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Bundesvereinigung
Prävention und
Gesundheitsförderung e.V.
Im Interview: Kneipp-Bund e.V.
Interviewpartnerin: Marion Caspers-Merk, Präsidentin
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BVPG: Sehr geehrte Frau Caspers-Merk, die Bedeutung psychischer Erkrankungen scheint in
den letzten Jahren zuzunehmen. Wie nehmen Sie diese Entwicklung wahr?
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BVPG: Welche Bevölkerungsgruppen sind durch psychische Erkrankungen besonders
gefährdet? In welchen Bereichen besteht besonderer Handlungsbedarf?
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Die Frage nach besonders gefährdeten Bevölkerungsgruppen ist nicht abschließend zu
beantworten; dafür ist die Daten- und Ausgangslage zu komplex. Folgt man jedoch den Angaben
der gesetzlichen Krankenkassen, so sind vor allem Arbeitnehmer von psychischen Erkrankungen
bedroht. Beispielsweise haben sich die Krankheitstage wegen psychischer Erkrankungen nach
Angaben des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales in den letzten siebzehn Jahren fast
verdoppelt. Zudem gehen viele der Betroffenen frühzeitig in Rente: Psychische Krankheiten wie
Depressionen oder Angststörungen sind nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung (DRV)
zum Hauptgrund für das unfreiwillige vorzeitige Ausscheiden aus dem Berufsleben geworden.
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BVPG: Welche Ursachen sehen Sie für diese Entwicklung?
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Über die Gründe wurde und wird viel diskutiert. So gibt es die Auffassung, dass die eigentliche
Anzahl psychischer Erkrankungen in den letzten Jahren konstant geblieben sei; lediglich die
Anzahl der Diagnosen habe sich erhöht. Dem kann ich nur bedingt zustimmen. Denn die sich
immer schneller verändernden Lebens- und Arbeitsbedingungen können nicht geleugnet werden:
Globalisierung und der Strukturwandel der Wirtschaft sind hierfür Beispiele, ebenso eine erhöhte
Mobilität und Flexibilität im Berufsleben, Jobunsicherheit, prekäre Beschäftigungsverhältnisse,
ständige Erreichbarkeit und eine Entrhythmisierung des Lebens. Leider wird hierzulande meist erst
dann reagiert, wenn es zu spät ist. Es fehlen frühe Hilfsangebote, denn in der Regel setzen die
Maßnahmen erst an, wenn eine psychische Erkrankung bereits manifest ist. Daran muss sich
zwingend etwas ändern!
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| bvpg | Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. | Interview
Gemeinsam Gesundheit fördern.
Leider sind die Daten zum Stand der seelischen Gesundheit alarmierend: Nach Angaben der
Weltgesundheitsorganisation leiden rund 450 Millionen Menschen weltweit an einer psychischen
Störung; in Deutschland ist immerhin etwa jede dritte Person im Laufe ihres Lebens davon
betroffen. Es scheint, als wäre der Prozess, die eigene Gesundheit in der Balance zu halten bzw.
diese herzustellen, immer schwieriger zu gestalten. Ich persönlich empfinde diese Entwicklung als
besorgniserregend, zumal Studien darauf hinweisen, dass in den kommenden Jahrzehnten
psychische Störungen weiterhin massiv ansteigen werden und allein das Krankheitsbild Depression
bis zum Jahre 2020 zweitgrößter Faktor der weltweiten Krankheitslast sein wird.
BVPG: Wie reagiert der Kneipp-Bund auf diese Entwicklung? Und welche Rolle spielen dabei
Prävention und Gesundheitsförderung?
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Es ist notwendig und möglich, psychischen Störungen präventiv entgegenzuwirken sowie die
seelische Gesundheit zu stärken. Ebenso wichtig ist es, psychische Probleme und Erkrankungen so
früh wie möglich zu erkennen und betroffene Personen und deren Angehörige zu unterstützen
und zu begleiten. Die Kneipp-Bewegung hat sich bereits 2011 intensiv mit diesem Thema
auseinandergesetzt. Der Verband Kneipp WORLDWIDE veranstaltete im Mai 2011 einen Workshop
zum Thema „...und vergesst mir die Seele nicht! – Strategien zur Förderung seelischer
Gesundheit“, an dem rund 50 internationale Gesundheitsexperten teilnahmen.
Im September 2011 fand die Tagung „Zukunft Prävention – Herausforderung Seelische
Gesundheit“ in Berlin statt.
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Zudem ist insbesondere ein qualifiziertes betriebliches Gesundheitsmanagement, das die
psychische Gesundheit der Beschäftigten fördert, von enormer Bedeutung. Mit unserem
ganzheitlichen Konzept für „Betriebliches Gesundheitsmanagement nach Kneipp“ haben wir ein
Maßnahmensystem entwickelt, das sich hervorragend in jedwede Unternehmenskultur einbetten
lässt. Der Kneipp-Bund setzt sich auch künftig für eine Förderung der seelischen Gesundheit ein;
und auch dafür, dass dieses Thema auf die politische Agenda kommt und gesellschaftlich verstärkt
wahrgenommen wird. Zudem wird das Engagement auf den verschiedenen Ebenen (Kneipp-Bund
e.V., Kneipp-Bund Landesverbände und Kneipp-Vereine) im Bereich Förderung seelischer
Gesundheit verstärkt. Wir müssen wieder mehr Ruhe, mehr Rituale und mehr Rhythmus in
unseren Alltag integrieren.
| bvpg | Bundesvereinigung Prävention und Gesundheitsförderung e.V. | Interview
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Gemeinsam Gesundheit fördern.
Doch wir beschäftigen uns nicht nur mit theoretischen Fragestellungen, insbesondere praktische
und alltagstaugliche Umsetzungsmöglichkeiten in den Lebenswelten liegen uns am Herzen. Denn
moderne Ansätze der Prävention und Gesundheitsförderung finden dort statt, wo die Menschen
leben, arbeiten oder lernen. In Kitas und Schulen können gesunde Verhältnisse geschaffen werden,
die darüber hinaus beste Voraussetzungen bieten, dass Kinder von klein auf gesundheitsbewusstes
Verhalten erlernen. In diesen Settings können auch sozial benachteiligte Gruppen, die sonst schwer
erreicht werden, von gesundheitsfördernden Angeboten profitieren. Der Kneipp-Bund hat bereits
vor Jahren mit der Zertifizierung bzw. Qualitätssicherung von Einrichtungen, die ihren Alltag an
der Kneippschen Gesundheitskonzeption ausrichten, auf diese Entwicklung reagiert – momentan
gibt es bundesweit rund 370 „Vom Kneipp-Bund e.V. anerkannte Kindertageseinrichtungen“.
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