Interdisziplinäre Therapie für Bauchfellkrebs im Marienhospital Herne Universitätsklinikum der Ruhr-Universität Bochum Unser medizinisches Credo: Wir versuchen, die Behandlung und somit die Prognose der Peritonealkarzinose zu verbessern – eine Gratwanderung zwischen medizinischer Evidenz und Wissenschaft und vom Menschen unerfüllbaren Wünschen. Wir respektieren den Wunsch des Patienten – nach Therapie oder nach Palliation. Die Lebensqualität des Patienten steht im Zentrum unserer Bemühungen. Wir arbeiten gemeinsam mit anderen Fachdisziplinen. Diagnose Bauchfellkrebs Sie interessieren sich für Bauchfellkrebs und für moderne Die „Pressurized IntraPeritoneal Aerosol Chemotherapy Möglichkeiten der Behandlung dieser bösartigen Erkrankung? (PIPAC)“ für die Bauchhöhle und ihr Schwesterverfahren für die Brusthöhle (PITAC) gehören in diese Kategorie. Sie Dann sind Sie hier richtig. Diese Broschüre liefert Informatio- zeigten in ersten Anwendungen vielversprechende nen zum Krankheitsbild und zur Diagnostik. Was die Therapie Ergebnisse – beim Eierstockkrebs, beim Magenkrebs, anbelangt, so stellen wir Ihnen herkömmliche Behandlungsan- beim Darmkrebs und bei anderen seltenen Krebsarten. sätze (Chemotherapie), aber auch neue Möglichkeiten vor, welche die Prognose der betroffenen Patienten verbessern Das Marienhospital Herne – Universitätsklinikum der Ruhr- können. Universität Bochum – bietet Ihnen im Rahmen der interdisziplinären Therapie für Peritoneal- und Pleurakarzinose eine individuelle Behandlung an, und garantiert Ihnen, dass Sie die bestmögliche spezialisierte Therapie erhalten. Prof. Dr. med. Prof. h. c. (KGZ) Marc Reymond Abteilungsleiter Spezielle onkologische Chirurgie Prof. Dr. med. Clemens Tempfer Klinikdirektor Frauenklinik Prof. Dr. med. Dirk Strumberg Klinikdirektor Hämatologie – Onkologie Das Peritoneum (Bauchfell) Der Bauchraum oder Peritonealraum ist die größte Körper- Funktion höhle des Menschen. Begrenzt wird dieser Raum oben durch Das Bauchfell oder Peritoneum absorbiert Peritonealflüs- das Zwerchfell, hinten durch die Rückenmuskulatur und die sigkeit, die als „Schmiermittel“ die Reibung (Viskosität) an Rippen, seitlich durch die laterale Bauchwandmuskulatur und seiner Oberfläche herabsetzt und die Bewegungen der Organe vorne durch die gerade Bauchwandmuskulatur. gegeneinander (z.B. bei Magenfüllung oder Schwangerschaft) ermöglicht. Im Normalfall ist die Flüssigkeitsmenge mit 50 ml Der Peritonealraum besitzt auch eine spezielle Auskleidung: gering, jede größere Ansammlung ist krankhaft und wird als das Bauchfell. Das Bauchfell oder Peritoneum (griech. „das Aszites bezeichnet. Eine mangelhafte Produktion der Peritone- Ausgespannte“) hat eine Ausdehnung von etwa 2 m . Der hinter alflüssigkeit kann bei einer Bewegung der Organe wegen der der Bauchhöhle liegende Bereich wird als Retroperitonealraum erhöhten Reibung zu Schmerzen oder sogar zu Verwachsungen bezeichnet. des Bauchfells führen. ² Peritonealkarzinose: Der Tumorbefall des Bauchfells Rund 20.000 Menschen erkranken in Deutschland jedes Jahr an einer Peritonealkarzinose. Als Peritonealkarzinose bezeichnet man den Befall des Bauchfells mit bösartigen Tumorzellen. Meistens handelt es sich dabei um Metastasen – also um Tochtergeschwulste eines Ausgangstumors im Magen, Darm oder in den Eierstöcken. Die Peritonealkarzinose ist immer Ausdruck eines fortgeschrittenen Krebsleidens und geht mit einer deutlich reduzierten Lebenserwartung einher. Elektronenmikroskopische Aufnahme von Bauchfellzellen Therapieansätze Die Therapie der Peritonealkarzinose besteht traditionell aus In den letzten Jahren hat sich eine komplexe Therapie in der systemischen (oralen oder intravenösen) Gabe eines spezialisierten Zentren zunehmend etabliert. Es handelt sich Chemotherapeutikums. Durch die Einführung neuer Substan- um eine Kombination der chirurgischen Tumorreduktion mit zen wurde die Wirksamkeit der systemischen Chemotherapie der lokalen Verteilung der Chemotherapie direkt in die Bauch- in den letzten Jahren deutlich verbessert. Allerdings bleibt das höhle. Es wurde gezeigt, dass ausgewählte Patienten dank Ziel palliativ, d. h. die Linderung der Symptome und die Verlän- dieser Therapie langfristig überleben oder in Einzelfällen sogar gerung des Lebens. geheilt werden können. Leider ist diese kombinierte Therapie, die auch Hypertherme IntraPEritoneale Chemotherapie (HIPEC) genannt wird, nur bei streng ausgewählten Patienten sinnvoll. Sie ist für den Patienten auch sehr belastend, komplikationsträchtig und kann kaum wiederholt werden. Wir haben eine weitere Therapiemethode entwickelt, bei der die Chemotherapie während einer Laparoskopie (Schlüssellochchirurgie) unter Druck in Aerosolform appliziert wird. Diese Therapie wird sehr gut vertragen. Die Analysen haben deutliche pharmakologische Vorteile gezeigt, sowohl gegenüber der systemischen Chemotherapie als auch gegenüber der HIPEC. In ersten Anwendungen am Menschen hat sie vielversprechende Ergebnisse erbracht. Ab 2013 wird diese neue Therapie (Pressurized IntraPeritoneal Aerosol Chemotherapy, PIPAC) im Rahmen mehrerer Therapiestudien in Deutschland (im Marienhospital Herne) und Frankreich (an der Universität Paris 7) angeboten. PIPAC und PITAC Von der Pressurized IntraPeritoneal Aerosol Chemotherapy (PIPAC) in der Bauchhöhle und im Brustkorb (PITAC) können möglicherweise viele Patienten profitieren, bei denen die konventionelle systemische Chemotherapie nicht ausreichend wirksam ist und die Kriterien für die zytoreduktive Chirurgie und die HIPEC nicht erfüllt sind. Diese Bauchfellkrebspatienten, darunter auch viele junge Patienten, können zurzeit kaum effektiv behandelt werden. Ziel der PIPAC ist eine Verlängerung des Lebens unter Symptomkontrolle. Die ersten Ergebnisse der PIPAC belegen beides: Die PIPAC ist mit weniger Nebenwirkungen als herkömmliche Therapieformen behaftet und der Leistungsindex steigt mit der Therapie. Die ersten Daten hinsichtlich der Überlebenschancen sind ermutigend. Aufgrund der bisherigen Ergebnisse wurde die Fortführung der neuen Behandlung von der Ethikkommission der Ruhr-Universität Bochum bewilligt. Auch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat gerade die erste Phase-2 - Studie bewilligt. Edith Mohme, Patientin „Ich bekomme keine Chemotherapie mehr. Ich habe zwei Bekannte, die eine Chemotherapie bekommen und am Boden zerstört sind. Sie liegen da und können nicht leben und nicht sterben. Vor der PIPAC habe ich viel Bauchwasser gehabt, und ich hatte Nebenwirkungen der Chemotherapie. Nach der PIPAC aber nicht. Ein Jahr später fühle ich mich gut. Meine Lebensqualität war in der Zwischenzeit ganz toll. Ich habe die PIPAC besser vertragen als die Chemotherapie. Ich kann zuhause wieder meinen Onkel pflegen, der ein Pflegefall ist.” Ahmed Ozgün, Angehöriger „Ich selbst, als ärztlicher Kollege, wusste keinen Rat und kannte niemanden, der uns auch nur ansatzweise eine mögliche Therapie zur Lebensverlängerung bieten konnte. Circa ein Jahr nach dem operativen Eingriff haben wir in einem ausführlichen Gespräch von einer möglichen Therapie zur Behandlung der Peritonealkarzinose erfahren. Die Bekanntschaft mit dem Team im Marienhospital war für meine Tante, als Patientin in einem deutlich reduzierten Allgemeinzustand ohne Therapieoption, ein Segen Gottes. Nach dem Entschluss zur Therapie wurde zügig alles in die Wege geleitet. Mithilfe der ersten PIPAC konnte ein wirklich großer Teil der Tumorzellen erfasst werden. Die Nebenwirkungen hielten sich in Grenzen und meine Tante hat sich nach etwa zwei bis drei Wochen wieder erholt. Letzte Woche erhielt sie zum zweiten Mal eine PIPAC und direkt im Anschluss daran konnte sie, ohne den Weg über die Intensivstation, auf ihr Zimmer verlegt werden. Die ersten Tage war sie etwas müde und erschöpft, aber das lag natürlich auch an der Grunderkrankung und dem damit zusammenhängenden mäßigen Allgemeinzustand. Heute kann ich nur sagen, dass meine Tante ohne die PIPAC inzwischen vermutlich verstorben wäre.” Interdisziplinäre Betreuung Qualitätssicherung Die Behandlung von Patienten mit dieser schwierigen Diagnose Das Marienhospital ist Teil des Comprehensive Cancer Center ist ausgesprochen komplex und aufwendig und erfordert neben (CCC) der Ruhr-Universität Bochum. Seit 2005 ist das einer engen Kooperation verschiedener Fachrichtungen wie Universitätsklinikum nach KTQ* zertifiziert. Alle Krebspatien- Onkologie, Gynäkologie, Anästhesiologie und Palliativmedizin ten werden im interdisziplinären Tumorboard vorgestellt, das auch vom Pflegepersonal besondere Leistungen. zweimal wöchentlich tagt. Die technische Ausstattung des Klinikums, des Operationstraktes und der Intensivstation Das Marienhospital als Universitätsklinikum bietet eine ideale entspricht den neuesten Sicherheitsstandards. In der Klinik für Voraussetzung, um diese spezielle und innovative Behandlung Chirurgie, wo die zytoreduktive Chirurgie, die PIPAC und die im Rahmen eines ganzheitlichen Behandlungskonzeptes unter PITAC durchgeführt werden, werden die Daten der operierten Beteiligung verschiedener Fachrichtungen weiterzuentwickeln Patienten lückenlos gesammelt, und es finden regelmäßig und gleichzeitig zu erforschen. Komplikationskonferenzen statt. *KTQ® bedeutet „Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen“. Es handelt sich hierbei um ein nationales Zertifizierungsverfahren speziell für Leitstungserbringer im Gesundheitswesen. Die Entwicklung dieses Verfahrens wurde vom Bundesministerium für Gesundheit unterstützt. Das Team Das Team des Bauchzentrums besteht aus Ärzten aller beteilig- Die Patienten werden vom Pflegeteam im Operationssaal, auf ten Fachabteilungen. Dazu gehören insbesondere die Universi- der Intensivstation und auf den Bettenstationen rund um die tätskliniken für Hämato-Onkologie Uhr betreut. (Prof. Dr. med. D. Strumberg) und Chirurgie (Prof. Dr. med. J. Zieren), die Frauenklinik (Prof. Dr. med. C. Tempfer), die Abtei- Zum Kernteam gehören außerdem Diätassistent(inn)en, lung für Palliativmedizin (Dr. med. Münker), die interdisziplinä- Psycho-Onkolog(inn)en und Physiotherapeut(inn)en. re Intensivstation (Dr. med. Reimer), die Klinik für Radiologie Die Patienten werden auf Wunsch von einem Seelsorger (Prof. Dr. med. D. Liermann), das Institut für Pathologie begleitet. (Prof. Dr. med. A. Tannapfel) und die Abteilung für Gastroenterologie (Dr. med. Schweinfurt). Stiftung Katholisches Krankenhaus Marienhospital Herne Hölkeskampring 40www.marienhospital-herne.de Marienhospital Herne Internet: Universitätsklinikum 44625derHerneE-Mail: [email protected] Ruhr-Universität Bochum E-Mail: [email protected] Hölkeskampring 40 www.marien-herne.de 44625 Herne Telefon: 02323 499-1478 Telefax: 02323 499-392