Modellprojekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ Kooperative Qualifizierung und Netzwerkarbeit im Main Kinzig Kreis Abschlussbericht Förderung durch die Robert Bosch Stiftung Bewilligungs- Nr.: 32.5.1364.0032.0 Projektzeitraum: 16.06.2011-17.06.2013 Abgabetermin Abschlussbericht: 31.10.2013 Institution/Durchführung: Arbeitsgemeinschaft Hospizdienst Hanau/Main-Kinzig-Kreis (AGH) Träger: Caritas – Verband für den Main-Kinzig-Kreis e.V. Adresse: Im Bangert 4, 63450 Hanau Vorgelegt durch: _______________________________ _______________________________ Robert Flörchinger, Projektleitung Martina Albrecht, Projektkoordination H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Abschlussbericht Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ Inhaltsverzeichnis 1. Projektanliegen 3 Projektbeschreibung 4 1.1 1.2 1.3 1.4 1.5 2. Seite Antragsteller, Projektbeteiligte Projektziele Zielgruppen Maßnahmen zur Realisierung der Projektziele Projektstruktur/Zeitplan Durchführung 2.1 2.2 2.3 2.4 2.5 7 Vorbereitungsphase Bildung einer Steuerungsgruppe Erstellung eines Projektkalenders Ziele und Inhalte der Projektmodule 2.4.1 Eröffnungsveranstaltung 2.4.2 Palliative Praxis Kurs 2.4.3 „Ethische Fallbesprechungen als Handlungshilfe in der hospizlich-palliativen Versorgung von Menschen mit Demenz integrieren“ 2.4.4 Palliative Care Schulungen 2.4.5 Fortbildungen ehrenamtlicher Mitarbeiter/-innen 2.4.6 Öffentliche Referentenabende / Workshop 2.4.7 „Come together“ Zwischenbilanz Ziele und Inhalte der Öffentlichkeitsarbeit 3. Evaluation 3.1 Qualitative Befragung 3.2 Quantitative Befragung 17 4. Projektergebnisse 19 4.1 4.2 4.3 4.4 5. Perspektiven 5.1 5.2 5.3 6. Ergebnisse in der Gesamtschau Ergebnisse der einzelnen Module Qualifizierung der Versorgenden Kritische Situationen im Projektverlauf 25 Lernende Organisation Erkenntnisse aus dem Projekt Weitere Perspektiven Anlagen 6.1 6.2 6.3 6.4 29 Referentenliste Ergebnisse Interviewrunde „Zwischenbilanz“ Evaluationsbögen Flyer: Eröffnungsveranstaltung, Motivation, Projektkalender, Palliative Praxiskurs-Expertenkreis, Ethische Fallbesprechungen, Palliative Care Schulungen für Hauptamtliche MA, Fortbildungen Ehrenamtliche, Zwischenbilanz, Ergebnisse der Diskussionsrunde Zwischenbilanz Hinweis: In der Ausarbeitung wird die gendergerechte Ausdrucksform verwandt, gemeint sind immer Männer und Frauen z.B. Mitarbeiter/-innen, Patient/-innen, Klient/-innen Abkürzungsliste: AGH: Arbeitsgemeinschaft Hospizdienst Hanau/Main-Kinzig-Kreis MKK: Main-Kinzig-Kreis MA: Mitarbeiter/-innen EA: Ehrenamtliche H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 2 Abschlussbericht Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ Projektanliegen Ausgangspunkt des mehrdimensionalen Projektes waren die Erfahrungen aus dem Alltag der Einsatzleitungen und der ehrenamtlichen Hospizhelfer/-innen der Arbeitsgemeinschaft Hospizdienst Hanau/Main-Kinzig-Kreis (AGH). Immer mehr werden sie bei BegleitungsAnfragen mit Menschen, die von Demenz betroffen sind, konfrontiert. Nicht immer hat die Person, die begleitet wird, dementielle Einschränkungen. Bisweilen ist dies ein Mitglied im Zugehörigensystem. Es gilt in diesen konkreten Situationen die besonderen Bedürfnisse bei der Versorgung von Menschen mit Demenz zu erfassen und Versorgende zu schulen. Die AGH besteht aus drei Regionalgruppen. Die Einsatzleitungen und ehrenamtlichen Hospizhelfer/-innen sind in ihrer Arbeit von den sehr unterschiedlichen regionalen Versorgungsstrukturen und Versorgungsqualitäten betroffen. Sie erleben im eher städtisch geprägten südlichen und dem mittleren Main-Kinzig-Kreis die Auswirkungen von aktiver Hospizarbeit, Palliativarbeit und die Etablierung eines SAPV-Teams auf die allgemeine Versorgungskultur, d.h. auch auf die Versorgung älterer Menschen der Region. Es wird dabei offensichtlich, welche Veränderungsprozesse sich gleichzeitig in der Gesellschaft entwickeln. Wir halten in diesem Zusammenhang das Modell des Zusammenspiels von haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter/-innen auch für das Versorgungsmodell der Zukunft. Die AGH stellt sich der Versorgungssituation im ländlichen Raum vor allem durch ihr Engagement für Netzwerke. Im östlichen, sehr ländlichen Teil des Landkreises, in dem das Modellprojekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ angesiedelt wurde, zeichnet sich immer mehr eine medizinisch-pflegerische Unterversorgung ab. Natürlicherweise möchten sich Ehrenamtliche aus diesen Regionalgruppen in der Entwicklung von Prozessen und Strukturen ihrer eigenen Region engagieren. Durch die Ansiedlung der Fachkliniken für Psychiatrie und Psychotherapie und für Geriatrie in dem Teil des Versorgungsgebietes um die Stadt Schlüchtern keimte die Hoffnung, dass man mit einem Projekt, in dem es um die Versorgung älterer dementer Menschen geht, bei der Ärzteschaft und den Mitarbeiter/-innen der Kliniken auf Interesse stoßen könnte. Demenzen sind vorrangig Erkrankungen des höheren Alters. Die Ehrenamtsarbeit im Hospizdienst leisten oft ältere Menschen im Ruhestandsalter, meistens über viele Jahre hinweg. Auch hier ist ein aufmerksamer Umgang auf Veränderung hin in den Gruppen und Gremien der Organisation gefragt. Auf den Ebenen von Einsatzleitungen und Vorstand ist hierfür Sorge zu tragen. H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 3 Abschlussbericht 1. Projektbeschreibung 1.1 Antragsteller, Projektbeteiligte Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ Die Arbeitsgemeinschaft Hospizdienst Hanau/Main-Kinzig-Kreis in der Trägerschaft des Caritas-Verbandes für den Main-Kinzig-Kreis e.V. führte das Projekt durch. Projektleitung, Robert Flörchinger Dipl. Theologe, Sozialwirt, Geschäftsführer Caritas-Verband für den Main-Kinzig-Kreis e.V. und der Arbeitsgemeinschaft Hospizdienst Hanau/Main-Kinzig-Kreis Ärztliche Projektbegleitung, Prof. Dr. Holger Kaesemann, Chefarzt Frauenklinik St. Vinzenz Krankenhaus Hanau, Mitglied im Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Hospizdienst, Förderverein Palliative Patientenhilfe Hanau e.V., Hospiz- und Palliativ-Verband Hessen Projektkoordination, Martina Albrecht Krankenschwester, Hospizarbeit ehren- und hauptamtlich, MAS Palliative Care, Freiberufliche Pflegefachkraft Projektbegleitung, Josef Rath bis Herbst 2011 Dipl. Sozialpädagoge, Seniorenberater Caritas-Verband für den Main-Kinzig-Kreis e.V. Fachbereichskoordination Arbeitsgemeinschaft Hospizdienst; Weiterbildung Palliative Care Projektbegleitung, Annette Böhmer ab Mai 2012 Dipl.-Sozialpädagogin, Master of Arts für Sozialrecht und Beratung Fachbereichsleitung Ambulante Hospizarbeit, Caritas-Verband für den Main-Kinzig-Kreis e.V.; Weiterbildung Palliative Care Projektberatung, Manuela Straub AVEVITA.Supervisorin (DGSv), Coach & Organisationsberaterin, Trainerin Palliative Care für Pflegende (DGP), Praxis und Projekte im Kontext Hospiz-Palliative Care Büroorganisation, Doris Vetterlein Sekretärin/Verwaltung AGH im Caritas-Verband für den Main-Kinzig-Kreis e.V. Erstellung von Präsentationsmaterialien, organisatorische Projektbegleitung Projektbeteiligte An dem mehrdimensionalen Projekt beteiligten sich aus dem Versorgungsbereich mittlerer/östlicher MKK die Einrichtungen: • zwei Krankenhäuser der Regionalversorgung • zwei Träger Stationärer Altenpflegeheime • drei Ambulante Pflegedienste • zwei Regionale Hospizdienste neben den Mitarbeiter/-innen der AGH • ein regionales Aus- und Fortbildungsinstitut für Altenpflege H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 4 Abschlussbericht 1.2 Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ Projektziele • Es soll eine Verbesserung der Versorgung von Menschen mit Demenz in der ländlichen Region des Main-Kinzig-Kreises durch Hospiz- und Palliativarbeit erreicht werden. • Auf- und Ausbau eines Netzwerkes mit Kooperations- und Projektpartnern. • Kompetenzerweiterung im Umgang und bei der Versorgung von Menschen mit Demenz hinsichtlich des Wissensmanagements als auch hinsichtlich praktischer Handlungsalternativen. • Es soll nicht nur das regionale Fachpublikum angesprochen werden, sondern Öffentlichkeit für das Projekt und die Projektthemen hergestellt werden. • Der Hospizdienst stellt sich den Herausforderungen der demographischen Entwicklung und integriert die Versorgung dementiell erkrankter Menschen in seine Arbeit. 1.3 Zielgruppen An erster Stelle standen als Zielgruppen die Haupt- und Ehrenamtlichen, die im Netzwerk tätig sind. Sie sollten im Sinne eines mehrdimensionalen Ansatzes mit vielfältigen Methoden angesprochen werden. Insbesondere war das Projekt auf die Beteiligung der Leitungsebenen ausgelegt; für Führungskräfte wurden gezielt entsprechende Module angeboten. Wesentliches Anliegen war es, Ärzte für das Projekt zu gewinnen. Zur Einbindung und Sensibilisierung der interessierten Öffentlichkeit wurden Referentenabenden und entsprechende Pressemitteilungen geplant. 1.4 • • • • • • • • • • • • Maßnahmen zur Realisierung der Projektziele Gründung einer Projektsteuerungsgruppe aus internen und externen Mitarbeiter/-innen Entwicklung zielgruppenspezifischer Angebote und Projektmodule Entwicklung von Projektflyern zu den einzelnen Projektmodulen Aufbau und kontinuierliche Aktualisierung eines Netzwerkverteilers Gespräche mit Hausärzten aus der Region Gespräche mit der Leitstelle für Ältere Bürger im MKK Gespräche mit dem leitenden Arzt des Gesundheitsamtes Gespräche mit leitenden Ärzten des regionalen Krankenhauses Gespräche mit den leitenden Pflegefachkräften der einzelnen Organisationen Gespräche mit Seelsorgern der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden Gespräche mit regionalen Hospizdiensten Kick-off Veranstaltung H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 5 Abschlussbericht 1.5 Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ Projektstruktur/Zeitplan Wesentliche Elemente der Projektstruktur waren die regelmäßigen Sitzungen der Projektsteuerungsgruppe. Jeweils vor und nach jedem Veranstaltungsblock wurden Sitzungen der Projektsteuerungsgruppe terminiert. Zu Beginn des Projektes kam es zu einem Mitarbeiterausfall in der Organisation, die eine Umstrukturierung erforderlich machten. Im Projektverlauf gab es durch die Implementierung der Fachbereichsleitung in der AGH eine weitere personelle Veränderung. Um den Weitergang des Projektes zu sichern, mussten zusätzliche Sitzungen der Steuerungsgruppe einberufen werden. In den Vorbereitungssitzungen wurden zunächst die Projektmodule geplant. Im Projektverlauf konnten dadurch auch kurzfristig Diskussionen über Zielsetzung und Ablauf der jeweiligen Veranstaltung erfolgen. Die Nachbereitungssitzungen dienten der Reflexion und zeitnahen internen Evaluation. Die intensivste Projektphase war für das Jahr 2012 geplant. Im November 2012 wurde diese Intensivphase mit der Veranstaltung „Come together Zwischenbilanz des Projektes“ mit Gästen aus Politik, Kirchen und Verbänden, ethischen Fachzirkeln und der Altenhilfe beendet. Das zweite Projektjahr diente der Evaluation und der Erstellung des Abschlussberichts. H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 6 Abschlussbericht 2. Durchführung: 2.1 Vorbereitungsphase Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ Die Vorstandsmitglieder und Einsatzleitungen der AGH nehmen seit Jahren regelmäßig an verschiedensten Netzwerktreffen, Qualitätszirkeln und Arbeitskreisen im MKK teil. In diesen Gremien wurde die Planung des Projektes vorgestellt. Weitere persönliche Telefongespräche oder Besuche in den Einrichtungen wurden von dem Projektleiter und der Projektkoordinatorin getätigt. Durch die Gremienarbeit, die gewachsenen Kontakte und die persönlichen Vorstellungen des Projektvorhabens in den Netzwerken und Einrichtungen, kam die Rekrutierung der Teilnehmer/-innen zustande. 2.2 Bildung einer Steuerungsgruppe Schon in der Vorbereitungsphase wurde die Steuerungsgruppe gebildet. Sowohl die Projektziele als auch die Durchführbarkeit und Sicherung der Nachhaltigkeit dieses Projektes wurden ausführlich diskutiert und immer wieder sorgfältig abgewogen. Aufgaben des Projektleiters Vorstellung des Projektvorhabens in der Vorbereitungsphase; Kontaktpflege zu den politischen Vertretern und Gremien. Der Projektleiter übernahm den Vorsitz der Steuerungsgruppe und die Kontakte zur Robert Bosch Stiftung. Die Zuförderung für das Modellprojekt durch die Berenbrok-Winterstein-Stiftung, Hanau, konnte initiiert werden. Sie erfolgte unter der Maßgabe, dass Veranstaltungen auch im und für den Raum Hanau angeboten werden. Aufgaben des Ärztlichen Projektbegleiters Fachliche Beratung der Steuerungsgruppe. Fachlicher Ansprechpartner bei den verschiedenen Veranstaltungen. Der Ärztliche Projektbegleiter übernahm auch die Kontaktpflege zu den Politischen Vertretern und Gremien, den Hausärzten und dem Leiter des Kreisgesundheitsamtes. Aufgaben der Projektkoordination Kontaktpflege zu den Projektbeteiligten; Koordination der Veranstaltungen; Fachliche Beratung der Steuerungsgruppe; Mitgestaltung der Projektflyer; Referentin Dementia Care; Projektpräsentationen, Teilnahmen an den Vernetzungsworkshops der Robert Bosch Stiftung; Aufgaben der Fachbereichskoordination/-leitung Arbeitsgemeinschaft Hospizdienst Fachliche Beratung der Steuerungsgruppe, Interne Projektbegleitung H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 7 Abschlussbericht Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ Aufgaben der Projektbegleitung Externe Fach- und Prozessberatung der Steuerungsgruppe, Beratung und Unterstützung der Projektkoordinatorin, Referentin Palliative Care, Ethik-Organisationsethik Aufgaben Sekretariat Sekretariats- und Verwaltungsaufgaben, Koordination der Öffentlichkeitsarbeit und Netzwerkverteiler, Erstellung von Projektpräsentationsmaterial, Organisatorische Projektbegleitung 2.3 Erstellung eines Projektkalenders Die Erstellung des Projektkalenders erfolgte durch die Steuerungsgruppe in enger Zusammenarbeit des AGH-Sekretariates und der Projektkoordinatorin. Unter Berücksichtigung der AGH internen Termine, der bekannten Veranstaltungstermine der Projektbeteiligten, der hessischen und bayerischen Ferienzeiten, war es nicht unbedingt einfach, eine günstige Terminplanung vorzunehmen. Um auch interessierten Ärzten die Teilnahme an den Veranstaltungen zu ermöglichen, wurden diese bevorzugt auf späte Mittwochnachmittage terminiert. 2.4 Ziele und Inhalte der Projektmodule Die Ergebnisse der Projektmodule werden gebündelt unter Punkt 4.2 aufgeführt. Die Mitglieder der Steuerungsgruppe stimmten die Projektmodule inhaltlich, zeitlich, fachlich und prozesshaft aufeinander ab. Inhalte waren: • Information von Versorgenden und Öffentlichkeit mit einer „ Klick off“ Veranstaltung. • Basisqualifikation von Führungskräften in Palliative Care und Ethikkompetenz, Themenschwerpunkt: Versorgung hochaltriger Menschen mit Demenz. • Durchführung von Referentenabenden zur zusätzlichen fachlichen Vertiefung in den relevanten Schwerpunktthemen unter Einbeziehung der Öffentlichkeit. • Zwischenbilanz: Was wurde erreicht, was wäre zukünftig hilfreich und sinnvoll im Sinne einer kooperativen Qualifizierung und Netzwerkaufbaus? 2.4.1 Eröffnungsveranstaltung Ziele: In der Eröffnungsveranstaltung wurde das Projekt dem teilnehmenden Fachpublikum, den ehrenamtlichen Hospizmitarbeiter/-innen, der interessierten Öffentlichkeit und Herrn Nerl von der Robert Bosch Stiftung vorgestellt. Mit folgenden Beiträgen konnten die Teilnehmer/innen einen Einblick in die breit gefächerte Thematik und Mehrdimensionalität des Projektes erhalten. H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 8 Abschlussbericht Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ Tagesprogramm: • Palliative & CARE – Ethikkompetenz als lebensförderliche Haltung Fr. Manuela Straub • Projektpräsentation Hr. Robert Flörchinger, Fr. Martina Albrecht • Die Psychosoziale Begleitung in der Demenz Fr. Martina Albrecht • A-B-C-D-menz Dialogische Brücken in die Innenwelt einer Demenz Spirituelle Begleitung von Menschen mit Demenz Hr. Dr. phil. Dieter Hofmann, Coburg • Die Palliative Versorgung von Menschen mit Demenz Hr. Christoph Fuchs M.A., München • Workshop Hr. Dr. phil. Dieter Hofmann, Coburg 2.4.2 Palliative Praxis Kurs Das Modul „Palliative Praxis Kurs“ und das Modul „Ethische Fallbesprechungen“ stellten die Schwerpunkte der Projektinhalte dar. Als Fachreferenten wurden Experten aus der Region eingeladen, um direkt und praxisnah miteinander in einen Austausch zu kommen. Ziele: Beide Module wurden Ärzten, leitenden Mitarbeiter/-innen aus dem Krankenhaus, zwei stationären und drei ambulanten Altenhilfeeinrichtungen, den regionalen Hospizdiensten und Seelsorgern der ev. und kath. Kirchengemeinden angeboten, mit dem Ziel, sie zu Multiplikator/-innen der hospizlich-palliativen Praxis zu schulen. Themen: Die Moderatorin schulte nach dem 40 Std. Curriculum der Robert Bosch Stiftung. Zu folgenden Themen waren zusätzlich Referenten eingeladen. • Inhalte der Palliativen Medizin/Palliativen Versorgung Problemstellungen Fr. Dr. med Karin Mattekat, Hanau H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 9 Abschlussbericht Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ • Schmerztherapie in der Geriatrie Fr. Dr. med. Karin Mattekat, Hanau • Der Mensch mit Demenz in der Gerontopsychiatrie Fr. Dr. med. Susanne Markwort, Schlüchtern • Palliativmedizin in der Geriatrie- der Mensch in der geriatrischen, palliativen Versorgung Hr. Dr. med. Uwe Jander-Kleinau, • Respiratorische Symptome Fr. Manuela Straub Durchführung: Mit Frau Monika May, Leiterin des Fort- und Weiterbildungsinstitutes für Altenpflege des MKK, hatten wir eine sehr erfahrene Moderatorin gewonnen. Das Fort- und Weiterbildungsinstitut ist lange Jahre Kooperationspartner der AGH. Sowohl die Einsatzleitungen der AGH, als auch die ärztliche Leitung des SAPV-Teams Hanau stellten in ihren jeweiligen Kursteilen ihre Arbeit in der palliativen Praxis vor. Spontan war die Moderatorin bereit, die Wünsche des ambulanten Hospizdienstes als Projektträger in das Konzept zu integrieren. Die curricularen Vorgaben des Palliative Praxis Kurses wurden immer wieder ergänzt und die Verantwortung der Führungskräfte und der obersten Leitung der Organisationen dargestellt. So wie es im Curriculum vorgegeben ist, konnten die TN ihr eigenes „Fallbeispiel Berta“ entwickeln, ihre Fragen und Erfahrungen in die Gruppe einbringen. Im dialogischen Prozess von Gruppe und Moderatorin wurde eine Suchhaltung entwickelt, was in erster Linie im Interesse von „Berta“ ihren Zugehörigen und gleichzeitig aber auch im Interesse der „Care giver“ zu tun oder zu lassen ist. Die Moderatorin platzierte ihre Präsentationen situativ aus dem sehr reichhaltigen Angebot des Curriculums. Fr. Straub als Fach- und Prozessberaterin im Projekt lenkte unter anderem immer wieder den Blick auf die Prozess- und Organisationsebene. In Schulungen, in denen mit Rollenspielen gearbeitet wird, werden die TN schnell von der eigenen emotionalen Betroffenheit berührt. Deswegen ist es sehr wichtig die mittuenden TN zu beobachten und zu begleiten. Hier profitierten wir von Fr. Straubs Erfahrungen als Supervisorin. Die Beiträge der Gastreferenten (Fachärzte aus der Region) lieferten wichtige medizinischfachliche Differenzierungen. Im Besonderen wurden Ziele, Maßnahmen und mögliche Ergebnisse einer palliativen, geriatrischen und gerontopsychiatrischen Versorgung differenziert dargestellt. Die Illustrationen aus dem klinischen und außerklinischen Kontext im MKK waren für alle TN sehr beeindruckend und für einige auch neu. H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 10 Abschlussbericht Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ Expertenkreis Zum Abschluss des Kurses wurden Gäste (Leiter des Gesundheitsamtes, Verantwortliche der Leitstelle für ältere Bürger des MKK, Mitarbeiter/-innen des Pflegestützpunkts des MKK, Pflegedienstleitung des Krankenhauses, Projektleitung AGH), zu einem Expertenkreis eingeladen. In einem „inneren Expertenkreis“, der aus den Teilnehmer/-innen des Kurses bestand, wurden die Ziele, Themen und Ergebnisse des Kurses den Gästen als dem „äußeren Expertenkreis“ vorgestellt. Gemeinsam wurde nach tragfähigen Umsetzungsmöglichkeiten in und zwischen den Organisationen gesucht. 2.4.3 „Ethische Fallbesprechungen als Handlungshilfe in der hospizlich-palliativen Versorgung von Menschen mit Demenz integrieren“ Trainingsworkshop Ausgangslage: Einrichtungen und Dienste der Altenhilfe sind oft mit kritischen und druckvollen Entscheidungssituationen konfrontiert. Bewohner/-innen, die demenziell erkrankt bzw. nicht mehr entscheidungsfähig sind, schlecht erreichbare Ärzt/-innen wie auch knappe personelle Ressourcen verschärfen diese Entscheidungspunkte und belasten alle Beteiligten. Letztlich müssen sich alle Behandlungs-, Betreuungs- und Versorgungsentscheidungen am Willen des Bewohners/der Bewohnerin bzw. des Patienten/der Patientin orientieren. Wie kann hier eine gute Kommunikation gelingen? Wie lassen sich Eskalationen vermeiden? Wer hat was mit wem, wann und wozu zu besprechen? Die Komplexität der Entscheidungsfindungsprozesse erfordert deshalb die Aufmerksamkeit auf ganz verschiedenen Ebenen. Die Themen bzw. Module des „Trainingsworkshops“: I. Was ist Ethik? Was sind Ethische Fallbesprechungen in der Altenhilfe? Ebene: Patienten - Bewohner II. Was wird gebraucht? Ebene: Team, Patienten - Bewohner, Angehörige III. Was wird für eine gute Entscheidungskultur gebraucht Ebene: Organisation Referent: Hr. Dr. theol. Stefan Dinges Im Training wurden die Themen und Anliegen der Teilnehmer/-innen bzw. ihrer Teams und Einrichtungen aufgenommen und bearbeitet. Das Finden und Erarbeiten von hilfreichen ethischen Fragestellungen sowie die Moderation von ethischen Fallbeispielen (auf der individuellen Ebene, auf der Team- bzw. Bereichsebene und auf der Einrichtungs- bzw. Organisationseben) haben bei der Bearbeitung beispielsweise von Dilemma-Situationen beigetragen. Neben der Vermittlung und dem Einüben aktueller Kommunikations- und Moderationsmodelle wurden bewährte Werkzeuge für die Situationen der ersten H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 11 Abschlussbericht Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ Fragestellungen über die Dokumentation bis zur Implementierung ethischer Entscheidungshilfen zur Verfügung gestellt. Das angebotene Programm entwickelte in drei Schritten Perspektiven, Instrumente und Modelle, um in den stationären Einrichtungen und in der ambulanten Versorgung die unterschiedlichen Anliegen von Bewohner/-innen und ihren Angehörigen, von den Pflegenden und ihren Führungsverantwortlichen, von den psychosozialen Berufe sowie von den Mediziner/-innen im Krankenhaus und im niedergelassenen Bereich besser zu berücksichtigen und einzubinden. In Rollenspielen und Gruppenarbeiten wurde deutlich herausgearbeitet, dass es neben den kommunikativen und fachlichen auch die organisationalen Kompetenzen braucht. 2.4.4 Palliative Care Schulungen Ziele: Bedingt durch die komplexen Bedürfnisse hochaltriger, multimorbider und oft von Demenz betroffener Menschen, wird die palliative Versorgung für eine steigende Anzahl von Menschen immer wichtiger. Um dieser Situation gerecht werden zu können, braucht es im Versorgungsteam zunächst eine Auseinandersetzung um verschiedene Konzepte, Begrifflichkeiten, Kompetenzen, Zuständigkeiten und Grenzen der beteiligten Professionen. Wie sollen wir im Interesse der betroffenen Menschen richtig und angemessen handeln. Es wurden vier Schulungseinheiten entwickelt, um hauptamtlichen MA aus der Pflege, Sozialarbeit und Therapie die Möglichkeit zu bieten, sich mit diesem Themenkomplex zu befassen. Die Schulungen wurden so terminiert, dass die TN direkt nach den Schulungen an den öffentlichen Referentenabenden teilnehmen konnten. Inhalte: • Das multiprofessionelle Team in der Altenhilfe • Palliative Care in der Altenhilfe • Die personenzentrierte Versorgung • Praxisreflexion Fr. Manuela Straub, Fr. Martina Albrecht 2.4.5 Fortbildungen ehrenamtlicher Mitarbeiter/-innen Ziele: Mit dem ersten Thementag sollte den ehrenamtlichen Mitarbeiter/-innen der AGH die Möglichkeit geboten werden, ihre Grundkenntnisse aus den Vorbereitungskursen zu reflektieren, aufzufrischen und zu erweitern. Am zweiten Thementag sollte der Schwerpunkt zunächst in der Reflexion liegen: Was habe ich erlebt? Was bewegt mich? Besuche bei Menschen mit Demenz sind immer wieder mit H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 12 Abschlussbericht Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ Bedenken und Ängsten der Ehrenamtlichen belegt, dieser eigenen Betroffenheit soll Raum gegeben werden. Folgend wurde in Theorie und Praxis den Fragen nachgegange: Was ist meine Aufgabe als Hospizhelfer/-in? Worin liegt möglicherweise die Ergänzung oder der Unterschied der psychosozialen Begleitungen zu den Betreuungsaufgaben der zusätzlichen Kräfte nach dem Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz? Themen: • „Validation, Basale Stimulation und Demenz“ Die Sprache der Menschen mit Demenz verstehen Fr. Sonja Jahn, Fr. Carmen Heeg • „Hospizliche Begleitung bei Demenz“ Eine mitfühlende Begleitung ist die beste Medizin Fr. Martina Albrecht 2.4.6 Öffentliche Referentenabende/Workshop Ziele: Mit den Referentenabenden verfolgten wir das Ziel, nicht nur das Fachpublikum anzusprechen, sondern auch öffentlich immer wieder auf das Projekt und die Projektthemen aufmerksam zu machen. Experten aus benachbarten Regionen waren eingeladen, mit dem Ziel, das Interesse des regionalen Fachpublikums zu wecken. Auf Wunsch vieler TN der Eröffnungsveranstaltung wurde Hr. Dr. phil. Dieter Hofmann erneut als Referent und Leiter eines Workshops engagiert. Um den Interessenten eine einfache und schnelle Anreise zu ermöglichen, entschieden wir uns zeitweise für einen sehr ungewöhnlichen Veranstaltungsort. Ein zentral an der Autobahn gelegener, aber ruhiger und für Veranstaltungen gut ausgelegter Rasthof, der uns von Partnern aus dem regionalen Netzwerk empfohlen wurde, hat sich als Veranstaltungsort sehr bewährt. Themen: 1 Öffentlicher Referentenabend / Workshop für hauptamtliche und ehrenamtliche MA „Wenn sprechen nicht mehr möglich ist…“ Hr. Dr. phil. Dieter Hofmann 2 Öffentlicher Referentenabend “Die Seele wird nicht dement“ Hr. Dr. phil. Dieter Hofmann 3 Öffentlicher Referentenabend Palliative Geriatrie Hr. Dr. med. Mathias Pfisterer H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 13 Abschlussbericht Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ 4 Öffentlicher Referentenabend Therapiebegrenzungen bei Menschen mit Demenziellen Erkrankungen Fr. Dr. Gisela Bockenheimer-Lucius Durchführung Referentenabend/Workshop - Die Seele wird nicht dement Herr Dr. Hofmann referierte über aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse aus der neurobiologische Forschung und der Entwicklungspsychologie. Insbesondere bezog er sich auf die Arbeiten von Carl Rogers. Die Phänomene der Spiegelneuronen, der Plastizität des Gehirns sowie die Möglichkeiten in Anwendung und Umsetzung der Erkenntnisse in der Pflege und Begleitung von Menschen mit Demenz standen im Vordergrund seines Vortrages und des Workshops. Der Referent konnte die Komplexität der psychosozialen Begleitung von Menschen mit Demenz sehr anschaulich und packend verdeutlichen. Bei Menschen mit Demenz, die nicht über das logische Denken handeln, sondern ihr Gefühlsleben ausleben, greifen die bisherigen Konzepte von Validation, Personenzentriertem Ansatz, Biographiearbeit oder Basaler Stimulation scheinbar immer nur in Facetten. Diese Methoden dürfen nicht zusammenhanglos eingesetzt werden, sondern müssen in einen erweiterten Zusammenhang gestellt und vermittelt werden. Die Hinweise auf die Bedeutung des limbischen Systems waren für alle Teilnehme/innen aufschlussreich: Der Neokortex (das Frontalhirn) verleiht uns die Fähigkeit logisch zu denken und zu handeln. Die Steuerungsmöglichkeiten sind jedoch begrenzt. Wenn unsere Gefühle z.B. Angst übermächtig werden, hat das limbische System die Hoheit gegenüber der Vernunft und Logik. Das limbische System reagiert auf äußere und innere Reize. Lange bevor das Frontalhirn einen logischen Gedanken erfassen kann, erfasst das limbische System die Situation nach dem Muster „Freund oder Feind“, „Angriff oder Flucht“. Innerhalb des limbischen Systems sind es die Spiegelneuronen, die uns befähigen „zu wittern, aus dem Bauchgefühl heraus zu erkennen“, ob uns unser Gegenüber mit Sympathie oder Antipathie gegenüber steht. Spiegelneurone lösen Reaktionsmuster aus, die durch die gegenüber stehende Person ausgelöst werden. Diese Vorgänge sind kaum beeinflussbar. Man kann beobachten, dass sich Gesprächspartner in Körperhaltung, Mimik, Gestik, ihrer Tonalität und sogar in der Art und Weise des Atems aufeinander beziehen und in einen wechselseitigen Anpassungsprozess gehen. Spiegelneurone sind resonanzfähig, d.h. sie versetzen uns in die Lage, uns mit dem anderen zu identifizieren. Positive Stimmung, Lachen, Gähnen stecken an. Hektik überträgt sich. Sind Lebensverletzungen und Kränkungen nicht bearbeitet, genügt ein Reiz, ein Trigger und die belastende emotionale Erfahrung aus der Lebensgeschichte kann emporschnellen. Herr Dr. Hofmann verwies in diesem Zusammenhang auf die Veröffentlichungen von Prof. Dr. Gerald Hüther und Prof. Dr. Joachim Bauer. Die Konzepte des Personenzentrierten Ansatzes, der Validation, fußen auf Theorien der Entwicklungspsychologie. Für das Verhalten, das herausfordernde Verhalten der Menschen mit Demenz u.a. sozial enthemmtes Verhalten, Gewalt, Ekel, Scham, kann man hier Erklärungen finden. Die Vermittlung der wissenschaftlichen neurobiologischen Erkenntnisse H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 14 Abschlussbericht Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ und der Entwicklungspsychologie müssen offensichtlich in größerem Umfang als bisher in die Demenz-Schulungen mit einbezogen werden. „In Resonanz gehen“, das Verhalten des Gegenübers spiegeln und in eine positive therapeutische Arbeit umsetzen können und als Begleiter kongruent sein, braucht mehr Training als in den seitherigen Validationsschulungen. Die bisherigen Methoden der Biographiearbeit greifen nicht ausreichend. Um nur im Ansatz z.B. ein enthemmtes Verhalten eines Menschen mit Demenz erkennen und verstehen zu können, sollten Erkenntnisse aus der Traumatherapie mit in die Schulungen einfließen. Referentenabend – Palliative Geriatrie Hr. Dr. Pfisterer spannte einen weiten Bogen über das komplexe Feld, die Möglichkeiten und Herausforderungen der Palliativen Altersmedizin. Er zeigte die Problemlagen in der allgemeinen Versorgung, aber im Besonderen in der Notfallversorgung und in der Palliativen Versorgung hochaltriger dementer Menschen auf. Anhand eines Schaubildes wurden zu verschiedenen typischen Alterserkrankungen Grundlagen erarbeitet und Beispiele für Maßnahmen in den letzten drei Lebenstagen erörtert. Referentenabend – Therapiebegrenzungen bei Menschen mit demenziellen Erkrankungen Fr. Dr. Bockenheimer-Lucius gab mit einem kurzen Einblick in ihr seitheriges berufliches Aufgabengebiet zunächst einen Erfahrungsüberblick zu Therapieformen und deren Grenzen in der Altenhilfe. Kernüberlegung war, dass pflegerisches Handeln ebenso wie medizinisches Handeln der moralischen und rechtlichen Rechtfertigung bedarf. „Wenn das Fachwissen allein für Entscheidungen nicht ausreicht, das Berufsethos, d.h. die überlieferten Denk- und Handlungsmuster der Situation nicht mehr gerecht werden, ist eine Überprüfung und Reflexion des Handelns gefordert“. Schwerpunkte des Vortrages lagen bei vier ethisch moralischen Orientierungen: • Der Respekt vor der Autonomie des Patienten • Das Prinzip der Schadensvermeidung • Das Prinzip der Fürsorge • Das Prinzip der Gerechtigkeit Im heilberuflichem Handeln bieten diese grundlegenden Handlungsorientierungen Hinweise für die Anwendung bzw. die Begrenzung von therapeutischen Maßnahmen bei Menschen mit Demenz. H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 15 Abschlussbericht Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ 2.4.7 „Come together“ Zwischenbilanz Ziele und Umsetzung: Bei einem „Come together“ zogen wir im Projekt eine Zwischenbilanz, stellten den Gästen die Zwischenergebnisse vor und diskutierten gemeinsam über eine nachhaltige Ergebnissicherung. Eingeladen waren die Beteiligten des Projektes, Gäste aus dem Versorgungssystem, aus Altenhilfe, Politik, Kirche und Gesellschaft. Mit Unterstützung des Moderators Dr. Stefan Dinges, der den Blick immer wieder auch für die ethischen Implikationen des Projekts schärfte, sollten die Teilnehmer/-innen motiviert werden, sich in Zukunft von der Rolle von Projektteilnehmern mehr zur Rolle von Gestaltenden zu bewegen. So sollte für sie selbst und in den eigenen Organisationen ein nachhaltiger Gewinn aus dem Projekt erzielt werden. In Fachgruppen Hauptamt, Ehrenamt, Politik, Kirche, sammelten die TN aus ihrer eigenen Sicht „hilfreiche Bausteine“ und „Stolpersteine“ für die Arbeit mit dementiell eingeschränkten Menschen. Im Anschluss fand eine moderierte Diskussion statt, die Ergebnisse wurden visualisiert und schriftlich fixiert, um nachhaltig in einem zukünftigen Netzwerk daran arbeiten zu können. Themen: • Impulsreferat: Palliative Geriatrie-Ethik in der Altenhilfe - Erfahrungen aus dem Ausland Hr. Dr. med. Georg Bollig, • Projektpräsentation: Projektverlauf - Ergebnisse Fr. Martina Albrecht, Fr. Manuela Straub Moderation: Hr. Dr. theol, Stefan Dinges, Wien 2.5 Ziele und Inhalte der Öffentlichkeitsarbeit Die Informationen zum Modellprojekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ gingen in verschiedene Datennetze. In die AGH, an die Hospizhelfer/-innen, zum Arbeitskreis Palliativversorgung Gelnhausen/Schlüchtern sowie an die bisherige Teilnehmer/innen an den Ausbildungskursen der AGH. Das Palliativnetz, das wir aufgebaut haben, hat zum Zeitpunkt der Berichtserstellung 94 Vertreter/-innen von Einrichtungen und Diensten. An die kompletten Presseverteiler im Bereich des Main-Kinzig-Kreises wurden Pressemeldungen zu den Projektmaßnahmen versandt. Es erfolgten Berichterstattungen zu den einzelnen Projektmaßnahmen. Es wurde eine eigene Internetseite zum Modellprojekt als Unterseite auf der Homepage der AGH gestaltet. H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 16 Abschlussbericht 3. Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ Evaluation Die Evaluation im Projektverlauf wurde dem jeweils gegebenen Setting, bzw. der Zielgruppe angepasst. Mit qualitativen und quantitativen Befragungen untersuchten wir jeweils Bedarfe, Maßnahmen und Wirkung. Wir beabsichtigten, damit mögliche Unterschiede bzw. Entwicklungen im Projekt und über die aktive Projektphase hinaus dadurch erfassen zu können. 3.1 Qualitative Befragung: In den Hauptmodulen erfragten wir jeweils direkt am Ende der Veranstaltung mittels offener Feedbackrunden, nach Zufriedenheit, Lernerfolg und möglichen nächsten Schritten bzw. Maßnahmen aus dieser gemeinsamen Lernerfahrung. Ziel war einerseits den Austausch unter den Netzwerkpartnern dadurch noch einmal anzuregen, bzw. zu vertiefen. Andererseits hatten wir als Projektverantwortliche auf diesem Weg die direkte Rückmeldung, um auf aktuelle mögliche Bedarfe oder in nachfolgenden Schulungen zu reagieren. Vorrangig war uns die Teilnehmer in der Reflexion zu unterstützen und zu trainieren. Ein weiteres Ziel war es, nicht bei den Bewertungen oder einem „Ranking“ stehen zu bleiben, sondern in einen lösungsorientierten Austausch auf Netzwerkebene zu kommen. Auf die Verteilung von Evaluationsbögen wurde zu diesem Zeitpunkt deshalb bewusst verzichtet. An diesem prozesshaft angelegten Projekt, war uns vor allem der geführte Dialog wichtig um in einen konstruktiven Austausch zu kommen. Weg von Bewertungen hin zu Beschreibungen, um von da aus weiter an Lösungen bzw. Bedarfen zu arbeiten die sich in einem Netzwerkprojekt bzw. in den Einrichtungen stellen. Die Teilnehmer/-innen waren mit der jeweiligen Zielsetzung, der Durchführung und dem prozesshaft aufgebautem Verlauf der beiden Module sehr zufrieden. Die Ergebnisse der Feedbackrunden wurden in den Treffen der Steuerungsgruppe intensiv bearbeitet und ausgewertet. Mit diesen Ergebnissen konnte so der weitere Projektverlauf den konkreten Bedarfen angepasst werden. Beispielsweise konnten Inhalte und Ziele der Referentenabende differenzierter und passgenauer mit den Referenten vorbereitet werden. Eine wichtige, wenn auch für uns enttäuschende Rückmeldung, war die sehr geringe Teilnehmerzahl für Schulungen der Mitarbeiter aus den Einrichtungen. Hier wurden deutlich als Hinderungsgrund die zeitlichen und personellen Engpässe benannt. Überraschend positiv war dafür die kontinuierliche und interessierte Präsenz der Führungskräfte in den Hauptmodulen. Da diese in ihrer Funktion wichtige Multiplikator/-innen sind, können wir über diesen Verlauf sehr zufrieden sein. Insbesondere war die Interviewrunde mit allen Beteiligten bei der „Zwischenbilanz Modellprojekt…“ am 16.11.2012 sehr aussagekräftig. Methodisch wurden mittels Interviews von Fachgruppen aus den unterschiedlichen Professionen unter den Stichworten Bausteine / Stolpersteine Elemente herausgearbeitet, die sowohl die adhoc-Situation beleuchteten, als auch Zukunftsperspektiven aufzeigten. Abschließende Bewertung aus der zeitlichen Distanz Es wurden im Abstand von sechs Monaten detaillierte Evaluationsbögen an die Projekt- H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 17 Abschlussbericht Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ teilnehmer versandt, um auf diesem Weg eine Verlaufsbeurteilung, bzw. Entwicklung zu erfassen. Mit der retrospektiven Befragung sollte den TN die Möglichkeit eröffnet werden, das Projekt in seiner Wirksamkeit im zeitlichen Verlauf zu beurteilen, bzw. mit dem Blick von heute zu beschreiben, was gelungen ist und was noch zu tun ist. Gleichzeitig sollten die Umsetzungsmöglichkeiten oder Hindernisse aus der Praxis der einzelnen Teilnehmer/-innen und Organisationen reflektiert und bewertet werden. Leider lagen uns in der gesetzten Frist noch nicht genügend Rückmeldungen vor, um hier von einem repräsentativen Ergebnis zu sprechen. Der relativ geringe Rücklauf ist für sich gesehen auch ein relevantes Ergebnis, dem wir uns stellen. Kritisch könnte hier tatsächlich der Faktor Zeit, bzw. der zeitliche Abstand sein, da die aktive Projektphase bereits weit zurück lag, um die einzelnen Veranstaltungen in der gefragten Form detailliert zu bewerten. Gerade bei Wahrnehmung der alltäglichen Arbeitsbelastungen beispielsweise in der Pflege muss der zeitliche Abstand der Abfrage als viel zu groß bewertet werden. Um Inhalte und den Umsetzungsprozess zu beurteilen, braucht es natürlicherweise den zeitlichen Abstand. Diesen Widerspruch gilt es pragmatisch zu balancieren und einzuordnen. Wir müssen uns daher kritisch die Frage stellen, ob Form und Inhalt der Befragung für eine Bewertung des Projektverlaufes an sich sinnvoll und zielführend war, oder ob nicht eher mit dem Rückblick ein Ausblick hätte verbunden werden können, an dem das Netzwerk hätte anknüpfen können. Die Zusendung der Evaluationsbögen erfolgte per Mail. In der alltäglichen Mail-Flut hat diese Form vielleicht nicht die nötige Aufmerksamkeit erreicht. Möglicherweise wäre diese Aufmerksamkeit durch einen zusätzlichen persönlichen Kontakt vorab zu unterstützen gewesen. 3.2 Quantitative Befragung: Es wurde eine Statistik der Veranstaltungsteilnehmer zur Erfassung der Besucherzahlen der einzelnen Veranstaltungen erstellt. Untergliedert wurde nach den angesprochenen Zielgruppen (s. Diagramm): H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 18 Abschlussbericht 4. Projektergebnisse 4.1 Ergebnis in der Gesamtschau Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ Die Durchführung der Veranstaltungen wurde in den verschiedensten Einrichtungen des mittleren und östlichen MKK geplant, mit dem Ziel, je nach den örtlichen Gegebenheiten die verschiedensten Versorgungsmöglichkeiten in den jeweiligen Versorgungskontexten in ihrem üblichen Betriebsablauf kennen zu lernen. Diese Erfahrungen - der Blick über den Tellerrand der eigenen Profession, Organisation und Region - waren sehr lehrreich. Die Theorie konnte direkt in der Praxis wahrgenommen und unter den Teilnehmer/-innen reflektiert werden. Gerade auch die Unterschiede der regionalen Versorgungsstrukturen und Herausforderungen wurden deutlich sichtbar. Es gibt eine hinreichende Versorgung durch die ambulante Hospizarbeit. Die Verteilung und die Qualität der Verteilung von palliativer Versorgung sind defizitär. In unserem Projekt waren die Schulungen der Leitungskräfte ein wesentlicher Bestandteil, die Qualitätsdefizite in dem Bereich der Versorgung von Menschen mit Demenz vor allem im pflegerischen Bereich zu verbessern. Die Ebene der palliativmedizinischen Versorgung wurde durch dieses Projekt sehr schlecht erreicht. Komprimiert können folgende Veränderungen im Netzwerk seit dem Start des Projekts festgestellt werden: • Intensivere Zusammenarbeit zwischen der AGH und anderen Einrichtungen • Verstärkte Sensibilität in der Psychiatrischen Klinik für die ambulante Hospizbegleitung und dauerhafter Kontakt mit den ärztlichen Verantwortlichen • Verbesserte Kontakte zu den Pflegedienstleitungen der verschiedenen im Netzwerk engagierten Pflegedienste 4.2 Ergebnisse der einzelnen Projektmodule Eröffnungsveranstaltung Die Veranstaltung war von Teilnehmer/-innen aus dem östlichen Bereich des Einzugsgebietes gut besucht. Die Vorträge trugen zu regen Diskussionen bei. Nach dem Workshop wurde von mehreren Teilnehmer/-innen der Wunsch geäußert, besonders die Inhalte des Vortrags „A-B-C-Demenz“ mit Hr. Dr. phil. Hofmann zu wiederholen und zu vertiefen. Die Veranstaltung trug dazu bei, dass sich einige Teilnehmer/-innen für die weitere Beteiligung am Projekt entscheiden konnten. Palliative Praxis Kurs Erfreulicherweise entschieden sich achtzehn leitende Mitarbeiter/-innen aus der Pflege, dem Pflegemanagement, der Qualitätssicherung, der Sozialarbeit, der Überleitungspflege, der Hospizdienste und ein evangelischer Seelsorge für eine Teilnahme am Kurs und im Anschluss auch zur Teilnahme am Modul Ethische Fallbesprechungen. Ärzte konnten wir leider nicht für eine Teilnahme gewinnen. Das Fachwissen wurde aufgefrischt und erweitert, umfangreiche Handouts und Literaturempfehlungen ermöglichen die Nachbereitung im Eigenstudium. H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 19 Abschlussbericht Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ Gerade für die Führungskräfte wurde sehr deutlich in welcher Hinsicht für sie Handlungsbedarf besteht in der Sorge und Verantwortung für die ihnen anvertrauten Klient/-innen und Mitarbeiter/-innen. In den Interaktionen und Reflexionen im Palliative Praxis Kurs, konnte jede/r Teilnehmer/-in für sich selbst erkennen, wie sinnvoll für sie als Führungskraft die Teilnahme am anschließenden Modul „Ethische Fallbesprechungen“ sein könnte. Zum Abschluss des Kurses wurden dem „äußeren Expertenkreis“ (Leiter des Gesundheitsamtes, Verantwortliche der Leitstelle für ältere Bürger des MKK, Mitarbeiter/innen des Pflegestützpunkts des MKK, Pflegedienstleitung des Krankenhauses, Projektleitung AGH) die Ziele, Themen und Ergebnisse des Kurses vorgestellt. Gemeinsam wurden tragfähige Umsetzungsmöglichkeiten in und zwischen den Organisationen debattiert und über eine für alle Beteiligten gewinnbringende zukünftige Netzwerkarbeit diskutiert. „Ethische Fallbesprechungen …“ Als Ergebnis des „Trainingskurses“ können Erkenntnisse der Teilnehmer/-innen festgehalten werden: Ethische Orientierung ermöglicht ein strukturiertes Vorgehen, um die Betroffenen nicht erst in emotional aufgeladenen Situationen, sondern frühzeitig, entwicklungsorientiert und verlässlich an Entscheidungsfindungsprozessen zu beteiligen. Der Haltung und Vorgehensweise von Führungskräften kommt hierbei eine wichtige Funktion der Vorbildwirkung zu. Durch Ethikberatung werden nicht zuletzt auch Organisationswerte bzw. die Organisationskultur der Einrichtungen deutlich, die im Sinne einer lernenden Organisation sichtbar und somit nutzbar gemacht werden können. Modelle der Ethikberatung, die aus dem klinischen Bereich speziell für die Anforderungen und Bedürfnisse der Altenhilfe adaptiert wurden, schaffen mit klaren Regeln, hilfreichen Strukturen und Moderation einen Reflexionsraum, in dem alle, die von einer Frage betroffen sind, sich unter Wahrung der eigenen Rechte und Pflichten am Entscheidungsprozess und seiner Umsetzung beteiligen können. Im Verlauf des „Ethik-Trainings“ wurden die Chancen und Herausforderungen einer integrativen und kooperativen Qualifizierung zur Entwicklung von Netzwerkstrukturen erlebbar, um den Theorie-Praxis-Transfer zu unterstützen. Insbesondere wurde herausgearbeitet, dass neben den kommunikativen und fachlichen insbesondere auch die organisationalen Kompetenzen gebraucht werden. Dies gilt im Besonderen für Führungskräfte. Palliative Care Schulungen Diese Schulungen wurden wegen mangelndem Interesse nicht durchgeführt. Termindichte im Projekt sowie zeitgleiche Parallelveranstaltungen waren die Gründe. H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 20 Abschlussbericht Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ Fortbildungen ehrenamtlicher Mitarbeiter/-innen Beide Thementage zu „Validation, Basale Stimulation und Demenz“ und „Hospizliche Begleitung bei Demenz“ wurden von den Ehrenamtlichen der verschiedenen Regionalgruppen der AGH auch als Begegnungstage angenommen und waren gut besucht. Bedenken und Ängste wurden angesprochen und anfänglich bearbeitet. Öffentliche Referentenabende / Workshop Viele Teilnehmer/-innen nutzten die Gelegenheit, Dr. phil Dieter Hofmann, einen der Referenten der Eröffnungsveranstaltung, erneut selbst zu erleben oder sie motivierten Kolleg/-innen zur Teilnahme an dem Nachmittag und Abend. Die Veranstaltung „Die Seele wird nicht dement“ lud Menschen wiederum dazu ein, sich im Horizont der Hospizarbeit mit dementiell eingeschränkten Patienten über die zentrale Orientierung des Handelns zu vergewissern: was ist der unzerstörbare Kern, das eigentliche Humanum, dem sich der „Care giver“ verpflichtet weiß? Bei der Veranstaltung „Palliative Geriatrie“ mit Hr. Dr. Pfisterer zum komplexen Feld der Palliativen Altersmedizin wurden Handlungsgrundlagen und Maßnahmen in den letzten drei Lebenstagen bzw. bei verschiedenen typischen Alterserkrankungen vermittelt. Wir erlebten interessierte und beeindruckte Teilnehmer/-innen sowohl aus dem Feld des Fachpublikums als auch der Öffentlichkeit. „Therapiebegrenzungen bei Menschen mit demenziellen Erkrankungen“ lautete der Vortragstitel eines Referentenabends von Fr. Dr. Bockenheimer-Lucius. Als „Ergebnis“ könnte eine wichtige Erkenntnis für die Besucher/-innen festgehalten werden: um gerade dem Prinzip der Autonomie im Kontext der Betreuung von Menschen mit Demenz Rechnung zu tragen, ist an vorderster Stelle den nonverbalen Ausdrucksformen, den leiblichen Gesten mehr Beachtung zu schenken. Alle Beteiligten sind dabei aber gefordert, nicht in eigene Deutungen zu verfallen, sondern in eine achtsame Suchhaltung zu gehen. Es ist zu klären, was der Betroffene möglicherweise mit seiner Körperhaltung zum Ausdruck bringen möchte. Ebenso geben die Prinzipien der Schadensvermeidung, der Fürsorge und der Gerechtigkeit, eine ethische Orientierung zu Therapiebegrenzungen im heilberuflichen Handeln. „Come together“ Zwischenbilanz Als Ergebnisse aus dem Projekt können festgehalten werden: Es gab ganz grundsätzlich einen Zuwachs an fachlichen Informationen zum Komplex der Versorgung von Menschen mit Demenz. Sehr wertgeschätzt wurden dabei die Weiterbildungsformen im interprofessionellen Kontext und die dadurch ebenfalls erweiterten Kommunikationsräume. Mit dem Fokus auf den Rahmenbedingungen der Betreuung von Menschen mit dementiellen Einschränkungen wurden als grundlegende Faktoren die weitere Forschung und die Wissensvermittlung darüber benannt. Weil Teilnehmer/-innen und Veranstaltende nicht genau verifizieren konnten, was zum Thema im politischen Raum ankommt, diskutiert oder entwickelt wird, wurde die H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 21 Abschlussbericht Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ Notwendigkeit konstatiert, die demographische Entwicklung besser in Politik und Arbeitswelt zu thematisieren. Nicht unwesentlich erschien den Beteiligten der Abbau formaler Hürden bei der Organisation und Durchführung der Betreuung von Menschen mit Demenz. Dies bezieht sich auf die medizinisch-pflegerische Fachlichkeit, als auch auf die konkreten rechtlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen. Die Befassung mit dem Thema Demenz in Seniorenbeiräten (beispielsweise über seniorengerechte Architektur) und der Ausbau der Beratung von Betroffenen und pflegenden Angehörigen auf unterschiedlichen Ebenen und durch ganz unterschiedliche Einrichtungen sind ein hohes Anliegen von Betroffenen, Angehörigen und Helfenden. Im Netzwerk „Qualitätssicherung in der Pflege“ wurde vor rund 10 Jahren ein pflegerischer Verlegungsbericht erarbeitet. Bei den Verlegungen von Patient/-innen, wird dieses Dokument von fast allen regionalen Organisationen eingesetzt. Eine wesentliche Frucht der kontinuierlichen regionalen Hospizarbeit ist es, dass aus dem Segment der Palliativen Versorgung in diesem Verlegungsbogen die Symptomkontrolle erfasst wurde. Im Jahr 2014 werden Ergebnisse aus dem hier dokumentierten Modellprojekt in das Verlegungsformular eingefügt: unter anderem werden Parameter zu Verhaltensauffälligkeiten, Handlungsmöglichkeiten wie Validation, Basale Stimulation bei Menschen mit Demenz und bei Sterbenden abgefragt bzw. dokumentiert. Im Anschluss an das Projekt wurde Hr. Dr. phil. Hofmann von einigen Einrichtungen bereits für weitergehende Schulungen gebucht. Mit Genehmigung der Referenten konnte für den Gebrauch durch die Projektteilnehmer/innen eine Projekt-CD aus allen Beiträgen und Präsentationen erstellt werden. Diese wurde den Teilnehmer/-innen zur Verfügung gestellt. In den Diskussionen über das, was für die Betreuung von Menschen mit dementiellen Einschränkungen hilfreich und zielführend ist, wurden auch ganz praktische Hinweise gegeben. Als Erkenntnisse sind zu konstatieren: • Es geht um den Motivationserhalt der Menschen mit Demenz und der pflegenden Angehörigen. • Liedgut, religiöse Zeichen und Gesten, bekannte Rituale spielen eine große Rolle und sind hilfreich im Umgang mit Menschen mit Demenz. • Wesentlich für die Patienten sind nahtlose Übergänge bei der Verlegung in oder aus stationären Einrichtungen. Dabei ist eine gute Kommunikation zwischen den Beteiligten (Ärzten, Angehörigen, Pflegediensten, Betreuungspersonal oder Sozialdienst der jeweiligen stationären Einrichtung) unabdingbar. • Besuchsdienste kirchlicher Gemeinden und der Einbezug der Umgebung erweisen sich hilfreich zur Unterstützung der Angehörigen. • Angehörige von Dementen brauchen den Arzt als erreichbare Bezugsperson. Dabei spielt die Sicherheit über eine adäquate medikamentöse Einstellung ihrer Betreuungspersonen eine wichtige Rolle. Pflegende Angehörige wünschen sich, in die H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 22 Abschlussbericht Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ medizinischen, pflegerischen seelsorglichen und psychosozialen Belange ihrer Betreuungspersonen integriert zu sein. • Die Möglichkeiten, die mit den Stichworten „Ethikcafé“, „ethische Fallbesprechungen“ oder „Ethikkomitee“ in den Blick rückten, waren für die Teilnehmer/-innen der Veranstaltungen sehr ansprechend, wiewohl noch keine weiteren Konkretisierungen angegangen werden konnten. Übergreifend kann festgehalten werden, dass im Projekt unter anderem gewisse Werte neu bewusst wurden, die mit den Stichworten „lebenslanges Lernen“, „Zeit haben und Zeit finden“ und „die Sorge um langlebige Kulturelemente“ zu benennen sind. (Die Ergebnisse der Interviewrunde der Zwischenbilanz sind tabellarisch unter Anlage 6.2 zusammengestellt) Ergebnisse der Öffentlichkeitsarbeit Im Rahmen des Projekts war das Interesse zunächst groß, flachte aber mit zunehmender Dauer ab. Als Gründe wurden unter anderem eine zu hohe eigene Arbeitsbelastung beziehungsweise eine zu hohe Angebotsdichte angegeben. Relativ zeitgleich gab es zu der Thematik „DEMENZ“ auch Angebote von weiteren Anbietern. Die Weiterführung von Angeboten bzw. die thematische Vernetzung kann vermutlich nur dann gelingen, wenn ein Träger aus dem Netzwerk in Verantwortung für eine Fortsetzung geht. 4.3 Bewertung der Qualifikation der Versorgenden Palliative Care Im östlichen MKK gibt es sowohl im klinischen wie auch im außerklinischen Bereich keine Ärzte mit Palliative Care Weiterbildung. Pflegekräfte im klinischen wie im außerklinischen Bereich sind nur sehr vereinzelt nach dem 160 Std. Curriculum geschult. Nach dem 40 Std. Curriculum der Robert Bosch Stiftung sind bei einem Träger der stationären Altenhilfe an allen Standorten des MKK, jeweils mehrere MA aus der Pflege, Hauswirtschaft, Sozialdienst und Verwaltung, geschult. Im mittleren MKK gibt es eine hinreichende, aber auch weiter verbesserungsfähige Zusammenarbeit im ärztlichen, pflegerischen und ehrenamtlichen Bereich mit dem SAPVTeam Hanau. In der Klinik stehen eine Ärztin, ein Seelsorger, eine Pflegefachkraft und eine Sozialarbeiterin zur Verfügung. Im außerklinischen Bereich gibt es mehrere Ärzte mit Palliative Care Weiterbildung. In einigen ambulanten Pflegediensten haben sich drei bis vier Mitarbeiter/-innen mit dem 160 Std. Palliative Care Curriculum weitergebildet. In den stationären Altenhilfeeinrichtungen ist in der Regel eine Pflegekraft entsprechend speziell ausgebildet. Auch hier wurden mehreren Mitarbeiter/-innen die 40 Std. Palliative Praxis Schulungen von der entsprechenden Trägereinrichtung ermöglicht. Es wird zum Teil eine enge Zusammenarbeit, im ärztlichen und pflegerischen Bereich, mit dem SAPV Team Hanau gelebt. Eine SAPV-Versorgung im Ostteil des Flächenlandkreises fehlt. Ein wesentliches Ergebnis dieses Projektes ist, dass im Ostteil des Landkreises doch ein H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 23 Abschlussbericht Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ größeres Versorgungsdefizit hinsichtlich SAPV zu erkennen ist. Die allgemeine ambulante Palliativversorgung liegt in Händen nur einiger Hausärzte. Dies kann gegenüber Politik, Krankenkassen oder Krankenhauskostenträgern ins Feld geführt werden. Mit der Einbeziehung der stationären Einrichtungen der Psychiatrie, Psychotherapie und Geriatrie vor Ort konnte eine weitere Sensibilisierung für Schmerztherapie, für das Verlegungsmanagement oder für die Relevanz von ethischen Fragestellungen erreicht werden. Die genannten Punkte fokussieren wesentlich auf Menschen mit dementiellen Einschränkungen. Personenzentrierter Ansatz Die Leitstelle für ältere Bürger im MKK hat im Jahr 2002 das vom Bundesministerium geförderte DCM Projekt Main-Kinzig-Kreis - Demenz neu denken, initiiert. Aus dem gesamten MKK hatten sich mehrere stationäre Einrichtungen an diesem richtungsweisenden Dementia Care mapping Projekt beteiligt. Ebenso hat die Leitstelle für ältere Bürger MKK an dem Robert Bosch Programm - Gemeinsam für ein besseres Leben mit Demenz teilgenommen. Aus den Erkenntnissen der Schulungen im Demenz-Service-Entwicklungszentrum der Universität Stirling, Schottland, wurde die häusliche Tagespflege SoWieDaheim aufgebaut. Beide Projekte zeigen eine nachhaltige Wirkung in der Versorgung der Menschen mit Demenz im MKK. Das vorliegende Projekt konnte daher auf dem Konzept von Kitwoods personenzentriertem Ansatz aufbauen und es als einen integralen Bestandteil des Projekts mit dem Palliativ Care Gedanken verknüpfen. In einigen Ambulanten Diensten werden kontinuierlich Fortbildungen zur Biographiearbeit, Validation oder zur Basalen. Stimulation angeboten. Qualifikation in ethischen Fragestellungen In den Kliniken sind Ethik-Komitees implementiert, trotzdem besteht ein kontinuierlicher Schulungsbedarf für Mitarbeiter/-innen, Patient/-innen und ihre Angehörigen. In den außerklinischen Versorgungskontexten sind wohl ethische Fragen virulent, es gibt jedoch keine Berührungen mit der systematischen Aufarbeitung in Form von Ethik-Komitees. Durch die Projektveranstaltungen ist eine Sensibilisierung für die Wichtigkeit der ethischen Fragestellungen erreicht worden. 4.4 Kritische Situationen im Projektverlauf Im Projektverlauf mussten einige Änderungen vorgenommen und Verzögerungen in Kauf genommen werden. In verschiedensten Organisationen gab es bei den Projektbeteiligten und auch in der AGH personelle Veränderungen in der Leitungsebene bedingt durch Stellenneubesetzungen, Ausscheiden von Mitarbeiter/-innen oder Krankheit. Die Projektbeteiligten meldeten immer wieder zurück, dass es in den eigenen Organisationen und den bestehenden Netzwerken eine hohe Arbeitsverdichtung und auch Veranstaltungsdichte gibt. Unter Berücksichtigung der Urlaubszeiten, der Brückentage und Feiertage, sind die im Kalenderjahr günstigen Zeiten für Veranstaltungen sehr oft schon langfristig verplant. H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 24 Abschlussbericht Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ Es war im Projektverlauf immer wieder zu hinterfragen, wie und was unter Netzwerkarbeit verstanden wird. Unterschiedliche Rahmenbedingungen und Arbeitsmodi bewogen die Projektverantwortlichen mit abwechslungsreichen Projektbestandteilen und vielfältigen Veranstaltungselementen angemessene und unterschiedliche Anreize zur Teilnahme zu bieten. Evaluation wurde zeitnah unter anderem durch Reflexionsrunden direkt nach den Veranstaltungen durchgeführt. Die ausführlichen Evaluationsbögen, die für eine Gesamtreflexion erarbeitet worden waren, wurden zeitlich zu spät im Projektablauf eingesetzt. Die geringen Rücklaufquoten der Befragung erlauben keine qualifizierte Verwendung für eine angemessene Bewertung des Projekts. 5. Perspektiven Als weitergehende, nichtsdestoweniger auch wesentliche Ziele des Projekts waren im Blick: • Der Hospizdienst stellt sich den Herausforderungen der demographischen Entwicklung, indem Hospizhelfer/-innen durch das Projekt besonders sensibilisiert und geschult wurden. • Der Hospizdienst positioniert sich in der Versorgung von Menschen mit Demenz und stellt sich der Aufgabe, diese in seine Arbeit zu integrieren. Auf dem Hintergrund dieser Zielsetzung lassen sich nach der Durchführung des Projekts einige Perspektiven für die künftigen Aufgaben und die anstehenden Entwicklungsprozesse herausziehen. 5.1 Lernende Organisationen Das Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ diente unter anderem der Klärung, wie und wo wir nicht nur als lernende Organisation sondern auch als lernende Region voneinander profitieren können. Was können wir im Netzwerk der Professionen und Personen voneinander lernen? Was muss mehr Beachtung finden? Dazu wurden folgende Erkenntnisse gewonnen, die leicht als „Perspektiven“ ausgemacht werden können: • Es bedarf vorausschauender Planungen beispielsweise durch Bedarfsmedikationspläne oder Kriseninterventionspläne. • Es braucht Kontrolle von therapiebelastenden Symptomen. • Es gibt Probleme bei alten Menschen im Bezug Mehrfachmedikationen. Die Kumulation von Medikamenten erscheint aufgrund der ganz unterschiedlichen Wirksamkeiten insbesondere im Alter größere Probleme hervorzurufen. Auch bei Männern und Frauen sind unterschiedliche Wirkungen festzustellen. Sie bedürfen einer weitergehenden Forschung und entsprechenden Fortbildungen der Fachkräfte. • Der Hausarzt ist wichtig als Lotse und Bezugsperson. H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 25 Abschlussbericht 5.2 Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ • Im Rahmen der Palliativversorgung sind gerade für kommunikationseingeschränkte Patient/-innen im besonderen Maße Kompetenzen bei der schmerztherapeutischen Behandlung erforderlich (Umgang und Behandlung von chronischen Schmerzen, von akutem Schmerz oder dem „Total Pain“). • Es liegt nahe, verhaltenstherapeutische Ansätze aus der Psychiatrie und Psychotherapie in die Betreuung von Demenzkranken zu integrieren. Dabei sind insbesondere Validationstraining und Deeskalationstraining zielführend. Hier eröffnen sich für den ambulanten Hospizdienst gerade auch mit seinen ehrenamtlichen Mitarbeiter/-innen große Chancen und Möglichkeiten Kompetenzen zu erwerben oder zu vertiefen. • Sozialarbeit in Form der sozialrechtlichen Beratung und darüber hinaus in Form der systemischen Begleitung der Betreuungssituationen und -prozesse erweisen sich als äußerst hilfreich. Hier geht es beispielsweise um die Ausschöpfung der zustehenden Leistungen aus dem Pflegeversicherungsgesetz, den Gewinn von mehr Rechtssicherheit oder auch die Kommunikation über anstehende Beteiligungen, hospizlich-palliative Versorgung oder anstehende notwendige Kommunikationsprozesse. • Pflegeberatung zu leisten ist eine Kernkompetenz in der Pflege. In Bezug auf die Beratung von Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen muss sich „die Pflege“ selbst differenzierter wahrnehmen und positionieren. Dabei braucht es verstärkt Ausund Weiterbildung in den einschlägigen Konzepten: das Modellprojekt hat dazu einen wesentlichen Beitrag geleistet. Die Vergewisserung über die zu gehenden Schritte kann gut über funktionierende Netzwerke geleistet werden. Es ist unter Umständen notwendig, bei den einzelnen Pflegeverträgen die Einstufungen des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen zu aktualisieren. Sterbende und demenzkranke Menschen brauchen eine hohe Kontaktdichte der Versorgenden. Erkenntnisse aus dem Projekt In der Versorgung von hochaltrigen multimorbiden Menschen mit Demenz müssen sich alle Beteiligten mit den verschiedensten Komplexitäten auseinandersetzen. Im Projekt konnten die Teilnehmer/-innen dafür sensibilisiert werden, integrativ und interdisziplinär zu denken und zu handeln. Das Wissen um die vielfältigsten Therapien und Konzepte aus Medizin, Pflege, Sozialarbeit Seelsorge und Ethik, die Auseinandersetzung damit, wie diese miteinander verbunden und aufeinander abgestimmt werden können, ist am Ende gewinnbringend für die Patient/-innen und alle im System Beteiligten. Dass sowohl Palliative Care als auch der personenzentrierte Ansatz mit den verschiedenen Konzepten wie z.B. Biographiearbeit, Validation und Basale Stimulation von den Teilnehmer/-innen als besondere grundsätzliche und zielführende Konzepte ausgemacht wurden, kann als echte Erkenntnis aus dem Projekt gezogen werden. In den entsprechenden Anwendungen sind eine hohe Achtsamkeit, Personenzentriertheit, Authentizität und Ehrlichkeit im Kontakt mit den betroffenen Menschen, den schwerstkranken, sterbenden H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 26 Abschlussbericht Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ oder /und dementen Menschen verankert. Die Validation als verbale Kommunikationsmöglichkeit kommt eher den Menschen in den frühen Demenzphasen zugute. Die Basale Stimulation eignet sich mehr im fortgeschrittenen Stadium von dementen Menschen oder bei Sterbenden, wenn andere Kommunikationsarten nicht mehr ansprechen. Die Umsetzung der Konzepte kommt nicht nur den betroffenen Patient/-innen zugute. Sie ist auch für die Mitarbeiter/-innen und die Leitungsebene einer Organisation gewinnbringend. Alle erfahren eine gegenseitige Wertschätzung. In der Kommunikation, sowie in der Versorgung der schwerstkranken, sterbenden oder dementen Menschen, erleben sie ihre Arbeit als sinnstiftend. Dies trägt unter anderem zu einer allgemeinen Berufszufriedenheit bei. Nicht zuletzt deshalb sind die Umsetzung von Palliative Care und des personenzentrierten Ansatzes auch Leitungsaufgaben. Die Fähigkeit, eine gelingenden Kommunikation zu initiieren und beizubehalten, muss als Kernkompetenz in Palliative Care, der Geriatrie und Gerontopsychiatrie angesehen werden. Trotz hoher Fachkenntnisse sind die „Care giver“ oft nicht in der Lage, demenzkranken Menschen zu helfen, weil sie nicht adäquat mit ihnen kommunizieren können. Hochbetagte Menschen leiden nicht selten über Jahre an quälenden Beschwerden, zunehmender Hilflosigkeit, Verlustängsten und Sinnkrisen. Sie profitieren sowohl von kurativen wie auch palliativen Maßnahmen. Die „Palliation“ in der Geriatrie und Gerontopsychiatrie darf nicht nur als „End of Life Care“ verstanden werden. 5.3. Weitere Perspektiven „Was uns weiter bringt“ • Interprofessionelle Ausbildung in Palliative Care; • Angemessene, sachgerechte und den Entwicklungsstadien der Demenz entsprechende Medikation der Betroffenen, um Lebensqualität einschränkende Nebenwirkungen und „Übermedikation“ zu vermeiden; Hier lässt sich feststellen, dass der Wissensstand über die Interaktion verschiedener Medikamentengaben noch wesentlich gehoben werden kann. Es ist aber gleichermaßen darauf zu achten, dass auch Hochbetagte die ihrem Bedarf tatsächlich entsprechende Medikation erhalten. • Es bedarf eines hohen Qualitätsstandards mit einschlägigem Fachwissen über Demenz möglichst auf dem neuesten Stand der Forschung bei den verantwortlichen Fachkräften der Pflege, der hospizlichen Dienste, der Medizin, der unterstützenden Apotheken und Gesundheitshäuser, der Seelsorge mit ihren gemeindlichen Ressourcen und der verschiedensten Fachberatungen. • Der Druck auf Angehörige von Demenzpatienten nimmt zu. Im Blick auf die aktuelle und zukünftig noch drängendere demographische Entwicklung erscheint es sehr wichtig, alle möglichen Entlastungsstrategien für pflegende Angehörige zu entwerfen und entsprechende Ressourcen ins Spiel zu bringen. Neben der bewussten Integration der Angehörigen in Verlaufs- und Entscheidungsprozesse, ist es sinnvoll H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 27 Abschlussbericht Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ psycho-soziale, betreuungsorganisatorische und auch seelsorgerische Potentiale zu entwickeln, auszukundschaften und zu nutzen. • In Zeiten einer scheinbar immer schnelllebigeren Kultur gilt es die Zeitressourcen der im System Beteiligten zu entdecken oder zu schaffen und im Sinn des Palliative Care Konzepts zur Entlastung für Betroffene und Angehörige klug einzubringen und zu nutzen. Das hospizlich engagierte Ehrenamt zeigt Tag für Tag, welches Potential seine freiwillig eingebrachte Zeit für die Entlastung und das Durchatmen von Familien und einzelnen bedeutet. • Dem Versicherungssektor zugeordnete Perspektiven liegen in verschiedenen Ebenen. Nur beispielhaft genannt seien zum einen der bereits angefangene Prozess der Unterstützung von Menschen, die von Demenz betroffen sind. Dieser ist über die Pflegeversicherungen weiter fortzusetzen. Zum anderen sind die Pflegeeinstufungskriterien der Medizinischen Dienste der Krankenkassen hinsichtlich der Herausforderungen von Demenz zu überprüfen. • Die Vereinfachung von Richtlinien für die stationären bzw. teilstationären Betreuungsangebote von dementiell eingeschränkten Patienten auf den Länderebenen sowie alle nur möglichen Anstrengungen zur Vermeidung des Pflegenotstandes sind Aufgaben, die nach einer verstärkten politischen Willensbildung rufen. • Die Wirkmechanismen und die Gestaltungskraft z.B. von Ethischen Fallbesprechungen oder Ethikkomitees werden aus Mangel an Erfahrungen mit solchen Gremien, die auch beispielsweise in einer ländlichen Region eines Flächenlandkreises funktionieren, zum jetzigen Zeitpunkt (noch) nicht erkannt. Gerade in der Pflege von Menschen mit Demenz beginnt Ethik in der Eins zu Eins Betreuung. Die Tabuthemen „Ekel“, „Scham“, „sozial enthemmtes Verhalten“ und „Gewalt“ stellen für die Pflegenden bisweilen tägliche Herausforderungen dar. Daher wäre es vielversprechend, Energie und personelle Kraft in die Entwicklung von tragfähigen Modellen und Strukturen für die ethische Beratung von Pflegenden und Angehörigen und die sie betreuenden Helfer/-innen zu schaffen. • Aus dem Blickwinkel der Organisationsethik ist es in diesen ethischen Fragekomplexen notwendig, seitens der Leitungsverantwortlichen im Vorfeld zu agieren: Die Möglichkeiten der Selbsterfahrung und der Reflexion der Mitarbeiter/-innen und die Sorge um die eigene Resilienz stärken das psychische Immunsystem und ermöglichen das Erleben eines Kohärenzgefühles. Dies sorgt für Verstehbarkeit, für die Erkenntnis der Bedeutsamkeit und für die Handhabbarkeit der Prozesse. Dadurch wird die Sinnhaftigkeit des „Tuns“ und auch des „Lassens“ erschlossen. Leitungsverantwortliche können einen Beitrag dazu leisten, dass ein Prozess der Salutogenese in Gang kommt, der nicht nur den Patienten und ihren Angehörigen dient, sondern die Arbeitsfähigkeit und Zufriedenheit ihrer Mitarbeitenden fördert. Zugleich dient dieser Gesunderhaltungsprozess der „Burn-out-Prophylaxe“. Auch wirkt er der „Compassions-Fatigue“, von der immer mehr Mitarbeiter/-innen aus Palliative Care und Dementenbetreuung betroffen sind, entgegen. Auf der Organisationsebene dürfte dies im Hinblick auf die langfristigen Parameter auch der Ökonomie von hohem Interesse sein. H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 28 Abschlussbericht 6. Anlagen 6.1 Referentenliste Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ Fr. Martina Albrecht Krankenschwester, MAS Palliative Care Fr. Dr.med Gisela Bockenheimer-Lucius, Frankfurt Ärztin, Medizinethik, ehem. Leiterin des Netzwerkes Ethik in der Altenhilfe Ffm., wissenschaftliche MA am Senckenbergischen Institut für Geschichte, Ethik und Medizin Klinikum der Goethe-Universität Ffm. Hr. Dr. med. Georg Bollig, Schleswig und Bergen/Norw. Anästhesist, Palliative Mediziner, MAS Palliative Care, Mitglied des Forschungsprojektes „Ethische Entscheidungen am Lebensende in Pflegeheimen“ Hr. Dr. Stefan Dinges, Wien Studium der Theologie (Dipl. theol. 1989, Dr. theol. 1997), Politikwissenschaften, Philosophie und Pädagogik in Mainz und Wien, Organisationsentwickler, Pastoraltheologe, Erwachsenenbildner, Mitglied der Akademie für Ethik in der Medizin an der Universität Göttingen e.V. Hr. Dr.med. Christoph Fuchs, München Leitender Oberarzt des Zentrums Akutgeriatrie, Klinikum Neuperlach, Leitender Arzt des SAPV Teams des Christophoros Hospiz Vereins e.V. München Fr. Carmen Heeg, Rodenbach Lehrerin für Pflegeberufe Hr. Dr. phil. Dieter Hofmann, Coburg Dipl.-Päd., Dipl. Psychogerontologe Hr. Dr. med. Uwe Jander-Kleinau, Hanau Chefarzt der Klinik für Geriatrie des St. Vinzenzkrankenhauses Hanau Fr. Sonja Jahn, Rodenbach Lehrerin für Pflegeberufe Fr. Dr. med. Susanne Markwort, Schlüchtern Chefärztin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie MKK-Kliniken Schlüchtern Fr. Dr. med. Karin Mattekat, Hanau MAS Palliative Care, Ärztin für Anästhesiologie, spezielle Schmerztherapie, Palliativmedizin, Hanau Hr. Dr. med. Mathias Pfisterer, Darmstadt Chefarzt der Klinik für Geriatrie und des Zentrums für Palliativmedizin AGAPLESION Elisabethenstift evangelisches Krankenhaus Darmstadt Fr. Manuela Straub, Fulda AVEVITA.Supervisorin (DGSv), Coach & Organisationsberaterin, Trainerin Palliative Care für Pflegende (DGP), Praxis und Projekte im Kontext Hospiz-Palliative Care H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 29 Abschlussbericht 6.2 Projekt „Hospizliche und palliative Versorgung von Menschen mit Demenz“ Ergebnisse der Interviewrunde „Zwischenbilanz“ Modell-Projekt „Hospizliche und Palliative Begleitung von Menschen mit Demenz“ (tabellarische Auflistung) Hilfreiche Bausteine in der Versorgung • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • • Erweiterungen an Infos Kommunikationsräume Interprofessionelle Weiterbildungen Aus- und Weiterbildung Arzt als Bezugsperson für Angehörige Seniorenbeirat Seniorengerechte Architektur Motivationserhalt Liedgut Sakramente Nahtlose Übergänge bei Verlegungen des Patienten Bekannte Rituale Einbezug der Umgebung Beratung von Betroffenen Pflegende Angehörige In der Politik und in der Arbeitswelt besser die Demografische Entwicklung thematisieren Rahmenbedingungen Wissen Forschung Besuchsdienste der Pfarreien Lebenslanges Lernen Diskussionen Richtige Medikamente ZEIT!!! Ethikcafe 6.3 Evaluationsbögen 6.4 Flyer Stolpersteine bei der Versorgung • • • • • • • • • • • • • • • • • • • Fehlende interprofessionelle Ausbildung in Pall-Care Übermedikation Nebenwirkungen Fehlendes Fachwissen Fehlender Mut, etwas wegzulassen Wenig Wissen von Interaktion der Medikamente untereinander Wenig Flexibilität Druck der Angehörigen nimmt zu Pflegende Angehörige sind nicht integriert Seelsorgerische Ressourcen sind noch wenig integriert Berührungsängste mit Seelsorge Schnelllebige Kultur Fehlende Mittel für Projekte Was kommt bei der Politik an??? Pflegeeinstufungskriterien Rücksicht auf Alter bei der Medikation (hochbetagte erhalten oft zu wenig Medikamente) Anrechenbarkeit von bereits erfolgten Ausbildungen nicht gegeben Entlassung ohne Überleitung zum neuen Aufenhaltsort Formale Hürden Eröffnungsveranstaltung / Motivation / Projektkalender / Palliative Praxiskurs-Expertenkreis / Ethische Fallbesprechungen / Palliative Care Schulungen für Hauptamtliche MA / Fortbildungen Ehrenamtliche / Zwischenbilanz H5108_Abschlussbericht Projekt-Robert Bosch Stiftung 13-10-28.docx Seite 30