Med-Info Internationale Fach-Informationen für die Medizinproduktebranche Hintergrund Alle elektromedizinischen Geräte und Systeme müssen der Medizingeräterichtlinie MDD 93/42/EWG genügen. ­Um dies sicherzustellen, können die Normen der Reihe EN 60601-x-xx herangezogen werden. Aufgrund der besonderen Eigenschaften diagnostischer Ultraschallgeräte müssen über die Anforderungen der­ EN 60601-1 hinaus zusätzliche Sicherheitsaspekte beachtet werden. Die sich daraus ergebenden speziellen Anforderungen sind in der Norm EN 60601-2-37 festgelegt. Diese Med-Info gibt einen Überblick über die Anforderung­en gemäß EN 60601-2-37:2008 für diagnostische Ultraschallgeräte. Warum gelten zusätzliche Anforderungen ­ für diagnostische Ultraschallgeräte? Ultraschallbildgebung ist das in der medizinischen Diagnos­ tik­am häufigsten eingesetzte bildgebende Verfahren. Damit die Ultraschalldiagnostik sicher angewendet werden kann, muss die Wirkung von Ultraschall auf menschliches Gewebe betrachtet werden. Hinsichtlich einer potenziellen Gefährdung des Patienten sind zwei Effekte relevant. TÜV SÜD Product Service GmbH EN 60601-2-37:2008 Diagnostische Ultraschallgeräte Zum einen unterliegt die Ultraschallwelle der Absorption im Gewebe. Dadurch kommt es zu einer Erwärmung. ­ Dieser Effekt kann mithilfe der Gesamtleistung und der ­Intensität des Ultraschallfeldes abgeschätzt werden. Zum anderen kann in der Unterdruckphase der Welle Kavitation auftreten, was in der Folge zu Gewebeschäden führt. Dieser Effekt hängt mit dem negativen Spitzendruck im Ultraschallfeld zusammen. Aus der Messung des Schall­drucks und der Gesamtleistung werden anhand von Modellen zur Ausbreitung von Ultraschall im menschlichen Körper Sicherheitsparameter abgeleitet. Diese sind der thermische Index (TI) für die abgeschätzte Erwärmung im Gewebe und der mechanische Index (MI), der die Kavitationsgefahr beschreibt. Ein weiterer Aspekt ist die Erwärmung der Schallkopf­ oberfläche, die mit dem Patienten in Berührung kommt. Dieser Effekt wird durch den TI nicht abgedeckt, da dieser nur die Erwärmung im Ultraschallfeld betrachtet. Aufgrund von Schallabsorption im Material der Schall­ kopf­oberfläche und durch die Erwärmung der Schall­ kopfelektronik kommt es aber zu zusätzlicher Erwärmung. Welche Forderungen ergeben sich aus der EN 60601-2-37? Die generellen Anforderungen enthalten die Kriterien zu „grundlegenden Anforderungen“. Hier werden die speziellen sicherheitsrelevanten Aspekte bei diagnostischen Ultraschallgeräten aufgeführt: Störungen des Signals und Messfehler diagnostisch relevanter Parameter Fehler bei der Anzeige sicherheitsrelevanter Parameter Unbeabsichtigte übermäßige Ultraschallleistung oder Sondenerwärmung Unbeabsichtigte Bewegung von Sonden bei ­intrakorporaler Anwendung Ein diagnostisches Ultraschallgerät muss daher zusätzlich gekennzeichnet sein und die Gebrauchsanweisung muss­entsprechende Hinweise und Daten enthalten. Insbesondere muss für jeden Ultraschallbetriebsmodus eine Tabelle mit maximalen akustischen Ausgangsgrößen bzw. abgeleiteten Parametern (TI, MI) enthalten sein. Überschreiten MI oder TI den Wert 1, so muss er auf dem Display des Geräts angezeigt werden. Die technischen Details zur Berechnung des thermischen und des mechanischen Index sind in der Norm EN 62359:2011 festgelegt. Die Oberflächentemperatur an Ultraschallwandlern muss in simulierten Gebrauchsbedingungen und gegen Luft gemessen werden. Die Tempera­tur an der Wandleroberfläche darf dabei von der Norm festgelegte Grenzen nicht übersteigen. Diese Grenzen sind abhängig vom Einsatzzweck der Ultraschallsonde. Außerdem müssen Tests zur elektrischen ­Sicherheit (Ableitströme, Hoch­spannungstests) durchgeführt werden, während der Schallkopf in physiologische Kochsalzlösung getaucht ist. Auch für die elektromag­netische Verträglichkeit gelten besondere Untersuchungsbedingungen, die über die gene­rellen Anfor­derun­gen hinausgehen. Was sind die Neuerungen in der EN 62359:2011? Mit der neuen Ausgabe der EN 62359 wird die Definition des thermischen Index (TI) leicht modifiziert. Das prinzipielle Modell zur Berechnung thermischer Wirkung durch Ultraschallabsorption im Gewebe bleibt unverändert, für kombinierte Betriebsmodi des Ultraschallgerätes wird das Zusammenwirken der Modi jedoch in anderer Weise berechnet. Die neue Berechnungsvorschrift unterscheidet zwischen der Temperaturerhöhung, die in der Nähe des Schallkopfes (TI at surface), und der thermischen Wirkung, die in der Tiefe des Gewebes erwartet wird (TI below surface). Mit dieser Änderung muss auch das Format der Tabelle angepasst werden, die zur Deklaration der akustischen Ausgangsgrößen benutzt wird. Ein neues Tabellenformat wird in einer Ergänzung zu EN 60601-2-37 definiert. Achtung: Der TI at surface entspricht nicht der Temperatur an der Wandleroberfläche! Der TI at surface wird aus akustischen Feldgrößen berechnet und bezieht sich damit nur auf die thermische Wirkung durch Absorption von Ultraschall in Gewebe. Die Temperaturerhöhung an der Wandleroberfläche wird durch eine Temperaturmessung auf der Oberfläche des Schallkopfes bestimmt und schließt so die Selbsterwärmung des Schallkopfes ein. Wie werden akustische Ausgangsgrößen und Parameter gemessen bzw. berechnet? Grundlage der Messung und Berechnung der akustischen Ausgangsgrößen und der Berechnung abgeleiteter Parameter sind verschiedene Messverfahren. Zum einen wird mithilfe von Hydrophonmessungen im Wasserbad die Schall­druckverteilung unter Freifeldbedingungen gemäß EN 62127-1:2007 festgestellt. Neben der Messung der Maxi­malwerte von Schalldruck und Intensität im Feld werden dadurch außerdem Informationen über die geo­ metrische Feldver­teilung gewonnen. Zum anderen erfolgt die Messung der Ultraschallleistung mittels einer Schallfeldkraftwaage gemäß EN 61161:2013. Aus den Resultaten dieser Messungen werden die sicherheitsrelevanten Parameter durch Anwendung von Modellrech­nungen nach EN 62359:2011 für die Ausbreitung des Ultraschallfeldes im Patienten abgeleitet. Neben der Betrachtung der Wirkung des Ultraschallfelds auf den Patienten ist auch die maximale Temperatur an der Schallkopfoberfläche für die Patientensicherheit relevant. Die Messung erfolgt durch Thermosensoren am heißesten Punkt der Schallkopfoberfläche. Zur Beurteilung der Sicherheit des Ultraschallgeräts müssen für jeden Parameter diejenigen Geräteeinstellungen gefunden werden, die den jeweiligen Parameter maximieren. Welche Leistungen kann TÜV SÜD anbieten? Weitere Leistungen des Ultraschalllabors Neben den Tests zur elektrischen Sicherheit aktiver Medizinprodukte kann TÜV SÜD Product Service alle Messungen der akustischen Aus­gangsgrößen und die Berechnung der abgelei­te­ten Parameter sowie die Messung der Ober­ flächentemperatur gemäß EN 60601-2-37 durch­führen. ­ Zu diesem Zweck verfügt TÜV SÜD Product Service über ein Ultraschallprüflabor mit Testplätzen für Ultraschallfeldmessungen, Ultraschallleistungsmessungen und Temperaturmessungen. Akustische Messungen gemäß FDA-Anforderungen (Track 1 und Track 3) Messung der Doppler-Empfindlichkeit und -Genauigkeit gemäß FDA-Anforderungen Akustische Messungen gemäß EN 61157 Individuelle Tests zur Schallfeld- und Ultraschall­ leistungsmessung Ultraschallleistungs- und -feldmessungen an ­Ultraschallphysiotherapiesystemen gemäß EN 60601-2-5, EN 61161 und EN 61689 Messungen an Ultraschallchirurgiesystemen Prüfung der funktionalen Sicherheit an Ultraschallchirurgiesystemen und Hoch­intensitäts-Ultraschalltherapiegeräten (HITU/HIFU) Aufwand und Dauer einer entsprechenden Geräteprüfung hängen von der Anzahl der Schallkopftypen und der Betriebsmodi pro Schallkopftyp ab. Ihr Ansprechpartner von TÜV SÜD Product Service informiert Sie gerne zu weiteren Details. TÜV SÜD Product Service GmbH, Medical and Health Services, Ridlerstr. 65, 80339 München www.tuev-sued.de/medinfo 2015 © TÜV SÜD Product Service GmbH I PS-MKG/MHS/medinfo/18.0/de/DE Mathias Kuhn Telefon: +49 89 5008 4603 E-Mail: [email protected]