Klosters, 04

Werbung
Frage Q 151
Der Einfluss von Werbebeschränkungen auf Marken
Die Arbeitsorientierung bzw. Arbeitsberatung hat betont, dass es sich für die AIPPI um
eine neue Frage handelt. Auch wenn gewisse Aspekte der Werbung im Rahmen der
vorhergehenden Arbeiten untersucht werden konnten, so ist die Frage der auf dem Gebiet
der Werbung immer häufigeren Restriktionen und ihr Einfluss auf die Gültigkeit der
Ausübung des Markenrechts nie Gegenstand von Untersuchungen der AIPPI gewesen.
Der Generalberichterstatter hat 26 Berichte nationaler Gruppen erhalten: Deutschland,
Australien, Brasilien, Bulgarien, Korea, Dänemark, Ägypten, Spanien, USA, Finnland,
Frankreich, Ungarn, Indonesien, Israel, Italien, Japan, Mexiko, Niederlande, Portugal, GB,
Schweden, Schweiz, Singapur, Thailand, Uruguay und Jugoslawien.
Die Gruppe von Neuseeland hat die in ihrem Land in dieser Frage anwendbaren
Gesetzestexte mitgeteilt.
Nachdem sie an die Prinzipien ihrer nationalen Gesetzgebungen bezüglich der Gültigkeit
und Ausübung der Rechte erinnert hatten, die aus der Eintragung der Marken resultieren,
haben die Gruppen auf die in der Arbeitsorientierung gestellten Fragen geantwortet und
auf sehr vollständige Weise die Regeln bzw. Gesetze dargestellt, die in ihren Ländern die
eventuellen Restriktionen auf dem Gebiet der Werbung bestimmen.
1.
Die restriktiven Massnahmen der Werbung für bestimmte Produkte oder
Dienstleistungen
Die Gruppen wurden aufgefordert, den Zustand des positiven Rechts bezüglich der
Ausübung der Werbung in ihren Ländern zu beschreiben, insbesondere bezüglich der
Verbote oder Restriktionen von Werbung für bestimmte Güter oder Dienstleistungen.
1.1
Man kann bei der Lektüre der Berichte der Gruppen feststellen, dass in den meisten
Ländern diese Massnahmen gesetzgeberischen oder vorschriftsmässigen
Ursprungs sind, also durch den Gesetzgeber vorgeschrieben werden.
Die amerikanische Gruppe gibt an, dass in ihrem Land ein freiwilliges
Regulierungssystem gewählt wurde, das insbesondere für die Tabak- und
Alkoholwerbung anwendbar ist. Jedoch existiert selbst in den USA eine
Reglementierung der Ausübung von Werbung bezüglich der Medikamente und
bestimmter Dienstleistungen.
Ausserdem stellt man fest, dass in allen Ländern die Beschränkungen oder Verbote
von Werbung generell in zwei Fällen angewandt werden:
-
aufgrund der Art der Produkte und der Gefahr, die sie für die Gesundheit
darstellen (Alkohol, Tabak, Medikamente),
-
aufgrund der sozialen Organisation: es handelt sich entweder um
deontologische Gesetze, insbesondere für die gesetzlichen oder
1
medizinischen Dienstleistungen, oder um Begrenzungen für bestimmte
Aktivitäten wie etwa diejenigen, die die Glücksspiele oder Lotterien betreffen,
was der Fall der USA und der Niederlande ist.
1.2
Die Nichtbeachtung der bestimmte Arten von Werbung beschränkenden oder
verbietenden Gesetze ist immer Sanktionen mit strafrechtlichem Charakter
unterworfen.
Nur die ungarische Gruppe gibt an, dass in ihrem Land die Gesetze bezüglich der
Ausübung von Werbung nicht mit strafrechtlichen Sanktionen drohen.
1.3
Ausserdem geht aus quasi der Gesamtheit der Berichte der Gruppen hervor, dass
die Beschränkungen oder Verbote von Werbung betreffenden Gesetze keine
spezifischen Bestimmungen bezüglich der Markenrechte enthalten.
Jedoch enthält die Gesetzgebung Singapurs bezüglich der indirekten Werbung für
Tabak Bestimmungen, die ausdrücklich den Status der Marken von Produkten oder
Dienstleistungen betreffen.
Dieselbe Situation existiert in Frankreich, ebenfalls bezüglich des Tabaks.
Ausserdem betrifft die EU-Direktive vom 6. Juli 1998 bezüglich des Verbots von
Werbung oder Unterstützung zugunsten von Tabak im Rahmen der die indirekte
Werbung verbietenden Bestimmungen auch die Marken.
Ausserhalb dieser Ausnahmen sind also ausschliesslich die Bestimmungen der
nationalen Gesetze bezüglich der Marken anzuwenden, um die Bedingungen der
Gültigkeit und des Gebrauchs von Marken in Bezug auf die Produkte oder
Dienstleistungen zu bestimmen, die Gegenstand von Werbebeschränkungen oder
-verboten sind.
2.
Der Einfluss der restriktiven Gesetze auf dem Gebiet der Werbung auf die
Gültigkeit und die Eintragungsverfahren von Marken
Da die Gesetzes- oder Verordnungstexte bezüglich der restriktiven Massnahmen auf dem
Gebiet der Werbung generell keine die Existenz von Marken betreffenden Bestimmungen
enthalten, haben die nationalen Gruppen angegeben, dass sich die Bestimmungen, die
anlässlich der Anwendung der Werbebeschränkungen geltend gemacht werden können, in
den Marken-Gesetzen befinden.
2.1
Eine Mehrheit der Gruppen gibt an, dass die in den Marken-Gesetzen
vorgesehenen Bestimmungen die Eintragung von Marken verbieten, die der
öffentlichen Ordnung oder der Moral entgegenstehen.
Einige Gruppen (z.B. die spanische Gruppe) meinen aber, dass es sich nicht um
Bestimmungen bzw. Verfügungen handelt, die an restriktive Massnahmen in
Sachen Werbung assimiliert werden können.
Jedoch können die Ausnahmen der öffentlichen Ordnung in bestimmten Ländern
durch Dritte benutzt werden, um sich der Eintragung einer Marke zu widersetzen.
2
Die französische Gruppe gibt an, dass in ihrem Land Dritte Beobachtungen an das
"Institut National de la Propriété Industrielle" adressieren können, das mit der
Erteilung der Marken beauftragt ist, um die Gültigkeit des MarkeneintragungsAntrags
anzufechten.
Die
japanische
Gruppe
meint,
dass
diese
Interventionsmöglichkeit auch in Japan existiert, wo Verbrauchervereinigungen in
das Erteilungsverfahren eingreifen können, um die Ordnungsmässigkeit des
Eintragungsverfahrens zu bestreiten.
Die finnländische Gruppe meint jedoch, dass eine solche Intervention eines Dritten,
z.B. einer Verbrauchervereinigung, auch wenn sie gemäss der nationalen
Gesetzgebung theoretisch möglich erscheint, sehr wenig Aussicht auf Erfolg hat bei
einem Verfahren, das insbesondere auf den Restriktionen auf dem Gebiet der
Werbung basiert.
In anderen Ländern wären die Betrachtungen bezüglich der Ausübung der Werbung
unzureichend, um eine Klage zu rechtfertigen. Dies ist der Fall Dänemarks, der
Niederlande, Italiens, Schwedens, Portugals oder auch Jugoslawiens.
Die schwedische Gruppe meint jedoch, dass, wenn es für einen Dritten wie eine
Verbrauchervereinigung unmöglich ist, eine Klage zu formulieren, indem die
Gesetze bezüglich der Ausübung von Werbung geltend gemacht werden, um sich
der Eintragung einer Marke zu widersetzen, können Verbrauchervereinigungen auf
der Grundlage des Verbots von Marken, die der öffentlichen Ordnung
entgegenstehen, klagen.
Die mexikanische Gruppe meint, dass in ihrem Land kein Einspruch gegen die
Eintragung einer Marke während des Erteilungsverfahrens möglich ist, denn die
Veröffentlichung der Marke erfolgt nach ihrer Eintragung, d.h. wenn der Titel durch
das Markenamt erteilt worden ist.
Alle Gruppen betonen, dass die Regeln bzw. Gesetze bezüglich der Einleitung einer
Nichtigkeitsklage einer Schutzmarke diejenigen sind, die aus Bestimmungen der
Gesetze resultieren, die den Status der Marken bestimmen und dass es folglich
einzig aufgrund von Anlässen, die markenspezifisch sind, möglich ist, die
Ungültigkeit der Schutzmarken zu verlangen.
2.2
Die Gruppen haben auch bezüglich der Möglichkeit geantwortet, die Gültigkeit einer
Marke nach ihrer Erteilung aufgrund der Gesetze bezüglich der gewisse Produkte
oder Dienstleistungen betreffenden Werbebeschränkungen anzufechten.
Einstimmig geben die Berichte an, dass eine solche Nichtigkeitsklage nicht möglich
ist.
Es sieht nämlich kein Land die Möglichkeit vor, die Gültigkeit einer Schutzmarke
aufgrund der restriktiven Gesetze bezüglich der Werbung für die durch die Marke
abgedeckten Produkte oder Dienstleistungen anzufechten.
3
2.3
Folglich scheint es, was die Gültigkeit der Marke betrifft, dass die
Werbebeschränkungsmassnahmen keinen Einfluss auf die Existenz des
Markenrechts haben.
Es bestätigt sich also die Unabhängigkeit der Frage der Gültigkeit eines Rechts in
Bezug auf die besonderen Bedingungen der Nutzung eines solchen Rechts.
3.
Der Einfluss der Werbebeschränkungsmassnahmen auf die Ausübung des
Markenrechts
Ausser den Aspekten, die in allgemeiner Weise die Verwendung der Marke berühren,
betraf die Frage im Wesentlichen die Bedeutung, die die Massnahmen bezüglich des
Verbots der indirekten Werbung auf die Ausübung des Markenrechts haben könnten.
Eine indirekte Werbung liegt insbesondere vor, wenn ein Produkt oder eine Dienstleistung
unter einer Marke vertrieben wird, die mit der identisch ist, die für die Produkte oder
Dienstleistungen existiert, die Gegenstand von Werbebeschränkungen sind. Es handelt
sich z.B. um die Verwendung einer Marke zur Bezeichnung von Kleidungsstücken, wobei
dasselbe Zeichen parallel auch für Alkohol benutzt wird.
In solchen Situationen kann die Marke der Produkte, die Werbebeschränkungen
unterliegen, von der Werbewirkung der Marke profitieren, welche für die Produkte oder
Dienstleistungen benutzt wird, die von derartigen Restriktionen bzw. Beschränkungen
nicht betroffen sind.
Umgekehrt kann aber die Marke, die für die Produkte oder Dienstleistungen eingetragen
ist, die von Werbebeschränkungen nicht betroffen sind, wegen der Existenz einer
identischen oder ähnlichen Marke, die Produkte oder Dienstleistungen abdeckt, die von
Werbebeschränkungen betroffen sind, an Wert verlieren.
3.1
Zunächst meinen alle Gruppen, dass die Werbebeschränkungen nicht die Pflicht,
eine Schutzmarke zu verwenden, berühren.
Die Berichte unterstreichen, dass die Werbung nur ein Mittel zur Geltendmachung
einer Marke ist, denn eine Marke kann, wie die australische Gruppe betont, auf
verschiedene Weisen verwendet werden, die ausreichen, um eine Verwendung
fest- bzw. darzustellen.
Der australische Bericht fügt jedoch hinzu, dass es die Werbung ist, die das
einfachste Mittel bildet, um den Beweis der Verwendung einer Marke zu erbringen,
und dass folglich die Werbebeschränkungsmassnahmen die Last des Beweises
erhöhen, die auf dem Inhaber der Schutzmarke für das Produkt oder die
Dienstleistung lasten, das bzw. die von einer solchen Restriktion betroffen ist.
Die spanische Gruppe betont, dass die Werbebeschränkungen keine Auswirkung
auf den Beweis der Verwendung der Marken haben dürften.
Dieselbe Position wird durch andere Berichte ausgedrückt, insbesondere diejenigen
der italienischen, dänischen und britischen Gruppen.
4
Die britische Gruppe stellt jedoch fest, dass es schwierig sein kann, den Beweis der
Verwendung einer von Werbebeschränkung betroffenen Dienstleistungsmarke zu
erbringen, wobei sie das Beispiel der Glückspiele und Lotterien nennt.
Die jugoslawische Gruppe zitiert den Text des Markengesetzes, das vorsieht, dass
die Verwendung einer Marke sich als Verwendung dieser Marke in der Werbung für
die Güter und Dienstleistungen versteht, die bei der Eintragung der Marke angeführt
werden, und sie stellt fest, dass die Werbebeschränkung für den Inhaber der
Marken, die von einem solchen Werbeverbot betroffen sind, ein Problem darstellen
kann.
3.2
Die Situation ist sehr ähnlich bezüglich der die indirekte Werbung betreffenden
Regeln bzw. Gesetze.
Nach den Gruppenberichten gibt es solche Gesetze in einigen Ländern (Singapur,
Frankreich, Niederlande, Deutschland) und sie beziehen sich auf Verbote, die nicht
aus dem Markengesetz resultieren, sondern aus dem Verbot der Tabakwerbung.
In den europäischen Ländern stellt sich ausserdem die Frage der Anwendung der
EU-Direktive vom 6. Juli 1998, deren Gültigkeit gegenwärtig vor dem Europäischen
Gerichtshof aufgrund eines von Deutschland eingereichten Rekurses angefochten
wird.
Die Länder, die bestimmte Formen indirekter Werbung für Tabak verbieten,
ermöglichen dem Inhaber einer Schutzmarke für Produkte, für die die Werbung frei
ist, nicht, auf Nichtigkeit der gleichen Schutzmarke für Tabak auf der Grundlage der
in den Markengesetzen vorgesehenen Regeln bzw. Vorschriften zu klagen.
Die Berichte der niederländischen, dänischen, britischen oder auch der italienischen
Gruppe geben deutlich wieder, dass keine Ausführungsbestimmung der Regeln
bzw. Gesetze bezüglich der Werbung es ermöglicht, eine solche Klage
anzustrengen.
Die italienische Gruppe stellt jedoch fest, dass unter einer solchen Hypothese der
Inhaber einer Schutzmarke für das nicht von Werbebeschränkungen betroffene
Produkt die allgemeinen Regeln bzw. Gesetze der Haftpflicht geltend machen
könnte, um sich der Existenz der gleichen Marke für Tabak zu widersetzen.
Und die französische Gruppe zitiert eine Entscheidung des Europäischen
Gerichtshofes, der 1993 in diesem Sinne entschieden hat, indem er die allgemeinen
Regeln bzw. Vorschriften der Haftpflicht angewendet hat.
Der Bericht der Gruppe von Singapur hebt hervor, dass eine eventuelle
Nichtigkeitsklage einer Schutzmarke für Tabak gerechtfertigt sein könnte durch die
Wertminderung der gleichen Marke, verwendet und eingetragen für Produkte, die
nicht von Werbebeschränkung betroffen sind, stellt aber das Fehlen von
Rechtsprechung auf diesem Gebiet fest.
5
Es zeigt sich also, dass zwar für eine Minderheit der Gruppen eine Nichtigkeitsklage
einer für Tabak eingetragenen Marke für den Besitzer der gleichen, andere
Produkte als Tabak bezeichnenden Marke vorstellbar ist, eine solche Klage aber
eher auf Gesetzen des gemeinen Rechts beruhen sollte, und dass sie auf jeden Fall
ziemlich theoretisch erscheint.
3.3
Die
Gruppen
mussten
ebenfalls
die
Frage
der
Auswirkung
der
Werbebeschränkungs-Massnahmen auf die Nutzung einer Marke prüfen, die
Produkte oder Dienstleistungen abdeckt, die keinen WerbebeschränkungsMassnahmen unterliegen, während die gleiche Marke Produkte oder
Dienstleistungen abdeckt, die von Werbebeschränkungen betroffen sind.
In ihrer grossen Mehrheit meinen die Gruppen, dass in einer solchen Situation die
Werbebeschränkungs-Massnahmen den Inhaber einer Schutzmarke nicht von der
Pflicht ihrer Verwendung befreien dürfen. Dies bringen vor allem der französische,
der schwedische und der italienische Bericht zum Ausdruck.
Die deutsche Gruppe ist jedoch entgegengesetzter Meinung und findet, dass
Werbebeschränkungen
eine
Nichtnutzungsbzw.
NichtverwendungsEntschuldigung aufgrund der Bestimmungen der EU-Direktive vom 6. Juli 1998
bilden könnten.
So scheinen die Länder, die die Verbotsregeln bzw. -gesetze der indirekten
Werbung kennen bzw. haben, in diesen Gesetzen die Rechtfertigungen zu finden,
die ermöglichen, der Verwendungspflicht zu entgehen.
Dies ist die von den Gruppen von Singapur, Grossbritannien, Dänemark oder den
Niederlanden deutlich ausgedrückte Meinung.
3.4
Die den Gruppen gestellte Frage war, zu erfahren, ob das Verbot oder die
Beschränkung von Werbung eine Auswirkung auf die Bewertung der Bekanntheit
einer Marke hat.
Die Mehrzahl der Gruppen meint, dass Werbebeschränkungs-Massnahmen keine
Auswirkung auf die Bewertung der Bekanntheit einer Marke haben. Dies ist die
Position der niederländischen, der dänischen, der ägyptischen, der mexikanischen,
der britischen oder auch der schwedischen Gruppe, die betonen, dass das
Kriterium des Renommees durch andere Beweiselemente erfüllt werden kann.
Und es wird keine Rechtfertigung einer privilegierten Behandlung der Marken, die
die von Werbebeschränkungen betroffenen Produkte bezeichnen, vorgebracht.
Die schwedische Gruppe meint sogar, dass eine solche Vorzugsbehandlung ein
Verstoss gegen den Zweck der Werbebeschränkungs-Massnahmen wäre, die das
Ziel haben, die öffentliche Gesundheit zu schützen.
Die dänische Gruppe fügt hinzu, dass eines der in ihrem Land renommiertesten
Produkte ein Medikament ist, das nie Gegenstand irgendeiner Werbung gewesen
ist.
6
Jedoch schliessen die portugiesische, die spanische, die japanische oder die
Singapur-Gruppe nicht aus, dass tolerantere Kriterien angewendet werden sollten,
um die Bekanntheit einer Marke zu prüfen, die Produkte oder Dienstleistungen
abdeckt, die von Werbebeschränkungen betroffen sind.
So ruft die portugiesische Gruppe in Erinnerung, dass die Werbung wichtig, aber
nicht das einzige Element der Bekanntheit einer Marke ist.
Aus den Berichten der Gruppen geht hervor, dass bei ihnen mehrheitlich kein
Grund besteht, bei der Bewertung des Bekanntheits-Charakters oder Renommees
solcher Marken eine bevorzugte Behandlung der Marken zu wählen bzw.
einzuführen, die die Produkte oder Dienstleistungen bezeichnen, die von
Werbebeschränkungs-Massnahmen betroffen sind.
3.5
Die Gruppen mussten auch angeben, ob die Gesetze bezüglich der
Werbebeschränkungen die Existenz der regionalen Marken wie z.B. der EU-Marke
beeinflussen könnten.
Nur die europäischen Gruppen haben auf diese Frage geantwortet, ohne jedoch
eine einheitliche Antwort zu liefern.
Die spanische und die portugiesische oder auch die dänische Gruppe meinen, dass
die Unterschiede zwischen den Werbebeschränkungs-Massnahmen von einem
Land zum anderen Konsequenzen bezüglich des Loses bzw. Schicksals der EUMarken haben könnten, wobei die Berichte der britischen und der niederländischen
Gruppe die entgegengesetzte Meinung ausdrücken und versichern, dass es ganz
im Gegenteil keinen prinzipiellen Grund gibt, der zu einem Konflikt zwischen den
nationalen Werbebeschränkungs-Massnahmen und dem Status einer EU-Marke
führen könnte.
Dieser Meinungsunterschied beruht wahrscheinlich darauf, dass es die EU-Marke
noch nicht lange gibt und eine auf sie bezogene Rechtsprechung fehlt.
4.
Eventuelle Harmonisierung der existierenden nationalen Systeme
4.1
Die Gruppen mussten die eventuellen Anwendungsschwierigkeiten der nationalen
Gesetze bezüglich der Werbebeschränkung darstellen.
Die meisten Gruppen betonen, dass diese Gesetze im Allgemeinen keine
Interpretationsschwierigkeiten verursachen. Dies ist insbesondere die Position der
Gruppen von Grossbritannien, Schweden, Dänemark, Japan, Mexiko und Spanien.
Aber die australische Gruppe, obgleich sie bestätigt, dass die Anwendung dieser
Regeln bzw. Gesetze auf keine besonderen Schwierigkeiten stösst, erhebt die
Frage des Schutzes einer Gebrauchsmarke (marque d'usage), wie gegenwärtig in
der Werbung erforderlich.
Und sie bedauert auch, dass die Werbebeschränkungen jede Ausdehnung des
Gebrauchs einer Marke, die für Produkte eingetragen ist, die von Werbeverbots7
Massnahmen betroffen sind, auf andere Produkte verhindert, wo doch eine solche
Ausdehnung üblicherweise eine normale Nutzung einer Marke darstellt.
Diese Meinung wird von den Gruppen Dänemarks und Singapurs geteilt, die die
Schwierigkeiten unterstreichen, die die Verbote der indirekten Werbung und der
Mangel an Genauigkeit der in dieser Sache anwendbaren Texte verursachen.
Schliesslich unterstreicht der Bericht der französischen Gruppe, dass aufgrund des
Ausnahmecharakters der nationalen Rechtsprechung in Bezug auf andere Länder
zahlreiche
Schwierigkeiten
bestehen,
die
insbesondere
aus
den
Fernsehübertragungen von Sportwettkämpfen resultieren.
4.2
Generell sind die Gruppen der Meinung, dass ihre Gesetzgebung nicht modifiziert
werden muss, und sie sind folglich, was die Auswirkung der WerbebeschränkungsMassnahmen bezüglich der Gültigkeit und Ausübung der Markenrechte betrifft, mit
der Rechtslage in ihren Ländern zufrieden.
4.3
Ebenso geben die Gruppen keine spezielle Empfehlung bezüglich der Entwicklung
einer internationalen Harmonisierung auf diesem Gebiet.
Nur die französische Gruppe unterstreicht das Bedürfnis einer internationalen
Harmonisierung aufgrund des besonders schwerwiegenden Charakters der
Gesetze bzw. bezüglich der Werbeverbote und -beschränkungen.
Die portugiesische Gruppe unterstreicht, dass eine eventuelle Harmonisierung auf
dem Gebiet der Werbung einer sehr grossen Anstrengung bedürfte, die in Bezug
auf das, was bei dieser Frage auf dem Spiel steht, nicht gerechtfertigt zu sein
scheint.
Schlussfolgerungen
Hinsichtlich der Berichte der Gruppen kann die AIPPI in Bezug auf die grosse Mehrzahl
der Länder folgendes feststellen:
1.
Die Massnahmen, die die Werbung beschränken
gesetzgeberischen oder vorschriftsmässigen Ursprungs.
2.
Die Werbebeschränkungen beruhen im Wesentlichen auf Überlegungen hinsichtlich
der öffentlichen Gesundheit oder der sozialen Organisation.
3.
Die Nichtbeachtung der die Werbung beschränkenden oder verbietenden
Massnahmen unterliegt strafrechtlichen Sanktionen.
4.
Die die Werbung beschränkenden oder verbietenden Texte enthalten keine auf das
Markenrecht anwendbaren spezifischen Regeln bzw. Gesetze.
5.
Es sind die Bestimmungen der nationalen Gesetze zu den Marken, die Anwendung
finden, um die Bedingungen bezüglich der Gültigkeit und der Verwendung von
Marken zu bestimmen, die Produkte oder Dienstleistungen betreffen, die
Gegenstand von Werbebeschränkungen oder -verboten sind.
8
oder
verbieten,
sind
6.
Ausser den traditionellen Ausnahmen bezüglich der öffentlichen Ordnung oder der
Moral sind die Werbebeschränkungs-Massnahmen ohne Einfluss auf die
Eintragungsverfahren der Marken, die Produkte oder Dienstleistungen betreffen, die
Werbebeschränkungen unterliegen.
7.
Es ist nicht möglich, die Gültigkeit einer Schutzmarke anzufechten aufgrund der
Werbebeschränkungsgesetze bezüglich der Produkte oder Dienstleistungen, die
durch die Marke abgedeckt sind.
8.
Die Werbebeschränkungen modifizieren nicht die gesetzliche Pflicht, eine
Schutzmarke zu verwenden.
9.
Bezüglich der indirekten Werbung, so wie sie aus der Verwertung eines Produkts
oder einer Dienstleistung unter einer Marke resultieren kann, die mit derjenigen
identisch ist, die für Produkte oder Dienstleistungen existiert, die Gegenstand von
Werbebeschränkungen sind, rechtfertigt die Marken-Gesetzgebung nicht das
Einleiten einer Nichtigkeitsklage der den Werbebeschränkungen unterworfenen
Marke durch den Inhaber der Marke, für die die Werbung frei ist.
10.
Die Werbebeschränkungs-Massnahmen befreien den Inhaber einer Marke, die
zugleich
Produkte
oder
Dienstleistungen
abdeckt,
die
nicht
den
Werbebeschränkungs-Massnahmen
unterliegen
und
Produkte
oder
Dienstleistungen, die solchen Massnahmen unterliegen, nicht von der
Verwendungspflicht.
11.
Die Werbebeschränkungs-Massnahmen haben keinen Einfluss auf
Bewertungsregeln des Bekanntheits-Charakters oder Renommees der Marke.
12.
Der Einfluss der Werbebeschränkungs-Massnahmen auf das Markenrecht
verursacht auf nationaler Ebene keine Schwierigkeiten, die eine internationale
Harmonisierung erforderlich machen.
die
Die Arbeitskommission muss bestätigen, ob die AIPPI-Doktrin auf den vorhergehenden
Feststellungen beruhen kann. Insbesondere muss sie untersuchen:
(a)
ob die Regel, dargelegt in den obigen Paragraphen 9 und 10, die die Verbote oder
Beschränkungen der indirekten Werbung betreffen, zufriedenstellend ist, oder ob
sie vielmehr, wie eine Minderheit von Gruppen meint, geändert werden muss
bezüglich:
-
der Verwendung einer Marke, die ein und demselben Inhaber gehört und
zugleich Produkte oder Dienstleistungen abdeckt, für die die Werbung frei ist,
und Produkte oder Dienstleistungen, die Werbebeschränkungen unterliegen,
-
der Verwendung einer Marke, die Produkte oder Dienstleistungen abdeckt,
für die die Werbung frei ist, und einer anderen, identischen bzw. gleichen
Marke,
die
Produkte
oder
Dienstleistungen
abdeckt,
die
9
Werbebeschränkungen unterliegen, wobei die beiden Marken verschiedenen
Inhabern gehören.
(b)
ob die in dem obigen Paragraph 11 dargestellte Regel bezüglich der Beweise des
Bekanntheits-Charakters einer Marke nicht gelockert werden muss, wenn die durch
diese Marke abgedeckten Produkte oder Dienstleistungen Werbebeschränkungen
unterliegen;
(c)
ob die Werbebeschränkungen eines Landes, das zu einer Region gehört, in der
eine Marke auf einheitliche Weise eingetragen wird, einen Einfluss auf die
Ausübung der durch eine solche Marke erteilten Rechte haben können;
(d)
und ob die Lösungen der Probleme, die eventuell durch die Anwendung der
Werbebeschränkungs-Massnahmen beim Markenrecht auftreten, in Modifikationen
der existierenden Marken-Gesetzgebung gesucht werden müssen, oder ob diese
Lösungen in den allgemeinen Gesetzen des gemeinen Rechts gefunden werden
können. *
*
Übersetzung durch Hans HILGERS, Grünecker, Kinkeldey, Stockmair & Schwanhäusser, Germany).
10
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