Montag, 19. Mai 2014 1 5 3 . J a h r g a n g , N u m m e r 1 1 4 , AZ 8 2 0 0 S c h a f f h a u s e n , P r e i s F r . 2 . 9 0 Kein EW-Verkauf Das Andelfinger Elektrizitätswerk soll nicht verkauft werden, entschied das Stimmvolk. Goldmedaille Giulia Steingruber verteidigte an der EM den Titel im Sprung – und holte Bronze am Boden. Gelandet Diana Seeholzer war früher Gletscherpilotin, doch dann entschied sie sich ganz für die Kunst. Region Seite 25 Sport Seite 27 Agenda Seite 7 SHN, 19.5.14, Front Abstimmungen Resultate auf einen Blick Eidgenössische Vorlagen Med. GrundversorgungSeite 4 Ja 88 % Nein 22 % Pädophilen-InitiativeSeite 4 Ja 63,5 % Nein 36,5 % Mindestlohn-InitiativeSeite 2 Ja 23,7 % Nein 76,3 % Gripen-Fonds-GesetzSeite 3 Ja 46,6 % Nein 53,4 % Schaffhauservolk will vom Höherstau des Rheins nichts wissen Mit fast 60 Prozent Nein- Stimmen sagt der Kanton Schaffhausen Nein zur Revision des Wasserwirtschaftsgesetzes. von Zeno GEisseler und Saskia Baumgartner Schaffhausen 19 130 Nein zu 13 449 Ja: Dies ist das deutliche Resultat der gestrigen kantonalen Abstimmung über die umstrittene Änderung des Wasserwirtschaftsgesetzes. Die grosse Mehrheit, 58,7 Prozent der Schaffhauser Stimm- Region Pflegeheim wird saniert stein am rhein Mit 877 Ja (56,7 Prozent) gegen 669 Nein haben die Stimmberechtigen von Stein am Rhein am Wochenende einen Kredit von 6,85 Millionen Franken für Umbau und Sanierung des Altersund Pflegeheims gutgeheissen. Drei Viertel der Kosten begleicht die Windler-Stiftung. bürger, möchte von einer stärkeren Ausnutzung der Wasserkraft des Rheins nichts wissen oder lehnt die Vorlage aus anderen Gründen ab. Vor allem in Neuhausen und in der Stadt Schaffhausen fiel das Nein sehr deutlich aus. Im Gegensatz zum Volk hatte sich eine grosse Mehrheit des Kantonsrats und der Parteien für die Gesetzesanpassung ausgesprochen. «Lügenpropaganda» Die Befürworter der Gesetzesänderung erhoben gestern happige Vorwürfe. Mit einer Lügenpropaganda – wie etwa einer angeblichen Überflutung des Schaarens – seien die Stimmbürger verunsichert worden, sagte AL- Kantonsrat Matthias Frick aus Trasadingen. Erleichtert zeigte sich hingegen Willi Josel, SVP-Kantonsrat aus Neuhausen. Das Nein bedeute kein generelles Verdikt gegen alternative Energien. Und Regierungsrat Reto ­Dubach sagte: «Das Ergebnis hat gezeigt, dass der Rhein, die Rheinlandschaft und der Rheinfall für die Schaffhauser fast unantastbar sind.» Allerdings hatte ein hoher Anteil der Stimmbürger gar keine Meinung zur Vorlage: Die Zahl der abgegebenen Stimmen lag beim Wasserwirtschaftsgesetz deutlich unter denen der nationalen Vorlagen. Mehr auf Seite 17 Kommentar rechts 7. Meistertitel Die Kadetten holten sich gestern in Winterthur den Pokal Seite 23 Region Eine einzige Stimme entschied Benken/Hüntwangen Der gestrige Wahlsonntag war in zwei Gemeinden auch gleichbedeutend mit dem zweiten Wahlgang ins Gemeindepräsidium. Und der Zufall wollte es, dass in Benken Beatrice Salce mit einer einzigen Stimme Vorsprung auf Markus Bührer gewann. Genau gleich knapp wurde in Hüntwangen Matthias Hauser (SVP) gewählt. Seite 25 In Feierlaune waren die Spieler und Fans der Kadet- Gsaat isch gsaat ten gestern Abend: Die Schaffhauser gewannen den Play-off-Final gegen Pfadi Winterthur mit 3:0 Siegen. Im gestrigen dritten Spiel siegten die Kadetten (im Bild Peter Kukucka, Präsident Giorgio Behr, Andrija Pendic, Sergio Muggli, Thomas Heer und Nikola Cvijetic, von links) auswärts mit 30:29 (16:16). Das Spiel drei wurde «Eine Stimme Unterschied ist schwer zu verdauen» Markus Bührer Kandidat fürs Gemeindepräsidium, Benken Gripen abgelehnt – VBS sitzt auf 3,126 Milliarden Franken anzeige Brocki Schaffhausen Abholdienst & Räumungen 0848 276 254 | brocki.ch ­ eprägt von starken Offensiven und total 29 Führungsg wechseln. Pfadi führte diesmal eine Viertelstunde vor Schluss mit 24:22. Dann gelangen den Schaffhausern ­innerhalb von 205 Sekunden drei Tore hintereinander zum 27:25. Diesen Vorsprung brachten die Kadetten in der turbulenten Schlussphase über die Zeit.Bild Michael Kessler Mehr auf Seite 26 A1367078 Bern Der Gripen ist beim Volk durchgefallen: 53,4 Prozent der Stimmbürger lehnten es gestern ab, die 22 Kampfflugzeuge beim schwedischen Hersteller Saab zu kaufen. Nur 46,6 Prozent zeigten sich bereit, dafür die 3,1 Milliarden Franken auszugeben. Für Verteidigungsminister Ueli Maurer ist das die erste Abstimmungsschlappe in seiner Amtszeit. Im Interview sagt er, dass nun die «Sicherheitslücke» anders geschlossen werden müsse. Die Diskussionen über die Zukunft von Luftwaffe und Armee dürften indes weitergehen. Vor allem wird die Frage beschäftigen, was mit den 300 Millionen Franken passiert, die jährlich für den Gripen bereitgestellt worden wären. Beim gestrigen Urnengang erlitten zudem die Gewerkschaften eine herbe Niederlage: 76,3 Prozent der Stimmbürger wollen keinen Mindestlohn einführen. Deutlich angenommen wurden dafür die Pädophilen-Initiative sowie der Verfassungsartikel zur medizinischen Grundversorgung. (r.) Weitere Berichte und Kommentare auf den Seiten 2–6 Abstimmungssonntag 78,1 Prozent Nein zum Adlerplatz schaffhausen Die Beringer Stimmbürger haben die Neugestaltung des Adlerplatzes klar verworfen. Beim Asylbewerberhaus «Bienengarten» muss aufgrund des hauchdünnen Neins nachgezählt werden. In Thayngen wurde ­zudem Walter Scheiwiller zum neuen Gemeinderat gewählt, in Schleitheim Erwin Schudel. Und die reformierten Kirchgemeindeversammlungen von Beggingen und Siblingen haben einer Pastorationsgemeinschaft zweimal einstimmig zugestimmt. (jcg) Mehr auf Seite 22 Kommentar Schluss mit Experimenten an der Urne robin bl anck D ass die Revision des Wasserwirtschaftsgesetzes keine Mehrheit beim Schaffhauser Stimmvolk finden würde, war früh absehbar: Zu breit war der Widerstand gegen die Vorlage, die von Regierungsrat und Kantonsrat beschlossen und von fast allen Parteien unterstützt worden war. So berechtigt die Vorbehalte gegen eine Gesetzesänderung in Unkenntnis konkreter Pläne waren, so schafft doch das Nein vom Wochenende eine Blockade, die es vor der Abstimmung noch nicht gab: Indem die Vorlage jetzt abgelehnt wurde, verbieten sich aus politischen Gründen in den kommenden Jahren Überlegungen zu einem Höherstau des Rheins. Oder einfach gesagt: Das angebliche Denkverbot, das die Befürworter mit der Gesetzesrevision aufheben wollten, haben sie mit diesem Urnengang eigenhändig verhängt – zumindest auf Zeit. Das ist bedauerlich, war aber angesichts der wenig durchdachten Vorlage unvermeidlich. Schaden erlitten hat auch die Politik, die am Wochenende mit einem Misstrauensvotum konfrontiert wurde: Entgegen der Absicht von Regierung und Parlament ­haben breite Kreise den Urnengang als Versuch missverstanden, das Volk in einer wichtigen Frage zu entmachten. Das hat deutlich gemacht, dass die Stimmberechtigten von der Politik ernst genommen und nicht für unbedarfte Stimmungstest missbraucht werden wollen. In absehbarer Zukunft werden weitere heikle Fragen zu debattieren sein, sei es im Zusammenhang mit der Energiewende – Stichwort: Windräder, im Bereich der Raumplanung oder bezüglich der Kantons- und Gemeindestrukturen. Die Stimmberechtigten erwarten wieder sauber abgeklärte, ausgereifte Vorlagen von der Politik. Diese Lehre muss die Regierung aus dieser Abstimmung ziehen. anzeige Jetzt Probefahren! UNSER VORSPRUNG, IHR GEWINN! A1368739 1 0 0 2 1 9 7 7 1 4 2 0 600002 Amtliches Publikationsorgan von Schaffhausen, Neuhausen am Rheinfall, Stein am Rhein und Thayngen. Redaktion, Abonnemente, Inserate: Vordergasse 58, 8200 Schaffhausen. Telefonzentrale 052 633 31 11 Internet www.shn.ch. Fax Redaktion 052 633 34 01. Telefon Aboservice 052 633 33 66. Fax Aboservice 052 633 34 06. Fax Anzeigen 052 633 34 02. E-Mail: [email protected]. Montag, 19. Mai 2014 1 5 3 . J a h r g a n g , N u m m e r 1 1 4 , AZ 8 2 0 0 S c h a f f h a u s e n , P r e i s F r . 2 . 9 0 Kein EW-Verkauf Das Andelfinger Elektrizitätswerk soll nicht verkauft werden, entschied das Stimmvolk. Goldmedaille Giulia Steingruber verteidigte an der EM den Titel im Sprung – und holte Bronze am Boden. Gelandet Diana Seeholzer war früher Gletscherpilotin, doch dann entschied sie sich ganz für die Kunst. Region Seite 25 Sport Seite 27 Agenda Seite 7 Abstimmungen Resultate auf einen Blick Eidgenössische Vorlagen Med. GrundversorgungSeite 4 Ja 88 % Nein 22 % Pädophilen-InitiativeSeite 4 Ja 63,5 % Nein 36,5 % Mindestlohn-InitiativeSeite 2 Ja 23,7 % Nein 76,3 % Gripen-Fonds-GesetzSeite 3 Ja 46,6 % Nein 53,4 % Schaffhauservolk will vom Höherstau des Rheins nichts wissen Mit fast 60 Prozent Nein- Stimmen sagt der Kanton Schaffhausen Nein zur Revision des Wasserwirtschaftsgesetzes. von Zeno GEisseler und Saskia Baumgartner Schaffhausen 19 130 Nein zu 13 449 Ja: Dies ist das deutliche Resultat der gestrigen kantonalen Abstimmung über die umstrittene Änderung des Wasserwirtschaftsgesetzes. Die grosse Mehrheit, 58,7 Prozent der Schaffhauser Stimm- Region Pflegeheim wird saniert stein am rhein Mit 877 Ja (56,7 Prozent) gegen 669 Nein haben die Stimmberechtigen von Stein am Rhein am Wochenende einen Kredit von 6,85 Millionen Franken für Umbau und Sanierung des Altersund Pflegeheims gutgeheissen. Drei Viertel der Kosten begleicht die Windler-Stiftung. bürger, möchte von einer stärkeren Ausnutzung der Wasserkraft des Rheins nichts wissen oder lehnt die Vorlage aus anderen Gründen ab. Vor allem in Neuhausen und in der Stadt Schaffhausen fiel das Nein sehr deutlich aus. Im Gegensatz zum Volk hatte sich eine grosse Mehrheit des Kantonsrats und der Parteien für die Gesetzesanpassung ausgesprochen. «Lügenpropaganda» Die Befürworter der Gesetzesänderung erhoben gestern happige Vorwürfe. Mit einer Lügenpropaganda – wie etwa einer angeblichen Überflutung des Schaarens – seien die Stimmbürger verunsichert worden, sagte AL- Kantonsrat Matthias Frick aus Trasadingen. Erleichtert zeigte sich hingegen Willi Josel, SVP-Kantonsrat aus Neuhausen. Das Nein bedeute kein generelles Verdikt gegen alternative Energien. Und Regierungsrat Reto ­Dubach sagte: «Das Ergebnis hat gezeigt, dass der Rhein, die Rheinlandschaft und der Rheinfall für die Schaffhauser fast unantastbar sind.» Allerdings hatte ein hoher Anteil der Stimmbürger gar keine Meinung zur Vorlage: Die Zahl der abgegebenen Stimmen lag beim Wasserwirtschaftsgesetz deutlich unter denen der nationalen Vorlagen. Mehr auf Seite 17 Kommentar rechts 7. Meistertitel Die Kadetten holten sich gestern in Winterthur den Pokal Seite 23 Region Eine einzige Stimme entschied Benken/Hüntwangen Der gestrige Wahlsonntag war in zwei Gemeinden auch gleichbedeutend mit dem zweiten Wahlgang ins Gemeindepräsidium. Und der Zufall wollte es, dass in Benken Beatrice Salce mit einer einzigen Stimme Vorsprung auf Markus Bührer gewann. Genau gleich knapp wurde in Hüntwangen Matthias Hauser (SVP) gewählt. Seite 25 In Feierlaune waren die Spieler und Fans der Kadet- Gsaat isch gsaat ten gestern Abend: Die Schaffhauser gewannen den Play-off-Final gegen Pfadi Winterthur mit 3:0 Siegen. Im gestrigen dritten Spiel siegten die Kadetten (im Bild Peter Kukucka, Präsident Giorgio Behr, Andrija Pendic, Sergio Muggli, Thomas Heer und Nikola Cvijetic, von links) auswärts mit 30:29 (16:16). Das Spiel drei wurde «Eine Stimme Unterschied ist schwer zu verdauen» Markus Bührer Kandidat fürs Gemeindepräsidium, Benken Gripen abgelehnt – VBS sitzt auf 3,126 Milliarden Franken anzeige Brocki Schaffhausen Abholdienst & Räumungen 0848 276 254 | brocki.ch ­ eprägt von starken Offensiven und total 29 Führungsg wechseln. Pfadi führte diesmal eine Viertelstunde vor Schluss mit 24:22. Dann gelangen den Schaffhausern ­innerhalb von 205 Sekunden drei Tore hintereinander zum 27:25. Diesen Vorsprung brachten die Kadetten in der turbulenten Schlussphase über die Zeit.Bild Michael Kessler Mehr auf Seite 26 A1367078 Bern Der Gripen ist beim Volk durchgefallen: 53,4 Prozent der Stimmbürger lehnten es gestern ab, die 22 Kampfflugzeuge beim schwedischen Hersteller Saab zu kaufen. Nur 46,6 Prozent zeigten sich bereit, dafür die 3,1 Milliarden Franken auszugeben. Für Verteidigungsminister Ueli Maurer ist das die erste Abstimmungsschlappe in seiner Amtszeit. Im Interview sagt er, dass nun die «Sicherheitslücke» anders geschlossen werden müsse. Die Diskussionen über die Zukunft von Luftwaffe und Armee dürften indes weitergehen. Vor allem wird die Frage beschäftigen, was mit den 300 Millionen Franken passiert, die jährlich für den Gripen bereitgestellt worden wären. Beim gestrigen Urnengang erlitten zudem die Gewerkschaften eine herbe Niederlage: 76,3 Prozent der Stimmbürger wollen keinen Mindestlohn einführen. Deutlich angenommen wurden dafür die Pädophilen-Initiative sowie der Verfassungsartikel zur medizinischen Grundversorgung. (r.) Weitere Berichte und Kommentare auf den Seiten 2–6 Abstimmungssonntag 78,1 Prozent Nein zum Adlerplatz schaffhausen Die Beringer Stimmbürger haben die Neugestaltung des Adlerplatzes klar verworfen. Beim Asylbewerberhaus «Bienengarten» muss aufgrund des hauchdünnen Neins nachgezählt werden. In Thayngen wurde ­zudem Walter Scheiwiller zum neuen Gemeinderat gewählt, in Schleitheim Erwin Schudel. Und die reformierten Kirchgemeindeversammlungen von Beggingen und Siblingen haben einer Pastorationsgemeinschaft zweimal einstimmig zugestimmt. (jcg) Mehr auf Seite 22 SHN, 19.5.14, Front Kommentar Schluss mit Experimenten an der Urne robin bl anck D ass die Revision des Wasserwirtschaftsgesetzes keine Mehrheit beim Schaffhauser Stimmvolk finden würde, war früh absehbar: Zu breit war der Widerstand gegen die Vorlage, die von Regierungsrat und Kantonsrat beschlossen und von fast allen Parteien unterstützt worden war. So berechtigt die Vorbehalte gegen eine Gesetzesänderung in Unkenntnis konkreter Pläne waren, so schafft doch das Nein vom Wochenende eine Blockade, die es vor der Abstimmung noch nicht gab: Indem die Vorlage jetzt abgelehnt wurde, verbieten sich aus politischen Gründen in den kommenden Jahren Überlegungen zu einem Höherstau des Rheins. Oder einfach gesagt: Das angebliche Denkverbot, das die Befürworter mit der Gesetzesrevision aufheben wollten, haben sie mit diesem Urnengang eigenhändig verhängt – zumindest auf Zeit. Das ist bedauerlich, war aber angesichts der wenig durchdachten Vorlage unvermeidlich. Schaden erlitten hat auch die Politik, die am Wochenende mit einem Misstrauensvotum konfrontiert wurde: Entgegen der Absicht von Regierung und Parlament ­haben breite Kreise den Urnengang als Versuch missverstanden, das Volk in einer wichtigen Frage zu entmachten. Das hat deutlich gemacht, dass die Stimmberechtigten von der Politik ernst genommen und nicht für unbedarfte Stimmungstest missbraucht werden wollen. In absehbarer Zukunft werden weitere heikle Fragen zu debattieren sein, sei es im Zusammenhang mit der Energiewende – Stichwort: Windräder, im Bereich der Raumplanung oder bezüglich der Kantons- und Gemeindestrukturen. Die Stimmberechtigten erwarten wieder sauber abgeklärte, ausgereifte Vorlagen von der Politik. Diese Lehre muss die Regierung aus dieser Abstimmung ziehen. anzeige Jetzt Probefahren! UNSER VORSPRUNG, IHR GEWINN! A1368739 1 0 0 2 1 9 7 7 1 4 2 0 600002 Amtliches Publikationsorgan von Schaffhausen, Neuhausen am Rheinfall, Stein am Rhein und Thayngen. Redaktion, Abonnemente, Inserate: Vordergasse 58, 8200 Schaffhausen. Telefonzentrale 052 633 31 11 Internet www.shn.ch. Fax Redaktion 052 633 34 01. Telefon Aboservice 052 633 33 66. Fax Aboservice 052 633 34 06. Fax Anzeigen 052 633 34 02. E-Mail: [email protected]. Montag, 19. Mai 2014 Jubiläum Rund 30 000 Personen nahmen an der 10. Austragung des slowUp Schaffhausen-Hegau teil. Region Seite 19 Halle mit Klappbühne Die Rafzer Stimmberechtigten gaben grünes Licht fürs 13-Millionen-Hallenprojekt. Rafzerfeld Seite 25 Region 17 Der Rhein soll nicht stärker genutzt werden Mit 58,7 Prozent Nein hat Korkenknaller Ein klarer Sieg, der gefeiert wurde das Schaffhauservolk die Revision des Wasserwirtschaftsgesetzes abgelehnt. Die meisten Politiker und Parteien waren klar dafür gewesen. von Zeno Geisseler Soll der Rhein in unserem Kanton stärker als heute für die Stromproduktion genutzt werden können? Über diese Frage haben die Schaffhauser gestern an der Urne abgestimmt. Formal ging es dabei um eine Änderung des Wasserwirtschaftsgesetzes, welche einen begrenzten Höherstau des Rheines ermöglichen sollte. Das Volksverdikt ist überaus deutlich ausgefallen: 58,7 Prozent lehnen die Gesetzesänderung ab, nur 41,3 Prozent sind dafür. Zwischen den beiden Lagern gibt es rund 5500 Stimmen Unterschied, eine ziemlich grosse Differenz bei nur gut 32 500 eingelegten Stimmzetteln. Auf dem Papier hätte man ohne Weiteres auch das umgekehrte Resultat erwarten können, denn der Kantonsrat hatte sich noch überaus deutlich, mit 44 zu 5 Stimmen, für die Revision ausgesprochen gehabt. Auch die Regierung war dafür, ebenso die grosse Mehrheit der Parteien. Einzig SP und ÖBS beschlossen die Nein-Parole. FDP, SVP, CVP und Alternative Liste warben alle für ein Ja. Allerdings waren sich die Parteien intern nicht immer ­einig gewesen: Während etwa die AL geschlossen hinter der Anpassung stand, gab es sowohl in der SP als auch in der SVP starke Befürworter wie Gegner. Neuhausen am deutlichsten Schon vor der Abstimmung hatte sich ein klares Nein abzuzeichnen begonnen; es wurde umso deutlicher, je näher der Termin rückte. Bei den Leserzuschriften der SN etwa überwogen Warteten im Regierungsratssaal auf die Ergebnisse: Thomas Hauser, Josef Würms und Iren Eichenberger (am Tisch). Stehend: Heidi Würms, Urs Tanner, Ueli Werner und Mariano Fioretti (von links nach rechts). Bild Zeno Geisseler die Gegner deutlich. Selbst Befürworter der Vorlage sprachen davon, dass das Ansinnen wohl chancenlos sei. Sie sollten Recht erhalten. Zum Nein beigetragen haben besonders die beiden grössten Gemeinden im Kanton, die Stadt Schaffhausen und Neuhausen. In der Kantonshauptstadt lag der Ja-Stimmen-Anteil bei nur gerade knapp 38 Prozent, in Neuhausen sogar bei nur gut 27 Prozent. Keine andere Schaffhauser Gemeinde lehnte das Wasserwirtschaftsgesetz deutlicher ab. Da nützte es auch nichts mehr, dass insgesamt 10 der 26 Schaffhauser Gemeinden für die Vorlage waren, wenn auch zum Teil sehr knapp: In Beggingen lag die Differenz bei 8 Stim- men, in Bargen bei 10n, in Siblingen bei 12. Mit je rund 58 Prozent Ja-Stimmen sprachen sich Rüdlingen und Buchberg aus dem unteren Kantonsteil am deutlichsten für die Revision aus. Viele Unentschlossene Bei der Anlyse der Abstimmungsergebnisse fällt auf, dass viele Stimmbürger offenbar leere, ungültige oder gar keine Stimmzettel einlegten: Während bei der Mindestlohn-Initiative, der Vorlage mit der grössten Beteiligung, fast 35 000 Schaffhauser Ja- oder NeinStimmen eingingen, waren es beim Wasserwirtschaftsgesetz nur rund 32 500. Über 2000 Stimmberechtigte konnten also weder den Argumenten der Befürworter («Denkverbot aufheben») noch den der Gegner («Hände weg vom Rheinfall!») etwas abgewinnen. Bei allen vier nationalen Vorlagen liegt die Zahl der gültigen Stimmen höher als beim Wasserwirtschaftsgesetz. Insgesamt mochten die Vorlagen gestern Sonntag die Stimmbürger aber stark zu mobilisieren, und dies, obwohl die vom Kantonsrat beschlossene Verdoppelung der Stimmbusse noch gar nicht in Kraft ist – sie kommt erst im neuen Jahr. Die Stimmbeteiligung lag bei 70,4 Prozent. Spitzenreiter ist Lohn mit 81,9 Prozent, Schlusslicht ist Neuhausen mit bloss 65 Prozent. Beim E-Voting betrug die Wählerbeteiligung 26,5 Prozent. Ordentlich gefeiert wurde gestern Nachmittag im «Güterhof», wo das Komitee «Nein zum Wasserwirtschaftsgesetz» auf seinen Sieg anstiess. Eine strahlende Martina Munz, SP-Kantonsund -Nationalrätin, fiel Stefan Kunz, Sekretär des «Nein-Komitees», um den Hals. «Wir haben es geschafft!», wurde gejubelt. Die Erleichterung war den Anwesenden deutlich anzumerken. «Ich habe heute noch ziemlich gezittert», gab Christoph Bürgin, leidenschaftlicher Weidlingfahrer, zu. Alfred Springmann war weniger skeptisch: «Der Rheinfall und der Rhein allgemein liegen den Schaffhausern am Herzen, darauf habe ich immer vertraut», sagte der abtretende Präsident des kantonalen Fischereiverbandes. «Dieser Sieg ist für mich ein schöner Abschluss nach dieser anstrengenden Zeit.» Auch Barbara Gehring, Geschäftsführerin des WWF, freut sich. Die enge Zusammenarbeit habe sie alle gestärkt. Sie bedankte sich dabei vor allem bei Stefan Kunz für dessen Engagement. Bei aller Freude und Erleichterung machten sich aber auch die Müdigkeit und Erschöpfung langsam bemerkbar. Die hitzigen Diskussionen blieben aus. Stattdessen liess man diesen sonnigen Tag mit Wein und Livemusik ausklingen. (ang) Das Nein-Komitee feiert: Alfred Springmann, Barbara Gehring und Stefan Kunz. Bild Anne Gross Reaktionen «Rhein fast unantastbar», «Vorlage zu schwammig», «gekaufte Abstimmung», «Rhein war einfach der falsche Ort» Reto Dubach Regierungsrat Baudirektor Reto Dubach erklärt sich die Ablehnung wie folgt: «Das Ergebnis hat gezeigt, dass der Rhein, die Rheinlandschaft und der Rheinfall für die Schaffhauser fast unantastbar sind.» Es sei den Befürwortern im Verlauf des Abstimmungskampfes nicht gelungen, aufzuzeigen, dass die Vorlage keine erhebliche Beeinträchtigung der Rheinlandschaft zur Folge gehabt hätte. Zudem habe man es nicht geschafft, die Notwendigkeit der Energiewende zu verdeutlichen. «Umso wichtiger ist es nun, dass beim ersten Massnahmenpaket zum Umstieg von der Kernenergie auf erneuerbare Energien alle an einem Strang ziehen», sagt Dubach. Die entsprechende Vorlage werde im Sommer ins Plenum kommen. Er hoffe, dass sich die Gegner des Wasserwirtschaftsgesetzes mit dem gleichen Engagement, das sie im Abstimmungskampf gezeigt hätten, nun auch hinter dieses Massnahmenpaket stellten. Der Regierungsrat kann der Niederlage auch etwas Gutes abgewinnen. Ein konkretes Projekt, wie teilweise von den Gegnern gefordert, hätte nicht unerhebliche Planungskosten verursacht. Das Ergebnis an der Urne wäre jedoch das gleiche gewesen, vermutet er. Diese Kosten habe man nun einsparen können. Stefan Kunz Geschäftsführer Aqua Viva «Das Ergebnis ist eine Riesenerleichterung», sagt Stefan Kunz vom Komitee «Nein zum Wasserwirtschaftsgesetz». Der Aqua-Viva-Geschäftsführer hatte zwar damit gerechnet, dass die am Rhein gelegenen Gemeinden die Revision des Wasserwirtschaftsgesetzes ablehnen würden. Bei der Landbevölkerung sei er jedoch nicht sicher gewesen. Kunz glaubt, dass zwei Gründe zum Nein geführt haben. «Einerseits ist die Natur den Menschen im Kanton Schaffhausen sehr wichtig», so Kunz. Andererseits habe sehr viel Unsicherheit geherrscht. «Die Vorlage war zu schwammig formuliert», sagt er. Ganz sicher sei das Ergebnis aber nicht als Ablehnung von erneuerbaren Energien zu werten. «Ein Nein zum Wasserwirtschaftsgesetz schliesst das auf keinen Fall aus. Aber der Atomausstieg ist auch machbar ohne extreme Projekte», sagt Kunz. So sei zum Beispiel noch Energieeinsparpotenzial vorhanden. Ausserdem gebe es im Kanton Schaffhausen bei der Fotovoltaik noch viele Ausbaumöglichkeiten. Der Aqua-Viva-Geschäftsführer betont jedoch, dass der Atomausstieg nicht einfach werde. «Das wird Knochenarbeit», so Stefan Kunz. Matthias Frick Kantonsrat AL Sehr enttäuscht vom Ergebnis zeigte sich ALKantonsrat Matthias Frick. Allerdings habe er mit einer Niederlage gerechnet. «Eine Abstimmung kann man kaufen», so Frick. Und das sei in den letzten Wochen dank grosser Werbekampagnen passiert. Anders als die Befürworter hätte das Nein-Komitee im Wahlkampf viel Geld zur Verfügung gehabt und dieses auch eingesetzt. Mit einer Lügenpropaganda – wie etwa einer angeblichen Überflutung des Schaarens – seien die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger so gezielt verunsichert worden, sagt Frick. Der Kantonsrat der Alternativen Liste glaubt nicht, dass in naher Zukunft nun andere Projekte am Rheinfall geprüft würden. Zum einen würden die Gegner des WWG sicherlich auch jedes weitere Projekt am Rhein ablehnen. «Zum anderen hat das Volk entschieden, und der Wille muss akzeptiert werden», so Frick. Bezüglich der erneuerbaren Energien sieht er nun eher schwarz. Windkrafträder würden im Kanton wahrscheinlich auch abgelehnt. Und Energieeinsparungen und Fotovoltaik alleine würden nicht ausreichen. «Meiner Meinung nach macht man sich hier Illusionen.» Willi Josel Kantonsrat SVP Willi Josel, Mitglied des Nein-Komitees, freute sich sehr über das Abstimmungsergebnis. «Ich bin erleichtert», so der SVP-Kantonsrat. Ganz ­sicher, dass die Vorlage abgelehnt würde, sei er im Vorfeld jedoch nicht gewesen. «Es ist wie im Fussball: Jeder Match muss erst gespielt werden», sagt er. Nun habe man also mit 6:4 gewonnen. Dass das Ergebnis so eindeutig ausgefallen sei, liege wohl an der grossen Verbundenheit der Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons Schaffhausen mit der Natur und – allem voran – dem Rhein. «Der Rhein ist für viele Menschen im Kanton ein sehr emotionales Thema», sagt Josel. Viele Bürger hätten schlicht nicht gewollt, dass der Schaaren geflutet, ein weiteres Kraftwerk gebaut und die Äschen gefährdet würden. Josel betont, dass das Nein zur Revision des kantonalen Wasserwirtschaftsgesetz kein Nein zu erneuerbaren Energien gewesen sei. «Das war keine Abstimmung gegen alternative Ideen», sagt der Kantonsrat, «aber der Rhein war einfach der falsche Ort.» Willi Josel kann sich beispielsweise vorstellen, dass in Zukunft mehr Fotovoltaikanlagen installiert werden.