Votum für nachhaltiges Wachstum oder höheres

Werbung
Votum für nachhaltiges Wachstum oder höheres wirtschaftliches
Risiko? Beim Referendum in Italien steht viel auf dem Spiel
Die am 4. Dezember 2016 stattfindende Volksabstimmung über die Reform der italienischen
Verfassung entscheidet über den langfristigen Wachstumspfad der italienischen Wirtschaft. Wenn
die Italiener mit „Ja“ stimmen, können Gesetze zur Arbeitsmarkt-, Renten- und Wirtschaftspolitik
auf einfachere Weise beschlossen werden, so dass die ehrgeizige Reformagenda des derzeitigen
Premierministers Renzi und der nachfolgenden Regierungen beschleunigt wird. Dies führt zu einer
erneuten Ankurbelung des Wachstums aufgrund der Binnennachfrage. Wenn die Italiener mit
„Nein“ stimmen, bleibt es für die Wirtschaft beim Status quo: stagnierendes Wachstum, zusätzlich
negativ beeinflusst durch die langsame Reaktion und Ineffizienz der Regierung, bei hoher
Arbeitslosenrate und Staatsverschuldung, die populistische Argumente geradezu einladen. Die
euroskeptische Haltung der politischen Führung würde zu einer Bedrohung des Projekts Europa
führen, und für Anti-Establishment-Parteien böten sich Chancen für die Bildung einer neuen
Regierung.
In diesem Beitrag stellen wir die möglichen politischen und damit ökonomischen Auswirkungen dar
und erläutern aus strategischer und taktischer Perspektive, welche Möglichkeiten sich Investoren
vor und nach dem Referendum für eine Positionierung in wichtigen Anlageklassen bieten.
Grafik 1: Allokation zum Referendum am 4. Dezember
AnlageAnlageklasse
Kurzfristig
Langfristig
Markteinfluss
Treiber
AssetAllokation
Markteinfluss
Treiber
AssetAllokation
Aktien
Optimistisch
Rückenwind für
RenziReformagenda
FTSE MIB
FTSE MIB
Banken
Optimistisch
Schnelleres BIPWachstum
FTSE MIB
FTSE MIB
Banken
Fixed
Income
Optimistisch
Verbesserung
Staatsfinanzen
BTPs
Pessimistisch
Höhere Inflation
BTPs
Bundesanleihen
Devisen
Optimistisch
Reduziertes
systemisches
Risiko
Euro
Optimistisch
Auslaufen QE
Optimistisch
Euro
Rohstoffe
Pessimistisch
Risikobetonte
Positionierung
Gold
Pessimistisch
Gold
Pessimistisch
Gold
Aktien
Pessimistisch
Wachsender
Einfluss der
Euroskepsis
Grillos
FTSE MIB
FTSE MIB
Banken
Optimistisch
„Aufweichung“
Fiskalpakt
FTSE MIB
FTSE MIB
Banken
Fixed
Income
Pessimistisch
Verschlechterung
Staatsfinanzen
Pessimistisch
BTPs
Optimistisch
„Disinflation“
Optimistisch
BTPs
Devisen
Pessimistisch
Politische
Ungewissheit
Euro
Pessimistisch
Ausweitung QE
Euro
Rohstoffe
Optimistisch
Risikoaverse
Positionierung
Gold
Optimistisch
Risikoaverse
Positionierung
Gold
Ja
Referendum
in Italien
Nein
Quelle: WisdomTree
Elemente der geplanten Verfassungsreform
1. Veränderung der Gleichverteilung der Kompetenzen zwischen beiden Kammern des
Parlaments durch Entmachtung des Senats (Oberhaus) und Erweiterung der Befugnisse der
Abgeordnetenkammer (Unterhaus) mit folgenden Zielen:

Beschleunigung des langwierigen Gesetzgebungsprozesses, in dem derzeit
Gesetzentwürfe mehrfach zwischen Senat und Abgeordnetenkammer hin- und
hergeschoben werden, und dadurch raschere Umsetzung künftiger Reformen

Stabilisierung der Regierung: Ein Vertrauensvotum in der Abgeordnetenkammer ist
ausreichend für die Bestätigung der im Amt befindlichen Regierung. Um eine
Unterstützung durch den Senat kann ersucht werden, sie ist jedoch nicht
erforderlich.

Verschlankung der Regierungsstruktur: Verringerung der Zahl der Senatsmitglieder
von 315 auf 100
2. Verlagerung der Befugnisse der Zentral- und Lokalregierungen: Beseitigung sich
überschneidender Befugnisse der Regional- und Zentralregierungen durch Neuzuschnitt der
Aufgabenbereiche und Reduzierung oder Abschaffung der Befugnisse der Provinzen.
Hierdurch sollen die Effektivität gesteigert und die Bürokratie reduziert werden.
3. Änderung des Wahlrechts: Gewährung eines erheblichen Mehrheitszuschlags für die
stärkste, mit mehr als 40 % der Stimmen gewählte Partei, die 54 % der Sitze in der
Abgeordnetenkammer und damit die absolute Mehrheit erhält. Dies soll die schnelle
Verabschiedung von Gesetzen ermöglichen, würde jedoch bei fehlendem Vetorecht des
Senats zu einem parlamentarischen System mit eingeschränkter Gewaltenteilung führen.
Dieser Punkt ist das bei weitem umstrittenste Element der Verfassungsreform, da sowohl
die Parteien der Regierungskoalition als auch die Opposition hier Chancen und
Bedrohungen für die zuerkannte „Sitzprämie“ und damit die absolute Mehrheit sehen.
Zahlreiche Unsicherheitsfaktoren in Umfragen befeuern weitere Spekulationen und versetzen
Märkte in Nervosität
In jüngsten Umfragen und Wettquoten war ein zunehmender Trend in Richtung eines „Nein“Votums erkennbar. Sowohl beim Referendum für den Austritt Großbritanniens aus der EU als auch
beim überraschenden Wahlausgang in den USA erwiesen sich die Umfragen jedoch als unzuverlässig
und anfällig für gegenteilige Ergebnisse. Dies könnte auch bei der Volksabstimmung in Italien der Fall
sein – maßgeblich hierfür sind folgende Punkte:
-
uneinheitliche Ergebnisse früherer Regierungen, die in der Vergangenheit
Verfassungsreformen in das Parlament eingebracht oder Volksabstimmungen ausgerufen
haben
-
ein noch immer unentschiedener großer Wählerblock, der das Ergebnis in die eine oder
andere Richtung beeinflussen könnte
-
Wahlbeteiligung und regionale Präferenzen: In der Vergangenheit verzeichneten die
nördlichen Regionen Italiens eine hohe Wahlbeteiligung, und hier ist auch ein „Ja“-Votum
am wahrscheinlichsten. Im südlichen Teil des Landes ist die Wahlbeteiligung dagegen
traditionell gering und ein „Nein“ wahrscheinlicher. Zudem leben Millionen wahlberechtigte
Italiener im Ausland. Ein großer Teil dürfte Veränderungen gegenüber aufgeschlossen sein,
wird jedoch in den Umfragen derzeit nicht erfasst.
„Ja“: ökonomischer Auslöser der „Fluchtgeschwindigkeit“ hin zu nachhaltigem Wachstum und
niedrigerer Staatsverschuldung
Mit der Übertragung des größten Teils der gesetzgeberischen Befugnisse an die
Abgeordnetenkammer würde es zu einer Wiederbelebung der konjunkturellen Erholung kommen,
da Gesetzentwürfe zu Reformen in wichtigen Bereichen wie dem Staatshaushalt, den
Infrastrukturausgaben, dem Steuerrecht, dem Rentensystem und – ganz entscheidend – dem
Arbeitsmarkt schneller verabschiedet werden dürften.
Derzeit gehen die Reformen nicht weit genug, um einen wirklichen Wandel auszulösen. Beispiel
hierfür ist die unter dem Namen „Jobs Act“ bekannt gewordene, im Jahr 2015 in Kraft getretene
Arbeitsmarktreform von Premier Renzi zur Lockerung des Kündigungsschutzes in Großunternehmen
und Gewährung von vorübergehenden Steuersenkungen für Unternehmen, die Arbeitnehmer
unbefristet einstellen. Da sich die Reform jedoch ausschließlich auf neu eingestellte Mitarbeiter
bezieht, bleibt ein Großteil der Arbeitnehmer hiervon unberührt, darunter die bereits in
Beschäftigungsverhältnissen befindlichen Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft und die 3,5 Millionen
Angestellten des öffentlichen Sektors. Damit dürften diese Reformen erst in einigen Jahren zu einer
nennenswerten Reduzierung der Arbeitslosenrate führen – Zeit, die die italienischen Politiker
eigentlich nicht haben, wenn sie das Land im Euro-Raum halten wollen.
Das über Italien als Teil des Euro-Raumes schwebende Damoklesschwert besteht in der hohen
Staatsverschuldung. Trotz der in Italien umgesetzten harten Sparmaßnahmen und der im
Primärhaushalt erzielten Überschüsse überstieg die Schuldenlast bisher die im Etat verfügbaren
Mittel. Wie in Grafik 1 dargestellt, hat die Regierung im vergangenen Fünfjahreszeitraum nahezu 2 %
des BIP pro Jahr eingespart: Bei einer weiter gefassten Betrachtung dieser aggressiven Sparpolitik
wird deutlich, dass laut prozentualem Anteil der Primärhaushalte des Jahres 2015 am BIP Italien
(1,6 %) ebenso wie Deutschland (2,3 %) und Österreich (1,4 %) zu den „Sparmeistern“ des EuroRaumes gehörte. Diese Anstrengungen waren jedoch bei weitem nicht ausreichend, um die
Staatsverschuldung zu senken. Angesichts des Zins-und Kapitaldienstes in Höhe von mehr als 4 % des
BIP pro Jahr müsste das BIP in Italien nominal künftig um deutlich mehr als 2 % wachsen, um über
die Neuverschuldung hinauszugehen. Dies gilt unter der Annahme gleich bleibender Einsparungen
durch den Staat. Die derzeitige Staatsverschuldung von weiterhin über 2,2 Billionen Euro
(entsprechend 133 % des BIP) bleibt so lange die Achillesferse Italiens und des Euro-Raumes, bis es
zu einer Beschleunigung des Wachstums kommt und Italien daraus in einer ebenso starken Position
hervorgeht wie seine europäischen Nachbarn (siehe Grafik 2).
Von der Verfassungsänderung geht zunehmender Druck aus, da Italien angesichts der fehlenden
Hebel für eine Umkehr des Prozesses inzwischen anfällig für externe Schocks geworden ist, die sich
seiner eigenen Kontrolle entziehen. Dies gilt beispielsweise für den kürzlichen Wahlsieg von Donald
Trump in den USA, in dessen Folge die Renditen lang laufender italienischer Anleihen trotz der
quantitativen Lockerung durch die EZB im November einen Höchstwert erreichten. Dadurch kommt
es zu einer Verteuerung der künftigen Refinanzierung von Schulden. Doch damit nicht genug der
Widrigkeiten: Zudem wurde das Land im August und Oktober dieses Jahres von Erdbeben
heimgesucht. Neben der Flüchtlingskrise – die EU ist nicht in der Lage, die Ankunft Tausender
Flüchtlinge an der italienischen Küste zu verhindern – haben diese Naturkatastrophen den
Staatshaushalt in einem Ausmaß belastet, das die Renzi-Regierung zu einer Kehrtwende bei den
Defizitzielen bewog.
Angesichts des für Renzi spürbaren innenpolitischen Drucks, Ergebnisse für die Wirtschaft zu liefern,
übt der italienische Premier auch zunehmenden Druck auf die EU aus, sich von ihrer restriktiven
Fiskalpolitik abzuwenden. So sieht der letzte von ihm im Oktober vorgelegte Haushaltsentwurf eine
Erhöhung der Defizitquote von 1,8 % auf 2,3 % vor, um dem Aufkommen populistischer Strömungen
im eigenen Land einen Riegel vorzuschieben. Durch sein populistischeres Verhalten sowohl auf
innen- als auch auf außenpolitischer Ebene benutzt Renzi seinen Staatshaushalt als kaum verhüllte
Drohung in Richtung der EU, die unter Beschuss geraten könnte, wenn sich die euroskeptische
italienische Fünf-Sterne-Bewegung als politische Partei eigenständig oder als Teil einer neuen
Regierung formiert. Auch in Ländern wie Frankreich, den Niederlanden und Deutschland könnten
bisher eher am politischen Rand zu verortende Parteien davon profitieren – durch eine gegenüber
den etablierten Parteien höhere Dynamik der Entwicklung. In allen drei Ländern finden im
kommenden Jahr Parlamentswahlen statt.
Grafik 2: ... es sei denn,
Strukturreformen beleben das
Wachstum
BIP real, kumuliert seit 2010
Grafik 1: Zu hohe Tilgungslast, um nur mit
Sparmaßnahmen die Verschuldung zu senken...
Haushaltsbilanz und Verschuldung ggü. BIP
6%
Primary budget balance
Debt repayment
4%
Budget balance
1.4x
15%
1.4x
10%
2%
1.3x
0%
1.2x
1.2x
-2%
Kumulierte Steigerung
1.3x
Verhältnis Verschuldung/BIP
Haushaltsbilanz in % des BIP
Debt to GDP (RHS)
5%
0%
-5%
1.1x
Italy
Spain
France
Germany
-10%
-4%
1.1x
-6%
1.0x
2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
Quellen: WisdomTree, Bloomberg
-15%
2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015
Quellen: WisdomTree, Bloomberg
„Nein“: Status quo erhöht politische und wirtschaftliche Risiken
Angesichts der zunehmenden Enttäuschung der Wähler über den europäischen Fiskalpakt erscheint
es unrealistisch – sowohl politisch als auch ökonomisch –, dass Italien seine Austeritätspolitik im
Vergleich zur derzeitigen Situation noch einmal verschärft. In diesem Zusammenhang ist das
Referendum möglicherweise die letzte Chance für das Land, strukturelle Veränderungen
durchzusetzen. Eine Ablehnung der Reform würde künftige Regierungen über Jahre hinweg vor
ähnlichen Vorhaben zurückschrecken und Italien auf einen anderen Weg einschwenken lassen, der
höchstwahrscheinlich mit einer deutlichen Erhöhung des Haushaltsdefizits verbunden wäre. Da sich
Renzi bereits jetzt von einer restriktiveren Haushaltspolitik verabschiedet, stellt dies einen
Präzedenzfall für die nach ihm folgenden Staatschefs dar, die dann zunehmend auf staatliche
Konjunkturprogramme setzen dürften.
Zusätzlich besteht bei einem „Nein“-Votum die große Unsicherheit eines möglichen Machtvakuums
im Falle von Renzis Rücktritt und der Ausrufung von Neuwahlen. Dadurch würde sich für
euroskeptische Parteien wie die Fünf-Sterne-Bewegung und die Lega Nord eine echte Chance auf
einen Führungsanspruch oder eine Beteiligung an einer neuen Regierungskoalition eröffnen.
Insbesondere unter der Führung des Parteigründers Beppe Grillo würden sich die „Fünf Sterne“
höchstwahrscheinlich für eine Volksabstimmung über den Euro aussprechen.
Sollte nach einem „Nein“ eine populistische Partei die Kontrolle übernehmen, so könnte dies
unmittelbar deutlich negative Auswirkungen auf die Finanzmärkte mit sich bringen. Der Euro geriete
dann voraussichtlich unter anhaltenden Verkaufsdruck, da spekulative Anleger auf die Beendigung
der Zugehörigkeit Italiens zum Euro-Raum und zur Währungsunion selbst setzen. Dann könnte es zu
einer Wiedereinführung der Lira, einer höheren Inflation und über ein wachsendes Haushaltsdefizit
finanzierten Ausgaben kommen. Die Renditen lang laufender italienischer Staatsanleihen könnten
erneut steigen, mit der Folge einer wachsenden Kluft zwischen Italien und anderen
hochverschuldeten Ländern wie Portugal, Belgien und Spanien auf der einen und dem wirtschaftlich
gesünderen Kern der EU um Deutschland auf der anderen Seite. Im Epizentrum dieser Entwicklung
befinden sich die italienischen Banken, die in ihren Bilanzen – vorwiegend italienische –
Staatsanleihen im Wert von EUR 445 Mrd. halten und damit die größten systemischen Risiken für
den Euro-Raum darstellen.
Banken: erneutes Entstehen systemischer Risiken im Bankensektor
Seit dem Jahr 2016 müssen die EU-Mitgliedsstaaten, darunter Italien, die EU-Vorschriften einhalten,
wonach in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage befindliche Banken keine staatlichen Beihilfen
mehr erhalten – es sei denn, in Bezug auf Eigenkapital und nachrangige Schulden werden zunächst
die Gläubiger selbst in die Verantwortung genommen („Bail-in“), um den letztlich vom Steuerzahler
zu übernehmenden Betrag zu reduzieren. Die Anwendung dieses Grundsatzes „Kein Bail-out ohne
Bail-in“ auf die Bankenrettung auf EU-Ebene führte dazu, dass die in diesem Jahr für vier regionale
Kreditinstitute umgesetzten Bail-in-Maßnahmen mit hohen Kosten für Tausende Sparer verbunden
waren, die bei diesen Banken nicht nur Konten unterhielten, sondern in der Regel auch in ihre
Anleihen investiert waren. Haushalte und Privatanleger halten in Italien Bankanleihen im Wert von
geschätzt EUR 200 Mrd. Diese Situation stellt ein großes Hindernis für die Maßnahmen der
italienischen Regierung zur Bankenrestrukturierung dar. Künftig wird man noch viel höhere
potenzielle Verluste für Haushalte und Einzelpersonen vermeiden müssen. Die Maßnahmen zur
Rekapitalisierung von Banken unter Rückgriff auf Mittel von Privatinvestoren, außerbilanzielle
Strukturen, Kostensenkungen und Konsolidierung waren für eine Wiederherstellung des Vertrauens
bisher unzureichend. Angesichts der für Premier Renzi derzeit bestehenden Herausforderungen und
seiner drastisch sinkenden Popularität werden sich künftige italienische Regierungschefs wohl auf
staatliche Stützungsmaßnahmen als einziges Mittel für die Sicherung ihres politischen Überlebens
konzentrieren.
Die Reaktion der EU auf ein „Nein“-Votum: Aufweichung der Fiskalpolitik, Lockerung der Bail-inRegeln, Ausweitung der quantitativen Lockerung
Genau aus diesen Gründen wird die EU im Interesse der Aufrechterhaltung der politischen Stabilität
voraussichtlich den von Renzi vorgelegten Haushalt genehmigen und dem künftigen Regierungschef
– wer immer dies auch sein mag – weitere Konjunkturmaßnahmen ermöglichen. Auch aus
Frankreich kommen Signale der Unterstützung, da sich das Land ebenfalls einer Flüchtlingskrise
gegenübersieht, die für Präsident Hollande zunehmend zu einer politischen Herausforderung wird.
Die aus Deutschland und einigen nordeuropäischen Ländern zu vernehmenden scharfen Töne im
Hinblick auf eine restriktive Fiskalpolitik dürften sich in naher Zukunft im Zuge der Erhöhung des
Drucks seitens der populistischen Linken im eigenen Land und der politischen Union in Europa als
Ganzes mäßigen.
Ein „Nein“-Votum könnte die EU möglicherweise veranlassen, Maßnahmen zur Eindämmung neu
entstehender systemischer Risiken zu ergreifen. Bei einem Rücktritt Renzis käme es zu politischen
Unruhen, einem rasanten Anstieg der Anleiherenditen und wachsendem Druck auf den Euro. Es gibt
Grund zu der Annahme, dass die EU unter Führung von Deutschland – wenn nicht aus
wirtschaftlichen Gründen, dann doch aus Selbstschutz – bei ihrer entschiedenen Haltung zur
Restrukturierung des italienischen Bankensektors bleiben und eine Lockerung des Bail-in-Regimes
(d. h. höhere staatliche Beihilfen) unterstützen wird, um die Rekapitalisierung der wirtschaftlich
schwächsten Banken schneller voranzutreiben. Wenn nicht in größerem Umfang Steuergelder zur
Unterstützung der Bankenrekapitalisierung eingesetzt werden, könnte das Vertrauen der Banken
untereinander und der Anleger in die Banken erneut Schaden nehmen. Sollte dies zu einem
erneuten Einfrieren der Interbankenmärkte führen, so könnte die gesamte italienische Wirtschaft ins
Stocken geraten. Die damit verbundenen Kosten wären sowohl für Italien als auch für die
Europäische Union enorm.
Auch die EZB wird diese Situation nicht nur aus einer Zuschauerrolle heraus betrachten wollen, da
sie ohne die Banken über kein Mandat verfügt. Die EZB betreibt über die Ausweitung und
Verlängerung der monatlichen Anleihekäufe eine expansive quantitative Lockerung und wird hierbei
den Versuch unternehmen, die steigenden Renditen auf Staatsanleihen zu begrenzen und die
Anleihekäufe bei Bedarf möglicherweise eher auf italienische Papiere auszurichten. Im Zuge dieser
Entwicklung würden auch die Liquiditätskanäle weit geöffnet, um das Funktionieren der Geldmärkte
und des Interbanken-Kreditgeschäfts zu sichern und keine Großbank „außen vor“ zu lassen.
ZUSAMMENFASSUNG
Asset-Allokation: „Ja“-Votum = optimistisches Szenario für die Mehrzahl der italienischen
Anlageklassen und den Euro

Eine Wiederherstellung des Vertrauens in italienische Staatsanleihen, das nach dem
Wahlsieg von Donald Trump in den USA gelitten hatte, würde möglicherweise eine Umkehr
des im November verzeichneten Anstiegs der Renditen auf lang laufende Staatsanleihen
bewirken. Politische Stabilität und eine wachstumsfreundliche Agenda dürften für Italien zu
verbesserten fiskalpolitischen Rahmenbedingungen führen, voraussichtlich begleitet von
entsprechenden Hochstufungen italienischer Staatsanleihen durch die Ratingagenturen.

Die italienischen Banken würden angesichts der extrem niedrigen Bewertungen ihrer Aktien
(derzeit etwa zum halben Buchwert) wohl am meisten von diesem Vertrauensvorschuss
profitieren. Günstigere langfristige Prognosen für das Wirtschaftswachstum würden die
italienischen Banken eher dazu veranlassen, neue Kredite zu vergeben. Auf der anderen
Seite würden sich Unternehmen und Privathaushalte eher geneigt sehen, neue Kredite
aufzunehmen. Eine schnellere Ausweitung des „gesunden“ Darlehensbestandes würde zu
einer rascheren Reduzierung der in den Büchern der Banken stehenden leistungsgestörten
Kredite führen.

Da die Marktkapitalisierung des FTSE MIB Index deutlich von Bankenwerten bestimmt wird,
besteht hier eine hohe Zinssensitivität. Banken, Versicherungen und InvestmentGesellschaften, die in großem Umfang italienische Staatsanleihen halten, dürften
voraussichtlich von sinkenden Anleiherenditen profitieren. Zudem könnten sich die Pläne
der Regierung zur Ankurbelung der Privatisierung günstig auf Energieunternehmen und
Versorger auswirken. Im Zuge dieses Vorhabens will der Staat seine
Unternehmensbeteiligungen reduzieren.

Der Euro könnte möglicherweise steigen, da günstigere Rahmenbedingungen für das
Wirtschaftswachstum, eine schnellere Restrukturierung der Banken und die politische
Stabilität das Vertrauen in die Währungsunion wiederherstellen. Erwartungen hinsichtlich
des Auslaufens der durch die EZB betriebenen quantitativen Lockerung könnten dazu
führen, dass der Euro einen Großteil des Wertes zurückgewinnt, den er zuvor gegenüber
dem US-Dollar und anderen Währungen verloren hatte. Das als sicherer Hafen betrachtete
Gold dürfte voraussichtlich positiv auf dieses Umfeld reagieren.

Europäische Small-Cap-Werte sollten längerfristig von der optimistischen Stimmung unter
den Anlegern und von risikobetonten Positionierungen rund um das von der
Binnennachfrage getriebene Wachstum in Europa profitieren.
Asset-Allokation: „Nein“-Votum = pessimistisches Szenario für italienische Anlageklassen und den
Euro

Die Spreads italienischer Staatsanleihen dürften sich gegenüber Bundesanleihen ausweiten,
da ein durch politische Themen aufgeladenes Umfeld keinen Raum für eine restriktive
Haushaltspolitik lässt. Die Ratingagenturen könnten eine Herabstufung italienischer
Staatsanleihen in Erwägung ziehen, wenn eine Ausgabenpolitik mit Ausweitung des
Haushaltsdefizits nicht von Strukturreformen begleitet ist.

Eine Eintrübung der Stimmung gegenüber italienischen Staatsanleihen würde sich anfänglich
auch negativ auf die Banken auswirken, da diese voraussichtlich im Handelsbuch Verluste
verbuchen müssten und sich die Bedingungen für die Aufnahme von Interbanken-Darlehen
selbst bei einer Erhöhung ihrer eigenen Fremdfinanzierungskosten verschlechtern dürften.

Italienische Industriewerte könnten darunter leiden, dass die Regierung angesichts der in
Bezug auf Risiken eingetrübten Stimmung die Veräußerung ihrer Beteiligungen zunächst
verschiebt. In strategischen Sektoren könnte es aufgrund der Regierungsbildung durch
populistische, eher links geprägte Parteien in größerem Umfang zu staatlichen
Interventionen kommen.

In Bezug auf den Euro dürften sich die Stimmungsindikatoren wegen der politischen
Instabilität in Italien kurzfristig eintrüben. Längerfristig dürfte dies auch zu Spekulationen
über einen Austritt Italiens aus dem Euro-Raum führen, sofern eine euroskeptische
Regierung eine Volksabstimmung über den Euro durchdrückt. Eine expansive Geld-und
Fiskalpolitik führt anfänglich voraussichtlich zu einer weiteren Schwächung. In der Folge
dürften für die Banken und die Realwirtschaft dann stabilisierende Faktoren zum Tragen
kommen.

Längerfristig sollten europäische Exportwerte von einer Abwertung des Euro profitieren,
sofern diese kontrolliert abläuft und nicht unmittelbar zu einer risikoaversen Positionierung
der Anleger führt. Die Wahrscheinlichkeit einer hohen Volatilität des Euro dürfte
ausländische Investoren dazu veranlassen, Positionen in Europa einzugehen, um damit
möglicherweise ihre Aktienengagements abzusichern. Der Finanzsektor dürfte in diesem
Zusammenhang dagegen eine Untergewichtung anstreben.
Strategische Allokation unter Nutzung unserer Palette an WisdomTree UCITS Exchange Traded Funds
Anlage-
„Ja“
Perspektive auf
Anlageklasse
UCITS ETF
Small-Caps
optimistisch
WisdomTree Europe Small-Cap Dividend
UCITS ETF
Wachstumswerte WisdomTree Eurozone Quality Dividend
optimistisch
Growth UCITS ETF
„Nein“
Ticker
DFE
EGRA/EGRG
Perspektive
auf
Anlageklasse
UCITS ETF
WisdomTree Europe Equity UCITS ETF –
GBP Hedged
Exportwerte
WisdomTree Europe Equity UCITS ETF –
optimistisch,
CHF Hedged
abgesichert
WisdomTree Europe Equity UCITS ETF –
USD Hedged
Exportwerte,
WisdomTree Europe Equity UCITS ETF –
nicht
EUR Acc
abgesichert
Ticker
HEDP
HEDD
HEDJ
HEDF/HEDG
Quelle: WisdomTree
Haftungsausschluss
Nur für professionelle Anleger. Diese Mitteilung wurde von WisdomTree Europe Ltd erstellt, einem
ernannten Vertreter der Mirabella Advisers LLP, die von der Financial Conduct Authority („FCA“)
zugelassen ist und deren Aufsicht unterliegt. Bitte beachten Sie unseren vollständigen
Haftungsausschluss. Einzelheiten zur Regelung von Interessenkonflikten entnehmen Sie bitte den
«Conflicts of Interest Policy and Inventory» unter www.wisdomtree.eu/cofi.
Herunterladen