4 Kreislaufsystem Mit diesem Experiment hat Harvey vollständig die Lehre von Galen widerlegt und seine Theorie vom Blutkreislauf bestätigt. Das Blut versickert nicht, sondern fliesst in einem geschlossenen Kreis von Blutgefässen einmal vom Herz zum Körper und dann vom Körper zum Herzen zurück. Fazit: Harvey gründete seine Aussagen auf Beobachtungen, Messungen und Rechnungen und nicht nur auf reine Spekulationen. Er stand damit im Gegensatz zu den Medizinern seiner Zeit und seinen Vorgängern, die die Lehre von den Funktionen des Körpers in der Regel von vagen Vorstellungen und Vermutungen des Altertums ableiteten. Diese neue Art des wissenschaftlichen Vorgehens setzte sich so am Ende der Renaissance immer mehr durch und wird heutzutage von jedem verantwortungsvollen Wissenschaftler angewendet. 1.2. Blutgefasse Alle Blutgefasse bestehen aus den gleichen Gewebeschichten. Die Wand einer Arterie oder Vene ist dreischichtig (siehe Abb. unten). Aussen befindet sich eine Schicht elastischen Bindegewebes, welche es dem Gefäss erlaubt, sich zu dehnen und wieder zusammenzuziehen. Die mittlere Schicht besteht aus glatter Muskulatur und elastischen Fasern. Die innere Oberfläche von Blutgefässen ist absolut glatt (und wird gebildet aus dem Endothel, einem einschichtigen sogenannten Plattenepithel). Unebenheiten würden den Blutstrom bremsen und zu Ablagerungen führen. Unterschiede im Bau hängen mit den unterschiedlichen Funktionen von Arterien, Venen und Kapillaren zusammen. Arterie Vene 5 Kreislaufsystem - Den Kapillaren fehlen die beiden äussern Schichten, und ihre sehr dünnen Wände bestehen lediglich aus dem Endothel und dessen Basalmembran (einer stützenden bindegewebigen „Matte"). Das erleichtert den Stoffaustausch zwischen dem Blut und der interstitiellen Flüssigkeit, welche die Zellen umgibt. - Bei Arterien ist die mittlere und die äussere Schicht dicker als bei Venen. Die Wände der Hauptarterien sind so die]}, dass sie selbst durch Blutgefässe versorgt werden müssen. Während das Blut durch die Gefässe des Kreislaufssystems strömt, variieren seine Geschwindigkeit und sein Druck. Die dickeren Wände der Arterien liefern den nötigen Gegendruck, um das Blut aufzunehmen, das rasch und unter hohem Druck vom Herzen in sie hineingepumpt wird, und ihre Flexibilität trägt dazu bei, den Blutdruck auch dann kontinuierlich aufrecht zu erhalten, wenn das Herz zwischen zwei Kontraktionen erschlafft. - Die dünnwandigen Venen transportieren das Blut mit geringer Geschwindigkeit und geringem Druck zurück zum Herzen. Im Inneren der Venen befinden sich taschenartige Klappen. Sie verhindern, dass das Blut zurückfliessen kann, lassen es aber ungehindert zum Herzen fliessen. Wird ein Venenabschnitt zwischen zwei Taschenklappen leicht zusammengedrückt, so wird daher das Blut zwangsläufig in Richtung Herz gepresst. Aufgabe: Es gibt zwei Möglichkeiten, wie die Venen z usa mme ndrückt werden. Welche könnten das sein? Notiere! Betrachte dazu den vom Lehrer bereits projizierten mikroskopischen Dünnschnitt, der sowohl Arterien, wie auch Venen im Querschnitt zeigt, sowie die beiden vom Lehrer vorgeführten Kurzfilme! Klebe anschliessend auch die ausgeteilten Abbildungen am passenden Ort ein. • • 6 Kreislaufsystem 2. Zusammensetzung und Aufgaben des Blutes Unser Blut setzt sich zusammen aus Blutzellen (rote und weisse Blutkörperchen), Zellstücken (Blutplättchen) und Blutflüssigkeit (Blutplasma). Der erwachsene Mensch besitzt 5 bis 7 Liter Blut (70 ml pro kg Körpergewicht). Rund 44% des Blutes bestehen aus Zellen und Zellstücken, 56% bestehen aus Blutplasma. Um die Übersicht über die Blutbestandteile zu behalten, orientieren wir uns an folgendem Schema und ergänzen es: Die einzelnen Blutbestandteile sehen wir uns genauer an: Blutplasma (Blutflüssigkeit) Aussehen: gelbliche, durchsichtige, eiweisshaltige, wässrige Flüssigkeit (90% Wasser) enthält meist zusätzlich: Glucose, Salze, Abfallstoffe, Hormone und einen Blutgerinnungsstoff Rote Blutkörperchen (Erythrocyten) Form: scheibenförmig, in der Mitte „eingedellt", rot Entstehung: im roten Knochenmark (z.B. Brustbein, Hüfte, Rippen, Wirbelkörper) Es entstehen pro Sekunde ca. 2.5 Millionen neue rote Blutkörperchen! Anzahl: ca. 5 Millionen pro ml Blut Lebensdauer: ca. 100 Tage - täglich wird rund 1 % der roten Blutkörperchen ersetzt Abbau: in der Leber und der Milz Der Farbstoff wird teilweise abgebaut und gibt dann der Gallenflüssigkeit die Farbe. Bei der Gelbsucht (Hepatitis) kann dieser Farbstoff nicht mehr mit der Galle abtransportiert werden und lagert sich dann anderswo im Körper ein. Deswegen färben sich dann die Haut und die Augen gelb! Aufgabe. \ #K«*Y»r/»eriw» L ^ ^ ^ e ^ ^ ' j ^ r ? Sfuert^f^ l\^n^eV] vo Weisse Blutkörperchen (Leukocyten) Form: kugelig (mit „Anhängseln") oder unregelmässig, „zipflig" Viele weisse Blutkörperchen können sich kriechend fortbewegen und ändern dabei laufend ihre Form. Entstehung: Bildung im roten Knochenmark (Brustbein und Becken), dann „Prägung" im Lymphsystem (d.h. in Lymphknoten, Thymus, Milz, Mandeln und Knochenmark) Anzahl: ca 5'000-8'000 pro ml Blut Lebensdauer: einige Wochen (z.T. bis viele Jahre) Aufgabe: Kreislaufsystem 7 Biutplättchen (Thrombocyten) Form: kleine, unregelmässig geformte Zellstücke Entstehung: besondere Zellen des Knochenmarks (Megakaryocyten) bilden durch Abschnürung (Fragmentierung) Biutplättchen, wobei pro Zelle insgesamt ca. 4'000-8'000 Biutplättchen gebildet werden können Anzahl: ca. 150'000 - 300'000 pro ml Blut Lebensdauer: einige Tage (bis Wochen) Aufgabe: , br,^t*\ cf&si/v^/} * Kurl belfern ~ M^X I V Aufgaben der Blutbestandteile 1) Lese den Text aufmerksam durch! 2) Suche die Aufgaben der einzelnen Blutbestandteile heraus und notiere diese in den vorgegebenen Lücken auf der vorhergehenden Seite (S. 6)! Das Blut erfüllt wichtige Transportaufgaben im Körper: Die roten Blutzellen transportieren den lebensnotwendigen Sauerstoff von den Lungen in alle Organe und Muskeln unseres Körpers, die ständig Sauerstoff brauchen. Das dabei gebildete Kohlenstoffdioxid wird im Gegenzug vom Blut zur Lunge transportiert. Die kleinsten Bestandteile der Nährstoffe sowie Mineralsalze und Vitamine, die durch die Darmwand in den Blutkreislauf gelangen, sind im Blutplasma gelöst. Mit dem Blutstrom gelangen sie in alle Bereiche des Körpers und stehen den Körperzellen als Energieträger oder Baustoff zu Verfügung. Ausserdem werden verschiedene Abfallprodukte, die bei der Verwertung von Stoffen aus der Nahrung und bei der Herstellung von körpereigenen Stoffen entstehen, in gelöster Form im Blutplasma zu den Ausscheidungsorganen, den Nieren, befördert. Die weissen Blutzellen gehören zum Abwehrsystem des Körpers und haben die Aufgabe, eingedrungene Krankheitserreger zu vernichten. Sie können ihre Form stark verändern und sogar durch die Wände der Haargefässe hindurch den Blutkreislauf verlassen. Trifft eine weisse Blutzelle auf einen Krankheitserreger, so stülpt sie sich über den schliesst ihn ein und frisst ihn regelrecht auf. Ein weisses B l u t k ö r p e r c h e n n ä h e n sich einer A n h ä u f u n g v o n Bakterien, bildet A u s läufer, w e l c h e die Bakterien u m f l i e s s e n . u m sie darnach i m Innern zu verdauen . A b b i l d u n g 59 Weisses B i m n i c h i e i Bakterien , ny Bakterien Weisses B l u t kö r p e rc he n Zellkern Fremdling, Bei einer Verletzung von Blutgefässen werden die Biutplättchen benötigt. An der Wunde zerfallen sie und bewirken damit, dass austretendes Blut gerinnen kann. Dadurch wird die Wunde verschlossen und die Blutung kommt zum Stillstand. Zugleich mit dem Stofftransport ist das Blut auch Einstellung der richtigen Körpertemperatur beteiligt. Verarbeitung von Stoffen entsteht in den Körperzellen die an das Blut abgegeben wird. Mit dem Blutstrom Wärme im Körper verteilt. Überschüssige Wärme wird Haut an die Luft abgegeben. an der Bei der Wärme, wird die über die t Vorgänge beim WundverscMuss 10 Kreislaufsystem 3. Das Herz 3.1. Aufbau und Funktionsweise des Herzens Das Herz eines Erwachsenen ist ein faustgrosser Hohlmuskel. Die Herzscheidewand teilt den Hohlmuskel in zwei ungleiche Hälften. Jede Herzhälfte ist nochmals durch Segelklappen unterteilt. Dadurch entstehen linker bzw. rechter Vorhof und linke bzw. rechte Kammer. In den rechten Vorhof münden die obere und die untere Körperhohlvene, in den linken die von den Lungen kommenden Lungenvenen. Aus der rechten Herzkammer entspringt die Lungenarterie, aus der linken die grosse Körperschlagader oder Aorta. Ein System von Ventilen regelt die Blutströmung im Herzen. Zwischen den Vorhöfen und Herzkammern befinden sich die Segelklappen. Am Übergang vom Herzen zur Lungen- und Körperarterie befinden sich die dreiteiligen Taschenklappen. I N T E R E S S A N T ZU W I S S E N : Bin eigenes Blutgefässsystem, die Herzkranzgefässe, versorgt den Herzmuskel ständig m i t Sauerstoff und Nährstoffen. Das Herz ist umgeben vom Herzbeutel. Dieser besteht aus zwei Häuten, zwischen denen sich ein schmaler flüssigkeitsgefüllter Spalt befindet. Die innere Haut ist m i t der Herzwand verwachsen, die äussere mit dem Brustfell. Ober den Herzbeutel ist das Herz so i m Brustraum aufgehängt, dass es sein Volumen verändern kann. Das Herz ist eine Doppelpumpe. Die beiden Herzhälften pumpen das Blut gleichzeitig in den Körper- und den Lungenkreislauf. Sie befördern die gleiche Menge Blut. Weil der Widerstand im Körperkreislauf höher ist als im Lungenkreislauf, muss das Blut aus der linken Kammer mit höherem Druck in die Aorta gepresst werden als rechts in die Lungenarterie. Darum ist der Muskel der linken Kammer dicker und stärker. Die Segelklappen sorgen dafür, dass das Blut aus den Kammern nicht rückwärts fliessen kann. Weil sie bei der Kammerkontraktion geschlossen sind, kann das Blut aus den Venen aber auch nicht in die Herzkammer gelangen. Die Vorhöfe haben darum die Aufgabe, während der Kammerkontraktion das Blut aus den Venen zu sammeln. Bei einem Erwachsenen schlägt das Herz in Ruhe zwischen 50- und 70-mal pro Minute. Ein Herzschlag oder besser eine Herzaktion dauert also etwa eine Sekunde. Sie beginnt, wie wir gleich ausführlich besprechen werden, mit der Kontraktion oder Systole der Vorhöfe und der Kammern, bei der sich das Volumen verkleinert, und endet mit der Entspannung oder Diastole, bei der das Volumen zunimmt. Aufgaben: 1. Beschrifte die Abbildung! 2. Zeichne den Weg ein, den das Blut nimmt, das aus der Lunge kommt und in den Körper gepumpt wird. Benutze dazu einen roten Stift und male Pfeile. 3. Zeichne den Weg ein, den das Blut nimmt, das aus dem Körper kommt und in die Lunge gepumpt wird. Benutze dazu einen blauen Stift und male Pfeile. 6 8 t£r&<£ Kreislaufsystem 11 Ablauf einer Herzaktion Taschenklappe Weil die beiden Herzhälften gleich und synchron arbeiten, stellen wir im Folgenden nur die rechte Herzhälfte dar. Vorhof Segelklappe Rechte Herzkammer © Vorhof-Systole Er presst Die Kontraktion beginnt im Blut durch die offenen -4P-elÄLtf^^i in die Kammer, die sich noch etwas dehnt und so ihre maximale Füllung erreicht. © Kammer-Systole: Anspannung Die Segelklappe wird y&tiJUjri-ijt*^ Die Muskulatur in der Kammer bti/frdit*^ Ciyj^M. (1. Herzton, dumpf) und der Druck in der Kammer steigt. Sobald der Druck in der Kammer hoch genug ist, wird die aufgestossen und ® Kammer-Systole: Austreibung das Blut wird ausgestossen. Das Volumen der Kammer vermindert sich bei der Systole von etwa 140 ml auf die Hälfte. Gleichzeitig wird der Vorhof grösser. Dadurch saugt das Herz Blut aus den Cf^£^ an. Während der Systole sinkt der Druck in der Kammer. Sobald er kleiner ist als in der die Taschenklappe -/u^ir4 M J**-//Ur<£' schliesst sich (2. Herzton, hell). Die Systole ist beendet. © Kammer-Diastole Dem Schliessen der Taschenklappen folgt die Der Herzmuskel ?^/LupJütyji/l Kammer-Diastole. sich und das Herz kehrt seiner Elastizität folgend zur Ausgangsform zurück. Sobald der Druck der Kammer -^CiLr- als im Vorhof, öffnet sich die Segelklappe. ist Das Blut fliesst aus den Venen via Vorhof in die Kammer. Die Kammer füllt sich. 12 Kreislaufsystem Die Phasen der Herzaktion sind im folgenden Schema zusammengefasst. Vorhofvolumen Segelklappe L- 0 sec 0.8 sec 2. Herzton Aufgaben: 1. Wofür stehen im obigen Schema die Zeichen x, O, A, B, C? A M^i^lAn^n HJAA ' 6 W / t tv? (2~J!*£ f 2. Fülle den folgenden Lückentext zum Druckverlauf in der linken Kammer bei der Systole aus! geschlossen und die Zu Beginn der Kammer-Systole ist die Taschenklappe zur. _j -^J2y&sLJ££it>f fl£. l v/W die steil ansteigen, bis di verlangsamt sich der Druckanstieg, .weil _ Kammermuskulatur endet, _ schliesst sich. Die Kontraktion der Kammermuskulatur lässt den JAsuAtd&Afl aufgestossen wird. Dann in die Aorta gedrückt wird. Sobalddie Kontraktion der . der Druck und die Taschenklappe 3. Welche Phase der Herzaktion ist nachfolgend beschrieben? •J-Ar^r&r- Mj'M^i/f. sich. ~ lÄzu±/brf £ / Taschenklappen schliessen sich (wenn der Druck in der Kammer tiefer ist als in der Arterie) Kammermuskulatur entspannt sich - Segelklappen öffnen sich - Kammer füllt sich, bis die Segelklappen wieder schliessen. Frontansicht (inkl. Herzkranzarterien) 1 T /i koß,fi,ffl^C links 2 1 Herzklappen (Vorhöfe entfernt) . -. 4?rjf*U*pf& Zellbiologie 7 Zelle und Industriekomplex - der Versuch eines Vergleiches Eine Zelle ist theoretisch vergleichbar mit einem grossen Industriekomplex. Es werden Rohstoffe importiert, verarbeitet, neue Stoffe produziert, Produkte hergestellt und exportiert. A u f dem G e l ä n d e des Industriekomplexes stehen verschiedene G e b ä u d e - in der Zelle werden diese G e b ä u d e "Organellen" genannt. Eine Organelle ist der Zellkern: Der Zellkern - das Büro Der Zellkern ist so etwas wie das B ü r o des Industriekomplexes. In seinem Innern gibt es vor allem eine riesige Bibliothek, in der die Bauanleitungen für alle erdenklichen Produkte archiviert sind. Beim Menschen sind diese Bauanleitungen in jeder Zelle in 23 verschiedenen A k t e n s c h r ä n k e n gelagert - zur Sicherheit gibt es jeden Aktenschrank zwei M a l . Insgesamt findet man also 46 A k t e n s c h r ä n k e . Der biologische Name dieser A k t e n s c h r ä n k e ist "Chromosomen". V o n den Bauanleitungen gibt es in jedem Aktenschrank zwei Kopien. Die Bauanleitungen sind in der Sprache der D N A geschrieben. D N A steht für das englische „ d e o x y r i b o n u c l e i c acid". Die parallel bestehende deutsche A b k ü r z u n g D N S (für „ D e s o x y r i b o n u c l e i n s ä u r e " ) w i r d hingegen seltener verwendet und ist laut Duden „ v e r a l t e n d " . In einem B ü r o gibt es natürlich auch K o p i e r g e r ä t e . I m Zellkern gibt es zwei Typen davon. Der eine G e r ä t e t y p wird dazu verwendet, die Bauanleitungen zu kopieren. Dies ist dann w i c h t i g , wenn sich eine Zelle teilt. Es entstehen zwei Zellen mit zwei Zellkernen - jeder Zellkern, also jedes B ü r o muss wieder alle Bauanleitungen (in doppelter Ausführung ) besitzen. Das für diesen Fall verwendete K o p i e r g e r ä t heisst "DNA-Polymerase". Der zweite T y p K o p i e r g e r ä t heisst "RNA-Polymerase". Er wird benutzt, wenn die Bauanleitungen in die Werkhallen des Industriekomplexes verschickt werden sollen, damit dort die entsprechenden Produkte hergestellt werden k ö n n e n . N a t ü r l i c h wird dazu nicht das D N A - O r i g i n a l versendet, sondern es wir d eine Arbeitskopie erstellt, welche R N A genannt w i r d ( R i b o n u c l e i n s ä u r e , engl. ribonucleic acid). Der Vorteil davon ist, dass jeweils v o n . einer Bauanleitung gleich mehrere Arbeitskopien erstellt werden k ö n n e n . Diese Arbeitskopien könne n dann in der Werkhalle an mehreren Maschinen gleichzeitig eingesetzt werden und so das gleiche Produkt parallel produziert werden. Im Zellkern gibt es meist eine (oder mehrere) auffallend dunkle, k u g e l f ö r m i g e Struktur(en). Diese nennt man "Nucleolus" (Mehrzahl „ N u c l e o l i " ) oder " K e r n k ö r p e r c h e n " . Sie ist ein spezielles Entwicklungslabor, in dem die wichtigsten Maschinen der Zelle - die Ribosomen - vorgefertigt werden. Werkhalle und Maschinen - das " E R " und die Ribosomen Die RNA-Arbeitskopie n gelangen also aus dem B ü r o hinaus und werden in die Werkhalle gebracht. Die Werkhalle der Zelle w i r d "Endoplasmatisches Reticulum" - kurz ER - genannt. A m ER stehen viele baugleiche Maschinen bereit, welche die Bauanleitung der R N A ablesen und das entsprechende Produkt herstellen k ö n n e n . Diese Maschinen werden "Ribosomen" genannt. Die Produkte der Ribosomen nennt man "Proteine" oder "Eiweisse". A n gewissen Teilen der Werkhalle stehen keine Maschinen - diesen T e i l des ER nennt man "glattes" ER, den Teil m i t Ribosomen nennt man "raues" ER. Es gibt auch Maschinen, welche nicht an der Werkhalle, sondern irgendwo auf dem W e r k g e l ä n d e stehen - sie nennt man freie Ribosomen. Zellbiologie 8 Verpackungshalle - der Goigi-Apparat Die in der Werkhalle produzierten Produkte - also die Proteine - werden oftmals noch etwas angepasst und dann für den Versand innerhalb des Industriekomplexes oder sogar nach draussen (also aus der Zelle hinaus) verpackt. Dies geschieht in einem dem ER anschliessenden G e b ä u d e , dem so genannten Golgi-Apparat (manchmal auch Dictyosom genannt). Die fertig verpackten Produkte werden v o m Golgi-Apparat in bläschenförmige Pakete geschnürt und an ihren Bestimmungsort innerhalb oder ausserhalb der Zelle gebracht. Es gibt Pakete m i t gefährlichem Inhalt die so genannten "Lysosomen". Sie werden vom Betriebssicherheitsdienst benutzt, um in den Industriekomplex eingedrungene Einbrecher und Fremdkörper zu neutralisieren. Lysosomen finden sich N U R in tierischen Zellen. Mitochondrien - die Kraftwerke der Zelle Ein Industriekomplex braucht verständlicherweise auch Energie. Diese w i r d in den Mitochondrien bereitgestellt, den Zellkraftwerken. Die Zellkraftwerke werden gespiesen von Traubenzucker, welcher von aussen in die Zelle aufgenommen w i r d . Die produzierte Energie wird in wiederaufladbaren Batterien gespeichert, welche A T P genannt werden. Die ATPs werden dann überall in der Zelle verteilt und als Energiequellen angezapft. Ist eine Batterie leer, w i r d sie i m Mitochondriu m wieder aufgeladen. Mikrotubuli - Transportwege und Strukturelemente Mikrotubuli sind eine A r t Gerüst- oder Schienenstränge, die überall durch den Industriekomplex führen. A n ihnen entlang werden Stoffe transportiert. Die M i k r o t u b u l i geben der Zelle aber auch Form und Halt, indem sie das so genannte "Cytoskelett" bilden. Dieses Zellskelett muss aber nicht starr sein, sondern kann flexibel und bei Bedarf rasch umbaubar sein. Die R ä u m e zwischen dem Cytoskelett sind m i t dem Cytoplasma gefüllt - einer gelartigen Flüssigkeit. (Der Vergleich zum Industriekomplex fällt hier schwer). Zaun und Mauer - Zellmembran und Zellwand Natürlich muss ein Industriekomplex gut bewacht und abgegrenzt werden. Dies kann mittels eines Zaunes oder einer Mauer - oder gleich beidem geschehen. A l l e Zellen besitzen als Abgrenzung eine flexible Zellmembran. Pflanzenzellen besitzen zusätzlich noch eine starre Wand: die Z e l l w a n d . In dieser Ummantelung gibt es verschiedene T o r e , durch die ausgewählte Stoffe hinein oder heraus gelangen können. Einige Tore haben m i t Energie betriebene Mechanismen, die ausgesuchte Stoffe aktiv in oder aus der Zelle befördern können. Solarkraftwerke - Chloroplasten Pflanzenzellen besitzen Solarkraftvverke, in denen sie Sonnenenergie in Brennstoffe für ihre Zellkraftwerke (Mitochondrien) umwandeln können. Dies sind die Chloroplasten - unter dem M i k r o s k o p gut sichtbare, grüne Kügelchen. Flüssigkeitstank - Vakuole Ebenfalls nur in Pflanzenzelle zu finden sind Vakuolen - riesige, ballonartige Flüssigkeitstanks, welche einen grossen T e i l des Industriekomplexes einnehmen können (Je nach Füllstand des Tanks). Hinweis: Dieser Text enthält viele Vereinfachungen, viele hinkende Vergleiche, viele Ungenauigkeiten, viele Verallgemeinerungen! Dennoch, so hoffe ich, sollte er dir das Verständnis dieses komplexen Themas (mit seinen vielen Fremdwörtern) erleichtern. © B . Brun del R e , 2008 (abgeändert durch M . Lichlsieiner) A b b . 6 Schematische Darstellung einer Tierzelle (5'000fache Vergrösserung) Zellbiologie 11 Cytoplasma Den gesamten Bereich zwischen dem Zellkern und der die Zelle umgebenden Membran nennt man Cytoplasma (auch Zellplasma). Es besteht aus dem halbflüssigen Cytosol, in das die Organellen eingelagert sind. Zellmembran Membranen unterteilen das Zellinnere in eine Vielzahl gegeneinander abgegrenzter Räume, die als Kompartimente bezeichnet werden. Jene Membran, welche die Zelle gegen aussen abgrenzt, wird Zellmembran genannt. Es handelt sich dabei um ganz dünne Häutchen an welchen diverse Stoffaustauschvorgänge stattfinden. Durch die Abgrenzung nach aussen kann innerhalb der Zelle ein anderes Milieu herrschen als ausserhalb. Endoplasmatisches Reticulum (ER) Das ER ist ein Membransystem, das in Form eines Netzwerkes das gesamte Cytoplasma durchzieht. Die Membranen umschliessen lamellen- oder röhrenförmige Innenräume. Das ER steht mit anderen Membranen, zum Beispiel der Kernhülle, in Verbindung. Im Inneren des ER werden Stoffe gebildet, umgewandelt und gespeichert. An der ER-Membran werden mit Hilfe sogenannter „Ribosomen" Proteine (= Eiweisse) gebildet. Ein mit Ribosomen „beladenes" ER sieht rau aus und heisst daher „raues ER", ER ohne Ribosomen heisst „glattes ER". Ausserdem dient das ER dem Stofftransport in der Zelle. Manchmal schnüren sich von den Membranen Bläschen (= Vesikel) ab, in denen Stoffe transportiert werden. Golgi-Apparat Der Golgi-Apparat ist aus vielen flachen, membranumschlossenen Reaktionsräumen, Dictyosomen genannt, aufgebaut. Im Innern befinden sich vor allem Proteine. Sie werden dort nicht gebildet sondern nur konzentriert, umgewandelt und gelagert. Am Rande der Membranstapel können sich wie beim ER - Bläschen, sogenannte Golgi-Vesikel, abschnüren und entweder innerhalb der Zelle zu den Orten wandern an denen die Stoffe benötigt werden oder als Sekret, aus der Zelle ausgeschleust werden. Zellkern Der Zellkern ist das grösste Zellorganell der eukaryotischen Zelle und liegt oft zentral im Cytoplasma. Das Plasma des Zellkerns wird durch eine Doppelmembran vom Cytoplasma getrennt. Die äussere Kernmembran setzt sich in der Membran des ER fort. Die Kernhülle enthält Poren durch die Moleküle transportiert werden können. Der Zellkern enthält vor allem die DNA (Erbgut) und steuert die Stoffwechselprozesse innerhalb der Zelle. Der Zellkern enthält die Kernkörperchen. Diese sind Ribosomenfabriken. Kernkörperchen Der Nukleolus ist ein kleines rundliches Gebilde und dient der RNA-Synthese. In ihm werden die Bestandteile der Ribosomen gebildet, welche anschliessend im Cytoplasma zusammengesetzt werden. Ribosomen Ribosomen bestehen aus Proteinen und RNA und sind von keiner Membran umschlossen. Diese Partikel haben nur einen Durchmesser von 15 bis 30 nm. Ribosomen sind also sehr klein. Sie sind die Proteinfabriken der Zelle. Zellbiologie 12 Mitochondrien Mitochondrien sind bohnenförmig und von einer Hülle aus zwei Membranen umgeben. Dadurch entstehen zwei Kompartimente: das eine liegt zwischen der inneren und äusseren Hüllmembran, das andere wird nur von der inneren Membran umgeben. Diese ist stark gefaltet. Mitochondrien sind für die Zellatmung verantwortlich. Dabei wird die in den Nährstoffen (-> Traubenzucker) enthaltene Energie in eine für die Zelle unmittelbar verwertbare Form (-> ATP) umgewandelt. Mitochondrien kann man deshalb als die "Kraftwerke" der Zelle bezeichnen. Mitochondrien findet man im Cytoplasma von allen Zellen, je nach Zellenart jedoch verschieden häufig. Lysosomen Lysosomen sind von einer einfachen Membran umhüllte Bläschen. Sie werden im Golgi-Apparat gebildet und enthalten vor allem Verdauungsstoffe. In den Lysosomen werden auch gealterte Organellen abgebaut. Die Hauptfunktion der Lysosomen besteht darin, körperfremde (z.B. bakterielle und virale) Proteine und Substanzen mittels der in ihnen enthaltenen Enzyme zu verdauen. Mikrotubuli (sing. Mikrotubulus) Dies sind röhrenförmige Strukturen. Sie sind Bestandteil des Cytoskeletts (= intrazelluläres Stützsystem). Sie sind somit mitverantwortlich für die mechanische Stabilisierung der Zelle und ihrer äusseren Form, für aktive Bewegungen der Zelle als Ganzes, sowie für Bewegungen und Transporte innerhalb der Zelle. Zentriolen Die Zentriolen kommen fast nur in tierischen Zellen vor. Ihr wichtigstes Bauelement sind Mikrotubuli. In jeder Zelle ist nur ein Paar Zentriolen zu finden. Dieses spielt eine Rolle bei der Zellteilung. Chloroplasten Diese gibt es nur in Pflanzenzellen. Sie sind von einer Doppelmembran umgeben, wodurch zwei Kompartimente entstehen (wie bei Mitochondrien). Die innere Membran umschliesst einen Raum, der flächige, lamellenförmige Membranstapel (-> Thylakoide) enthält. Diese sind z.T. wie Geldrollen sehr dicht gestapelt (-> Grana). Die Chloroplasten enthalten den grünen Farbstoff „Chlorophyll" und betreiben Fotosynthese. Zellwand Die Zellwand ist eine typische Struktur von Pflanzen- und Pilzzellen. Die Wand ist ein Abscheidungsprodukt der lebenden Zellen. Die meisten Zellwände enthalten zahlreiche Tüpfel. Durch diese Tüpfel sind Pflanzenzellen mit ihren Nachbarinnen mittels Cytoplasmafortsätzen verbunden. Ihre zwei Hauptfunktionen sind der Zelle Stabilität zu geben und zu verhindern, dass die Zelle anschwillt, wenn Wasser eindringt. Vakuole Zellsaftgefüllte Vakuolen sind typisch für Pflanzenzellen. Ihr Volumen kann mehr als 90 % des Gesamtvolumens einer Zelle betragen. Sie sind gegen das Cytoplasma durch eine Vakuolenmembran abgegrenzt. Vakuolen sind häufig Speicherkompartimente. Bei den im Zellsaft gelösten Stoffen handelt es sich, neben einigen Salzen, vor allem um organische Stoffe wie Zucker und organische Säuren.