Die erklärte Dose

Werbung
72
Management • Marketing-Club Freiburg/Südbaden
Die erklärte Dose
Warum gibt es Tupperware nur im Direktvertrieb?
Die Antwort gibt der Deutschlandchef Michael Raffel.
D
ie Dosen von Tupperware
sind eine Marke von
Weltrang. Man kann sie in
100 Ländern der Welt kaufen.
2,6 Millionen Verkäuferinnen –
nicht ganz korrekt: darunter
wohl auch ein paar Männer –
sind für den US-Konzern unterwegs. Sie zeigen, wie es geht. Die
Kundinnen sehen, dass sie es
brauchen. Und ihre Freundinnen
ziehen mit. Das ist das bekannte
Erfolgsprinzip der Tupperparty,
dem gepflegten Kaffeekränzchen
des Direktvertriebs.
Doch was macht die Marke
Tupperware aus? Wie haben sich
die Produkte mit den Jahren entwickelt? Wie setzt das Unternehmen seine Preise am Markt
durch? Wie sieht die Markenstrategie aus? Michael Raffel von
Tupper­ware hat zu den interessanten Fragen rund um die Marke wenig zu sagen. Sein Vortrag
vor dem Marketing-Club Freiburg/Südbaden beschränkt sich
auf das Altbekannte, angereichert
mit ein paar Zahlen und Produktinfos. Im Prinzip ist es ein Plädoyer für den Erhalt der Tupperparty. Über den Weg des Unternehmens sagt er wenig.
Raffel zeichnet dabei ein recht
klischeelastiges Bild seiner Ziel-
gruppe. Frauen, die sich in der
Küche gut auskennen, ein bisschen Geld haben und die immer
wiederkommen. Als jedoch einer
der männlichen Gäste die Hand­
habe eines Spätzleschabers perfekt
erklärt, ist Raffel davon schlicht
überfordert. Er bittet dann noch
eine Verkäuferin vors Publikum.
Es folgt ein etwa zweiminütiger
Vortrag, der auf die Tupperparty
gehört. Nicht jedoch vor dieses
Fachpublikum.
Denn wer Tupperware will, der
hat sie schon. Das zeigt die Umfrage per Handzeichen. Man muss
den Anwesenden nicht erklären,
was ein Käsemax ist. Viele besitzen
ihn. Der Hunger nach Informationen über dieses weltweit bekannte
und renommierte Produkt wird
von Raffel nicht gestillt.
Dabei gäbe es viel zu erzählen
über Tupperware. Das aus den
USA stammende Unternehmen
war nicht immer im Direktvertrieb
zu Hause. Dies ist die eine Anekdote, die Raffel doch preis gibt.
Erst nachdem ein Versuch im stationären Handel kläglich scheitert,
entwickelt eine amerikanische
Hausfrau die Partys. Und mit ihnen kommt der Erfolg.
Heute hat Tupperware wieder
Zweifel daran, ob dies der einzige
Weg ist. Vor zehn Jahren versuchte man etwa, die Dosen in der
US-Supermarktkette Target zu
verkaufen. Nach einem Jahr wurde das Experiment wieder beendet. Am Partner mag es nicht gelegen haben. Target ist nach Walmart die Nummer zwei im
amerikanischen Einzelhandel. Es
liegt, so Raffel, einfach daran, dass
„man unsere Produkte erklärt bekommen muss“. Für Neukunden
und neue Produkte ist das richtig.
Doch wer einfach nur eine weitere Dose möchte, der würde diese
auch gerne im Internet bestellen.
In den USA ist das möglich. In
Deutschland klammert man sich
an die Exklusivität der Partys.
Warum? So halt.
Deutschland ist umsatzmäßig
der stärkste Markt von Tupper­
ware. Wachsen tut das Unternehmen jedoch auf neuen Märkten,
wie Tupperware CEO Rick Goings
bei der Vorstellung der jüngsten
Zahlen einräumen musste. Indien
gilt als Hoffnungsträger – mit
Wachstumsraten von 60 Prozent.
Obschon das Land immer noch
einen extrem kleinen Anteil am
geschätzten Jahresumsatz von
rund 2,5 Milliarden Dollar haben
wird. Aktuell entspricht das knapp
1,9 Milliarden Euro. Die Rendite
liegt bei zehn Prozent.
Und die Produkte? Früher war
Tupperware eine reine Dosen­
fabrik. Heute gibt es Küchen­
maschinen, Kochtöpfe und Kinderspielzeug. Der Bestseller hatte
vor zehn Jahren einen Verkaufswert von zehn Dollar. Heute 100.
Dahinter muss eine Geschichte
stecken. Nur man erfährt sie
leider nicht von Michael Raffel.
Philipp Peters
[email protected]
Michael Raffel verkauft
Tupperware. Nicht weniger,
aber auch nicht mehr
econo 1 / 2 0 1 2 · 2 3 . D ezem ber 2011
Foto: Stefan Gihring
Herunterladen