Heinz Cramer Heiligenberg-Wintersulgen: Neuer Schädling bedroht Bienenvölker Droht den Bienenvölkern in der Region eine neue Seuche? Dieser Frage ist Frank Neumann, Laborleiter des Bienengesundheitsdienstes vom staatlichen tierärztlichen Untersuchungsamt Aulendorf, im Rahmen eines Vortrags vor zahlreichen Imkern der Regionen Hegau, Linzgau und Oberschwaben nachgegangen. Höchst interessiert verfolgten zahlreiche Imker aus der näheren und weiteren Region den Vortrag von Frank Neumann (links) über den Kleinen Beutenkäfer, der auf destrastöse Weise Bienenstöcke in Italien befällt und sich zu einer neuen Seuche in Europa ausbreiten könnte. Neumann ist Laborleiter des Bienengesundheitsdienstes beim Staatlichen Tierärztlichen Untersuchungsamt und Diagnosezentrum in Aulendorf. | Bild: Heinz Cramer Sehr gefräßig: die Larve des Kleinen Beutenkäfers. | Bild: Frank Neumann Ein guter Flieger: der kleine Beutenkäfer (Aethina tumida). | Bild: Frank Neumann Neumann referierte in Heiligenberg-Wintersulgen auf Einladung der Imkergemeinschaft Lehrbienenstand Meersburg-Baitenhausen bei der Herbstversammlung, der wichtigsten jährlichen Imkerversammlung der Region. Dass der winzige, nur fünf bis sieben Millimeter Länge bemessene Kleine Beutenkäfer immense Schäden in Bienenvölkern anrichten kann, belegte Neumann mit eindrucksvollen Zahlen und wenig appetitlichen Bildern. Den eigentlichen Schaden würde nicht der Käfer selbst, sondern dessen gefräßige Maden anrichten, die mit ihren starken Mundwerkzeugen Pollen, Bienenbrut und Honigwaben fressen und dabei Unmengen an Kot ausscheiden. Dieser würde durch Hefen anfangen zu gären und sich dabei verflüssigen, bis diese nach faulen Orangen stinkende Flüssigkeit aus dem Flugloch des Bienenstockes tropfe, erklärte Neumann. Der eigentlich aus Afrika südlich der Sahara stammende Käfer habe sich bereits Anfang des neuen Jahrtausends ausgebreitet. „Grund der Besorgnis erregenden Ausbreitung sind insbesondere der globale Handel mit Bienenvölkern sowie eine intensive Wanderimkerei“, warnte Neumann. Jeweils nach dem ersten Auftreten des Schädlings in Australien, Ägypten, Portugal, Kanada und Süditalien habe der Käfer bewiesen, dass er auch mit klimatisch kälteren Verhältnissen klarkomme, konstatierte Neumann. Die Abwehr durch die Bienen selbst greife kaum. Der Käfer sei auf seinen Beinen flink, sehr flugaktiv, könne sich in Ritzen gut verstecken und zudem Kopf und Beine einziehen, sodass er durch seinen Chitinpanzer wie eine Schildkröte geschützt sei, schilderte Neumann. Gegenwehr durch Putztrieb der Bienen würde nur bei starken Völkern etwas Wirkung zeigen. „Kurioserweise führt sogar Futterbetteln der Käfer durch Trippeln dazu, dass Bienen die Käfer füttern“, sagte Neumann. 2014 sei es in Kalabrien (Süditalien) zu einer massiven Verbreitung des Käfers gekommen. Zur Abwehr habe man eine Task Force gegründet, die durch konsequentes Abtöten und Verbrennen der 3360 befallenen Bienenvölker die Ausbreitung zunächst stoppen konnte. Er sei jetzt in diesem Jahr aber wiederaufgetaucht. Neumann forderte die Imker auf, die Bienenvölker regelmäßig zu kontrollieren und auf einwandfrei Hygiene in der Imkerei zu achten. Insbesondere solle man dem Käfer kein Futter beispielsweise durch herumstehende Waben anbieten. Verfälschtes und verunreinigtes Bienenwachs war ein weiteres Thema, über das Neumann referierte. Verfälschtes Bienenwachs sei solches, dass mit Paraffin und Stearin gestreckt und verunreinigt sei. Die veränderten physikalischen Eigenschaften verfälschter Wachse könnten ein Schlüpfen der Bienen verhindern, in dem sich der geöffnete Wabendeckel um den Hals der Biene lege und diese geradezu stranguliere, erläuterte Neumann „Eine weitere Gefahr für die Bienen geht von einer Verunreinigung des Bienenwachses durch Biozide aus“, erklärte Neumann. Eigenes und von den Bienen selbst produziertes Wachs sei jedoch völlig rückstandsfrei. Wie chemische Untersuchungen ergeben hätten, sei die Quelle von Verfälschungen und Verunreinigungen in Billigimporten aus anderen Ländern, insbesondere aus China zu suchen. Bei Dumpingpreisen von einem Euro pro Kilogramm Bienenwachs könne was nicht stimmen. „Ich rate Ihnen, nur aus Eigenwachs und aus zertifiziertem Wachs hergestellte Mittelwandwaben zu kaufen“, empfahl Neumann den Imkern. Dem Vortrag schloss sich eine rege Diskussion an. Kleiner Beutenkäfer Nur fünf bis sieben Millimeter ist der eigentlich harmlos aussehende „Kleine Beutenkäfer“ klein und kann doch große, desaströse Schäden in Bienenvölkern anrichten. Der Käfer ist sehr agil und flugaktiv (fünf bis 35 Kilometer) und dringt in Bienenvölker ein. Dort legt er pro Käfer bis zu 2000 Eier, aus denen nach rund drei bis vier Tagen gefräßige Larven schlüpfen. Ausgestattet mit starken Mundwerkzeugen fressen die Larven Pollen, Honigwaben sowie die Bienenbrut und produzieren dabei große Mengen an Kot, der mit Hefen zu gären beginnt und sich schließlich in eine nach faulen Orangen stinkende, flüssige Masse verwandelt. Die Wanderlarven des Käfers verlassen schließlich den Bienenstock um sich bis zu 60 Zentimeter tief im Erdboden zu verpuppen. Nach drei bis vier Wochen Puppenstadium schlüpft der Käfer.