Gebaermutterhalskrebs (Impfung zur Vorbeugung) Seit September 2006 steht der erste Impfstoff zur Vorbeugung von Gebaermutterhalskrebs zur Verfuegung. Gardasil schuetzt vor Infektionen mit humanen Papillomaviren und kann etwa 75 Prozent aller Gebaermutterhals-Karzinome und 90 Prozent aller Genitalwarzen verhindern. Mit dem Impfstoff gegen HPV wird eine voellig neue Impfgeneration zugelassen, eine Impfung gegen Krebs ausloesende Tumorviren. Bis zu 70 Prozent der sexuell aktiven Frauen werden im Laufe ihres Lebens mit dem Virus infiziert. Humane Papillomaviren sind hoch infektioes. Papillomaviren und Gebaermutterhalskrebs Papillomaviren sind Viren, die Warzen und abnormes Gewebewachstum verursachen. Im Allgemeinen wird das Virus von selbst eliminiert oder verursacht keinerlei Symptome, es kann aber bei den infizierten Zellen ein unkontrolliertes tumorartiges Wachstum verursachen. Diese Tumore sind meist gutartig und fuehren zur Warzenbildung an der betroffenen Haut- oder Schleimhautstelle, wenn die Infektion im Genitalbereich erfolgt, kommt es zur Bildung von Genitalwarzen (z.B. Feigwarzen). Einige HPV-Typen koennen jedoch auch boesartige Veraenderungen hervorrufen, insbesondere Gebaermutterhalskrebs (Zervixkarzinom) bei der Frau, aber auch Scheiden-, Penis- und Analkarzinome. Es gibt mehr als 100 verschiedene Typen des Papillomavirus, ungefaehr 70 Prozent aller Gebaermutterhalskrebsarten werden von den HPV-Typen 16 und 18 verursacht und etwa 90 Prozent aller Genitalwarzen von den HPV-Typen 6 und 11. Die beiden letzteren befallen auch die Atemwege. Die Infektionsraten des humanen Papillomavirus zeigen deutliche Unterschiede zwischen soziooekonomischen Schichten. Gebaermutterhalskrebs ist die weltweit zweithaeufigste Krebstodesursache bei Frauen, 80 Prozent aller Faelle treten in Entwicklungslaendern auf. Als Grund gilt die mangelhafte Vorsorgeuntersuchung. Gebaermutterhalskrebs wird weltweit jedes Jahr bei 510.000 Frauen diagnostiziert und 288.000 Frauen sterben jedes Jahr an der Krankheit (nach Schaetzungen der WHO). Man kennt zwei Altersgipfel: Frauen zwischen 35 und 39 Jahren sowie Frauen zwischen 60 und 64 Jahren sind betroffen. Bei 99,7 Prozent aller Gewebeproben, die bei Patientinnen mit Gebaermutterhalskrebs entnommen wurden, konnte eine Infektion mit HP-Viren nachgewiesen werden, d.h., Gebaermutterhalskrebs wird hoechstwahrscheinlich durch eine anhaltende Infektion mit dem Humanen Papillomavirus (HPV) verursacht. Zumindest ist sie ein notwendiger Risikofaktor fuer die Entstehung eines Gebaermutterhalskrebses. Die Assoziation zwischen der HPV-Infektion und dem Zervixkarzinom ist somit staerker als die zwischen Rauchen und Lungenkrebs. Bei schaetzungsweise 70 Prozent aller Gebaermutterhalskrebsfaelle konnten zwei bestimmte Typen an HPViren festgestellt werden: HPV 16 und HPV 18. Das sind die zwei wichtigsten Hochrisikotypen der HP-Viren und in Deutschland am weitesten verbreitet. Zur Frueherkennung gehoert der Abstrich vom Gebaermutterhals. Werden verdaechtige Zellveraenderungen gefunden, bei denen es sich um Vorstufen des Gebaermutterhalskrebses handeln koennte, bedarf es weiterfuehrender Untersuchung und Abklaerung. Wird ein Gebaermutterhalskrebs im Vor- oder Fruehstadium diagnostiziert, betraegt die Heilungsquote fast © DDr. Peter Voitl - www.kinderarzt.at - Seite 1 / 3 hundert Prozent. Impfstoffe Es gibt zwei verschiedene Impfstoffe: Der Pharmakonzern GlaxoSmithKline entwickelte den Zweifach-Impfstoff Cervarix gegen HPV 16 und 18, Merck & Co. Inc. entwickelte Gardasil, einen Vierfach-Impfstoff gegen HPV 16/18/6/11. Beide Impfstoffe enthalten papillomavirus-like particles (VLP), also leere Huellen von viralen Strukturproteinen. Der Impfstoff Gardasil ist in Oesterreich bereits zugelassen worden, Cervarix wird voraussichtlich 2008 auf den Markt kommen. Gardasil wird Personen im Alter ab neun Jahren in drei Einzeldosen verabreicht, wobei zwischen der ersten und der zweiten Dosis zwei Monate und zwischen der zweiten und dritten Dosis zumindest vier Monate Wartezeit empfohlen sind. Alle Dosen sind innerhalb eines Jahres zu verabreichen. Der Impfstoff wird intramuskulaer verabreicht, vorzugsweise in den Oberarm oder Oberschenkel. Eine Teilimpfung kostet in der Apotheke etwa 150 EUR. Impfzeitpunkt Der Impfstoff ist fuer 9- bis 15-jaehrige Jugendliche und fuer 16- bis 26-jaehrige Frauen zugelassen. Eine optimale Immunisierung wird durch Impfung von jungen Maedchen erzielt, vor dem ersten Sexualkontakt zwischen dem neunten und zwoelften Lebensjahr. Fuer Frauen ueber 26 fehlen noch Ergebnisse zur Wirksamkeit bei der Vierfachimpfung. Bei Maennern ist der Impfschutz noch nicht erwiesen, wenn auch wahrscheinlich; fuer 9- bis 15-jaehrige Burschen ist der Impfstoff zugelassen. Wirkungsweise Die Impfviren sind den echten Viren sehr aehnlich, enthalten allerdings keine virale DNA und sind daher nicht pathogen, aber extrem immunogen. Bei natuerlichen HPV-Infektionen sind die Antikoerperkonzentrationen niedrig aufgrund der Abwesenheit von Viren im Blut, gleichzeitig lastet daher aber auch kein evolutionaerer Druck auf dem Virus, um der Antikoerperantwort zu entkommen. Im Gegensatz zu natuerlichen Infektionen werden die Impfviren intramuskulaer verabreicht, wodurch eine ausgepraegte Abwehrreaktion und somit ein effektiver Schutz entsteht; auf diesem Mechanismus beruht der Schutz durch die Impfung. Sicherheit Die Impfung wurde generell gut vertragen. In der "Proof-of-principle"-Studie von Koutsky et al. (2002) sowie mit Daten von ueber 20.000 Probandinnen aus dem November 2005 wurde die Sicherheit der Impfung demonstriert. Die Impfung wurde uebereinstimmend ohne Auftreten von impfstoffassoziierten schwerwiegenden Ereignissen gut toleriert. Die in Studien am haeufigsten beobachteten Nebenwirkungen waren Fieber und Reaktionen an der Einstichstelle (Roetung, Schmerzen, Schwellung). Wirksamkeit Die Effektivitaet bezueglich Feigwarzen und beginnenden Neoplasien war bei 5455 Probandinnen 100 Prozent. Die Ergebnisse zeigen, dass sich bei Frauen, die noch nie zuvor eine HPV-Infektion der Typen 6, 11, 16 und 18 hatten und die vollstaendige Impfreihe erhielten, keine hochgradige Veraenderung des Gebaermutterhalses entwickelte. Der Impfschutz trat bereits waehrend der Impfperiode auf. © DDr. Peter Voitl - www.kinderarzt.at - Seite 2 / 3 Ueber die Dauer des Schutzes und zur Frage, ob eventuell eine spaetere Auffrischung notwendig ist, liegen noch keine genauen Daten vor. Die Impfung eignet sich nicht zur Behandlung von Gebaermutterhalskrebs oder dessen Vorstufen. Trotz des Impfschutzes wird der Krebsabstrich weiterhin absolut notwendig sein, da die Impfung nicht vor allen HP-Viren schuetzt. Zusammenfassung Durch den besonders hohen Schutz von 94 bis 100 Prozent in Kombination mit regelmaeszigen ScreeningUntersuchungen sollte eine deutliche Eindaemmung des Zervixkarzinoms zu erhoffen sein. Eine Impfung von jungen Maennern wuerde sie als Traeger des Virus ausschlieszen. In Laendern mit derzeit noch nicht entwickeltem Screening-Programm bzw. dort, wo die Implementierung zu schwierig ist, hat der Impfstoff das Potential, die Zahl der durch Zervixkarzinom verursachten Todesfaelle sowie die Morbiditaet um bis zu 70 Prozent zu reduzieren. Erstmals kann es durch eine Impfung gelingen, eine Karzinomentwicklung zu verhindern. Dies stellt eine Revolution dar, weil bisher in der Onkologie die Strategie in "Frueherkennen", "Herausschneiden", "Zerstoeren" und bestenfalls "Verhindern durch Erkennen der Vorstufe" bestand. Jetzt liegt es an der medizinischen Gemeinde, diesen Fortschritt durch gute Vorbereitung und entsprechende Logistik flaechendeckend zum Einsatz zu bringen. © DDr. Peter Voitl Inhalt erstellt: 13. Januar 2007. Letzte Aenderung: 19. Juli 2011. © DDr. Peter Voitl - www.kinderarzt.at - Seite 3 / 3