Wo nisten und überwintern eigentlich Bienen und Hummeln? Liebe Liese Als ich etwa zehn Jahre alt war, „pflückte“ ich einen ganzen Sommer lang auf dem Weg in die Schule Hummeln von allen möglichen Blüten. Ich trug dann jeweils einen dieser dicken, meist schwarz behaarten Brummer, geborgen in meiner Hand, bis zum Schulhaus und liess ihn dort fliegen. Ich war nämlich der festen Überzeugung, dass Hummeln – im Gegensatz zu Bienen - nicht stechen können. Wie überrascht war ich, als mich im Spätsommer so ein Tier in den Handballen stach! Es tat furchtbar weh und die ganze Handinnenseite schwoll fantastisch an, so dass ich in der Schule einige Tage vom Schreiben dispensiert war! Nun, heute würde ich sofort eine angeschnittene Zwiebel auflegen; ein altes Hausmittel, um Bienen-, Hummel- und Wespenstiche zu heilen bzw. der Schwellung vorzubeugen. Ja, du fragst dich zur Recht, wie es sein konnte, dass ich eine so lange Zeit unbeschadet Hummeln anfassen konnte. Vielleicht liegt es daran, dass Hummeln ausgesprochen gutmütige Tiere sind. Sei stechen wirklich nur im äussersten Notfall. Auf der Abbildung siehst du übrigens, wie eine Hummel warnt und ein mittleres Bein in die Höhe hebt, bevor sie sticht. Aber jetzt, möchte ich dir schildern, wie die Hummeln, welche zur grossen „Familie“ der Bienen gehören, nisten und überwintern. Bienen und Hummeln (Apoidea) Allen Bienenarten gemeinsam ist, dass sie ihre Larven – gewissermassen die Kinder und Jugend - mit Nektar und Pollen versorgen. Das unterscheidet sie von den Wespen und Hornissen, die ihre Larven mit tierischer Nahrung wie Mücken, Fliegen, Spinnen füttern. Die meisten Bienen sind stark behaart, damit die Pollen an ihnen kleben bleiben. Ein Nebeneffekt der Nahrungssuche ist ja, dass Bienen die Blüten bestäuben. Unter dem Mikroskop sieht man zudem, dass diese Härchen fein verzweigt sind, die Pollen bleiben so noch besser haften. Für den Transport des Pollens haben viele Bienen besondere Einrichtungen an Hinterbeinen oder Bauch. Die einfachste Form ist eine „Haarbürste“ an den Hinterbeinen, sogenannte „Körbchen“ oder „Höschen“. Auf der Abbildung siehst du eine sogenannte „Bauchsammlerin“ Eine weitere Gemeinsamkeit der Bienen sind ihre kräftigen Kiefer: Viele Arten müssen zum Nestbau Blätter, Holz und weiteres Nistmaterial zerkleinern. Und bei allen Arten gilt: Weibchen sind imstande zu stechen, Männchen jedoch nicht! Maskenbienen (Hyclaeus) Diese charakteristisch ausschauenden Bienen leben „solitär“, also einzeln, ohne ein soziales Zusammenleben. Ihre Nestanlagen bauen sie in hohle Stängel, morsches Holz oder Pflanzengallen. Dort bauen sie mit dem Sekret ihrer Munddrüse einzelnen Zellen. Da die Maskenbienen nur schwach behaart sind, tragen sie Nektar und Pollen im Mund zur Nestanlage. Hier legen sie diese NektarPollen-Mischung, die auch als „Bienen-“ oder „Honigbrot“ bezeichnet wird, in jeweils eine Zelle, zusammen mit je einem Ei. Dieser Proviant ist für ein solch kleines Tier gigantisch, muss er doch für die ganze Entwicklung einer Larve bis zur voll entwickelten Biene genügen! Mit dem Bau der nächsten Zelle wird die „darunter“ liegende verschlossen. Im Ganzen werden jedoch nur rund ein halbes Dutzend Eier abgelegt. Danach sterben die Muttertiere. Es kommt also zu keinem Kontakt zur neuen Generation! Die Larven verpuppen sich in den Zellen und im folgenden Hochsommer schlüpfen die Bienen, Weibchen und Männchen, aus. Die begatteten Weibchen beginnen dann diesen Zyklus von vorne. Es gibt folglich nur eine einzige Generation pro Jahr. Die Maskenbienen findest du häufig auf Brombeersträuchern. Erdbienen (Andrena) Die verschiedenen Erdbienenarten unterscheiden sich stark in Gestalt und Farbe, wenn es auch Arten gibt, die den Honigbienen gleichen. Sie bauen ihre Nester im Boden, vorwiegend in hellem, leichtem Sand. Oft liegen mehrere Nester nebeneinander, sodass man von „Andrenen-Kolonien“ spricht. Aber die Bezeichnung täuscht: Wie bei den Maskenbienen baut jedes Weibchen ihr Nest allein; einen Gang mit etwa einem halben Dutzend Kammern. Wenn die Weibchen die Bauten angelegt und mit Nahrung versehen haben, kümmern sie sich nicht weiter darum. Wiederum kommt es zu keinem Kontakt mit der nachkommenden Generation. Die meisten Erdbienenarten schlüpfen im Frühjahr aus den Puppen und verlassen den „Bau“. Nach der Paarung legen die Weibchen neue Erdnester an. Viele Erdbienenarten bringen jedoch im Sommer noch eine zweite Generation hervor. Die erwachsenen Tiere der einzelnen Arten treten also immer nur in ganz bestimmten, scharf abgegrenzten Zeiträumen auf. Blattschneiderbienen (Magachile) Diese Gattung nistet vor allem im Holz oder in hohlen Stängeln, aber auch im Boden. Die Blattschneiderbienen schneiden kreisförmige Stückchen aus Blättern (vgl. Abbildung) und formen daraus tütchenförmige Zellen. In solch einem „Tütchen“ legen sie „Honigbrot“ und je ein Ei und verschliessen es mit den nächsten Blattstückchen. Die Abbildung zeigt den grossen Honigvorrat im Verhältnis zum kleinen Ei. Die Blattteile werden häufig aus Eichen-, Rosen und Blütenblättern geschnitten. Wiederum sind es solitär lebende Bienen. Furchenbienen (Halictus und Lasioglossum) Die Bienen dieser Gattungen sind in der Regel recht schlank und behaart. Die Nestbauten befinden sich meist im Boden. Mehrheitlich leben die HalictusArten solitär, aber einige betreuen und bewachen ihre Nester, nachdem sie die Eier abgelegt und mit Nahrung versorgt haben. Diese Arten lernen ihre Nachkommen kennen. Bei den Lasioglossum-Arten gehen die sozialen „Bindungen“ weiter. Hier überwintert das befruchtete Weibchen, eine eigentliche Königin, um im Frühjahr aus dem Winterquartier hervorzukommen. Sie legt ihren Bau an, bestückt ihn mit Proviant und Eiern, und bewacht ihn. Soweit unterscheiden sich diese Lasioglossum-Arten nicht von den solitär lebenden Halictus-Arten. Nun kommt eine spannende Abweichung: Bei den Bienen, die aus den ersten Eiern schlüpfen, handelt es sich um Arbeiterinnen, kleinere Weibchen mit funktionsuntüchtigen Geschlechtsorganen. Diese oft nur etwa zwei Dutzend Tiere beginnen mit dem Bau von weiteren Zellen und versorgen diese mit Vorräten. Die Königin begnügt sich jetzt mit der Eiablage. Aus den folgenden Bruten entstehen paarungsbereite grosse Weibchen und aus den unbefruchteten Eiern – Männchen! Nach der Paarung überleben dann nur die begatteten Weibchen, die oft gemeinsam mit anderen im alten Nest überwintern. Hummeln (Bombus) Es gibt Erd-, Moos und Steinhummeln, je nach Nestbauvorlieben. Die Grundfarbe dieser Tiere ist schwarz. Dazu kommen farbige Streifen und Körperenden. Alle Hummeln leben sozial in Staaten mit 50 bis 600 Tieren, deren Nester sich vor allem unter der Erde, in dichtem Bodenbewuchs, in Hecken oder Baumstümpfen befinden. Auch hier überwintern die befruchteten Königinnen. Im Frühjahr sucht sich die Königin – solitär - einen Nistplatz. Dabei zeigt sie keine Eile, muss sie doch erst auf mehr Blütenfülle warten. Und tatsächlich beobachte ich regelmässig im Frühjahr zahlreiche Hummeln, die in unserer Steinmauer Spalt für Spalt anfliegen, aber in keinem bleiben. Später sammelt die Hummelkönigin trockenes Gras und Moos und formt daraus einen kleinen Ball, in dessen Mitte sie „Bienenbrot“ platziert. Darauf legt sie rund ein Dutzend Eier und überdeckt das Ganze mit einer Wachshaube (aus Drüsen des Hinterleibs). Sie baut auch einen „Honignapf“ als Honigreserve für sich selber und als Proviant für die Larven bei Schlechtwetterphasen. Die Königin setzt sich auf die Zelle und hält sie so warm. Nach fünf Tagen schlüpfen die Larven, nach weiteren 14 Tagen verpuppen sich diese. Wiederum schlüpfen zuerst „nur“ Arbeiterinnen, welche die Fütterung der Larven übernehmen. Die Königin baut weitere Wachszellen; ein kleiner Staat aus zuerst nur Arbeiterinnen und der Königin entsteht. Später im Jahr schlüpfen voll ausgebildete Weibchen und Männchen. Nach dem Paarungsflug nehmen die jungen Königinnen mehrmals Nahrung auf und suchen sich einen Überwinterungsplatz. Alle anderen Tiere sterben. Honigbiene (Apis melifica) „Aus der Sicht der Honigbiene ist der Mensch eine einzige Katastrophe: ein unbezwingbarer Futterräuber. Aus der Sicht der Menschen sind Honigbienen ungemein nützlich. Aus dieser Konstellation ergab sich ein Jahrtausende altes Ausbeutungsverhältnis, mit dem bisschen Pflege, das jeder gute Ausbeuter seinen Arbeitern zukommen lässt: Etwas sozialer Wohnungsbau, so viel Winterhilfe wie zum Überleben nötig.“ Und der Winter ist tatsächlich das Entscheidende, weil die Bienen als ganzes Volk und nicht nur die Königinnen überwintern. Weil die Honigbiene wohl das am meisten beschriebene Insekt ist, gehe ich nicht weiter auf sie ein, sondern beende ich meine Ausführungen mit obigem Zitat aus dem Buch: „Tiere auf Wohnungssuche“. Nisthilfen Aus den Beschreibungen wird klar, wie wir den solitär lebenden Bienen Nisthilfen anbieten können: Wir hängen zusammen gebundene hohle Stängel von Schilf auf und für jene Arten, die in selbstgegrabenen Gängen nisten, Stängel von Holunder, Brombeeren, KönigskerKönigskerzen oder Kugeldisteln. Die abgebildete „Rote Mauerbiene“ hat sich sogar die Plastikummantelung eines Elektrokabels als Nisthilfe ausgesucht! Dieses Jahr werde ich Holunderzweige zusammenbinden und an geschützten Stellen aufhängen oder hinlegen. Vor Jahren haben wir einen dicken Holzpflock mit Löchern versehen und an einer geschützten Stelle aufgehängt. Seither wird er ständig neu „besiedelt“. Aber nicht nur diese Ritzen, nein, jedes Löchlein, jeder Spalt, selbst Fensternischen sind bewohnt und jetzt im Winter mit Wachs und Ähnlichem Material fest verschlossen. Ja, so schlafen sie denn da draussen, die Unwissenden, und wir träumen mit ihnen dem Frühling entgegen. Verena Quellen: www.rutkies.de; www.insektenbox.de; www.arthropods.de; www.wildbienen.de; Pro Natura: Ein Haus für Wildbienen; Pro Natur: Tiere auf Wohnungssuche.