Das aggressive Kind und ich 2.0" von Joachim Perlberg

Werbung
„Der Wut ins Auge sehen.“
Das aggressive Kind und ich 2.0
OA Joachim Perlberg, Tagesklinik für KJPP Luth. Wittenberg
(Träger: SALUS gGmbH Fachklinikum Bernburg)
Workshop zur Regionalen Fachtagung am 30.11.2011 in Neubrandenburg
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
1
ABLAUF
1.
2.
3.
4.
5.
Kurzvorstellung Tagesklinik Wittenberg
Bedeutung und Wirkung der Aggression
Psychodynamische Sicht auf Aggression
Fallbeispiel: „CONRAD“
Aggressionsminderndes Verhalten bei
uns
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
2
1. Kurzvorstellung Tagesklinik Wittenberg
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
3
1. Kurzvorstellung Tagesklinik Wittenberg
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
4
1. Kurzvorstellung Tagesklinik Wittenberg
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
5
Fernsehfilm „Wut“ (2006)
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
6
2. Bedeutung und Wirkung der Aggression
Expansive Störungen sind der häufigste
Aufnahmeanlass in KJPP
Hyperkinetische Störung des Sozialverh.,
Störungen des SV,
Kombinierte Störungen des SV und der
Emotionen,
Persönlichkeitsentwicklungsstörungen u.a.
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
7
2. Bedeutung und Wirkung der Aggression
Aggressivität ist ein unmittelbar
bedrohliches Phänomen für Jeden
Bedroht die Therapie, die Therapeuten,
die Pflegekräfte, die Mitpatienten, das
Mobiliar, das Setting insgesamt …
Wirkt auch gesellschaftlich so „störend“,
dass Handeln unverzichtbar erscheint diplomatische, wirtschaftliche und
bewaffnete Konflikte, Kriege, Genozid…
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
8
2. Bedeutung und Wirkung der Aggression
Aggressivität ist stark persistierend:
über 40% der Kinder behalten diese
Störung bis ins Erwachsenenalter
Aggressivität führt zu enormen ideellen
und materiellen Einbußen
Aggr. wird habituiert und perpetuiert
Ursachen für destruktive Aggressivität
lassen sich nicht pädagogisch beseitigen
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
9
2. Bedeutung und Wirkung der Aggression
Zunehmendes gesellsch. Bewusstsein für
soziale Entstehungsmechanismen von A.:
Armut, schulische Belastung/Konkurrenz,
familiäre Risiken, Wegbrechen von
Rahmenbedingungen (Werten, Normen),
individuelle und strukturelle Traumata…
Bertolt Brecht: „Der reißende Fluss wird gewalttätig
genannt. Aber das Flussbett, das ihn einengt, nennt
keiner gewalttätig.“
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
10
2. Bedeutung und Wirkung der Aggression
Klaus Hurrelmann: 8-10 % aller Kinder
und Jugendlichen unter 18 Jahren von
mindestens einer Form schwerer Gewaltausübung in der Familie betroffen („Opfer“)
Körperliche Gewalt tritt bei bis zu 15 % der
Kinder + Jugendlichen auf („Täter“)
Bei 10 % psychische und verbale Gewalt
Altersschwerpunkt um das 15. Lebensjahr
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
11
2. Bedeutung und Wirkung der Aggression
Starke Jungenwendigkeit bei der offenen
(expansiven) Aggressivität: historisch,
soziologisch und psychosexuell bedingt
Mädchen nicht weniger aggressiv, aber
eher mit dem eigenen Körper als „Kampfplatz“ (psychosomatische Störungen!)
Aktuell allmähliche Annäherung beider
Formen zwischen den Geschlechtern!
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
12
3. Psychodynamische Sichtweise
„Jedes seelische Symptom, jede
Verhaltensauffälligkeit hat eine
symbolische oder direkte Bedeutung“
Symptome sind entweder Ausdruck von
Reifungskrisen oder von Konflikten
Aggression im pathologischen Sinne dient
immer dem Ausgleich von Spannungszuständen, die als narzisstisches Leck
empfunden werden
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
13
3. Psychodynamische Sichtweise
In letzter Zeit deutlich zunehmende Zahl
„ich-struktureller Störungen“
mehr Aggressivität durch massive
Konflikthaftigkeit der Beziehungen z.B. bei
Borderline-Persönlichkeitsstörungen u.a.
schwere Störungen sozialer Funktionen
gehen immer auf narzisstische Defizite
zurück (Hintergrund: Traumata)
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
14
3. Psychodynamische Sichtweise
„Wendung vom Passiven ins Aktive“ (Freud)
durch Aktivsein wird das Anfluten von
Hilflosigkeit und Ohnmachtsgefühlen
abgewehrt ►
Verhinderung einer depressiven Reaktion!
so ist aktiv aggressives Auftreten = Schutz
vor Depression und Verzweiflung!
Cave: Gehorsam, Überanpassung…
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
15
3. Psychodynamische Sichtweise
Sonderformen aggressiven Verhaltens
a) physiologische Krisenhaftigkeit zur Abwehr von Angst + Scham (z.B. Adoleszenz)
b) Introjektion von Angreifer-Anteilen zum
Erträglichmachen der Hilflosigkeit
(„Identifikation mit dem Aggressor“)
c) Selbstzerstörung als dissoziativmasochistische Wendung von Aggression
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
16
3. Psychodynamische Sichtweise
Ist Aggressivität angeboren oder reaktiv??
neuere Forschung (Kohut, Mentzos u.a.):
die nicht-destruktive Aggressivität ist
angeboren, dient der Exploration/
Eroberung der Umwelt;
die feindselige Destruktivität ist durch
exzessive Unlust bzw. Traumatisierung
bedingt (nur beim Menschen!)
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
17
3. Psychodynamische Sichtweise
Thomä und Kächele:
„Banal erscheinende Kränkungen gewinnen erst durch
unbewusste Phantasien (Übertragungen) den Charakter
einer schweren Bedrohung und setzen destruktive
Prozesse in Gang.
Nur der Mensch besitzt die Fähigkeit, stetig zu phantasieren, und hat so den Feind ständig vor dem inneren
Auge.“
Dies gilt v.a. im Falle früher Regulationsstörungen zwischen Kind und Bezugsperson
narzisstische Verletzung
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
18
3. Psychodynamische Sichtweise
Deshalb gilt
Paul Watzlawick:
„Man kann bei der Wahl seiner Eltern
gar nicht vorsichtig genug sein.“
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
19
3. Psychodynamische Sichtweise
Depressionen sind bei Jungen nicht
seltener als bei Mädchen, sondern eher
von lärmendem Agieren überdeckt
Männlichkeitsrituale in patriarchalen
Kulturen („Gewalt legitimierende Männlichkeitsnormen“)
„Die Symptome von Deprivation und
Delinquenz stellen für die Gesellschaft
eine ebenso große Bedrohung dar wie die
Atombombe.“ (Donald Winnicott)
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
20
3. Psychodynamische Sichtweise
von allen menschlichen Regungen ist es
v.a. die Aggression, die verborgen, maskiert, umgangen und äußeren Ursachen
zugeschrieben wird
Der „Vaterhunger“ beim Fehlen einer
männlichen Identifikationsfigur führt oft zu
„hyperphallischem“ (machohaftem)
Auftreten
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
21
3. Psychodynamische Sichtweise
Winnicott: Aggression ist entweder
- direkte oder indirekte Reaktion auf
Enttäuschung bzw. Verletzung
- eine der beiden Hauptquellen der Energie
des Menschen (lebenserhaltend!)
→ THESE: aggressive und nicht aggressive
Menschen haben die gleiche Energie,
gehen nur verschieden mit aggressiven
Regungen um
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
22
3. Psychodynamische Sichtweise
All das, was Leute vor Gericht bringt,
kommt auch als normale Entwicklung in
der Säuglings- und Kleinkindzeit vor.
Kind ist nur dann grenzüberschreitend,
wenn es Vertrauen zu Vater und Mutter
hat: sichere Bindung - Exploration Grenzüberschreitung - Lernerfahrungen
→ Bedarf an Liebe und Struktur (Rahmen)
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
23
3. Psychodynamische Sichtweise
bei Verlust der stabilen Familie sucht sich
das Kind den Rahmen im Verwandtenund Freundeskreis, Schule/Verein/Peergroup u.ä.
bei deren Versagen oder Zurückweisung
muss die „äußere“ Gesellschaft/Öffentlichkeit herhalten
Hintergrund: realer Verlust („Deprivation“)
an Zuwendung/Vertrauen als Kleinkind
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
24
3. Psychodynamische Sichtweise
„Das Wesensmerkmal des deprivierten
Kindes ist Hoffnungslosigkeit“ (D. Winnicott)
Aggressive Grenzüberschreitungen sind
demnach Ausdruck von Hoffnung des
deprivierten Kindes – in Phasen von
Hoffnung handelt das Kind antisozial (wie
das Kleinkind die Grenzen seiner Eltern zu
sprengen sucht) → THERAPIE möglich!
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
25
3. Psychodynamische Sichtweise
stirbt dagegen die Hoffnung, folgen depressive
Einbrüche, chronische Gefühllosigkeit, Rückzug
Aggressivität ist dann ein Therapiefortschritt!!!
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
26
4. Fallbeispiel „Conrad“
Biographische Anamnese:
7. von 8 Kindern, davon bei Geburt nur
noch ein Geschwisterkind zu Hause
KM starke Intelligenzminderung, KV
Alkoholabusus, beide gerichtl. Betreuung
massive familiäre Streitigkeiten, Gewalt
zw. Ehepartnern und gegenüber Kindern!
„katastrophale häusliche Zustände“ (Jugendamt)
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
27
4. „Conrad“
C. nach Angaben der KM schon mit 1 ½
Jahren besonders auffällig gewesen: aktiv,
impulsiv, sprachlich entwicklungsretardiert
in Kita aggressives Verhalten mit Beißen,
Schlagen, Gegenstände werfen u.a.
Erzieherinnen lehnten seine Betreuung ab!
mit 4 Jahren habe Conrad seinen Bruder
angezündet, massive Verbrennungen (beide)
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
28
4. „Conrad“
KM ging mit Gardinenstange auf C. los
Erste stationäre Aufnahme Klinik für KJPP
Entscheidung zur Herausnahme aus der
Herkunftsfamilie (Kindeswohlgefährdung)
Eingliederung in Kinderdorffamilie
Bis zu 5 weitere Kinder in Pflegefamilie
Dort von Anfang an kaum führbar, grenzüberschreitend, impulsiv, dominant, aggr.
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
29
4. „Conrad“
Einschulung altersgerecht in Regelschule:
scheitert an massiver Verweigerung und
verbalen wie tätlichen Angriffen von
Conrad auf seine Lernumgebung
Umschulung in eine Spezialschule mit
Ausgleichsklassen: sprengt dort ebenso
den Rahmen, wirft mit Steinen und droht
mit Ästen, schreit herum, wirft mit Stühlen,
beißt Lehrerin…
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
30
4. „Conrad“
zusätzlicher pädagogischer Mitarbeiter
machtlos, bringt Conrad oft nach einer
Schulstunde wieder nach Hause (Pflegefamilie)
nach seinen „Ausrastern“ oft depressiver
Zusammenbruch: „Ich bin böse!“, „Bringt
mich um!“, „Warum lebe ich überhaupt?“
Conrad wird wegen seines Verhaltens von
Älteren geschlagen und abgelehnt
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
31
4. „Conrad“ - Wutbild 1
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
32
4. „Conrad“ - Wutbild 2
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
33
4. „Conrad“
Hauptdiagnose: Kombinierte Störung des
Sozialverhaltens und der Emotionen (F 92.0)
Nebendiagnosen:
Sekundäre Enuresis nocturna
ADHS (???),
Störung der sensorischen Integration,
Störung der Feinmotorik (schreibt und malt
nicht gern) u.a.
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
34
4. „Conrad“
ambulante kinderpsychiatrische Behandlung, hohe Dosen Methylphenidat und
Risperidon, gilt als „nicht therapierbar“
Ergotherapie, psychologische Erziehungsberatung, zweiter vollstationärer KJPPAufenthalt ohne nachhaltige Veränderung
Pflegeeltern permanent an der Erschöpfungsgrenze, sind extrem stark bemüht
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
35
4. „Conrad“
psychodiagnostisch massive emotionale
Beeinträchtigungen nachgewiesen, aber
leistungsdiagnostisch liegt Conrad im
oberen Normbereich!
mehrfache Fallkonferenzen, Ergebnis:
derzeit keinerlei Beschulung in Gruppe
möglich, „eine nochmalige vollstationäre
Behandlung wäre extrem Stress verstärkend für Conrad und Pflegefamilie“
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
36
4. „Conrad“
dringender Wunsch nach tagesklinischer
Behandlung bei uns (erscheint zunächst unmöglich) …
Klärung der Voraussetzungen: sofortige
Entlassung oder Verlegung bei Sprengung
des Rahmens möglich, zunächst hoher
Bedarf an Einzelbetreuung, anfangs nur
stundenweise Integration des Jungen
Abstimmung mit gesamtem Team, organisatorische Vorbereitung (spezif. Stundenplan)
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
37
4. „Conrad“
bei Aufnahme Therapievereinbarung mit
Conrad: soll sich selbst ein „Zauberwort“
suchen, das Überforderung in Gruppensituation signalisiert →
dann sofortige Information des Bezugstherapeuten und unmittelbare Intervention
zur Sicherung des Settings nötig
C. scheint hoch motiviert zu sein, freut
sich auf Behandlung, Wertschätzung!
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
38
4. „Conrad“
Verlauf: anfangs extrem vorsichtige
Integration, C. wirkt hoch angespannt und
überbemüht, sich zu integrieren
immer wieder auftretende Versuche,
Mitpatienten oder Personal zu bedrängen
und zu attackieren, können durch sofortige
Intervention und entschiedenes Auftreten
des Personals meist unterbunden werden
in Pflegefamilie aber schwieriger als zuvor
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
39
4. „Conrad“
im Gespräch mit Pflegeeltern, Vormund
und Jugendamt wird dennoch deutlich,
dass C. deutliche Fortschritte in sozialen
Fähigkeiten und bei Gruppenintegration
macht, er wirke stolz auf sich
stufenweise Verlängerung des Aufenthalts
in der TK bis auf täglich 6 Stunden,
Conrad möchte gern bis zum Nachmittag
bleiben und „normal dazu gehören“
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
40
4. „Conrad“
inhaltlich: Spieltherapie, sucht Nähe und
Distanz, will dominieren, greift anfangs
z.T. konkretistisch an, später symbolisch
genießt zahlreiche positive, ich-stärkende
und narzisstisch aufsättigende Interventionen, wirkt erstmals glücklich über sich
zu Mädchen besonders liebevoll, kokettiert
mit dem „Verliebtsein“ einer Mitpatientin
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
41
4. „Conrad“
nach knapp 3 Monaten Behandlungszeit
neuer Focus auf seine Unterordnung:
Therapeut bestimmt, was gemacht wird
C. stimmt verbal zu, zeigt in Einzeltherapie
entsprechende Ansätze (Tiger im Zirkus
macht, was der Dompteur sagt, und wird
durch Zuwendung und Lob belohnt)
versucht nach Regeln zu spielen - ist aber
deutlich angespannter dabei
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
42
4. „Conrad“
plötzlich massivste körperliche und
verbale Aggression gegen Mitpatienten
und Therapeuten, muss an drei Tagen
nach einander festgehalten werden
ist einer nachhaltigen Klärung der Grenzüberschreitung jetzt nicht zugänglich
Entlassung aus Tagesklinik wird mit ihm
besprochen und nach einer Woche
umgesetzt
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
43
4. „Conrad“
vom Moment der Ankündigung, ihn zu
entlassen, endet die Aggression gegen
Menschen schlagartig!
C. nimmt angemessen Abschied, lässt
sich auf rationale Begründung für das
Therapieende ein, zeigt Trauer
wünscht sich ausdrücklich ambulante
Weiterbehandlung bei uns
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
44
4. „Conrad“
Nach der Entlassung ca. wöchentliche
Einzelgespräche mit Spieltherapie
und 3 h/Woche Einzelbeschulung in TK
Conrad begrüßt jedes Mal ausgiebig alle
erreichbaren Mitarbeiter der TK und verabschiedet sich anschließend von ihnen
Therapeutischer Kontakt ist dagegen
deutlich kühler, distanzierter, aber auch
ohne aggressive Grenzüberschreitungen
„wenig Entwicklung spürbar“
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
45
4. „Conrad“
Begleitende Familienarbeit (Pflegeeltern):
Erarbeitung eines Verständnisses der
schweren narzisstischen Störung des
Jungen durch existentielle Traumatisierungen - der Wut ins Auge sehen!
Verbesserung der Strukturgebung und
Abgrenzung innerhalb der Pflegefamilie
Eingestehen negativer Affekte gegenüber
dem Kind, was eine Lösung ermöglicht
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
46
4. „Conrad“
zunehmende Wendung massivster Gewalt
gegen die Pflegemutter führt zu zwei
weiteren stationären Notaufnahmen
schließlich erkennen Pflegeeltern an, mit
der Betreuung des Jungen chronisch
überfordert zu sein
Suche nach anderer Unterbringungsform
mit souveräneren Grenzsetzungen →
Überweisung in vollstationäre Jugendhilfe
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
47
4. „Conrad“
Mittlerweile lebt Conrad 4 Jahre in
intensivpädagogisch betreuter Wohnform
Ca. 2x/Jahr stationäre Aufnahme in KJPP
nötig, meist geplant zur „Intervalltherapie“
und nicht als Notaufnahme
Spricht weiter dankbar und anerkennend
von Pflegefamilie und Tagesklinik
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
48
5. Aggressionsminderndes Verhalten
liebevolle und begrenzende ErsatzUmwelt (in Pflegefamilie, Psychotherapie,
Klinik oder Heim) ist bei Delinquenz
wichtiger als die analytische Therapie bzw.
ist deren notwendige Voraussetzung!!!
sonst werden sich aggressive Phänomene
meist extrem zerstörerisch auf das therapeutische Setting auswirken (gewalttätiges
„Agieren“ des Patienten beim Fehlen von
tragfähiger Struktur)
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
49
5. Aggressionsminderndes Verhalten
Struktur allein nützt aber noch gar nichts,
wiederholt nur die deprivierende Grundsituation des Kindes
Team muss intensive Ausbildung besitzen,
Fortbildung und fundierte Supervision erhalten, um Aggression ertragen zu können
keine Gegen-Aggression!!!
stoische Ruhe, Ernstnehmen der Not,
kontrollierter Umgang mit eigenen Affekten
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
50
5. Aggressionsminderndes Verhalten
Strafen: nur selten profitiert ein Deprivierter von Strafen – subjektiv erlebt er neue
Kränkung, „Provokation“, Ablehnung
häufig dient „Strafe“ nur als blinder
Ausdruck unserer eigenen Rachegefühle
ständige Reflexion über den Umgang mit
Grenzverletzungen und über die eigenen
Gefühle nötig!
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
51
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
52
5. Aggressionsminderndes Verhalten
Michael Winterhoff: drei neu aufgetretene
Probleme bei heutiger Kindererziehung:
a) Partnerschaftlichkeit,
b) Projektion,
c) Symbiose mit dem Kind
überforderte Eltern gehen mit Kindern so
um, dass diese eigene Wünsche und ungelöste Konflikte der Eltern übernehmen!
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
53
5. Aggressionsminderndes Verhalten
dadurch erhalten die Kinder eine Pseudomacht und irrationale Bedeutung, die sie
an präformierten Grenzen scheitern lässt
Reste einer antiautoritären Erziehungshaltung sind ebenso schädlich wie
autoritative / totalitäre Prinzipien
„Kinder müssen Kinder sein dürfen,
Erwachsene müssen Erwachsene sein
wollen.“
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
54
5. Aggressionsminderndes Verhalten
Notwendig: präsente, selbstsichere
Erwachsene mit Reflexionsvermögen
Gegenseitige Abstimmung/Kooperation
Fachlich gute Ausbildung und Supervision
Authentisches Interesse am Schicksal der
Kinder und Jugendlichen
„Inhalt und Rahmen“ = Liebe und Strenge
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
55
5. Aggressionsminderndes Verhalten
Konzept: „AUTORITÄT
OHNE GEWALT“ nach
Haim OMER und Arist v.
SCHLIPPE
„Elterliche Präsenz“ in
Erziehung, Beratung und
Therapie als eine
mögliche GRUNDLAGE
für die Austragung von
Lernprozessen und
Konfliktlösungen
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
56
5. Aggressionsminderndes Verhalten
„Autorität ohne Gewalt“ und „Autorität
durch Beziehung“ = Elterliche Präsenz!
„Sit in“; rechtzeitige und klare Begrenzung
durch Personal überall umsetzbar
zusammen mit praktischem Training von
Deeskalations-Skills und einer Sicherheit
vermittelnden Arbeitsumgebung hilfreich
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
57
5. Aggressionsminderndes Verhalten
FAZIT:
Aggressive Kinder und Jugendliche haben
erklärbare Gründe für ihre Wut (Traumata)
sie übertragen Aggression auf uns, so wie
sie selbst es subjektiv (als Deprivation) erlebt
haben - sie sind dabei voll Hoffnung!
wir müssen ihrer Wut ins Auge sehen und
uns ihr stellen, statt sie abzuwehren
dazu müssen wir uns selbst reflektieren!
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
58
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
59
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
60
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
61
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
62
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
63
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
64
6. DANKE!
OA J. Perlberg
Der Wut ins Auge sehen
65
Herunterladen