Einfluss des Bindegewebsaufbaus auf die Fleischzartheit

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Mitteilungsblatt der Fleischforschung Kulmbach (2006) 45, Nr. 174 – Praxis-Informationen
Praxis-Informationen
Einfluss des Bindegewebsaufbaus auf die Fleischzartheit
Quelle: Meat Science 70 (2005), 435-447.
Traditionell stehen muskuläre Strukturen im Zentrum fleischtechnologischer Betrachtungen resp.
Interesses, doch aus technologischer Sicht sind auch bindegewebliche Strukturen von großer
Wichtigkeit beim Herstellungsprozess von Fleischwaren aller Art. Gerade auch bei Frischfleisch
sind Gehalt und Beschaffenheit der stütz- und bindegeweblichen Anteile im Fleisch von höchster
Bedeutung für dessen Wertschätzung durch den Kunden.
PURSLOW gibt in seiner Arbeit einen Überblick darüber (Intramuscular connective tissue and its
role in meat quality). Dabei räumt er auch mit einigen tradierten Vorstellungen auf. Naturgemäß
wird der Gehalt an Bindegewebe vom Teilstück und dem Tieralter bestimmt. Bisher wurde dieser
Gehalt an Bindegewebe allgemein als bestimmend für dessen Textur resp. Zartheit gegarten
Fleisches angesehen. PURSLOW weist aber darauf hin, dass der Einfluss intramuskulären Stützgewebes (= IMS) auf die Fleischzartheit komplex und multifaktoriell ist. So variiert z. B. der
perimysiale Anteil des muskulären Stützgewebes zwischen verschiedenen Muskeln, der
vornehmlich Einfluss auf das mechanische Verhalten gekochten Fleisches besitzt. Dieser
perimysiale Anteil bestimmt aber die Größe der Muskelfaserbündel, welche als Indikator für die
Zartheit von Teilstücken allgemein angesehen wird. Nach seinen Ausführungen zielten viele
Tenderisierungsverfahren auf eine Herabsetzung der Stabilität des intramuskulären Stützgewebes insgesamt im rohen Zustand, was aber wenig Einfluss auf die Zartheit des daraus
gegarten Fleisches habe. Eine Erhitzung von Fleisch führt auch nicht automatisch zu einer
Steigerung der Zartheit. So wird in bei Temperaturen bis über 50 °C die Stabilität des IMS sogar
erhöht und erst mit höheren Temperatur-Zeitregimen erniedrigt. Auch wird der kollagene
Vernetzungsgrad, welcher mit dem Tieralter steigt, allgemein als bestimmender Faktor für die
Zähigkeit von Fleisch angesehen. PURSLOW gibt zu bedenken, dass es hierbei aber äußerst
schwierig ist, dessen Gehalt zu bestimmen und mit Zartheit zu korrelieren.
Demgegenüber hat sich in letzter Zeit zunehmend die Auffassung durchgesetzt, IMS nur als
Überbegriff für eine Anzahl die Fleischtextur bestimmender Strukturen anzusehen, welche
schwierig zu beeinflussen sind. So zeigt schon die große Bandbreite des Gehaltes an
perimysialen Anteilen in der Muskulatur eines einzigen Individuums, wie variabel in der Qualität
„muskuläres Bindewebe" ist, welche wiederum bestimmt wird durch die Funktion der verschiedenen Muskeln. So wird in der Physiologie aktuell teilweise die Ansicht vertreten, dass die
Ausprägung der Größe und Form einzelner Muskelfaserbündel durch die Notwendigkeit der
Unterteilung des betreffenden Muskels in leicht aneinander vorbeigleitende funktionellkontraktile Untereinheiten bestimmt wird. PURSLOW sieht daher auch Haltung und Ernährung
von Schlachttieren als bestimmend für Aufbau und Gehalt an IMS resp. dessen Vernetzung an
und somit auch als wichtiges, zukünftiges Arbeitsfeld zur Beeinflussung der Fleischzartheit.
NITSCH
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Mikrokristalline Cellulose bei der Brühwurstherstellung
Quelle: Всё о мясе – Wsjo o mjase 1 (2006), 18-21.
Der Einsatz funktioneller Zutaten mit einem gesundheitlichen Nutzen bei Fleischerzeugnissen etabliert sich als neuer Trend nicht nur in Deutschland, sondern weltweit. Die Entwicklung
von Functional Food-Ideen ist in diesem Bereich noch lange nicht erschöpft. Funktionelle Zutaten für gesundheitsorientierte Fleischprodukte sollen technologische und ernährungsphysiologische Eigenschaften aufweisen. Diese Grundvoraussetzungen werden bei der Anwendung
des funktionellen Ballaststoffes Mikrokristalline Cellulose (MCC) bei der Brühwurstherstellung von den Verfassern K.L. KONOWALOW und M.T. SCHULBAJEWA in einer Studie
diskutiert (K.Л. Коновалов, М.Т. Шулбаева: Использование микрокристаллической целлюлозы
для стабилизации качественных характеристик мясных продуктов – Anwendung der Mikrokristallinen Cellulose für die Stabilisierung der qualitativen Eigenschaften von Fleischerzeugnissen).
MCC, ein weißer Pulver von hoher chemischer und mikrobieller Reinheit, wird bei der Hydrolyse
von Cellulosefasern aus gerüstbildenden Pflanzenteilen gewonnen. Dabei werden amorphe
Bereiche entfernt, wobei feste kristalline, aus Celluloseketten aufgebaute Cellulose-Bündel mit
einer streng linearen Ausrichtung übrig bleiben. Die ernährungsphysiologische Wertigkeit
besteht darin, dass die MCC, als unlöslicher Ballaststoff, vor allem dickdarmwirksam ist, und
einer Vielzahl von Zivilisationskrankheiten, wie Verdauungsstörungen, Übergewicht, Dickdarmkrebs vorbeugt. Die MCC ist inert gegenüber anderen Lebensmittelinhaltstoffen, besitzt im
Vergleich zu den anderen Ballaststoffen ein niedrigeres Adsorptionsvermögen und kann somit
den Mineralstoffwechsel nicht beeinflussen.
MCC wurde in variablen Mengen von 0,5 bis 5 % als Fleischersatz, rehydratisiert mit Wasser im
Verhältnis Wasser : MCC 4 : 1, dem Brät während der Brühwurstherstellung zugegeben. Die
Versuchschargen zeigten beim Geschmack keinen Unterschied zur Kontrollcharge. Durch die
MCC-Zugabe wurde die Ausbeute von 8 % bis 14 %, abhängig von der MCC-Konzentration in
der Brühwurst, erhöht. Jedoch beeinflusst eine MCC-Konzentrationserhöhung von mehr als 2 %
negativ die Konsistenz der Brühwurst in die Richtung „gummiartig“. Außerdem wurde in den
Versuchschargen ein erhöhter Restnitrit/nitrat-Gehalt im Vergleich zu der Kontrolle festgestellt.
Eine Erklärung dafür sehen die Autoren in einer teilweise möglichen Adsorption des
Natriumnitrits durch MCC und somit wird die Umwandlung zu Stickoxid durch die Bakterien
erschwert. Nach mengenmäßiger Optimierung der MCC wurde festgestellt, dass eine Zugabe
von 1,5 % als Fleischersatz die technologischen Eigenschaften der Brühwurst ohne Verluste an
der sensorischen Qualität verbessert.
Bei Ersatz des Speckes durch pflanzliche Produkte (Sojaeiweiß und Pflanzenöl) wurde die MCC
über eine Voremulsion im Verhältnis MCC : Eiweiß : Wasser : Öl – 1 : 2 : 6 : 4 bei der Brühdauerwurstherstellung in einer Konzentration von 20, 30 und 40 % eingearbeitet. Die Charge mit
20 % Speckersatz zeigte optimale technologische Eigenschaften hinsichtlich der Verringerung
des Gewichtverlusts bei Hitzebehandlung, der Ausbeuteerhöhung, der Stabilisierung der
Farbhaltung und der Textur während der Lagerung. Bei höheren Mengen an MCC (30 % und
40 % Speckersatz) war bei gleicher Ausbeute ein negativer Einfluss auf die Konsistenz
festzustellen. Die MCC-Zugabe verbesserte das Aroma und den Geschmack bei allen
Versuchschargen.
Zusammengefasst zeigt die Studie, dass der Zusatz von MCC zu Fleischerzeugnissen positive
Effekte auf die Produktqualität wie Ausbeuteerhöhung, Texturverbesserung, hohe Wasser- und
Ölbildung, Verringerung von Gewichtverlusten bei Erhitzung bewirkt. Somit war es gelungen,
eine fettreduzierte, mit dem funktionellen Ballaststoff angereichte Brühwurst ohne Beeinträchtigung der sensorischen Qualität herzustellen.
DEDERER
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Auswirkungen verschiedener Öko-Fütterungsvarianten auf Mastleistung und
Fleischqualität von Schweinen
Quelle: Meat Science 74 (2006), 605-615.
Die Auslaufhaltung von Schweinen alleine ist noch nicht mit ökologischer Produktion gleichzusetzen. Hierzu müssen auch noch Auflagen bei der Fütterung beachtet werden, die in Wissenschaft und Praxis durchaus umstritten sind. Dies betrifft insbesondere das Verbot von synthetischen Aminosäuren, denn es erschwert die Zusammenstellung ernährungsphysiologisch optimierter Rationen und bedingt geringere tägliche Zunahmen und/oder einen höheren Futterverbrauch pro kg Zuwachs. Eine weitere nicht einfach einzuhaltende Forderung ist, dass die
Tiere täglich Raufutter erhalten sollen. In einer dänischen Studie wurde nun den Auswirkungen
solcher Futterrationen nachgegangen (L.L. HANSEN, C. CLAUDI-MAGNUSSEN, S.K. JENSEN, H.J.
ANDERSEN: Effect of organic pig production systems on performance and meat quality).
Es wurden folgende vier Fütterungsvarianten formuliert und an jeweils 40 dänischen Kreuzungsschweinen (je 50 % Kastraten und weibliche Tiere) geprüft:
A) Kontrolle mit konventioneller Standardmischung aus Konzentratfuttermitteln (Gerste,
Weizen, Sojaschrot, Lysin-/Methionin-Ergänzung) – zur freien Aufnahme (ad lib.)
B) nur Öko-Konzentratfuttermittel (Gerste, Erbsen, Weizen, Hafer, Schrot
aus nicht gentechnisch verändertem Soja) – ad lib. = 100 %
C) wie B, jedoch nur zu 70 %, plus Gerste-/Erbsen-Silage ad lib.
D) wie B, jedoch nur zu 70 %, plus Kleegras-Silage ad lib.
Die drei Ökogruppen (B, C, D) hatten außerdem freien Zugang zu einem Auslauf. Der kontrollierte Mastabschnitt reichte von 40 kg bis annähernd 108 kg Lebendgewicht.
Zwischen den beiden Gruppen, die ausschließlich Konzentratfutter erhalten hatten (A und B),
wurden in fast allen untersuchten Merkmalen nur unwesentliche Unterschiede festgestellt.
Lediglich die Masttagszunahmen waren bei Gruppe B (Öko-Konzentratfutter) etwas niedriger
(935 gegenüber 999 g/d). Die Gruppen C und D (70 % Öko-Konzentratfutter plus Silage) erreichten dagegen nur ein erheblich niedrigeres Zunahmeniveau (726 bzw. 731 g/d) – ein Effekt,
der sich bei den Kastraten noch stärker bemerkbar machte als bei den weiblichen Tieren.
Dennoch gab es in der Futterverwertung keine signifikanten Differenzen zwischen den vier
Fütterungsvarianten. Der geringere Nährstoffgehalt der eingesetzten Silagearten konnte
offensichtlich durch höheren Verzehr nicht kompensiert werden. Dies führte zu einer geringeren
Schlachtkörperverfettung, so dass die Magerfleischanteile der Gruppen C und D mit 61,3 bzw.
61,8 % signifikant höher ausfielen als die der Konzentrat-Gruppen A und B (60,6 bzw. 60,4 %).
Das wirkte sich zwangsläufig auch auf den intramuskulären Fettgehalt aus, der bei C und D um
0,3 bis 0,4 %-Punkte niedriger lag als bei A und B. Allgemein führte die Ökofütterung zu höheren
Anteilen an mehrfach ungesättigten Fettsäuren (PUFA) im Rückenspeck. Dies betraf insbesondere die beiden Silage-Gruppen C und D, die sich mit Polyensäurengehalten von 17,5
bzw.18 % um ca. 4 %-Punkte von der Gruppe A abhoben. Bei PUFA-Konzentrationen in dieser
Größenordnung sind bereits negative Auswirkungen nicht nur auf die Festigkeit, sondern auch
auf die Oxidationsstabilität des Rückenspecks zu erwarten, was in dem Versuch durch
entsprechend höhere TBARS-Werte auch belegt wurde. Schließlich gab es Unterschiede in der
sensorischen Qualität: Das Fleisch der langsamer gewachsenen Tiere (C und D) zeichnete sich
durch signifikant geringere Zartheit und höhere Festigkeit sowie tendenziell durch ein geringeres
Fleischaroma aus. So ergibt sich aus diesen Ergebnissen die Schlussfolgerung, dass die
hauptsächlich zur Steigerung des Wohlbefindens der Tiere (Beschäftigungseffekt) angebotene
Raufutterbeigabe nicht mit einer so starken Restriktion der Konzentratfutterversorgung (70 %)
kombiniert werden sollte.
FISCHER
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Einfluss der Haltungsbedingungen auf Mastleistung, Schlachtkörper- und Fleischqualität
beim Schwein
Quelle: Journal of Animal Science 84 (2006), 2436-2447.
In weiten Teilen der Bevölkerung werden die vorrangig unter ökonomischen Gesichtpunkten
optimierten modernen Tierhaltungsverfahren seit langem kritisch gesehen und mit mangelndem
Wohlbefinden der Tiere, schlechter Fleischqualität, erhöhtem Medikamenteneinsatz und Umweltverschmutzung assoziiert. So ist es nicht verwunderlich, dass diese Thematik auch für die
Wissenschaft nach wie vor aktuell bleibt. In einem Gemeinschaftsprojekt mehrer französischer
Institute wurde nun eine als tierfreundlich angesehene Haltungsvariante einem konventionellen
System gegenübergestellt und im Hinblick auf Mastleistung, Verhalten und physiologische
Reaktionen der Tiere während der Bereitstellung am Schlachtbetrieb sowie auf Schlachtkörperund Fleischqualität verglichen (B. LEBRET, M.C. MEUNIER-SALAUN, A. FOURY, P. MORMÈDE,
E. DRANSFIELD, J.Y. DOURMAD: Influence of rearing conditions on performance, behavioral, and
physiological responses of pigs to preslaughter handling, carcass traits, and meat quality).
120 Kreuzungsschweine (je 50 % Kastraten und weibliche Tiere) wurden jeweils zur Hälfte auf
ein konventionelles und ein „alternatives“ Haltungssystem aufgeteilt. Ersteres war durch Vollspaltenboden (0,65 m2/Tier) und konstante Klimaführung gekennzeichnet, während es bei Letzterem Buchten mit Sägmehleinstreu (1,3 m2/Tier), einen betonierten Auslauf (1,3 m2/Tier) und je
nach Witterung wechselnde Temperaturverhältnisse gab. Während der Mast, die bei einem
Lebendgewicht von 35 kg begann und bei etwa 110 kg endete, hatten alle Tiere freien Zugang
zu einer Standardfuttermischung (Futterautomaten). Um auch jahreszeitliche Einflüsse erfassen
zu können, erfolgte die Mast in drei Durchgängen, und zwar im Frühling, Sommer und Winter
(pro System in jeder Saison zwei Buchten mit jeweils 10 Tieren). Die alternativ gehaltenen Tiere
nahmen mehr Futter auf und erreichten – bei gleicher Futterverwertung – im Mittel um ca. 10 %
höhere Masttagszunahmen als die Schweine der konventionellen Gruppe. Daraus resultierte
auch ein um ca. 7 kg höheres Mastendgewicht, welches – nicht überraschend – mit einem um
2,4 mm stärkeren Rückenspeck und einem um 2 %-Punkte niedrigerem Muskelfleischanteil
einherging. Das tierfreundlichere System führte jedoch zu keinen Veränderungen bei den
Verhaltensaktivitäten während der Aufstallung am Schlachthof oder den Konzentrationen
verschiedener Stresshormone in Urin und Plasma unmittelbar nach der Schlachtung. Auch
andere Stressparameter im Blut, wie der Gehalt an Lactat, Glucose und freien Fettsäuren oder
die Creatinkinase-Aktivität, blieben unbeeinflusst. Daraus kann geschlossen werden, dass der
hier gewählte größere Bewegungsspielraum während der Mast die Belastungsresistenz der
Tiere gegenüber Transport, Zutrieb und Bereitstellung weder erhöht noch erniedrigt hat.
Bei den zahlreichen einbezogenen Fleischqualitätsmerkmalen gab es nur wenige auffällige Befunde: So wiesen die alternativ gehaltenen Schweine in allen untersuchten Muskeln (M. longissimus, M. semimembranosus, M. biceps femoris) einen um 14-17 % (relativ) höheren intramuskulären Fettgehalt auf. Dies war auf Grund der stärkeren Schlachtkörperverfettung zu erwarten. Doch auch die höheren IMF-Gehalte waren immer noch so niedrig (z. B. im M. longissimus: 1,68 gegenüber 1,44 %), dass sich dies in der sensorischen Qualität kaum bemerkbar
machte. Lediglich bei der Saftigkeit wurden geringfügig, aber dennoch signifikant höhere Bewertungen vergeben (3,7 gegenüber 3,4 Pkt.) . Schwerer zu interpretieren ist jedoch, dass der
Rückenmuskel der Auslauf-Tiere trotz nahezu gleicher pH-Werte einen signifikant höheren
Tropfsaftverlust (nach 2 Tagen Tropfzeit: 3,3 gegenüber 2,3 %) sowie höhere b*-Werte (Gelbanteil) aufwies. Bei dieser Gruppe zeigte sich darüber hinaus in allen untersuchten Muskeln die
Tendenz zu einem etwas höheren glykolytischen Potenzial. Insgesamt betrachtet erscheint es
bemerkenswert, dass das hier praktizierte tierfreundlichere Haltungssystem die Tiere zu größerer Futteraufnahme anregt und somit eher geeignet ist, das Wachstumspotenzial von Mastschweinen voll auszuschöpfen. Angesichts der damit verbunden Begleiterscheinungen (stärkere
Schlachtkörperverfettung) muss dies jedoch nicht immer ein anzustrebendes Ziel sein.
FISCHER
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Adhärenz von Salmonellen auf rostfreiem Stahl
Quelle: Food Microbiology 23 (2006), 747-752.
Infektionen durch nicht typhoidale Salmonellen werden vor allem durch den Verzehr kontaminierter Lebensmittel verursacht. Diese Organismen können auf verschiedenen Oberflächen
haften und Biofilme bilden. Organismen in Biofilmen lassen sich schwer mechanisch von
Oberflächen entfernen und sind widerstandsfähiger gegenüber Desinfektonsmitteln. Die
Anheftung von Bakterienzellen ist abhängig von mehreren Faktoren: vom Medium, in welchem
sie sich vermehrt haben, von der Beweglichkeit und der Wachstumsphase der Zellen, von der
Verfügbarkeit von organischem Material, der Temperatur, dem pH-Wert, von der Länge der
Kontaktzeit, der Produktion von extrazellulären Polysacchariden und der Kommunikation von
Zelle zu Zelle. Die Spezies Salmonella enterica scheint in der Lage zu sein, über den Austausch
von Molekülen innerhalb einer Population von Zelle zu Zelle zu kommunizieren. Möglicherweise
führt eine Kommunikation von nicht sesshaften mit anhaftenden Zellen zur Expression von
Exopolysacchariden. GIAOURIS et al. wollten durch Verwendung eines Modells, das die
Bedingungen in der Lebensmittelproduktion möglichst realistisch wiedergab (z. B. feuchte Oberflächen, Existenz einer Luft-Flüssig-Grenzfläche) unter definierten Laborbedingungen die
Bildung eines Biofilms durch Salmonellen studieren (E.D. GIAOURIS, G.-J.E. NYCHAS: The
adherence of Salmonella Enteritidis PT4 to stainless steel: The importance of the airliquid interface and nutrient availability. Haftung von S. Enteritidis PT4 auf rostfreiem Stahl.
Bedeutung der Luft-Flüssig-Grenzfläche und der Verfügbarkeit von Nährstoffen). Für die
Adhäsionsexperimente wurden rostfreie Stahlplättchen verwendet, die mit Detergenzlösung
gewaschen und anschließend mit destilliertem Wasser gespült wurden. Vor der Beimpfung
wurden die Stählplättchen nach Lufttrocknung für 15 Minuten bei 121 °C autoklaviert. Als
Testmedium für die Entwicklung der Biofilme diente Trypton Soja Bouillon und als Teststamm
S. Enteritidis PT 4. Jeweils zwei Stahlplättchen wurden in Röhrchen platziert, die 5 bzw. 3,5 ml
des Testmediums enthielten. In den Röhrchen mit 5 ml Medium waren die Oberflächen der
Plättchen vollkommen mit Medium bedeckt, während in den Röhrchen mit 3,5 ml Medium der
obere Teil der Plättchen eine Luft-Flüssig-Grenzfläche aufwies. Die Inkubation erfolgte für 18
Tage bei 20 °C. Drei verschiedene Versuchsbedingungen wurden getestet:
1. Bildung eines Biofilms ohne Erneuerung des Mediums.
2. Bildung eines Biofilms nach steriler Entnahme der Plättchen nach 48-stündiger
Inkubation, Spülen mit steriler Ringerlösung zur Entfernung von nicht angehefteten
Zellen und Überführung in Röhrchen mit frischem Medium. Diese Prozedur wurde
9-mal jeden zweiten Tag wiederholt.
3. Behandlung wie unter 2. beschrieben, jedoch wurden die nicht angehefteten Zellen
abzentrifugiert und in Röhrchen überführt, die Stahlplättchen mit frischem Medium
enthielten. Mit diesem letzten Versuchsansatz sollte indirekt die mögliche Existenz
einer Interaktion von Zelle zu Zelle untersucht werden.
Nach der Inkubation wurden die Plättchen zweimal mit 10 ml Ringerlösung gespült, in einem
neuen Röhrchen mit Ringerlösung und Glaskügelchen für 2 Minuten geschüttelt und die Keimzahl der so erhaltenen Bakteriensuspensionen ermittelt.
Mit Hilfe dieser Versuchsansätze wurde beobachtet, dass der Biofilm sich besser und mit bis zu
drei Logstufen höheren Keimzahlen entwickelte, wenn das Medium immer wieder erneuert
wurde. Weiterhin wurde eine stärkere Biofilm-Bildung festgestellt, wenn die Plättchen nicht völlig
mit dem Medium bedeckt waren und ein Teil der Oberfläche eine Luft-Flüssig-Grenzfläche
aufwies.
PICHNER
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Mitteilungsblatt der Fleischforschung Kulmbach (2006) 45, Nr. 174 – Praxis-Informationen
Inaktivierung von Bakteriensporen in Schweinefleisch
Quelle: Food Microbiology 23 (2006), 803-808.
Unter den pathogenen, sporenbildenden Bakterien sind vor allem die Spezies Bacillus (B.)
cereus und Clostridium (Cl.) perfringens für die Lebensmittelhygiene von Bedeutung. Beide
Arten werden regelmäßig aus Fleisch isoliert und können Enterotoxine produzieren, die zu
Lebensmittelvergiftungen führen können. Bei B. cereus erfolgt diese Enterotoxinproduktion
schon im Lebensmittel, bei Cl. perfringens erst während der Sporulation, die meist im Dünndarm
stattfindet. Das zu Lebensmittelvergiftungen führende Cl. perfringens Enterotoxin ist meist
chromosomal kodiert, andere nicht zu Vergiftungen führende Enterotoxin-Gene sind meist auf
Plasmiden lokalisiert. Cl. perfringens Stämme, bei denen die Enterotoxin-Bildung chromosomal
codiert ist, sind bis zu 60-mal hitzeresistenter als Stämme, die nicht zu Lebensmittelvergiftungen
führen. Sporen solcher hitzeresistenten Stämme können Temperaturen von 100 °C für eine
Stunde überleben, Sporen von B. cereus überstehen Temperaturen von 95 °C. Da es bisher
keine Berichte über den D-Wert für B. cereus und Cl. perfringens in ‘pork luncheon meat‘ gibt,
war es Ziel der Arbeit von BYRNE et al., eine geeignete Hitzebehandlung für Lunchbrötchen
mit Schweinefleisch zu entwickeln, die vegetative Zellen und Sporen von B. cereus und
Cl. perfringens inaktiviert (B. BYRNE, G. DUNNE, D.J. BOLTON: Thermal inactivation of Bacillus
cereus and Clostridium perfringens vegetative cells and spores in pork luncheon roll.
Hitzeinaktivierung von B. cereus und Cl. perfringens-Zellen und -Sporen in Lunchbrötchen mit
Schweinefleisch). Es wurde jeweils ein Mix von vegetativen Zellen aus drei Stämmen von
B. cereus und Cl. perfringens sowie einer aus Sporen von Stämmen dieser beiden Spezies
hergestellt und damit das Lunchfleisch beimpft. Das Fleisch wurde steril verpackt und
Temperaturen im Wasserbad von 50, 55 und 60 °C für die Inaktivierung vegetativer Zellen sowie
Temperaturen von 85, 90 und 95 °C für die Inaktivierung von Sporen von B. cereus ausgesetzt.
Für die Hitzebehandlung von lebenden Zellen von Cl. perfringens wurden 55, 60 und 65 °C, für
die Sporen 90, 95 und 100 °C angewendet. Die Probennahme erfolgte in Abständen von jeweils
5 Minuten aus dem Wasserbad, die letzte Probeentnahme wurde nach 60 Minuten durchgeführt
und die hitzebehandelten Fleischproben sofort in einem Eiswasserbad heruntergekühlt. Für die
Wiederfindung von geschädigten, aber noch lebenden Zellen erfolgte ein Direktausstrich auf
Trypton-Soja-Agar mit Inkubation für zwei Stunden bei 25 °C. Anschließend wurden die Proben
auf B. cereus Agar (BCA) für 24 Stunden bei 30 °C bzw. für die Detektion von Cl. perfringens
auf Tryptose-Sulfid-Cycloserin-Agar für 24 h bei 37 °C unter anaeroben Bedingungen subkultiviert. Die Sporen wurden mit einer ähnlichen Methode detektiert.
Jeder Versuch erfolgte im Doppelansatz und wurde dreimal wiederholt. Die dezimale
Reduktionszeit wurde mittels linearer Regressionsanalyse ermittelt. Die D-Werte für die
vegetativen Zellen von B. cereus reichten von 1 Minute bei 60 °C bis 33,2 Minuten bei 50 °C, die
D-Werte für Zellen von Cl. perfringens von 0,9 Minuten bei 65 °C bis 16,3 Minuten bei 55 °C. Für
B. cereus-Sporen lagen die D-Werte zwischen 2 Minuten bei 95 °C und 32,1 Minuten bei 85 °C,
für Sporen von Cl. perfringens zwischen 2,2 Minuten bei 100 °C und 34,2 Minuten bei 90 °C.
Nach diesen D-Werten reicht ein mildes Kochen bei 70 °C für 12 Sekunden für eine Reduktion
um 6 log-Stufen von vegetativen Zellen von B. cereus bzw. für 1,3 Minuten für Zellen von
Cl. perfringens aus. Um eine ähnliche Reduktion bei Sporen dieser Organismen zu erreichen,
empfehlen die Autoren, das Lunchfleisch für 36 Sekunden bei 105 bzw. 110 °C zu erhitzen.
PICHNER
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