Das Standardmodell der Teilchenphysik

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Das Standardmodell der Teilchenphysik
Sven Röhrauer
Hauptseminar
Schlüsselexperimente der Elementarteilchenphysik
WS 2008/09
1
Einleitung und historische Entwicklung
Das Standardmodell ist ein Modell der Teilchenphysik, welches die Teilchen und ihre Wechselwirkungen mit Hilfe einer relativistischen Quantenfeldtheorie beschreibt (eine relativistische Quantenfeldtheorie
kombiniert Prinzipien klassischer Feldtheorien und der relativistischen Quantenmechanik).
Der erste Schritt zur Elementarteilchenphysik war die Erkenntnis, dass Materie kein Kontinuum darstellt,
sondern aus kleinsten Teilchen besteht.
Zunächst war nur das Elektron, Proton und Neutron bekannt, allerdings fand man bald sehr viel mehr
Teilchen:
• Bei der Untersuchung des β-Zerfalls wurde von Pauli das Neutrino vorausgesagt
• Dirac postulierte die Existenz von Antimaterie
• Anderson entdeckte mit dem Positron das erste Antiteilchen.
• Mit der Untersuchung der kosmischen Strahlung und der ersten Inbetriebnahme von Teilchenbeschleunigern tat sich ein wahrer „Teilchenzoo“ auf: π − , π + , π 0 , K0 , ∆’s, Λ’s, Σ+ , Σ− , Ξ− , p, Σ0 ,
K− , K+ , Ξ0 , η, Ω− , . . .
Murray Gell-Mann versuchte Ordnung in dieses Chaos zu bringen. Durch gruppentheoretische Überlegungen ordnete er die Teilchen („Der achtfache Weg“) und sagte das (bis dahin noch nicht gefundene)
Ω− voraus, welches später tatsächlich gefunden wurde.
2
Das Standardmodell
Nach dem Standardmodell gibt es
• Fermionen (Spin halbzahlig)
Familie
Fermionen
El. Ladung
1
2
3
e
µ
τ
-1
Leptonen
νe νµ ντ
0
u
c
t
+2/3
Quarks
d
s
b
-1/3
Farbe
Spin
-
1/2
r, g, b
1/2
• Dazu jeweils das Antiteilchen
• Außerdem: Austauschbosonen (ganzzahliger Spin)
„Normale“ Materie besteht aus Teilchen der ersten Familie, man unterscheidet zwischen Baryonen (qqq)
und Mesonen (qq).
Die großen Massenunterschiede zwischen den Familien fallen ins Auge:
1
• m(e) ≈ 511 keV/c2
• m(u) ≈ 2 MeV/c2
2.1
⇔
⇔
m(τ ) ≈ 1,777 GeV/c2
m(t) ≈ 171 GeV/c2
Die verschiedenen Wechselwirkungen
Im Rahmen des Standardmodells werden drei der vier fundamentalen Kräfte beschrieben, sie werden
durch Feldquanten (Eichbosonen) vermittelt:
Kraft
stark
elektromagnetisch
schwach
Feldquant
Gluon
Photon
W± und Z
Theorie
Chromodynamik
Quantenelektrodynamik
Flavordynamik
Die Gravitation ist nicht Teil des Standardmodells.
2.1.1
Quantenelektrodynamik
Die Entwicklung der Quantenelektrodynamik wurde entscheidend von Richard Feynman geprägt. Er
führte die nach ihm benannten Feynman-Diagramme ein, die als bildhafte Darstellungen (von einzelnen
Termen einer komplizierten Rechnung) einen schnellen ersten Eindruck von einer Teilchenreaktion geben.
Als Beispiel zwei Feynman-Diagramme, welche die Bhabha-Streuung (die Wechselwirkung von Elektronen und Positronen über den Austausch eines Photons) in erster Ordnung beschreiben:
In einem solchen Diagramm werden Fermionen als gerade Linien mit Pfeilen dargestellt, wobei der Pfeil
für „normale“ Teilchen in Zeitrichtung (also nach oben) zeigt und für Antiteilchen entgegen der Zeitrichtung, also nach unten. Photonen werden als Wellenlinien, Gluonen als Spiralen und W± bzw. Z0 als
gestrichelte Linien eingezeichnet.
2.1.2
Chromodynamik
Betrachtet die Wellenfunktion der ∆++ -Resonanz | ∆++ i =| uuui |↑↑↑i, so stellt man fest, dass diese
symmetrisch ist, was aber gegen das Pauliprinzip verstößt (das Pauliprinzip besagt, dass zwei Fermionen
nicht in allen Quantenzahlen übereinstimmen dürfen, bei den drei Quarks im ∆ ist das aber so).
Durch Einführung einer weiteren Quantenzahl, der Farbladung (es gibt rote, grüne und blaue Ladung),
ist das Pauliprinzip wieder erfüllt.
Die Austauschteilchen der starken Wechselwirkung - die Gluonen - tragen selbst Farbladung (eine Farbe
und eine Antifarbe), deshalb können sie untereinander koppeln, daher hat die starke Wechselwirkung nur
eine kurze Reichweite.
Die starke Kraft verhält sich qualitativ umgekehrt zur elektromagnetischen Kraft:
• bei kleinen Abständen ist sie schwach (Asymptotische Freiheit)
• bei großen Abständen ist sie stark (Confinement)
2
2.1.3
Flavordynamik
Die Austauschteilchen der schwachen Wechselwirkung haben eine Masse, daher ist die schwache Kraft
sehr kurzreichweitig. Der β-Zerfall ist eine schwache Reaktion, Wu hat den β-Zerfall von Kobalt auf
Vorschlag von Lee und Yang untersucht:
60
Co →
60
Ni + e− + ν e
Sie stellte fest, dass die schwache Wechselwirkung die Parität maximal verletzt.
Dies und die Nicht-Erhaltung des Flavours sind zwei Charakteristika der schwachen Wechselwirkung.
2.1.4
Der Higgs-Mechanismus
Problem: mathematische Beschreibung des Standardmodells erfordert masselose Teilchen, aber Teilchen
haben offensichtlich eine Masse, z.B.
• m(p) = 938 MeV/c2
• m(Z0 ) = 91 GeV/c2
Die Einführung des Higgs-Felds und dem Higgs-Teilchen stellte die Lösung dieses Dilemmas dar, allerdings
ist das Higgs-Teilchen (als einziges des Standardmodells) noch nicht experimentell bestätigt, allerdings
kann man einige Eigenschaften voraussagen: Bei dem Higgs-Teilchen handelt es sich um ein el. neutrales
Boson mit Spin 0 und einer Masse > 114 GeV/c2 .
Nach dem Higgsmechanismus erhalten die Teilchen durch Symmetriebrechung ihre Masse. Man geht daher
von einem symmetrischen Potential aus (das fordert die mathematische Beschreibung des Standardmodells), der Grundzustand ist aber unsymmetrisch.
Das Higgsmechanismus kann man sich wie folgt veranschaulichen: Man stelle sich eine Party vor, die
Gäste stehen im gesamten Raum. Betritt ein Prominenter (er steht für das Teilchen, das durch den
Higgsmechanismus Masse erhalten soll) die Party, so verursacht er eine Störung: er wirkt anziehend
auf die anderen Gäste, sie bewundern ihn und wollen ihn anfassen, es bildet sich eine Menschentraube,
die zusammen mit dem Prominenten durch den Raum wandert. Diese Menschentraube erhöht seinen
Bewegungswiderstand, der Prominente gewinnt sozusagen an Masse. Genau wie ein Teilchen, das durch
das Higgs-Feld wandert.
3
Literatur
Povh, Bogdan und Rith, Klaus: Teilchen und Kerne; Springer, 7. Aufl., 2006
Berger, Christoph: Elementarteilchenphysik; Springer, 2., aktualisierte und überarb. Aufl., 2006
Coughlan, Guy D. und James Dodd: Elementarteilchen; Vieweg, 1996
Griffiths, David J.: Einführung in die Elementarteilchenphysik; Akademie-Verl., 1996
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