Einführung in die Astronomie und Astrophysik I Teil 6 Jochen Liske Hamburger Sternwarte [email protected] Themen Einstieg: Was ist Astrophysik? Koordinatensysteme Astronomische Zeitrechnung Sonnensystem Die Keplerschen Gesetze Himmelsmechanik Gezeiten und Finsternisse Strahlung Teleskope Sternaufbau Sternentstehung Sternentwicklung Sternhaufen Interstellare Materie Die Exoten: Neutronensterne und Schwarze Löcher Reprise: Keplersche Gesetze 1. Die Umlaufbahn eines Planeten um die Sonne ist eine Ellipse mit der Sonne in einem der Brennpunkte. 2. Die Verbindungslinie Sonne-Planet überstreicht in gleichen Zeiten gleiche Flächen. 3. P2 ~ a3 Keplersche Gesetze in Schwerpunktkoordinaten Keplersche Gesetze in Schwerpunktkoordinaten Keplersche Gesetze in Schwerpunktkoordinaten Gezeiten Bei ausgedehnten Körpern treten durch den 1/r2 Abfall der Gravitation Gezeitenkräfte auf. Gezeitenkräfte Gezeitenkraft = Differenz der Gravitation an gegnüberliegenden Seiten: R << d: Gezeitenreibung ΩErde,rot > ΩMond,Bahn + Reibung zwischen Erde und Ozeanen Flutberge eilen vor (ca. 2.5 Stunden) erzeugt Drehmoment auf Flutberge durch Reibung auf Erdrotation übertragen Verlangsamung der Erdrotation Drehimpulserhaltung: Ltot = LErde,rot + LMond,Bahn = const LMond,Bahn ∝ a1/2 Mond entfernt sich von der Erde Messungen (laser ranging): ca. 3.8 cm/yr entspricht Verlangsamung der Erdrotation um ca. 16 x 10-6 s/yr vor 400 Millionen Jahren: 1 Tag = 22h 15m 1 Jahr = 400 Tage Gebundene Rotation Derselbe Effekt hat in der Vergangenheit zu einer Verlangsamung der Mondrotation geführt Und zwar so lange bis PMond,rot = PMond,Bahn gebundene Rotation von der Erde sieht man nur eine Seite des Mondes Gebundene Rotation Derselbe Effekt hat in der Vergangenheit zu einer Verlangsamung der Mondrotation geführt Und zwar so lange bis PMond,rot = PMond,Bahn gebundene Rotation von der Erde sieht man nur eine Seite des Mondes Finsternisse Mond im Schatten der Erde Mondfinsternis Erde im Schatten des Mondes Sonnenfinsternis Mondfinsternis Mondfinsternis Lichtstreuung und Refraktion in der Erdatmosphäre wahrer Schatten < geometrischer Kernschatten Mond nicht ganz abgedunkelt Bevorzugte Streuung von kurzen Wellenlängen Mond erscheint rot Mondfinsternis Bedingungen für Mondfinsternis Vollmond Mond nahe genug an einem der Knoten Passiert ca. zweimal pro Jahr Mondbahn aMittel = 384.4 x 103 km aPeri = 363.3 x 103 km aApo = 405.5 x 103 km ε = 0.0549 Neigung gegenüber der Ekliptik: i = 5.2 Drehung der Knotenlinie: gegenläufig, Periode 18.6 Jahre Drehung der Apsidenlinie: rechtläufig, Periode 8.85 Jahre Monatslängen: Arten von Mondfinsternissen ∅ Kernschatten: 82.4’ ∅ Mond: 31’, Bahnbewegung: 360/29 Tage = 30’/h maximale Dauer der totalen Finsternis: (82.4’ − 31’) / 30’/h = 1.7 h = 103 min Arten von Mondfinsternissen ∅ Kernschatten: 82.4’ ∅ Mond: 31’, Bahnbewegung: 360/29 Tage = 30’/h maximale Dauer der totalen Finsternis: (82.4’ − 31’) / 30’/h = 1.7 h = 103 min Mondfinsternis 28.09.2015, Zeitspanne ca. 3.5 h Credit: Oliver Franiel eclipse.gsfc.nasa.gov Sonnenfinsternis Sonnenfinsternis Zufall: ∅(Mond) ∅(Sonne) 30’ Sonnenfinsternis Maximaler Durchmesser des Kernschatten = 273 km Maximale Dauer einer totalen Finsternis an einem Ort: ca 7.5 min Sonnenfinsternis Arten von Sonnenfinsternissen Total Korona wird sichtbar Ringförmig “Ungünstige” Stellung Erde und Mond ∅(Mond) < ∅(Sonne) Korona nicht erkennbar Partiell (Achtung: 2 Bedeutungen) Saros Zyklen Saros Periode = 6585.3211 d = 18yr 11d 8h Nach dieser Zeit ist eine ganze Anzahl von synodischen, drakonitischen, und anomalistischen Monaten vergangen: Im Abstand von einer Saros Periode finden sehr ähnliche Sonnenfinsternisse statt, weil die relative Lage von Sonne-MondErde fast identisch ist. Aber: Saros = 6585.3 d Sichtbarkeitszone der Finsternis 120 weiter westlich Saros Zyklus = Menge der “Saros-ähnlichen” Finsternisse, die jeweils im Abstand eine Saros Periode aufeinander folgen Ein Saros Zyklus umfasst meist 71 oder 72 Finsternisse In einer Saros Periode treten ~40 Finsternisse auf ~40 aktive Saros Zyklen zu jedem Zeitpunkt (heute: 117 – 156) Saros Zyklus 136 Elektromagnetische Strahlung EM-Strahlung ist die wichtigste Informationsquelle der Astrophysik Verständnis der EM-Strahlung durch Quantenmechanik Wellencharakter (Interferenz) Partikel-Charakter (Photoeffekt) Immenses Spektrum: Radiowellen − Gamma-Strahlung unterschiedlichste Detektoren (Teleskope) notwendig Elektromagnetische Strahlung Was kann man an Photonen messen? Intensität (Zahl der Photonen pro Zeiteinheit) Richtung Räumliche (2D) Struktur der Quelle Energie Strahlungsprozess Dynamik der Quelle Polarisation Medium zwischen Quelle und Beobachter, z.B. Streuung, Magnetfelder Ankunftszeit Variabilität Elektromagnetische Strahlung Wellenlänge-Frequenz Relation: c = ⋅λ Energie pro Photon: E = h⋅ Lichtgeschwindigkeit = c = 2.9979 x 108 m s−1 = 2.9979 x 1010 cm s−1 Planck-Konstante = h = 6.625 x 10−34 J s = 6.625 x 10−27 erg s Auch: ℏ = h/2π = 1.0546×10−34 J s Das elektromagnetische Spektrum Das elektromagnetische Spektrum Hohlraumstrahlung Körper im thermodynamischen Gleichgewicht (TE) Emission = Absorption Spektrum hängt nur von Temperatur des Körpers ab! Auch Schwarzkörperstrahlung (black body) genannt. Reale Körper sind i.d.R. keine perfekten Schwarzkörperstrahler, aber oft ziemlich nah dran. Der beste je vermessene natürliche Schwarzkörperstrahler: das Universum (kosmische Hintergrundstrahlung)! Experimentelle Realisierung: gleichmäßig erwärmter Hohlköper kleine Öffnung zum Vermessen des Spektrums Hohlraumstrahlung Beschreibung mit Planck-Verteilung (aus Quantisierung der Photonenenergie): Wellenlängendarstellung: Frequenzdarstellung: kontinuierliches Spektrum kB = 1.38066 x 10-23 J K-1 Hohlraumstrahlung Bλ(λ,T) = Intensität: Energie / Zeit / Fläche / Raumwinkel / Wellenlänge J s−1 m−2 sterad−1 μm−1 B(,T) = Intensität: Energie / Zeit / Fläche / Raumwinkel / Frequenz J s−1 m−2 sterad−1 Hz−1 Hohlraumstrahlung ∝ λ−4 ∝ ν2 Hohlraumstrahlung Grenzfälle: Wiensches Strahlungsgesetz für h / kT >> 1 (hohe Frequenzen / kleine Wellenlängen): Rayleigh-Jeans-Gesetz für h / kT << 1 (niedrige Frequenzen / große Wellenlängen): Hohlraumstrahlung BB-Strahlung zur Definition von Effektiv-Temperaturen: brightness temperature = Tb = Temperatur, bei der BB-Strahlung die gleiche Intensität hat: I = B(Tb) Im Rayleigh-Jeans Limit: Hohlraumstrahlung λmax = Wellenlänge der maximalen Intensität dBλ(λmax,T) / dλ = 0 Wiensches Verschiebungsgesetz: Achtung: max != c / λmax Hohlraumstrahlung Integration über alle Frequenzen und Ausstrahlungsrichtungen: Stefan-Boltzmann Gesetz: Lambertsches Gesetz: I(θ) ∝ cos(θ) Hohlraumstrahlung BB-Strahlung zur Definition von Effektiv-Temperaturen: Effektiv-Temperatur = Teff = Temperatur, die dem Gesamtstrahlungsfluss entspricht: Teff = (Fbol / σ)1/4 Beispiel: Effektive Temperatur der Sonnenoberfläche: Teff = 5777 K