presseinformation - Max F. Perutz Laboratories

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Rekombinationsmaschinen in den Chromosomen MFPL Forscher publizieren neue Erkenntnisse zur Entstehung von Keimzellen Wien, 5. 8. 2011 Bei der Entstehung von Keimzellen, beim Menschen etwa Spermien und Eizellen, werden Chromosomen vielfach gebrochen und neu zusammengefügt. Ein Forschungsteam um Franz Klein, Professor für Genetik an den Max F. Perutz Laboratories der Universität Wien, hat diesen Prozess mithilfe modernster Technologie mit Auflösung im Nanometer-­‐Bereich untersucht. Die überraschenden Ergebnisse zum Mechanismus der Meiose werden in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift CELL veröffentlicht. Es gibt keine sexuelle Fortpflanzung ohne Meiose, denn nur bei dieser speziellen Zellteilung entstehen Keimzellen. Dabei teilt sich eine Zelle so, dass Tochterzellen mit einfachem, statt dem üblichen doppelten Chromosomensatz entstehen. Verschmilzt ein Spermium mit einer Eizelle bei der Befruchtung, so entsteht dadurch ein Embryo. Dessen Zellen haben wieder den doppelten Chromosomensatz. Rätselhafte Meiose In jeder menschlichen Zelle gibt es 46 Chromosomen, von denen je 23 von der Mutter und 23 vom Vater stammen. Werden Keimzellen produziert, wird die Halbierung unter anderem dadurch erreicht, dass aus je einem mütterlichen und einem väterlichen Chromosom ein einziges Tochterchromosom hergestellt wird – die sogenannte Rekombination. "Die Meiose ist ein rätselhafter Prozess. Es ist erstaunlich, dass väterliche und mütterliche Chromosomen einander überhaupt treffen", erklärt Franz Klein. "Vor dem Zusammen-­‐
puzzeln ist jedes der 46 Chromosomen schon repliziert und bewegt sich wie ein siamesischer Zwilling mit seinem Schwesternchromosom durch den Zellkern. In allen anderen Körperzellen würden Chromosomen ausschließlich mit der eng verbundenen Schwester interagieren und sich austauschen. Das wäre aber für die Keimzellenbildung nicht genug, denn nur das Zusammentreffen der elterlichen Chromosomen garantiert, dass die entstehenden Keimzellen die richtige Anzahl an Chromosomen besitzen", so Klein. Nanoblick aufs Chromosom Franz Klein und seine Forschungsgruppe haben Teile jener winzigen, DNA-­‐brechenden Proteinmaschine untersucht, die die Rekombination auslöst. Dazu erstellten sie hochauflösende Landkarten der Chromo-­‐
somen und zeichneten die Landeplätze dieser Proteine ein. "Dank 'DNA-­‐Mikrochip-­‐Technologie' erreichen wir eine Auflösung im Nanometer-­‐Bereich und erhalten so völlig neue Einblicke", sagt Klein. So stellten die ForscherInnen überrascht fest, dass die DNA-­‐brechenden Komplexe nicht wie andere Proteinmaschinen von Chromosom zu Chromosom schwimmen, sondern in den Chromosomen selbst verankert sind. Wegwerfmaschinen Wie bereits entstandene Brüche verhindern, dass in ihrer Umgebung weitere Brüche entstehen, war eines der ungeklärten Rätsel. Frühere Forschung hatte gezeigt, dass jede der DNA-­‐brechenden Nanomaschinen nur einmal funktioniert. "Da wir nun wissen, dass sie fix verankert ist, ist klar, warum in einer bestimmten Gegend nur ein Bruch entstehen kann. Die lokale Maschine ist aufgebraucht und andere Maschinen sitzen an anderen Chromosomenstellen fest", erklärt der Genetiker. Bild: Nano-­‐Modell eines Chromosomenabschnittes mit DNA-­‐brechenden Maschinen. Ringförmige Moleküle halten die Schwesterchromosomen zusammen und die DNA-­‐Schlaufen in Form. Zwischen den DNA-­‐Schlaufen an der Chromo-­‐
somenachse sind zwei Maschinen verankert, eine hält ein soeben gebrochenes Stück DNA. © Franz Klein MAX F. PERUTZ LABORATORIES Dr. Bohr-­‐Gasse 9 | 1030 Wien | Austria Tel: +43 1 4277 24014 | Fax: +43 1 4277 9240 [email protected] | www.mfpl.ac.at The Max F. Perutz Laboratories are a joint venture of PRESSEINFORMATION
Wenn Chromosomen nicht "in Form" sind Gesunde Chromosomen können geordnete DNA-­‐Schlaufen ausbilden, die in der Meiose durch eine Proteinachse verbunden sind. Durch fehlerhafte Gene verlieren Chromosomen diese Form. "Niemand hat bisher verstanden, wieso die Form der Chromosomen die Arbeit der DNA-­‐brechenden Maschinen bestimmt. Wir wissen nun, dass die Maschinen zwischen den Schlaufen an der Chromosomenachse ankern müssen. Verändert sich das Schlaufenmuster, arbeiten die Maschinen an anderen Stellen – oder gar nicht mehr", sagt Klein. Schwesterlicher Übereifer Entlang der Chromosomenachse, wo die DNA-­‐brechenden Maschinen verankert sind, hängen die Schwesterchromosomen wie siamesische Zwillinge zusammen. Obwohl die Schwester aufgrund ihrer Nähe die nächstgelegene Reparaturhelferin ist, mischt sie sich in die Reparatur der Brüche in der Meiose nicht ein. Das Besondere an der Meiose ist die Ausbildung einer Rekombinationsverbotszone an der Chromosomenachse. "Wir denken, dass die DNA-­‐brechenden Maschinen deswegen an der Achse verankert sind, damit die DNA-­‐Brüche direkt in der Rekombinationsverbotszone entstehen. Denn dies lockt zunächst das Schwesterchromosom an, welches von einem gebrochenen DNA-­‐Ende in der Rekombinationsverbots-­‐
zone gehalten wird, während sich das andere DNA-­‐Ende löst, um das väterliche Chromosom zu finden." "Wir können vieles von diesem Szenario beweisen – am Wichtigsten ist jedoch unsere Beobachtung, dass das Schwesterchromosom alle Rekombination an sich reißt, wenn der von uns entdeckte Verankerungs-­‐
mechanismus der Bruchmaschine defekt ist. Das zeigt, dass die Verankerung hilft, die Schwester unter Kontrolle zu halten. Gelingt das nicht, ist das Ergebnis des schwesterlichen Übereifers Tod oder Missbildung der aus den defekten Keimzellen entstehenden Embryos", so Franz Klein. Förderung Die nun publizierte Arbeit wurde im Rahmen eines Sonderforschungsbereichs (F34-­‐"Dynamic Chromosomes") des FWF gefördert. Sieben Forschungsgruppen des MFPL und des IMP arbeiten bei diesem Großprojekt gemeinsam an der Lösung von Problemen der Chromosomenbiologie. Koordination: Franz Klein und Jan Michael Peters, diesjähriger Wittgenstein-­‐Preisträger. Originalpublikation Spo11-­‐Accessory Proteins Link Double-­‐Strand Break Sites to the Chromosome Axis in Early Meiotic Recombination (Silvia Panizza, Marco A. Mendoza,Marc Berlinger, Lingzhi Huang, Alain Nicolas, Katsuhiko Shirahige, Franz Klein). In: Cell, Volume 146, Issue 3, 5 August 2011. DOI 10.1016/j.cell.2011.07.003 Wissenschaftlicher Kontakt: Rückfrage Dr. Franz Klein Georg Bauer, Gabriele Schaller Max F. Perutz Laboratories, Universität Wien Max F. Perutz Laboratories, Communications T +43-­‐1-­‐4277-­‐562 20 T +43 1 4277-­‐24014 [email protected] [email protected] Die Max F. Perutz Laboratories sind ein gemeinsames Forschungs-­‐ und Ausbildungszentrum der Universität Wien und der Medizinischen Universität Wien am Campus Vienna Biocenter. An den MFPL beschäftigen sich rund 450 Wissenschaftler in über 60 Forschungsgruppen mit Grundlagenforschung im Bereich der Molekularbiologie. Page 2 The Max F. Perutz Laboratories are a joint venture of 
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