes Verletzungsrisiko stellte sich als wichtiges Kriterium heraus. Am Ende entschied man sich für eine wild verlegte sägeraue Fichte mit unterschiedlichen Brettlängen als äußeren Abschluss des Gebäudes. Sonderfall Sporthalle für eine Pfettenkonstruktion mit ebenengleichen Sparren. Tageslicht wird auf zwei Wegen in die Sporthalle gelenkt: Auf der Nordseite befindet sich ein 24 m langes Lichtband, das mit 2,20 m Höhe reichlich Licht in die Halle lässt. Zusätzlich befinden sich auf der Südseite der Dachfläche Oberlichter. Für die Montage der Sporthalle stand ein kurzes Zeitfenster von lediglich drei Wochen zur Verfügung. Franz Hölzl, Projektleiter der ausführenden Firma Merk Timber, empfand das als durchaus sportliche Herausforderung. Drei Teams arbeiteten gleichzeitig auf der Baustelle, um den engen Zeitplan einhalten zu können. Christina Vogt, Gladbeck ▪ ▴▴In der Deckenuntersicht sind die Holzrippen gut zu erkennen Die Sporthalle wurde führte ein anderer Holzbauer aus als der Rest des Gebäudeensembles. Die Holzrahmenbauwände bestehen aus Konstruktionsvollholz und BrettschichtholzBindern in Fichte. Das Herz des Dachs sind 2 Meter hohe BSH-Binder mit einer Spannweite von 28 Metern. Darauf befindet sich eine Aufständerung FA Z I T Schule geht neue Wege NAGLER ARCHITEKTEN von innen nach außen folgendem Prinzip: Auf zwei Lagen Gipskarton folgt ein 50 mm starkes CW-Profil bzw. 50 mm Mineralwolle. Es folgen Dampfbremse, OSB-Platte und die Ständerkonstruktionsebene, die mit Mineralwolle ausgefacht ist. Davor befindet sich eine 16 mm Holzfaserplatte und ein Winddichtpapier. Vor einer stehenden und einer liegenden Lattung schließlich befindet sich der sichtbare Teil der Fassade, auf dessen Ausführung besonderes Augenmerk von allen Seiten lag. Es galt, die unterschiedlichen Vorstellungen aller Beteiligten unter einen Hut zu bringen. Natürlich war die Optik ein besonderes Thema, aber auch ein ◂◂Um das entstehende Gebäude vor Nässe zu schützen, wurde ein Wetterschutzkonzept entwickelt Ganz sicher überstieg die Planung des Schmuttertal-Gymnasiums in Diedorf den üblichen Aufwand um ein Mehrfaches, doch am Ende gewinnen die, für die dieses Gebäude entstanden ist: die jungen Menschen, die in wenigen Jahrzehnten unser aller Zukunft prägen werden. Es kann nur positiv sein, wenn Schule neue Wege geht und ihre alten baulichen Strukturen über Bord wirft. Dass dieses Projekt in Holz realisiert wurde, beweist einmal mehr die Vielseitigkeit und Zukunftsfähigkeit des nachwachsenden Rohstoffs.