© Antipoff – wikimedia commons Angewandte Nanopartikelforschung Nanomaterialien in der Mikrowelle A. Härter N anopartikel besitzen größenabhängige Materialeigenschaften. Je nach Anwendungsgebiet ist deshalb eine genaue Größenverteilung erforderlich, um Nanopartikel mit definierten Eigenschaften zu erhalten. Größenverteilung und Materialeigenschaften können durch das Herstellungsverfahren gezielt beeinflusst werden. Die Mikrowellen-unterstützte Synthese hat sich dabei als sehr vorteilhaft erwiesen. Unter Mikrowellenbestrahlung können Nanopartikel mit genauester Parameterkontrolle synthetisiert und die gewünschten Partikeleigenschaften und Partikelgrößen gezielt eingestellt und verändert werden. Im Vergleich zu konventionellen Verfahren können Synthesen in wenigen Minuten statt Stunden durchgeführt werden. Dieser Artikel stellt einige Anwendungsbeispiele zusammen. Synthese von ZnS-Nanokristallen ZnS-Nanokristalle sind Halbleitermaterialien mit größenabhängigen optischen und elektrooptischen Eigenschaften. In diesem Beispiel wurden ZnS-Nanokristalle aus Zink­acetat mit Thioacetamid in Gegenwart von Pyridin und Triphenylphosphit unter Mikrowellen- und konventioneller Heizung synthetisiert [1]. Die wesentlichen Reaktionsparameter (Temperatur, Zeit) wurden konstant gehalten. Im Vergleich konnten deutliche Unterschiede zwischen den erzeugten Kristallen beobachtet werden. Die in der Mikrowelle hergestellten Kristalle zeigten größere, gut definierte, sphärische Agglomerate, die eine kompakte Masse bildeten, während die konventionell hergestellten Kristalle zusätzliche gewinkelte Objekte bildeten und lockerer gepackt waren (siehe Abb. 1). Die homogenere und schnellere Erwärmung der Reakti- onsmischung im Mikrowellenfeld führte zu einer morphologisch einheitlicheren Kristallstruktur. Synthese von CdSe-Quantenpunkten Quantenpunkte sind halbleitende Nano­ partikel mit größenabhängig veränderlichen photophysikalischen Eigenschaften. Traditionell werden diese durch konventionelle Techniken synthetisiert. Zwischenzeitlich erfreut sich auch hier die Mikrowellenbestrahlung wegen der kurzen Synthesezeiten zunehmender Beliebtheit. Die Synthese von CdSe-Quantenpunkten erfolgte aus Selendioxid und verschiedenen Cadmiumquellen. Oktadekan wurde als Lösungsmittel und Reduktionsmittel verwendet. Während der Synthese bei 240 °C für 5 Minuten wurde der Zeitpunkt der Zugabe von Ölsäure moduliert. Die Größenverteilung Die durch Mikrowellenstrahlung erreichten kurzen Reaktionszeiten vereinfachen die Herstellung von Nanomaterialen. der Partikel wurde durch Röntgenkleinwinkelstreuung mit dem System für Röntgenkleinwinkelstreung Saxspace untersucht [2]. Die Größenverteilung der Partikel konnte durch die Cadmiumquelle, den Zeitpunkt und die Menge der Ölsäurezugabe maßgeblich beeinflusst werden. Die Größenverteilung der CdSe-Quantenpunkte lag je nach Methode in einem Bereich von 0,5 nm bis ­4 nm mit einer engen Größenverteilung. Durch den Einsatz von Mikrowellenstrahlung konnten die Syntheseparameter schnell verändert und optimiert werden. Weiterführend konnten durch den Einsatz von Siliziumkarbidgefäßen und einer dualen Temperaturmessung nicht-thermale Effekte durch Mikrowellenstrahlung ausgeschlossen und der Weg für die Herstellung größerer Mengen geebnet werden. Nanokomposit-Kathoden für Lithium-Ionen-Akkus Leistungsstarke Lithium-Ionen-Akkus haben den Markt tragbarer Elektronikgeräte revolutioniert. Die hohen Herstellungskosten und Sicherheitsrisiken der häufig verwendeten LiCoO 2 -Kathoden sind immer noch ein Problem. In den letzten Jahren stellen Carbon-beschichtete LiFePO4Kathoden eine Erfolg versprechende Alternative dar. Ihre Synthese ist jedo­ch mit langen Reaktionszeiten ­ (5 h bis 25 h) im Autoklaven bei 140 °C bis 200 °C verbunden. Durch Erhitzen der Reaktionsmischung (LiOH/H3PO4 und wässriges FeSO4) unter Mikrowellenstrahlung für 5 bis 15 Minuten konnten hochkristalline LiFePO4-Stäbchen einfach und bequem bei Temperaturen zwischen 230 °C und 300 °C im Solvothermal- und Hydrothermalverfahren synthetisiert werden [3]. Die hergestellten vergrößerten Nanoröhren zeigten eine geringere initiale Entladungskapazität. Weiterhin wurde der Effekt von Ex-situ- und In-situ-Carbonbeschichtungen untersucht. Während die Ex-situ-Beschichtung nachträglich durch Erhitzen der gewonnenen LiFePO4Partikel mit Saccharose auf 700 °C erfolgte, wurden In-situBeschichtungen direkt während der Synthese in Gegenwart von Glukose als Eintopfsynthese, gefolgt von 1 h bei 700 °C unter einer reduzierenden Gasatmosphäre (H2/Ar), durchgeführt [3,4]. In beiden Fällen wurden LiFePO4/C-Nanokomposite mit einem typischen LiFePO4-Kern und einer Kohlenstoffhülle synthetisiert, die hervorragende elektrochemische Eigenschaften in Bezug auf Lithium-Speicherkapazität, Ladezyklen sowie Performance und Übertragungsvermögen zeigen. Synthese von Eu3+-dotierten Metalloxid-Nanopartikeln Auch Seltenerdmetalloxid-Nanopartikel können durch Mikrowellen-unterstützte Hydrothermalverfahren schnell und effektiv synthetisiert werden. Herkömmliche Verfahren erfordern hingegen lange Laufzeiten bei hohen Temperaturen in schwer bedienund kontrollierbaren Autoklavensystemen. Die Synthese von nanostrukturierten Europiumdotierten Seltenerdmetalloxiden (La2O3 und Y2O3) erfolgte mit Hilfe des Mikrowellenreaktionssystems Multiwave Pro von Anton Paar als Parallelsyntheseansatz. Innerhalb eines einzigen Laufs konnten verschiedene Setup-Varianten (Konzentration, Molverhältnis) getestet und unterschiedliche Partikel hergestellt werden. In einer Reaktionszeit von 6 Minuten konnten dotierte Y2O3-Nanostäbchen mit einer Länge von 100 nm bis 300 nm und La2O3 Nanowhisker mit einer Länge von 0,1 µm bis 2 µm synthetisiert werden. Zudem zeigten die Partikel deutlich höhere PhotolumineszenzIntensitäten im Vergleich zu konventionell hergestellten Lanthan-Oxid Partikeln [5,6]. Umweltfreundliche Synthese von AlPO-18 Nanomaterialien Aluminium-basierte nanostrukturierte Molekularsiebe sind bei der Herstellung von Membranen, optischen Beschichtungen und in der medizinischen Diagnostik weit verbreitet. Der übermäßige Einsatz von organischen Additiven (z. B. Aminen oder Ammoniumsalzen), organischen Vorläuferverbindungen und Lösungsmitteln bei ihrer Herstellung ist jedoch mit Umweltproblemen und erhöhten Produktionskosten verbundenen. Durch die Anwendung Mikrowellen-unterstützter Hydrothermalsynthese wurde eine mehrstufige, umweltfreundliche Syntheseroute unter Rückgewinnung der nicht umgesetzten Substrate etabliert. Das Produkt wurde nach jedem Zyklus abzentrifugiert und der Überstand in den nachfolgenden Zyklen wiederverwendet. Das verbrauchte Al2O3, wurde ebenso wie P2O5 und die organischen Additive ergänzt [7]. Die Kristallisationsrate der AlPO-18 Nanokristalle konnte durch die Anwendung von Mikrowellen erhöht und über die Zyklen konstant gehalten werden. Die gewonnenen Partikel zeigten einen gleichen Grad an Kristallinität und eine gleichmäßige Partikelgröße. Zudem wurde der Prozess von üblicherweise 50 h bei ca. 100 °C extrem beschleunigt. Die Reaktionen wurden bei 150 °C in 10 Minuten durchgeführt, was neben der Zeitersparnis zu einer immensen Energieersparnis führt. Alles in allem konnten mit dem entwickelten Verfahren die Produktionskosten und Entsorgungskosten von Abfällen deutlich reduziert werden. TiO2-Nano-Katalysatoren Die Umwandlung von Biomasse in Kraftstoff bietet eine vielversprechende Alternative zur Verwendung von Erdöl. Dabei wird die Biomasse durch säurekatalysierte Dehydratisierung von Xylose mit einer 50%-igen Ausbeute in Furfural umgewandelt. Auf der Suche nach verbesserten und umweltfreundlicheren Katalysatoren wurden Nanokata- Abb. 1: SEM-Aufnahmen von ZnS-Nanokristallen: (A) Mikrowelle, (B) konventionelle Reaktionsführung. Adaptiert mit Genehmigung von Inorg. Chem. 2008, 47 (8), 3014-3022, Copyright 2014, American Chemical Society lysatoren unter Mikrowellenstrahlung aus TiO2/Kohlenstoff synthetisiert und bewertet. Für die Synthese wurden der Kohlenstoff zusammen mit Benzylalkohol und Titan(IV)Isopropoxid unter Inertgas für 10 Minuten auf 240 °C erhitzt. Der resultierende Feststoff wurde durch Zentrifugation abgetrennt, in Ethanol gewaschen und getrocknet [8]. TEMAufnahmen der synthetisierten TiO2-Nanopartikel zeigten eine vollständig und selektiv mit Metalloxid überzogene Kohlenstoffoberfläche. Diese Resultate können auf selektive Kopplungseigenschaften (hot spots) der Ausgangsmaterialien im Mikrowellenfeld zurückgeführt werden. Für die katalytischen Tests wurde D-Xylose mit Katalysator in H2O/Toluol unter Stickstoff-Atmosphäre auf 170 °C im Mikrowellenreaktor erhitzt. Der Katalysator wurde nach jedem Lauf durch Zentrifugation zurückgewonnen. Die Ausbeute an Furfural konnte auf 67 % gesteigert werden. Zusammenfassung Die durch Mikrowellenstrahlung erreichten kurzen Reaktionszeiten vereinfachen die Herstellung von Nanomaterialen beträchtlich. Mikrowellenreaktoren ermöglichen einen einfachen Zugang zu hohen Temperaturen und Drücken, die sonst nur zeitaufwändig in speziellen Autoklaven erreicht werden können. Speziell Solvothermal- und Hydrothermalsynthesen können in einem Bruchteil der Zeit durchgeführt werden. Weitere Beiträge zum Thema: http://bit.ly/Materialforschung Größe und Morphologie der Nanopartikel können durch leichte Veränderungen der Reaktionsbedingungen erheblich variieren. Deshalb sind eine exakte Temperaturmessung und Druckkontrolle wesentliche Eigenschaften eines modernen Mikrowellenreaktors, um einen dauerhaften Reaktionserfolg zu gewährleisten. Weiterhin ist die exakte Reaktionstemperatur ein entscheidender Parameter, um ein optimiertes Reaktionsprotokoll in einen größeren Maßstab zu übertragen. Referenzen [1] Rath T. et al.: Inorg. Chem, 47, 3014, (2008) [2] Moghaddam M. M. et al.: Nanoscale 4, 7435 (2012) [3] Murugan A. V. et al.: J. Phys. Chem. 112, 14665, (2008) [4] Muraliganth T. et al.: J. Mater. Chem. 18, 5661, (2008) [5] Murugan A. V. et al.: J. Phys. D: Appl. Phys. 3974, (2006) [6] Murugan A. V. et al.: Appl. Phys. Lett. 123120, (2006) [7] Ng E.-P. et al.: Green Chem. 10, 1043, (2008) [8] Russo P. A. et al.: RSC Advances, 3, 2595, (2013) KONTAKT | Dr. Andrea Härter Anton Paar Germany GmbH Ostfildern Tel.: 0711/720910 Fax: 0711/7209130 [email protected] www.anton-paar.com Mehr Informationen: http://bit.ly/Nanopartikel