Schaffhauservolk will vom Höherstau des Rheins nichts wissen

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Montag, 19. Mai 2014
1 5 3 . J a h r g a n g , N u m m e r 1 1 4 , AZ 8 2 0 0 S c h a f f h a u s e n , P r e i s F r . 2 . 9 0
Kein EW-Verkauf Das Andelfinger
Elektrizitätswerk soll nicht verkauft
werden, entschied das Stimmvolk.
Goldmedaille Giulia Steingruber
verteidigte an der EM den Titel im
Sprung – und holte Bronze am Boden.
Gelandet Diana Seeholzer war
früher Gletscherpilotin, doch dann
entschied sie sich ganz für die Kunst.
Region Seite 25
Sport Seite 27
Agenda Seite 7
SHN, 19.5.14, Front
Abstimmungen
Resultate auf einen Blick
Eidgenössische Vorlagen
Med. GrundversorgungSeite 4
Ja 88 %
Nein 22 %
Pädophilen-InitiativeSeite 4
Ja 63,5 %
Nein 36,5 %
Mindestlohn-InitiativeSeite 2
Ja 23,7 %
Nein 76,3 %
Gripen-Fonds-GesetzSeite 3
Ja 46,6 %
Nein 53,4 %
Schaffhauservolk will vom
Höherstau des Rheins nichts wissen
Mit fast 60 Prozent Nein-
Stimmen sagt der Kanton
Schaffhausen Nein zur
Revision des Wasserwirtschaftsgesetzes.
von Zeno GEisseler
und Saskia Baumgartner
Schaffhausen 19 130 Nein zu 13 449 Ja:
Dies ist das deutliche Resultat der gestrigen kantonalen Abstimmung über die
umstrittene Änderung des Wasserwirtschaftsgesetzes. Die grosse Mehrheit,
58,7 Prozent der Schaffhauser Stimm-
Region
Pflegeheim
wird saniert
stein am rhein Mit 877 Ja (56,7 Prozent) gegen 669 Nein haben die
Stimmberechtigen von Stein am
Rhein am Wochenende einen Kredit von 6,85 Millionen Franken für
Umbau und Sanierung des Altersund Pflegeheims gutgeheissen.
Drei Viertel der Kosten begleicht
die Windler-Stiftung.
bürger, möchte von einer stärkeren
Ausnutzung der Wasserkraft des
Rheins nichts wissen oder lehnt die
Vorlage aus anderen Gründen ab. Vor
allem in Neuhausen und in der Stadt
Schaffhausen fiel das Nein sehr deutlich aus. Im Gegensatz zum Volk hatte
sich eine grosse Mehrheit des Kantonsrats und der Parteien für die Gesetzesanpassung ausgesprochen.
«Lügenpropaganda»
Die Befürworter der Gesetzesänderung erhoben gestern happige Vorwürfe. Mit einer Lügenpropaganda –
wie etwa einer angeblichen Überflutung des Schaarens – seien die Stimmbürger verunsichert worden, sagte AL-
Kantonsrat Matthias Frick aus Trasadingen. Erleichtert zeigte sich hingegen Willi Josel, SVP-Kantonsrat aus
Neuhausen. Das Nein bedeute kein
generelles Verdikt gegen alternative
Energien. Und Regierungsrat Reto
­Dubach sagte: «Das Ergebnis hat gezeigt, dass der Rhein, die Rheinlandschaft und der Rheinfall für die Schaffhauser fast unantastbar sind.»
Allerdings hatte ein hoher Anteil
der Stimmbürger gar keine Meinung
zur Vorlage: Die Zahl der abgegebenen
Stimmen lag beim Wasserwirtschaftsgesetz deutlich unter denen der nationalen Vorlagen.
Mehr auf Seite 17
Kommentar rechts
7. Meistertitel Die Kadetten holten sich gestern in Winterthur den Pokal
Seite 23
Region
Eine einzige
Stimme entschied
Benken/Hüntwangen Der gestrige
Wahlsonntag war in zwei Gemeinden auch gleichbedeutend mit dem
zweiten Wahlgang ins Gemeindepräsidium. Und der Zufall wollte es,
dass in Benken Beatrice Salce mit
einer einzigen Stimme Vorsprung
auf Markus Bührer gewann. Genau
gleich knapp wurde in Hüntwangen
Matthias Hauser (SVP) gewählt.
Seite 25
In Feierlaune waren die Spieler und Fans der Kadet-
Gsaat isch gsaat
ten gestern Abend: Die Schaffhauser gewannen den
Play-off-Final gegen Pfadi Winterthur mit 3:0 Siegen.
Im gestrigen dritten Spiel siegten die Kadetten (im Bild
Peter Kukucka, Präsident Giorgio Behr, Andrija Pendic,
Sergio Muggli, Thomas Heer und Nikola Cvijetic, von
links) auswärts mit 30:29 (16:16). Das Spiel drei wurde
«Eine Stimme
Unterschied ist
schwer zu verdauen»
Markus Bührer
Kandidat fürs Gemeindepräsidium, Benken
Gripen abgelehnt – VBS sitzt
auf 3,126 Milliarden Franken
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Brocki Schaffhausen
Abholdienst & Räumungen
0848 276 254 | brocki.ch
­ eprägt von starken Offensiven und total 29 Führungsg
wechseln. Pfadi führte diesmal eine Viertelstunde vor
Schluss mit 24:22. Dann gelangen den Schaffhausern
­innerhalb von 205 Sekunden drei Tore hintereinander
zum 27:25. Diesen Vorsprung brachten die Kadetten in
der turbulenten Schlussphase über die Zeit.Bild Michael Kessler
Mehr auf Seite 26
A1367078
Bern Der Gripen ist beim Volk durchgefallen: 53,4 Prozent der Stimmbürger
lehnten es gestern ab, die 22 Kampfflugzeuge beim schwedischen Hersteller Saab zu kaufen. Nur 46,6 Prozent
zeigten sich bereit, dafür die 3,1 Milliarden Franken auszugeben. Für Verteidigungsminister Ueli Maurer ist das die
erste Abstimmungsschlappe in seiner
Amtszeit. Im Interview sagt er, dass
nun die «Sicherheitslücke» anders geschlossen werden müsse. Die Diskussionen über die Zukunft von Luftwaffe
und Armee dürften indes weitergehen.
Vor allem wird die Frage beschäftigen,
was mit den 300 Millionen Franken passiert, die jährlich für den Gripen bereitgestellt worden wären.
Beim gestrigen Urnengang erlitten
zudem die Gewerkschaften eine herbe
Niederlage: 76,3 Prozent der Stimmbürger wollen keinen Mindestlohn einführen. Deutlich angenommen wurden dafür die Pädophilen-Initiative sowie der
Verfassungsartikel zur medizinischen
Grundversorgung. (r.)
Weitere Berichte und Kommentare
auf den Seiten 2–6
Abstimmungssonntag
78,1 Prozent Nein
zum Adlerplatz
schaffhausen Die Beringer Stimmbürger haben die Neugestaltung des Adlerplatzes klar verworfen. Beim Asylbewerberhaus «Bienengarten» muss aufgrund des hauchdünnen Neins nachgezählt werden. In Thayngen wurde
­zudem Walter Scheiwiller zum neuen
Gemeinderat gewählt, in Schleitheim
Erwin Schudel. Und die reformierten
Kirchgemeindeversammlungen von
Beggingen und Siblingen haben einer
Pastorationsgemeinschaft zweimal einstimmig zugestimmt. (jcg)
Mehr auf Seite 22
Kommentar
Schluss mit
Experimenten
an der Urne
robin bl anck
D
ass die Revision des Wasserwirtschaftsgesetzes
keine Mehrheit beim Schaffhauser Stimmvolk finden würde,
war früh absehbar: Zu breit war
der Widerstand gegen die Vorlage,
die von Regierungsrat und Kantonsrat beschlossen und von fast
allen Parteien unterstützt worden
war. So berechtigt die Vorbehalte
gegen eine Gesetzesänderung in
Unkenntnis konkreter Pläne
waren, so schafft doch das Nein
vom Wochenende eine Blockade,
die es vor der Abstimmung noch
nicht gab: Indem die Vorlage jetzt
abgelehnt wurde, verbieten sich
aus politischen Gründen in den
kommenden Jahren Überlegungen
zu einem Höherstau des Rheins.
Oder einfach gesagt: Das angebliche Denkverbot, das die Befürworter mit der Gesetzesrevision aufheben wollten, haben sie mit diesem
Urnengang eigenhändig verhängt –
zumindest auf Zeit. Das ist bedauerlich, war aber angesichts der
wenig durchdachten Vorlage unvermeidlich.
Schaden erlitten hat auch die
Politik, die am Wochenende mit
einem Misstrauensvotum konfrontiert wurde: Entgegen der Absicht
von Regierung und Parlament
­haben breite Kreise den Urnengang
als Versuch missverstanden, das
Volk in einer wichtigen Frage zu
entmachten. Das hat deutlich gemacht, dass die Stimmberechtigten
von der Politik ernst genommen
und nicht für unbedarfte Stimmungstest missbraucht werden wollen. In absehbarer Zukunft werden
weitere heikle Fragen zu debattieren sein, sei es im Zusammenhang
mit der Energiewende – Stichwort:
Windräder, im Bereich der Raumplanung oder bezüglich der Kantons- und Gemeindestrukturen. Die
Stimmberechtigten erwarten wieder
sauber abgeklärte, ausgereifte Vorlagen von der Politik.
Diese Lehre muss die Regierung
aus dieser Abstimmung ziehen.
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A1368739
1 0 0 2 1
9
7 7 1 4 2 0 600002
Amtliches Publikationsorgan von Schaffhausen, Neuhausen am Rheinfall, Stein am Rhein und Thayngen. Redaktion, Abonnemente, Inserate: Vordergasse 58, 8200 Schaffhausen. Telefonzentrale 052 633 31 11
Internet www.shn.ch. Fax Redaktion 052 633 34 01. Telefon Aboservice 052 633 33 66. Fax Aboservice 052 633 34 06. Fax Anzeigen 052 633 34 02. E-Mail: [email protected].
Montag, 19. Mai 2014
1 5 3 . J a h r g a n g , N u m m e r 1 1 4 , AZ 8 2 0 0 S c h a f f h a u s e n , P r e i s F r . 2 . 9 0
Kein EW-Verkauf Das Andelfinger
Elektrizitätswerk soll nicht verkauft
werden, entschied das Stimmvolk.
Goldmedaille Giulia Steingruber
verteidigte an der EM den Titel im
Sprung – und holte Bronze am Boden.
Gelandet Diana Seeholzer war
früher Gletscherpilotin, doch dann
entschied sie sich ganz für die Kunst.
Region Seite 25
Sport Seite 27
Agenda Seite 7
Abstimmungen
Resultate auf einen Blick
Eidgenössische Vorlagen
Med. GrundversorgungSeite 4
Ja 88 %
Nein 22 %
Pädophilen-InitiativeSeite 4
Ja 63,5 %
Nein 36,5 %
Mindestlohn-InitiativeSeite 2
Ja 23,7 %
Nein 76,3 %
Gripen-Fonds-GesetzSeite 3
Ja 46,6 %
Nein 53,4 %
Schaffhauservolk will vom
Höherstau des Rheins nichts wissen
Mit fast 60 Prozent Nein-
Stimmen sagt der Kanton
Schaffhausen Nein zur
Revision des Wasserwirtschaftsgesetzes.
von Zeno GEisseler
und Saskia Baumgartner
Schaffhausen 19 130 Nein zu 13 449 Ja:
Dies ist das deutliche Resultat der gestrigen kantonalen Abstimmung über die
umstrittene Änderung des Wasserwirtschaftsgesetzes. Die grosse Mehrheit,
58,7 Prozent der Schaffhauser Stimm-
Region
Pflegeheim
wird saniert
stein am rhein Mit 877 Ja (56,7 Prozent) gegen 669 Nein haben die
Stimmberechtigen von Stein am
Rhein am Wochenende einen Kredit von 6,85 Millionen Franken für
Umbau und Sanierung des Altersund Pflegeheims gutgeheissen.
Drei Viertel der Kosten begleicht
die Windler-Stiftung.
bürger, möchte von einer stärkeren
Ausnutzung der Wasserkraft des
Rheins nichts wissen oder lehnt die
Vorlage aus anderen Gründen ab. Vor
allem in Neuhausen und in der Stadt
Schaffhausen fiel das Nein sehr deutlich aus. Im Gegensatz zum Volk hatte
sich eine grosse Mehrheit des Kantonsrats und der Parteien für die Gesetzesanpassung ausgesprochen.
«Lügenpropaganda»
Die Befürworter der Gesetzesänderung erhoben gestern happige Vorwürfe. Mit einer Lügenpropaganda –
wie etwa einer angeblichen Überflutung des Schaarens – seien die Stimmbürger verunsichert worden, sagte AL-
Kantonsrat Matthias Frick aus Trasadingen. Erleichtert zeigte sich hingegen Willi Josel, SVP-Kantonsrat aus
Neuhausen. Das Nein bedeute kein
generelles Verdikt gegen alternative
Energien. Und Regierungsrat Reto
­Dubach sagte: «Das Ergebnis hat gezeigt, dass der Rhein, die Rheinlandschaft und der Rheinfall für die Schaffhauser fast unantastbar sind.»
Allerdings hatte ein hoher Anteil
der Stimmbürger gar keine Meinung
zur Vorlage: Die Zahl der abgegebenen
Stimmen lag beim Wasserwirtschaftsgesetz deutlich unter denen der nationalen Vorlagen.
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Kommentar rechts
7. Meistertitel Die Kadetten holten sich gestern in Winterthur den Pokal
Seite 23
Region
Eine einzige
Stimme entschied
Benken/Hüntwangen Der gestrige
Wahlsonntag war in zwei Gemeinden auch gleichbedeutend mit dem
zweiten Wahlgang ins Gemeindepräsidium. Und der Zufall wollte es,
dass in Benken Beatrice Salce mit
einer einzigen Stimme Vorsprung
auf Markus Bührer gewann. Genau
gleich knapp wurde in Hüntwangen
Matthias Hauser (SVP) gewählt.
Seite 25
In Feierlaune waren die Spieler und Fans der Kadet-
Gsaat isch gsaat
ten gestern Abend: Die Schaffhauser gewannen den
Play-off-Final gegen Pfadi Winterthur mit 3:0 Siegen.
Im gestrigen dritten Spiel siegten die Kadetten (im Bild
Peter Kukucka, Präsident Giorgio Behr, Andrija Pendic,
Sergio Muggli, Thomas Heer und Nikola Cvijetic, von
links) auswärts mit 30:29 (16:16). Das Spiel drei wurde
«Eine Stimme
Unterschied ist
schwer zu verdauen»
Markus Bührer
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0848 276 254 | brocki.ch
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wechseln. Pfadi führte diesmal eine Viertelstunde vor
Schluss mit 24:22. Dann gelangen den Schaffhausern
­innerhalb von 205 Sekunden drei Tore hintereinander
zum 27:25. Diesen Vorsprung brachten die Kadetten in
der turbulenten Schlussphase über die Zeit.Bild Michael Kessler
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Bern Der Gripen ist beim Volk durchgefallen: 53,4 Prozent der Stimmbürger
lehnten es gestern ab, die 22 Kampfflugzeuge beim schwedischen Hersteller Saab zu kaufen. Nur 46,6 Prozent
zeigten sich bereit, dafür die 3,1 Milliarden Franken auszugeben. Für Verteidigungsminister Ueli Maurer ist das die
erste Abstimmungsschlappe in seiner
Amtszeit. Im Interview sagt er, dass
nun die «Sicherheitslücke» anders geschlossen werden müsse. Die Diskussionen über die Zukunft von Luftwaffe
und Armee dürften indes weitergehen.
Vor allem wird die Frage beschäftigen,
was mit den 300 Millionen Franken passiert, die jährlich für den Gripen bereitgestellt worden wären.
Beim gestrigen Urnengang erlitten
zudem die Gewerkschaften eine herbe
Niederlage: 76,3 Prozent der Stimmbürger wollen keinen Mindestlohn einführen. Deutlich angenommen wurden dafür die Pädophilen-Initiative sowie der
Verfassungsartikel zur medizinischen
Grundversorgung. (r.)
Weitere Berichte und Kommentare
auf den Seiten 2–6
Abstimmungssonntag
78,1 Prozent Nein
zum Adlerplatz
schaffhausen Die Beringer Stimmbürger haben die Neugestaltung des Adlerplatzes klar verworfen. Beim Asylbewerberhaus «Bienengarten» muss aufgrund des hauchdünnen Neins nachgezählt werden. In Thayngen wurde
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keine Mehrheit beim Schaffhauser Stimmvolk finden würde,
war früh absehbar: Zu breit war
der Widerstand gegen die Vorlage,
die von Regierungsrat und Kantonsrat beschlossen und von fast
allen Parteien unterstützt worden
war. So berechtigt die Vorbehalte
gegen eine Gesetzesänderung in
Unkenntnis konkreter Pläne
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vom Wochenende eine Blockade,
die es vor der Abstimmung noch
nicht gab: Indem die Vorlage jetzt
abgelehnt wurde, verbieten sich
aus politischen Gründen in den
kommenden Jahren Überlegungen
zu einem Höherstau des Rheins.
Oder einfach gesagt: Das angebliche Denkverbot, das die Befürworter mit der Gesetzesrevision aufheben wollten, haben sie mit diesem
Urnengang eigenhändig verhängt –
zumindest auf Zeit. Das ist bedauerlich, war aber angesichts der
wenig durchdachten Vorlage unvermeidlich.
Schaden erlitten hat auch die
Politik, die am Wochenende mit
einem Misstrauensvotum konfrontiert wurde: Entgegen der Absicht
von Regierung und Parlament
­haben breite Kreise den Urnengang
als Versuch missverstanden, das
Volk in einer wichtigen Frage zu
entmachten. Das hat deutlich gemacht, dass die Stimmberechtigten
von der Politik ernst genommen
und nicht für unbedarfte Stimmungstest missbraucht werden wollen. In absehbarer Zukunft werden
weitere heikle Fragen zu debattieren sein, sei es im Zusammenhang
mit der Energiewende – Stichwort:
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Montag, 19. Mai 2014
Jubiläum Rund 30 000 Personen nahmen
an der 10. Austragung des slowUp
Schaffhausen-Hegau teil. Region Seite 19
Halle mit Klappbühne Die Rafzer
Stimmberechtigten gaben grünes Licht fürs
13-Millionen-Hallenprojekt. Rafzerfeld Seite 25
Region 17
Der Rhein soll nicht stärker genutzt werden
Mit 58,7 Prozent Nein hat
Korkenknaller Ein
klarer Sieg, der gefeiert
wurde
das Schaffhauservolk die
Revision des Wasserwirtschaftsgesetzes abgelehnt.
Die meisten Politiker und
Parteien waren klar dafür
gewesen.
von Zeno Geisseler
Soll der Rhein in unserem Kanton stärker als heute für die Stromproduktion
genutzt werden können? Über diese
Frage haben die Schaffhauser gestern
an der Urne abgestimmt. Formal ging
es dabei um eine Änderung des Wasserwirtschaftsgesetzes, welche einen
begrenzten Höherstau des Rheines ermöglichen sollte.
Das Volksverdikt ist überaus deutlich ausgefallen: 58,7 Prozent lehnen
die Gesetzesänderung ab, nur 41,3 Prozent sind dafür. Zwischen den beiden
Lagern gibt es rund 5500 Stimmen
Unterschied, eine ziemlich grosse Differenz bei nur gut 32 500 eingelegten
Stimmzetteln.
Auf dem Papier hätte man ohne
Weiteres auch das umgekehrte Resultat erwarten können, denn der Kantonsrat hatte sich noch überaus deutlich, mit 44 zu 5 Stimmen, für die Revision ausgesprochen gehabt. Auch die
Regierung war dafür, ebenso die grosse
Mehrheit der Parteien. Einzig SP und
ÖBS beschlossen die Nein-Parole. FDP,
SVP, CVP und Alternative Liste warben alle für ein Ja. Allerdings waren
sich die Parteien intern nicht immer
­einig gewesen: Während etwa die AL
geschlossen hinter der Anpassung
stand, gab es sowohl in der SP als auch
in der SVP starke Befürworter wie
Gegner.
Neuhausen am deutlichsten
Schon vor der Abstimmung hatte
sich ein klares Nein abzuzeichnen begonnen; es wurde umso deutlicher, je
näher der Termin rückte. Bei den Leserzuschriften der SN etwa überwogen
Warteten im Regierungsratssaal auf die Ergebnisse: Thomas Hauser, Josef Würms und Iren Eichenberger (am Tisch). Stehend:
Heidi Würms, Urs Tanner, Ueli Werner und Mariano Fioretti (von links nach rechts).
Bild Zeno Geisseler
die Gegner deutlich. Selbst Befürworter der Vorlage sprachen davon, dass
das Ansinnen wohl chancenlos sei. Sie
sollten Recht erhalten.
Zum Nein beigetragen haben besonders die beiden grössten Gemeinden im Kanton, die Stadt Schaffhausen
und Neuhausen. In der Kantonshauptstadt lag der Ja-Stimmen-Anteil bei
nur gerade knapp 38 Prozent, in Neuhausen sogar bei nur gut 27 Prozent.
Keine andere Schaffhauser Gemeinde
lehnte das Wasserwirtschaftsgesetz
deutlicher ab. Da nützte es auch nichts
mehr, dass insgesamt 10 der 26 Schaffhauser Gemeinden für die Vorlage waren, wenn auch zum Teil sehr knapp: In
Beggingen lag die Differenz bei 8 Stim-
men, in Bargen bei 10n, in Siblingen bei
12. Mit je rund 58 Prozent Ja-Stimmen
sprachen sich Rüdlingen und Buchberg
aus dem unteren Kantonsteil am deutlichsten für die Revision aus.
Viele Unentschlossene
Bei der Anlyse der Abstimmungsergebnisse fällt auf, dass viele Stimmbürger offenbar leere, ungültige oder
gar keine Stimmzettel einlegten: Während bei der Mindestlohn-Initiative, der
Vorlage mit der grössten Beteiligung,
fast 35 000 Schaffhauser Ja- oder NeinStimmen eingingen, waren es beim
Wasserwirtschaftsgesetz nur rund
32 500. Über 2000 Stimmberechtigte
konnten also weder den Argumenten
der Befürworter («Denkverbot aufheben») noch den der Gegner («Hände
weg vom Rheinfall!») etwas abgewinnen. Bei allen vier nationalen Vorlagen
liegt die Zahl der gültigen Stimmen höher als beim Wasserwirtschaftsgesetz.
Insgesamt mochten die Vorlagen
gestern Sonntag die Stimmbürger aber
stark zu mobilisieren, und dies, obwohl
die vom Kantonsrat beschlossene Verdoppelung der Stimmbusse noch gar
nicht in Kraft ist – sie kommt erst im
neuen Jahr. Die Stimmbeteiligung lag
bei 70,4 Prozent. Spitzenreiter ist Lohn
mit 81,9 Prozent, Schlusslicht ist Neuhausen mit bloss 65 Prozent. Beim
E-Voting betrug die Wählerbeteiligung
26,5 Prozent.
Ordentlich gefeiert wurde gestern
Nachmittag im «Güterhof», wo das Komitee «Nein zum Wasserwirtschaftsgesetz» auf seinen Sieg anstiess. Eine
strahlende Martina Munz, SP-Kantonsund -Nationalrätin, fiel Stefan Kunz,
Sekretär des «Nein-Komitees», um den
Hals. «Wir haben es geschafft!», wurde
gejubelt. Die Erleichterung war den
Anwesenden deutlich anzumerken.
«Ich habe heute noch ziemlich gezittert», gab Christoph Bürgin, leidenschaftlicher Weidlingfahrer, zu. Alfred
Springmann war weniger skeptisch:
«Der Rheinfall und der Rhein allgemein liegen den Schaffhausern am
Herzen, darauf habe ich immer vertraut», sagte der abtretende Präsident
des kantonalen Fischereiverbandes.
«Dieser Sieg ist für mich ein schöner
Abschluss nach dieser anstrengenden
Zeit.» Auch Barbara Gehring, Geschäftsführerin des WWF, freut sich.
Die enge Zusammenarbeit habe sie alle
gestärkt. Sie bedankte sich dabei vor
allem bei Stefan Kunz für dessen Engagement. Bei aller Freude und Erleichterung machten sich aber auch die Müdigkeit und Erschöpfung langsam bemerkbar. Die hitzigen Diskussionen
blieben aus. Stattdessen liess man diesen sonnigen Tag mit Wein und Livemusik ausklingen. (ang)
Das Nein-Komitee feiert: Alfred Springmann, Barbara Gehring und Stefan
Kunz.
Bild Anne Gross
Reaktionen «Rhein fast unantastbar», «Vorlage zu schwammig», «gekaufte Abstimmung», «Rhein war einfach der falsche Ort»
Reto
Dubach
Regierungsrat
Baudirektor Reto Dubach erklärt sich die Ablehnung wie folgt: «Das Ergebnis hat gezeigt, dass
der Rhein, die Rheinlandschaft und der Rheinfall
für die Schaffhauser fast unantastbar sind.» Es sei
den Befürwortern im Verlauf des Abstimmungskampfes nicht gelungen, aufzuzeigen, dass die
Vorlage keine erhebliche Beeinträchtigung der
Rheinlandschaft zur Folge gehabt hätte. Zudem
habe man es nicht geschafft, die Notwendigkeit
der Energiewende zu verdeutlichen. «Umso wichtiger ist es nun, dass beim ersten Massnahmenpaket zum Umstieg von der Kernenergie auf erneuerbare Energien alle an einem Strang ziehen»,
sagt Dubach. Die entsprechende Vorlage werde
im Sommer ins Plenum kommen. Er hoffe, dass
sich die Gegner des Wasserwirtschaftsgesetzes
mit dem gleichen Engagement, das sie im Abstimmungskampf gezeigt hätten, nun auch hinter dieses Massnahmenpaket stellten. Der Regierungsrat kann der Niederlage auch etwas Gutes abgewinnen. Ein konkretes Projekt, wie teilweise von
den Gegnern gefordert, hätte nicht unerhebliche
Planungskosten verursacht. Das Ergebnis an der
Urne wäre jedoch das gleiche gewesen, vermutet
er. Diese Kosten habe man nun einsparen können.
Stefan
Kunz
Geschäftsführer
Aqua Viva
«Das Ergebnis ist eine Riesenerleichterung», sagt
Stefan Kunz vom Komitee «Nein zum Wasserwirtschaftsgesetz». Der Aqua-Viva-Geschäftsführer hatte zwar damit gerechnet, dass die am
Rhein gelegenen Gemeinden die Revision des
Wasserwirtschaftsgesetzes ablehnen würden.
Bei der Landbevölkerung sei er jedoch nicht sicher gewesen. Kunz glaubt, dass zwei Gründe
zum Nein geführt haben. «Einerseits ist die Natur
den Menschen im Kanton Schaffhausen sehr
wichtig», so Kunz. Andererseits habe sehr viel
Unsicherheit geherrscht. «Die Vorlage war zu
schwammig formuliert», sagt er. Ganz sicher sei
das Ergebnis aber nicht als Ablehnung von erneuerbaren Energien zu werten. «Ein Nein zum
Wasserwirtschaftsgesetz schliesst das auf keinen Fall aus. Aber der Atomausstieg ist auch
machbar ohne extreme Projekte», sagt Kunz. So
sei zum Beispiel noch Energieeinsparpotenzial
vorhanden. Ausserdem gebe es im Kanton
Schaffhausen bei der Fotovoltaik noch viele Ausbaumöglichkeiten. Der Aqua-Viva-Geschäftsführer betont jedoch, dass der Atomausstieg nicht
einfach werde. «Das wird Knochenarbeit», so
Stefan Kunz.
Matthias
Frick
Kantonsrat AL
Sehr enttäuscht vom Ergebnis zeigte sich ALKantonsrat Matthias Frick. Allerdings habe er
mit einer Niederlage gerechnet. «Eine Abstimmung kann man kaufen», so Frick. Und das sei
in den letzten Wochen dank grosser Werbekampagnen passiert. Anders als die Befürworter
hätte das Nein-Komitee im Wahlkampf viel Geld
zur Verfügung gehabt und dieses auch eingesetzt. Mit einer Lügenpropaganda – wie etwa
einer angeblichen Überflutung des Schaarens –
seien die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger
so gezielt verunsichert worden, sagt Frick. Der
Kantonsrat der Alternativen Liste glaubt nicht,
dass in naher Zukunft nun andere Projekte am
Rheinfall geprüft würden. Zum einen würden
die Gegner des WWG sicherlich auch jedes weitere Projekt am Rhein ablehnen. «Zum anderen
hat das Volk entschieden, und der Wille muss
akzeptiert werden», so Frick. Bezüglich der erneuerbaren Energien sieht er nun eher schwarz.
Windkrafträder würden im Kanton wahrscheinlich auch abgelehnt. Und Energieeinsparungen
und Fotovoltaik alleine würden nicht ausreichen. «Meiner Meinung nach macht man sich
hier Illusionen.»
Willi
Josel
Kantonsrat SVP
Willi Josel, Mitglied des Nein-Komitees, freute
sich sehr über das Abstimmungsergebnis. «Ich
bin erleichtert», so der SVP-Kantonsrat. Ganz
­sicher, dass die Vorlage abgelehnt würde, sei er
im Vorfeld jedoch nicht gewesen. «Es ist wie im
Fussball: Jeder Match muss erst gespielt werden», sagt er. Nun habe man also mit 6:4 gewonnen. Dass das Ergebnis so eindeutig ausgefallen
sei, liege wohl an der grossen Verbundenheit
der Einwohnerinnen und Einwohner des Kantons Schaffhausen mit der Natur und – allem voran – dem Rhein. «Der Rhein ist für viele Menschen im Kanton ein sehr emotionales Thema»,
sagt Josel. Viele Bürger hätten schlicht nicht gewollt, dass der Schaaren geflutet, ein weiteres
Kraftwerk gebaut und die Äschen gefährdet
würden. Josel betont, dass das Nein zur Revision des kantonalen Wasserwirtschaftsgesetz
kein Nein zu erneuerbaren Energien gewesen
sei. «Das war keine Abstimmung gegen alternative Ideen», sagt der Kantonsrat, «aber der
Rhein war einfach der falsche Ort.» Willi Josel
kann sich beispielsweise vorstellen, dass in
Zukunft mehr Fotovoltaikanlagen installiert
werden.
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