Bettwanzen Zunehmend Probleme mit deren Verschleppung Quelle: www.focus.de Dipl.-Biol. G. Burmeister Fortbildungsveranstaltung HBÄ / HFK der Krankenhäuser u. Rehakliniken M-V 22.06.2011, FHS Güstrow Bettwanze (Cimex lectularius) Die zur Familie der Plattwanzen (Cimicidae) gehörende Bettwanze ist weltweit verbreitet. Jahrzehntelang spielten Bettwanzen in den Industriestaaten höchstens eine untergeordnete Rolle. Seit etwa 15 Jahren wird jedoch hier, so auch in Deutschland, ein deutlicher Anstieg der Bettwanzenprobleme beobachtet. Einsendung von Bettwanzen an das LAGuS M-V zur Bestimmung Jahr Anzahl Fundorte 2004 2 Wohnung 2005 5 Wohnung 2006 8 Wohnung, Hotel (1x), Pension (1x) 2007 4 Wohnung, Klinik (1x) 2008 3 Wohnung, Klinik (1x) 2009 5 Wohnung 2010 5 Wohnung, Pension (1x) Bettwanzen – Einschleppungssituation in Mecklenburg-Vorpommern Da Schädlingsbekämpfungsbetriebe in Meckl.-Vorp. nicht verpflichtet sind Bettwanzenvorkommen zu melden, gibt es darüber keine genauen Aussagen. Nach Befragung von 9 der 40 in Meckl.-Vorp. ansässigen Schädlingsbekämpfungsbetriebe kann in unserem Land seit etwa 5 Jahren der Trend einer leichten Zunahme der Bettwanzenfälle angenommen werden. Die Ursachen der Einschleppung waren zumeist auf vorhergehende Reisen (insbes. ins Ausland) zurückzuführen. Morphologie der Bettwanze Aussehen: Erwachsene Bettwanzen sind im nüchternen Zustand gelbbraun bis rotbraun und dorsoventral abgeplattet. Nach dem Blutsaugen kommt es im Bereich des Hinterleibs zunehmend zu Schwarzverfärbungen. Größe (Länge) der erwachsenen Tiere: 4 bis 7 mm (nüchtern) bis 9 mm (vollgesogen) Bettwanze (Cimex lectularius) Quelle: ISS Pest Control AG Bettwanze (Cimex lectularius) Quelle: www.jakobsweg2007.de Quelle: Wikipedia Quelle: www.baerenfaenger-witte.de Quelle: Wikipedia Bettwanze (Cimex lectularius) Quelle: www.faz.net Quelle: Clemson University Quelle: gartendoctor.bayergarten.de Quelle : www.drs.ch Lebensweise der Bettwanze (1) Quelle: Pest Control News 42 / 2009 Die Bettwanze ist ein blutsaugender Ektoparasit an gleichwarmen Lebewesen (Vögel, Säugetiere, Mensch). Die erwachsenen Wanzen und ihre Larven suchen i. d. R. den Wirt nur zur Nahrungsaufnahme auf (vorrangig bei Dunkelheit). Lebensweise der Bettwanze (2) Tagsüber halten sie sich in engen Verbergeorten versteckt. Saugzeit je nach Entwicklungsstadium 3 bis 20 Minuten. Erwachsene Wanzen saugen bei Zimmertemperatur alle 3-7 Tage. Hungervermögen bei Zimmertemperatur bis zu 7 Monate, bei 10-12°C bis zu 1,5 Jahre. Entwicklung der Bettwanze (1) Quelle: ISS Pest Control AG Entwicklung der Bettwanze (2) Quelle: gartendoktor.bayergarten.de Quelle: Killgerm, Leitfaden z. Bettwanzenkontr. Eiablage: - In Verbergeorten (Eier werden dort vom Weibchen festgeklebt). - Ein Weibchen legt an einem Tag etwa 2-3, insges. bis zu 400 Eier. - Die mit einem Deckel versehenen zylindrisch geformten Eier sind weißlich bis gelblich und 1-2 mm lang. Larvenschlupf: Ist temperaturabhängig, bei 20°C nach ca. 2 Wochen. Entwicklung der Bettwanze (3) Dauer der Larvenentwicklung: - Abhängig von Temperatur und Ernährung (bei 20°C u. ständig möglicher Nahrungsaufnahme ca. 8 Wochen). - 5 Larvenstadien (hemimetabole Entwicklung). Gesamtentwicklungsdauer: - Bei 20°C und ständig verfügbarer Nahrung ca. 10 Wo chen. - Bei höheren Temperaturen (25-27°C) und häufigen Bl utmahlzeiten Verkürzung auf 4-5 Wochen möglich. - Bei niedrigen Temperaturen (< 18°C) und nicht rege lmäßigem Nahrungsangebot Verzögerung auf 4-7 Monate. - Unterhalb 14°C ruht die Entwicklung. Entwicklung der Bettwanze (4) Lebenserwartung: Bei 18-20°C und ausreichender Ernährung durchschnittlich 9 Monate, höchstens 1,5 Jahre. Vorkommen der Bettwanze (1) Schlaf- und Wohnräume des Menschen Vogelnester Hühnerställe, Taubenschläge, Kleinkäfige etc. Vorkommen der Bettwanze (2) Potentielle Verbergeorte im Wohnbereich des Menschen (1): - alle Ritzen, Fugen u. dunklen Ecken der Bettgestelle - unter den Matratzen u. in deren Falten - Ritzen u. dunkle Ecken von Möbeln - Mauerspalten, Nagellöcher - Hohlräume hinter Wandtäfelungen, Bildern, Wandspiegeln, Tapetenu. Scheuerleisten, Tür- u. Fensterrahmen, Holzverkleidungen u. Verschalungen Vorkommen der Bettwanze (3) Potentielle Verbergeorte im Wohnbereich des Menschen (2): - unter lockeren Tapeten - in Durchbrüchen für Rohrleitungen, Steckdosen, Lichtschaltern, Jalousiekästen - in Falten von Vorhängen u. Gardinen Hinweis: Wanzen suchen i. d. R. enge Verstecke auf und meiden feuchte, kalte u. zugige Plätze. Bedeutung der Bettwanze (1) Stichreaktionen Abhängig von der individuellen Sensibilität eines Menschen. Reaktionsmöglichkeiten: - kleine juckende Rötungen - juckende Quaddeln - länger anhaltende Papelbildung - generalisierende Urticaria - allergisch-asthmatische Beschwerden Ein Aufkratzen der Stichstellen kann zu Sekundärinfektionen führen. Bedeutung der Bettwanze (2) Stichreaktionen Bevorzugte Stichstellen an überwiegend frei getragenen Körperpartien (Gesicht, Hals, Extremitäten, Schulter). Quelle: www.holidaycheck.de Quelle: vompazifik.blogspot.com Bedeutung der Bettwanze (3) Stichreaktionen Quelle: www.gutefrage.net Quelle: ISS Pest Control AG Quelle: Pest Control News 42 / 2009 Bedeutung der Bettwanze (4) Überträger von Krankheitserregern? Bisher konnten weltweit bei Bettwanzen 28 humanpathogene Erreger nachgewiesen werden (u. a. Hepatitis B- u. HIV-Virus). Der Nachweis einer Übertragung dieser Erreger wurde bislang aber nicht erbracht. Nach derzeitigem Kenntnisstand dürfte die Bettwanze als Vektor höchstens eine untergeordnete Rolle spielen. Weiterverbreitung der Bettwanze Aktiv durch Einwanderung aus befallenen Bereichen (z. B. aus befallenen Wohnungen, Vogelnestern am Gebäude) Passiv durch Verschleppung (= Hauptverbreitungsweg) - mit Reisegepäck aus befallenen Hotelzimmern, Urlaubsquartieren, Herbergen etc. (insbesondere Ausland) - durch Handel mit Gebrauchtgegenständen (Möbel, Teppiche, Matratzen, Elektrogeräte u. a.) - nach Kauf von Antiquitäten (Bilder, Spiegel usw.) - mit Möbeln nach längerer Unterstellung in Lagerhallen - über von Abrissen stammende Balken, Bretter u. a. Materialien Einschleppungsmöglichkeiten von Bettwanzen in Kliniken, Alten- und Pflegeheime In erster Linie mit dem Gepäck eingewiesener Patienten. In Seniorenheimen auch mit privaten Möbelstücken der Heimbewohner. Eine Einwanderungsmöglichkeit aus evtl. am Gebäude befindlichen Vogelnestern, die mit Wanzen befallen sind, kann nicht hundertprozentig ausgeschlossen werden. Potentielle Ursachen für die weltweite Zunahme des Bettwanzenbefalls Zunehmender Tourismus („Globaler Tourismus-Boom“) Weitere Ausdehnung des Gebrauchtwarenhandels (auch immer mehr über das Internet) Erkennen eines Bettwanzenbefalls (1) Inspektion im Schlafbereich beginnen (Taschenlampe, Lupe). Charakteristischer Wanzengeruch bei stärkerem Befall (widerlich süßlich). Wanzenkot an dunklen Stellen (vor ihren Verstecken, auf Laufwegen, auf Bettwäsche). Kot dunkel, am häufigsten schwarz; auf glatten Unterlagen meist kreisrund. Quelle: www.tripadvisor.com Quelle: www.focus.de Quelle: www.holidaycheck.de Erkennen eines Bettwanzenbefalls (2) Stichreaktionen in Form der Anordnung erfragen und zeigen lassen (Anordnung in Gruppen); oft an Körperstellen, über die keine Nachtkleidung gezogen wurde. Ermittlung der Hauptversteck- und Brutplätze der Wanzen unter Verwendung eines Austreibemittels (z. B. Pyrethrum-Spray). Bettwanzen bevorzugen Verstecke aus Holz, Papier oder Textilien. Quelle: Pest Control News 42 / 2009 Quelle: Killgerm, Leitf. z. Bettwanzenkontr. Erkennen eines Bettwanzenbefalls (3) Quelle: Pest Control News 42 / 2009 Quelle: Pest Control News 42 / 2009 Ergänzende Hinweise zur Befallskontrolle (1) Bettwanzenmonitoren - Aus 4-lagiger Wellpappe bestehender Monitor, welcher als Versteck für die Wanzen dienen soll. Quelle: Killgerm GmbH - Monitor aus Wärmeelement und Fallenkörper mit integrierter Kleberinne. Quelle: PPS 2010 - Ganz neu entwickelter Monitor auf Basis einer gleichzeitigen Abgabe von Wärme und CO2 . Mittels spezieller Klebefläche werden die angelockten Bettwanzen arretiert. Quelle: DpS 4 / 2011 Ergänzende Hinweise zur Befallskontrolle (2) Sollten im Verdachtsfall bei der Inspektion keine Bettwanzen nachzuweisen sein, Betten mit doppelseitigem Klebeband umranden. Bei geringgradigem Befall und fehlendem Wanzennachweis kann ein Einsatz speziell ausgebildeter Wanzenspürhunde sehr hilfreich sein. Quelle: www.openpr.de Bekämpfung der Bettwanzen (1) Herangehensweise Da die Tilgung eines Bettwanzenbefalls sehr anspruchsvoll ist, gehört sie in die Hände von sachkundigen Schädlingsbekämpfern. Zunächst Ergründen der Befallsursache. Intensive und umfangreiche Befallskontrolle, dabei angrenzende Bereiche sowohl horizontal als auch vertikal in die Kontrolle einbeziehen. Es sollten sämtliche Verbergeorte der Wanzen mit Hilfe eines Austreibemittels aufgespürt werden. Zur Bekämpfung ist eine Kombination verschiedener Verfahren anzuraten. Bekämpfung der Bettwanzen (2) Mechanische Maßnahmen (1) Freilegung der Verbergeorte für insektizide Maßnahmen. Bettwäsche abziehen. Betten auseinander nehmen, Bettgestelle gründlich untersuchen und absaugen. Matratzen, Bettwäsche etc. auf hellem Tuch ausklopfen bzw. abbürsten und gründlich absaugen. Matratzen könnten im Anschluss mit speziell geprüften BettwanzenMatratzenhüllen überzogen werden. Bekämpfung der Bettwanzen (3) Mechanische Maßnahmen (2) Protect A Bed - Matratzenhülle Quelle: DpS 10 / 2010 Bekämpfung der Bettwanzen (4) Mechanische Maßnahmen (3) Intensives Absaugen: Polstermöbel, unter diesen, unter den Betten, Fußleisten. Staubsaugerbeutel anschließend mit kochendem Wasser überbrühen und den Staubsauger nach Bettwanzen absuchen. Betten mind. 10 cm von den Wänden abrücken und mit doppelseitigem Klebeband umranden (als Schutz vor zuwandernden Wanzen). Bekämpfung der Bettwanzen (5) Hitzebehandlung (1) Bettwäsche: Waschen bei 60°C (30 Min.), Wäschetrockner bei 45°C (60 Min.). Befallene Bettdecken, Matratzen, Teppiche u. a.: Desinfektionsanstalt (mind. 60°C Kerntemperatur übe r 10 Min.), zuvor wanzensichere Verpackung in Folie. Verwanzte Möbelstücke, Kunstgegenstände: Heißluftverfahren (55°C über mind. 1 Std.). Teppiche, Fußbodenbeläge, Polstermöbel: Dampfreiniger (geringe Dampffreisetzung); Temperatur der behandelten Oberflächen sollte 70-80°C erreichen. Bekämpfung der Bettwanzen (6) Hitzebehandlung (2) Hochtemperatur-Heizlüfter Thermo-bug Quelle: Fleschhut UG Bekämpfung der Bettwanzen (7) Kältebehandlung Kleine befallene Einrichtungsgegenstände (z. B. Bilder, Bücher): Verpackung in Plastikbeutel und anschließend in den Tiefkühlschrank (mind. -18°C über 3 Tage). Begasung Verwanzte Möbelstücke, Kunstgegenstände u. a.: Begasung im Container z. B. mit Kohlendioxid (mind. 8 Std.). Bekämpfung der Bettwanzen (8) Insektizidbehandlung (1) Ermittelte Verbergeorte zugänglich machen. Gezielte Ausbringung von Insektiziden in die Versteckbereiche auf Basis von Residualinsektiziden mit niedrigem Dampfdruck < 10-5 Pa. Ggf. auch Einsatz von Nebelmitteln, insektizidfreien Pulvern (z. B. amorphes Siliziumdioxid) oder mikroverkapselten Präparaten. In Elektrogeräten (Fernseher, Leuchten, Stereoanlagen, Telefone, Uhren etc.) sich versteckt aufhaltende Bettwanzen: Geräte zusammen mit Dichlorvos haltigen Insektenstrips in stabile Plastiksäcke verpacken, diese fest verschließen und außerhalb der Wohnung 1 Woche zur Entwesung stehen lassen. Bekämpfung der Bettwanzen (9) Insektizidbehandlung (2) Nach Ausbringung der Mittel in die Versteckbereiche können die Wanzen mit einem Kurzzeitmittel (z. B. Pyrethrum) ausgetrieben werden. Zwei bis mehrere Wiederholungsbehandlungen oft erforderlich (Empfehlung: Nachkontrolle jeweils nach etwa 2 Wochen). Ein Bettwanzenbefall ist dann erst als getilgt zu betrachten, wenn 2 Monate nach der letzten Bekämpfung kein Wanzenstich mehr aufgetreten ist. Zu beachten sind Hinweise auf sich entwickelnde Resistenzen gegenüber bestimmten Insektiziden (z. B. geg. pyrethroide Wirkstoffe). Bettwanzenprophylaxe Öffentlichkeitsarbeit, Fortbildung und Wachsamkeit. Nach Rückkehr von Reisen, insbesondere aus dem Ausland, sofortige gründliche Kontrolle des Reisegepäcks (Koffer nicht im Schlafzimmer auspacken). Beim Einbringen gebrauchter Möbel, Matratzen und anderer gebrauchter Gegenstände sollten diese sorgfältig auf Bettwanzen untersucht werden. Merkblatt des LAGuS M-V zum Bettwanzenbefall Internet: LAGuS M-V • Gesundheit • Infektionsschutz / Prävention • Publikationen • Allgemeine Publikationen - für Bürger Vielen Dank für Ihr Interesse Quelle: www.drs.ch