Dreiste Tierdiebe | Manuskript Dreiste Tierdiebe Bericht

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Dreiste Tierdiebe | Manuskript
Dreiste Tierdiebe
Bericht: Markus Frenzel, Bastian Schlange
Benneckenstein im Harz. Jedes Jahr zu Pfingsten gibt es hier das „Finkenmanöver“. Eine
Mischung aus Volksfest und Züchtertreffen. Es geht um die Frage: Welcher Vogel singt am
besten? Ausgerichtet wird der Wettstreit von den sogenannten Buchfinkengilden. Einer
der lokalen Vereinschefs ist Helmut Ehrenberg.
Helmut Ehrenberg – Buchfinkengilde Harz:
Ich habe da zwei Vögel, die werden um die Spitze mitsingen.
Mehrere Stunden dauert der Wettbewerb – die Vögel müssen in einigen Disziplinen Harzer
Dialekt zwitschern. Das Finkenmanöver: Eine Tradition. Seit einem halben Jahr sogar
nationales Kulturerbe. Doch es gibt ein Problem: Die Gilden finden kaum noch neue Vögel.
Ich habe nur noch einen. Ich muss mal schauen, dass ich wieder welche kriege. Man muss
die ja vom Züchter bekommen. Mit Papieren und Ringen und all dem Scheiß. Ich muss mal
meinen Schwiegersohn fragen, dass er die im Internet guckt, wo es wieder sowas gibt.
Denn die Finken dürfen nicht einfach im Wald gefangen werden. Seit gut 30 Jahren
verbietet das eine EU-Vogelschutzrichtlinie. Aber wenn die Vögel überhaupt nicht aus dem
Harz kommen – woher dann? Neue Tiere können oft nur über fragwürdige Kanäle
beschafft werden: zum Beispiel von Wilderern. Der illegale Verkauf – höchst lukrativ.
Doch wer steckt hinter diesen Geschäften? Bei unseren Recherchen stoßen wir immer
wieder auf einen Namen. Wir stellen dem Mann eine Falle. Sagen, wir wollen Vögel
kaufen.
Bastian Schlange:
Das sind 1.000 Euro. Wir kaufen alles, das illegal aussieht. Wir haben den Grundstock – das
sind die Buchfinken.
Das Haus des Rentners liegt in einem Vorort von Bottrop. Der Mann soll in wenigen Jahren
mehr als 100.000 Euro verdient haben – nur mit dem illegalen Verkauf von Waldvögeln.
Getarnt als Familie tauchen wir dort auf.
Der Mann wittert keine Gefahr, er führt uns in den Garten – und hier stehen riesige
Volieren mit Vögeln.
Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers
verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.
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Sämtliche Tiere, die er uns verkaufen will, haben keine Ringe an den Füßen. Ein Indiz für
Wilderei. Dann macht er die Rechnung auf – für siebzehn Klein-Vögel will er 435 Euro.
Wir einigen uns und er holt die Tiere. Mit unseren Vögeln im Gepäck verlassen wir das
Haus – Treffpunkt auf einem Parkplatz in der Nähe.
Bastian Schlange:
Buchfinken, ein Star. Acht Buchfinken. Eins der Männchen hat nur noch ein Bein – das ist
irgendwie so in der Natur passiert...
Von wegen – abgetrennte Beine sind keine Seltenheit, wenn Wilderer schon erwachsenen
Tieren die Ringe aufziehen – und so vorgeben, dass sie gezüchtet sind.
Verletzte Tiere nehmen die Händler für ihren Gewinn in Kauf. Der illegale Handel mit
Vögeln boomt seit Jahrzehnten. Tiere werden geschmuggelt wie Drogen. Den Fahndern
bietet sich oft ein erschreckendes Bild: Küken in vermüllten Kellern. Greifvögel, denen
Fallen die Füße
Wir bringen unsere illegal gekauften Vögel so schnell wie möglich in Sicherheit – in eine
Vogelschutzstation zu Axel Hirschfeld.
Axel Hirschfeld – Komitee gegen den Vogelmord: Und die hat er euch verkauft? Ohne Ringe?
Bastian Schlange: Ja.
Axel Hirschfeld: Das hätte er nicht tun sollen.
Bastian Schlange: Mit Ringen hätten wir mehr zahlen müssen.
Gerade erst ist unser Vogelhändler zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung und einer
Geldstrafe verurteilt worden. Trotzdem macht er weiter – die Dreistigkeit überrascht
Tierschützer Axel Hirschfeld nicht.
Axel Hirschfeld – Komitee gegen den Vogelmord:
Stellenweise hat das mafiöse Strukturen, wenn man sich vor allem auch die Gewinnspannen
anguckt, die da im Handel mit geschützten Tieren in Deutschland möglich sind. Die sind
teilweise so hoch wie im Drogenhandel und deshalb lohnt es sich eben. Und deswegen
können viele, auch wenn sie von den Behörden schon erwischt worden sind, nicht davon
lassen.
Wir konfrontieren den Vogelhändler mit unseren Recherchen.
Markus Frenzel: Frenzel – MDR. Ich würde Sie gerne einmal zu ihren kriminellen
Machenschaften sprechen. Sie verkaufen illegale Vögel. Das haben wir recherchiert.
Wilderer: Wo? Mit wem? Wann?
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Markus Frenzel: Sie verkaufen doch illegale Vögel?
Wilderer: Ich? Nein.
Markus Frenzel: Doch.
Wilderer: Ich hab mal verkauft.
Markus Frenzel: Und jetzt machen Sie weiter.
Wilderer: Ich mach nicht weiter.
Markus Frenzel: Sicher? Haben Sie keine Skrupel.
In den Geschäftsbüchern des Händlers aus Bottrop stoßen wir auf einen uns bekannten
Namen. Helmut Ehrenberg von der Buchfinkengilde Harz soll mindestens 100 Vögel von
dem Mann gekauft haben. Wir suchen den Vereinschef bei sich zuhause auf. Er hat mit
dem Händler aus Bottrop kein Problem.
Helmut Ehrenberg – Buchfinkengilde Harz:
Was ihm genau nachgewiesen wurde, das kann ja keiner genau bestätigen.
Von wegen – die kriminellen Machenschaften des Händlers aus Bottrop sind seit mehreren
Jahren aktenkundig. Und auch auf das Finkenmanöver sind die Ermittler inzwischen
aufmerksam geworden.
Frage: Haben Sie sich selbst im Nachhinein Vorwürfe gemacht?
Helmut Ehrenberg – Buchfinkengilde Harz:
Nee nee, gar nicht. Warum soll ich mir Vorwürfe machen. Der, der den Vogel züchtet und
weitergibt, der ist in der Verantwortung. Nicht ich. Ich kaufe den ja im guten Glauben. Genau
wie wenn Sie ein Auto kaufen vom Händler, dann kaufen Sie das ja auch im guten Glauben,
dass da alles in Ordnung ist.
Frage: Weil Ihr Name taucht in den Ermittlungsakten auf. Stört Sie das?
Helmut Ehrenberg – Buchfinkengilde Harz:
Stört mich gar nicht. Nee, nee. Stört mich gar nicht.
Irgendwie haben wir den Eindruck, dass die gesetzlichen Vorschriften die Buchfinkengilden
nicht wirklich interessieren.
Anders Fahnder in Bottrop. Sie fürchten, dass der fragwürdige Händler Beweise beseitigen
könnte – und reagieren. Zum zweiten Mal innerhalb weniger Jahre machen sie eine Razzia
im Haus des Mannes. Und wieder lohnt sich der Einsatz.
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Kontrolleur:
Die haben wir jetzt beschlagnahmt hier. Das sind alles einheimische Vögel, alles ohne Ring.
Also einwandfrei illegaler Vogelfang.
Es ist ein Schlag gegen das Netzwerk der Wilderer. Der Mann in Bottrop war einer der
Köpfe. Trotzdem bestehen die Strukturen weiter.
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