Natürlich ist am sichersten – Schädlingsbekämpfung mit Nützlingen Die Natur hat ihre eigenen Gesetze: Räuber und Beutetier, „Fressen und gefressen werden“ ist das Motto. Jeder Schädling hat natürliche Feinde, die seine Massenvermehrung verhindern. Das hält die Natur im Gleichgewicht. Im Gemüseanbau unter Glas machen sich die Gärtner dies schon seit Jahren zunutze, um Pflanzenschädlinge wie Weiße Fliegen, Spinnmilben oder Blattläuse ohne den Einsatz von Pestiziden zu bekämpfen. Sie setzen Nützlinge auf den Pflanzen aus, den Rest regelt die Natur Wo Hummeln zur Bestäubung eingesetzt werden, haben Pestizide nichts zu suchen Das bringt dem Gärtner zuverlässige Ernten und sichert dem Verbraucher schadstofffreies, gesundes Gemüse. Bei dem Einsatz von Nützlingen gegen Pflanzenschädlinge spricht man auch vom biologischen Pflanzenschutz. Dieser lässt sich besonders gut bei geschlossenen Systemen wie Gewächshäusern einsetzen. Klar – auf dem freien Feld suchen die Helfer ganz schnell das Weite. Die Niederlande sind inzwischen Vorreiter bei der Züchtung und dem Einsatz der kleinen Helfer. Im holländischen Gemüseanbau unter Glas gibt es kaum ein Unternehmen, das nicht mittlerweile Nützlinge einsetzt. Die Methode ist so erfolgreich, dass sie mittlerweile europaweit in Gewächshäusern angewandt wird. Luxuswohnung für Hummeln: In versendbaren Kartons werden die etwa 100 Hummeln umfassenden Völker im Gewächshaus platziert. Wer schützt die Tomaten vor der Weißen Fliege? Hier ein Beispiel, wie die biologische Bekämpfung von Schädlingen funktioniert: Weiße Fliegen lieben Tomatenpflanzen. Die mit hellem Wachsstaub bedecken Insekten gehören eigentlich zu den Pflanzenläusen und nicht zu den Fliegen, wie ihr Name vermuten ließe. Typisch ist, dass sie auffliegen, sobald man befallene Pflanzen berührt. Ihre Larven saugen an den Blattunterseiten Pflanzensaft aus den Zellen und schwächen so die Pflanzen. Früher musste der Anbauer befallene Kulturen regelmäßig mit Insektiziden spritzen, um seine Ernten zu sichern. Heute sorgt eine kleine schwarze Schlupfwespe (Encarsia formosa) dafür, dass die ungeliebten Blattsauger sich nicht auf den Tomaten ausbreiten. Sie legt ihre Eier in die Larven der Weißen Fliegen. Durch die Entwicklung der Schlupfwespenlarve in ihrem Inneren sterben die Schädlinge ab. Aus den mumifizierten Larven der Weißen Fliege schlüpfen dann neue Schlupfwespen und der Kreislauf beginnt von vorn. Jede Schlupfwespe kann bis zu 100 Eier ablegen. ➜ © Koppert Biological Systems Jede Schlupfwespe macht bis zu 100 Blattläuse unschädlich Luxusapartment für Schlupfwespen Nützlinge aus der Streudose Die Nützlinge für den biologischen Pflanzenschutz werden von Spezialfirmen für ihren Einsatz im Gewächshaus gezüchtet. Mittlerweile können Gemüseanbauer gegen alle wichtigen Pflanzenschädlinge entsprechende nützliche Gegenspieler bekommen: Marienkäfer, Schlupfwespen, Schwebfliegen, Raubmilben und andere tierische Helfer kommen zum Einsatz. Bei nur wenigen befallenen Pflanzen reicht es, Papptäfelchen oder kleine Beutel mit Dauerstadien der Nützlinge an die Pflanzen zu hängen. Bei großflächigen Pflanzungen und stärkerem Befall werden die Nützlinge meist mit Streudosen ausgebracht. Auf den Pflanzen bildet sich danach schnell ein natürliches Gleichgewicht zwischen Schädling und Nützling. Für den Gärtner ist der Einsatz von Nützlingen gegen Schädlinge einfacher und sicherer als das Spritzen mit Pestiziden. Wichtig ist dabei, dass der Gärtner seine Pflanzen regelmäßig auf Schädlinge hin untersucht und die Nützlinge zum richtigen Zeitpunkt ausbringt. So wird eine Massenvermehrung der Schädlinge zuverlässig verhindert und Tomate, Paprika und Co. können viele gesunde Früchte bilden. Dicke Brummer für reiche Ernten Auch für die Bestäubung machen sich die Gewächshausgärtner mittlerweile Helfer aus der Insektenwelt zunutze. Pelzige Hummeln fliegen von Pflanze zu Pflanze und sorgen mit dem transportierten Blütenstaub für üppige Ernten. Warum Hummeln? Hummeln haben ein hohes Arbeitstempo und können aufgrund ihrer Körpergröße mehr Blütenstaub tragen. Sie sind anspruchslos in Bezug auf ihre Arbeitsbedingungen und standorttreuer als z. B. Bienen. Die Hummelvölker bewohnen Pappkartons, die zu Beginn der Blütezeit einfach in die Gewächshäuser gestellt werden. Eine Hummel sorgt z. B. für die Bestäubung von 100 m² Paprika-Anbaufläche. Wo Hummeln zur Bestäubung der Blüten eingesetzt werden, können keine Pestizide angewendet werden. Deshalb ist die Nutzung der Hummelvölker fast immer mit dem Einsatz von Nützlingen zur biologischen Schädlingsbekämpfung verbunden. Eine gute Sache für Gärtner und Verbraucher. Die Autorin: Susanne Nüsslein-Müller ist Diplom-Biologin mit Schwerpunkt Angewandte Botanik. Nach ihrem Studium machte sie ein Volontariat in der Redaktion der Zeitschrift FLORA GARTEN und war danach 12 Jahre als fest angestellte Redakteurin dort tätig. Seit 1999 ist sie freiberuflich als Journalistin tätig, u. a. für FLORA GARTEN und Selber machen sowie als Autorin für Fachbücher wie „Frisch aus dem Garten in die Küche“.