Tinnitus - Bayerischer Rundfunk

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Gesundheitsgespräch
Tinnitus
Sendedatum:
30.01.2016
Experte:
Prof. Dr. med. Gerhard Goebel, Dozent für HNO-Heilkunde an der Med.
Fakultät der TU München, Past Chefarzt Schön Klinik Roseneck, Klinik für
Psychosomatik, Verhaltenstherapie, und Psychiatrie, Vizepräsident der
Tinnitus-Liga e.V.
Autorin: Monika Dollinger
Tinnitus - Störendes Geräusch
Es pfeift. Es rauscht. Es klingelt.
Die Töne, die das Gehirn unserem Hörsinn vorgaukeln kann, sind vielfältig; eine
eigene Klangwelt. Für die Betroffenen jedoch oft sehr unangenehm und
belastend. Ohrgeräusche können Menschen so aus der Bahn werfen, dass sie
ihren Beruf aufgeben müssen. Für die Behandlung des sogenannten Tinnitus
werden ganz verschiedene Möglichkeiten angeboten – nicht alle helfen den
Patienten weiter.
Definition - Was ist ein Tinnitus?
Tinnitus kommt von dem lateinischen Wort tinnire für klingeln. Damit ist folglich
ein störendes Geräusch gemeint, das den Patienten immer "anklingelt", und
von niemandem außer von ihm selbst gehört wird.
Wie klingt Tinnitus?
Patienten haben verschiedene Beschreibungen dafür:
- Am häufigsten wird Tinnitus als hochfrequentes Pfeifen beschrieben.
Dies ist damit zu erklären, dass Alterungsprozesse oder Schädigung des
Ohres (z.B. durch Lärm) vor allem im hochfrequenten Bereich stattfindet.
- Oft als Zischen, Rauschen, Kratzen, Brummen.
- Manche finden Bilder wie einen bremsenden Zug, der in den Bahnhof
einfährt, das Brummen eines Kühlschranks oder das Rauschen einer
Muschel, andere fühlen sich an Zikaden oder den Fernseh-Test-Ton
erinnert.
Allerdings bremst dieser Tinnitus-Zug 365 Tage 24 Stunden lang.
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Keine Krankheit
Tinnitus ist keine Krankheit, sondern ein Symptom. Das bedeutet, dass er Folge
verschiedener Krankheiten ist. Beispiel: 30 bis 40 Prozent der Menschen mit
Hörschäden haben auch einen Tinnitus. Andererseits haben auch viele
Patienten mit einer Hörschädigung keinen Tinnitus.
„Man sollte jemand nur als Tinnitus-Patient bezeichnen, der wirklich an dem
Dauergeräusch schwer leidet. Solche Patienten können deswegen auch
depressiv werden oder Angst entwickeln. Auch entstehen mit dem Tinnitus
häufig Schlafstörungen. Wenn der Patient immer seinen Tinnitus registrieren
muss, kann das seelisch krank machen." Prof. Gerhard Goebel, Vorstand der
Tinnitus-Liga e.V.
Tinnitus als Qual
Einen Tinnitus bezeichnet man als quälend oder dekompensiert, wenn er das
Ausmaß einer eigenständigen Erkrankung erreicht hat. Nur ca. zehn Prozent
der Tinnitus-Betroffenen leiden so daran, dass sie als dekompensiert zu
bezeichnen sind und deswegen u.a. eine Klinik aufsuchen. Auf die Bevölkerung
bezogen sind es etwa knapp eine Million Bundesbürger. Die anderen 80 bis 90
Prozent haben mehr oder weniger kein Problem mit dem Geräusch.
Problem: Akzeptanz
Von außen kann man dieses Leiden manchmal gar nicht verstehen, zumal das
Geräusch oft als recht leise beschrieben wird, der Patenten aber nicht aufhören
kann, sich darauf zu konzentrieren.
Ursachen des Tinnitus - Warum entsteht das Störgeräusch?
Rein wissenschaftlich gesehen ist die Ursache des Tinnitus unklar, weswegen
es auch keine ursächliche Therapie gibt. In den meisten Fällen ist der Tinnitus
Folge einer Schädigung der inneren oder äußeren Haarzellen im Innenohr.
Diese Haarzellen sind die eigentlichen Sinneszellen analog der Netzhaut am
Auge: Diese nebeneinander aufgereihte Haarzellen (ca. 15.000 pro Seite), die
sich bei Schall hin und her bewegen, senden über die Hörbahn einen
Stromimpuls zur Hörrinde. Kommt es zu einer Verletzung der Haarzellen (z.B.
bei einem Diskobesuch), hören die Betroffenen mehr oder weniger lang einen
Tinnitus in der entsprechenden Frequenz. Dies kommt bei ca. 10 Millionen
Menschen pro Jahr vor Verselbstständigt sich allerdings danach der akustische
Eindruck im Gehirn,, sprechen wir von einem einem chronischen Tinnitus.
Auslöser: Lärm
Wer zu laut Musik hört, kann einen akuten Innenohrschaden erleiden, der einen
Tinnitus zur Folge hat. Je öfter man sich zu viel Lärm aussetzt, desto größer ist
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die Wahrscheinlichkeit, eine Lärmschädigung zu erleiden. Bei Lärm werden die
Haarzellen im Innenohr überlastet und damit geschädigt. Dieser Schaden wird
von Mal zu Mal größer: Der Mensch wird schwerhörig. Auch der Knall von
Feuerwerkskörpern oder eine Schädelverletzung bei einem Unfall kann einen
Tinnitus zur Folge haben. Andrerseits- und dies macht die Forschung so
schwierig- haben zwei Drittel der Lärmgeschädigten keinen Tinnitus.
Auslöser: Verstopfter Ohrkanal
Bei Ohrenschmalz (Cerumen) werden die Geräusche von außen gedämpft. So
kann es passieren, dass sich die Wahrnehmung des Gehirns auf die
Geräusche konzentriert, und der Tinnitus "gehört" wird, der normalerweise von
Alltagsgeräuschen übertönt wäre. Wenn dann das Ohrenschmalz entfernt wird,
"verschwindet" das Dauergeräusch wieder.
Auslöser: Schnupfen
Bei Erkältung entsteht oft ein Erguss im Innenohr, der sich genauso wie die
beschriebene Verstopfung des äußeren Ohrkanals auswirkt: Er dämpft die
Außengeräusche, der Tinnitus wird hörbar. Wenn die Erkältung ausgeheilt ist,
verschwindet die Flüssigkeit und gleichzeitig das Geräusch. Es kann aber auch
ein Tinnitus bleiben, wenn im Rahmen der heftigen Mittelohrentzündung
toxische Stoffe ins Innenohr gelangen, die wiederum eine Haarzellschädigung
am Eingang der Hörschnecke verursachen können.
Auslöser: Medikamente
Einige Antibiotika schädigen durch chemische Prozesse die Haarzellen des
Innenohrs.
Medikamente, die in hohen Dosen und dann auch nur vorübergehend einen
Tinnitus auslösen können:
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Salicylate (z.B. Acetylsalicylsäure gegen Schmerzen und Fieber; ab 3
Gramm pro Tag)
Indometacin (gegen Schmerzen und Fieber)
Chinidin (gegen Herzrhythmusstörungen)
Furosemid (gegen Herzschwäche)
Carbamazepin (gegen epileptische Anfälle)
Salbutamol (gegen Asthma)
Levodopa (gegen die Parkinson-Krankheit)
Aminophyllin (gegen Asthma)
Koffein (in manchen Schmerztabletten enthalten)
Tetrazyklin und Doxyzyklin (häufig verwendete Antibiotika)
Medikamente, die das Innenohr dauerhaft schädigen und zu bleibender
Schwerhörigkeit führen können:
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Aminoglykoside wie Streptomycin, Gentamicin, Neomycin, Bykomycin,
Kanamycin (Antibiotika, die intravenös gegeben werden müssen)
Cisplatin (Medikament gegen bestimmte Krebsarten)
Chinin (gegen Malaria)
Tuberkulostatika (Medikamente gegen Tuberkulose)
Auslöser: Krankheit?
Immer wieder ist zu hören, dass Krankheiten wie Multiple Sklerose einen
Tinnitus begünstigen. Prof. Goebel stellt aber klar, dass dies meist nur
Vermutungen sind, die die Ärzte anstellen, wenn beispielsweise ihre MSPatienten auch über Tinnitus klagen. MS kann durchaus auch die Hörbahn
beeinträchtigen, ob es aber einen wirklich kausalen Zusammenhang gibt, ist
nicht zu beweisen und die meisten MS-Erkrankten haben keinen Tinnitus.
Auslöser: Gutartiger Tumor des Hörnerv (Akustikusneurinom)
Das Innenohr steht mit dem Gehirn über den Hörnerv in Verbindung. Der
Anfangsabschnitt des Hörnerven liegt in einem Kanal des Felsenbein. Wenn es
dort durch ein gutartiges Wachsen des Nachbarnerven, dem
Gleichgewichtsnerv, zu einem tumorartigen Anschwellen dieses Nerven kommt,
dann kann der Hörnerv quasi „gequetscht“ werden. Die Folge:
Leitungsstörungen mit Tinnitus oder immer wieder auftretende plötzliche
Hörminderungen.
Auslöser: Schwerhörigkeit
Schwerhörigkeit jeglicher Ursache (Lärm, Hörsturz, Alter, vererbt) kann mit
Tinnitus einhergehen. Etwa 60 Prozent der Menschen mit Hörgerät erleben
Ohrgeräusche. Es gibt aber auch viele Schwerhörige, die nie von pfeifenden
oder zischenden Störgeräuschen berichten.
Auslöser: Hörsturz
Ein Hörsturz ist der plötzliche Verlust oder die Minderung der Hörfähigkeit,
mitunter von der einen Sekunde auf die andere. Oft verschwindet der Hörsturz
innerhalb eines halben Tages (hohe Spontanremission).
Wichtig:
Wenn er bleibt oder/und es beginnt zu rauschen oder zu pfeifen, sollte man
einen HNO-Arzt aufsuchen.
Auslöser: Morbus Menière
Etwa bei zehn Prozent der Tinnitusfälle liegt ein Morbus Menière vor. Dabei
kommt es in Abständen von Monaten zu heftigen Drehschwindelanfällen mit
Übelkeit/Erbrechen, einem einseitigen Hörverlust (wie ein Hörsturz) mit Tinnitus
auf dem betroffenen Ohr. Die Anfälle bilden sich innerhalb eines Tages zurück.
Die Erkrankung, von der auch Martin Luther befallen war, entsteht durch einen
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Überdruck der Innenohrflüssigkeit, die das benachbarte Gleichgewichtsorgan
reizt, was dann zu Drehschwindel mit Übelkeit führt.
Auslöser: Hyperakusis
Hyperakusis (Geräuschüberempfindlichkeit) kommt bei Tinnitus häufig vor. In
etwa einem Drittel geht sie dem Tinnitus voraus, quasi ein „Prä-Tinnitus“.
Hyperakusis ist - wie der Tinnitus auch - häufig ein Epiphänomen seelischer
Störungen wie Depression und Angst. Personen mit dem Vollbild einer
Hyperakusis sind häufiger von sehr lautem Tinnitus betroffen als Personen
ohne Hyperakusis. Dieser Aspekt ist daher bei der psychologischen
Behandlung des Tinnitus zu berücksichtigen: Den Betroffenen muss erklärt
werden, dass sie - wie beim Tinnitus - die Stille meiden und sogar absichtlich
sich den normalen Geräuschquellen aussetzen sollen - quasi im Sinne einer
Exposition, wie sie in der Verhaltenstherapie z.B. bei Phobien erfolgreich
eingesetzt wird.
Sonderfall
Bei Patienten mit somatosensorischem Tinnitus (durch ein Schleudertrauma
beim Verkehrsunfall oder durch starkes nächtliches Zähneknirschen) sendet die
Halswirbelsäule bzw. die Kiefer-Kaumuskulatur dem Gehirn (und damit auch
der Hörbahn) ein akutes Schmerz-Signal. Dadurch kann ein störendes
Geräusch direkt im Gehirn entstehen oder ein bestehendes wird vorübergehend
lauter.
Warum bekommt der eine Tinnitus, der andere nicht?
Die Tinnitus-Liga hat in einer Fragebogenaktion bei 5.000 ihrer Mitglieder eine
wissenschaftliche Untersuchung zum Tinnituserleben durchgeführt. Dabei
wurde festgestellt, dass Menschen, die besonders am Tinnitus leiden, meist
auch das Bild einer Depression oder eine Angststörung schildern. Oft bleibt es
unklar, ob die Depression einen Tinnitus verschlimmert oder der Tinnitus eine
Depression auslöst. Auf jeden Fall hängen die seelischen Erkrankungen eng
mit Tinnitus zusammen (hohe Korrelationen). So berichten z.B. über die Hälfe
der Depressions- oder Angst-Patienten über ein Störgeräusch im Ohr – das
muss mitunter nicht schwerwiegend sein, ist aber als Geräusch vorhanden.
"Seelische Erkrankungen können einen Tinnitus wahrnehmbar machen, ob sie
ihn direkt auslösen, kann man nicht sagen." Prof. Gerhard Goebel, Vorstand
der Tinnitus-Liga e.V.
Aktuelle Hypothese
Nach neuestem Stand geht man davon aus, dass in bestimmten
Hörbahnbereichen Nervenzellen im Ensemble zu schnell im gleichen Rhythmus
schwingen. Vergleichbar wäre das mit dem Applaus in einem Konzert: Wenn
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alle Zuschauer im gleichen Takt klatschen, klingt der Beifall lauter, als wenn
durcheinander geklatscht wird. So eine Synchronisation gibt es ständig im
Gehirn und auch auf der Hörbahn. Eine Synchronisierung der Nerven kann
dann dazu führt, dass der Impuls stärker im Gehirn wahrgenommen wird – ein
Tinnitus.
Dazu kommt, dass die Amygdala im Gehirn diese Signale nicht ausfiltern,
sondern ins Bewusstsein gelangen lässt. Dieser Zusammenhang erscheint
plausibel: Denn je depressiver ein Mensch ist, desto mehr ist die Amygdala in
ihrer Funktion beeinträchtigt und ordnet die Impulse als Alarmsignal ein, das sie
dauerhaft an die Hörrinde (Bewusstsein) weiterleitet.
Therapie - Was tun gegen Tinnitus?
Tinnitus ist kein Notfall, sondern ein Eilfall, meint Prof. Goebel. Man muss also
nicht sofort zum Arzt, sondern: Wenn ein pfeifendes oder zischendes Geräusch
im Ohr nach ein paar Tagen nicht weggeht, sollte man zum Arzt gehen.
Wichtig
Am besten ist es, einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt aufzusuchen, denn nur er kann
mit seinen Untersuchungen (u.a. Hörtest) festzustellen, was hinter dem Tinnitus
steckt.
Tabletten gegen Tinnitus?
Tinnitus kann man nicht mit einem Medikament stoppen. Allerdings bekommen
viele Betroffene u.a. Cortison - auch als Infusion. Das Ziel beim akuten Tinnitus
ist die Durchblutung zu fördern und abschwellend zu wirken, auch wenn man
sich nicht wirklich sicher ist, ob die Ursache des Tinnitus im Sinne einer
Durchblutungsstörung zu verstehen ist.
„Die Wirkung der Medikamente - dies gilt zum Teil auch für Kortikoide - ist mit
dem Abfeuern einer Schrotgewehrsalve auf einen Apfelbaum vergleichbar:
Manchmal fällt dann auch ein Apfel herunter. Wir wissen eigentlich nicht genau,
wie das Cortison wirkt.“ Prof. Gerhard Goebel, Vorstand der Tinnitus-Liga e.V.
Offizielle Regelung
Die Kommission zu Erstellung der Leitlinie empfiehlt bei einem akuten Tinnitus
ohne nachweisbare Ursache Betroffene wie beim Hörsturz zu behandeln.
Hörsturz
Bei einem Hörsturz mit und ohne Tinnitus sollte man innerhalb von ein bis zwei
Tagen einen HNO-Arzt aufsuchen. Er wird nach seinen Untersuchungen eine
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rheologische Behandlung (Infusion) in Kombination mit einem Kortikoid
vorschlagen.
Morbus Menière
Bei Tinnitus aufgrund Morbus Meniere gibt es schwache Effekte eines
speziellen Medikaments, das der HNO-Arzt verschreibt. Wenn dies nicht hilft,
kommt als nächste Stufe der Versuch mit einem Paukenröhrchen, das starke
Druckschwankungen bei raschen Höhenwechsel verhindern soll (“Zufallen des
Ohrs“). Schließlich folgt dann die medikamentöse Ausschaltung des
Gleichgewichtsorgans, wodurch die teils extrem niederschmetternden
Schwindelanfälle langfristig aufhören.
Sauerstoff-Überdruck-Therapie
Laut Prof. Goebel wird diese Therapiemethode nicht mehr propagiert: Nur beim
Knallschaden ist sie noch zu empfehlen, um evtl. mit dem Überangebot von
Sauerstoff das verquollene Innenohr zu retten.
Die ganz andere Therapie
Wichtig ist es, darauf zu achten, ob bei demjenigen, der über Tinnitus klagt,
eine Depression oder Angststörung vorliegt. Denn, wenn diese nicht behandelt
wird, kann sich auch das Leiden am Tinnitus so hochschaukeln, dass es kaum
mehr erträglich ist. Wenn eine psychische Erkrankung vorliegt, ist die
Wahrscheinlichkeit, dass der Tinnitus dekompensiert (entgleist), siebenmal
höher als ohne.
Problem
Vielen Tinnitus-Patienten würde eine Psychotherapie helfen. Dafür müsste der
HNO-Arzt einen psychosomatischen Zusammenhang erkennen und
gegebenenfalls mit einem Fachmann für Psychotherapie/Psychiatrie
kooperieren.
„Inzwischen haben glücklicherweise viele HNO-Ärzte verstanden, dass sie auch
auf die Psyche schauen müssen.“ Prof. Gerhard Goebel, Vorstand der TinnitusLiga e.V.
Beste Therapie
Die kognitive Verhaltenstherapie ist die einzige Therapie gegen Tinnitus, die
wissenschaftlich belegt ist, betont Prof. Goebel. Gerade Menschen, die falsche
Vorstellungen vom Tinnitus haben und sich über die Jahre immer sorgenvoller
damit beschäftigen und stressen, profitieren damit sehr.
„Das morgendliche Tinnitus-Checken, also jeden Morgen zu lauschen, ob er
noch da ist, ist fatal. Damit bringt man sich fast den Tinnitus bei, so als würde
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man das Einmaleins lernen.“ Prof. Gerhard Goebel, Vorstand der Tinnitus-Liga
e.V.
Reden hilft
Tinnitus-Patienten müssen beruhigt werden und die Zusammenhänge
verstehen. Das bedeutet, dass man mit ihnen ausführlicher sprechen muss als
dies mitunter der Fall ist. Ziel: Dem Tinnitus muss der Schrecken genommen
werden.
Hoffnung für Tinnitus-Patienten
-
Immerhin gehen 30 Prozent der Ohrgeräusche innerhalb von zehn
Jahren einfach von alleine wieder weg; chronischer Tinnitus bedeutet
also nicht ewiges Geräusch.
Und 75 Prozent der chronischen Tinnitus-Patienten sagen, dass er ihnen
nach ein paar Jahren nichts mehr ausmacht, obwohl er noch da ist.
„Ich würde mir wünschen, dass HNO- und Hausärzte einmal im Monat eine
Informationsveranstaltung für ihre Tinnitus-Betroffenen organisieren, um
wirklich aufzuklären und den Patienten die Sorgen zu nehmen.“ Prof. Gerhard
Goebel, Vorstand der Tinnitus-Liga e.V.
Tipp: Selbsthilfe
Die gemeinnützige Selbsthilfeorganisation Deutsche Tinnitus-Liga e.V.
informiert ihre Mitglieder im beruhigenden Sinne. Sie setzt sich auch für die
Tinnitus-Retraining-Therapie ein: Dabei üben Patienten in Gruppen mit Hilfe der
Therapeuten und Hörgeräteakustiker, dem Tinnitus keinen Raum zu geben.
Mehr erfahren Sie auch unter:
http://www.tinnitus-liga.de
Stress abbauen
Verfahren wie Autogenes Training, Chi Gong und Progressive
Muskelrelaxation, die Stress entgegenwirken, beeinflussen auch den Tinnitus
positiv. Damit kann der Betroffene auch lernen, seine Aufmerksamkeit vom
Tinnitus wegzulenken.
Den Tinnitus austricksen
Es ist möglich, die Stimulation des Gehirns mit konkurrierenden Geräuschen
abzulenken:
- Hörgeschädigte sollten ein Hörgerät benutzen, das nicht im Ohr steckt,
sondern hinter dem Ohr sitzt und von dort die Umweltgeräusche
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verstärkt. Damit fällt es dem Gehirn leichter, sich den Tinnitus zu
überhören.
Menschen mit einer leichten Hörschwäche können sich beispielweise ein
Hörgerät zulegen, obwohl sie noch keines bräuchten. Da sie die
Geräusche der Umgebung dann wieder besser hören, überlagern sie
den Tinnitus (Teilmaskierung).
Früher wurde gut Hörenden mit Tinnitus empfohlen, ein Rauschgerät
(ein Art Hörgerät, das extra Rauschen erzeugt) zu benutzen. Inzwischen
kommt man davon ab, da man nicht weiß, was es in der Folge psychisch
erzeugen kann.
Wichtig:
Das Hörgerät sollte vor allem dann getragen werden, wenn es leise ist, um den
Tinnitus grundsätzlich zu maskieren.
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