Pulverdiffraktometrie an nanokristallinem Cadmiumsulfid Bachelorarbeit Isabel Schuldes 06.08.13 Lehrstuhl für Kristallographie und Strukturphysik Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg Betreuer: Prof. Dr.Andreas Magerl Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung und Motivation................................................................................... 4 2 Theoretische Grundlagen ................................................................................... 6 3 4 5 2.1 Das Kristallgitter ............................................................................................. 6 2.2 Röntgenstreuung an Kristallen ....................................................................... 7 2.3 Der reziproke Raum ....................................................................................... 8 2.4 Pulverdiffraktometrie .....................................................................................10 2.5 Scherrer-Gleichung .......................................................................................12 2.6 Eigenschaften von Nanopartikel ....................................................................13 2.7 Reynoldszahl ................................................................................................15 2.8 Ostwaldsche Stufenregel ..............................................................................16 Material und Methoden ......................................................................................17 3.1 Probenmaterial: Cadmiumsulfid ....................................................................17 3.2 Synthese .......................................................................................................18 3.2.1 Aufbau ...................................................................................................18 3.2.2 Geschwindigkeit des Strahls ..................................................................20 3.2.3 Temperaturregulierung ...........................................................................20 3.2.4 PH-Wert-Regulierung .............................................................................22 3.3 Trocknung der Partikel ..................................................................................22 3.4 Pulverdiffraktometrie in Bragg-Brentano-Geometrie ......................................23 3.5 Strukturanalyse mit DISCUS .........................................................................24 Experiment und Resultate .................................................................................26 4.1 Geschwindigkeitsabhängigkeit der Kristallite .................................................26 4.2 Temperaturabhängigkeit der Kristallite ..........................................................28 4.3 EDTA-Abhängigkeit der Kristallite .................................................................30 4.4 PH-Wert-Abhängigkeit der Kristallite .............................................................34 Zusammenfassung und Diskussion .................................................................35 5.1 5.1.1 Teilchengröße ........................................................................................35 5.1.2 Stapelfehlerwahrscheinlichkeit ...............................................................36 5.2 6 Parameter .....................................................................................................35 Beurteilung des Fits ......................................................................................36 Ausblick ..............................................................................................................38 2 Anhang.......................................................................................................................39 Messkurven .............................................................................................................39 Geschwindigkeit ...................................................................................................39 Temperatur ..........................................................................................................41 EDTA ...................................................................................................................44 pH-Wert................................................................................................................48 Parametertabelle .....................................................................................................51 Literatur- und Abbildungsverzeichnis .....................................................................52 Erklärung ...................................................................................................................54 3 1 Einleitung und Motivation In den letzten Jahrzehnten wurden große Fortschritte in der Erforschung der optischen und elektrischen Eigenschaften und in der Synthese von nanokristallinen Halbleitern gemacht. Diese so genannten Quantenpunkte finden aufgrund dieser Eigenschaften in der aktuellen Wissenschaft und Technik eine große Bandbreite an Anwendungen. Ihre Größe von nur wenigen Nanometern, die durch Parametervariation in der Synthese kontrolliert werden kann, hat direkten Einfluss auf ihre physikalischen und chemischen Eigenschaften, die sich von denen ihres entsprechenden Festkörpers unterscheiden können. Da sich Merkmale wie Absorptions- und Emissionsspektren des Materials beeinflussen lassen, sind Quantenpunkte unter anderem in der Zell- und Tierbiologie als fluoreszierende Marker in lebenden Zellen von großem Interesse, wo sie sich wegen ihrer lang anhaltenden Fluoreszenz, der hohen Photostabilität und ihrem Emissionsspektrum im nahen Infrarotbereich gegen herkömmliche organische Fluorophore durchsetzen können [1]. Zudem sind Nanopartikel leicht und kostengünstig in guter Qualität herstellbar und finden auch in der Photovoltaik Anwendung. Dort werden zum Beispiel SiliziumSolarzellen mit einem dünnen Film aus lumineszierenden Silizium-Nanopartikeln überzogen, welche aufgrund ihrer Langzeitstabilität und der Fähigkeit auch UVStrahlen gut in Energie umzuwandeln, die Leistung der Solarzellen deutlich erhöhen können [2]. Des Weiteren werden Nanopartikel wegen ihrer Besonderheiten in Photodetektoren, lichtemittierenden Dioden, Einzelelektronen- und Dünnschichttransistoren verwendet [3, 4]. Ein repräsentatives Beispiel für einen häufig verwendeten nanokristallinen Halbleiter ist Cadmiumsulfid (CdS). Diese Arbeit ist Teil eines Projekts, in dem es um die Nukleation und das Wachstum von CdS und deren Abhängigkeit von verschiedenen Synthesefaktoren geht. In einem Teil des Projekts wird mit in situ Klein- und Weitwinkelstreuung die Nukleation von CdS im freien Strahl beobachtet, wobei die Bedingungen während der Synthese, wie zum Beispiel die Temperatur, die Mischgeschwindigkeit, die Konzentration und die Stöchiometrie, variiert werden. Um die Kristallstruktur des Produkts aufzuschlüsseln, beschäftigt sich diese Arbeit mit ex situ Messungen an CdS-Nanopartikeln. Im Wesentlichen geht es dabei darum, die Auswirkung der Synthesebedingungen auf die Struktur des Probenmaterials mittels Pulverdiffraktometrie zu untersuchen. Dafür werden während der Nanopartikelherstellung die Temperatur, die Flussgeschwindigkeit der Reaktionsedukte 4 in wässriger Lösung und der pH-Wert verändert. Das entstehende gelöste CdS wird getrocknet, für das Pulverdiffraktometer entsprechend vorbereitet und vermessen. Anschließend werden die gemessenen Daten mit einem genetischen Algorithmus gefittet und die relevanten Parameter, wie der Stapelfehler und die Teilchengröße, interpretiert. 5 2 Theoretische Grundlagen Zunächst werden einige theoretische Grundlagen der Röntgenbeugung an Kristallen vorgestellt. Da sich diese Arbeit ausschließlich auf Röntgenbeugung an nanokristallinem Material bezieht, werden anschließend relevante Eigenschaften von Nanokristallen behandelt. 2.1 Das Kristallgitter Kristalle sind Festkörper, denen eine dreidimensionale periodische Anordnung von Atomen, die so genannten Kristallstruktur, zu Grunde liegt. Eine Kristallstruktur besteht aus einem Gitter und einem sich regelmäßig wiederholendem Motiv. Eine Elementarzelle wird durch 6 Gitterkonstanten (| ⃗|,| ⃗⃗| | ⃗| α, β, γ) beschrieben und enthält die gesamte Information des Gitters. Sie wird von den drei Vektoren ⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗ und ⃗ aufgespannt, die ein rechtshändiges Koordinatensystem mit den kristallographischen Achsen a, b und c und den Winkeln α, β und γ bilden (Abbildung 2.1). Abbildung 2.1: Darstellung eines schematischen Kristallgitters aus periodischen Wiederholungen der translatierten Elementarzelle aufgespannt von den Vektoren ⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗ und ⃗ sowie den dazugehörigen Winkeln α, β und γ [4]. Die Ebene, die die Achsen in den Koordinaten für a = m00, b = 0n0 und c = 00p schneidet, wird Netzebene genannt. Um die Lage einer Netzebene zu beschreiben, benutzt man die Millerschen Indizes, die mit den Buchstaben hkl indiziert werden und welche das kleinste ganzzahlige Zahlentripel der reziproken Achsenabschnitte ist. So gilt also h ~ 1/m, k ~ 1/n und l ~ 1/p. Auf die Weise wird eine unendliche Schar von 6 parallelen Netzebenen mit gleicher Elementarzelle und gleichem Abstand dhkl zueinander lokalisiert [4]. 2.2 Röntgenstreuung an Kristallen Röntgenbeugung an einem kristallinen Material kann als Streuung der Röntgenstrahlen an den parallelen Netzebenenscharen beschrieben werden [4]. Wir betrachten den Fall von elastischer Streuung der Röntgenstrahlung an einer Netzebene. Wird eine Welle k an einem Objekt elastisch gestreut, kommt es zu einer Richtungs- und Impulsänderung der Welle, wobei die Wellenlänge der ausfallenden Welle k’ gleich der von k ist (Abbildung 2.2). Um diesen Vorgang zu beschreiben wird der Streuvektor Q = k’ - k eingeführt, der sich für elastische Streuung mit | | | | wie folgt darstellen lässt: | | (2.1) | | Abbildung 2.2: Eine einfallende Welle k wird an einem Streuzentrum elastisch gestreut, die gestreute Welle hat den Winkel 2Θ relativ zur Einfallswelle. Die Differenz der beiden Wellen bildet den Streuvektor Q = k – k’. Unter bestimmten Bedingungen findet bei der Streuung von Röntgenstrahlen an den Netzebenen konstruktive Interferenz statt. Dies ist der Fall, wenn der Wegunterschied ∆S einer an unterschiedlichen Netzebenen gestreuten Welle genau einem ganzzahlig Vielfachem der Wellenlänge λ entspricht (Abbildung 2.3). Sei also ∆S = m∙λ mit ∆S = 2 ∙sin Θ ∙dhkl , (2.2) so erhält man das so genannte Bragg-Gesetz: 7 m∙λ = 2 ∙sin Θ ∙dhkl . (2.3) Dabei ist m eine ganze Zahl, dhkl der Netzebenenabstand der Netzebenenschar mit den Koordinaten hkl und Θ der Winkel der einfallenden Welle bezüglich der Netzebenen [5]. Abbildung 2.3: Darstellung von Wellenstreuung am Kristallgitter gemäß dem BraggGesetz. Entspricht der Wegunterschied ∆S der an zwei verschiedenen Streuzentren gestreuten Welle genau einem Vielfachen der Wellenlänge, so interferieren die Wellen konstruktiv [5]. 2.3 Der reziproke Raum Um Beugungsphänomene an Kristallen einfach betrachten und berechnen zu können, wird der reziproke Raum eingeführt, in welchem sich das reziproke Kristallgitter befindet. Jeder Netzebenenschar hkl im Realraum wird dabei genau ein Punkt des reziproken Gitters zugeordnet, mit senkrecht auf der dazugehörigen Ebenenschar. Der reziproke Gittervektor ⃗⃗ , der vom Ursprung des reziproken Raums zu diesem Gitterpunkt führt, kann dargestellt werden durch ⃗ ⃗ ⃗ ⃗ (2.4) und beschreibt das reziproke Gitter, welches von den Basisvektoren gi aufgespannt wird. Die Basisvektoren berechnen sich aus den Gitterbasisvektoren des Kristalls, hier ⃗⃗⃗⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗⃗, ⃗⃗⃗⃗⃗ genannt, wie folgt [6]: 8 Mathematisch ⃗⃗⃗⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗⃗ (⃗⃗⃗⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗⃗) ⃗⃗⃗⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗⃗ (⃗⃗⃗⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗⃗) ⃗⃗⃗⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗⃗ (⃗⃗⃗⃗⃗ ⃗⃗⃗⃗⃗) entsprechen Ereignisse im (2.5) reziproken Raum einer Fourier- Transformation des Realraums. Demnach entspricht die Fourier-Transformation eines dreidimensionalen Gitters im Realraum dem dazugehörigen dreidimensionalen reziproken Gitter. Um Streuung an einem Kristall mathematisch zu beschreiben, wird die Fourier-Transformation der Elektronendichte verwendet, da diese genau der Streuamplitude eines Kristalls entspricht. Der Atomformfaktor f(Q), der die Interferenz der gesamten Elektronen eines Atoms darstellt, wird repräsentiert durch die Fourier-Transformierte der Elektronendichteverteilung ρ im einzelnen Atom: ( ) (2.6) ∫ ( ) Der Strukturfaktor F(Q) ist ein Maß für das Streuvermögen des Kristalls. Er entspricht der Summe der gestreuten Wellen aller Streuzentren und ist somit die FourierTransformation der Elektronendichte ρ(r) der Elementarzelle: ( ) (2.7) ∫ ( ) Der Aufbau eines Kristalls kann mathematisch als Faltung zweier Funktionen dargestellt werden. Sei C(x) der Kristall, dann ist im eindimensionalen Fall ( ) ∑ ( ) (2.8) also eine Reihe aus Wiederholungen der Basis B(x) mit Abstand a. Das Gitter L(x) besteht aus einer Reihe von unendlichen scharfen Punkten 9 ( ) ∑ ( ) (2.9) mit der Dirac-Funktion δ. Die Faltung von L(x) und B(x) ( ) ( ) ∫ ( ) ∑∫ ( ∫ ∑ ( ) ( ) ( ) ) ∑ ( ( ) ) (2.10) ( ) entspricht dann wieder genau dem Kristall C(x). Da im realen Raum die Kristallstruktur als Faltung von Gitter und Basis beschrieben werden kann und die Streuamplituden der Fourier-Transformation des Kristallgitters entsprechen, ist dies nach dem FaltungsTheorem, genau das Produkt der Fourier-Transformierten von Basis und Gitter [5]. 2.4 Pulverdiffraktometrie Das Verfahren von Röntgenbeugung an einem kristallinen Pulver zur Strukturanalyse wird Pulverdiffraktometrie genannt. In einem idealen Pulver sind die Netzebenen in allen Orientierungen vorhanden, so dass bei Bestrahlung entsprechend der BraggFormel (2.3) ausreichend oft konstruktive Interferenz stattfindet und alle dhkl bestimmt werden können. Das Streumuster besteht aus Ringen, die sich um die Richtung der einfallenden Strahlung befinden. Die dazugehörige Konstruktion des reziproken Raums entspricht ineinander geschachtelten Kegelmanteln, die sich um den Ursprung des reziproken Raums befinden und den so genannten Debye-Scherer-Kegel mit dem Öffnungswinkel 4Θ bilden (Abbildung 2.4). Jede dieser Kegelschalen kommt von einem der reziproken Gitterpunkte Ghkl bzw. einer Netzebenenschar hkl, dessen Dichte durch den Betrag des Strukturfaktors gegeben ist. Jeder Strukturfaktor ungleich Null trägt zum Streumusters bei. Da allerdings nur die Intensität gemessen wird und die dem Betragsquadrat des Strukturfaktors entspricht, I(Q) = │F(Q)│² , ( 2.11) geht der Vektorcharakter der reziproken Gittervektoren und die Information über seine Richtung verloren. Daher sind Reflexe mit gleichem Netzebenenabstand nicht voneinander zu unterscheiden [7]. 10 Abbildung 2.4: Debye-Scherrer-Kegel für ein Pulver. Die gebeugten Strahlen eines Röntgenreflexes hkl bilden um den Primärstrahl einen Beugungskegel mit einem Öffnungswinkel von 2∙2Θhkl. [7] Bei der Pulverdiffraktometrie wird mit Wellenlängen gearbeitet, die ungefähr den Netzebenenabständen der Kristalle entsprechen, also in etwa 0.1-5 Å. [7] Das entstehende Pulverdiagramm besteht aus einer Reihe dieser Einzelreflexe, der so genannten Bragg-Peaks, die sich über den Untergrund erheben, und stellt die Intensität des gebeugten Strahls über einen bestimmten 2Θ-Bereich dar [8]. Um trotz einer hohen Auflösung, die notwendig für eine Strukturanalyse mittels Pulverdiffraktometrie ist, auch noch eine ausreichende gemessene Intensität zu erhalten, wurden parafokussierende Geometrien (Abbildung 2.5) entwickelt, die es erlauben einen Großteil der Strahlendivergenz zu nutzen und damit eine hohe Intensität zu erhalten. Ein Schlitzsystem nach der Röhre reguliert die Divergenz der Strahlen, die dann an den zufällig orientierten Kristallen der flachen Probe gebeugt werden und in der Detektorblende wieder zusammentreffen, wo sich die Intensität konzentriert [6]. Dabei passt sich die Probe, die sich im Mittelpunkt des Messkreises befindet, nicht der Krümmung des Fokussierungskreises an, sondern liegt tangential an. In den Schnittpunkten von Fokussierungskreis und Messkreis befinden sich die Detektorblende und der Röhrenfokus [8]. Man unterscheidet zwei verschiedene parafokussierende Geometrien von Laborgeräten: Zum einen die Reflektionsgeometrie, bei der die Strahlung an der auf einem flachen Probenträger befindlichen Probe reflektiert wird, wie z.B. bei der BraggBrentano-Geometrie (siehe 3.4), und zum anderen die Transmissionsgeometrie, wie die Guinier-Geometrie eine ist, bei der das Pulver zum Beispiel auf einer dünnen Folie aufgetragen und dann durchstrahlt wird [7]. 11 Abbildung 2.5: Skizze des Prinzips der Parafokussierung, hier dargestellt in Reflektionsgeometrie (Bragg-Brentano-Geometrie). Der Fokussierungskreis wird durch die Detektorblende und den Röhrenfokus auf dem Messkreis sowie der tangential anliegenden, flachen Probe im Mittelpunkt des Messkreises festgelegt. 2.5 Scherrer-Gleichung Bei der Betrachtung von Pulverdiagrammen großer Kristalle und der von Nanokristallen fällt auf, dass die Peaks mit sinkender Kristallgröße breiter und unschärfer werden. Das Bragg-Gesetz (2.3) beschreibt die ideale geometrische Bedingung für Streuung unter Voraussetzung einer, im Vergleich zum Abstand zweier Streuzentren, als unendlich annehmbaren Kristalldimension. Wenn der Winkel zwischen einfallendem Strahl und Netzebene nicht der Bragg-Bedingung entspricht, gibt es in großen Kristallen genügend weitere Streuzentren, so dass es zu jeder gestreuten Welle eine weitere gibt, dessen Wegunterschied genau λ/2 entspricht, somit destruktive Interferenz stattfindet und scharfe, schmale Bragg-Peaks entstehen. In einem kleinen Kristall mit endlicher Größe ist dies nicht der Fall und es entsteht eine Intensitätsverteilung, dessen Form von der Größe und Form der Kristalle abhängt. Die Abhängigkeit der Peak-Breite von der Teilchengröße kann durch die ScherrerGleichung beschrieben werden. Sie lautet 12 (2.12) wobei der mittlere Partikeldurchmesser ist, K die Scherrer-Konstante, λ die Wellenlänge der Welle, θ der Einfallswinkel der Welle und ω die so genannte Halbwertsbreite. Die Halbwertsbreite ist der Winkelbereich, indem die Intensität größer gleich der Hälfte der Spitzenintensität des Bragg-Peaks ist, auch als „Full Width at Half Maximum“ (FWHM) bezeichnet. Der Größenparameter wird umso kleiner, je größer die Halbwertbreite ω ist, d.h. je breiter der Peak. Mit der Scherrer-Gleichung lässt sich also experimentell die Kristallgröße anhand der Bragg-Peakbreite abschätzen oder bei bekannter Größe die Peakbreite in der Pulverdiffraktometrie vorhersagen [7]. 2.6 Eigenschaften von Nanopartikel Nanopartikel sind Teilchen, die aus wenigen bis ein paar tausend Atomen oder Molekülen bestehen. Ihre Größe von bis zu 100 nm verschafft ihnen besondere Merkmale, die hauptsächlich auf zwei verschiedenen Effekten beruhen Einerseits den Oberflächeneffekt, der auf das große Verhältnis von der Anzahl der Atome an der Oberfläche zu deren im Inneren der Teilchen zurück zu führen ist. Diese so genannte spezifische Oberfläche wächst mit sinkender Teilchengröße und beeinflusst in erster Linie mechanische und katalytische Eigenschaften [9]. Andererseits führt die geringe Anzahl an Atomen und somit an Elektronen in Nanopartikeln im Vergleich zu ihrem Festkörper zu einem Übergang von quasikontinuierlichen Energieniveaus zu größenabhängigen diskreten Zuständen, dem Größenquantisierungseffekt („Quantum Size Effect“). Dieser Effekt ist unter anderem der Grund für vom Festkörper abweichende optisch-elektronische Eigenschaften der Nanopartikel und wird im Folgenden erklärt. Quantum Size Effect Der so genannte Quantengrößeneffekt beschreibt das Phänomen, dass sich die Bandlücken der kleinen Teilchen ab einer ausreichend kleinen Größe verändern. Sobald die räumliche Ausdehnung der Partikel kleiner als der Exzitonradius ist, ändern sich die Energiezustände und die Bandlücken verbreitern sich mit sinkender 13 Teilchengröße um eine Energiedifferenz ∆Eqc. Somit ist eine größere Photonenenergie Ephoton zur Anregung eines Elektron-Loch-Paars notwendig als bei makroskopischen Kristallen. Das zeigt Formel 2.13 mit dem Plankschem Wirkungsquantum h, der Lichtgeschwindigkeit c, der maximalen Wellenlänge des Emissionsspektrums λmax und der Bandlückenenergie Ebg. Demnach werden die Übergangsenergien größer und es entsteht eine Verschiebung zu niedrigeren Wellenlängen, die so genannte Blauverschiebung („blue shift“). (2.13) Das ist damit zu erklären, dass sich mit Verringerung des Teilchenradius, der Abstand des Elektron-Loch-Paars in Nanopartikeln im Vergleich zu denen in makroskopischen Kristallen verkleinert. Dadurch vergrößern sich die Coulomb-Wechselwirkungen zwischen Elektron und Loch und ihre kinetische Energie steigt an, wodurch der Energiebetrag des ersten elektrischen Übergangs steigt. Eine Abschätzung der so entstehenden Bandlückenverbreiterung in Abhängigkeit der Größe zeigt die Formel ( ) (2.14) mit dem Teilchenradius R, der effektiven Masse des Elektrons me* und der des Lochs mh* [10, 11]. Stapelfehler Ein weiteres charakteristisches Merkmal von Nanopartikeln im Vergleich zu großen Kristallen, ist eine oft auffällig ungeordnete Struktur. Es gibt eine Mindestanzahl an Stapelebenen, die notwendig ist um eine periodische Ordnung im Kristall herstellen zu können, da hierfür weitreichende Wechselwirkungen gebraucht werden. Da diese in Nanokristallen wegen ihrer geringen Zahl an Atomen und Stapelebenen nicht ausreichend ist, zeichnen sie sich durch eine hohe Dichte an Stapelfehlern aus [12]. 14 2.7 Reynoldszahl Bei der Synthese von CdS-Nanopartikeln in Lösung hat sich gezeigt, dass die Geschwindigkeit, mit der die Lösungen für die Herstellung zusammengemischt werden, die Größenverteilung und Anzahl der entstehenden Partikel und somit auch ihre Eigenschaften beeinflussen [3]. Grund hierfür sind turbulente Strömungen im Mischobjekt, die durch ausreichend hohe Flussgeschwindigkeit entstehen, wobei es im Vergleich zu laminaren Strömungen zu Wirbeln im Fluid kommt. Die dimensionslose Reynoldszahl ist ein Maß für die Turbulenz und ist im Wesentlichen abhängig von der Geometrie des Objekts und den Eigenschaften der Flüssigkeit. Die Formel für die Reynoldszahl ergibt sich wie folgt: Zuerst werden alle Längen auf eine Einheit L, alle Zeiten auf T normiert und die Geschwindigkeit u entsprechend durch L/T ausgedrückt. Wir setzen (2.15) ( ) ( mit den dimensionslosen Größen t’, u’, ) und p’ für den Druck. Dann wird die Navier-Stokes Gleichung, die Bewegungsgleichung für viskose, strömende Flüssigkeiten, ( ( ) ) (2.16) nach Division durch ρ und Vernachlässigung des Schwerkraftanteils zu ( ) (2.17) Dabei ist Re die dimensionslosen Reynoldszahl, (2.18) 15 der Dichte ρ und der Viskosität η des Fluids, der Größe U, die die Dimension einer Geschwindigkeit hat und die über die Länge L gemittelte Strömungsgeschwindigkeit angibt. Der kritische Wert der Reynoldszahl Rec ist eine untere Grenze ab der mit Sicherheit Turbulenzen in der Flüssigkeit auftauchen. Für Rohre mit kreisförmigen Querschnitt ergibt sich für Wasser eine kritische Reynoldszahl von Rec ~ 2300 [13]. 2.8 Ostwaldsche Stufenregel Ist Ostwaldsche Stufenregel besagt, dass bei einer Verbindung, die in verschiedenen Formen kristallisieren kann, sich bei spontaner Kristallisation zuerst die am wenigsten stabilste Form ausbildet. Danach bilden sich stufenweise stabilere Formen. Wenn also ein Zustand verlassen wird, ist der, der sich zunächst bildet nicht der thermodynamisch Stabilste, sondern der, welcher der Stabilität des Ursprungszustandes am nächsten ist [14]. 16 3 Material und Methoden In diesem Kapitel werden die verwendeten Materialien, Geräte und Programme vorgestellt und bei jedem Schritt auf die Vorgehensweise eingegangen, von der Probenherstellung bis zur Erstellung des Fits an die Messdaten. 3.1 Probenmaterial: Cadmiumsulfid CdS ist ein direkter Halbleiter aus II-VI-Komponenten mit großer Bandlücke (bei Zimmertemperatur 2.42 eV [10]). Es wird vor allem zu optischen Zwecken, wie z.B. in Solarzellen, Lasern, als Quantenpunkte oder biologischer Marker verwendet wird. CdS fällt optisch durch eine strukturabhängige Farbpalette von gelb bis rot auf. Es kommt sowohl in kubischer Sphalerit- als auch in hexagonaler Wurtzitstruktur vor, welche beide dichteste Kugelpackungen bilden. Da ein charakteristisches Merkmal von Nanomaterialien eine hohe Wahrscheinlichkeit von Stapelfehlern in der Kristallstruktur ist, findet man auch bei CdS-Nanopartikeln aperiodische Anordnungen von Ebenen, also hexagonale und kubische Stapelung in einem Kristall (Abbildung 3.1) [12]. Abbildung 3.1: Strukturen von CdS: kubisches Sphalerit (a), hexagonales Wurzit (b) und eine ungeordnete Struktur (c) [12]. Während die vorliegende Struktur keine Auswirkungen auf die Anregungszustände von makroskopischen Kristallen hat, lassen sich die Halbleitereigenschaften von CdSNanokristallen über die Partikelgröße kontrollieren. Die Bandlücke in CdS beispielsweise kann zwischen 4.5 und 2.5 eV variiert werden [15]. 17 3.2 Synthese Zunächst wird der Aufbau für die Synthese des Probenmaterials und im Anschluss die Variation der jeweiligen Syntheseparameter beschrieben. 3.2.1 Aufbau Die Synthese von CdS erfolgte, indem zwei Lösungen, Natriumsulfid (Na 2S) und Cadmiumchlorid (CdCl2), in stöchiometrischer Konzentration aus zwei Spritzen mit konstanter Flussgeschwindigkeit in einem Mikromischer gemischt wurden. Wegen der Toxizität des CdS geschah dies unter einem Laborabzug und der Umgang mit CdS unter Verwendung von Handschuhen. Die zwei Stammlösungen wurden jeweils in einem Liter Milli-Q-Wasser angesetzt, in dem die entsprechenden Feststoffe gelöst wurden. Um eine 25 mM Lösung zu erhalten wurden 6.00 g Na2S (Mmol = 240.18 g/mol) und 5.71 g CdCl2 (Mmol.= 183.32 g/mol) verwendet. Beim Mischen der beiden Stammlösungen entsteht 12,5 mM CdS. Die Reaktionsgleichung dazu lautet: Na2S + CdCl2 → CdS + 2NaCl (3.1) Der Aufbau für die Synthese (Abbildung 3.2) besteht aus zwei Spritzenpumpen (Chemyx Inc, Nexus 6000) die mit den Ausgangslösungen gefüllt und dann mit einer einstellbaren Geschwindigkeit entleert werden. Dadurch gelangen die Lösungen über zwei Schläuche zu einem Mischer (Abbildung 3.3), in dem sie zusammen treffen, gemischt werden und ihn als stabilen freien Strahl durch eine Düse mit einem Durchmesser von 400 μm verlassen. In einer Entfernung von 10 cm unter dem Mischer befindet sich ein Becherglas, das das Produkt auffängt. 18 Abbildung 3.2: Versuchsaufbau bestehend aus zwei Spritzenpumpen, zwei Schlauchableitungen, einem Mischer und einem Becherglas. Durch die Spritzenpumpen gelangen die Lösungen über die Schläuche zum Mischer, werden darin vermischt und in 10 cm Abstand als freier Strahl in einem Becherglas aufgefangen. Abbildung 3.3: Skizze des Mischers: Die beiden oberen Ausgänge sind mit Schläuchen aus den Spritzenpumpen verbunden. Die gelösten Reaktionsedukte führen über zwei Kanäle im Inneren des Mischers zusammen und verlassen als freier, stabiler Strahl den Mischer über eine Düse mit 400 μm Durchmesser. Die Synthese wurde stets bei konstanter Konzentration durchgeführt. Während der verschiedenen Synthesereihen wurden die Parameter Geschwindigkeit, pH-Wert, Temperatur und Stabilisatorzugabe wie im Folgenden beschrieben variiert: 19 3.2.2 Geschwindigkeit des Strahls Es wurden verschiedene Mischgeschwindigkeiten benutzt, während die anderen Bedingungen konstant blieben. An den Pumpen lassen sich die Flussraten v’, mit der die Flüssigkeiten aus den Spritzen gelangen, in Millilitern pro Minute einstellen. Entsprechend der Formel (3.2) mit der Fläche A des Strahlquerschnitts, werden daraus die Geschwindigkeiten v des freien Strahls in Meter pro Sekunde bestimmt. Die Reynoldszahl wird nach der Formel (2.18) errechnet (Tabelle 3.1), mit der Dichte ρ von CdS in Wasser (1005.85 kg/m3) bei Zimmertemperatur und der Viskosität η von Wasser (1 kg/ms): Tabelle 3.1: Die errechneten Werte der Flussgeschwindigkeit v und der dazugehörigen Reynoldszahl Re für die entsprechende Flussrate v’. Flussrate v’ [ml/min] Geschwindigkeit v [m/s] Reynoldszahl 2∙10 2.7 1086 2∙40 10.6 4265 2∙70 18.6 7484 2∙100 26.5 10662 2∙120 31.8 12794 3.2.3 Temperaturregulierung Um eine Temperaturvariation während der Synthese zu ermöglichen, mussten die Spritzen entsprechend präpariert werden (Abbildung 3.4) Dazu wurde ein Wärme leitender Schlauch, der von einem Temperaturbad (HAAKE, Phoenix II P2-C25P) mit einer geeigneten Kühlflüssigkeit, bestehend aus einer 2:1 Mischung aus Wasser und Glycol, durchspült wird, um die beiden Spritzen gewickelt. Die Temperatur der Flüssigkeit wurde am Gerät variiert und gewartet bis sich ein Wärmegleichgewicht eingestellt hatte. Um die Temperatur der Lösungen in den Spritzen relativ schnell auf den gewünschten Wert zu bekommen, dabei die Dicke der Spritze und den eventuellen Wärmeverlust über schlecht isolierte Stellen der Spritze und die Schläuche zum 20 Mischer berücksichtigend, wurde der eingestellte Sollwert entsprechend etwas höher oder niedriger als der gewünschte Wert eingestellt (Tabelle 3.2). Abbildung 3.4: Aufbau der temperaturregulierten Synthese: Wärme leitende Schläuche um die Spritzen gewickelt und mit einer Kühlflüssigkeit aus einem Temperaturbad, das die Regulierung der Temperatur zulässt, durchflossen. Die Synthese wurde bei fünf verschiedenen Temperaturen, ca. 10, 20, 30, 40 und 50°C, und zwei verschiedenen Mischgeschwindigkeiten, 10.6 und 31.8 m/s, durchgeführt. Das CdS wurde pro Temperatur-Geschwindigkeits-Kombination einmal in einem Gefäß mit und einmal ohne Stabilisator aufgefangen. Dafür wurden jeweils 50 ml von 50 mM EDTA (Ethylendiamintetraacid), das bei Zimmertemperatur gelagert wurde, verwendet. Direkt im Anschluss wurde die jeweilige Temperatur des CdS im Becherglas mit und ohne EDTA mit einem analogen Thermometer gemessen (Tabelle 3.2). Tabelle 3.2: Tabelle der Temperaturen: die gewünschte Temperatur, der dafür am Gerät eingestellte Sollwert und die tatsächlich gemessenen Temperaturen ohne Stabilisator und im EDTA-Bad. gewünschter eingestellter Temperatur des Produkts Temperatur des Produkts Wert [°C] ohne Stabilisator [°C] mit EDTA [°C] Sollwert [°C] 10 5 14 17 20 20 20 20 30 40 27 25 40 50 33 28 50 70 40 36 21 Im Folgenden werden die Proben, die im Rahmen der Temperaturregulierung entstanden sind, mit der tatsächlich im Becherglas gemessenen Temperatur bezeichnet. Hierbei ist zu beachten, dass die eigentliche Temperatur während des Mischens im Mischer wegen dem Wärmeverlust im 10 cm langen freien Strahl eine andere ist und zwischen dem gemessenen und dem eingestellten Sollwert liegt. Da es keine Möglichkeit gab die Temperatur der Reaktionsedukte selbst in den Spritzen zu messen und bekannt ist, dass im Becherglas weitere Reaktionen stattfinden, scheint es sinnvoll die im Becherglas gemessenen Temperaturwerte zu verwenden. Bei den gemessenen Temperaturen der Proben in EDTA muss zudem bedacht werden, dass das EDTA im Becherglas 20°C hatte und deshalb die Differenz der Misch- und der Badtemperatur deutlich höher ist als bei den Proben ohne EDTA. 3.2.4 PH-Wert-Regulierung Für die pH-Wert-Variation des CdS wurde der pH-Wert der CdCl2-Lösungen durch Zugabe von ein paar Tropfen 23%-iger Salzsäure (HCl) verändert und der pH-Wert des entstandenen CdS mit einem zuvor geeichten pH-Meter gemessen. Es ergaben sich pH-Werte des CdS von ungefähr 3.5, 5.5 und 7.7. Die Synthese wurde bei Zimmertemperatur und drei unterschiedlichen pH-Werten mit jeweils zwei verschiedenen Geschwindigkeiten, 10.6 und 31.8 m/s, durchgeführt: 3.3 Trocknung der Partikel Nachdem die Lösungen unter den verschiedenen Bedingungen gemischt wurden, wurde das gelöste CdS mindestens einmal für 5 Minuten mit 3500 Umdrehungen pro Minute zentrifugiert. Der Überschuss wurde entsorgt und das Zentrifugengefäß mit dem verdichtetem CdS über mehrere Stunden in einen Exsikkator, in dem mit Hilfe einer Drehschieberpumpe Vakuumtrocknen wurde ein der Vakuum erzeugt Ofentrocknung wurde, vorgezogen getrocknet. um Das eventuelle temperaturbedingte Struktur- oder Größenveränderungen der Teilchen zu vermeiden. Danach wurden die getrockneten CdS-Klumpen in einem Mörser zerkleinert und zu einem Pulver gemahlen. 22 3.4 Pulverdiffraktometrie in Bragg-Brentano-Geometrie Im Rahmen der Arbeit wurden die Messungen mit dem im Lehrstuhl befindlichen Gerät X’Pert (Philips/PANalytical) (Abbildung 3.5) durchgeführt. Diese Art von Pulverdiffraktometer ist weit verbreitet und ermöglicht mit seiner parafokussierenden Reflektionsgeometrie, der Bragg-Brentano-Geometrie (siehe 2.4 und Abbildung 2.5), eine gute Auflösung bei hoher Intensität. Der Abstand von Probe und Detektor bleibt bei dieser Methode konstant, der Fokussierungskreis jedoch wird mit steigendem 2Θ kleiner, deshalb können hier nur Punkt- oder ortsempfindlichen Detektoren und keine Filmverfahren verwendet werden [8]. Abbildung 3.5: Das Pulverdiffraktometer X’Pert im Lehrstuhl für Kristallographie und Strukturphysik in Erlangen. Es handelt sich um ein Gerät mit parafokussierender Bragg-Brentano Geometrie, bei der die Röntgenstrahlen von der Röhre (links) an der flachen Probe (mittig, hier oranges CdS) reflektiert und im Detektor (rechts) konzentriert werden. Die Divergenz der Strahlen wird von einem Schlitzsystem nach der Röhre reguliert. Für die Messungen wird das Pulver der Probe mit einem kleinen Spachtel dünn und gleichmäßig auf einen Korund-Einkristall aufgebracht, welcher bei korrekter Orientierung keine Bragg-Reflexe in Detektorrichtung erzeugt (Abbildung 3.6). Die Blende zwischen Filter und Probe wird entsprechend der Pulverfläche gewählt um Hintergrundsignale zu minimieren und dabei möglichst viel Intensität zu erhalten. Ein Justage-Fehler bei der manuellen Höheneinstellung des Probenhalters verursacht eine Verschiebung der Reflexe entlang der 2Θ-Achse. Wird der Probenhalter zu hoch gefahren, wird der Strahl früher gestreut und es erfolgt eine Ablenkung in einen höheren Winkelbereich des Detektors, entsprechend wird das Intensitätsbild nach rechts verschoben. 23 Das Hoch- und Herunterfahren sowie das Steuern des Generators erfolgt über ein Computerprogramm. Es wird die CuKα-Strahlung benutzt, die charakteristische Röntgenstrahlung der verwendeten Kupferröhre mit einer Wellenlänge von 1.54 Å. Für die Messungen im Rahmen dieser Arbeit wurde der Winkelbereich 2Θ von 10° bis 120° in 0,1° Schritten mit 200 Sekunden Bestrahlung pro Schritt eingestellt. Während der Messung verändern Röhre und Detektor entsprechend der gewählten Einstellungen in bestimmten Gradschritten ihre Position, da der Fokussierungskreis in dieser Geometrie nicht konstant bleibt, die Abstände von Detektor und Röhre zur Probe allerdings schon. So wird der gewünschten Winkelbereich 2Θ abgefahren. Abbildung 3.6: Der Probenhalter, ein Korund-Einkristall, mit flach präpariertem CdS-Pulver. Die grünen Markierungen dienen der korrekten Orientierung des Korunds. 3.5 Strukturanalyse mit DISCUS Um die Messdaten auszuwerten und eine Strukturanalyse durchzuführen, wurde ein Macro des Programmes DISCUS verwendet. Es handelt sich um einen genetischen Fitalgorithmus für CdS, der aus den eingegebenen Messdaten die Strukturparameter errechnet. Ein genetischer Fitalgorithmus ist eine globale Optimierungstechnik basierend auf Darwins Evolutionstheorie, bei der eine Population aus vielen Individuen sich durch natürliche Selektion der am besten Angepassten weiter entwickelt. Hier entsprechen die am besten Angepassten den Simulationen für die CdS-Teilchen mit den niedrigsten R-Werten. Der R-Wert ist ein Maß für die Güte des Fits. Folglich sind das jene, dessen Pulverdiagramme, die mit der Debye-Gleichung berechnet wurden, am wenigsten von den tatsächlichen Messdaten abweichen und daher die besten, verfeinerten Parameter besitzen sollten [7]. Für CdS werden folgende sieben Parameter eingeführt: die Gitterkonstanten der Elementarzelle a und b, der Z- und B-Wert (der Ortsparameter für Cd und der 24 Temperaturfaktor), die Stapelfehlerwahrscheinlichkeit und die Radien des generierten Partikels in a-b- und c-Richtung. Die Grenzen für die Parameter liegen für die Gitterkonstanten nah im Bereich um den Literaturwert von CdS. Der B-Wert, mit B=8∙π²∙‹u²› [8], ist der so genannte Temperatur- oder Auslenkungsfaktor und ergibt sich aus dem mittleren Quadrat der Abweichung u des Atoms aus seiner Gleichgewichtslage, für ihn gilt B≥0. Die Stapelfehlerwahrscheinlichkeit liegt im Intervall [0:1] und beschreibt die Wahrscheinlichkeit mit welcher auf eine bestehende Ebene eine entsprechend orientierte weitere Ebene folgt. Dabei steht im Fall von CdS eine Stapelwahrscheinlichkeit von 1 für eine perfekt kubische Struktur und ein Wert von 0 für eine rein hexagonale Struktur. Die Größenparameter und der Z-Wert, der ein Ortsparameter für das Cadmium ist, werden zu Anfang nicht definiert, sondern durch einen Algorithmus der kleinsten-Quadrate im Laufe der Generationen verfeinert. Der Untergrund wird durch ein Polynom dritten Grades beschrieben. Zu Anfang werden zufällig Individuen mit verschiedensten Parametern generiert. In jeder Generation werden 20 “Eltern“- und 20 „Kinder“-Individuen in einer Gruppe aus 40 Mitgliedern vereint. Aus dieser Gruppe werden die 20 mit den besten R-Werten als Eltern für die nächste Generation ausgewählt. Dadurch wird die Populationsgröße konstant auf 20 Individuen gehalten und die verfeinerten Parameter der vorherigen Generation dienen als Startwerte für den nächsten Verfeinerungszyklus. Da die simulierten Partikel aus Ebenen zufälliger Stapelwahrscheinlichkeit aufgebaut werden, können zwei Partikel mit identischen Parametern trotzdem unterschiedlich aussehen. Deshalb werden für jedes Individuum der Population mehrere Partikel generiert. Über die daraus errechneten Pulverdiagramme wird dann gemittelt. Das Ergebnis des Algorithmus ist dann ein gemitteltes Diagramm und ein dazugehöriges, elliptisches Teilchen mit den entsprechenden Parametern (Abbildung 3.7) [16]. Abbildung 3.7: Exemplarisches, elliptisches CdS-Partikel, das durch den Fitalgorithmus anhand der Messdaten generiert wurde. 25 4 Experiment und Resultate Im Folgenden werden Beobachtungen und Ergebnisse der Messungen und der Fits dargestellt. Im Anhang befinden sich die Messkurven (S.39) zu den jeweiligen Synthesereihen, sowie eine Tabelle mit dem R-Wert und den drei relevanten Parametern des Fits für jede Probe (S.51). 4.1 Geschwindigkeitsabhängigkeit der Kristallite Bei den Proben der Geschwindigkeitsreihe fallen optisch auf den ersten Blick die Farbunterschiede auf. Dabei erscheinen die mit höheren Geschwindigkeiten, und somit größerer Reynoldszahl, synthetisierten Proben gelber, also heller, als die die langsam gemischt wurden. Die Fitparameter für die Messdaten sind trotz dieser feinen, optischen Unterschiede sehr ähnlich (Abbildung 4.1). Es ergeben sich folgende Mittelwerte und maximale Abweichungen aus der Geschwindigkeits-Reihe (Tabelle 4.1): Tabelle 4.1: Parameter für die Geschwindigkeitsreihe: Mittelwerte der Stapfelfehler und der Radien mit der jeweiligen maximalen Abweichung. Stapelfehler a-b-Radius [Å] c- Radius [Å] Mittelwert 0.51 15.5 23.4 maximale Abweichung 0.01 1.7 1.5 26 Abbildung 4.1: Plot der Strukturparameter in Abhängigkeit der Mischgeschwindigkeit: Der Stapelfehler (schwarz,▼) auf der rechten Ordinatenachse, der a-b-Radius (rot,●) und der c-Radius (blau,■) auf der linken Ordinatenachse mit den dazugehörigen Mittelwerten als gestrichelte Linien eingezeichnet. Allerdings ist bei der Temperaturreihe, in der pro Temperatur mit jeweils zwei verschiedenen Geschwindigkeiten gemischt wurde, aufgefallen, dass sich die TeilchenRadien der schnell (31.8 m/s) und langsam (10.6 m/s) gemischten Proben leicht unterscheiden. Dabei sind die Werte der Radien für die schnell gemischten Proben immer etwas niedriger, was der theoretischen Erwartung entsprechen würde, dass bei turbulenterem Mischen kleinere Teilchen entstehen. Aus den Daten der Temperaturreihe ergeben sich jeweils für die zwei Geschwindigkeiten folgende Mittelwerte und maximale Abweichungen für die beiden Radien (Tabelle 4.2): Tabelle 4.2: Mittelwerte der Radien für die Proben der Temperaturreihen für die beiden Geschwindigkeiten, 10.6 und 31.8 m/s. v [m/s] a-b-Radius [Å] max. Abweichung [Å] c-Radius [Å] max. Abweichung [Å] 10.6 14.7 1 22.9 0.1 31.8 12.9 1.8 21.7 0.9 27 4.2 Temperaturabhängigkeit der Kristallite Die Pulver der Proben der Temperaturreihe ohne EDTA zeigen einen deutlichen Farbverlauf von gelb zu orange mit steigender Temperatur (Abbildung 4.2): Abbildung 4.2: Pulver der Temperaturreihe: Proben nach aufsteigender Temperatur von links nach rechts, pro Temperatur zwei verschiedene Geschwindigkeiten, 10.6 und 31.8 m/s (auf den Gläschen vermerkt mit den angestrebten Temperaturen und den Flussraten v’ 40 und 120 ml/min). Vor allem bei der niedrigsten Temperatur (gelb) ist der Farbunterschied zu den anderen (orange) deutlich zu erkennen. Eine repräsentative Messkurve mit Fit für diese Proben zeigt Abbildung 4.3. Die Daten der Proben mit 33°C wurden bewusst vernachlässigt, da sie zum einen optisch auffällig sind und zum anderen das Programm keinen Fit mit relativ niedrigem R-Wert finden konnte. Somit sind die Parameter mit denen der anderen Proben nicht vergleichbar und hätten das Ergebnis möglicherweise verfälscht. Abbildung 4.3: Repräsentative Kurve von Messdaten und Fit, hier der Probe mit 14°C die mit 31.8 m/s synthetisiert wurde. Die Messdaten sind schwarz, der Fit rot dargestellt. 28 Es fällt auf, dass die Werte für die beiden Radien trotz Temperaturveränderungen relativ konstant bleiben (Abbildung 4.4.). Dabei ergibt sich für den a-b-Radius ein Mittelwert von 13.8 Å und ein durchschnittlicher c-Radius von 22.3 Å (Tabelle 4.2). a) b) Abbildung 4.4: Plots der Radien in Abhängigkeit der Temperatur: der a- b-Radius (a) und der c-Radius (b) für jeweils zwei Geschwindigkeiten, 10.6 m/s (blau, ▲) und 31.8 m/s (rot, ●) und die dazugehörigen Mittelwerte als gestrichelte Linien eingezeichnet. Tabelle 4.3: Parameter für die Temperaturreihe: Mittelwerte der Radien mit der jeweiligen maximalen Abweichung. Temperatur-Reihe a-b-Radius [Å] c- Radius [Å] Mittelwert 13.8 22.3 maximale Abweichung 1.9 1.1 Die Stapelfehlerwahrscheinlichkeit hingegen zeigt eine sinkende Tendenz mit steigender Temperatur (Abbildung 4.5). Für die Flussgeschwindigkeit 31.8 m/s bewegt sie sich in einem Intervall [0.44:0.51] und für 10.6 m/s in [0.45:0.52], für die langsamer synthetisierten Teilchen liegen die Werte also etwas höher. Vergleicht man die Stapelfehlerwahrscheinlichkeiten bei 14°C mit denen bei 40°C für 31.8 m/s, so erkennt man eine Abnahme von ca. 13%. Die Probe bei 14°C besitzt demnach eine Struktur, die mehr kubisch ist, die Proben bei 27 und 40°C eine Stapelung, die mehr hexagonal ist. Bei einer Temperatur von 20°C liegen die Werte für den Parameter bei genau 0.5, d.h., dass bei Zimmertemperatur entstehende CdS-Nanoteilchen rein zufällig gestapelte Kristallebenen aufweist. 29 Abbildung 4.5: Plot der Stapelfehler der Temperaturreihe: die Stapelfehler für die zwei verschiedenen Geschwindigkeiten 10.6 m/s (blau, ▲) und 31.8 m/s (rot, ●) mit dazugehörigem linearen Fit (gestrichelte Linie) als Hilfslinie. Die Temperatur hat demnach Auswirkungen auf den Stapelfehler, wenn auch nicht auf die Teilchengröße. Da höhere Temperaturen mit einer schnelleren Molekularbewegung und somit Diffusion der Teilchen einhergehen, lagern sich die Atome für die neu zu bildende Stapelebene möglicherweise an anderen Stellen an als bei tiefen Temperaturen, was eine veränderte Struktur zur Folge hat. Nachdem in dieser Reihe die Farbdifferenzen der Pulver zwischen heißen und kalten Temperaturen sehr signifikant sind, kann man davon ausgehen, dass die Stapelfehlerdichte stark mit den optischen Eigenschaften des Cadmiumsulfids korreliert. 4.3 EDTA-Abhängigkeit der Kristallite Bei den Proben, die in EDTA aufgefangen wurden, konnte man nach dem Zentrifugieren erkennen, dass sich über dem verdichtetem CdS eine Lösung aus stabilem CdS in EDTA gebildet hatte (Abbildung 4.6). Solches stabiles CdS würde sich zum Beispiel für Messungen mit Kleinwinkelstreuung eignen. Die Farbe der getrockneten und gemörserten EDTA-Proben war einheitliches, mittleres Orange, unabhängig von der jeweiligen Temperatur und Mischgeschwindigkeit während der Synthese. Demnach verlieren die Teilchen offensichtlich die Sensitivität 30 der optischen Eigenschaften gegenüber der Temperatur sobald sie in EDTA aufgefangen werden. Sehr deutlich ist dieser optische Effekt in Abbildung 4.7 zu sehen. Abbildung 4.6: Stabiles CdS in EDTA: Zwei Zentrifugengläser mit CdS, links mit und rechts ohne EDTA nach dem Zentrifugieren. Im linken Zentrifugengefäß befindet sich stabiles CdS in der Flüssigkeit, sichtbar an der gelben Verfärbung, wohingegen sich das CdS im rechten Zentrifugengefäß fast ausschließlich am Boden des Gefäßes befindet. Abbildung 4.7: Farbunterschied von Pulver zweier Proben mit 14°C bzw. 17°C die mit 31.8 m/s synthetisiert wurden. Links ohne EDTA (gelb) und rechts das Pulver einer Probe, die bei der Synthese in EDTA aufgefangen wurde (orange). Die Messkurven der EDTA-Proben (Abbildung 4.8) unterscheiden sich im Beugungsbild deutlich von denen ohne EDTA (Abbildung 4.3). Deutlich erkennbar ist eine im Vergleich zu anderen Kurven höhere gemessene Spitzen-Intensität und schmalere Peaks, was entsprechend der Scherrer-Gleichung (Formel (2.12) auf größere Teilchen hinweist. 31 Abbildung 4.8: Repräsentative Kurve von Messdaten und Fit, hier der Probe mit 17 °C die mit 31.8 m/s synthetisiert und in EDTA aufgefangen wurde. Die Messdaten sind schwarz, der Fit rot dargestellt. Tatsächlich sind die Fitparameter für die Radien der EDTA-Teilchen (Tabelle 4.4) deutlich größer als die der Proben ohne EDTA (Tabelle 4.3). Der a-b-Radius von durchschnittlich 33.5 Å ist ungefähr um den Faktor 2.5 größer und der mittlere c-Radius mit 39.8 Å ebenfalls fast doppelt so groß. Beide Radien scheinen unabhängig von der Temperatur und der Mischgeschwindigkeit zu sein (Abbildung 4.9). Dabei fällt jedoch auf, dass die Werte für den a-b-Radius große Schwankungen aufweisen mit einer maximalen Abweichung von 4 Å vom Mittelwert, während der c-Radius relativ konstant bleibt. Da der Größenunterschied zwischen den Radien hier sehr gering ist und somit das aspect ratio, also das Verhältnis der Teilchenbreite zur Höhe, (hier ungefähr bei 0.84), verhältnismäßig hoch, handelt es sich hierbei um relativ isotrope Teilchen. Im Vergleich dazu liegt dieses Verhältnis für die Teilchen der Temperaturreihe ohne EDTA bei ca. 0.62. Auch die Stapelfehlerwahrscheinlichkeit wird nicht durch die Temperatur beeinflusst. Sie bewegt sich im Bereich von 0.51 bis 0.60 und liegt damit etwas höher als die der Teilchen ohne EDTA und ist daher kubischer (Abbildung 4.9). Zudem fällt auf, dass der Stapelfehler für die langsamer gemischten Proben mit v = 10.6 m/s insgesamt etwas größer (0.56) ist als der derer, die mit 31.8 m/s synthetisiert wurden (0.53) (Tabelle 4.4), was auch schon in der Temperaturreihe ohne EDTA aufgefallen ist. 32 a) b) c) Abbildung 4.9: Plots der Parameter der EDTA-Reihe in Abhängigkeit der Temperatur: der a-bRadius (a), der c-Radius (b) und der Stapelfehler (c) für jeweils zwei Geschwindigkeiten, 10.6 m/s (blau, ▲) und 31.8 m/s (rot, ●) und die dazugehörigen Mittelwerte als gestrichelte Linien eingezeichnet. Insgesamt ergeben sich folgende Mittelwerte und maximalen Abweichungen der Teilchenradien der EDTA-Proben (Tabelle 4.4). Tabelle 4.4: Parameter für die Temperaturreihe mit EDTA: Mittelwerte der Stapelfehler für beide Mischgeschwindigkeiten und die Mittelwerte für die beiden Radien der gesamten EDTA-Proben mit der jeweiligen maximalen Abweichung. Temperatur-Reihe mit Stapelfehler Stapelfehler EDTA v = 10.6 m/s v = 31.8 m/s Mittelwert 0.56 0.53 33.5 39.8 maximale Abweichung 0.03 0.02 4 0.3 a-b-Radius [Å] c-Radius [Å] Der signifikante und überraschende Unterschied vor allem in den Größenparametern zwischen den Teilchen mit und ohne EDTA in der Synthese, hat die Frage aufgebracht, in welchem Schritt sich die Strukturen bilden. Um festzustellen, ob die Reaktion in dem 33 10 cm langen Strahl stattfindet oder erst in dem Auffanggefäß mit EDTA, wurde eine Synthesereihe durchgeführt, bei der der Mischer in ein Gefäß direkt über die EDTAOberfläche gehalten wurde. Da die Ergebnisse offensichtlich genau denen der mit 10 cm Strahl synthetisierten entsprechen, ist davon auszugehen, dass sich im Strahl schon kristalline Strukturen bilden, aber dort nicht alle freien Ionen verbraucht werden. In dem Gefäß finden demnach auf einer größeren Zeitskala weitere Reaktionen statt. 4.4 PH-Wert-Abhängigkeit der Kristallite Die Ergebnisse der pH-Wert-Reihe zeigen interessante Tendenzen (Abbildung 4.10). Nach den wenigen Ergebnissen zu urteilen, sind die Teilchen, die bei saurem pH-Wert entstanden sind, größer. Die Teilchen bei dem pH-Wert 3.5 zum Beispiel unterscheiden sich von denen bei 7.7 in allen drei Parametern: die beiden Radien sind um 4 Å größer und auch die Stapelfehlerwahrscheinlichkeit ist höher. Der abfallende Trend ist vor allem beim a-b-Radius zu erkennen. Folglich, könnten alle drei Parameter pH-Wert-abhängig sein, da sie mit steigendem pH-Wert zu sinken scheinen. a) b) c) Abbildung 4.10: Plots der Parameter in Abhängigkeit des pH-Werts: der a-bRadius (a), der c-Radius (b) und der Stapelfehler (c) für jeweils zwei Geschwindigkeiten, 10.6 m/s (blau, ▲) und 31.8 m/s (rot, ●) und die dazugehörigen linearen Fits als gestrichelte Linien eingezeichnet. 34 5 Zusammenfassung und Diskussion 5.1 Parameter Ziel der vorliegenden Arbeit war es die Abhängigkeit von CdS-Nanopartikeln von verschiedenen Bedingungen bei der Synthese zu untersuchen. Zu diesem Zweck wurde CdS unter Regulierung der Flussgeschwindigkeit der Reaktionsedukte, der Temperatur und des pH-Werts synthetisiert und mittels Pulverdiffraktometrie auf Struktur und Teilchengröße untersucht. Die Ergebnisse, die sich dabei für die Teilchengröße und die Stapelfehlerwahrscheinlichkeit in der Struktur ergaben, sind im Folgenden zusammengefasst. 5.1.1 Teilchengröße Was die Teilchengröße betrifft, so kann man zusammenfassend sagen, dass sie weitestgehend unabhängig von den Synthesefaktoren Temperatur und Geschwindigkeit ist, wobei die langsam gemischten Teilchen minimal größer scheinen. Zudem lässt sich der a-b-Radius möglicherweise durch eine Senkung des pH-Werts vergrößern. Die Teilchen, die in EDTA aufgefangen wurden sind zwar insgesamt deutlich größer und runder, allerdings zeigt auch hier eine Variation der Temperatur oder der Flussgeschwindigkeit keinen Effekt auf die Radien. Die Tatsache, dass die Teilchen so viel größer sind, deutet allerdings darauf hin, dass ein Großteil der Reaktionen im Bad nach dem eigentlichen Mischen stattfindet. Auch wenn die Teilchengrößen trotz verschiedener Bedingungen weitestgehend konstant bleiben, ist insgesamt zu beobachten, dass der c-Radius in allen Synthesereihen deutlich stabiler als der Radius in a-b-Richtung ist, was an den geringeren maximalen Abweichungen von den jeweiligen errechneten Mittelwerten zu erkennen ist. Der a-b-Radius reagiert demnach sensibler auf Änderungen der Synthesebedingungen. Nach der klassischen Theorie, ist der Grad der Übersättigung die Triebkraft des Kristallwachstums. Da die gesamten Proben mit konstanter Konzentration der gelösten 35 Reaktionsedukte synthetisiert wurden, war die Übersättigung stets dieselbe, was ein Grund für die relativ konstanten Teilchengrößen sein könnte. 5.1.2 Stapelfehlerwahrscheinlichkeit Den Ergebnissen nach zu urteilen, lassen sich die Stapelfehlerwahrscheinlichkeit und somit die Struktur der CdS-Teilchen durch die Temperaturvariation beeinflussen. Bei den Proben, die nicht in EDTA aufgefangen wurden, sinkt die Stapelfehlerwahrscheinlichkeit mit steigender Temperatur. Ein möglicher Grund dafür ist die Tatsache, dass sich die Teilchen mit steigender Temperatur schneller bewegen und somit die Keime für eine neue Stapelebene einen anderen Platz entsprechend einer bestimmten Struktur einnehmen können. Zudem sieht man in der Temperaturreihe durch den Farbverlauf in Abhängigkeit der Temperatur deutlich, dass die Struktur einen großen Einfluss auf die optischen Eigenschaften des nanokristallinen CdS hat. Dagegen verlieren die Proben mit EDTA die temperaturbedingte und optische Sensitivität auf den Stapelfehler. Die Strahlgeschwindigkeit bei der Synthese scheint keine relevanten Auswirkungen auf die Stapelfehlerwahrscheinlichkeit zu haben. Insgesamt ist bei den Datensätzen zu beobachten, dass die Stapelfehler in der Struktur zu Auslöschungen, vor allem der Reflexe 101, 102 und 103 führen. Das fällt auf, wenn man die Beugungsbilder der Messdaten mit typischen Reflexen von CdS mit reinen Strukturen vergleicht. Demnach kann davon ausgegangen werden, dass es sich hier nicht um eine Koexistenz von hexagonalen und kubischen Strukturen, sondern tatsächlich um eine Mischform beider Strukturen innerhalb eines Kristalls handelt. Dies deckt sich auch mit der typischen Eigenschaft von Nanokristallen, dass diese zu wenige Kristallebenen besitzen um eine ausreichende Fernordnung für die Bildung geordneter Strukturen aufzubauen. 5.2 Beurteilung des Fits Die Messdaten wurden bei kleinen Winkelschritten mit ausreichender Bestrahlungsdauer aufgenommen und die dazugehörigen Kurven zeigen eine gute Statistik. Die Bragg-Brentano-Methode scheint daher ein geeignetes Verfahren zur 36 Vermessung von nanokristallinem Pulver zu sein. Unter der Annahme, dass das Pulver kristallin und monodispers ist und die Struktur allein vom Stapelfehler bestimmt wird, zeigt sich jedoch, dass der Fit an die Daten nicht optimal ist. Dies ist an einigen systematischem Abweichungen des Fits von der Messkurve zu erkennen ist, z.B. bei den 2Θ-Werten von ungefähr 20, 48 und 75 (siehe Messkurven im Anhang). Daher handelt es sich eventuell nicht um eine perfekte Kristallstruktur. An dieser Stelle wäre es eine Überlegung wert, den Fitalgorithmus auf Parameter wie die Fehlbesetzung von Ionen oder Polydispersität zu erweitern und somit eine bessere Anpassung zu ermöglichen. Trotz des nicht ganz perfekten Fits, ist diese Methode der Strukturanalyse für diese Problemstellung gut und vor Allem viel besser geeignet als ein Rietveld-Verfahren. Das liegt in erster Linie daran, dass das nanokristalline CdS, wie schon erwähnt, eine hohe Dichte an Stapelfehlern aufweist, die zu Auslöschungen von Reflexen führen, während der prinzipielle Ansatz des Rietveld-Verfahrens eine periodische Struktur voraussetzt. 37 6 Ausblick In Zukunft wäre es sinnvoll weitgreifendere Experimente mit einer größeren Anzahl an Proben durch zu führen und dabei die gesamte, mögliche Parameterspanne zu nutzen. Interessant wäre in diesem Zusammenhang zum einen die pH-Wert-Abhängigkeit der Nanokristalle genauer zu untersuchen und zum anderen zu versuchen die bisherigen Ergebnisse und Tendenzen, vor allem im Bereich der Temperaturabhängigkeit, zu reproduzieren. Als letzten wichtigen Punkt bietet es sich an, Ergebnisse und Erkenntnisse aus in situ Klein- und Weitwinkelmessungen an CdS unter analogen Synthesebedingungen in die Auswertung mit einzubeziehen. 38 Anhang Messkurven Geschwindigkeit Kurven von Messdaten und Fits der Proben der Geschwindigkeitsreihe, die mit 2.7 m/s (a), 10.6 m/s (b), 18.6 m/s (c), 26.5 m/s (d) und 31.8 m/s (e) bei Zimmertemperatur synthetisiert wurden. Die Messdaten sind schwarz, der Fit rot dargestellt. a) b) 39 c) d) e) 40 Temperatur Kurven von Messdaten und Fits der Proben der Temperaturreihe mit den gemessenen Temperaturen 14°C (a, b), 20°C (c, d), 27°C (e, f) und 40°C (g, h) mit jeweils zwei Geschwindigkeiten, 10.6 m/s und 31.8 m/s, synthetisiert. Die Messdaten sind schwarz, der Fit rot dargestellt. Die Probe zur Messkurve h) wurde im Vergleich zu den anderen in einem Winkelbereich von 20°-110° mit einer längeren Bestrahlungsdauer pro Schritt vermessen. a) b) 41 c) d) e) 42 f) g) h) 43 EDTA Kurven von Messdaten und Fits der Proben der temperaturregulierten EDTA-Reihe mit den gemessenen Temperaturen 17°C (a, b), 20°C (c, d), 25°C (e, f), 28°C (g, h) und 36°C (i, j), mit jeweils zwei Geschwindigkeiten, 10.6 m/s und 31.8 m/s, synthetisiert. Die Messdaten sind schwarz, der Fit rot dargestellt. a) b) 44 c) d) e) 45 f) g) h) 46 i) j) 47 PH-Wert Kurven von Messdaten und Fits der Proben der pH-Wert-Reihe, bei Zimmertemperatur mit jeweils zwei Geschwindigkeiten, 10.6 m/s und 31.8 m/s, synthetisiert und mit den pH-Werten 3.5 (a, b), 5.5 (c, d) und 7.7 (e, f). Die Messdaten sind schwarz, der Fit rot dargestellt. a) b) 48 c) d) e) 49 f) 50 Parametertabelle Probe R-Wert Stapelfehler a-b-Radius [Å] c-Radius [Å] Geschwindigkeit 2.7 m/s 3,46E-002 0,5190301538 16,0 22,7 10.6 m/s 3,23E-002 0,4984797537 13,8 22,9 18.6 m/s 3,37E-002 0,4988013804 16,2 24,9 26.5 m/s 3,32E-002 0,5182070732 16,6 23,6 31.8 m/s 3,70E-002 0,5042572618 14,7 22,6 14°C 10.6 m/s 3,35E-002 0,5210792422 15 23,0 14°C 31.8 m/s 2,94E-002 0,4812598228 12,0 21,3 20°C 10.6 m/s 3,23E-002 0,4984797537 13,8 22,9 20°C 31.8 m/s 3,70E-002 0,5042572618 14,7 22,6 27°C 10.6 m/s 3,49E-002 0,4840717316 14,7 2,3,0 27°C 31.8 m/s 3,19E-002 0,4818818569 12,5 21,7 40°C 10.6 m/s 3,80E-002 0,4521252513 14,8 22,8 40°C 31.8 m/s 3,33E-002 0,4359479845 12,3 21,2 17°C 10.6 m/s 4,36E-002 0,596616447 31,7 39,7 17°C 31.8 m/s 4,26E-002 0,5515194535 30,9 39,9 20°C 10.6 m/s 4,41E-002 0,5856463909 37,1 39,5 20°C 31.8 m/s 4,90E-002 0,5062966943 33,7 39,9 25°C 10.6 m/s 4,60E-002 0,5559150577 34,5 39,9 25°C 31.8 m/s 4,98E-002 0,530870378 33,5 39,9 28°C 10.6 m/s 4,37E-002 0,531427145 34,1 39,8 28°C 31.8 m/s 5,90E-002 0,531645 37,4 39,9 36°C 10.6 m/s 3,64E-002 0,5527058244 29,5 39,9 36°C 31.8 m/s 4,61E-002 0,5242571831 32,2 39,9 3.5 pH 10.6 m/s 4,65E-002 0,5161945224 17,1 26,4 3.5 pH 31.8 m/s 3,51E-002 0,5306138992 16,6 24,8 5.5 pH 10.6 m/s 4,03E-001 0,5463528037 16,2 24,8 5.5 pH 31.8 m/s 4,32E-002 0,5152324438 16,5 26,5 7.7 pH 10.6 m/s 3,23E-002 0,4984797537 13,8 22,9 7.7 pH 31.8 m/s 3,70E-002 0,5042572618 14,7 22,6 Temperatur EDTA pH-Wert 51 Literatur- und Abbildungsverzeichnis Literatur [1] X. 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Proffen, Diffuse scattering and defect structure simulations, Oxford University Press 2008. 52 Abbildungen Abbildung 2.1: Darstellung eines schematischen Kristallgitters .................................... 6 Abbildung 2.2: Der Streuvektor Q ................................................................................. 7 Abbildung 2.3: Darstellung von Wellenstreuung am Kristallgitter .................................. 8 Abbildung 2.4: Debye-Scherrer-Kegel für ein Pulver ...................................................11 Abbildung 2.5: Skizze des Prinzips der Parafokussierung ...........................................12 Abbildung 3.1: Strukturen von CdS .............................................................................17 Abbildung 3.2: Versuchsaufbau ...................................................................................19 Abbildung 3.3: Skizze des Mischers ............................................................................19 Abbildung 3.4: Aufbau der temperaturregulierten Synthese.........................................21 Abbildung 3.5: Das Pulverdiffraktometer X-Pert ..........................................................23 Abbildung 3.6: Der Probenhalter .................................................................................24 Abbildung 3.7: Exemplarisches, elliptisches CdS-Partikel von DISCUS ......................25 Abbildung 4.1: Plot der Strukturparameter in Abhängigkeit der Mischgeschwindigkeit 27 Abbildung 4.2: Pulver der Temperaturreihe .................................................................28 Abbildung 4.3: Repräsentative Kurve von Messdaten und Fit ......................................28 Abbildung 4.4: Plots der Radien in Abhängigkeit der Temperatur ................................29 Abbildung 4.5: Plot der Stapelfehler der Temperaturreihe ...........................................30 Abbildung 4.6: Stabiles CdS in EDTA ..........................................................................31 Abbildung 4.7: Farbunterschied von Pulver zweier Proben..........................................31 Abbildung 4.8: Repräsentative Kurve von Messdaten und Fit ......................................32 Abbildung 4.9: Plots der Parameter der EDTA-Reihe in Abhängigkeit der Temperatur33 Abbildung 4.10: Plots der Parameter in Abhängigkeit des pH-Werts ...........................34 53 Erklärung Hiermit erkläre ich, die vorliegende Bachelorarbeit selbstständig und nur unter Verwendung der angegebenen Hilfsmittel und Quellen angefertigt zu haben. Erlangen, den __________________________________ Isabel Schuldes 54