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10.4 Einführung
10.4
Einführung
In der Kombinatorik geht es darum, die Anzahl der Elemente von Mengen zu bestimmen,
die von Parametern – hier immer n – abhängen. Wir bezeichnen Mengen mit An , Bn , ..., ihre
Mächtigkeit (also die Anzahl ihrer Elemente) mit an , bn , ... und die entsprechenden erzeugenden
Funktionen (Potenzreihen) mit A(x), B(x), ....
Um zu zeigen, daß zwei Folgen gleich sind, z.B. an = bn , kann man zeigen, daß A(x) = B(x)
(analytischer Beweis) oder daß An und Bn gleichmächtig sind (kombinatorischer Beweis). Für
einen kombinatorischen Beweis ist zu zeigen, daß man zwischen An und Bn eine eineindeutige Zuordnung finden kann. Das heißt, man muß eine Vorschrift finden, wie man ausgehend
von einem Element der Menge An eindeutig ein Element der Menge Bn bestimmen kann und
umgekehrt.
Wir betrachten folgende
Aufgabe 1: Bestimme die Anzahl von Möglichkeiten, n als Summe zweier nichtnegativer geordneter Zahlen darzustellen.
Mathematisch ausgedrückt bedeutet das, wir Suchen die Mächtigkeit an der Menge
An = {(a, b) | n = a + b, a ≥ b ≥ 0}
Durch probieren
0 = 0
1 = 1+0
2 = 1+1
= 2+0
3 = 2+1
= 3+0
4 = 3+1
= 2+2
= 4+0
erhält man schnell die Idee
(an )∞
n=0 = 1, 1, 2, 2, 3, 3, 4, ...
Damit erhält man die erzeugende Funktion, indem man die Folgeglieder mit geradem und
ungeradem Index separat behandelt
A(x) =
∞
X
n=0
n
an x =
∞
X
2n
(n + 1)x
+
n=0
∞
X
(n + 1)x2n+1 =
n=0
1
x
1+x
1
=
+
=
=
2
2
2
2
2
2
(1 − x )
(1 − x )
(1 − x )
(1 − x)(1 − x2 )
P
1
n
Beim Berechnen der Summe haben wir die bekannte Formel ∞
n=0 (n + 1)q = (1−q)2 benutzt.
Wir betrachten drei weitere Aufgaben, bei denen wieder die Mächtigkeit einer Menge, die von
n abhängt zu bestimmen ist.
Aufgabe 2: Bestimme die Anzahl von Möglichkeiten, n als geordnete Summe von Einsen und
Zweien darzustellen.
Bn = {n = 1 + · · · + 1 + 2 + · · · + 2}
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10 INHALTSANGEBE: ADDITIVE ZAHLENTHEORIE
Aufgabe 3: Bestimme die Anzahl von nichtnegativen ganzzahligen Lösungen der diophantischen Gleichung n = 1 · i + 2 · j.
Cn = {(i, j) | n = 1 · i + 2 · j, i ≥ 0, j ≥ 0}
Aufgabe 4: Bestimme die Anzahl von Möglichkeiten, n als Summe von zwei Summanden
darzustellen, wobei der erste Summand eine beliebige nichtnegative ganze Zahl und der zweite
Summand eine nichtnegative gerade Zahl sein soll.
Dn = {(x, y) | n = x + y, x ≥ 0, y ≥ 0, 2|y}
Es gilt an = bn = cn = dn .
Beweis (kombinatorisch):
1) bn = cn : Das ist offensichtlich. i und j aus Cn sind gerade die Anzahlen der Einsen und
Zweien aus Bn .
2) cn = dn : Auch das ist offensichtlich. n = 1 · i + 2 · j aus Cn ist gerade eine Zerlegung in die
Summe einer Zahl und einer geraden Zahl wie in Dn verlangt. Und umgekehrt. Hat man eine
Zerlegung Dn gefunden, dann ist i der erste Summand und j die Hälfte des zweiten Summanden.
3) an = cn : Das ist nicht ganz so offensichtlich. Angenommen, wir haben eine Lösung n =
1 · i + 2 · j, also ein Element der Menge Cn , dann ist n = i + 2j = (i + j) + j = a + b eine
Zerlegung von n in zwei Summanden, wobei der erste nicht kleiner sein darf als der zweite (was
wegen i ≥ 0 erfüllt ist) also ein Element der Menge An . Umgekehrt, wenn ein Element der Menge
An gegeben ist, also eine Zerlegung n = a + b mit a ≥ b ≥ 0, dann ist n = a + b = (a − b) + 2b
eine Zerlegung von n als n = i + 2j, also ein Element der Menge Cn .
Wir bestimmen jetzt die erzeugenden Funktionen der vier Folgen – die natürlich alle gleich sein
müssen. Das wäre ein analytischer Beweis von an = bn = cn = dn .
P
n
Wir beginnen mit D(x) = ∞
n=0 dn x , also der erzeugenden Funktion der Folge dn aus Aufgabe 4. Wir schreiben alle möglichen Zahlen, die als erster Summanden in Frage kommen auf:
(0, 1, 2, 3, 4, ...) und die, die als zweiter Summand in Frage kommen: (0, 2, 4, 6, 8, ...). Diese Zahlen betrachten wir als Exponenten von x, addieren sie einzeln und multiplizieren die beiden
Ausdrücke miteinander. Das ergibt gerade D(x), also
D(x) = (x0 + x1 + x2 + x3 + x4 + · · · )(x0 + x2 + x4 + x6 + x8 + · · · )
(1)
Warum ist das gerade D(x)? Ausmultipliziert ergeben sich Summanden der Form xα xβ = xα+β ,
wobei α irgentein Exponent aus der ersten und β einer aus der zweiten Klammer ist. α + β
ist gerade eine Summe, wobei der erste Summand eine beliebige Zahl und der zweite eine
gerade Zahl ist. Genau so waren die Exponenten gewählt worden. Die Summe α + β kann für
verschiedene α und β gleich sein. Ist sie z.B. n, dann treten nach dem Ausmultiplizieren der
Klammern mehrere Glieder xn auf. Insgesammt genau so viele, wie es Möglichkeiten gibt, n als
Summe von solchen Summanden darzustellen. Nach dem Zusammenfassen der Glieder ist der
Koeffizient vot xn gerade diese Anzahl, also dn .
Andererseits läßt sich D(x) aus (1) leicht berechnen. Es ist
D(x) = (1 + x + x2 + · · · )(1 + x2 + x4 + · · · ) =
wie zu erwarten war.
1
1
1
·
=
2
1−x 1−x
(1 − x)(1 − x2 )
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10.4 Einführung
P
n
Jetzt berechnen wir C(x) = ∞
n=0 cn x , also der erzeugenden Funktion der Folge cn aus Aufgabe
3. Dazu summieren wir die diophantische Gleichung über alle möglichen Lösungen (i, j) für alle
möglichen n. Das ergibt eine Doppelsumme, die gerade C(x) ist und sich leicht berechnen läßt
!
!
∞ X
∞
∞ X
∞
∞
∞
X
X
X
X
X
C(x) =
x1·i+2·j =
x1·i+2·j =
xi x2j =
x2j =
xi ·
i≥0,j≥0
=
i=0 j=0
i=0 j=0
j=0
i=0
1
1
1
·
=
2
1−x 1−x
(1 − x)(1 − x2 )
und wieder das gleiche Ergebnis liefert. Beim Berechnen der Summe haben wir benutzt, daß
eine Doppelsumme von einem Produkt, bei dem jeder Faktor nur von einem Index abhängt,
gerade das Produkt von einfachen Summen ist. Letztlich habe wir genau dasselbe getan wie
beim Berechnen von D(x).
P
Warum ergab das gerade C(x)? Die Summe i≥0,j≥0 x1·i+2·j läuft über alle möglichen Summanden i und j. Manchmal ergeben diese gerade n. Faßt man alle, die n ergeben zusammen,
sind das gerade soviele, wie es (i, j)-Paare gibt, die die Gleichung n = 1 · i + 2 · j lösen, das war
gerade cn .
Anders ausgedrückt, haben wir in der Doppelsumme die Summanden anders angeordnet, nämlich
X
1·i+2·j
x
=
∞
X
n=0
i≥0,j≥0
X
1·i+2·j
x
=
∞
X
cn xn
n=0
(i,j):n=1·i+2·j
B(x) berechnen wir nicht extra, weil die Äquivalenz der Aufgaben 2 und 3 allzu offensichtlich
ist. Wir schreiben die Summanden 1 · i und 2 · j einfach als Summen von Einsen bzw. Zweien.
Jetzt berechnen wir A(x). Genau wie bei C(x) bilden wir
X
A(x) =
xa+b
alle möglichen a und b
Im Unterschied zur Aufgabe 3 ist es hier nicht so einfach, den Bereich festzulegen, über den
summiert werden muß, da a und b voneinander abhängen. Wenn a gewählt ist, ist b nicht mehr
beliebig, sondern darf nicht größer als a werden. Das ergibt eine Doppelsumme, die aus zwei
geschachtelten einfachen Summen besteht.
A(x) =
∞ X
a
X
xa+b =
a=0 b=0
=
1
1−x
∞
X
a=0
xa
a
X
xb =
a=0
b=0
1
x
−
1 − x 1 − x2
∞
X
=
∞
xa
1 − xa+1
1 X a
x − x2a+1 =
=
1−x
1 − x a=0
1
1
((1 + x) − x) =
2
(1 − x)(1 − x )
(1 − x)(1 − x2 )
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