3. Naturkatastrophen – Leben mit den entfesselten Gewalten der

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Kapitel 4
3. Naturkatastrophen –
Leben mit den entfesselten Gewalten der Erde
Erdbeben und Vulkanausbrüche, Wirbelstürme und Tsunamis
... Immer wieder wird das Leben auf der Erde von solchen
Katastrophen bedroht. Wie können wir diese Bedrohungen in
den Griff bekommen? Müssen wir etwa auch im 21. Jahrhundert
vor den Kräften der Natur kapitulieren?
1
Unberechenbaren Kräften hilflos ausgeliefert?
Immer wieder müssen Menschen die gewaltigen, unberechenbaren Kräfte
der Natur erleben und hilflos mit ansehen, wie innerhalb kürzester Zeit das,
was sie in mühevoller Arbeit geschaffen haben, durch Vulkanausbrüche,
Erdbeben, Stürme, Flutwellen und Lawinen zerstört wird. Allein im 20. Jahrhundert forderten solche Naturkatastrophen mehr als 4 Mio. Todesopfer.
Während früher der Mensch die Naturkatastrophen als von Gott oder vom
Schicksal gegeben hinnahm, wandelte sich das Bild mit dem Aufkommen
der Naturwissenschaften. Heute begreift man sie als Prozesse im Rahmen
der geologischen und physikalischen Dynamik unseres Planeten, mit den
wachsenden Eingriffen in die Natur auch als Folge unangepasster Nutzung
durch den Menschen.
Technische und wissenschaftliche Fortschritte auf Gebieten wie Raumfahrt, Elektronik und Kommunikationstechnologie ermöglichen es, die
Kenntnisse über die Naturgewalten zu vertiefen, um die Menschen besser
vor Katastrophen zu schützen – sei es durch Baumaßnahmen oder die
Möglichkeit zur rechtzeitigen Flucht.
2
Vulkane – Feuer aus der Tiefe
Wo heißes, flüssiges Gestein und Gas aus dem Erdinneren durch Spalten
in der Erdkruste nach oben dringen können, brechen an der Erdoberfläche
Vulkane aus. Diese Prozesse vollziehen sich vor allem an den Rändern der
Erdplatten. Von den etwa 500 tätigen Vulkanen werden etwa 20 bis 30 pro
Jahr aktiv. Die meisten dieser Vulkane liegen in einer Zone am Rand des
Pazifischen Ozeans, die auch als zirkumpazifischer Vulkangürtel („ring
of fire“) bezeichnet wird. Doch gibt es auch bestimmte Zonen inmitten
einer Erdplatte, wo Lava bis an die Erdoberfläche durchbrechen kann („hot
spots“). Die Vulkane der Hawaii-Inseln sind damit zu erklären. Der größte
Teil der vulkanischen Tätigkeit läuft allerdings ganz unspektakulär unter
dem Meeresspiegel ab.
➲ S. 19: Plattentektonik
Abb. 51.1:
Ausbruch des
Mount St. Helens
(USA), 1980
Zu 1:
A 1: Sammeln Sie Berichte über
Naturkatastrophen und stellen Sie fest:
a) Welcher Art waren diese Katastrophen?
b) Wo haben sie stattgefunden?
c) Welche Schäden haben sie angerichtet?
d) Wie viele Opfer hat die Katastrophe
gefordert?
A 2: Lässt sich ein Verbreitungsmuster
der gesammelten Katastrophen erkennen? Ergründen Sie die Ursachen.
Berühmte Vulkanausbrüche
i
• 79 n. Chr., Italien: Der Vesuv bricht
aus, seine Spitze explodiert, die Stadt
Pompeji wird unter einer 6 m hohen
Aschenschicht begraben. Über 20 000
Menschen werden getötet; die hart
gewordene Asche hat ihre Körper wie
auch die Häuser konserviert.
• 1883, Indonesien: Die Vulkaninsel
Krakatau fliegt bei einer gewaltigen
Explosion, die noch in Australien gehört wird, in die Luft. Asche und Lava
fliegen 80 km hoch in den Himmel,
eine 40 m hohe Flutwelle tötet 36 000
Menschen.
• 1980, USA: Nach einem Erdbeben
explodiert der Mount St. Helens
mit der Gewalt von 500 HiroshimaAtombomben. Die Aschewolke steigt
18 km hoch. Eine Fläche von 600
km² wird in eine Mondlandschaft
verwandelt.
United States Geological Survey
Zu 2:
A 1: Suchen Sie Berichte von weiteren
Vulkanausbrüchen: Wo liegt der Vulkan,
welche Zerstörungskraft hatte der Ausbruch, welche Katastrophen löste er aus?
A 2: Erklären Sie den Zusammenhang
zwischen der Verbreitung der Vulkane
und der Plattentektonik.
51
MENSCH UND NATUR – eine wechselvolle Beziehung
Die Gewalt einer vulkanischen Eruption hängt davon ab, wie viel Gas in der
Lava enthalten ist und wie leicht es entweichen kann. Hoher Gasdruck in
zähflüssiger Lava verursacht starke Ausbrüche, die sogar die Vulkanspitze
absprengen und einen großen Krater hinterlassen (eine „Caldera“). Das
geschah beim Ausbruch des Mount St. Helens 1980. Wenn sich die bis zu
1 200 ºC heiße Lava abkühlt, entstehen vulkanische Gesteine (z.B. Basalt),
die wertvolle Erze und Minerale enthalten.
Geo-Basics: Vulkanismus
Lava: die heiße, flüssige Gesteinsschmelze, die bei einem Vulkanausbruch an die Erdoberfläche tritt.
Krater: die meist trichterförmige Öffnung des Vulkankegels am oberen Ende
des Vulkanschlots.
Warum Gegenden in der Nähe von Vulkanen von Menschen nicht gemieden werden, hängt mit den zahlreichen Gunstfaktoren zusammen, die
vulkanisch geprägte Landschaften zu bieten haben:
Schichtvulkan: kegelförmiger Vulkan,
der schichtweise aus Asche und Lava
aufgebaut ist (z.B. Kilimandscharo).
• Vulkanische Böden sind sehr mineralreich. Diese Fruchtbarkeit ist umso
bedeutsamer, als vor allem in der tropischen Zone die Böden nährstoffarm
sind und schnell ausgelaugt werden. Deshalb werden die unteren Hänge
der Vulkanberge meist intensiv genutzt.
Schildvulkan: flacher, schildförmiger
Vulkan, der durch dünnflüssige Lava
entsteht (z.B. Mauna Loa auf Hawaii).
• Neben der vulkanischen Tätigkeit selbst gibt es eine Fülle ☞postvulkanischer Erscheinungen: So ermöglichen heiße Quellen sogar die
Nutzung der geothermischen Energie. Auf der Vulkaninsel Island werden
Wohnungen und Treibhäuser mit dem Wasser heißer Quellen beheizt.
Abb. 52.2: Verbreitung und Nutzung geothermischer Energie
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Abb. 52.1: Ein Lavastrom dringt in die
Kulturlandschaft vor (Ätna, Italien).
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Zu 2:
A 3: Wo sind dicht besiedelte Gebiete
von Vulkanen bedroht?
A 4: In welchen Gebieten Österreichs
gibt es postvulkanische Erscheinungen?
Welche Bedeutung haben sie für den
Tourismus?
Zu 3:
A 1: Welche Regionen der Erde werden
immer wieder von Erdbeben erschüttert? Womit hängt das zusammen (Abb.
19.1)?
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© Ed. Hölzel
Contrast, Wien/Unital/action press
Viele Vulkane gelten in der Bevölkerung als erloschen, weil sie schon
mehrere Jahrhunderte nicht aktiv waren. Dieser fatale Irrtum kostete beim
Ausbruch des Pinatubo (Philippinen, 1991) 550 Menschen das Leben, über
600 000 verloren ihre Existenzgrundlage. Auch den Menschen im Großraum von Neapel ist klar, dass der Vesuv eines Tages wieder ausbrechen
wird. Trotzdem denkt niemand daran, aus diesem dicht besiedelten Wirtschaftsraum wegen der Gefahr eines Vulkanausbruchs wegzuziehen.
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Erdbeben – die Erschütterungen sind erst der Anfang ...
Täglich bebt die Erde mehr als 100-mal und zeigt so, dass die Platten
der Erdkruste ständig in Bewegung sind. Doch nur wenige dieser Beben
werden vom Menschen wahrgenommen. Werden große Druckspannungen
aufgebaut, kommt es zu ruckartigen Gesteinsbewegungen. Solche tektonische Beben machen etwa 90 % aller Erdbeben aus. Der Erdbebenherd
(Hypozentrum) liegt meist im unteren Bereich der Kruste. Von dort breiten
sich die Erdbebenwellen nach allen Seiten aus. Die über dem Herd an der
Erdoberfläche liegende Stelle (das Epizentrum) ist meist der Ort mit den
größten Zerstörungen.
➲ S. 18 f.: Ein Blick ins Erdinnere
Um die Stärke eines Erdbebens anzugeben, gibt es zwei Möglichkeiten: Die
Mercalli-Skala beruht auf subjektiven Beobachtungen, die Richter-Skala
basiert auf den Aufzeichnungen von Seismographen.
52
Kapitel 4
Geo-Facts: Erdbebenmessung – zwei Methoden im Vergleich
Mercalli-Skala:
Richter-Skala:
1
nicht fühlbar; wird nur von Erdbebeninstrumenten registriert.
1
2–3
schwach fühlbar; wird von wenigen Personen in Gebäuden wahrgenommen.
2–3 von Menschen nur leicht
spürbar
4–5
stark fühlbar; wird in Gebäuden von allen, im Freien von einigen
wahrgenommen. Gebäude schwanken, hängende Gegenstände
pendeln stark.
6–7
leichte Gebäudeschäden; viele Menschen erschrecken und flüchten
ins Freie.
4–5 im Umkreis von 30 km vom
Epizentrum feststellbar; im
Kerngebiet leichte Beschädigungen möglich
8–9
schwere Gebäudeschäden; Gebäude einfacher Bauart stürzen ein,
andere werden stark beschädigt. Personen verlieren das Gleichgewicht und geraten in Panik.
nur mit Instrumenten messbar
6
erhebliche Schäden
7
sehr starkes Erdbeben
8
zerstörerisches Erdbeben
10–11 umfangreiche Zerstörungen; Schienen verbiegen sich, Rohrleitungen brechen.
12
vollkommene Verwüstung
Wahrnehmung von Erdbeben: je heftiger, desto interessanter
i
Für Presse und Fernsehen sind Erdbeben nur dann ein Thema, wenn sie
schreckliche Bilder transportieren können: mit großen Zerstörungen, Verletzten
und Toten. Nach einem Beben, das großen Schaden angerichtet hat, werden
regelmäßig noch einige weitere Beben gemeldet, die sich irgendwo auf der Erde
ereignen. Dann kehrt wieder Ruhe ein – bis zum nächsten Katastrophenbeben.
Dadurch entsteht der Eindruck, dass Erdbeben schubweise auftreten. In Wirklichkeit gibt es täglich eine große Anzahl von Beben. Die meisten von ihnen
sind allerdings so schwach, dass sie vom Menschen gar nicht wahrgenommen
werden, sondern nur von Seismographen aufgezeichnet werden.
Wie sehr die Menschen mit ihrem Hab und Gut von einem Erdbeben in
Mitleidenschaft gezogen werden, hängt nicht nur von der Stärke des Bebens
selbst ab, sondern auch von anderen Faktoren:
• Die Beschaffenheit des Untergrundes spielt eine wichtige Rolle. So sind
Zerstörungen in Ortschaften, die auf Berghängen liegen, meist geringer als an Siedlungen in einer Ebene. Denn Sedimente (z.B. Schotter)
werden wesentlich leichter in Schwingungen versetzt; außerdem sind
Schwemmlandebenen oft dicht besiedelt.
• Die Auswirkungen eines Bebens hängen auch vom Entwicklungsstand
einer Gesellschaft ab. Ist die Bevölkerung auf sich allein gestellt, kommen
zu den Zerstörungen selbst oft Hunger, Seuchen und Plünderungen dazu.
Ist der Katastrophenschutz gut organisiert und sind die Bauvorschriften
dementsprechend streng, können die Folgewirkungen eines Bebens so
klein wie möglich gehalten werden.
Geo-Basics: Erdbeben
Das Hypozentrum ist der im Erdinneren gelegene Erdbebenherd.
Das Epizentrum liegt genau über dem
Hypozentrum; meist der Ort mit den
größten Zerstörungen.
Die Mercalli-Skala misst die Stärke
des Bebens in 12 Einheiten nach den
verursachten Zerstörungen.
Die Richter-Skala ist nach oben offen
und gibt die bei einem Erdbeben frei
werdende Energie an.
Abb. 53.1: Seismograph
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Zu 3:
A 2: Mit welchen Problemen haben
Erdbebenopfer und Hilfsmannschaften
oft zu kämpfen?
A 3: Recherchieren Sie, wo in der letzten
Zeit Erdbeben aufgetreten sind. Geben
Sie Stärke, Anzahl der Opfer und Ausmaß der Schäden an.
53
MENSCH UND NATUR – eine wechselvolle Beziehung
Tsunami im Indischen Ozean – die größte Katastrophe der letzten Jahrzehnte
Diese größte Katastrophe der letzten Jahrzehnte hat weltweit
eine Welle der Hilfsbereitschaft ausgelöst. Während der Wiederaufbau der zerstörten Fischerdörfer am Indischen Ozean in
vollem Gang ist, haben die Anrainerstaaten die Errichtung eines Frühwarnsystems beschlossen, wie es rund um den Pazifik
schon längst installiert ist. Um künftige Katastrophenschäden
zu begrenzen, werden auch die ökologischen Sünden, die den
natürlichen Schutz vor Sturmfluten in den letzten Jahrzehnten
untergraben haben, diskutiert. Denn Flussdeltas und Regionen
mit einer intakten Küstenvegetation (z.B. Mangrovenwälder)
haben wesentlich weniger unter dem Tsunami gelitten. Die
Opferzahlen waren dort am höchsten, wo die Armut die Fi-
4
Zu 4:
A 1: Vergleichen Sie die Schäden, die
von den Hurrikans Andrew, Mitch und
Katrina angerichtet wurden. Warum
waren sie so unterschiedlich?
A 2: Gab es in der letzten Zeit irgendwo
tropische Wirbelstürme? Welche Schäden richteten sie an?
Abb. 54.1: Satellitenbild eines Hurrikans;
in der Mitte ist deutlich das fast windstille
Auge zu erkennen.
scher gezwungen hat, ihre Häuser am Strand zu errichten oder
wo die Mangrovenwälder Garnelenzuchtanstalten weichen
mussten. In der Wahrnehmung der Weltöffentlichkeit haben
sich aber vor allem die verwüsteten Traumstrände, wo viele
Hotelanlagen zerstört wurden, eingeprägt.
Abb. 54.2: Zerstörte Küste nach dem Tsunami (Sri Lanka)
IFRC/Till Mayer
Im Dezember 2004 ereignete sich vor der indonesischen Insel
Sumatra das schwerste Beben seit über 40 Jahren. Mit einer
Stärke von 9,3 löste das Beben eine gigantische Flutwelle
aus, die innerhalb von drei Stunden die Ostküste Indiens und
nach fünf Stunden Ostafrika erreichte. Die meterhohe Todeswelle, die mit dem japanischen Begriff ☞Tsunami bezeichnet
wird, verwüstete die Küsten mehrerer Länder in Süd- und
Südostasien. Die Anzahl der Todesopfer liegt bei mehr als
230 000, darunter auch Tausende Urlauber. Ein Drittel der
Opfer sind Kinder, Hunderttausende unter ihnen wurden zu
Waisen oder obdachlos.
Wirbelstürme – viele Namen, gleiche Wirkung
☞Hurrikan nennt man sie in der Karibik und im Golf von Mexiko, Taifun
im westlichen Pazifik, Zyklon auf dem indischen Subkontinent. Ursachen
und Wirkungen dieser tropischen Wirbelstürme sind immer dieselben: Über
großen, warmen Meeresflächen wird die Luft erwärmt, sodass Sturmtiefs
entstehen. Diese können einen Durchmesser von mehreren hundert Kilometer erreichen und Windgeschwindigkeiten von bis zu 400 km/h entwickeln.
Dabei kreist die Luft um ein Zentrum; die Wolkenspiralen enthalten so
heftige Gewitter, wie sie in der gemäßigten Zone niemals auftreten.
➲ S. 33: ITC – das tropische Hitzekraftwerk
Tornados sind viel kleinräumiger, entfalten aber in ihrem Zentrum eine
gewaltige Zerstörungskraft. Sie treten vor allem in den inneren Ebenen
Nordamerikas auf. Meist haben sie nur einen Durchmesser von 50 m;
die Drehgeschwindigkeit des Wirbels selbst liegt allerdings bei mehr
als 400 km/h. In Nordamerika treten pro Jahr etwa 800 Tornados auf; in
Mitteleuropa werden jährlich etwa zehn solcher Wirbelstürme beobachtet
– allerdings mit geringerer Wirkung.
Hurrikans in den USA: übermächtige Gegner
Contrast, Wien/Hasler & Pierce/NASA GSFC/Science Photo Library
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Schon seit Jahrzehnten unternehmen die USA gewaltige Anstrengungen um
Hurrikans zu erforschen, deren Zugbahn vorherzusagen und die katastrophalen
Schäden einigermaßen in den Griff zu bekommen. Denn über den Süden des
Landes ziehen immer wieder Hurrikans hinweg. Seit 1943 fliegt die Luftwaffe
mit Flugzeugen in die Wolkenspiralen, um Windgeschwindigkeit, Windrichtung, Lage und Größe des Auges sowie Luftdruck und Temperatur innerhalb
des Sturmes zu bestimmen. Seit Mitte der 1950er-Jahre verfolgt man die Wege
der Hurrikans. Radargeräte und Wettersatelliten liefern Daten an das National
Hurricane Center in Florida, das jeden Sturm von seiner Entstehung an beobachtet. Mithilfe verbesserter Prognosen und Kommunikationssysteme konnte die
Anzahl der Todesopfer eines Hurrikans stark reduziert werden, die Sachschäden
sind aber vor allem in den Küstengebieten noch immens.
54
Kapitel 4
i
Klingende Namen, verheerende Wirkung
Um Verwechslungen zu vermeiden, wenn mehr als ein Sturm
gleichzeitig meteorologisch verfolgt werden soll, erhalten
die Wirbelstürme Namen: Jedes Jahr beginnend mit dem
Anfangsbuchstaben A – abwechselnd weiblich und männlich,
in Englisch, Spanisch oder Französisch. Registriert werden
alle Stürme, wenn sie Geschwindigkeiten von mehr als 75
mph (114 km/h) erreichen. So haben in den letzten Jahren
folgende Namen traurige Berühmtheit erlangt:
• 1998 Mitch: richtete schwere Schäden in Lateinamerika an.
9 000 Menschen kamen ums Leben, vor allem in Honduras, El Salvador und Guatemala. Zehntausende wurden
obdachlos. Vor allem die Ärmsten waren betroffen, weil
sie ihre Hütten und Häuser in ökologisch äußerst labilen
Zonen errichtet hatten, die als erste von den steigenden
Wassermassen der Flüsse oder den abrutschenden Hängen
betroffen waren.
• 1992 Andrew: verursachte mit 30 Mrd. US-$ bisher nie
dagewesene Schadensdimensionen. Die Spur der Verwüstung führte über die Bahamas und Florida in den Golf von
Mexiko, wo 200 Ölplattformen bis zum Totalverlust beschädigt wurden. Bilanz: 44 Tote, 250 000 Obdachlose, 20 000
zerstörte Wohnhäuser.
• 2005 Katrina: gilt als eine der verheerendsten Naturkatastrophen in der Geschichte der USA. Der über den Großraum
New Orleans hinweg ziehende Hurrikan kostete 1 200 Menschen das Leben. Nachdem zwei Deiche gebrochen waren,
standen 80 % des Stadtgebietes von New Orleans bis zu 7 m
unter Wasser. Von den Schäden im Ausmaß von etwa 125
Mrd. US-$ sind nicht einmal 30 % durch Versicherungen
gedeckt.
5
Ein Jahrhundert der Katastrophen?
Ob im Zuge der globalen Erwärmung eine langfristige Zunahme der Naturkatastrophen bevorsteht, darüber sind sich die Experten noch uneinig.
Doch eines steht fest: Extremereignisse werden aus verschiedenen Gründen
häufiger und in ihren Auswirkungen heftiger:
• Bei steigenden Temperaturen kommt die atmosphärische Dynamik mehr
in Schwung; die eingestrahlte Wärme ist der Motor für viele Wetterkapriolen. Tornados, Hurrikans und Überschwemmungen werden häufiger.
• Mit der Zunahme der Weltbevölkerung auf über 6 Mrd. Menschen wurden immer mehr Gebiete in exponierten Lagen besiedelt. Diese werden
häufig von Überschwemmungen, Muren und Stürmen heimgesucht.
Auch die Versicherungen sind mit einem langfristigen Ansteigen der
Schadensfälle konfrontiert. Sie führen dies aber nicht auf die Klimaänderung zurück, sondern auf die Zunahme der Bevölkerung. Immer mehr
Menschen versichern ihre Gebäude und Wohnungen. Insgesamt ist die
moderne Industrie- und Dienstleistungsgesellschaft anfälliger für Katastrophen geworden.
Wer trägt das Risiko? Naturkatastrophen und Versicherungen
A 1: Welche Naturkatastrophen treten
auch in Österreich auf?
A 2: Erstellen Sie zur Gefährdung
Österreichs durch Naturgefahren eine
Liste mit folgenden Punkten:
a) Art der Bedrohung
b) gefährdete Gebiete
c) Ursachen der Gefährdung
A 3: Wie ist in Österreich der Katastrophenschutz organisiert?
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Wer es sich leisten kann, versichert sein Hab und Gut. Auch die Bewohner
der Sonnenregionen Floridas haben in der Regel gute Verträge abgeschlossen.
Doch wenn nach einem Wirbelsturm alle bei ihrer Versicherung anklopfen
und ihre Schadensmeldungen deponieren, könnte das der Weg in die nächste
Katastrophe sein. Allein nach dem Hurrikan „Andrew“ 1992 machten in den
USA acht lokale Versicherungen Bankrott.
Deshalb geben die Erstversicherer, mit denen die Kunden ihre Verträge abschließen, einen erheblichen Teil des Risikos an die „Rückversicherer“ weiter – meist
noch aufgeteilt auf mehrere Institute. Doch auch das bietet keinen garantierten
Schutz. Drohende Kostenexplosionen haben große Versicherungskonzerne
schon veranlasst, mit Umweltverbänden in Kontakt zu treten. Darüber hinaus
reagieren die Versicherungen mit ihren üblichen „Anpassungen“: Hohe Prämien,
Haftungsobergrenzen und Deckungsausschluss ganzer Regionen sollen sie
vor ruinösen Forderungen schützen. Immer mehr Gebiete – wie Bangladesch
und die Karibik – werden für die Versicherungen uninteressant. Der weltweite
Klimawandel könnte diesen Trend noch verstärken, sodass immer mehr Katastrophenopfer auf sich selbst und staatliche Hilfe angewiesen sind.
Nach: Die Zukunft unseres Planeten, 2000
Zu 5:
Überprüfen Sie Ihr Wissen:
1. Beschreiben Sie die Unterschiede
zwischen Schichtvulkan und Schildvulkan. Nennen Sie Beispiele.
2. Warum siedeln sich Menschen in
der Nähe von Vulkanen an?
3. Was versteht man unter den Begriffen Epizentrum und Hypozentrum?
4. Wie kann man die Stärke eines Erdbebens messen?
5. Beschreiben Sie die Verbreitung
von Erdbeben und Vulkanismus.
6. Welche Arten von Wirbelstürmen
gibt es? Beschreiben Sie deren Wirkung und Verbreitung.
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