4.700 NEUE BRUSTKREBSFÄLLE in Österreich jedes Jahr 75 % DER BRUSTKREBSPATIENTINNEN überleben die ersten fünf Jahre nach der Diagnose 1.600 FRAUEN STERBEN jährlich an Brustkrebs in Österreich 20 POSITIVER BEFUND. Brustkrebs, die häufigste Krebs­ erkrankung der Frau, entsteht in der Brustdrüse. lustaufsleben.at BRUSTKREBS SPEZIAL BRUSTKREBS: NEUE THERAPIEN Jede achte Frau erkrankt an Brustkrebs. Die gute Nachricht: Die Erkrankung ist inzwischen nicht mehr der bedrohlichste Tumor bei Frauen – dank besserer Diganose und Therapiemethoden. Text: Kristin Pelzl-Scheruga Klassifikation Formen von Brustkrebs NICHTINVASIVES MAMMAKARZINOM Als solche werden grundsätzlich nur Vorstadien bezeichnet. Die meisten Fälle von Brustkrebs be­ ginnen in den Oberflächenzellen der Milchgänge. Solange der Brustkrebs auf dieses Gebiet be­ schränkt ist, ist er „in situ“, nicht metastasiert, sozusagen „ruhend“. In diesem Stadium ist die Erkrankung zu 100 % heilbar. Eventuell werden nach der Operation eine Strahlentherapie und eine Antihormontherapie durchgeführt, eine Chemotherapie ist nicht notwendig. INVASIVES MAMMAKARZINOM Krebszellen können das Drüsen- und Ganggewebe auch durchbrechen und sich – je nach Zelltyp – im umgebenden Brustgewebe ansiedeln. Diese K rebszellen können sich über die Lymphbahnen in die Lymphknoten der Umgebung (vor allem Achsel), aber auch über die Blutbahn ausbreiten und Absiedelungen (= Metastasen) bilden. D iagnose: Brustkrebs. Nach dem ersten Schock heißt das für Betroffene: Kräfte mobilisieren, Zuversicht schöpfen, Hilfe annehmen – und sich mit Therapie-Möglichkeiten auseinandersetzen. Die gute Nachricht: Früh erkannt, gibt es bei Brustkrebs gute Heilungschancen. „Dank intensiver klinischer Forschung haben sich die Chancen für Brustkrebspatientinnen deutlich verbessert“, bestätigt Prof.Dr. Michael Gnant, Leiter des Brustgesundheitszentrums Wien und Präsident der „Austrian Breast & Colorectal Cancer Study Group“. Brustkrebs ist jedoch nicht gleich Brustkrebs. „Brustkrebs“ schließt Tumoren unterschiedlichster Herkunft, Schweregrade und Verhaltensformen ein. Das heißt: Eine Therapie, die pauschal für alle Brustkrebserkrankungen zu empfehlen ist, gibt es nicht. OP-Technik: Tumorgröße ist entscheidend In den meisten Fällen lässt sich ein chirurgischer Eingriff nicht vermeiden. Die Größe des Tumors spielt bei der Wahl der Operationstechnik eine wesentliche Rolle. Bei der brusterhaltenden Operation werden nur der Tumor, das unmittelbar umgebende Gewebe sowie eventuell Achsellymphknoten entfernt. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass der Tumor nicht zu groß ist. „Acht von zehn Patientinnen können brusterhaltend operiert wer- 21 BRUSTKREBS SPEZIAL UNIV. PROF. DR. MICHAEL GNANT, Universitätsklinik für Chirurgie, Päsident der „Austrian Breast & Colorectal Cancer Study“ „Die Chancen für Brustkrebspatientinnen haben sich deutlich verbessert: „Acht von zehn können brusterhaltend operiert werden.“ den“, weiß Chirurg Michael Gnant. In der Regel wird nach der OP auch eine Strahlentherapie empfohlen. Ob zusätzlich eine medikamentöse Therapie erforderlich ist, hängt vom histologischen Befund und den individuellen Prognosefaktoren ab. BRUSTKREBS BRUSTKREBS DIAGNOSE • OPERATION • THERAPIE • WIEDERHERSTELLUNG • NACHSORGE INFO. Brustkrebs: Diagnose, Operation, Therapie, Wiederher­ stellung, Nachsorge. Gratis-Down­ load unter: www.krebs­ hilfe.net In bestimmten Situationen kann eine komplette Entfernung des Brustgewebes (Ablatio oder radikale Mastektomie) notwendig sein. In diesem Fall kann gleichzeitig, oder auch nach einem Zeitintervall von mehreren Jahren, die Brust durch eine plastische Operation wieder aufgebaut werden. Alternativ besteht auch die Möglichkeit, durch eine medikamentöse Behandlung vor der geplanten Operation den Tumor zu verkleinern, um auch bei anfangs großen Tumoren eine brusterhaltende Operation zu ermöglichen. Ein wichtiges Prognosekriterium ist die Frage, ob die Lymphknoten in der Achselhöhle befallen sind oder nicht. Diese Tatsache entscheidet neben anderen Kriterien auch über die Notwendigkeit einer zusätzlichen medikamentösen Nachbehandlung. Im Gegensatz zu früher, als immer das gesamte Lymphdrüsengewebe aus der Achselhöhle entfernt wurde, setzt man heute die minimalinvasive Wächterlymphknotentechnik (= SentinelTechnik) ein. Welche Therapie ist die richtige? Das therapeutische Vorgehen bei Krebserkrankungen wird durch international erarbeitete Standards bestimmt. Diese werden entsprechend den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen aus Therapiestudien regelmäßig aktualisiert und international publiziert. Im 22 „Tumorboard“ wird dann interdisziplinär über die notwendige Therapie entschieden. Das heißt: Ärzte der verschiedenen onkologischen Disziplinen wie Chirurgen, Gynäkologen, Strahlentherapeuten und internistische Onkologen entscheiden gemeinsam über die individuelle Behandlung der Patientin. „Ganz individualisiert ist die Therapie freilich nicht - aber aus der molekularen Diagnositk ergeben sich verschiedene Subtypen“, verdeutlicht Experte Gnant. Die Wahl der Behandlung hängt unter anderem von der Art des Tumors, dem Stadium der Erkrankung, vom Alter der Patientin (vor oder nach den Wechseljahren) sowie davon ab, ob der Brustkrebs hormonempfindlich ist, also auf Hormone reagiert. Fortschritt mit neuen Therapien Auf der Suche nach neuen Therapien wurden in den letzten Jahren wesentliche Fortschritte erzielt. So gibt es heute Medikamente, die das Tumorwachstum gezielt bremsen. Die Bezeichnung „zielgerichtete Therapien“ leitet sich aus dem englischen Wort „target“ (das Ziel) ab. Die Behandlung setzt an ganz bestimmten Strukturen in der Zelle (targets) an. Bei 20 bis 25 Prozent der Brustkrebserkrankungen wird das HER-2-Protein verstärkt an den Krebszellen ausgebildet. Dieser Eiweißstoff empfängt an der Oberfläche von Brustkrebszellen Signale für gesteigertes Wachstum. Das heißt: diese Krebszellen neigen dazu, sich schneller zu teilen und zu vermehren. Hier lässt sich gezielt eingreifen, indem der Antikörper Trastuzumab eingesetzt wird (siehe auch Kasten rechts). Was bedeutet (neo-)adjuvant? Eine Behandlung, die nach einer Brustkrebs-Operation zusätzlich durchgeführt wird, nennt man „adjuvant“ (etwa eine adjuvante Chemo- oder Strahlentherapie). Manchmal wird eine Chemotherapie, Bestrahlung oder medikamentöse Therapie bereits vor der Operation eingesetzt, um den Tumor zu verkleinern. Dann spricht man von einer „neoadjuvanten Behandlung.“ Behandlungen wie etwa Chemotherapie können auch palliativ eingesetzt werden: Wenn der Brustkrebs so weit fortgeschritten ist, dass keine Heilung mehr möglich ist, kann eine palliative Behandlung das Tumorwachstum zumindest verlangsamen und die Symptome lindern. BRUST­ KREBS. Tumorzellen unter dem Licht­ mikroskop. lustaufsleben.at Die wichtigsten Therapien auf einen Blick CHEMOTHERAPIE. Die Patienten erhalten Zytosta­ tika (meist als Infusion, manch­ mal auch als Tablette): Die Wirk­ stoffe verteilen sich im Körper und erreichen auch bisher unent­ deckte Tumornester und einzelne Krebszellen in der Blut- und Lymphbahn. Sie werden von den Zytostatika so stark geschädigt, dass sie absterben. Vor allem ge­ eignet zur Behandlung von nicht hormonabhängigem Brustkrebs. Meist werden verschiedene Zyto­ statika miteinander kombiniert und dann in mehreren Zyklen verabreicht. Nebenwirkungen: u.a. Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Haaraus­ fall, Erschöpfung, Veränderungen der Finger- und Zehennägel, Blut­ armut, Gefühlsstörungen. IMMUNTHERAPIE. Ziel der Immuntherapie ist die Aktivierung und Mobilisierung körpereigener Abwehrkräfte ge­ gen Krebs. Man will dem „Vertei­ digungssystem“ vermitteln, dass Krebszellen als „fremd“ erkannt und durch Immunzellen atta­ ckiert und abgetötet werden. Als Arzneimittel stehen Zytokine (z.B. Interferone) zur Verfügung. Kommt vor allem bei Lungenoder Blasenkrebs zum Einsatz. Brustkrebs selbst ist weniger im­ munogen - bei einer aggressiven Subform von Brustkrebs ist die Immuntherapie jedoch vielver­ sprechend. OPERATION. Ein Brustkrebs-Tumor wird nach Möglichkeit immer operativ ent­ fernt. Eingriff der Wahl ist die brusterhaltende Therapie (BET). In manchen Fällen muss aber auch die gesamte Brust ampu­ tiert werden (Mastektomie). ZIELGERICHTETE THERAPIEN. Gehen gezielt gegen Eigenschaf­ ten des Tumors vor, die das Wachstum der Krebszellen för­ dern. Dadurch wird das Tumor­ wachstum gehemmt. Dazu zäh­ len etwa die Antikörpertherapie mit dem HER2-Antikörper Tras­ tuzumab. Dieser wird unter be­ stimmten Voraussetzungen bei Patientinnen mit verstärkter HER-2-Ausgprägung (alleine oder in Kombination mit einer Chemotheraoie) verabreicht. Nebenwirkung: weniger sicht­ bare Nebenwirkungen (wie Haar­ verlust). Nach der ersten, manchmal auch noch nach der zweiten Verabreichung, kann es zu grippeähnlichen Symptomen mit erhöhter Temperatur und Gliederschmerzen kommen. BESTRAHLUNG. Nach einer brusterhaltenden Therapie sowie manchmal auch nach einer Amputation erhalten die Patientinnen noch eine Strahlentherapie (meist 4 bis 5 Wochen nach der OP). Dabei wer­ den Brustkrebs-Reste, die even­ tuell im Körper zurückgeblieben sind, von hochenergetischen Strahlen so stark geschädigt, dass sie absterben. Eventuell er­ halten auch Lymphknoten in der Achselhöhle eine Bestrahlung. Nebenwirkungen: schmerzhafte Rötungen der bestrahlten Haut, manchmal auch Haarausfall, Ödembildung. ANTIHORMON­ THERAPIE. Kommt in Frage, wenn der Tumor viele Östrogen- und/oder Pro­ gesteron-Rezeptoren besitzt und daher hormonabhängig wächst. Das hormonabhängige Tumor­ wachstum kann mit Medikamen­ ten (Antiöstrogene, Aromatase­ hemmer, GnRH-Analoga) blo­ ckiert werden. Die Therapie er­ streckt sich über mehrere Jahre. Mögliche Nebenwirkungen: klimakterische Beschwerden (wie Hitzewallungen oder Stimmungsschwankungen). 23