Kreuzzug - Schwindlers Reich

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Kreuzzug
Symbolische Darstellung der Eroberung Jerusalems (12.-14. Jahrhundert)
Die Kreuzzüge seitens des „christlichen Abendlandes“ waren strategisch, religiös und
wirtschaftlich motivierte Kriege zwischen 1095/99 und dem 13. Jahrhundert. Im engeren
Sinne werden unter den Kreuzzügen nur die in dieser Zeit geführten Orientkreuzzüge
verstanden, die sich gegen die muslimischen Staaten im Nahen Osten richteten. Nach dem
Ersten Kreuzzug wurde der Begriff „Kreuzzug“ auch auf andere militärische Aktionen
ausgeweitet, deren Ziel nicht das Heilige Land war. In diesem erweiterten Sinne werden auch
die Feldzüge gegen nicht christianisierte Völker wie Wenden, Finnen und Balten, gegen
Ketzer wie die Albigenser und gegen die Ostkirche dazu gezählt. Vereinzelt wurde von den
Päpsten sogar ein Kreuzzug gegen politische (christliche) Gegner ausgerufen.
Nachdem ein Kreuzfahrerheer 1099 Jerusalem erobert hatte, wurden in der Levante insgesamt
vier Kreuzfahrerstaaten gegründet. Infolge ihrer Bedrohung durch die muslimischen
Anrainerstaaten wurden weitere Kreuzzüge durchgeführt, denen meistens kaum ein Erfolg
beschieden war. Das Königreich Jerusalem erlitt 1187 in der Schlacht bei Hattin eine schwere
Niederlage, auch Jerusalem ging wieder verloren. Mit Akkon fiel 1291 die letzte
Kreuzfahrerfestung in Outremer.
Vorbemerkungen
Allgemeines
Kreuzzüge
Seit dem 7. Jahrhundert fand die islamische Expansion statt: Die militärische, teilweise mit
Übergriffen verbundene Unterwerfung und Besiedlung christlicher Gebiete durch arabischmuslimische Eroberer im Nahen Osten, in Nordafrika, in Italien (Eroberung Sardiniens, der
Einfall in Rom und die Zerstörung der Basilika St. Peter durch die Aghlabiden im Jahre 846)
sowie (bis zur Rückeroberung im Rahmen der Reconquista) der Einfall in Spanien und
Portugal. Seit 638 stand Jerusalem unter muslimischer Herrschaft. Von christlicher Seite
wurde die Eroberung des Heiligen Landes und die Zurückdrängung der Sarazenen als
Rückeroberung und als ein Akt der Verteidigung des Christentums betrachtet, welcher durch
offiziellen Beistand und die Unterstützung der Kirche bekräftigt und angeführt wurde.
Dem Ersten Kreuzzug war ein Hilferuf des byzantinischen Kaisers Alexios I. Komnenos um
militärische Unterstützung gegen die Seldschuken vorausgegangen. Am 27. November 1095
rief Papst Urban II. die Christen auf der Synode von Clermont zum Kreuzzug in das „Heilige
Land“ auf. Urban II. forderte, die dort ansässigen Muslime zu vertreiben und in Jerusalem die
den Christen heiligen Stätten in Besitz zu nehmen.[1] Mehr als acht Jahrzehnte waren
vergangen, nachdem es in der Regierungszeit des fatimidischen Kalifen al-Hakim 1009 zur
Zerstörung der Grabeskirche gekommen war, eines der größten Heiligtümer des
Christentums.
Die Kreuzzüge wurden nach kurzer Zeit auch zur Verwirklichung rein weltlicher
Machtinteressen instrumentalisiert, insbesondere solcher, die gegen das Byzantinische Reich
gerichtet waren. Schon bald wurde der Begriff Kreuzzug nicht nur auf Kriege gegen Muslime,
sondern auch gegen von der römischen Kirche zu „Ketzern“ deklarierte Menschen (siehe
Albigenser) ausgeweitet. Dieser Umstand gab dem Papsttum eine starke politische und
militärische Waffe in die Hand.
Trotzdem darf der religiöse Aspekt, besonders bei den Kreuzzügen in den Osten, nicht
unterschätzt werden. So waren nach der Einnahme Jerusalems im Jahre 1099 die Gefallenen
als Märtyrer gefeiert worden. Oft lagen die Interessen der kriegführenden Parteien und die der
kämpfenden Truppen weit auseinander. Die beiderseitigen Machthaber verfolgten unter
anderem machtpolitische Interessen. Die Kreuzfahrer selbst glaubten zumeist an einen
ehrenvollen, ja heiligen Kampf für Kirche und Gott.
Schon vor dem Aufruf zum Kreuzzug zur Befreiung Jerusalems hatte die Kirche damit
begonnen, Kriegszüge zu unterstützen. So wurden im Rahmen der Eroberung Englands durch
Wilhelm den Eroberer 1066 geweihte Fahnen an den Kriegsherren übersandt, die ihn und sein
Heer im Kampf stärken sollten. Auf den geweihten Fahnen war unter anderem auch der
Erzengel Michael abgebildet, der Schutzpatron des Heiligen Römisches Reiches und später
Deutschlands. Auch der aragonesisch-französische Zug gegen das maurische Barbastro in
Spanien im Jahr 1063, den Papst Alexander II. dogmatisch unterstützte, sowie die Kämpfe
gegen die Araber auf Sizilien, 1059, standen unter päpstlicher Patronage und sind als
Vorläufer der Kreuzzüge anzusehen. Diese gelten im Allgemeinen als die ersten historischen
Ereignisse, an welchen die katholische Kirche beginnt, Kriegszüge dogmatisch zu stärken und
zu rechtfertigen.
Grundlage des Kreuzzugsaufrufs
Ein Kreuzzug war zugleich Bußgang und Kriegszug, der nach Auffassung der (nicht
orthodoxen, katholisch christlichen) Zeitgenossen direkt von Gott durch das Wort des Papstes
verkündet wurde. Die Teilnehmer legten ein rechtsverbindliches Gelübde ab, ähnlich wie bei
einer Pilgerfahrt. Als Folge der göttlichen und päpstlichen Verkündung waren die Kreuzzüge
sehr populär. Dies erklärt auch die große Teilnehmerzahl. Die offiziell verkündeten
Kreuzzüge (darunter fallen beispielsweise nicht die Abwehrkämpfe der Kreuzfahrerstaaten in
Outremer) wurden als Angelegenheit der gesamten abendländisch-katholischen Christenheit
begriffen. Die Kreuzfahrerheere bestanden daher in der Regel aus „Rittern“ aus ganz Europa.
Grundlage für die Kreuzzüge war aus christlicher Sicht der Gedanke des „gerechten Krieges“
(lat. bellum iustum), wie er von Augustinus von Hippo vertreten worden war. Dies bedeutete
später, dass der „gottgefällige Krieg“ nur von einer rechtmäßigen Autorität verkündet werden
konnte (wie dem Papst). Es musste ein gerechter Kriegsgrund vorliegen (wie die ungerechte
Behandlung von Gläubigen), und der Krieg musste für gute Absichten (wie die göttliche
Liebe) geführt werden.
Zeitgenössische Kritik an den Kreuzzügen
Nach dem katastrophalen Ausgang des Zweiten Kreuzzugs mehrten sich Stimmen von
Theologen, die sich gegen die Idee bewaffneter Kreuzzüge wandten.[2] Dazu zählen in
Deutschland der Würzburger Annalist des Zweiten Kreuzzugs und der Theologe Gerhoch von
Reichersberg sowie der Verfasser des Schauspiels Ludus de Antichristo, in Frankreich der Abt
von Cluny Petrus Venerabilis in seinen späteren Schriften, der englische Zisterzienser Isaak
von Stella (später Abt in Frankreich), Walter Map (ein Höfling König Heinrichs II. von
England) und der Engländer Radulphus Niger. Sie beriefen sich u.a. auf Mt 26,52 ELB,
demzufolge durch das Schwert sterben solle, wer das Schwert zieht, aber auch auf
Offb 19,21 ELB, wo prophezeit wird, dass der wiederkehrende Messias als König der Könige
die Feinde des Christentums mit dem Hauch seines Mundes - also nur mit Gottes Wort vernichten werde. Um 1200 traten auch die Kanonisten, Kirchenrechtler wie Alanus Anglicus,
dafür ein, die Muslime zu tolerieren.
Besonders ab Ende des 13. Jahrhunderts mussten die Päpste die Ablässe für das Anhören von
Kreuzzugspredigten deutlich erhöhen, was ebenfalls als Indiz für die abnehmende
Begeisterung der nicht-nahöstlichen Kreuzzüge zu deuten ist. Im frühen 14. Jahrhundert
riefen einige Päpste sogar zu Kreuzzügen gegen politische Gegner auf, so Ende 1321 gegen
Mailand.
Kontroversen in der Geschichtswissenschaft
In Bezug auf die Kreuzzüge sind mehrere Punkte in der modernen Forschung umstritten, so
etwa hinsichtlich des Ausmaßes der Akzeptanz der Kreuzzugsidee in späterer Zeit. Eine
Einigung wird durch unterschiedliche historische ‚Schulen‘ erschwert.
Manche Historiker sehen lediglich die Orientkreuzzüge als die ‚eigentlichen‘ Kreuzzüge an.
Demgegenüber herrscht im anglo-amerikanischen Sprachraum gelegentlich die Tendenz vor,
den Begriff inhaltlich und auch zeitlich weiter zu fassen (besonders einflussreich: Jonathan
Riley-Smith, Norman Housley). Dabei werden auch einige Militäraktionen der Frühen
Neuzeit noch den Kreuzzügen hinzu gerechnet. Von Riley-Smith und seinen Schülern wird
diese Sichtweise als „pluralistisch“ bezeichnet; ihnen zufolge stieß der Kreuzzugsgedanke
noch im Spätmittelalter auf Begeisterung. Kritiker halten dieser Schule entgegen, Quellen zu
ignorieren, die belegen, dass die Kreuzzugsidee im Spätmittelalter deutlich an
Anziehungskraft einbüßte. Eine Einigung konnte bisher nicht erzielt werden.[3]
In der Geschichtswissenschaft der letzten Jahrzehnte werden in zunehmendem Maße
Geschichte und Struktur der Kreuzfahrerstaaten berücksichtigt, so dass das Augenmerk nicht
mehr allein der chronologischen Abfolge und den historischen Begebenheiten der Kreuzzüge
gilt.
Motive der Kreuzritter und Situation vor den Kreuzzügen
Die Motivation der Kreuzfahrer speiste sich keineswegs allein aus religiösem Eifer; vielmehr
gab es auch andere Ursachen für ihr Handeln, die sich zudem im Laufe der Zeit änderten. Die
einzelnen Beweggründe waren:
Religiöse Motive
Die Einnahme von Jerusalem 1099
Aufbauend auf den Kreuzzugsaufruf Papst Urbans II. auf der Synode von Clermont im Jahr
1095 (begleitet von dem Zuruf „Deus lo vult“ - Gott will es) waren viele Kreuzfahrer
überzeugt, durch die Vertreibung der Muslime aus dem Heiligen Land Gottes Willen zu
erfüllen und die Erlassung all ihrer Sünden zu erreichen. Dies muss vor dem Hintergrund
christlicher Berichte und Gerüchte über Gräueltaten der islamischen Machthaber gegen die
christliche Bevölkerung des Heiligen Landes gesehen werden und der Verwüstung
christlicher Stätten, beispielsweise der Grabeskirche 1009 in Jerusalem. In Konkurrenz mit
wirtschaftlichen Interessen traten die religiösen Motive im Laufe der Zeit teilweise in den
Hintergrund - besonders deutlich wird das bei der Eroberung und Plünderung der christlichen
Stadt Konstantinopel im Vierten Kreuzzug. Bezüglich der Kreuzzüge in den Orient
verschwanden sie jedoch nie ganz, sie hatten auch großen Einfluss auf die christliche
Bevölkerung in Europa.[4] Besonders unter den nicht-adeligen Kreuzfahrern war die Religion
ein wichtiges Motiv.
Verhältnis zum Islam
Ein wesentliches außenpolitisches Problem für die christliche Welt stellte der Islam dar, der in
seinem Streben westwärts zunächst in der Mitte des 7. Jahrhundert das christliche
Byzantinische Reich angriff. Ostrom/Byzanz verlor die seit dem monophysitischen Schisma
in religiösem Gegensatz zu den griechischen und lateinischen Reichsgebieten stehenden
Provinzen Syrien und Ägypten binnen weniger Jahre an die Araber, die dort vielleicht von
Teilen der Bevölkerung als Befreier begrüßt wurden (was in der Forschung umstritten ist); es
behauptete jedoch weiterhin das griechisch geprägte Kleinasien. Das westliche Nordafrika
leistete bis zum Ende des 7. Jahrhunderts gegen die Araber Widerstand, während das
spanische Westgotenreich um 700 binnen weniger Monate unter dem Arabersturm
zusammenbrach, so dass die Araber im Westen erst durch das Fränkische Reich aufgehalten
und zurückgedrängt wurden.
Nachdem das Byzantinische Reich 751 von den Langobarden aus Mittelitalien verdrängt
worden war (Fall des Exarchats von Ravenna), war es Anfang des 8. Jahrhunderts
hauptsächlich auf das orthodoxe Kernland Kleinasien, die Küsten des Balkans und Süditaliens
begrenzt. In der Folgezeit fand das Reich im 9. und 10. Jahrhundert zu einem modus vivendi
mit den Arabern, der sogar in militärische Bündnisse mit einzelnen arabischen Staaten
mündete. Dem militärischen Wiederaufstieg um das Jahr 1000 folgte ein innerer Niedergang.
Mit dem islamischen Turkvolk der Seldschuken betrat gleichzeitig aber eine neue, expansive
Macht die politische Bühne des Nahen Ostens, die sich auf Kosten der Araber und Byzantiner
ausdehnte. Dies führte 1071 für die Byzantiner zur militärischen Katastrophe in der Schlacht
von Manzikert gegen die Seldschuken, die den Beginn der türkischen Landnahme in
Anatolien markiert.
Kleinasien überließ der byzantinische Kaiser Alexios I. Komnenos wegen der Abwehr der
normannischen Invasion von Epiros und Makedonien (mit dem Ziel der Eroberung von
Konstantinopel) schließlich 1085 gegen einen Lehenseid bis auf wenige Stützpunkte
vollständig den Seldschuken, um nicht zwischen zwei Gegnern aufgerieben zu werden. Nach
dem Sieg über die Normannen bat Alexios den Papst um Unterstützung zur Rückeroberung
des kleinasiatischen Reichsgebiets, das inzwischen in mehrere türkische Emirate zersplittert
war, die die byzantinische Diplomatie gegeneinander ausspielte.
Der große militärische Aufwand aller christlichen Mächte der damaligen Zeit ist damit zu
erklären, dass der Islam als eine große Gefahr - nicht allein für das Byzantinische Reich gesehen wurde. Schließlich grenzte das islamisch-arabische Machtgebiet an den Pyrenäen an
Frankreich, zudem waren fast alle Mittelmeerinseln und Teile Süditaliens zeitweise von
Arabern erobert worden. Letztere wurden auch nach Rückeroberung immer wieder von ihnen
angegriffen. Das byzantinische Sizilien wurde ab 827 von den Arabern erobert, dann von den
Normannen, bis es 1194 an Heinrich VI. fiel, wodurch das Reich der Staufer ebenfalls direkt
an den islamischen Machtbereich grenzte.
Verhältnis zur Orthodoxie
Das morgenländische Schisma von 1054 belastete von Beginn der Kreuzzüge an das
Verhältnis zwischen orthodoxen und katholischen Christen. Ein weiterer Aspekt ist das
politische Verhältnis der beiden führenden Mächte der katholischen bzw. orthodoxen
Staatenwelt. Die Eigenbezeichnung des deutschen wie des byzantinischen Kaiserreiches war
„Römisches Reich“, und der jeweilige Kaiser leitete daraus einen Führungsanspruch über die
gesamte christliche Staatenwelt ab. Byzanz betrieb im 12. Jahrhundert eine expansive
Westpolitik. Dynastische Heiraten mit dem ungarischen und deutschen Herrscherhaus, aber
auch militärische Interventionen in Italien mit dem Ziel, auch die (west)römische Kaiserkrone
zu erringen, waren eine Grundkonstante der Außenpolitik der byzantinischen
Komnenendynastie. Um den Einfluss Venedigs im Byzantinischen Reich zurückzudrängen,
verfolgte man in Konstantinopel in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts eine scharfe antivenezianische Politik. Dies blieb in Westeuropa natürlich nicht ohne Reaktion. Die Kreuzzüge
richteten sich daher zunehmend nicht nur gegen den Islam, sondern gleichzeitig auch immer
mehr gegen das orthodoxe, griechisch geprägte Byzanz.
Dennoch blieb der religiös motivierte Kreuzzugsgedanke auch in der Folgezeit eine immer
wiederkehrende Komponente der europäischen Politik, wenn in der Forschung auch
manchmal betont wird, dass die Kreuzzugsidee ab dem 13. Jahrhundert an Kraft einbüßte
(siehe oben den Abschnitt Kontroversen in der Geschichtswissenschaft). Insgesamt darf man
wohl ihre Bedeutung im Spätmittelalter nicht mehr allzu hoch ansetzen. So wurde zwar im
Jahr 1453 eine Militärexpedition erwogen, um Konstantinopel gegen Sultan Mehmed II. zu
verteidigen. Doch startete diese halbherzige Expedition reichlich spät, nämlich erst im April
1453. Der Sultan hatte aber schon im Frühjahr 1452 mit den baulichen Vorbereitungen für
eine mögliche Belagerung begonnen und machte daraus keinerlei Geheimnis.
Ob man die konzertierte militärische Hilfe christlicher Mächte, wie z. B. des Heiligen
Römischen Reiches und Polens, bei der Verteidigung Wiens 1683 gegen die Türken in die
Kreuzzugstradition stellen darf, ist fraglich. 1528 kam es nämlich zu einem wenige Jahrzehnte
zuvor noch unvorstellbaren Ereignis: Frankreich und das Osmanische Reich schlossen ein
Bündnis gegen das Habsburgerreich. Spätestens mit der Integration des muslimischen Staates
in das Bündnissystem der christlichen Mächte endete der vereinigende Anspruch der
katholischen Kreuzzugsidee in der europäischen Politik.
Gesellschaftliche Faktoren in Europa
Der Krak des Chevaliers in Syrien
Der abendländische Adel erhoffte sich durch die Eroberung neue Besitztümer. Auch und
gerade traf das auf die jüngeren Söhne des Adels zu, die nicht erbberechtigt waren und nun
die Chance sahen, doch noch über ein eigenes Gebiet herrschen zu können. Dies war ebenso
ein Ziel der Kirche, da der Kirchenfrieden (eine päpstliche Regel, die streng vorschrieb, wann
und wie gekämpft werden durfte; an Weihnachten und anderen hohen Feiertagen durfte
beispielsweise nicht gekämpft werden) immer wieder durch Konflikte gestört wurde, in denen
es in erster Linie um Gebietsstreitigkeiten ging. So boten die Kreuzzüge auch eine
willkommene Beschäftigung für die überzähligen Söhne, die nicht im Kloster oder im Klerus
untergebracht werden konnten oder wollten.
Große Teile der Landbevölkerung sahen im Kreuzzug eine Fluchtmöglichkeit vor den harten
und oft sehr ungerechten Lebensumständen in der Heimat - zumal der Papst ein Ende der
Leibeigenschaft in Aussicht gestellt hatte für jeden, der das Kreuz nehmen und ins heilige
Land mitziehen würde.
Auch Verbrecher und Gesetzlose folgten den Aufrufen, weil sie sich durch ihr
Kreuzzugsgelübde der Strafverfolgung entziehen konnten und sich ein neues Leben oder
Beute erhofften.
Wirtschaftspolitische Motive
Wirtschaftlich profitierten auch die italienischen Seerepubliken (Genua, Pisa, Venedig und
andere) vom Handel mit dem Orient. So wurde kurzzeitig überlegt, einen Kreuzzug zur
Sicherung der Gewürzstraße durchzuführen. Die Idee wurde allerdings recht bald wieder
fallen gelassen.
Das Papsttum versprach sich von der Kontrolle über das Heilige Land eine massive Stärkung
seiner Machtposition. Letztlich haben die Päpste wohl auch auf die Wiedervereinigung mit
der bzw. auf die Kontrolle über die Ostkirche gehofft. Daneben dominierten mit Beginn des
Vierten Kreuzzuges auch wirtschaftliche Interessen. Das beste Beispiel für dieses Motiv ist
wohl der Vierte Kreuzzug selbst, der von der Handelsmetropole Venedig nach Konstantinopel
umgeleitet wurde und in der Plünderung durch das Kreuzfahrerheer mit Abtransport der Beute
nach Venedig mündete, um den Handelskonkurrenten auszuschalten. Hier zeigt sich die
vollständige Pervertierung des ursprünglich religiösen Kreuzzugsgedankens einerseits,
andererseits auch ein Grund für die immer geringere Wirkung der Kreuzzüge in der
Verteidigung des oströmischen Reiches.
Die Finanzierung der Kreuzzüge in den einzelnen Bistümern erfolgte über den
Kreuzzugszehnten. Zu diesem Zweck wurden Amtsbücher wie der Liber decimationis
angelegt.
Die Kreuzzüge
Die Ritter in Europa kämpften gegen andere Ritter und wenn sie nicht
gerade Raubritter waren, dann kämpften sie für ihren König.
Es gab aber auch Zeiten, da folgten die Ritter dem Ruf der Kirche, "das
Heilige Land Jerusalem zu befreien". Das Problem war, Jerusalem war
nicht nur den Christen heilig. Für die Juden war dieses Land eh schon
lange vor den Christen das Land Gottes. Doch im 7. Jahrhundert
entstand eine neue Macht, der Islam. Die Muslime beherrschten den
Norden Afrikas und Anfang des 8. Jahrhunderts, noch bevor Karl der
Große die Kaiserkrone aufgesetzt bekam, eroberten muslimische
Herrscher das heutige Spanien und griffen Frankreich an. Die Franken
schickten ihre "Panzerreiter" und konnten die Krieger Allahs wieder nach
Spanien zurückdrängen. Erst 1489, zu Zeiten von Christoph Columbus,
also fast 800 Jahre später, gelang den Christen die endgültige
Rückeroberung (Reconquista) Spaniens.
Christen und Moslems waren Feinde und nannten sich gegenseitig
"Ungläubige". Diese Feindschaft und die Ignoranz gegenüber allem, was
anderen Glaubens war, führte zu den völlig überflüssigen Kriegen, die im
Zeichen des Kreuzes geführt wurden, und deshalb "Kreuzzüge" genannt
wurden.
Der 1. Kreuzzug (1095-1099)
Nachdem die muslimischen Seldschuken im Jahr 1070
Jerusalem eroberten, riefen die Byzantiner den Papst
Urban II. um Hilfe und der rief die Christen auf, Jerusalem
zurück zu erobern.
Mit 13.000 Leuten zogen die Christen im Frühling 1095
von Konstantinopel, der Hauptstadt Byzanz, nach
Jerusalem. Am 15. 7. 1099 wurde Jerusalem wieder von
den Christen unter Gottfried IV. von Niederlothringen
eingenommen. Dessen Bruder und Nachfolger Balduin
wurde der erste König von Jerusalem.
Nördlich von Jerusalem, im heutigen Libanon und Syrien, wurden noch 3 weitere
christliche Lehensgebiete gegründet: Edessa, Antiochia, Tripolis.
Der 2. Kreuzzug (1147-1149)
Papst Eugen III. rief zum zweiten Kreuzzug, nachdem einer der
Christenstaaten, Edessa, von den Moslems erobert wurde. Sein
Lehrer, der Prediger Bernhard von Clairvaux überzeugte den
französischen König Ludwig VII. und den deutschen König
Konrad III. nach Jerusalem zu ziehen. Doch der Kreuzzug kam
niemals an. Nicht die Muslime besiegten das Heer. Der
Kreuzzug war so gut wie gar nicht durchgeplant. Das Heer
konnte nicht mehr versorgt werden. Hunger und Seuche rafften
es dahin. 1149 gab Konrad III. den Kreuzzug auf.
Der 3. Kreuzzug (1189-1192)
Im Jahr 1187 erobert Sultan Saladin
Jerusalem. Papst Gregor VIII. rief die
Christen zum 3. Kreuzzug. Geführt wird der
Kreuzzug vom deutschen Kaiser Friedrich I.,
der in die Geschichte als Kaiser Barbarossa
eingehen wird. So genannt nach seinem
roten Bart. Mit von der Partie waren Phillip
II. von Frankreich und Richard I. von
England, den man auch als Richard
Löwenherz (aus der Robin Hood Saga)
kennt. Doch Barbarossa ertrank beim Baden
im Fluss Saleph (Gösku/Türkei).
Der Tod von Barbarossa entmutigte die anderen Kreuzfahrer. Man sah ein Zeichen
Gottes darin, dass er wohl dem Ganzen doch nicht sein Segen gab. Die Deutschen
kehrten zurück, auch die Franzosen folgten. Richard Löwenherz gelang es noch einen
Waffenstillstand auszuhandeln, und freies Geleit für die christlichen Pilger, die in Zukunft
Jerusalem besuchten wollten. Doch Jerusalem blieb muslimisch.
Der 4. Kreuzzug (1202-1204)
Der 4. Kreuzzug lief völlig schief, noch schiefer als die letzen
beiden zuvor.
Papst Innozenz III. rief zum Kreuzzug. Aber das Ritterheer
erreichte niemals das heilige Land. Der Doge Enrico Dandolo von
Venedig leitete das Heer um. Wenn es für ihn gegen
Konstantinopel, also das byzantinische Reich, zöge, dann würde er
die Überfahrt durchs Mittelmeer bezahlen. Das ebenfalls christliche
Byzanz wurde zerstört und die geplünderten Schätze kann man
heute noch in Venedig bestaunen.
Der "Kinderkreuzzug" (1212)
Auch dieser Kreuzzug endete tragisch ohne jemals das heilige Land zu erreichen. Im
sogenannten Kinderkreuzzug, zu dem kein Papst aufrief, zogen diesmal nicht Ritter,
sondern arme Leute vom Niederrhein und aus Frankreich nach Jerusalem. Die meisten
kehrten jedoch bereits in Frankreich oder Italien um. Viele wurden aufgegriffen und in
die Sklaverei verkauft. Denn zu der Zeit gab es noch Leibeigenschaft in Europa.
Der 5. Kreuzzug (1228-1229)
Papst Gregor IX. forderte im Jahr 1220 Friedrich II. zum Kreuzzug
auf. Der aber hatte keine große Lust dazu, musste er sich doch mehr
um die Lage innerhalb des Deutschen Reiches kümmern. Nachdem
der Papst ihn mit der Exkommunion drohte, zog Friedrich mit seinem
Heer los. Statt sich aber in einen sinnlosen Krieg mit den Moslems zu
stürzen, verhandelte er im Jahr 1228 mit Sultan Al-Kamil in
Ägypten. Die beiden wurden sich einig, und die Christen erhielten die
Städte Jerusalem, Nazareth und Bethlehem. Den Moslems wurde
freies Geleit für ihre Pilger in die heiligen Städte zugestanden.
Gleichzeitig wurde 12 Jahre Waffenruhe ausgehandelt. Ein Jahr später
wurde Friedrich II. zum König von Jerusalem gekrönt. Diesmal
entschied das Wort und nicht das Schwert.
Der 6. und 7. Kreuzzug (1248-1254)
Diesmal rief kein Papst zum Kreuzzug. Der französische König
Ludwig IX. organisierte den Kreuzzug selbst. Er segelte im August
1248 mit seinen Mannen nach Ägypten. Sie eroberten die Stadt
Damiette. Beim Angriff auf Kairo wurde er allerdings mit all seinen
Leuten gefangen genommen und gegen Lösegeld wieder
freigelassen. Damiette mussten die Christen logischerweise wieder
zurückgeben.
Ludwig konnte es nicht sein lassen und organisierte 1270 den 7.
Kreuzzug. Allerdings starb er überraschend. Sein Heer konnte nicht
mehr versorgt werden und fiel einer Seuche zum Opfer.
Du siehst, so richtig heldenhaft mit Schwertergeklirr und schnaubenden Rossen waren
die Kreuzzüge nicht gerade. Was auch immer alles geschah, die Moslems siegten nicht
selten, ohne dass die Kreuzfahrer jemals das heilige Land erreichten. Doch wenn sie es
erreichten, schlugen sie sich nicht nur mit den islamischen Kriegern. So manches Dorf
und manche Stadt, die eher jüdisch war, aber nun mal mit auf dem Weg lag, wurde dem
Erdboden gleich gemacht und manchmal wurde eben auch schon mal eine christliche
Stadt wie Byzanz miterorbert. Der Mangel an Erfolg brachte dann zum Glück wieder die
Vernunft in die Königshäuser Europas.
Besser jedenfalls wäre es für das
Christentum gewesen, wenn sie diese
Kreuzzüge hätten sein lassen und so wie
Friedrich II. einfach mit den Kollegen im
Morgenland verhandelt hätten. Schon 200
Jahre später eroberten die Moslems im
Osten Europas Stück für Stück das
Abendland. Bis eben zu den Tagen im Jahr
1529, an dem Sultan Suleiman II. mit
seinen 300.000 türkischen Kameraden vor
den Toren Wiens stand. Nur ein
sintflutartiger Regen konnte das Abendland
retten und zwang die Türken zum Rückzug.
Ein Wunder sozusagen.
Mit der Eroberung Byzanz im Jahre 1453 durch die Osmanen schnitten die Moslems die
Europäer vom Handel mit Indien ab. Ungewollt lösten sie so das Zeitalter der großen
Entdeckungen aus, weil die Europäer neue Wege nach Indien suchen mussten und ganz
nebenbei, aus Versehen eher, Amerika entdeckten oder auch ganz um Afrika
herumsegelten. Die Christen machten sich in der Neuen Welt dann auf, neue Heiden zu
finden und zu christianisieren. Die Neuzeit begann. Das Abendland und das Morgenland
lösten sich kulturell immer mehr von einander.
Die Kreuzzüge zeugen somit nicht von heldenhaften Rittern und Königen, sondern waren
eine Katastrophe für das Abendland. Meist eben noch dazu ohne dass auch nur ein
Moslem "Buh" sagen musste. Ritterlich, ja königlich hingegen war das Verhalten von
Friedrich II., das nicht nur zum gewünschten Erfolg führte, im Gegensatz zu den
sinnlosen Scharmützeln, sondern hoffentlich auch in der Zukunft Nachahmer findet.
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