Chamaeleo 42 - Website der AG Chamäleons

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AG Chamäleons
in der DGHT e.V.
Mitteilungsblatt Nr. 42
21. Jahrgang – Heft 1 – Mai 2011
Paarung von Trioceros wiedersheimi peretti (Foto : Patricia & Marco Hebestreit)
Editorial
Liebe Mitglieder,
Während Ihr diese Zeilen lest, laufen die Vorbereitungen zur Jahrestagung bereits auf Hochtouren. Welche
spannenden Vorträge uns diesmal erwarten, findet Ihr weiter hinten im Heft. Bitte beachtet, dass der Haupteingang zur Stadtverwaltung in Boppard in diesem Jahr nicht nutzbar ist, da dort ein Parkhaus gebaut wird.
Zur Tagung gelangt man diesmal über den Seiteneingang!
Für dieses Heft konnten wir wieder interessante Artikel ergattern. Vielen Dank an dieser Stelle an die Autoren.
Dank geht ebenfalls an Anne, die diese Ausgabe gestaltet hat.
Wenn Ihr interessante Beobachtungen bei Euren Tieren machen konntet, ein „Chamäleonland“ bereist habt,
oder ein anderes berichtenswertes Thema wisst, schreibt doch ein paar Zeilen für die kommende Ausgabe
der CHAMAELEO und lasst uns an Euren Erfahrungen teilhaben.
Wir wünschen viel Spaß beim Lesen und freuen uns auf Euch in Boppard
Die Redaktion
P.S. die Nachzuchtstatistik nicht vergessen ;-)
CHAMAELEO
AG Chamäleons
in der DGHT e.V.
Mitteilungsblatt Nr. 42
21. Jahrgang – Heft 1 – Mai 2011
Inhaltsverzeichnis :
Magazin
Haltung
und
Zucht
AG
Intern
F. oustaleti (Mocquard, 1894) in Florida etabliert
5
Beleuchtung in der Chamaeleonhaltung
Uwe STARKE HUBER
6
Eine Inkubationsmethode für Eier von Calumma parsonii
(hier der Variante „orange eye“)
Andreas AUGUSTIN
8
Erfahrungen in der Haltung und Zucht von
Trioceros wiedersheimi perreti (Klaver & Böhme, 1992)
Patricia HEBESTREIT, Marco HEBESTREIT
13
Ein „Indoor“-Wintergarten für Chamäleons, Wohngemeinschaft für Furcifer pardalis und Calumma parsonii
Anne STEMPER
21
Vorschau Jahrestagung der AG Chamäleons 2011
Schönstes Foto, bester Artikel
Mitgliederliste
Verschiedenes/impressum
28
F. oustaleti (Mocquard, 1894) in Florida etabliert
-Timo WeißIn dem in der Zeitschrift IRCF Reptiles & Amphibians erschienen Artikel berichten die Autoren über die Etablierung von F. oustaleti in Florida. Zwei der Autoren besuchten im Jahre 2000 einen in Florida ansässigen
Importeur von Reptilien und Amphibien aus Madagaskar. Dieser setzte die Chamäleons in die Plantage neben
seiner Anlage. 9 Jahre später erhielt ein Dritter der Autoren ein totes F. oustaleti zur Sektion. Das Tier stammte
aus der Plantage des nunmehr nicht mehr aktiven Händlers. Es handelte sich um ein trächtiges Weibchen.
Eine anschließende Suche auf besagten Grundstück ergab in einer Nacht den Fund von 19 F. oustaleti in jeder
Altersklasse. Somit ist dies neben Tr. j. xantholophus auf Hawaii und Ch. calyptratus ebenfalls in Florida bereits
die dritte Chamäleonart, die sich in den USA in freier Wildbahn etablieren konnte.
Quelle:
Christopher R. Gillette, Kenneth L . Krysko, Joseph A. Wasilewski, Guy N . Kieckhefer III, Edward F. Metzger
III, Michael R. Rochford, Daniel Cueva and Dustin C. Smith:
Oustalet’s Chameleon, Furcifer oustaleti (Mocquard,1894)(Chamaeleonidae), a Non-indigenous Species Newly
Established in Florida
IRCF Reptiles & Amphibia ns • Vol 17, N o 4 • DEC 2010
Magazin
5
Uwe STARKE-HUBER
Beleuchtung in der Chamaeleonhaltung
Möchten wir für unsere Chamaeleons die passende
Beleuchtung besorgen, müssen wir uns mit den
Haltungsbedingungen bzw. ihrem Lebensraum
befassen und uns die Frage stellen, wie stark sie in
ihrem Lebensraum dem Licht und der UV-Strahlung
ausgesetzt sind, welche Temperaturen dort vorhanden
sind, welche Vegetation dort angesiedelt ist und
wie sie vom Chamaeleon genutzt wird und wo der
bevorzugte Aufenthaltsort ist. Chamaeleons, die sich
in einem Regenwald in Bodennähe teilweise in den
Laubschichten aufhalten, haben ein ganz anderes
Licht -, Temperatur - und UV- Bedürfnis als ein
Chamaeleon, das am Wüstenrand vornehmlich auf
höheren Sträuchern oder Bäumen zu finden ist. Die
ideale Beleuchtung für ein Chamaeleon ist die Sonne;
sie liefert sichtbares Licht, genügend Wärme, hat
ausreichend UV-Strahlung und ein für Chamaeleons
ideales Farbspektrum. Leider steht uns die Sonne
das ganze Jahr über nicht so zur Verfügung wie wir
sie bräuchten, weshalb wir auf künstliche Lichtquellen
zurückgreifen müssen. Eine einzelne Lampe, wie sie
heutzutage im Terrarienbedarf angeboten wird, kann
die Anforderungen, wie sie die Sonne vorgibt, nicht
erfüllen, egal was die Werbung verspricht und wie
bunt die Verpackungen sind. Wir müssen uns also
die Mühe machen, die passenden Lampen mit den
entsprechenden Eigenschaften selber zu suchen.
Wie das sichtbare Licht spielt natürlich auch das
unsichtbare UV-Licht eine bedeutende Rolle, weshalb
wir uns als Erstes mit UV-Lampen beschäftigen.
Neben der UVA Strahlung, die dem Wohlbefinden
der Tiere zuträglich ist, benötigen Chamaeleons auch
die UVB-Strahlung (ultraviolettes Licht im Bereich
von ca. 280-320 Nanometer). Durch UVB kann das
Chamaeleon ein Provitamin in Vitamin D3 umwandeln,
welches sehr wichtig für den Calciumstoffwechsel
ist. Fehlt UVB und dadurch auch verfügbares
Vitamin-D3 kommt es zu schwerwiegenden
Stoffwechselerkrankungen. Das Calcium aus dem
Darm kann ohne Vitamin D3 nicht resorbiert werden
und steht dem Organismus folglich nicht zur Verfügung.
Der daraus resultierende Calciummangel führt zu
einer langsamen Entmineralisierung der Knochen, die
dadurch erweichen, welches im schlimmsten Fall zu
Frakturen derselben führt. Der Halter bemerkt diesen
6
Mangel meistens erst recht spät, weil er schleichend
und über Wochen passiert, weshalb man immer von
Anfang an auf eine ausreichende Versorgung mit UVStrahlung achten sollte.
Eine entsprechende Behandlung kann zwar die
fortschreitende Entmineralisierung stoppen, aber die
Deformation der Knochen bleibt dauerhaft.
UV-Lampen sollten je nach Hersteller regelmäßig
gewechselt werden damit eine ausreichende UVVersorgung für das Chamaeleon gewährleistet ist.
Je nach Charge kommt es zu unterschiedlichen
Messwerten
bei
der
UV-Abstrahlung,
die
produktionstechnisch zu erklären sind. Die
Schwankungen können sehr stark sein, weshalb zur
Sicherheit immer eine Osram Vitalux als zusätzliche
UV-Quelle zur Versorgung genutzt werden sollte.
Die OsramVitalux hat den Vorteil, dass sie für den
Menschen konzipiert wurde und ihre Toleranzen aus
diesem Grund sehr gering sind. Messgeräte zum
Nachmessen der UV-Strahlung von Lampen wie
z.B. das Solarmeter 6.2 sind schon recht günstig zu
haben und geben dem Halter die nötige Sicherheit
das Chamaeleon ausreichend mit UV zu versorgen.
Die wichtigsten im Markt erhältlichen Lampen, die
UV-Strahlung und gleichzeitig Helligkeit liefern, sind
im Moment die BrightSun und die SolarRaptor. Es
sind Hochdruckmetalldampflampen, die nur mit
einem Vorschaltgerät betrieben werden dürfen.
Die PowerSun und die SolarGlow liefern nicht
so viel Helligkeit wie die eben genannten, sind
aber ebenfalls für die ganztägige UV-Versorgung
geeignet und benötigen eine E27 Keramikfassung;
ein Vorschaltgerät ist für diese Lampen nicht
erforderlich.
Die Helligkeit in einem Terrarium wird durch HQI /
HCI-Lampen, T5-Röhren mit Reflektoren, BrightSun
oder SolarRaptor erzielt.. Bei der Wahl der richtigen
Lampe achtet man auf die richtige Farbtemperatur
und ein ausreichendes Farbspektrum. Auch die
HQI- bzw. HCI-Lampen können nur mit einem
Vorschaltgerät betrieben werden und sollten
wie alle anderen Lampen immer außerhalb vom
Chamaeleonterrarium und damit unerreichbar für das
Chamaeleon angebracht werden.
Was können wir als Wärmestrahler benutzen und
Magazin
welche Voraussetzungen muss bzw. sollte er haben?
Ein Wärmestrahler sorgt für die richtige Temperatur
am Sonnenplatz und dient dem Chamaeleon
zum Aufwärmen. Vom Chamaeleon wird Wärme
mit sichtbaren Licht verbunden, weshalb z.B.
Elsteinstrahler, Rotlicht oder Wärmematten zum
Aufwärmen für ein Chamaeleon ungeeignet sind.
Durch das sehr große Angebot von verschiedenen
Lampen können wir jede Temperatur am Sonnenplatz
erzielen, die unser Pflegling braucht. Die Temperatur
kann entweder durch den Abstand der Lampe zum
Sonnenplatz oder durch die Wahl der Wattzahl
Magazin
geregelt werden. Als Wärmequelle können wir
den guten alten PAR38 Strahler verwenden oder
Halogenstrahler, Glühbirnen und diverse Spotstrahler
vieler anderer Hersteller ; es ist nahezu fast jede
Lampe als Wärmequelle geeignet, wenn sie den
Sonnenplatz auf die geforderte Temperatur erwärmt
und ein vertretbares Farbspektrum aufweist.
Reflektoren verstärken die Wirkung der Lampen und
stellen ein sinnvolles Zubehör dar. Egal welche Lampe
gekauft wird, wichtig ist es sein Tier zu beobachten
und ein Gefühl dafür zu bekommen, ob es sich mit
dem gekauften Licht -Set-Up wohl fühlt.
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Andreas AUGUSTIN
Eine Inkubationsmethode für Eier von Calumma parsonii
(hier der Variante „orange eye“)
Zugegeben, es ist bestimmt nicht die einfachste
Methode diese Chamäleons auszubrüten und das
Alles ist mit viel Zeitaufwand verbunden. Aber es ist
eine Methode.
In Anbetracht der Tatsache, dass diesen
Großchamäleons in ihrer Heimat ihr ursprünglicher
Lebensraum
von
unseren
Artgenossen
in
zunehmendem Tempo genommen wird, möchte
ich unsere Brutmethode hier mal engagierten
Chamäleonzüchtern vorstellen.
Grundlage jedes Reptilieneierbebrütens sind ja die
beiden Faktoren Temperatur und Feuchtigkeit. Wenn
diese physikalischen Größen gut eingestellt werden
muss man sich bei Eiern von Calumma parsonii
nur noch ca. 1,5 Jahre lang mit den biologischen
Einflüssen wie Keimen und einer enorm dicken
Eischale auseinandersetzen.
Temperatur:
Seit längerem ist bekannt, dass die Eier von C. parsonii
2 mal überwintern bevor sie im darauffolgenden
Frühjahr/Sommer schlüpfen. Doch wie warm ist der
Sommer und wie kalt ist der Winter im Boden auf
Madagaskar ?
Im Südsommer, im November, kurz vor der
sommerlichen Regenzeit habe ich auf Nosy Boraha
im Boden des Regenwaldes in 15 cm Tiefe eine
Temperatur von 23 bis 24°C gemessen. Anschließend
begann die Wasserkühlung durch die Regenzeit
auf der Insel. Deshalb ist dies unsere maximale
Bruttemperatur, die wir hier auf der Nordhalbkugel
von März bis November halten.
Die Eier werden meist im Dezember oder Januar
gelegt. Deshalb beginnt bei uns die Inkubation auch
mit der ersten kühlen Phase. Aber auch aus Gelegen
mit einer vorangestellten kurzen Warmphase kann
man gesunde Jungtiere erhalten. Schließlich werden
die Eier vor der Ablage auch von der Mutter unter
Sonneneinstrahlung warm gehalten.
Im simulierten Winter halten wir Temperaturen von 13
bis 14°C ca. 3 bis 4 Wochen lang. Die Winterphase
erscheint streckbar, aber je länger der Winter dauert
desto länger brauchen die Embryonen wohl für ihre
Entwicklung.
Dabei stellen wir die Temperaturen zum Übergang
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nicht ruckartig um sondern verändern sie ungefähr
wöchentlich um 1 bis 2 °C.
Um Hitzeperioden im Sommer zu überbrücken
und um die winterliche Temperaturabsenkung zu
simulieren hat sich ein Inkubator mit Kühlfunktion
bewährt. Wir verwenden den Herp Nursery 2 von
Lucky Reptile.
Feuchtigkeit:
Bisher brüteten wir auf Vermiculite, welches aber
stehendes Wasser unter den Eiern begünstigt. Wegen
dieses keimfördernden Einflusses brüteten wir sehr
trocken. Eigentlich feuchtete ich das Vermiculite nur
nach wenn ein Ei einfiel und dann auch nur dort um
das betroffene Ei herum.
Das setzt natürlich eine häufige Observation der Eier
voraus, die auch aus folgenden Gründen anzuraten
war:
Keime:
Während man es bei anderen Chamäleonarten oft mit
einem fungiziden Sekret auf der Schale zu tun hat,
konnte ich dies bei unseren C. parsonii nicht wirklich
feststellen.
Je älter der Sandberg wurde in dem unser Weibchen
ihre Eier vergrub, desto mehr Probleme bekamen wir
mit Pilzen und Bakterienkulturen auf den Eiern.
Schon bei der zweiten Brut mussten wir die auf
den Schalen wachsenden Kulturen regelmäßig mit
Wasserstoffperoxid (3%ige Lösung / Stabilisator
Phosphorsäure) entfernen.
Die ersten Monate sind nach meinen Erfahrungen die
kritischsten, was dies betrifft. Wöchentlich musste
ich fast alle Eier behandeln. Durch den Einsatz der
H²O²-Lösung wurde das Vermiculite dann wieder zu
feucht, was später neuen Keimbefall begünstigte,
und ich musste die Eier in ein trockeneres Substrat
umbetten.
Erst
nach 3 – 4 Monaten hatte ich die
Brutbedingungen gut genug eingependelt und neben
den meisten Keimen auch schon viele Eier ihretwegen
verloren. Die Restlichen lagen dann aber mit einer
abgetrockneten und nun weißen Schalenoberfläche
viele weitere Monate lang und nur ab und zu musste
ich noch das Antiseptikum einsetzen.
Magazin
Schon bei der ersten Brut, als die Mutter die Eier in
noch frischem Sand vergraben hatte, stellten wir ohne
Einsatz des Antiseptikums fest, dass sich vereinzelt
Keime auf den Eischalen einnisteten. Allein durch
trockene Brutbedingungen konnten wir damals meist
das Wachstum der Kulturen einschränken. Doch in der
Schlupfphase zeigte sich dann, dass manche Keime
doch den Weg durch die Schale gefunden hatten.
Wurde der Embryo zu starkem Keimdruck ausgesetzt
blieb er kleiner und starb vor dem Schlupf ab. Bis zu
einem gewissen Maß an Keimen im Schaleninneren
konnten die Babies diesen Druck aber überstehen.
Sicher hängt dieser schmale Grat auch von der Art
und Aggressivität der eingedrungenen Keime ab.
Links: Keimdruck im Ei war zu stark / rechts: Keimdruck im Ei war ertragbar.
Heute sind wir um diese Erkenntnis reicher und versuchen möglichst sofort radikal gegen jeden Keimbefall
vorzugehen. Selbst der von vielen Züchtern gefürchtete Befall mit roten Bakterien läßt sich mit dem
Wasserstoffsuperoxid wirksam bekämpfen. Ohne ständige Behandlung wäre der Embryo im folgenden Ei
vermutlich verloren gewesen. Doch ich hatte die betroffenen Bereiche auf der Schale immer wieder mit H²O²Tropfen eingedeckt.
Die Keime konnten so nicht durch die Schale dringen und das Baby öffnete schließlich sein Ei selbstständig
und erfreut sich bis heute bester Gesundheit.
Offenbar wird in der Natur von dieser Art eine von anderen Gattungen abweichende Strategie verfolgt die
Embryonen vor negativen Umwelteinflüssen wie Keimen zu schützen:
Die dicke Eischale:
Wenn ein Ei 1,5 Jahre im Boden des Regenwaldes liegt und anschließend daraus ein kleines Chamäleon
unversehrt schlüpfen soll, dann kann dies offenbar durch eine dicke Schale begünstig werden.
Doch wer beseitig im Wald die angreifenden Keime ?
Magazin
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Im Regenwald tut das vermutlich der Regen.
Die Keime werden durch die heftigen Regengüsse weggewaschen. Sie können das Ei zwar immer wieder
angreifen aber haben eben auch eine dicke Schale zum Embryo als Hindernis vor sich. Das Regenwasser spült
sie letztlich immer wieder weg und löst dabei auch viel Kalk aus der Eischale. Die Eischale erodiert so im Laufe
der Monate und ist in der Natur im Moment des Schlupfes nicht mehr annähernd so dick wie bei der Ablage.
Diesen Erosionsprozess so gut als möglich nachzustellen ist neben der erfolgreichen Keimbekämpfung
vermutlich das Geheimnis zum Bruterfolg bei Calumma parsonii. Denn wenn man herkömmlich inkubiert
scheitern die meisten Babies beim Schlupfversuch an der immer noch unversehrten und damit zu dicken
Schale. Zumindest war das unsere Erfahrung.
An der durch den vergeblichen Schlupfversuch zerschundenen Nase erkennt man, dass hier die Hilfe etwas
früher notwendig gewesen wäre.
Durch den Einsatz des Peroxides auch oben auf der Eischale und manchmal sogar durch Tauchbäder darin
haben wir mit dem alten Grundsatz gebrochen Wasser auf dem Ei zu vermeiden. Aber wie beim Regen
trocknet auch das Peroxid schnell wieder ab und der Gasaustausch wird dadurch offenbar nicht erheblich
unterbrochen. Jedenfalls nicht bei ansonsten trockenen Brutbedingungen.
Tatsächlich hatten wir bei der letzten Brut mit Peroxideinsatz eine wesentlich höhere Selbstschlupfquote als
vorher ohne. Das liegt zum Teil aber eben auch an dem
minimierten Einfluss der Keime durch die Eischale auf
den Embryo, denn auch das erste Gelege war nicht
ganz keimfrei.
Nur ist es schwierig das richtige Maß an simulierter
Erosion zu finden. Letztlich behandele ich die Eier
mehr in Abhängigkeit vom jeweiligen Keimdruck und
habe dadurch noch nie einen zu starken Erosionseffekt
erzielt, obwohl da bei manchem Tauchbad auch
schon so Einiges an Kalk wegsprudelte.
Deshalb helfe ich den meisten Babies auch immer
noch, indem ich die Eischale sehr vorsichtig
aufschneide wenn das Ei nach 17 – 22 Monaten zu
schwitzen beginnt oder ich eine Kerbe finde.
Da das Zeitfenster ein Parsonsbaby beim Schlupf zu
retten ziemlich kurz ist (Schätzung: nach 2-3 Stunden stirbt es beim Fehlversuch ab), ist dies die zweite kritische
Phase, in der bei uns eine noch intensivere Observation der Eier notwendig ist. Leider auch nachts. Erst durch
den Fehlversuch des ersten Babys merkt man, dass man nun auch Nachtschichten einlegen sollte.
Sonst wiederholt sich das Schicksal des ersten Babies häufiger:
Kurz vor dem Schlupf wird die Allantois zurückgezogen, die das Baby bis dahin umgab. Dadurch kann
Eiflüssigkeit durch die Poren in der Eischale austreten. Dieser Vorgang wird umgangssprachlich als „Schwitzen
des Eies“ bezeichnet. Die ausgetretene Flüssigkeit weicht die Schale etwas auf was dem Baby hilft sie mit dem
Eizahn aufzuschlitzen. Oft reicht es bei den kleinen Parsonschamäleons um eine Kerbe in die Schale zu ritzen.
Doch nur wenige schaffen es eine zum Schlupf ausreichend große Öffnung in einer noch zu dicken Schale zu
produzieren.
Wenn ich also das schlupfwillige Baby rechtzeitig in
diesem Zustand fand, schnitt ich auf der Seite mit
den „Schweißtropfen“ oder der Kerbe ein ausreichend
großes Loch in die Schale. Dabei führte ich die kleine
Schere so flach unter der Eischale, dass ich die
Blutgefäße, die vom Nabel zum Dotter und zur Allantois
verlaufen nicht mit durchtrennte. Diese werden später
noch in den Nabel eingezogen.
Anschließend überführte ich das gesamte Ei in eine
Heimchendose mit einem feuchten Küchenpapier als
Unterlage zur Erhöhung der Luftfeuchtigkeit, damit das
Baby nicht im Ei festtrocknet. Es kann Tage dauern bis
es aufsteht.
10
Magazin
Bei den Babys überzieht meist noch eine Eihaut die Nase, durch die sie ja nun bald zum ersten Mal Luft holen
müssen. Diese schob ich mit einem Q-Tip zurück und tupfe die Nase trocken.
Inzwischen haben so schon immerhin 41 kleine Parsonschamäleons bei uns das Licht der Welt erblickt.
Manche von ihnen überraschten uns aber auch mit einer kompletten „Eigenleistung“ beim Schlupf:
Soweit der Stand der Dinge und
meiner Hypothesen hier. Ich möchte
noch erwähnen, dass ich auf meine
Vermutungen keine Gewähr übernehme
und jegliche Nachahmung unserer
Brutmethode auf eigene Gefahr
geschieht. Aber vielleicht kann sich
die/der eine oder andere ja eine Frage
beantworten und die Eier künftig
erfolgreicher versorgen als bisher.
Magazin
11
Ich selbst werde es wohl einmal mit simuliertem Regen aus destilliertem Wasser versuchen um zu prüfen ob
meine Erosionstheorie stimmt. Vielleicht ist das Ganze dann auch weniger aufwändig. Vermiculite wird sich
dafür allerdings kaum noch eignen und es wird ein Abfluss notwendig sein.
Allen, die ebenfalls die Nachzucht dieser Echsen versuchen, wünsche ich aus den eingangs genannten
Gründen noch viel mehr Erfolg. Es könnte letztlich der Beginn einer Erhaltungszucht dieser Art sein.
weiterführender Link:
http://chamaeleons-online.com/forum/haltungsberichte-und-steckbriefe/vorschlag-zur-haltung-von-calumma-parsonii/
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Magazin
Patricia HEBESTREIT, Marco HEBESTREIT
Erfahrungen in der Haltung und Zucht von
Trioceros wiedersheimi perreti (Klaver & Böhme, 1992)
Die in Kameruns Montanwäldern angesiedelte,
kleinbleibende Chamäleonart erfreut sich immer
steigender Beliebtheit. Jedoch sind Nachzuchten
sehr rar und ein derzeitiges Einfuhrverbot von
Wildfängen vermindert die Möglichkeit stabile
Bestände aufzubauen.
Ich hatte das Glück vor einigen Jahren ein semiadultes Nachzuchtpärchen zu bekommen und
möchte nun über meine Erfahrungen in Haltung,
Zucht und Jungtieraufzucht berichten.
Grundkenntnisse in der Haltung von Chamäleons
setze ich in der Beschreibung voraus.
Habitat:
Trioceros wiedersheimi perreti, mit den Rufnamen
„Vioee“ (Banso) und „Funana“ (Oku) in Kamerun, sind
am Manengouba Mount und den Bakossi Mountains
in einer Höhe von 1.500-2.000m angesiedelt. Sie
bewegen sich in einer Pflanzenhöhe von 50-200cm
(Tilbury 2010). Bäume und Sträucher wie die
Steineibe, Guineabeere oder afrikanische Pflaume
bilden die Grundlage für Orchideen und Moose in
den Höhen sowie den Kontrast zum anliegenden
Grasland.
Beschreibung:
Die Tiere erreichen eine Gesamtlänge von 10-15cm,
wobei ein Größenunterscheid der Geschlechter
kaum erkennbar ist. Bei meinem Zuchtpärchen
hat das Männchen und das Weibchen die gleiche
Gesamtlänge von 13 cm (KRL 7,5 cm). Das Männchen
hat ein Körpergewicht von 10g, das Weibchen von
12g, welches bei Trächtigkeit bis auf 16g angestiegen
ist.
Die Männchen weisen eine grüne Grundfarbe auf
(siehe Abbildung 1), lateral verlaufen 4-7 größere
blaue und/oder beige Schuppen, die bei Erregung
von einem schwarzen Band unterzogen werden
(siehe Abbildung 2). Auf dem Helm sind viele kleine
Abbildung 2: Männchen in Erregungsfärbung
Abbildung 1: Männchen in Normalfärbung
Haltung und Zucht
Abbildung 3: für T.w.perreti typische, gleichmäßig große Schuppen
des Rückenkammes
13
Abbildung 4: Weibchen in Normalfärbung
Abbildung 5: Weibchen in Graviditätsfärbung
blaue Punkte verteilt, individuell finden sich auch gelbe, rote oder orangefarbene Punkte, die Augen zeigen eine
deutliche rot-braune Augenbinde. Der Rückenkamm ist im Gegensatz zum Weibchen gesägt und schließt mit
7-11 Schuppen ab, die gleichgroß den Körperschuppen sind (siehe Abbildung 3). Die Weibchen haben eine
grünlich-ockerfarbene Grundfärbung (siehe Abbildung 4), welche sich im 4. Lebensmonat einstellt. Die lateral
verlaufenden, vergrößerten Schuppen sind bei den Weibchen gelb- orange und werden ebenfalls bei Erregung
von einem schwarzen Band unterzogen. Die Erregungsfärbung eines trächtigen Weibchens ist deutlich von
der eines nichtgraviden zu unterscheiden: Die Grundfarbe ist dunkel-braun bis schwarz, der gesamte Körper
ist übersät mit kleinen blauen Punkten und der Helm leuchtet mit blauen und/oder orangefarbenen Punkten
(siehe Abbildung 5).
14
Haltung und Zucht
Bis zum Erreichen der Adultfärbung weisen beide Geschlechter eine grüne Grundfarbe auf (siehe Abbildung
6-10).
Abbildung 7: Männchen sind nach 2 Wochen am gesägten Rückenkamm erkennbar
Abbildung 8: Weibchen 2 Wochen alt
Abbildung 9: Männchen 8 Wochen alt
Abbildung 10: Weibchen 10 Wochen alt
Abbildung 6: Jungtier 2 Tage alt
Abbildung 11: Bei T.w.perreti flacht die Helmspitze auf die Horizontale ab
Im Gegensatz zur Nominatform Trioceros wiedersheimi wiedersheimi (Nieden,1910) finden sich folgende sichere
Unterscheidungsmerkmale (Tilbury, 2010): Der Rückenkamm ist spitzer gesägt und wird von 4-6 größeren
Schuppen begrenzt. Die Kehlschuppen sind bei männlichen T.w.wiedersheimi spitzer und länger wohingegen
T.w.perreti kurze, abgeflachte Kehlschuppen besitzt. T.w.wiedersheimi hat einen durchgehend ansteigenden
Helm, mit einer leichten Erhöhung in den letzten Millimetern. Der Helm bei T.w.perreti flacht in den letzten 2mm,
bzw. 2-3 Schuppen der Helmkante rapide auf die Horizontale ab (siehe Abbildung 11).
Haltung und Zucht
15
Haltung
Terrarium: Ich empfehle eine Einzelhaltung in einem
Terrarium mit mind. 60x60x40cm (HxBxT), wobei
eine Gruppenhaltung von 1.1 oder 0.2 in einem
entsprechend größeren Becken möglich ist, aber
genau beobachtet werden muss, um die Tiere bei
Verhaltensänderungen schnellstmöglich wieder zu
trennen. Es ist mindestens der gesamte Deckel und
eine breiter Streifen an Seite oder Front aus Gaze
zu gestalten. Die Luftfeuchte muss hochgehalten
werden, dies kann z.B. mit einer Regenanlage
gewährleistet werden. Alternativ dazu empfehle
ich eine Tropftränke, die von vielen Tieren auch
zum Trinken gut angenommen wird. Ein reines
Netzterrarium bietet zu viel Zugluft und ist, bis auf
Freilandaufenthalte, ungeeignet. Das Becken sollte
dicht bepflanzt werden (siehe Abbildung 12). Hierzu
eignen sich verschiedene Ficus-Arten, Scheffleria,
Efeutute, Zierspargel, Gräser und Farne. Als
Bodengrund hat sich ein Gemisch aus Terrarienhumus
und Sand im Verhältnis (2:1) bewährt.
Ein Freilandaufenthalt im Sommer kommt den Tieren
sehr zugute und wirkt sich positiv auf die Verfassung
aus. Ein Freilandaufenthalt über Nacht wurde nicht
versucht.
Klima:
Die Temperaturen sollten tagsüber 20-25°C und
nachts 15-19 °C betragen. Eine Luftfeuchte von 70%
tagsüber und >90% nachts sollte erreicht werden.
Abweichungen dieser Werte werden kurzfristig
vertragen.
Abbildung 12: Beispieleinrichtung
Das Angebot zur artgerechten Beleuchtung hat
sich den letzten Jahren vervielfacht. Für diese
Chamäleonart hat bei mir folgende Beleuchtung
einen positiven Einfluss auf Verhalten und Paarung:
Auf einem Becken mit 60cm Höhe befinden sich eine
Tageslichtröhre mit 24W und ein Leuchtmittel mit 5%
UV/ 26W. Eine stärkere UV-Bestrahlung (z.B. 10%
oder 5% mit höheren Wattzahlen) ist zu vermeiden,
denn dies kann Augenentzündungen zur Folge haben.
Tendenziell sollte eher auf ein Leuchtmittel mit 2%
UV zurückgegriffen werden. Da sich die Tiere in den
Morgenstunden gerne aufwärmen ist ein zusätzlicher
Halogenspot von 10-20W dienlich. Es sollten sich
aber auch schattige Bereiche im Terrarium befinden,
da sich die Tiere gerne dorthin zurückziehen.
16
Ernährung:
Als Futter werden alle üblichen Insekten wie kleine
Heimchen, Grillen und Heuschrecken, Drosophilas,
Fliegen, Bohnenkäfer, Erbsenblattläuse und Würmer,
wie Mehlwürmer oder Wachsraupen angeboten. Obst
oder Gemüse wurde nicht angenommen. Das Trinken
aus einer Pipette hat sich als dienlich erwiesen, so kann
die Flüssigkeitszufuhr erhöht und evtl. Medikamente
leichter verabreicht werden. Es bedarf jedoch viel
Geduld und einer ausdauernden Armmuskulatur um
die Tiere daran zu gewöhnen. Schlussendlich haben
alle Tiere die Pipette angenommen.
Die Supplementierung sollte bei T. wiedersheimi
eher gering ausfallen, da eine für den CristatusKomplex typische Überdosierung schnell eintreten
Haltung und Zucht
kann. Es werden 1x pro Woche 2-3 Futtertiere mit
Herpetal Complete eingestäubt. Es ist vergleichbar
mit Korvimin, hat jedoch ein besseres Calcium/
Phosphor-Verhältnis, sowie eine höhere Jod
Konzentration um eine mögliche Kropfbildung zu
vermeiden. Die restlichen Futtertiere werden mit
reinem Calciumcarbonat (z.B. geriebene Sepiaschale)
bestäubt. Trächtige Weibchen werden täglich
gefüttert und supplementiert, vorwiegend mit reinem
Calciumcarbonat und jede 3. Fütterung mit Herpetal
Complete.
Krankheiten:
Der Grund, warum diese wunderschöne Art schwer
zu halten ist, sind vermutlich Parasitosen. Nach
meiner Erfahrung sind viele Chamäleons aus dem
Cristatus-Komplex sehr anfällig für Kokzidien,
Nematoden oder Flagellaten. Viele andere Arten
haben ein gutes Immunsystem und ein geringer
Befall ist weder merkbar, noch muss er zwingend
behandelt werden. Bei T.wiedersheimi ist das leider
nicht der Fall und man sollte sofort nach Erwerb und
jedes halbe Jahr den Kot untersuchen lassen. Leider
ist der unerfahrene Halter selten bereit für diese
regelmäßigen Tierarztkosten aufzukommen und wird
nicht lange Freude an seinem geliebten Neuerwerb
haben.
Medikamentenverträglichkeit:
Der Tierarzt wird bei Krankheit Medikamente
verschreiben, die in der Regel von T.wiedersheimi
recht gut vertragen werden. Als geeignet haben
sich z.B. Baycox gegen Kokzidien, Panacur gegen
Nematoden und Metronidazol gegen Flagellaten
erwiesen. Marbocyl zeigte eine gute Wirksamkeit
gegenüber Bakterien. Es sollte in jedem Fall die
Anleitung des fachkundigen Tierarztes befolgt
werden.
Da viele dieser Mittel stark basisch sind und
neben den Parasiten die Darmflora angreifen, was
ebenfalls zum Tod führen kann, sollte während der
Medikamentenbehandlung bis 1 Woche danach alle
2 Tage eine globuligroße Menge „Benebac Bird and
Reptile Gel“ verabreicht werden. Vorbeugend hat sich
Abbildung 13: Kopulation
Zucht
die tägliche Gabe von Oreganumöl (z.B. Dosto WG
Ropa, 1ml Öl ad 1L Wasser) über das Trinkwasser via
Pipette als sehr wirksam erwiesen.
Paarung und Eiablage: Für die Paarung wurde das
Weibchen zum Männchen gesetzt. Das Männchen hat
umgehend mit der Balz begonnen. Dazu hat er sich auf
seine Beine aufgestellt, der schwarze Lateralstreifen
und mehrere vom Auge ausgehende Streifen, sowie
der blaue Helm wurden prächtig dargestellt. Mit
ruckartigen Bewegungen und nickenden Kopf hat er
sich dem Weibchen genähert. Das paarungsbereite
Haltung und Zucht
Weibchen zeigte keine Erregungsfärbung und ging
langsam durchs Terrarium. Sobald das Männchen
aufstieg, bog das Weibchen den Rücken durch und
hob die Schwanzwurzel. Die Kopulation dauerte ca.
10-20 min (siehe Abbildung 13). Danach musste das
Weibchen gleich wieder aus dem Becken genommen
werden, da es dem Männchen gegenüber aggressiv
wurde.
Schon nach 1 Monat zeichnen sich die Eier im
Bauch des Tieres ab (siehe Abbildung 14). Nach
17
etwa 60 Tagen beginnt das Weibchen, 1-2 Tage vor
Ablage, auf dem Boden herumzuwandern. Einstellen der
Nahrungsaufnahme und Probegrabungen konnten nur
teilweise beobachtet werden. Als Bodengrund wurde
reiner Sand, Erde-Sand-Gemisch (2:1) und reine Erde
angeboten. Es wurde entweder der reine Sand oder das
Erde-Sand-Gemisch als Ablageplatz bevorzugt. Darin
gräbt das Weibchen einen ca.10-14 cm langen Gang,
in das es 8-12 Eier mit einer Länge von etwa 1,4cm
ablegt. Dieser Vorgang wurde immer in den Mittag- bis
Nachmittagstunden beobachtet. Nach einer Paarung ist
das Weibchen in der Lage die Samen des Männchens
zu bevorraten (Amphigonia retardata). Pro Besamung
hat das Weibchen 3 Gelege jeweils im Abstand von
jeweils 62 Tagen abgelegt. Danach wurde ein Gelege aus
überwiegend Wachseiern abgelegt, so dass eine neue
Verpaarung eingeleitet wurde. Auch hiernach wurden drei
Gelege ohne weitere Verpaarungen abgelegt.
Zeitigung:
Zur Inkubation von Reptilieneiern ist es zu empfehlen
sich entsprechende Fachliteratur anzueignen (siehe
Referenzen), um als Grundlage für richtige Entscheidungen
ein Verständnis für die Prozesse im Ei zu entwickeln.
Ich beschreibe hier ausschließlich die Methode, die sich
für mich als erfolgreich erwiesen hat und reproduzierbar
zu einer 100%igen Schlupf- und Überlebensrate bei
T.w.perreti geführt hat:
Die Eier werden nach Ablage vorsichtig ausgegraben
und ohne Lageveränderung auf ein Küchentuch gelegt.
Nachdem die Eischale getrocknet ist, wird mit einem
sehr weichen Bleistift vorsichtig oben eine Markierung
aufgezeichnet. Das Lösemittel aus einer Markierung mit
einem Filzstift o.ä. kann sich negativ auf den Embryo
auswirken und ist deshalb zu vermeiden. Nun wird eine
Heimchenbox mit dem Zeitigungssubstrat vorbereitet.
Dazu wird die gewünschte Menge, für ca. 1/3 der Box,
mit feinem Vermiculite eingewogen. Weichschalige
Eier benötigen eine Substratfeuchte von -200 bis -600
kPa (Köhler, 2004). Ich habe ein Wasserpotenzial von
Abbildung 14: Hochträchtiges Weibchen
Abbildung 15: Eier nach 150 Tagen Zeitigung
18
Haltung und Zucht
-500kPa gewählt und somit liegen die Eier von
T.w.perreti knapp an der trockeneren Obergrenze.
Bezugnehmend zur Abbildung 68 aus „Inkubation
von Reptilieneiern“ von Köhler wird zum Vermiculite
in etwa die gleiche Menge (in Gramm) Wasser
zugegeben. Diese Gewichte wurden für jeden Beutel
Vermiculite laut o.g. Abbildung genau berechnet.
Grobes Vermiculite hatte eine wachstumshemmende
Wirkung auf die Eier.
Die Box wird vor Einbettung der Eier gewogen und das
Gewicht notiert, um so alle 2 Wochen das Substrat
via Gewichtsdifferenz nachzufeuchten. Dazu werden
die Eier ohne Lageänderung und Erschütterung
entnommen, die Gewichtsdifferenz an Wasser zum
Substrat zugefügt und gleichmäßig verteilt. Danach
werden die Eier wieder bis zur Hälfte eingebettet
(siehe Abbildung 15). Bei einer Temperatur von 2024°C tagsüber und 17-19°C nachts schlüpfen die
Jungtiere nach 174 Tagen. Ein Zusammenhang
zwischen Inkubationstemperatur und Verteilung der
Geschlechter konnte nicht beobachtet werden. In
Abbildung 16 findet sich beispielhaft eine Tabelle,
die ich für jedes Gelege führe. Besonders bei vielen
gleichzeitigen Gelegen kann so die Entwicklung
überblickt und das Schlupfdatum genauer
vorhergesagt werden.
Bei Beginn des Schwitzens hatte das Ei eine Größe
von 2,1 x 1,3 cm und ein Gewicht von 1,8g. Es
schwitzt etwa 2-5h und fällt ein, danach schlitzt das
Jungtier das Ei auf und verbleibt für 3- 18h im Ei
(siehe Abbildung 17). 18h werden in der Regel dann
erreicht, wenn das Ei abends aufgeschlitzt wird, denn
nachts schlüpft keines der Tiere und verweilt somit
bis zum kommenden Vormittag. Bei durchschnittlich
10 Eiern pro Gelege hat es etwa 3 Tage gedauert
von Schlupf des ersten bis zum letzten Tier. Bis zum
endgültigen Austritt aus dem Ei sollte Dunkelheit
herrschen, denn dauerhaftes Licht kann das Jungtier
dazu veranlassen die Augen zu öffnen und verfrüht
das Ei zu verlassen.
Abbildung 16: Beispielansicht einer Eipflege und Entwicklungsdokumentation
Haltung und Zucht
19
Zum Zeitpunkt des Schlupfes haben die Jungtiere
eine KRL von 2cm und knapp 4 cm Gesamtlänge.
Einige Tiere können noch den Dottersack mit sich
ziehen, der aber innerhalb der nächsten 24 Stunden
abfällt.
Aufzucht der Jungtiere:
Die Juvenilen können einzeln in 30x20x20cm
(HxBxT) oder in kleinen Gruppen zu max. 4 Tieren
in 45x30x30cm (HxBxT) aufgezogen werden.
Hierbei gelten dieselben Klimabedingungen wie bei
den Adulten. Jedoch wird als Bodenbelag Zellstoff
gewählt, welcher jede Woche aus hygienischen
Gründen ausgewechselt wird. 1-2 kleine Pflanzen
schaffen ein natürliches Klima und bieten Lichtschutz
und Versteckmöglichkeiten. Als Beleuchtung wird
eine Leuchtstoffröhre mit 28W angebracht, z.B.
eine Tageslichtröhre oder die vergleichbare Wavelux
mit 2% UV. Auf eine UV-Beleuchtung über 2%
sollte bis zum Erreichen des Adultstatus verzichtet
werden. Als Futter werden alle kleinen Insekten
angenommen, wie Drosophilas, Erbsen- und
Weizenblattläuse, Microheimchen und Bohnenkäfer.
Bis zum 3. Lebensmonat wird täglich gefüttert und
Abbildung 17: Schlüpfendes Jungtier
supplementiert (z.B. Herpetal Complete). Vom 4-5
Monat wird ein Fastentag pro Woche eingelegt und
mit 6 Monaten und beginnender Geschlechtsreife wird 3 mal pro Woche gefüttert.
Nach ca. 2 Wochen kann das Geschlecht anhand des gesägten Rückenkammes bestimmt werden (siehe
Abbildung 7 und 8). Eine Geschlechtsdifferenzierung anhand der Schwanzwurzel ist schwierig und kann
frühestens im Adultstatus erkannt werden, da männliche Tiere nur kleine Hemipenistaschen ausbilden. Nach 5
Wochen wurde die erste, nach 11 Wochen die zweite und nach 15 Wochen die dritte Häutung beobachtet.
Referenzen:
Tilbury (2010) Chameleons of Africa- An Atlas, Auflage 1, Edition Chimaira, Frankfurt a.M.
Masurat (2005) Vermehrung von Chamäleons, Auflage 1, Herpeton Verlag, Offenbach
Köhler (2004) Inkubation von Reptilieneiern, Auflage 2, Herpeton Verlag, Offenbach
Necas (2010) Chamäleons- Bunte Juwelen der Natur, Auflage 3, Edition Chimaira, Frankfurt a.M.
20
Haltung und Zucht
Anne STEMPER
Ein „Indoor“-Wintergarten für Chamäleons,
Wohngemeinschaft für Furcifer pardalis und Calumma parsonii
Eigentlich hat alles mit unserem 2. Chamäleon, einem Furcifer pardalis, angefangen : von klein an scharrte er
am Türchen und wollte aus dem Terrarium raus. Was er dann auch durfte. Rein wollte er dann nie wieder.
Zuerst lebte er auf einer grossen Pflanze, danach haben wir ihm Seile an der Decke befestigt wo er unendlich
laufen konnte. (Abbildung 1) Trotz sehr niedriger Luftfeuchte ging es dem Tier wohlauf. Er wurde an die Pipette
gewöhnt und hat aus der Hand gefressen. Er ist 5 Jahre alt geworden und war somit der erste Stein unserer
Freihaltung.
Seitdem halten wir den grössten Teil unserer Chamäleons frei.
Mit den Jahren hat sich unsere Freihaltung verbessert und wurde chamäleongerechter. (Abbildung 2)
Abbildung 1: Laufwege aus Segeltauen
Abbildung 2: erste Freigehege, Terrarien ohne Wände
Und warum nicht einen Wintergarten ?
Ein richtiger Wintergarten war für uns technisch wegen der Lage des Hauses sehr kompliziert und somit zu
kostenaufwendig.
Aus unserem Wintergartenprojekt wurde dann schlussendlich ein « Indoor - Wintergarten ».
Unsere zwei Chamäleonräume im Dachgeschoss wurden somit umgewandelt, die Terrarien wurden durch
zwei grosse Becken von 2x3Metern ersetzt. (Abbildung 3)
Haltung und Zucht
21
Abbildung 3: eines der beiden Becken
Diese Becken bestehen aus einer unbehandelten
OSB-Struktur die durch Kanthölzer vom Boden
abgesetzt sind, damit stets eine Luftzirkulation unter
den Becken besteht. (Abbildung 4-5)
Die Becken sind von innen abgedichtet mit einer
Epoxidharzabdichtung wie man sie aus den Nasszellen
kennt. Der restliche Aufbau ist der eines Gründaches
mit Dränageschicht, Filtervlies, Leichtsubstrat
(Mineralsubstrat teils aus Lavasteinen…) (Abbildung
6-8)
Es wurde auf eine Abflussmöglichkeit verzichtet um
nicht unnötig undichte Stellen zu erzeugen.
Nun konnte das Becken bepflanzt werden und mit
10-15cm hohem Torf gefüllt werden.
(Abbildung 9)
Da diese Becken sich im Dachgeschoss befinden
musste darauf geachtet werden dass das Gewicht
nicht mehr als 100kg/m2 überschreiten würde, um
nicht die Statik des Hauses zu überlasten.
Mit Wasser gesättigter Torf wiegt 10 mal mehr als sein
ursprüngliches Gewicht. Darauf muss man achten.
Abbildung 4: Boden mit Luftzirkulation
Abbildung 5 : Struktur aus OSB-Holz
Abbildung 6 : Epoxidharzabdichtung
Abbildung 7: Drainagematten
Abbildung 8 : Filterflies und Substrat
Abbildung 9 : Beginn der Bepflanzung
22
Haltung und Zucht
Zur Beleuchtung wurden anfangs 2x150W HQI-Strahler eingesetzt, die aber später durch Solar Raptor
ersetzt wurden. UV wurde durch die Vitalux gewährleistet, seitdem durch die Raptor, die alle 6 Monate ersetzt
werden.
Unsere frühere Freilandhaltung hat uns zur Erkenntnis gebracht, dass man sehr gut verschiedene
Chamäleonarten vergesellschaften kann. Sogar ist die Zusammenhaltung mehrerer männlicher Furcifer
pardalis auch möglich. Dies bedingt zwar einer intensiven Beobachtung und eine sehr gute Kenntnis der
einzelnen Tiere.
In unsere Becken sind dann eine Gruppe von 6 männlichen Furcifer pardalis eingezogen und unser parsoniiMännchen ; in das andere Becken die Weibchen und das parsonii-Weibchen.
Durch die vielen Pflanzen, die grosse Substratfläche, die relativ wenigen Lampen und das Sprühen (2x am Tag)
befindet sich die Luftfeuchte immer über 70%.
Die Kritik die wir an unsere konventionellen Terrarien stellten, konnte mit dieser Lösung, völlig enthoben werden:
- Bei konventionellen Becken muss die Sprühzeit auf ein paar Minuten reduziert werden, ansonsten hat man
nach kurzer Zeit ein Überschwemmungsgebiet mit hohem Keimrisiko und allen gesundheitlichen Problemen
was dieses mit sich bringt.
- Die Lampen die die Becken sehr gut ausstrahlen, trocknen die Luft zu sehr aus, was bei Chamäleons schnell
zu Dehydrierung führen kann.
- Die Tiere erkennen sehr schnell ihren engen Raum und bewegen sich demnach nicht viel.
Diese problematische Punkte konnten in den Becken behoben werden :
Feuchtigkeit :
Wie oben schon geschrieben, ist eine permanente Luftfeuchte von 70% gewährleistet. 2mal am Tag werden
15Liter Wasser mittels zwei Sprühflaschen versprüht (Abbildung 10). Diese werden an einem Fotostativ
befestigt und die Sprühzeit beträgt circa 30 Minuten (bis die Flaschen leer sind). Während dieser Zeit steigt die
Luftfeuchte auf 85% um dann wieder nach 6 Stunden auf 70% zu fallen.
Dieser tägliche 30 Minuten Regen deckt das Trinkbedürfnis der Tiere, vor allem das von den Parsoniis, die oft
sehr lange trinken. Aber nicht nur Calumma parsonii, sondern auch Furcifer pardalis nutzt diese 30 Minuten
aus, um sich ausgiebig zu tränken (oft mit mehreren Pausen). Zudem steht den Tieren immer eine Tropftränke
zur Verfügung um den Wasserbedarf vollends zu decken.
Temperatur und Luftaustausch :
Da die beiden Zimmer sich unter dem Dach befinden und im Sommer dort relativ hohe Temperaturen trotz
guter Isolierung herrschen, haben wir uns für ein reversibles Klimagerät entschieden. Die Temperaturregelung
ist somit wöchentlich programmiert und kann das ganze Jahr über naturgerecht gesteuert werden. Das
Klimagerät ist ebenfalls zuständig für die Luftzirkulation und Frischluftzufuhr. Die Filter werden 1mal pro Monat
gewaschen und desinfiziert.
Fütterung :
Die Fütterung erfolgt teilweise per Hand. Die Tiere haben in der Regel sehr schnell begriffen, dass die
menschliche Hand das Futter austeilt und kommen angehastet wenn jemand von uns den Raum betritt.
Heuschrecken werden per Hand verfüttert, Heimchen auf den Ästen zum Jagen freigelassen. Larven und
Würmer oder Schaben werden in Plastikdosen angeboten.
Bepflanzung
Die Becken sind mit den konventionellen Terrarienpflanzen ausgestattet. Fast alle Ficusarten
haben durch die hohe Luftfeuchte sehr schöne Luftwurzeln gebildet. Neben diversen Ficusarten (F. benjamina,
F. alii, F. elastica, F. carica…) befinden sich in jedem Becken Palmarten wie die Areca oder Chamaedorea,
sowie Schefflera actinophylla. Weiterhin gibt es die rankende spektakuläre Tetrastigma voingeranium, oder
die klassische Epripremium auratus, diverse Philodendron (scandens, monstera, selloum, erubescens
etc) und Rhipsalis, die feuchtigkeitliebenden Kakteen. Orchideen dürfen natürlich in solchen Becken nicht
Haltung und Zucht
23
Abbildung 11 : unentbehrliche Helfer
Abbildung 10 : Spühzeit
fehlen : madagassiche Angraecum ssp, Aerangis
ssp, Vanilla madagascariensis und die asiatische
Vanda bingen etwas Farbe, neben Strelitzia reginae
und diversen Bromelien. Die Bodenschicht ist von
schattenliebenden Pflanzen bewachsen : Calathea,
Spathyphyllum, Zamioculcas. Auf den Ästen,
grösstenteils getrocknete Waldrebelianen, wachsen
problemlos Tillandsien.
Bei der Bepflanzung wurde besonders auf Pflanzen
geachtet die eine hohe Luftfeuchte wiedergeben
: Palmenarten, Spathyphyllum. Durch die starke
Durchwurzelung des Substrates ist Staunässe fast
ausgeschlossen.
Hygiene :
Mit dem Einsatz von Kleinstlebewesen, diversen
Würmern, Asseln, Tausendfüsslern erledigt sich das
Kotaufsammeln im Substrat. Nach ein paar Monaten
Laufzeit hat sich ein eigenständiger Zyklus gebildet
in dem das Gleichgewicht gewährleistet ist. Ein paar
Minuten oder Stunden nach dem Kotabsatz kann
man eine Armee von Wirbellosen dabei beobachten
den Kot zu zersetzen (Abbildung 11). Auch tote Blätter
werden zersetzt und bereichern somit das Substrat.
Gedüngt wird generell nicht, ausser sporadisch mit
Kaffeesatz (hauptsächlich die Orchideen oder andere
Luftgewächse).
Regelmässig befinden sich Pflanzenschädlinge,
z.b. Wolläuse oder Schildläuse auf den Pflanzen
durch die klimatischen Bedingungen die in den
Becken herrschen. Bekämpft werden diese
mit heissem Sprühwasser oder mit natürlichen
Bekämpfungsmitteln
wie
z.b.
Cryptolaemus
montrouzieri, ein kleiner schwarzer Käfer der sich von
Woll- und Schildläusen ernährt.
Dies funktioniert relativ gut, nur dass manche Käfer
auch Chamäleonmäulern zum Opfer werden.
Ein grösseres Problem stellt auf Ästen oder Pflanzen
verbliebener Kot dar. Dieser muss manuell beseitigt
werden.
Generell werden einmal pro Monat die Becken grob
gesäubert, Pflanzen zurückgeschnitten (die Ficusarten
werden nicht geschnitten wegen ihres irritierenden
Milchsaftes) und fixiert oder geleitet.
Verhalten und Vergesellschaftung :
Dem alten Mythos «Keine Vergesellschaftung bei
Chamäleons kann ich hier nur widerlegen. Seit
Abbildung 12 :
Wohngemeinschaft
von 6 männlichen
F. pardalis und 1
C. parsonii
24
Haltung und Zucht
«mehreren Jahren halten wir erfolgreich Furcifer pardalis-Männchen zusammen ohne jede Aggressivität
(Abbildung 12).
Natürlich muss man ein paar Punkte beachten und eine ausgeprägte Bobachtungsfähigkeit haben :
allgemein jahrelang einzeln aufgezogene Tiere sind sehr schwierig zu vergesellschaften. Juvenile Tiere die
von Anfang an zusammen aufgewachsen sind, leben auch als adulte Tiere normalerweise ohne Aggressivität
zusammen. Erstaunlicherweise leben sich Wildfänge in einer Gemeinschaft relativ gut ein.
Sehr wichtig ist dominante von dominierten Tieren zu unterscheiden. Auch wenn man keine direkte Aggressivität
zwischen den Tieren beobachten kann, lässt sich ein dominiertes Tier sehr schnell erkennen : das Tier ist
selten unter dem Wärmespot zu finden, es kommt generell als letztes an die Futterstelle, dreht sich brutal unter
den Ast, falls ein anderes Tier entgegen kommt oder ergreift die Flucht.
Solche Tiere soll man direkt aus der Gruppe entfernen, denn es geht ansonstem einem frühzeitigen Tod
entgegen. Desweiteren Tiere, die sich anfangs in der Gruppe gut einfügen, können sich später als dominante
oder dominierte Tiere entpuppen. Das Alter oder die Grösse spielen dabei nur eine sekundäre Rolle. Unser
grösstes Furcifer pardalis, ein Nosy Boraha Männchen von 350g und fast 30cm KR-Länge ist ein sehr
ängstliches Tier, das vor einem juvenilen Panther von 6 Monaten zurückschrecken kann . Desweiteren soll
man eine Gruppe nie als definitiv qualifizieren und stets über genug Ausweichmöglichkeiten verfügen .
Wenn man aber eine stabile Gruppe für eine gewisse Zeit zusammengestellt hat, dann kann man die skurilsten
Sachen beobachten : die Tiere wärmen sich zusammen am Wärmespot wie die Bremer Stadtmusikanten
(Abbildung 13-14) ; wenn sich zwei Tiere auf dem gleichen Ast treffen, dann dreht sich entweder einer davon
unter den Ast (Abbildung 15), aber meistens klettert er einfach über den anderen, während dieser stoisch
abwartet bis das Gewicht auf seinem Rücken verschwunden ist (Abbildung 16). Zu zweit an der Tropftränke
trinken (Abbildung 17) oder seinen Kollegen nach Wasser ablecken (Abbildung 18), ist auch keine Seltenheit.
Kurzgefasst, die Tiere scheinen sich zu ignorieren und der Rivale scheint zum Dekor geworden zu sein.
Abbildung 13 : gemeinsames Aufwärmen
Abbildung 14 : gemeinsames Aufwärmen
Abbildung 16 : zwei Tiere begegnen sich
Abbildung 17 : an der Tropftränke
Abbildung 15 : zwei Tiere begegnen sich
Abbildung 18 : Parsonii-Dame leckt Wasser
Ganz anders wird jedoch das Verhalten, wenn man ein Weibchen in Augenweite bringt : das männliche Tier, zur
Paarung bereit, verteidigt erneut sein Revier und die vorherige bewegliche Dekoration wird zum bekämpfbaren
Feind. Begegnen sich dann zwei Rivalen, dann kann man die bei Chamäleons übliche Kämpfe beobachten.
Die Tiere gehen aufeinander zu mit erregten Farben, aufgeblasen und nach unten geneigtem Kopf. Selten
kommt es zu Beissereien, der Unterlegene ergreift meistens die Flucht oder lässt sich fallen (Abbildung 19).
Nach einem solchem Kampf, dulden sich diese beide Tiere meist für eine lange Zeit nicht mehr. Eines der
beiden Tiere muss aus der Gruppe entfernt werden.
Abbildung 19 : Kampf zwischen einem Ambilobe und einem Ankify, der Unterlegene gab schnell nach
Haltung und Zucht
25
Aus diesem Grund entnehmen wir systematisch die Böcke die wir verpaaren möchten. Nach der Paarung
lassen wir sie « abklingen » und halten sie separat bis die Augen ihre « Sternzeichnung » verloren haben,
ansonsten ist der Kampf zwischen Männchen vorprogrammiert.
Bei den Weibchen scheint der Stress wesentlich höher. In der Natur wird regelmässig geschildert, dass
Weibchen solitär auf einem Baum oder Strauch wohnen. Unsere Vergesellschaftungsversuche wurden nicht
von Erfolg gekrönt : Weibchen scheinen untereinander viel mehr zu stressen als Männchen. Allein schon an
der Färbung der Tiere ist dies zu ermitteln : während Männchen permanent ihre Ruhefärbung tragen, so
sind Weibchen fast immer in Stressfärbung, in bräunlichen dunklen Tönen auch wenn sie nicht gravid sind
(Abbildung 20).
Abbildung 20 : zwei F. pardalis Weibchen in Stressfärbung
Abbildung 21: Parsonii-Weibchen mit juvenilem Pantherchamäleon
Gravide Tiere wurden sowieso aus der Gruppe entnommen und in ein mit ausreichend substratgefülltes
Terrarium zur Eiablage überführt.
Interessant zu beobachten war trotzdem, dass verschiedene Weibchen im Becken abgelegt haben, und jeweils
an einer der trockensten Stellen, manchmal in nur 5cm tiefen Boden. Sicherlich sind uns Gelege entgangen,
wir haben trotzdem nie Jungtiere im Becken gefunden.
Mittlerweile sind wir von der Vergesellschaftung von Weibchen abgekommen und halten sie wieder in
konventionellen Terrarien, da wahrscheinlich der Stress die Tiere zu Tod geführt hat.
Ganz anders verhält sich die Vergesellschaftung von verschiedenen Arten :
Vorgegeben bei der Vergesellschaftung von verschiedenen Arten sind natürlich quasi-identische
Haltungsbedingungen. Aus rein geographischen Gründen würden wir keine afrikanische mit madagassischen
Arten vergesellschaften. Desweitern muss auf die Grösse der Tiere geachtet werden : auch bei einem reich
bepflanzten Becken sollte man keine « Futter »-Chamäleons ins Becken setzen. Ein ausgewachsenes
Furcifer pardalis kann schon problemlos ein Tier von 12KR Länge verschlucken. Aus diesem Grund ist eine
Vergesellschaftung mit kleinen Brookesia- oder Calummaarten unmöglich.
Ganz anders verhält es sich mit Calumma parsonii. Calumma parsonii, eine relativ diskrete Art, scheint perfekt
mit den Pantherchamäleons zu leben (Abbildung 21).
Ich wage sogar zu behaupten, dass beide Arten in einer Symbiose leben. An was es liegt, kann ich nicht
Abbildung 22 : aus der Sicht des Chamäleons
26
Abbildung 22: am Schlafplatz
Haltung und Zucht
sagen. Auch wenn beide Arten sich in der Natur kaum treffen, die eine lebt im Primärwald, die zweite ist dort
nicht anzutreffen, scheinen sich die Tiere mehr als zu tolerieren. Calumma parsonii hat bei uns erfolgreiche
Nachzuchten erbracht, das ich zum einen auf die Freilandhaltung zurückführe, zum anderen aber auch, dass
scheinbar die Präsenz von Furcifer pardalis nicht gestört hat.
Die Vergesellschaftung mit anderen Reptilien scheint ebenfalls möglich und wurde von uns mit Phelsuma grandis
versucht. Wir haben uns für diese grosse Variante entschieden, teils durch die einfachen Haltungsbedingungen,
teils durch die Endgrösse, die für das Chamëleon das Tier nicht zum Futtertier macht. Trotzdem mussten wir
feststellen, dass sogar juvenile Phelsumen von den Chamäeons nicht gefressen wurden. Ist die Schnelligkeit
ein Grund dafür ?
Generell sind die Tiere sehr aktiv und laufen (Weibchen so gut wie Männchen) aktiv durch das ganze Becken
(Abbildung 22). Sehr selten sind die Tiere mehrere Stunden an der gleichen Stelle anzutreffen. Der Tagesablauf
verläuft dabei immer relativ gleich :
In den frühen Morgenstunden begeben sich die Tiere an ihren Wärmeplatz und wärmen sich auf.
Danach beginnt die Futtersuche. Interessant ist es zu beobachten, dass die Tiere sich prinzipiell im oberen
Pflanzendrittel aufhalten, aber trotzdem öfters an der Bodenfläche anzutreffen sind beim Suchen nach
Futtertieren. In den Terrarien konnte ich dieses Verhalten nur bedingt beobachten.
Der Tagesverlauf ergibt sich von einem fast endlosen Herumlaufen und zeitweiligem Aufheizen unter den
Spots, wobei letztere sehr schnell erfasst werden und zurückgefunden werden. Chamäleons haben ein sehr
gutes Gedächtnis. An Sonnentagen findet man die Tiere fast immer in der Nähe des Fensters, da die Tiere die
Sonnewärme der von den Spots zu bevorzugen scheinen.
Die Aktivität lässt im frühen Nachmittag nach und gegen 15 Uhr während den Wintermonaten und gegen 17
Uhr in den Sommermonaten begeben sich die Tiere auf ihre Nachtplätze und warten das Ende des Tages
ab.
In der Regel gibt es Tiere die sich einen gewohnten Schlafplatz ausgesucht haben und diesem treu bleiben,
andere hingegen wechseln alle paar Wochen und andere fast jeden Tag. (Abbildung 23)
Bei dieser Art von Haltung wird einem so richtig bewusst, dass jedes Chamäleon ein Individuum ist mit seinem
eigenen Charakter, was sich von jedem seiner Mitbewohner sehr stark differenziert.
Probleme :
Auch wenn diese Haltungsweise sehr gut funtkioniert, gibt es verschiedene Probleme :
Die schon vorher genannten Tiere, die dominiert werden, sind schwierige Fälle die man manchmal zu spät
erkennt.
Eines der grössten Probleme stellt der Parasitenbefall dar. Durch Wildfänge eingeschleppte Parasiten, auch
nach zuerst negativen Kotproben, richten bei Vergesellschaftung grossen Schaden an : so konnten wir bei
Autopsien von Nachzuchten Filarien feststellen, die wahrscheinlich über eine einheimische Stechmücke von
einem infizierten Tier übertragen wurden, obwohl wir bei unseren Wildfängen nie Filarien unter der Haut sehen
konnten.
Der Futterneid ist ebenfalls äusserst problematisch : es ist schon mal vorgekommen, dass zwei Zungen zum
gleichen Moment nach einem Heimchen schiessen. In manchen Fällen geht es gut aus und der Zungenknäuel
entwickelt sich wieder ohne jeglichen Schaden, aber in anderen Fällen hängt die Zunge lahm aus dem Maul
und eine Amputation ist in fast immer erforderlich. Demnach ist die grösste Vorsicht geboten solche Unfälle
zu vermeiden, indem man die Futterinsekten aus der Hand verfüttert und alle Mäuler zur gleichen Zeit stopft,
denn die Tiere stehlen unverschämt Futtertiere, hautpsächliche grosse Futtertiere wie Heuschrecken, aus
andern Mäulern. Was leider etwas häufiger vorkommt, ist, dass manche Tiere nach den Schwänzen von
ihren Mitbewohner, die sie wahrscheinlich an Würmer erinnert, schiessen. Und nicht immer geht das gut
aus: Tiere denen Schwanzteile fehlen gibt es bei uns mehrere. Keines ist bis jetzt jedoch an den Bisswunden
verstorben.
Zu Beissereien kommt es dann doch mal ab und zu : plötzliche Änderung des Verhalten eines Tieres oder
ein erschrecktes Tier kann zubeissen. Diese Bisse sind jedoch eher «Warnbisse», die den Eindringling schnell
flüchten lassen. Oft muss dann aber das gebissene Tier aus der Gruppe entnommen werden.
Trotz ein paar negativer Seiten sind wir mit unserer Haltung sehr zufrieden und erfreuen uns täglich dem
Verhalten unserer Individualisten, die so reibungslos zusammenleben.
Haltung und Zucht
27
AG Interna
Timo Weiß
Jahrestagung der AG vom 28.-29.05.2011 in Boppard
Unsere diesjährige Tagung findet am 28./29.05.11 wie immer in der Stadtverwaltung in Boppard am Rhein
statt. Für diejenigen die bereits am Feitag anreisen: Aufgrund der guten Erfahrungen der letzten beiden Jahre
werden wir den Abend in der Pizzeria Toni am Rheinufer (Rheinallee) genießen. Wer zuvor kurz beim Aufbau
mithelfen möchte, möge sich am besten mit Dirk Theis in Verbindung setzen (Tel:0160-96987896). Jede
helfende Hand ist natürlich willkommen.
Veranstaltungsort:
Stadtverwaltung Boppard
Karmeliterstr. 2
56154 Boppard
Freitag, 27. Mai 2011
19:30 Uhr: Treffen der bereits Angereisten an der Stadtverwaltung, gemeinsames
Abendessen bei Pizza Toni (Rheinallee, Boppard)
Samstag, 28. Mai 2011
09:00 Uhr: Eintreffen in der Stadtverwaltung
09:30 Uhr: Begrüßung
10:00 Uhr: Prof. Wolfgang Böhme: Das Kameruner Bergland: Ein Hotspot der
Amphibien- und Reptiliendiversität
11:00 Uhr: Kaffeepause
11:30 Uhr: Dr. Guy Kremer: Freilandbeobachtungen und Haltung von Archaius tigris
12:30 Uhr: Mittagessen
14:30 Uhr Mitgliederversammlung
15:30 Uhr: Philip-Sebastian Gehring: Diversität und Evolution der madagassischen
Chamäleons – Neues aus der Forschung
16:30 Uhr: Kaffeepause
17.30 Uhr: Alexandra Laube: Vom Farbwunder zum Skelett – wie präpariere ich ein
Chamäleon?
18:30 Uhr: Leif Kämpfer: Chamäleonmekka Madagaskar Teil 2 (Dokumentation)
Sonntag, 29. Mai 2011
10:00 Uhr: Dipl. Biol. Marlene Spinner: Morphologie und Funktion der Haftpolster der
Echten Chamäleons (Chamaeleoninae)
10:45 Uhr: Ulrike Walbröl: Eine Reise durch Namibia
11:30 Uhr: Kaffepause
11.45 Uhr: Tom Verbraeken: Tr. pfefferi and Tr. peretti in captivity
28
AG interna
Fotowettbewerb & Wahl des gelungensten Artikels
Auch dieses Jahr werden wir auf der Tagung wieder einen Fotowettbewerb durchführen. Die Stimmabgabe
erfolgt wie letztes Jahr direkt auf der Tagung. Ebenfalls auf der Tagung wird der gelungenste Artikel aus
den Chamaeleo-Ausgaben 2010 gekürt. Wer nicht persönlich auf der Tagung anwesend ist, kann seine
Stimmabgabe gerne telefonisch, schriftlich oder per email kundtun. Für beide Wettbewerbe ist es uns wieder
gelungen, attraktive Preise zu gewinnen.
Änderungen im Leitungsteam
Eine personelle Veränderung hat es im Leitungsteam gegeben. Robert Wendlinger, zuständing für das
Literaturamt, hat seine Tätigkeit zu Jahresbeginn niedergelegt. Aus diesem Grund muss das Leitungsteam in
Boppard wieder verstärkt werden. Es sollte sich jeder Gedanken machen, ob er/sie nicht Lust hätte ein wenig
mitzuwirken. Bei entsprechender Arbeitsaufteilung hält der Arbeitsaufwand sich aber in Grenzen.
Wichtige Telefonnummern und Adressen
AG Chamäleons in der DGHT e. V.
Außenvertretung
Kassenwart
Taunusstr. 52 c
63538 Großkrotzenburg
Tel. : 06186 -914654
Löhrerlen 17 a
42279 Wuppertal
Tel. : 0202-3729700
Dirk Theis
Dr. med. vet. Timo Weiß
Email: [email protected]
Internet & Nachzuchtstatistik
Marcus Furtmayr, Jetzendorf
Bankverbindung
Dirk Theis
AG Chamaeleons
Sparkasse Wuppertal
BLZ 330 500 00
Konto Nr. 15 65 191
IBAN: DE 37 3305 0000 0001 5651 91
BIC: WUPSDE33XXX
Infotelefon
Thomas Hildenhagen
Tel. : 06184-903869
David Hellendrung
Tel. : 02763-869025
Impressum
CHAMAELEO
Mitteilungsblatt Nr. 42 der AG Chamäleons in der DGHT e.V.
21. Jahrgang – Heft 1 – 2011, © 2011 AG Chamäleons in der DGHT e.V.
Herausgeber: AG Chamäleons in der DGHT e.V.
Redaktion: TImo Weiß, Marcus Furtmayr, Dirk Theis, Anne Stemper
Bildautoren : soweit nicht anders angegeben, liegt das Copyright der Bilder beim jeweiligen Autor des
betreffenden Artikels.
Beiträge, Kurzbeiträge, Aufsätze etc. bitte per Email an [email protected]
Auch Hinweise auf geeignete Produkte, Meldungen in anderen Publikationen oder Lesebriefe sind willkommen.
Mit Autorennamen gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung
der Redaktion und / oder der AG Chamäleons wieder
Die Internetseite der AG Chamäleons findet man unter www.chamaeleons.org
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AG interna
Schlüpfling von Calumma parsonii (Foto : Andreas Augustin)
Terrarium XXL (Foto : Anne Stemper)
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