Westfälische Wilhelms-Universität Münster Institut für Didaktik der Mathematik und Informatik Dr. Astrid Brinkmann Wintersemester 2009/10 Arithmetik Übungen 1 Mein teurer Freund, ich rat Euch drum Zuerst Collegium Logicum. Da wird der Geist Euch wohl dressiert, In spanische Stiefeln eingeschnuert, Dass er bedaechtiger so fortan Hinschleiche die Gedankenbahn, Und nicht etwa, die Kreuz und Quer, Irrlichteliere hin und her. (Goethe, „Faust“) Aufgabe 1 (15 Punkte) In der Mathematik haben wir es mit Aussagen zu tun. Eine mathematische Aussage ist ein sprachliches Gebilde, von dem prinzipiell feststeht, ob es wahr (w) oder falsch (f) ist (Aristoteles). a) Geben Sie an, welche der folgenden sprachlichen Gebilde Aussagen sind, und entscheiden Sie ggf., ob es sich um eine wahre oder eine falsche Aussage handelt. (i) Jede Primzahl ist ungerade. (ii) Jede Quadratzahl ist durch 2 teilbar. (iii) Für alle m ∈ ℕ 1 existiert ein n ∈ ℕ , so dass n < m . (iv) Das Produkt dreier aufeinander folgender natürlicher Zahlen ist stets durch 6 teilbar. (v) Es gibt eine rationale Zahl, die nicht reell ist. (vi) 0, 9 ist gleich 1. (vii) Die Gleichung x 2 + 5 x + 6 = 0 hat zwei Lösungen in der Menge der ganzen Zahlen ℤ. (viii) Die Gleichung x3 + 1 = 0 hat keine Lösung in der Menge der reellen Zahlen ℝ . b) Formulieren Sie folgende Aussagen mit Hilfe von „Es gibt ...“ und „(Für) alle ...“. 1 Beispiel: Aus „Ist x eine reelle Zahl und x > 0 , so ist > 0 “ wird „Für alle x mit x ∈ ℝ x 1 und x > 0 gilt > 0 “. x (i) Politiker sind bestechlich. (ii) Manche Politiker sind bestechlich. (iii) Die Gleichung 3 x = 2 hat keine Lösung in ℤ . (iv) Ist α eine reelle Zahl ≠ 0 , so ist α 2 > 0. 1 m ∈ ℕ steht für: m ist eine natürliche Zahl. c) Bilden Sie die Negation (d.h. die Verneinung) folgender Aussagen. (i) Für alle reellen Zahlen α ≠ 0 ≠ β gilt (α + β )2 > 0 . (ii) Es gibt eine natürliche Zahl m, so dass n ≤ m für alle natürlichen Zahlen n gilt. (iii) Unter den Erstis gibt es einen Studenten, der die Arithmetikvorlesung nicht besucht. Aufgabe 2 (20 Punkte) Aussagen A und B kann man zu neuen sprachlichen Gebilden, die wiederum Aussagen sein können, zusammensetzen, wie z.B. a) „wenn A, dann B“ (in Zeichen: A ⇒ B ), b) „A und B“ (in Zeichen: A ∧ B ), c) „A oder B“ (in Zeichen: A ∨ B ), d) „nicht A“ (in Zeichen: ¬A ). Die Festlegung der Wahrheitswerte für o.a. zusammengesetzte Aussagen in Abhängigkeit der Wahrheitswerte der Aussagen A und B ist in folgender Tabelle dargestellt. A w w f f B w f w f A⇒ B w f w w A∧ B w f f f A∨ B w w w f ¬A f f w w Zu a): Folgendes Beispiel illustriert, inwiefern die Festlegung der Wahrheitswerte von A ⇒ B sinnvoll ist. Tim und Lisa spielen „Mensch ärgere dich nicht“. Tim sagt: „Wenn ich im nächsten Wurf eine sechs bekomme, dann hast du anschließend todsicher eine drei und kannst mich wieder rauswerfen.“ Wir überlegen, unter welchen Bedingungen Tims Behauptung wahr wird, und unterscheiden hierfür die folgenden vier möglichen Fälle: 1) Tim wirft eine sechs, Lisa wirft eine drei. 2) Tim wirft eine sechs, Lisa wirft keine drei. 3) Tim wirft keine sechs, Lisa wirft eine drei. 4) Tim wirft keine sechs, Lisa wirft keine drei. Offensichtlich ist Tims Behauptung wahr, wenn Fall 1) eintritt und falsch, wenn Fall 2) eintritt. In den Fällen 3) und 4) lässt sich Tims Behauptung als wahr bewerten, er hat ja nur für den Fall, dass er eine sechs bekäme, etwas behauptet; keinesfalls hat er gesagt, dass er eine sechs bekäme. Zu b): Eine Analyse des umgangssprachlichen Gebrauch von „und“ zeigt: Sind beide Aussagen A, B wahr, so wird auch „A und B“ als wahr betrachtet. Ist aber eine der Aussagen A, B falsch, bzw. sind es beide, wird „A und B“ als falsch angesehen. Zu c): Das Wort „oder“ wird umgangssprachlich in zweierlei Bedeutung benutzt: Als „entweder ... oder“ (im ausschließlichen Sinne) und auch als „nicht ausschließendes oder“ (z.B. bei: „Bewerben kann sich, wer mittlere Reife oder eine abgeschlossene Lehre nachweisen kann“). In der Mathematik hat man sich auf die zweite Bedeutung des Wortes „oder“ geeinigt. Zu d): Die Aussage „nicht A“ erhält man durch Verneinen oder Negieren der Aussage A, sie heißt Negation der Aussage A. Aufgabe: Vervollständigen Sie die nachstehenden Tabellen. A B w w f f w f w f B ∨ ¬A ¬A ∨ B ¬B ¬( A ∨ B ) B⇒ A ( A ⇒ B ) ∧ ( B ⇒ A) ¬A ∧ ¬B kurz: A ⇔ B ¬( A ∧ B ) ¬B ⇒ ¬A ¬A ∨ ¬B Aufgabe 3 (3 Punkte) - Von der Schwierigkeit, Frauen zu verstehen Anne sagt: „Bettina lügt.“ Bettina sagt: „Claudia lügt.“ Claudia sagt: „Anne und Bettina lügen.“ Wer lügt denn nun? Aufgabe 4 (3 Punkte) – Unendliche Weiten Die Enterprise fliegt zu Forschungszwecken zum weitgehend unbekannten Planeten Warlüg. Man weiß bisher nur, dass sich das Volk in drei Stämme unterteilt, die Xurs, welche immer die Wahrheit sagen, die Polits, notorische Lügner, und die Yzys, die lügen oder die Wahrheit sagen, je nach Lust und Laune. Captain Piccard und Lt. Com. Data beamen sich auf den Planeten und begegnen drei Einheimischen. Dem äußeren Erscheinungsbild nach zu urteilen ist jeder der drei Stämme vertreten. Piccard: „Von welchem Stamm seid ihr?“ Der erste sagt: „Der dritte ist ein Polit.“ Der zweite sagt: „Der erste ist ein Xur.“ Der dritte sagt: „Ich bin ein Yzy.“ Piccard zu Data: “So kommen wir nicht weiter.“ Data blickt Piccard verständnislos an: „Aber es ist doch offensichtlich, wer von welchem Stamm ist …“ Nämlich? Aufgabe 5 (5 Zusatzpunkte) Ein Schachbrett (8 mal 8 Felder) kann mit 32 Dominosteinen (jeder so groß wie zwei nebeneinanderliegende Schachbrettfelder) genau passend belegt werden. Nun entfernt man zwei diagonal gegenüberliegende Eckfelder des Schachbretts. Kann man das so entstandene Brett ebenfalls mit Dominosteinen genau passend belegen? Wenn ja, machen Sie es vor; wenn nein, beweisen Sie es. Abgabetermin: Dienstag, 20.10.08, 12.15 Uhr im M2 Bitte geben Sie jeweils zu zweit ein Übungsblatt ab.