Eine Gruppe von Vibrations-Trucks während einer seismischen Messung. © LIAG Messkampagne im Erzgebirge beginnt im August 19.07.2012 Kristalline Gesteine für Geothermie untersuchen Schema einer seismischen Messung © juwi In Deutschland befinden sich bisher die meisten Geothermieanlagen im bayerischen Voralpenland und im Oberrheingraben. Diese nutzen überwiegend die natürliche Wärme der sedimentären Grundwasserleiter in diesen Becken. Allerdings stecken die größeren geologischen Wärmevorkommen in den kristallinen Gesteinsschichten. In einem 100 km² großen Gebiet im Erzgebirge startet das Leibniz-Institut für Angewandte Geophysik (LIAG) gemeinsam mit Partnern eine 12-wöchige geophysikalische Messkampagne. Diese soll die Frage klären, ob dort eine geothermische Energieerzeugung möglich ist. In einem 100 km² großen Gebiet rund um den Ort Schneeberg im Erzgebirge wird das kristalline Gestein mit zwei verschiedenen seismischen Messverfahren untersucht: Drei schwere Vibrations-Trucks verursachen Erschütterungen, deren Ausbreitung von einigen tausend Geophonen aufgezeichnet werden. Weiterhin werden an 24 Standorten um das zentrale Messgebiet herum kleine Sprengungen durchgeführt und mit Messinstrumenten beobachtet. Ziel ist, aus den Messwerten ein detailreiches 3-D-Modell des Untergrunds bis in 6 km Tiefe zu entwickeln. Bisher ist der geologische Aufbau der Region durch den jahrhundertelangen Bergbau und Bohrungen etwa bis in 2 km Tiefe bekannt. „Kristallin-Gebiete für die Tiefengeothermie nutzbar zu machen, wäre für diese Zukunftsenergie ein großer Schritt nach vorne und die Seismik ist vielleicht der einzige Schlüssel für den Zugang zum Kristallin in der Tiefe“, sagt Projektleiter Dr. Rüdiger Schulz vom LIAG. Auf einer Informationsveranstaltung am 24. Juli im Kulturzentrum Schneeberg stellen die Forscher der Öffentlichkeit Ablauf und Ziel der Arbeiten vor. In Deutschland finden sich kristalline Gesteine u. a. in Mittelgebirgen, z. B. Schwarzwald, Bayerischer Wald und Spessart. Diese Gesteine sind durch hohe Temperaturen und Drücke sowie tektonische Ereignisse während früherer geologischer Epochen geprägt worden, d. h., der Untergrund ist komplex und inhomogen. Durch die Messungen sollen in erster Linie Störungen bestimmt werden, an denen Risse und Klüfte anzutreffen sind und eventuell heiße Tiefenwässer aufsteigen. An solchen Stellen sind die Chancen größer, auf vergleichsweise hohe Temperaturen zu treffen. In kristallinen Gesteinen sind derartige Datenauswertungen wissenschaftliches Neuland. Dr. Hartwig von Hartmann ist beim LIAG für die Datenauswertung zuständig: „Strukturen im kristallinen Grundgebirge herauszuarbeiten – da ist man an der Forschungsfront; und zwar sowohl beim Datenprozessing als auch bei der Interpretation.“ Die Erfahrungen des Projektes werden beispielhaft für die o. g. Mittelgebirge sein. für die Datenauswertung zuständig: „Strukturen im kristallinen Grundgebirge herauszuarbeiten – da ist man an der Forschungsfront; und zwar sowohl beim Datenprozessing als auch bei der Interpretation.“ Die Erfahrungen des Projektes werden beispielhaft für die o. g. Mittelgebirge sein. International wurden derartige Untersuchungen im kristallinen Gestein bereits bei Geothermieprojekten in den USA, Japan und Italien durchgeführt. Das geothermische Informationssystem GeotIS GeotIS bereitet geologische und geophysikalische Daten systematisch auf, damit sie für den Planungsprozess von Geothermieprojekten verfügbar sind. Durch den Datenzugang via Internet sollen die Erfolgsaussichten der Geothermie verbessert werden. Bislang liegt der Schwerpunkt der vorhandenen Daten überwiegend in Regionen, die geothermisch durch hydrothermale Anlagen genutzt werden. Für petrothermale Anlagen, die die Wärme im kristallinen Gestein nutzen würden, ist die Datenbasis bisher sehr viel schmaler. Untersuchungen wie im Erzgebirge helfen, Daten über die geologischen Strukturen derartiger Gebiete in GeotIS zu integrieren und damit noch vorhandene Lücken Schritt für Schritt zu schließen. Projektpartner und weitere Informationen Neben dem LIAG arbeiten die TU Bergakademie Freiberg und das Institut für Geophysik und Geoinformatik der Universität Hamburg im Projekt mit. Das Bundesumweltministerium fördert die Arbeiten im Rahmen der Energieforschung. Eine enge Zusammenarbeit besteht auch mit dem Sächsischen Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie. Nähere Informationen über die Messkampagne im Erzgebirge bietet eine kurze Veröffentlichung des LIAG. Das Forschungsjahrbuch Erneuerbare Energien stellt das Projekt unter dem Förderkennzeichen 0325363A genauer vor. Das Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie hat 2011 eine Studie zur „Tiefengeothermie Sachsen“ veröffentlicht. Das BINE-Projektinfo „Tiefer Erdwärme auf der Spur“ stellt das Informationssystem GeotIS vor. (mi)