| 50 LAND & LEUTE Entspannung und Ruhe durch Kühe Melanie und Uwe Eschmann bieten im Bergischen Land für Kindergruppen und Familien Kuhkuscheln an sen und Gaststätten. Bereits als kleiner Junge hat er immer auf dem Bauernhof seines Onkels ausgeholfen. Ihm und seiner Frau war es wichtig zu wissen, wo das Fleisch herkommt. Aber gerade der 42-Jährigen wuchsen die Tiere mehr und mehr ans Herz und das Schlachten fiel ihr schwer. Dies und eine Erkrankung ihres Mannes gaben dann den Ausschlag, aus der Zucht und dem Schlachten auszusteigen. ▶ Ansprechende Homepage 25 € kosten Kaffee, Kuchen und etwa drei Stunden Kuhkuscheln pro Person. Neben Kindergarten- und Schulgruppen gehören Familien, Menschen, die in Kindheitserinnerungen schwelgen wollen, oder Ehemänner, die ihren Frauen eine Kuschelrunde mit dem Vierbeiner schenken, zu den Besuchern. „Erst sind wir hier belächelt worden – jetzt kommen schon die Busse“, erzählt Uwe Eschmann augenzwinkernd. Auch Kuhkuschel-Gäste aus Bayern sind schon da gewesen. Viel Geld läßt sich damit noch nicht verdienen. Die Familie steht mit ihrem Kuhkuschel-Angebot noch am An- Ronja auf Du und Du mit Kuh Maja. Endlich auf Kuh Maja reiten – Tom ist glücklich. „Ich möchte reiten.“ Der 4-jährige Tom aus Reichshof hat ganz klare Vorstellungen von seinem Besuch bei den Kühen. So wie er und seine zwei Jahre ältere Schwester Ronja kommen mehrmals pro Woche kleine und große Besucher nach Nümbrecht-Berkenroth im Oberbergischen Kreis. Sie alle wollen ganz nah an die Kühe von Melanie und Uwe Eschmann heran, sie anfassen, sich an sie schmiegen und sich daraufsetzen. Auch wenn Kühe eher nicht die klassischen Kuscheltiere sind, sie haben eine sehr beruhigende Art, die der Seele guttut. Man fühlt sich besser und der Stress fällt ab. „koe knuffelen“ ist dann auch ein Geschäftsmodell, das seit Jahren in den Niederlanden erfolgreich ist, um müde Manager wieder fit und kreativ zu machen. Auch in Deutschland gibt es inzwischen eine ganze Reihe landwirtschaftlicher Betriebe, die das anbieten. Seit 2011 kann bei den Eschmanns mit Kühen gekuschelt werden. „Eine Freundin hat uns auf die Idee gebracht“, erzählt Melanie Eschmann-Rosenthal von den Anfängen. „Sie war so begeistert von der Ruhe, die unsere Tiere hier ausstrahlen.“ Geplant war das ursprünglich nicht so. Vor zwölf Jahren haben die Eschmanns mit der Mutterkuhhaltung begonnen und auch Aubrac-Rinder gezüchtet. Das Fleisch wurde selbst vermarktet. „Hier in der Region ist die Hausschlachtung noch üblich“, erklärt Uwe Eschmann. Der 43-Jährige ist gelernter Metzger und arbeitet hauptberuflich in einer Feinzerlegung für Men- fang. Bewährt haben sich der professionelle Internetauftritt, den ein begeisterter Kuhkuschler der Familie zum Geschenk gemacht hat, und Facebook. Auch durch einen Bericht in der WDRLokalzeit kamen viele Besucher. „Wir sind auch über die Facebook-Seite aufmerksam geworden“, erzählt Toms und Ronjas Mutter, Juliane Herrmann. „Wir probieren gerne etwas Neues aus und gerade mit Tieren ist es für Kinder immer schön. Und sie haben gestaunt, als ich davon erzählt habe“, lacht sie. Die Leute, die herkommen, wissen meist nicht, was sie erwartet. Individuell je nach Alter der Kinder und der ZuLZ 34 · 2015 | LAND & LEUTE 51 Kuh Maja ist die Vorsichtige im Kuhkuschel-Team und lässt Tom und Ronja geduldig ihren ReitSpaß. sammensetzung der Gruppe gestalten Eschmanns das Treffen mit den Kühen. Große Gruppen werden aufgeteilt, damit nicht zu viel Unruhe in die Herde kommt. Tom und Ronja jedenfalls sind schon hellauf begeistert, dass sie die Kälbchen bürsten und spazieren führen können. „So können sie Vertrauen fassen und Kontakt zum Tier aufnehmen“, erläutert Melanie Eschmann-Rosenthal. „Erst danach gehen wir, wenn die Kinder Lust haben, zu den großen Tieren, Eine Trecking-Wanderung mit den Kälbchen gehört dazu. Tom nimmt Kontakt auf. Uwe Eschmann erklärt ihm das richtige Putzen. LZ 34 · 2015 denn die langen Hörner machen den kleinen Kindern oft Angst“, weiß die vierfache Mutter. Die Kinder können dann auch zu dritt oder viert auf den Kühen liegen oder reiten. „Wir wissen ganz genau, welche Kuh das will und welche nicht“, erzählt Uwe Eschmann lachend. „Die verziehen sich dann nämlich, wenn wir kommen.“ ▶ Zeit mitbringen Beim Kuhkuscheln geht es weniger ums Kuscheln selbst, sondern mehr um den Kontakt zum Tier, darum, seine Wärme zu spüren und zur Ruhe zu kommen. Und das kann dauern. „Wir gucken dabei nicht auf die Uhr“, bekräftigt das Ehepaar. „Das kann schon zweieinhalb Stunden dauern, selbst vier Stunden gehen schnell vorbei.“ Die Eschmanns richten sich dabei immer nach den Tieren. Es dauert eben manchmal, bis sie sich hinlegen. Das schätzen ihre Gäste. Die Resonanz ist durchweg positiv, auch bei Menschen mit Handicap oder wenn hyperaktive Kinder kommen. Selbst wenn vieles ähnlich ist – jeder Tag Kuhkuscheln ist anders: „Tiere sind keine Maschinen“, betont Uwe Eschmann. Nebenbei beantworten die Eschmanns natürlich auch Fragen. Und bei aller Kuschelei – die Sicherheit im Umgang mit den Tieren wird großgeschrieben. Inzwischen sind zur ursprünglichen Aubrac-Herde weitere Tiere anderer Rassen dazugekommen. Die Herde ist auf 22 Tiere angewachsen – erst vergangene Woche sind noch zwei Jungochsen aus Bayern dazugekommen. Die Weiden um die ehemalige Hofstelle von Melanie Eschmann-Rosenthals Vater ist zu einer Art Auffangstation für Kühe und Kälber in Not geworden. Jetzt ist allerdings die flächenmäßige und finanzielle Kapazi- tätsgrenze erreicht. Die Eschmanns bieten deshalb auch Patenschaften für die Tiere an und planen eine Vereinsgründung. Auch die Werbung wollen sie noch einmal intensivieren, denn ihre Zielgruppe sitzt nicht in der Region: „Hier zeigen sie einem den Vogel“, bedauert Uwe Eschmann. Sie wollen die Tourist-Informationen im Köln-Bonner Raum ansprechen. Im Angebot haben sie auch Ferienprogramme, Kindergeburtstage, Lesungen oder Zelten bei den Kühen. Die Zweibeiner im Kuhkuschel-Team (v.l.n.r.): Uwe, Chiara, Anna Sophie und Melanie EschmannRosenthal. Tochter Laura und Sohn Julian fehlen auf dem Bild. Tom und Ronja jedenfalls sind glücklich. Obwohl Kuh Maja brünstig war, konnten sie ausgiebig reiten und kuscheln. „Ich fand es sehr entspannend“, zieht auch ihre Mutter Juliane Herrmann Bilanz. „Toll, dass man so nah an die Kuh herankommt, das ist ja sonst eher nicht so.“ Ganz schön forsch der Valentino, ist die 6-jährige Ronja überrascht. Nach einem stressigen Arbeitstag gehen übrigens auch Melanie und Uwe Eschmann selbst mit ihren Kühen spazieren: „Dann ist alles wieder gut.“ ken Fotos: Kirsten Engel