1 3. Halbleiter-Bauelemente 3.1 Vorbemerkung Der homogene

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BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00
3.
Halbleiter-Bauelemente
3.1
Vorbemerkung
Der homogene, dotierte Halbleiter ist kein besonders brauchbares Medium für den Stromtransport.
Dazu ist er auch gar nicht vorgesehen, man möchte mit Halbleitern komplexere Effekte wie nichtlineare Kennlinien und Verstärkungen realisieren.
Brauchbare Halbleiter-Bauelemente erhält man stets dann, wenn unterschiedliche Bereiche
aneinanderstoßen.
Man unterscheidet heute:
-
Übergänge zwischen unterschiedlich dotierten Materialien im selben Halbleiter
("Homojunctions")
Übergänge zwischen unterschiedlich zusammengesetzten Halbleiter-Materialien
("Heterojunctions")
Übergänge zwischen Metall und Halbleiter
("Schottky-Junctions")
Homojunctions und Heterojunctions setzen in der Regel (nicht immer) den Aufbau innerhalb eines
einzigen Kristalls voraus.
Darüber hinaus spielen, insbesondere in MOS-Bauelementen (Metall-Oxid-Semiconductor),
Isolierschichten eine wesentliche Rolle. Extrem dünne Isolierschichten werden in Transistoren für die
Steuerelektroden benötigt. Dickere Isolierschichten trennen Signale und Ströme voneinander.
3.2
Halbleiter-Dioden
3.2.1 Der p-n-Übergang
p-dotiert
n-dotiert
Verarmungsschicht
Spannungsquelle
Durchlaßrichtung:
Sperrichtung:
+
-
-
+
R
Abb. 3.1: Schema des p-n-Übergangs mit äußerer Beschaltung
Zunächst sei der p-n-Übergang im Gleichgewicht, d. h. ohne ein äußere Beschaltung betrachtet.
Wir nehmen an, dass innerhalb eines Einkristalls ein p- und ein n-dotierter Bereich aneinanderstoßen.
Damit ergibt sich ein in integrierten Halbleiterschaltungen allgegenwärtiges passives Bauelement.
An der Grenzfläche zwischen dem p- und dem n-dotierten Bereich werden zunächst die im n-Bereich
vorhandenen Elektronen in den p-Bereich hinein diffundieren, wo sie die dort vorhandenen Löcher
"auffüllen", also rekombinieren.
Dadurch entsteht um den Übergang herum eine von freien Ladungsträgern verarmte sogenannte
"Sperrschicht".
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Sowohl der n-dotierte Bereich des Kristalls als auch der p-dotierte Teil waren für sich isoliert
betrachtet elektrisch neutral, weil sich die ortsfesten positiven Ladungen der Atomkerne und die
negativen Ladungen der Elektronen gegenseitig jeweils ausglichen. Nun gilt dies nicht mehr: Nach
Abfluss der Elektronen bleibt im n-Teil eine positive Ladung übrig, im p-Teil erzeugen die
rekombinierten Elektronen eine negative Überschuss-Ladung. Damit entsteht in der Sperrschicht ein
elektrisches Feld, das der weiteren Diffusion der Elektronen entgegenwirkt und diese stoppt.
E
p- HL
n - HL
Sperrschicht
EF
q ²V0
Abb. 3.2: Energieband-Modell des p-n-Übergangs im Gleichgewicht
Wir erhalten als Folge der Diffusion im Kristall eine Spannung, wenn wir das Wegintegral über die
elektrische Feldstärke bilden. Diese „Diffusionsspannung“ ist:
∆V0 = k T/q * ln (Na Nd/ni 2)
Darin ist k die Boltzmann-Konstante, T die Temperatur in Kelvin, q die Elementarladung, Na und Nd
sind die Dotierungsdichten mit Donatoren bzw. Akzeptoren auf beiden Seiten der Sperrschicht, ni ist
die Eigenleitungsdichte.
Abb. 3.2 zeigt die Energiebänder bei einem p-n-Übergang im Gleichgewicht. Es tritt ein Ausgleich
auf, bei dem ein einheitliches Fermi-Niveau im gesamten Kristall wirksam wird. Dies ist nach den
Gesetzen der Thermodynamik notwendig.
Die Diffusionsspannung ist bestimmt durch die Größe der Bandlücke bzw. die Lage der FemiNiveaus im p- und im n-dotierten Bereich.
Die Sperrschicht im p-n-Übergang hat verschiedene bemerkenswerte Eigenschaften. Sie wirkt
sowohl als Widerstand wie auch als Kondensator. Die Sperrschicht dehnt sich um eine Länge ln in
den n-dotierten Bereich und eine Länge lp in den p-dotierten Bereich hinein aus. Diese Weite der
Sperrschicht zu beiden ist nicht in beide Richtungen symmetrisch, sondern die Sperrschicht dehnt
sich stets proportional stärker in den niedriger dotierten Bereich hinein aus.
Es gilt: ln / lp = Na / Nd .
Das Verhalten dieses p-n-Übergangs ist nun durch eine von außen angelegte Beschaltung,
insbesondere durch eine externe Spannungsquelle, beeinflussbar.
Dabei sind der Widerstandswert wie auch die Kapazität durch die von außen angelegte Spannung
steuerbar. Legt man eine äußere Spannung an diese Sperrschicht an, so sind verschiedene Effekte
beobachtbar:
Ist die äußere Spannung in derselben Richtung wie die innere "Diffusionsspannung" der Sperrschicht
gepolt, so addieren sich beide Spannungen an der Sperrschicht. Die Weite der Sperrschicht nimmt
entsprechend zu. Dadurch sinkt proportional die Kapazität der Sperrschicht. Bis auf ganz wenige
durch thermische Effekte erzeugte Ladungsträger findet kein Stromfluss statt.
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Diese wenigen Ladungsträger bilden den sogenannten „Sperrstrom“ I0, der im Bereich von wenigen
Nano-Ampere liegt. (Das gilt aber nur dann, wenn der Kristall im Dunkeln liegt, bei Lichteinwirkung
nimmt der Stromfluss stark zu.)
Der umgekehrte Fall tritt auf, wenn die äußere Spannung die innere Spannung reduziert. Zunächst
wird die Sperrschicht dünner, die Kapazität steigt an. Ab der Spannung, bei der die äußere Spannung
die innere Spannung Diffusionsspannung ausgleicht, tritt ein erheblicher Stromfluss in
Vorwärtsrichtung auf.
Der p-n-Übergang ist in Vorwärtsrichtung oder Durchlassrichtung gepolt.
Der Strom durch den p-n-Übergang ist gegeben durch die Formel:
I = q A ( Dp /(LpNd) + Dn / (LnNa) * ni2 (e**(qU/kT) - 1)
Anders geschrieben:
I = I0 * (e**(qU/kT) - 1)
I0 ist dabei der Sperrstrom in Rückwärtsrichtung.
A ist die Fläche des p-n-Übergangs, Dp und Dn sind die Diffusionskonstanten der Löcher bzw.
Elektronen, Lp und Ln sind die jeweiligen "Diffusionslängen" im Halbleiter, d. h. die Abstände von
der Grenzschicht, bei der die Konzentrationen von Löchern und Elektronen auf 1/e des jeweiligen
Ausgangswertes abgefallen sind.
Die Strom-Spannungs-Kennlinie des p-n-Übergangs ist durch eine Exponentialfunktion gekennzeichnet.
Id
U0
Ud
Io
Sperrstrom
Abb. 3.3: Strom-Spannungs-Kennlinie des p-n-Übergangs
Damit lässt sich die p-n-Diode als Ventil benutzen:
In Vorwärtsrichtung fließt zunächst nur ein geringer Strom. Ein starker Anstieg ist dann zu
verzeichnen, wenn die von außen angelegte Fluss-Spannung die Diffusionsspannung ausgleicht oder
übertrifft.
In einer Richtung tritt ein starker Stromfluss auf, in Rückwärtsrichtung wird der Strom bis auf einen
meistens sehr geringen Reststrom (I0) gesperrt.
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In Rückwärtsrichtung zeigt diese Kennlinie das Verhalten realer Dioden nur unvollständig. Natürlich
lässt keine Diode in Sperr-Richtung eine beliebig hohe Spannung zu. Ab einer genügend großen
Spannung in Rückwärtsrichtung wird die Diode "durchbrechen", d. h. leitend werden. Wenn dann
durch andere Maßnahmen im Stromkreis der auftretende Rückwärtsstrom begrenzt wird, dann kann
dieser Durchbruch reversibel sein und lässt sich sogar ausnutzen, z. B. zur Stabilisierung von
Gleichspannungen. Bei zu hohen Rückwärtsströmen wird allerdings eine starke Erwärmung mit
nachfolgender Zerstörung des Bauelementes auftreten. Dioden, welche speziell auf Durchbruch bei
bestimmten Spannungen in Rückwärtsrichtung hin gezüchtet sind, heißen Zener-Dioden oder
Z-Dioden. Sie werden in der Elektronik in zur Stabilisierung von Gleichspannungen, z. B. in
Netzgeräten, verwendet.
Id
Sperrstrom
Io
Uz
U0
Ud
Durchbruch
Abb. 3.4: Kennlinie einer Z-Diode
Man nutzt hier die nicht-lineare Kennlinie des p-n-Übergangs in bestimmter Weise aus. In
Niederfrequenz-Gleichrichtern (z. B. für die 50 Hz des technischen Wechselstroms) ist das kapazitive
Verhalten des p-n-Übergangs kaum von Bedeutung. Bei allen Anwendungen von Dioden in
Hochfrequenz-Schaltungen spielt dagegen die Kapazität eine sehr wichtige Rolle.
Dabei unterscheidet man einmal die Sperrschicht-Kapazität des als Platten-Kondensator wirkenden
p-n-Übergangs und eine sogenannte „Diffusionskapazität“. Letztere wird gebildet durch die in der
Sperrschicht gespeicherte Ladung, die ja bei einer Voll-Aussteuerung der Diode stets hinein- und
hinaus bewegt werden muss.
3.2.2 Gleichrichter
Damit ist der erste Anwendungsbereich für Halbleiter-Dioden gegeben:
Sie sind geeignet, in sogenannten Gleichrichter-Schaltungen Wechselströme gleichzurichten oder,
anders herum, aus Wechselspannungsquellen Gleichströme abzuleiten.
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i (t)
Diode
R
u (t)
u (t)
i (t)
t
Abb. 3.5: Einweg-Gleichrichter
Abb. 3.5 zeigt den Gleichrichter-Effekt. Von einer sinusförmigen Eingangsspannung wird nur die
positive Halbwelle durchgelassen, der Strom i(t) fließt also nur in eine Richtung. Da die negative
Halbwelle nicht ausgenutzt wird, ist der entstehende Gleichstrom äußerst wellig. Eine bessere
Ausnutzung liefert die Gleichrichterschaltung mit einer Diodenbrücke. Sie setzt sowohl die positive
als auch die negative Halbwelle der Wechselspannung in einen Gleichstrom um.
Dies ist die bei weitem technisch wichtigste Gleichrichterschaltung, die in leicht modifizierter Form
auch in Drehstrom-Schaltungen verwendet wird.
_
u(t)
+
R
Abb. 3.6: Gleichrichter in Brückenschaltung
Hier haben wir Dioden in Anwendungen der Leistungselektronik. Leistungsdioden sollen aufweisen:
- eine niedrige Schwellenspannung in Vorwärtsrichtung
- eine hohe zulässige Spannung in Rückwärtsrichtung
- einen geringen Durchlasswiderstand in Vorwärtsrichtung
- eine gute Ableitung der entstehenden Verlustwärme.
Dies deutet schon an, dass Dioden je nach Anwendung speziell gezüchtet und gefertigt werden. Eine
Diode der Leistungselektronik hat auch äußerlich mit einer Hochfrequenz-Gleichrichterdiode oder
einer Mischer-Diode nicht mehr viel gemeinsam.
3.2.3 P-N-Dioden in IC-Schaltungen
In integrierten Schaltkreisen werden p-n-Übergänge in großer Häufigkeit verwendet, allerdings fast
ausschließlich mit negativer Vorspannung als isolierende Sperrschichten.
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metal
N-well CMOS Technology
gate-oxide
field-oxide
p - bulk
n-channel
poly-silicon
p-channel
GND
VDD
n+
n+
p+
p+
n-well
n-well
p- bulk silicon
n-diffusion
p-diffusion
Abb. 3.7: Aufbau eines CMOS-Inverters (Schnitt)
Abb. 3.7 zeigt den schematischen Schnitt durch einen aus zwei Transistoren gebildeten Inverter in
CMOS-Technologie. Einmal müssen die hoch n-dotierten Diffusionsgebiete des n-Kanal-Transistors
bzw. die p-dotierten Gebiete des p-Kanal-Transistors elektrisch gegen die Umgebung isoliert sein.
Bei einem leicht p-dotierten Grundsubstrat geht das durch eine „automatisch“ funktionierende p-nDiode zwischen den Diffusionsgebieten des n-Kanal-Transistors (die eine Spannung von über 0 Volt
annehmen und dem auf 0 V festgehaltenen Grundsubstrat.
Der p-Kanal-Transistor liegt dagegen in einer sogenannten n-Wanne, die ihrerseits mit einer
Vorspannung von z. B. +5 V beaufschlagt ist. Sie ist damit durch einen in Sperrichtung gepolten p-nÜbergang gegen das Substrat (0 V) und den p-Kanal-Transistor (mit Potentialen bei oder unter
5 V) isoliert.
Der Fall, dass diese Übergänge entweder durch falsche Vorspannung oder wegen eines Durchbruchs
leitend werden bedeutet fast immer, dass die Digitalschaltung nicht mehr funktioniert oder gar
zerstört wird. Effekte dieser Art in CMOS-Schaltungen sind in der Vergangenheit als "Latch-Up" zu
einer gewissen negativen Berühmtheit gelangt.
Der „Durchbruch“ wird aber auch auf den ICs nutzbringend eingesetzt: Man lässt von außen
kommende Signale, die durch statische Elektrizität hohe Spannungsspitzen aufweisen können,
zunächst über ein Stück Diffusionsleitung laufen. Hohe Spannungsspitzen sorgen für lokale
Durchbrüche, aber wegen der geringen Stromstärken ohne bleibende Zerstörung. Am Ende der
Leitung bekommen die "„Chip-Innereien“ ein von Spannungsspitzen befreites Signal.
3.2.4 P-N-Dioden in Signalschaltungen
In der analogen Nachrichtentechnik werden p-n-Dioden für unterschiedliche Zwecke ausgebildet und
verwendet.
Wegen ihrer exponentiellen Strom-Spannungs-Kennlinie ist die Diode als "Varistor", das ist ein
durch die abgelegte Vorspannung gesteuerter Widerstand, verwendbar.
Solche Bauelemente sind insbesondere geeignet, modulierte Signal durch Gleichrichtung zu
"demodulieren". Für drahtlose Signalübertragung wird einer Hochfrequenz-Schwingung (z. B. bei
100 MHz für UKW-Rundfunk) ein niederfrequentes Signal (z. B. Sprachinformation) aufmoduliert.
Amplitude oder Phase oder Frequenz der HF-Schwingung ändern sich im Takt der niederfrequenten
Schwingung. An einer nicht-linearen Kennlinie wie die einer Diode wird aus diesem „gemischten“
HF-Signal die Niederfrequenz-Schwingung, also z. B. die Sprach- oder Ton-Information,
zurückgewonnen. Ein einem hochfrequenten Träger aufmoduliertes Signal wird also mittel einer
Diode in eine niederfrequente Wechselspannung umgesetzt ( z. B. schon in Rundfunkempfängern der
20er Jahre).
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Für diesen Zweck werden Signaldioden seit langem in Mischern und in Empfängern eingesetzt.
Von ebenso großer Bedeutung ist die Verwendung von Signaldioden als spannungsgesteuerte
Kapazitäten, also als variable Kondensatoren. Einen von der Spannung abhängigen Kondensator
nennt man einen „Varaktor“ und spricht entsprechend auch von „Varaktor-Dioden“.
Kapazitäts-Variationsdioden (kurz „Varicaps“) sorgen z. B. für die Abstimmung der EingangsSchwingkreise (Bandpassfilter) in UHF- und VHF-Fernsehempfängern.
Ck
Ck
L
u (t)
Cvar
Uvar
C
Abb. 3.8: Hochfrequenz-Eingangsschaltung mit Varicap-Diode
Sowohl Varicaps als auch Varistoren werden dort verwendet, wo ein Nutzsignal zwischen
verschiedenen hochfrequenten Trägerfrequenzen umgesetzt werden muss.
Ein Beispiel ist das Satellitenfernsehen:
Dort wird zunächst eine Eingangssignal im Frequenzbereich von 12 GHz in den UHF-Bereich (um
800 MHz) umgesetzt oder auch „heruntergemischt“. Dann erfolgt die weitere Kanalwahl und
Decodierung im Fernsehempfänger.
Die Umsetzung eines Signals von einem niedrigeren auf einen höherfrequenten Träger besorgt man
meistens mit einem Varaktor, das Heruntermischen auf niedrigere Frequenzen dagegen eher mit
einem Varistor. Das sind meistens jeweils speziell gezüchtete Dioden (neben p-n-Dioden auf auch
Metall-Halbleiter-Dioden).
Als Schalter in Hochfrequenz-Schaltkreisen werden häufig sogenannte p-i-n-Dioden eingesetzt, die
zwischen den höher dotierten p- und n-Bereichen noch einen sehr gering dotierten Bereich besitzen,
der quasi-eigenleitend (intrinsic) ist. Durch eine angelegte Gleichspannung kann man diese Dioden
dann für ein HF-Signal auf einen niedrigen oder hohen Widerstand schalten. Dann hat man einen sehr
schnellen und kleinen Hochfrequenz-Schalter.
3.2.5 Solarzellen
Eine ganz spezielle Anwendung von p-n-Dioden und ähnlicher Halbleiter-Bauelementen sind aktive
Energieerzeuger.
Setzt man die von Ladungsträgern verarmte Sperrschicht einer Beleuchtung mit geeigneter
Wellenlänge (z. B. Sonnenlicht) aus, so werden Elektron-Loch-Paare generiert. Wegen der in der
Sperrschicht vorhandenen Diffusionsspannung werden dann Elektronen in den n-Bereich (wegen der
ortsfesten positiven Ladungen) bzw. Löcher in den p-Bereich (wegen der ortsfesten negativen
Ladungen) transportiert.
Werden nun der p- und der n-Bereich extern über einen Arbeitswiderstand verbunden, so fließt
darüber ein Ausgleichsstrom. Die maximal verfügbare Spannung einer solchen Zelle entspricht der
Diffusionsspannung.
Natürlich sind auch p-n-Dioden, die als Solarzellen arbeiten sollen, ganz speziell auszulegen:
Insbesondere soll der Weg von der Sperrschicht bis zum äußeren Anschluss möglichst kurz sein,
damit möglichst wenig Rekombination auftritt.
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Solarzellen aus einkristallinem Silizium werden heute schon großtechisch hergestellt und erreichen
Wirkungsgrade von ca. 15%. Sie sind aber für die meisten Anwendungen noch zu teuer. Es ist auch
möglich, Solarzellen aus amorphem, also polikristallinem Silizium herzustellen. Diese sind wesentlich
billiger, haben aber typische Wirkungsgrade unter 10%.
3.2.6 Heterojunction-Dioden
Technisch ist es möglich, eine spezielle Art von Diode dadurch zu konstruieren, dass innerhalb eines
Kristalls Bereiche unterschiedlicher Zusammensetzung und damit auch mit unterschiedlichem
Bandabstand aneinanderstoßen, also z. B. Gallium-Arsenid und Gallium-Aluminium-Arsenid. Als
Sperr-Diode eignen sich diese Konstruktionen weniger.
E
wide bandgap
semiconductor
narrow bandgap
semiconductor
"Sperrschicht"
Leitungsband
Ef
Valenzband
k
Abb. 3.9a: Bändermodell beim Heterojunction
Wenn man sie aber in Flussrichtung betreibt, so kann damit in einem der beiden Kristallbereiche das
Leitungsband so stark mit Ladungsträgern versorgt werden, dass eine Rekombination mit
Aussendung von Strahlung auftritt (bei direkten Halbleitern).
Ist diese Strahlung nicht kohärent, sind also die Lichtquanten "unabhängig", so spricht man von einer
Leuchtdiode.
Halbleiter-Laser dagegen erzeugen kohärente Strahlung auf einer Spektrallinie.
Eine genauere Betrachtung sollte Gegenstand von Vorlesungen über optische Nachrichtentechnik
sein.
3.2.7 Metall-Halbleiter-Kontakt
Eine technisch und praktisch bedeutende Diodentype wurde noch nicht behandelt. Es ist die
Schottky-Diode. Den grundlegenden Effekt zeigt Abb. 3.9b.
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Metall
n- Si
Version 1:
Elektronen fließen vom Metall in den Halbleiter:
Ohmscher Kontakt
Metall
n- Si
Sperrschicht
Version 2:
Elektronen fließen vom Halbleiter ins Metall:
Sperrschicht, Schottky-Diode
Abb. 3.9b: Metall-Halbleiter-Kontakt
Bringt man einen Halbleiter (in der Praxis n-dotiert) in Verbindung mit einem Metall, das z. B. an
seiner Oberfläche aufgedampft oder (Technik des Volksempfängers!) als Nadelspitze mit hohem
Flächendruck aufgepresst sein kann, so entsteht ein Metall-Halbleiter-Kontakt.
Je nach der Wert der Austrittsarbeit im Metall bzw. Halbleiter, das ist die Energie, die benötigt
würde, um ein Elektron aus dem Leitungsband aus dem Kristallverbund heraus zu befördern, fließen
entweder Elektronen vom Metall zum Halbleiter oder vom Halbleiter zum Metall.
Im ersten Fall entsteht ein ohmscher Kontakt, wie ihn die Halbleitertechnik milliardenfach in der
Form benötigt, im zweiten Fall eine sogenannte Schottky-Diode. Auch dieses Bauelement hat eine
Sperrschicht, die allerdings in der Regel dünner und kapazitätsärmer als die von p-n-Dioden ist.
Sowohl die Fluss-Spannung in Vorwärtsrichtung (ca. 0,2 V gegen 0,5 V bei der p-n-Diode) als auch
(und erst recht) die zulässige Sperr-Spannung in Rückwärtsrichtung sind geringer (ca. –2 V
gegenüber –10 V und mehr).
Diese Diode taugt (auch wegen niedriger Sperrspannungen in Rückwärtsrichtung) nicht für die
Anwendung in der Leistungselektronik. Schottky-Dioden sind aber hervorragende Varistoren in
Hochfrequenz-Mischerstufen, weil sie sehr kleine Kapazitäten haben.
In Techniken, in denen p-n-Übergänge oder Isolieroxide nicht oder nur schwer herstellbar sind,
werden sie auch an den Gate-Anschlüssen von Transistoren verwendet (z. B. in GaAs). Sie stellen
dort die einzige technologisch relativ "billige" Variante der Sperrschichten dar, auch die kleine
Eingangskapazität ist für Hochfrequenz-Anwendungen günstig.
3.2.8 Ersatzschaltbilder von Dioden
Für die Berechnung von Schaltungen benötigt man Modelle von Dioden, die das Verhalten in der
Schaltung möglichst genau wiedergeben.
Wir haben schon gelernt, dass die Diode selbst sowohl Eigenschaften eines Widerstandes als auch
eine Kapazität hat.
Schon für alle passiven Bauelemente der Elektronik gilt, dass sie selten ein „lupenreines“ Verhalten
haben.
„Widerstände“ haben in der Regel nicht nur die Eigenschaft des elektrischen Widerstandes, sondern
verhalten sich auch wie Spulen.
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Widerstand
R
L
C
L
Kondensator
R
L
Spule
R
C
Abb. 3.10: Ersatzschaltungen passiver Bauelemente
Schon die Anschlussdrähte realer Bauelemente haben stets induktive Eigenschaften, die sich bei
höheren Frequenzen bemerkbar machen. Bestimmte Typen von Kondensatoren, insbesondere
sogenannte Elektrolyt-Kondensatoren, wirken darüber hinaus schon bei Frequenzen um 10 MHz als
Induktivitäten. Spulen weisen immer einen Widerstand der Draht-Windungen auf, darüber hinaus
aber auch sogar Kapazitäten wischen den Drähten der einzelnen Windungen.
Will man ein einigermaßen vollständiges Ersatzschaltbild einer Diode angeben, so wird dieses neben
der „idealen“ Diode mehrere parasitäre Elemente unterhalten.
UD
I D,BR
IDD
C
DD
C
S
IDR
RB
Abb. 3.11: Ersatzschaltbild einer realen Diode
Im Ersatzschaltbild ist UD die Diffusionsspannung, IDD der Diffusionsstrom, IDR der
Rekombinationsstrom, IDBR der Durchbruchstrom. RB ist der Bahnwiderstand der Diode, Cs steht für
die Sperrschicht-Kapazität, CDD für die Diffusions-Kapazität.
Für spezielle Anwendungen und Bauformen wird man dieses Modell noch erweitern müssen oder
auch vereinfachen können. Für die elektrische Simulation mittels eines Programms wie SPICE oder
PSPICE werden zur Modellierung bis zu 14 Parameter benötigt, die z. B. auch das dynamische
Verhalten und die Temperatur-Abhängigkeit beschreiben.
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Meistens kann man dort, wo mit Spannungen von nur bis ca. 100 mV gearbeitet wird, die nichtlinearen Eigenschaften in erster Näherung vernachlässigen und sogenannte „lineare“ Ersatzschaltungen angeben.
HF- Ersatzschaltbild
NF- Ersatzschaltbild
RB
rD
RB
LG
CD
CG
rD
CD
Abb. 3.12: Niederfrequenz- und Hochfrequenz-Kleinsignalersatzschaltbild einer Diode
Das Kleinsignal-Ersatzschaltbild enthält neben dem Bahnwiderstand den eigentlichen (variablen)
Dioden-Widerstand rD und eine Dioden-Kapazität. Das Hochfrequenz-Ersatzschaltbild berücksichtigt außerdem noch die Anschlussdrähte der Zuleitungen als Induktivität und eine GehäuseKapazität zwischen den Anschlüssen.
Ersatzschaltbilder dieser Art gelten zunächst nur für Dioden, die sich wie passive Zweipole verhalten.
In der Hochfrequenztechnik werden aber Dioden-Bauelement ganz anderer Art verwendet, die
selbständig Schwingungen erzeugen oder verstärken können. Dazu gehören Gunn-Effekt-Dioden,
außerdem sogenannte Impatt- oder Trapatt-Dioden. Mit aktiven Oszillatoren für MikrowellenSchaltungen wird sich eine andere Vorlesung beschäftigen.
3.2.9 Vierschicht-Dioden und Thyristoren
Eine normale p-n-Diode hat nur zwei Zonen. Für bestimmte Anwendungen hat es sich aber als
sinnvoll erwiesen, mit Vierschicht-Dioden zu arbeiten. Im Ruhezustand sperrt dann eine solche
Diode in beiden Richtungen, allerdings in einer Richtung mit 2 p-n-Übergängen, in der anderen
Richtung nur mit einem.
P
n
p
n
Zünd-Elektrode
-
Flußrichtung +
+ Sperrichtung -
Abb. 3.13:Vierschicht-Diode (Thyristor)
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Wird man nun über eine zusätzliche Diode an geeigneter Stelle Landungsträger injizieren, also z. B.
eine Menge von Elektronen in ein p-Gebiet, so kann dadurch ein gezielter Durchbruch eines p-nÜbergangs erzeugt werden. Man sagt, der Thyristor zündet.
I
Durchlaßbereich
Sperrbereich
nach Zündung
U
ohne Zündung
Durchbruch
Abb. 3.14: Thyristor-Kennlinie
Mittels solcher Thyristoren kann man nun gesteuerte Gleichrichter bauen:
Dabei lässt der Gleichrichter, hier oft auch als Stromrichter bezeichnet, in Flussrichtung nur weniger
als eine Halbwelle des Wechselstroms passieren. Man sagt, die Phase wird „angeschnitten“.
Je nachdem, wann während einer Halbwelle der Thyristor gezündet wird, ergibt sich am Ausgang der
Schaltung eine pulsierende Gleichspannung unterschiedlicher Höhe. Man hat damit eine einfache
Möglichkeit zur Leistungssteuerung. Der Strom durch den Thyristor wird üblicherweise erst dadurch
„gelöscht“, dass die anliegende Wechselspannung ihre Richtung ändert.
Neuerdings gibt es aber auch Tyristoren, die auch über die Steuer-Elektrode eine Abschaltung zu
beliebigen Zeiten erlauben. Diese „gate-turnoff-Transistoren“ gehören zu den beliebtesten
Bauelementen der Leistungselektronik.
Mittels zweier antiparallel geschalteter Thyristoren kann man auch Wechselströme steuern.
Ein solches Bauelement findet sich als „Triac“ in fast allen „Dimmern“ zur Steuerung von LichtAnlagen.
3.3
Der bipolare Transistor
3.3.1 Grundlagen
Um die Funktionsweise eines bipolaren Transistors verstehen zu können, ist eine etwas eingehendere
Betrachtung der p-n-Diode notwendig.
n
p
Sperrschicht
Konzentration
n0
n (x)
p0
p (x)
lp
ln
12
x
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Abb. 3.15: Ladungsträger-Konzentration im p-n-Übergang
Abb. 3.15 zeigt den Verlauf der Ladungsträger-Konzentration im Halbleiter.
Zunächst dehnt sich die Sperrschicht proportional stärker in den niedriger dotierten Teil des
Halbleiters hinein aus, hier sei eine überwiegende n-Dotierung angenommen. Die Konzentration der
Ladungsträger, die im ungestörten dotierten Halbleiter die Werte n0 bzw. p0 hat, fällt in der
Sperrschicht und darüber hinaus im jeweils "anderen" Halbleiter stark ab. Wenn man nun eine solche
Diode in Flussrichtung betreibt, so wird trotzdem insbesondere vom "überwiegenden" Typ
Ladungsträger eine immer noch beträchtliche Menge von Ladungsträgern in den jeweils anderen Teil
des Halbleiters "injiziert" und rekombiniert erst dort nach einer mittleren Laufstrecke Lp bzw. Ln mit
den Majoritätsträgern des jeweils anderen Bereichs. Für die Länge dieser Laufstrecke ist gerade die
mittlere Lebensdauer der Ladungsträger vor der Rekombination von erheblicher Bedeutung.
Die Anzahl der hier z. B. in den p-Bereich injizierten Elektronen ist natürlich stark vom Wert der
steuernden Spannung abhängig.
Wir betrachten nun einen p-n-Übergang in Sperrichtung.
p
n
Sperrschicht
Abb. 3.16: P-N-Übergang in Sperr-Richtung
Der Sperreffekt bewirkt, dass keine Majoritätsträger (Elektronen im n-Bereich und Löcher im pBereich) durch die Sperrschicht gelangen können.
Sollten dagegen Elektronen, also Minoritätsträger, im p-Bereich vorhanden sein, so werden diese
abgesaugt und gelangen durch die Sperrschicht in den anderen Bereich. In unserem Beispiel würden
also Elektronen, die im p-Bereich nicht rekombiniert sind, durch die Sperrschicht in den n-Bereich
und zu dessen Anschluss gelangen.
3.3.2 Aufbau des bipolaren Transistors
Ein bipolarer Transistor entsteht dann, wenn man zwei p-n-Übergänge entsprechend kombiniert:
n
E
E-B-Sperrschicht
p
n
B
C
B--C-Sperrschicht
Abb. 3.17: Schematischer Aufbau eines bipolaren Transistors
Der erste, in Abb. 3.17 linke p-n-Übergang ist in Durchlassrichtung gepolt, der rechte in
Sperrichtung. Außerdem liegen beide Übergänge so nahe beieinander, dass von den von der linken nZone, "Emitter" genannt, in die mittlere p-Zone, Basis genannt, injizierten Elektronen ein großer Teil
die rechte Sperrschicht erreicht, ohne vorher zu rekombinieren (Abb. 3. 15). Diese Elektronen
werden als Minoritätsträger durch die rechte Sperrschicht gesaugt und erreichen die rechte n-Zone,
auch "Kollektor" genannt. Wenn nun auch noch der Emitter eine hoch dotierte Zone darstellt, die
Basis nur 1/10 so stark dotiert ist und der Kollektor nochmals etwa um den Faktor 10 geringer, dann
weist der Transistor eine hohe Stromverstärkung auf:
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Mit einem kleinen Strom zwischen Emitter und Basis (Ib), das sind gerade die Elektronen, die in der
Basis rekombinieren, wird die passende Vorspannung zwischen Emitter und Basis eingestellt. Damit
kann ein viel stärkerer Strom zwischen Emitter und Kollektor gesteuert werden. Das Bauelement
arbeitet also potentiell als Strom-Verstärker.
Ie
Emitter
Basis
n
E
Ic
Kollektor
p
n
B
C
E-B-Sperrschicht B--C-Sperrschicht
Ib
-
+
-
+
Rce
Rbe
Abb. 3.18a: Bipolarer Transistor mit Strömen und äußerer Beschaltung
Überlagert man dem Strom Ib, der den p-n-Übergang in Flussrichtung hält, einen schwachen
Wechselstrom, so wird auch dieser erheblich verstärkt und erzeugt entsprechend viel stärkere
Änderungen des Stromes zwischen Emitter und Kollektor. Stromverstärkungen von ca. 100 sind
üblich, Werte bis zu 1000 sind möglich. Mit einem Widerstand Rc im Kollektorkreis lässt sich dort
auch eine entsprechend „verstärkte“ Spannung abgreifen.
Im Transistor dieser Art kommen sowohl Elektronen als auch Löcher als Ladungsträger vor, auch
wenn nur eine Art die dominierende Rolle spielt.
n
E
n (x)
E-B-Sperrschicht
p
n
B
C
B--C-Sperrschicht
n=Nd
Nd
np0
Abb. 3.18b: Verlauf der Ladungsträger-Konzentration im bipolaren Transistor
Im nach seiner Schichtfolge genannten npn-Transistor sind die Elektronen dominierend, im pnpTransistor die Löcher.
npn-Transistor
pnp-Transistor
Abb. 3.19: Schaltzeichen des bipolaren Transistors
14
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00
Da im Silizium die Beweglichkeit der Elektronen etwa dreifach höher ist als die der Löcher, werden
in der Praxis npn-Transistoren bevorzugt. In bipolaren digitalen integrierten Schaltungen kommen sie
fast ausschließlich vor. bei nicht zu hohen Frequenzen kann man allerdings auch komplementäre
Schaltungen bauen, bei denen npn- und pnp-Transistoren ein „spiegelverkehrtes“ Verhalten zeigen.
In Niederfrequenz-Leistungsverstärkern hat man das oft ausgenutzt.
3.3.3 Eigenschaften des bipolaren Transistors
Der bipolare Transistor ist ein ausgezeichneter Verstärker und dieser Beziehung bei gleicher
Strukturgröße und gleichem Strom dem MOS-Transistor, dem derzeitigen "Arbeitspferd" der
Mikroelektronik, überlegen. Er erreicht bei gleichen Strukturgrößen auch höhere Grenzfrequenzen.
Bipolare Transistoren mit bis zu 20 GHz Grenzfrequenz existieren heute als „diskrete“
Hochfrequenz-Bauelemente.
Die Eingangs-Kennlinie eines bipolaren Transistors bezeichnet die Abhängigkeit des
Eingangsstromes von der Eingangsspannung. Wenn das Eingangssignal an der Basis-Emitter-Diode
anliegt (was häufig der Fall ist), dann ist (vereinfachend) die Kennlinie der Basis-Emitter-Diode auch
die des Transistors. Und diese Kennlinie verläuft exponentiell !
IE
U CB steigt
IC=0
U BE
Abb. 3.20: Eingangs- / Ausgangs-Kennlinie des bipolaren Transistors
Tatsächlich ist die Strom-Spannungs-Abhängigkeit des Transistor-Eingangs etwas unterschiedlich
von der zwischen Eingangsspannung und Ausgangsstrom. Zunächst ist natürlich der Ausgangsstrom
am Emitter gegenüber dem Basis-Strom um den Stromverstärkunngsfaktor B höher.
Dieser Faktor selbst ist allerdings keine Konstante. Mit zunehmender Spannung Ucb wird nämlich
die Ausdehnung der Kollektor-Basis-Diode in den Basis-Bereich hinein größer. Eine dünnere Basis
bewirkt aber auch, dass weniger Elektronen aus dem Emitter vor Erreichen der B-C-Sperrschicht
rekombinieren. Damit steigt wieder die Stromverstärkung an, was sich in einer Verschiebung der
Kennlinie nach links äußert. Derselbe Effekt zeigt sich bei Erwärmung des Transistors:
Auch dann verschiebt sich die Kennlinie hin zu höheren Strömen. Eine thermisch hoch belastete
bipolare Schaltung wird sich deshalb nur noch so verhalten, dass sich der Strom nochmals an den
ohnehin schon heißesten Stellen konzentriert. Dieser Effekt führt zur Zerstörung, wenn man die
Schaltung nicht durch Gegenkopplung stabilisiert.
Man kann bei bipolaren Transistoren auch mit kleinen Spannungs-Hüben schon gute Verstärkungen
erreichen. Manche digitalen Bipolar-Schaltungen hatten intern Pegel-Unterschiede zwischen „high“
und „low“ von nur ca. 0,5 V und funktionierten damit einwandfrei.
Andererseits verhält sich ein solches Bauelement hochgradig nicht-linear: Will man mit Transistoren
größere Signale „proportional“ linear verstärken, so geht das nur mit speziellen Trick-Schaltungen.
15
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00
Eine wesentliche Eigenschaft des bipolaren Transistors kann man ihm "direkt ansehen". Er benötigt
stets einen Eingangsstrom, um zu funktionieren. Eine Signalsteuerung ohne Bereitstellung eines
Eingangsstromes funktioniert nicht, man hat also keine "leistungslose" Steuerung. Die Elektriker
sagen, dass der bipolare Transistor eine "stromgesteuerte Stromquelle" ist.
Für manche Anwendungen, insbesondere dort, wo Transistoren als Schalter eingesetzt werden, ist
dies ein Nachteil.
Dies ist ein Grund, weshalb die bis in die 80er Jahre auch bei integrierten Schaltungen leistungsmäßig
dominierenden bipolaren Schaltkreise (die vor allem in Großrechnern verwendet wurden), an
Bedeutung verloren haben.
Sie werden aber auch heute noch in sogenannten "Bi-CMOS-Technologien" mit den heute
vorherrschenden CMOS- Schaltungen verwendet. Der bipolare Transistor kann nämlich viel besser
als ein MOS-Transistor den für längere Leitungen notwendigen Eingangsstrom bereitstellen.
Den weiteren prinzipiellen Nachteil bipolarer Schaltungen zeigt der Blick auf eine reale
Transistorstruktur, wie sie in bipolaren integrierten Schaltungen verwendet wurde.
Emitter
p+
Basis
Kollektor
n++
n+
Basis
Isolator
nburried layer n++
(vergrabene Schicht)
Abb. 3.21: Aufbau eines integrierten bipolaren Transistors
Zunächst einmal ist der Aufbau nicht gerade einfach, verglichen z. B. mit einem MOS-Transistor.
Insbesondere der Kollektor ist ein Sorgenkind. Er muss zwecks guter Stromverstärkung zwar niedrig
dotiert sein, niedrig dotierte Zonen im Halbleiter sind aber auch nur schlecht leitend, deshalb
bewirken sie "langsame" Bauelemente. Hier hilft man sich damit, dass für den Stromtransport
zwischen Basis und Kollektor-Anschluss zusätzlich eine gut leitende sogenannte "vergrabene
Schicht" eingebaut wird.
Viel wichtiger ist aber, dass jeder bipolare Transistor durch spezielle Isolationsschichten zu den
Seiten hin (im Schnitt) bzw. rundum (in der Fläche) isoliert werden muss. Solche Isolatoren kosten
Platz. Der integrierte MOS-Transistor, die große Konkurrent, isoliert sich automatisch selbst und
benötigt deshalb viel weniger Platz.
Dies und der Stromverbrauch haben dazu geführt, dass bipolare Bauelemente in der Digitaltechnik
heute eher ein Schattendasein führen.
Es gibt noch einen weiteren Grund. Der bipolare Transistor ist in seiner Funktion viel komplizierter
als MOS-Transistoren, wie wir noch sehen werden. Auch für die Simulation integrierter Schaltkreise
benötigt er ein wesentlich komplexeres Modell als ein MOS-Transistor mit mehr Parametern. Im
Gegensatz zum MOS-Transistor hat nämlich der Ausgangskreis einer bipolaren Verstärkerstufe
(meistens geschaltet zwischen Kollektor und Emitter) eine erhebliche Rückwirkung auf den
Eingangskreis (zwischen Basis und Emitter). Er macht also mehr Aufwand auch für die Simulation
komplexer Netzwerke.
3.3.4 Arbeitspunkt und Kleinsignalbetrieb
In allen herkömmlichen Lehrbüchern der Elektronik wird der Transistor als aktives Verstärkerelement ausführlich beschrieben.
Unter der Voraussetzung, dass ein bipolarer Transistor bei nahezu festen Werten für die anliegende
Spannung und den durch Basis, Kollektor und Emitter fließenden Strom betrieben wird, spricht man
16
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00
vom „Kleinsignalbetrieb“. Dioden und Transistoren sind dank exponentieller Kennlinien (siehe
Dioden-Eingangskennlinie) stark nicht-lineare Bauelemente. Nur für den sogenannten
Kleinsignalbetrieb kann man in guter Näherung eine Linearisierung durchführen.
Die bedeutet dann, dass die Höhe eines Signals am Ein- und / oder Ausgang maximal nur ca. 5% der
Betriebsspannung betragen darf, also z. B. nur 50 mV bei 10 V Betriebsspannung. Dann und nur
dann besteht ein Transistor-Modell näherungsweise aus Widerständen, Kondensatoren und
gesteuerten Stromquellen.
Den Kleinsignalbetrieb zeigt Abb. 3.22.
Ic
Vcc
Rc
R1
Ausgangs-Kennlinienfeld
Arbeitsgerade
C
in
out
Ib
B
Arbeitspunkt
E
Re
R2
GND
Uce
Abb. 3.22: Bipolarer Transistor im Kleinsignalbetrieb
Die Beschaltung wird zunächst zur Einstellung des Arbeitspunktes benötigt:
Für die Einstellung der Vorspannung zwischen Basis und Emitter, welche die Emitter-Basis-Diode
„schwach leitend“ hält, wird der Spannungsteiler R1 - R2 benötigt. Für einen Silizium-Transistor stellt
man hier ca. 0,65 V ein. Der Spannungsteiler wird außerdem meistens so gewählt, dass der
Querstrom durch R1 und R2 etwa 10-fach höher ist als der Basis-Strom. Der Basis-Strom ergibt sich
wieder aus: IB = IC / B, wobei IC der eingestellte Kollektor-Strom für den Arbeitspunkt ist,
B = IC / IB ist die Stromverstärkung des Transistors. Damit fließt nun durch R1 ein Strom von 11 IB,
durch R2 fließt 10 IB.
Strom und Spannung zwischen Kollektor und Emitter werden mit den Widerständen Rc und Re
eingestellt. Der vorgegebene Arbeitspunkt des Transistors sei z. B. Uce = 5V, IC = 2 mA. Eigentlich
gilt: IE = IC + IB, aber da der Basis-Strom um den Betrag der Stromverstärkung geringer als der
Kollektorstrom ist, kann man in guter Näherung IC und IE dem Betrag nach gleich setzen.
(Transistor-Ströme werden übrigens typischerweise der Richtung nach positiv gerechnet, wenn sie in
den Transistor hineinfließen. Deshalb gilt näherungsweise IC = - IE).
Wenn dann die Versorgungsspannung Vcc = 10 V gewählt wird, so ergibt sich: Ic* (Rc + Re) = Vcc
Rc + Re = 5 kOhm
Der Widerstand Re soll im Normalfall einen Spannungsabfall von 1 V erzeugen (Faustregel). Wenn
nun durch thermische Effekte die Stromverstärkung B ansteigt, so erhöht sich auch der Kollektorund der Emitter-Strom. Hat man aber nun über einen Spannungsteiler R1, R2 die Basis-Spannung
fest eingestellt, so erniedrigt sich mit steigendem Spannungsabfall an Re die Spannung UBE, also wird
die Verstärkung wieder reduziert und die Schaltung bleibt stabil.
Mit dieser Dimensionierung haben wir nun den Transistor nur mit den für den Betrieb passenden
Gleichströmen und -spannungen beaufschlagt. Wie wir ein zu verstärkendes Signal anlegen und
abgreifen, ist eine andere Frage.
Zunächst kann man für das Signalverhalten 3 Grundschaltungen des Transistors unterscheiden, die
Emitter-, die Basis-, und die Kollektor-Grundschaltung.
17
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00
Emitter-Schaltung
Basis-Schaltung
E
signal
in
B
C
signal
out
B
Spann.-Verstärkg.
niedrig (100 Ohm)
Em.-Sch.
Koll.-Sch.
mittel (5 kOhm)
mittel (5 kOhm)
mittel (5 kOhm)
niedrig (100 Ohm)
niedrig ( < 1)
hoch (200)
hoch (200)
hoch (100)
hoch (200)
niedrig (<1)
Leistgs-Verstärkg.
mittel
hoch
Impedanzwandler
Anwendung
C
GND
Basis-Schaltg.
hoch (10 kOhm)
Strom-Verstärkg.
out
in
E
GND
Eigenschaften
Ausg.-Widerstand
C
out
in
GND
Eingangs-Widerstd.
Kollektor-Schaltung
E
B
mittel
Verstärker
Impedanzwandler
Abb. 3.23: Transistor-Grundschaltungen für Kleinsignal-Verstärker
Der Name der jeweiligen Grundschaltung beschreibt, welchen Pol des Transistors man bezüglich der
Eingangs- und Ausgangssignale mit der Masse verbindet. Das jeweilige Wechselspannungs-Signal
wird den Gleichspannungen- und Strömen am Ein- bzw. Ausgang überlagert, z. B. dadurch, dass
man es über Kondensatoren ein- und auskoppelt. (das gilt, wie wir später noch sehen werden, nur in
diskret aufgebauten Schaltungen, aber nicht auf monolithisch integrierten ICs).
Vcc
Rc
R1
Iq
in
Ib
B
out
Ic
C
E
Ck
Ck
U be
R2
Re
Ce
GND
Abb. 3.24: Transistorverstärker in Emitterschaltung mit kapazitiver Ein- und Auskopplung
der Signale und kapazitivem Kurzschluss des Emitter-Widerstandes
Mittels eines großen Kondensators parallel zu Re kann man erreichen, dass die Gegenkopplung
näherungsweise nur für Gleichspannungen wirksam ist, aber z. B. nicht mehr den zu verstärkenden
Tonfrequenz-Bereich (ca. 20 Hz bis 20 kHz) betrifft.
Die oben gezeigte Dimensionierung betrifft nur das Einstellen des Arbeitspunktes, also des
Gleichspannungs-Verhaltens des Transistors. Dazu könnte man auch ein GleichspannungsErsatzschaltbild angeben: Kapazitäten werden als Leerläufe betrachtet, der Transistor-Eingang ist
eine Diode, der Strom zwischen Kollektor und Emitter wird durch eine vom Basis-Strom gesteuerte
Stromquelle bestimmt. Man kann aber daraus noch nicht ermitteln, wie hoch z. B. die Verstärkung
der Stufe sein wird. Zu dieser Berechnung benötigt man ein passendes Kleinsignal-Ersatzschaltbild
des Transistors.
18
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00
I in
h11
1 / h22
h21IIin
Abb. 3.25: Kleinsignal-Ersatzschaltbild des bipolaren Transistors mit h-Parametern für
niedrige Frequenzen
Im einfachsten Fall (bis maximal ca. 10 KHz) kann man sogar ohne Berücksichtigung der TransistorKapazitäten auskommen. Dann wird der Transistor charakterisiert durch einen Eingangswiderstand
(h11), eine gesteuerte Stromquelle mit der Stromverstärkung h21 und einen Ausgangs-Leitwert h22.
Meistens hängt man diesen Parametern jeweils noch einen Index e, b, oder c an, da diese Parameter
für die Emitter-, Basis-, und Kollektorschaltung jeweils unterschiedliche Werte haben.
Für Frequenzen über einigen kHz wird eine komplexere Ersatzschaltung benötigt, welche auch die
wichtigsten Kapazitäten des Transistors selbst berücksichtigt. Die Kapazitäten und Widerstände im
Wechselstrom-Ersatzschaltbild werden jeweils mit kleinen Buchstaben bezeichnet, große Buchstaben
gelten für Gleichspannung.
c
b
r bb’
b’
g
e
b’c
b’e
c
g ce
c b’e
GND
S21 u
b’e
c ce
e
Abb. 3.26: Transistor-Ersatzschaltung für höhere Frequenzen nach Giacoletto
(Emitterschaltung)
In der häufig verwendeten Giacoletto-Ersatzschaltung, die bis ca. 100 MHz brauchbar ist, findet
man:
-
den Basis-Bahnwiderstand rbb zwischen der äußeren Basis b und der inneren Basis b‘
den Eingangsleitwert g b’e und die Eingangskapazität c b‘e
die Rückwirkungskapazität c b’c zwischen Eingang und Ausgang
die Vorwärts-Steilheit S, oft auch mit gm bezeichnet
den Ausgangsleitwert gce
die Ausgangskapazität cce.
Auch hier wird man jeweils einen unterschiedlichen Parameter-Satz für Basis-, Emitter-, und
Kollektor-Schaltung angeben müssen.
Ein solcher Parameter-Satz gilt stets nur für einen bestimmten Arbeitspunkt (also z. B. Ic = 2 mA,
UCE = 5 V). Die Steilheit S ist das Maß für die Verstärkung der Schaltung. Sie ist direkt proportional
zum Transistor-Strom: S = IC / Ut. Dabei ist Ut die sogenannte Temperatur-Spannung q/kT mit Q als
Elementarladung, k als Boltzmann-Konstante und T als Temperatur in Kelvin. Für
Zimmertemperatur beträgt die Temperaturspannung 26 mV.
19
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00
Die Verstärkerstufe insgesamt wird dann durch die Kombination der Ersatzschaltung mit den
Elementen für die Arbeitspunkt-Einstellung beschrieben. Dabei lässt man die recht großen
Kondensatoren für die Kopplung oft als Kurzschlusse gelten, auch den Kondensator parallel zum
Emitter-Widerstand. Weiterhin wird angenommen, dass über die Spannungsversorgung auch die Vcc
(Betriebsspannung) und Masse-Leitung kurzgeschlossen sind.
Dann stellt sich die erweiterte Ersatzschaltung für die ganze Stufe für mittlere Frequenzen wie folgt
dar:
c
b
R1
r
b’
bb’
R2
b’c
g
c
g
b’e
ce
c
c b’e
e
GND
S21 u
ce
RC
e
b’e
Abb 3.27: Kleinsignal-Ersatzschaltung einer Transistor-Verstärkerstufe (Abb. 3.24) für
mittlere Frequenzen
Anhand dieser Schaltungsbeschreibung kann man nun das Verhalten der Stufe wie Verstärkung.
Frequenzgang, Ein- und Ausgangswiderstand recht gut berechnen. Bei sehr hohen Frequenzen spielt
der Basis-Bahnwiderstand eine entscheidende Rolle für die tatsächliche obere Grenzfrequenz der
Schaltung. Aber auch die Bahnwiderstände im Kollektor-Bereich sind nicht mehr zu vernachlässigen.
Damit ist dann auch das Giacoletto-Ersatzschaltbild nicht mehr ausreichend.
Für den praktischen Schaltungsentwurf wird man jeweils einen brauchbaren Schaltkreis-Simulator
benötigen, der dann mit dem jeweils benötigten Transistor-Modell ausgestattet wird. So kann man
z. B. in SPICE wahlweise mehrere alternative Modelle für bipolare oder MOS-Transistoren
verwenden, aber zur Not auch noch eigene erfinden.
3.3.5 Großsignalbetrieb
Für die Simulation gilt die Kleinsignal-Näherung dann sicher nicht, wenn der Transistor als Schalter
im on/off-Betrieb gefahren wird, also über den gesamten möglichen Bereich von Strömen und
Spannungen betrieben wird. Generell ist dies in der Digitaltechnik der Fall. Dort werden Transistoren
durchaus auch in ungewöhnlichen Betriebszuständen betrieben. Dies kann zum Beispiel der Zustand
der Sättigung sein (Ube > Uce, beide p-n-Übergänge leitend), in dem der Transistor sehr
niederohmig wird, aber auch eine größere Menge von Ladung speichert.
Arbeitsmodus des
Transistors
Ic
"Sättigung"
Ausgangs-Kennlinienfeld
BE-Diode
CB-Diode
gesp.
leitend
gesp.
inaktiv
normal
aktiv
leitend
invers
aktiv
Sättigung
Ib
Lastkennlinie
Uce
Inversbetrieb
Abb. 3.28: Bipolarer Transistor im Großsignalbetrieb
20
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00
In manchen Schaltungen wird der Sättigungsbetrieb sogar absichtlich verwendet, weil dann der
Transistor, als leitender (geschlossener) Schalter betrieben, besonders niederohmig ist. Es gibt sogar
den invers-aktiven Betrieb, bei dem die Basis-Kollektor-Diode leitend ist, dagegen sperrt die BasisEmitter-Diode. Dann kann man natürlich keine hohe Verstärkungen erwarten.
Für einen Großsignal-Betrieb wird natürlich ein relativ aufwendiges Großsignal-Modell des bipolaren
Transistors benötigt.
Ein einfaches Großsignal-Ersatzschaltbild ist das von Ebers und Moll.
E
C
αF I E
I EB0
B
αRIC
I CB0
Abb. 3.29: Ebers-Moll-Ersatzschaltung für den bipolaren Transistor im Grossignal-Betrieb
bei niedrigen Frequenzen
Es beschreibt in seiner einfachsten Form den bipolaren Transistor bei niedrigen Frequenzen und
Signalen, die nicht mehr als „klein“ gelten können, sondern den Arbeitspunkt merkbar verschieben.
C CE
E
αF IE
I EB0
C EB
α R IC
C
C CB
B
I CB0
Abb. 3.30: Erweitertes Ebers-Moll-Ersatzschaltbild für den bipolaren Transistor im
Großsignal-Betrieb bei höheren Frequenzen
Praktisch ist es fast nicht möglich, „von Hand“ mit solchen Ersatzschaltungen zu rechnen, da sich
Differentialgleichungen mit exponentiellen Termen ergeben.
Aber auch und gerade numerische Rechenverfahren verwenden spezielle Modelle für die
Schaltungsberechnung.
Die bisher betrachteten Modelle sind insgesamt noch unzureichend, um das Verhalten eines realen
Transistors z. B. bei großen Signalen und hohen Frequenzen zu beschreiben.
Wichtige und kritische Einfluss-Größen sind:
-
Leckströme
Widerstände der Diffusionszonen im Transistor
Kapazitäten durch Ladungsspeicherung in Sperrschichten (Diffusionskapazitäten)
Schwankung der effektiven Basis-Weite durch Änderungen der Sperrschicht-Breiten (EarlyEffekt)
Hochstrom-Effekte: Bei hohen Stromdichten verhält sich die E-B-Diode anders als im
Normalfall, es tritt sogenannte „starke Injektion“ auf.
Bahnwiderstände.
21
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00
Transistor-Modelle, welche solche Effekte einschließen, sind seit Jahrzehnten Gegenstand der
Forschung. In allen fortschrittlichen Modellen für den bipolaren Transistor geht man von sogenannter
„Ladungssteuerung“ aus. Der Stromfluss ist dort im wesentlichen abhängig von der in der Basis
gespeicherten Ladung.
C
C S,S
RC
C‘
B
C S,Ce
C
RB
B‘
C
S,Ci
S,E
C
S
I D,S
D,N
I B,C
I B,I
I B,E
I B,N
IT
C D,N
E‘
RE
E
Abb. 3.31: Gummel-Poon-Modell eines npn-Transistors
Das bekannteste Modell dieser ist das Gummel-Poon-Modell der Ladungssteuerung, für das bis zu
mehr als 30 Parameter aus der Technologie notwendig sind. Es enthält sowohl die wichtigen
Bahnwiderstände (an allen Anschluss-Klemmen) als auch insgesamt 4 Dioden-Zweige zur
Berücksichtigung der normalen Transistor-Ströme und der Leckströme. Zusätzlich wird als
tatsächlich bei integrierten Transistoren auftretender vierter Anschluss das Grundsubstrat (S)
berücksichtigt. Für die Beschreibung des Transistors nach dem Gummel-Poon-Modell werden im
üblichen Modell für den Simulator SPICE 35 Kenngrößen aus der Technologie berücksichtigt.
Dabei sind:
I B,N
I B,I
I B,E
I B,C
IT
I D,S
RB
RC
RE
CS,E
C S,Ci
C Sce
C S,S
C D,N
C D,J
der ideale Basis-Strom der Emitter-Diode
der ideale Kollektor-Strom der Kollektor-Diode
der Basis-Leckstrom der Emitter-Diode
der Basis-Leckstrom der Kollektor-Diode
der Kollektor-Emitter-Transportstrom
der Strom der Substrat-Diode
der Basis-Bahnwiderstand
der Kollektor-Bahnwiderstand
der Emitter-Bahnwiderstand
die Sperrschicht-Kapazität der Emitter-Diode
die interne Sperrschicht-Kapazität der Kollektor-Diode
die externe Sperrschicht-Kapazität der Kollektor-Diode
die Sperrschicht-Kapazität der Substrat-Diode
die Diffusionskapazität der Emitter-Diode
die Diffusionskapazität der Kollektor-Diode
Für einen elektrischen Simulator wie PSPICE wird meistens ein nochmals erweitertes GummelPoon-Modell angegeben. Dabei ist es möglich, auch Parameter auszulassen.
22
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00
Dann verwendet das Programm bei einigen Parametern Standard-Werte, bei anderen werden die
nicht definierten Parameter zu 0 oder zu „unendlich“ gesetzt und verlieren ihre jeweilige Wirkung.
Transistoren werden in analogen Schaltungen, z. B. in Audio-Verstärkern, manchmal im sogenannten
„linearen Großsignal-Betrieb“ gefahren. Das hört sich wie ein Widerspruch „in sich“ an und erfordert
dann spezielle Schaltungstechniken.
In der Digitaltechnik geht man stets von einem hochgradig nicht-linearen Großsignal-Betrieb aus.
Dort unterscheidet man noch zwei Arten von Logik-Schaltungen:
Bipolare Logiken, bei denen die Transistoren in den Bereich der Sättigung gefahren werden, nennt
man "gesättigte Logiken" im Gegensatz zu "ungesättigten Logiken", wo dieser Zustand gezielt
vermieden wird.
Bipolare Logiken sind heute vorwiegend von historischem Interesse. In hochintegrierten Schaltungen
herrscht MOS eindeutig vor. Allerdings werden in sogenannten BICMOS-Schaltungen bipolare
Transistoren als Leistungsverstärker in integrierter Form mit verwendet, um z. B. Ausgangsleitungen
eines Mikrochips oder größere interne Leitungsnetze zu treiben.
Für analoge Kleinsignal-Schaltungen kann es auch von erheblichem Interesse sein, in welchem Maße
ein Bauelement selbst Störsignale in Form des „elektronischen Rauschens“ erzeugt. Rauschen kennt
man vom Radio-Empfänger, der auf keinen Sender eingestellt ist. Rauscheigenschaften interessieren
den Entwerfer analoger Schaltungen sehr, in der Digitaltechnik hat man sie lange Zeit „vergessen“.
Abschließend ein Tip aus der Praxis:
Ein immerwährendes Problem ist aber das der Simulation mit falschen Modellen.
Wer als Informatiker oder Elektriker eine digitale Schaltung an der Transistorebene entwirft und zur
Validierung eine Simulation (z. B. mit SPICE) einsetzt, wird ohne die richtigen Simulationsmodelle
zwar hübsche Kurven als Ergebnis bekommen, die aber mit der Realität der Schaltung nicht zu tun
haben !
3.3.6 Charakteristische Daten des bipolaren Transistors
Bipolare Transistoren gibt es zunächst als „diskrete“ Einzel-Bauelemente in unterschiedlichen
Bauformen als Kleinsignal- oder als Leistungstransistoren, als Niederfrequenz- oder HochfrequenzTransistoren (jeweils für kleine Leistungen oder für große Leistungen) und als spezielle SchaltTransistoren.
Dazu werden sie noch mannifaltig in analogen oder digitalen integrierten Schaltungen eingesetzt.
Neben den Parametern für die Simulation, mit denen seine Eigenschaften beschrieben werden, gibt es
aber bestimmte statische und dynamische Kenndaten, die beim Entwurf einer Schaltung unbedingt zu
berücksichtigen sind.
Jeder bipolare Transistor hat Grenzwerte der zulässigen statischen Basis-Emitter- bzw. KollektorEmitter-Spannung UBE bzw. UCE, , die nicht überschritten werden dürfen. Es existiert auch ein
größter zulässiger Emitter-Strom IE, der nicht überschritten werden darf.
Die größte maximale Verlustleitung Pvmax ist fast immer wesentlich kleiner als das Produkt aus UCEmax
und IEmax. Ein weiterer typischer Parameter ist die sogenannte Kurzschluss-Stromverstärkung B.
Ein dynamischer Parameter ist die sogenannte 3-db-Grenzfrequenz: Das ist die Frequenz, bei der die
Spannungsverstärkung um den Betrag der Quadratwurzel von 2 gegenüber dem Wert bei niedrigen
Frequenzen abgefallen ist. Dagegen ist die sogenannte Transitfrequenz näherungsweise die Frequenz,
bei der die Spannungsverstärkung 1 wird.
3.4
Feldeffekt-Transistoren
23
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00
3.4.1 Grundlagen
Ganz zu Anfang dieser Vorlesung wurde berichtet, dass es bereits in den 30er Jahren erste
theoretische Arbeiten zu sogenannten Feldeffekt-Transistoren gegeben hat. Die grundlegende Idee
dazu konnte man sich von den Elektronenröhren ausleihen:
drain
RD
gate
+
Us
source
Abb. 3.32: Schema eines Feldeffekt-Transistors
Eine Signalquelle (Us) steuert über eine Steuerelektrode (gate) den Stromfluss durch eine Lastkreis.
Dieser Stärkere Strom fließt zwischen den Elektroden Source (Quelle) und Drain (Abfluss).
Idealerweise ist dazu, ganz im Gegensatz zum bipolaren Transistor, kein Eingangsstrom Gate-Drain
notwendig. Im Gegensatz zum ziemlich komplex aufgebauten und funktionierenden bipolaren
Transistor ist die Funktionsweise zunächst mal viel einfacher. Bei der Elektronenröhre kann man den
Strom dadurch steuern, dass man eine Gitter-Elektrode mehr oder weniger stark negativ auflädt. Das
elektrische Feld zwischen Gate und Source und nicht ein Steuerstrom sollen den Verstärkereffekt
bewirken, deshalb auch "Feldeffekt-Transistor" (abgekürzt FET). Im Prinzip kommt man bei einem
solchen Bauelement mit nur einer Sorte von Ladungsträgern aus, in den meisten Fällen werden das in
der Praxis Elektronen sein, obwohl auch FETs mit Löcher-Leitung eine Rolle spielen.
Der FET ist also ein unipolarer Transistor
Dass diese einfachen FETs nicht viel eher als die komplizierten bipolaren Transistoren technisch
gebaut wurden liegt daran, dass bei den meisten Bauformen der Stromfluss nahe an der Oberfläche
des Kristalls stattfindet, statt, wie beim bipolaren Transistoren, im Inneren. Halbleiter-Oberflächen
sind aber technologisch viel schwieriger zu beherrschen als ein homogenes Material.
Die aus den 60er Jahren stammenden ersten FETs hatten dann auch eine Leitung mehr im Inneren,
erst in den 70er Jahren wurden FETs mit Oberflächen-Leitung zur Serienreife entwickelt.
24
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FET
MESFET
IGATE-FET
J-FET
(Si)
Si-MOSFET
n-Kanal
GaAs-MODFET
p-Kanal
normal- normal- normalon
off
off
GaAs-IGATE-SI-MESFET
FET
normalon
GaAs-MESFET
normal- normalon
off
GaAs-FET-ICs
nMOS
CMOS
BICMOS
pMOS
bipolar
Abb. 3.33: Stammbaum der FETs und resultierende Schaltkreis-Technologien
Die unterschiedlichen Typen von FETs, die technische verwendet wurden und werden, unterscheiden
sich im wesentlichen bezüglich der Art der Steuerelektrode und der Art des Grundmaterials. Man
kann quasi einen "Stammbaum der FETs" angeben:
Die ersten in den 60er Jahren verfügbaren FETs waren aus Silizium und hatten p-n-Übergänge an der
Steuerelektronen.
Bei dieser Bauform ist der p-n-Übergang mehr oder weniger immer in Sperrichtung vorgespannt. Die
Steuerwirkung ergibt sich durch die mit der Sperrspannung zu- oder abnehmende Weite der
Sperrschicht, die sich weit in den Kristall hinein ausdehnt.
Der Nachteil dieser Bauform ist der begrenzte Bereich der Eingangsspannung. Wird der p-nÜbergang an der Steuerdiode leitend, so ist das Bauelement praktisch nicht mehr verwendbar. In ICs
haben solche FETs nie Anwendung gefunden, wohl aber als rauscharme Hochfrequenz-Verstärker.
Die zweite Bauform verwendet statt eines p-n-Übergangs einen Metall-Halbleiter-Übergang. Diese
Bauform wird oft auch als MESFET (Metall-Semiconductor-FET) bezeichnet. In Silizium-Technik
hat es Anwendungen als rauscharme Verstärker in Hochfrequenz-Schaltungen gegeben. Der
MESFET auf der Basis von Gallium-Arsenid ist dagegen das wichtigste Verstärkerbauelement der
Mikrowellentechnik, also für Frequenzen von über 1 GHz geworden. Man kann damit heute Signale
bis über 20 GHz verstärken. Kombiniert man den MESFET mit den "Tricks" der Hetero-Junctions,
so lassen sich sogenannte "modulationsdotierte FETs" (MODFETs) herstellen, die als
Einzelbauelemente bis über 100 GHz funktionieren.
GaAs-MESFETS sind aber auch die Grundlage von GaAs-IC-Technlogien, die in den 80er Jahren
entstanden. GaAs gegen Beeinflussung von außen störfester als Silizium und wurde deshalb von den
Militär-Elektronikern favorisiert.
Man kann mit einigen Tricks sowohl selbstleitende als auch selbstsperrende Transistoren bauen und
sogar integrieren, aber nur für einen kleinen Spannungsbereich (meistens weniger als 1 Volt). In
Vorwärtsrichtung werden Schottky-Übergänge bei ca. 0,2 V leitend, in Rückwärtsrichtung brechen
sie bei geringen Spannungen durch.
GaAS-Schaltkreise sind schnell, aber aufgrund des problematischen Materials (nicht bruchfest,
Komponenten sind giftig) auch schlecht zu handhaben und sehr teuer. Heute verwendet sie kaum
jemand außerhalb der Mikrowellentechnik.
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BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00
Die dritte Form des Gates ist das durch eine Isolierschicht gebildete Gate. Technisch kann man
Silizium-Dioxid (SiO2) oder Silizium-Nitrid (Si3N4) verwenden. Im ersten Fall spricht man vom
MOS-FET, dem zweifellos wichtigsten Bauelement der derzeitigen IC-Technologie. IG-FETs mit
Silizium-Nitrid sind auf GaAs-Basis versucht worden.
IG-FETs haben den großen Vorteil, dass, ausgenommen den Fall der Zerstörung durch hohe
Überspannungen, die Gates bei keiner Eingangsspannung leitend werden. Man kann sie auch deshalb
hervorragend in Digitalschaltungen einsetzen.
MOS-Transistoren sind als selbstleitende oder selbstsperrende Bauelemente und entweder mit pKanal oder n-Kanal fertigbar. Durch geschickte Kombination solcher Transistortypen hat man die
verschiedenen MOS-Technologien erhalten (p-Mos, n-MOS, CMOS). Durch die Kombination der
CMOS-Technik mit bipolaren Technologien ist in den 70er Jahren die BICMOS-Technologie
entwickelt worden.
3.4.2 Der MOS-Transistor
MOS-Transistoren können als p- oder n-Kanal-Bauelemente gefertigt werden.
gate
poly-silicon
gate
poly-silicon
n+ oxide n+
source
drain
p+
p+
oxide
source
drain
bulk (p-) silicon
bulk (n-) silicon
n-channel enhancement MOS
p-channel enhancement
transistor
transistor
Abb. 3.34: MOS-Transistoren in p- und n-Kanal-Version
Der n-Kanal-MOSFET wird auf der Basis eines schwach p-leitenden Grundsubstrats gefertigt. Wenn
das Grundsubstrat ("bulk") stets auf 0 V-Potential gehalten wird und die n-diffundierten Bereiche nie
negative Spannungen annehmen, so ist der aktive (n-dotierte) Bereich stets "automatisch" gegen das
Grundsubstrat durch einen p-n-Übergang isoliert. Die bei bipolaren Techniken notwendige
Trenndiffusion kann entfallen.
Beim p-Kanal-MOSFET muss dagegen der Bulk-Bereich auf Betriebsspannung (z. B. 5V) gelegt
werden, die p-dotierten Kanalbereiche sind auf negativerer Spannung. Damit ergibt sich auch hier
eine "Isolierung" durch einen p-n-Übergang.
Zur Erklärung der Funktion gehen wir zunächst von einem n-Kanal-Transistor aus, bei dem der
Raum unterhalb des Gates nicht n-diffundiert ist. Das Bauelement ist also bei einer (positiven)
Spannung des Drain-Anschlusses (rechts) gegenüber der Source (links) und einem auf null Volt
liegenden Gate-Anschluss selbstsperrend.
Man spricht dann von einem "Anreicherungstyp" (enhancement). Durch das Anlegen einer positiven
Spannung an das Gate werden nun negative Ladungsträger aus dem Bulk-Gebiet angezogen und
bilden einen leitenden sogenannten "Kanal" unter der Gate-Elektrode. Dieser Effekt bedingt ein sehr
dünnes Gate-Oxid (bis unter 0,1 Mikrometer bei heutigen Technologien), das entsprechend hohe
Anforderungen an die Qualität der IC-Fertigung stellt.
Nimmt man zunächst eine kleine Spannung Uds zwischen Source und Drain an, so wird der Kanal bei
einer sogenannten Schwellenspannung Uth leitend. Der Gate-Anschluss muss dazu also um den Wert
Uth gegenüber dem Substrat sowie Source und Drain vorgespannt sein.
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gate
poly-silicon
n+
n+
source
leitender
Kanal
leitender
Kanal
oxide
Ugs >> Uds
drain
bulk (p-) silicon
n+
n+
source
Ugs = Uds
drain
bulk (p-) silicon
Abb. 3.35: MOS-Transistor mit Abschnüreffekt des Kanals
Nimmt man an, dass die Drain-Source-Spannung Uds klein gegenüber der Vorspannung des Kanals
ist, so nimmt mit zunehmender positiver Gate-Vorspannung der Widerstand im Kanal ab und
entsprechend der Stromfluss zu.
Der MOS-Transistor verhält sich in diesem sogenannten "Anlaufbereich" wie ein etwa linearer
gesteuerter Widerstand.
Ids
Sättigungsbereich
AnlaufUgs als
bereich
Parameter
Uds
Abb. 3.36: Ausgangskennlinienfeld eines MOS-Transistors
Bei höheren Spannungen zwischen Source (O V) und Drain (z. B. 5 V) fällt diese Spannung entlang
des Kanals ab. Dadurch wird dieser inhomogen:
In der Nähe des Source-Anschlusses ist die Spannung zwischen Source und Gate am höchsten, der
Kanal am breitesten. Zum Drain hin wird die Spannung zwischen Kanal und Gate-Anschluss
geringer. Dort, wo sie einen Wert von nur noch Uth erreicht, wird der Kanal "abgeschnürt". Das
bedeutet einen nahezu konstanten Strom, auch bei höherer Source-Drain-Spannung. Man nennt
diesen waagerechten Teil im Kennlinienfeld den "Sättigungsbereich".
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W
Gate
Drain
Poly-Si
Source
dox
n+
n+
Sperrschicht
Sperrschicht
p - Substrat
Lkeff
Lk
Abb. 3.37: Struktur und Maße des MOS-Transistors
Die wichtigsten Abmessungen des MOS-Transistors sind die Kanallänge, wobei man die
geometrische Lk von der effektiven Länge Lkeff unterscheidet, die Breite W des Gate-Bereichs und
die Dicke der Gateoxid-Schicht dox.
Für die Strom-Spannungskennlinie des MOS-Transistors gilt:
ε0 εr µ W
Ids = ------------ [ (Ugs - Uth) Uds - 1/2 Uds2]
lk dox
Dabei ist ? 0 die sogenannte "Dielektrizitätskonstante" im Vakuum (8,854 *10**-12 As / Vm),
? r ist die relative Dielektrizitätskonstante des jeweiligen Stoffes, für das Gate-Oxid hier für SiliziumDioxid (SiO2), ? ? ist die relative Beweglichkeit der Ladungsträger (hier die relative Beweglichkeit
der Elektronen im Kanal an der Halbleiter-Oberfläche). Man kann diese Gleichung auch anders
schreiben, wenn man Cox als Kapazität des Gate-Oxids einführt mit:
ε0 εr lk W
Cox = -------dox
Für den Sättigungsbereich gilt eine vereinfachte Strom-Spannungsgleichung.
Cox µ
Ids = --------- (Ugs -Uth) 2
2 lk2
Demnach hat der MOS-Transistor eine quadratische Strom-Spannungskennlinie.
Im Sättigungsbereich ist der Ausgangsstrom von der Source-Drain-Spannung nahezu unabhängig
(siehe auch das Kennlinienfeld).
Im Anlaufbereich kann man für kleine Source-Drain-Spannungen näherungsweise angeben:
Uds2 << Uds
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Dann hat der Anlaufbereich eine nahezu lineare Strom-Spannungskennlinie:
Cox µ
Ids = -------- (Ugs - Uth) Uds
lk2
Diese Eigenschaft ist durchaus von erheblicher praktischer Bedeutung, weil der MOS-Transistor in
integrierten Schaltungen durchaus auch als Widerstand verwendet wird.
Man unterscheidet also beim FET:
-
einen Sperr-Bereich
einen ohmschen Bereich
einen Abschnürbereich oder Sättigungsbereich.
Wichtig ist es für ICs, dass man technologisch durch Einstellung der Schwellen-Spannung sowohl
selbstleitende als auch selbstsperrende MOS-Transistoren je nach Bedarf bauen kann, und zwar
sowohl als n-Kanal oder als p-Kanal-Typen. Der n-Kanal-Typ hat dabei bei gleicher Breite und
Kanallänge meistens eine etwa 3-fach höhere Leitfähigkeit und wird deshalb oft bevorzugt. Aber
auch Kombinationen von n-Kanel- und p-Kanal-MOS-Transistoren lassen sich auf einem
gemeinsamen Substrat verwirklichen, wie in der digitalen CMOS-Technik heute milliardenfach
praktiziert.
Ein wichtiges Maß für die Fähigkeit eines Bauelementes ist sogenannte Steilheit gm . Dieser
Parameter bestimmt die Höhe der erreichbaren Signalverstärkung pro Stufe.
Die Steilheit für den MOS-Transistor ist definiert als:
Cox µ
gm = d Ids / d Ugs = -------- (Uds)sat
lk2
Die höchste für den aktiven Betrieb des Transistors erreichbare Betriebsfrequenz ist die sogenannte
Transitfrequenz fT.
Sie ist direkt abhängig von der Steilheit und vom Gate-Oxid:
gm
fT = ----------2π Cox
Wir haben hier eine relativ einfache Abhängigkeit von Verstärkung und Transitfrequenz von der
effektiven Kanallänge. Beide steigen umgekehrt proportional mit der Verkürzung der Kanallänge an.
Eine sinkende Oxiddichte hat den gleichen Einfluss. Damit ist klar, weshalb die HalbleiterTechnologien seit 20 Jahren erfolgreich versuchen, immer kürzere Kanallängen und immer dünnere
Gate-Oxid-Schichten herzustellen.
Insgesamt ähnelt das Ausgangskennlinienfeld dem des bipolaren Transistors, allerdings versteht man
unter "Sättigung" in beiden Fällen völlig unterschiedliche Effekte. Während der bipolare Transistor
eine exponentielle Abhängigkeit zwischen Eingangsspannung und Ausgangsstrom hat, ist die hier
quadratisch. Der bipolare Transistor ist also prinzipiell der bessere Verstärker.
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BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00
Es sei darauf hingewiesen, dass alle für den Klein- bzw. Großsignalbetrieb beim bipolaren Transistor
durchgeführten Betrachtungen entsprechend auch für den MOS gelten. Nur wird man diesen kaum
als Kleinsignalverstärker einsetzen, sondern fast ausschließlich als Schalter in der Digitaltechnik.
(Eine Ausnahme: Da man MOS-Transistoren mit mehreren Gates bauen kann, lassen sich damit
einfache Schaltungen für Mischung und Modulation von Signalen in der Radio- und Fernsehtechnik
bauen).
Wird einem n-Kanal-Transistor bei der Fertigung ein leitender Kanal mit eingebaut, so entsteht ein
MOS-Transistor vom Verarmungstyp. Um den Kanal zu sperren, wird eine negative Spannung am
Gate benötigt. Ansonsten entsprechen Verhalten und Kennlinienfeld dem Anreicherungstyp.
Sowohl der Anreicherungstyp als auch der Verarmungstyp sind auch als p-Kanal-Transistoren
möglich, wobei die entsprechend anderen Polaritäten der Spannungen zu berücksichtigen sind.
Abb. 3.38 zeigt eine Übersicht der verschiedenen MOS-Transistoren.
n-Kanal-Typen
p-Kanal-Typen
selbstsperrend
selbstsperrend
Uds > 0, Ugs > 0
Uds < 0, Ugs < 0
n-Diffusion
p-Diffusion
Polysilizium
p-Substrat
n-Substrat
Gate-Oxid
selbstleitend
Uds > 0, Ugs < 0
selbstleitend
Uds < 0, Ugs > 0
p-Substrat
n-Substrat
Feldoxid
Metall
Abb. 3.38: Typen-Übersicht für MOS-Transistoren
Praktische Bedeutung haben der selbstleitende und der selbstsperrende n-Kanal-MOS (in der nMOSTechnologie) und die Kombination von selbstsperrenden n- und p-Kanal-Typen in der CMOSTechnologie gewonnen. Da die Beweglichkeit von Elektronen etwa dreimal höher ist als die von
Löchern, muss für gleiche Leitfähigkeit der p-Kanal-Transistor entsprechend ca. dreimal breiter als
das n-Kanal-Pendant sein. Um Platz zu sparen wurden deshalb auch CMOS-Technologien
entwickelt, bei denen als aktive logische Schalter nur n-Kanal-Transistoren zum Einsatz kommen.
Eigentlich hat der MOS-Transistor eine weitere mögliche Steuerelektrode, nämlich den
Substratanschluss (Bulk). In den meisten Anwendungen wird der Bulk-Anschluss auf 0 V-Potential
liegen. Manchmal wird der Substratanschluss auch mit der Source verbunden. Jedenfalls kann ein
fehlerhaft modellierter Substratanschluss beim Entwurf von analogen ICs zu bösen Simulationsfehlern führen!
Wenn man für das Großsignalverhalten des FET den Einfluss der Kanallängen-Modulation mit
einbezieht, so muss man auch hier die Strom-Spannungs-Gleichungen um den Einfluss einer fiktiven
"Early-Spannung“ UA erweitern:
ID = K UDS (UGS-Uth-UDS/2) ( 1 + UDS/ UA) gilt für den ohmschen Bereich (Anlaufbereich)
ID = K/2 (UGS-Uth)**2 (1 + UDS/UA) gilt für den Abschnürbereich.
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BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00
K ist der Steilheitskoeffizient oder Transduktanz-Koeffizient. Er ist ein Maß für die Steigung der
Übertragungskennlinie eines FETs. Es gilt:
K = µn C’ox *W / L
Es gehen also ein: Die Beweglichkeit der Ladungsträger (hier für den n-Kanal), die Oxid-Kapazität
am Gate in der Form des Kapazitätsbelages , die Weite und die Länge der Kanal-Zone.
Die eigentliche Gate-Kapazität ist: Cox = ε0 * εr * W / L / dox = Cox`W L.
Beim MOS-FET ist der Eingangsstrom stets 0. Die Gleichungen gelten mit den entsprechenden
Parametern grundsätzlich auch für den Sperrschicht-FET (nur K errechnet sich anders), jedoch ist
der Eingangsstrom dann durch eine Dioden-Gleichung bestimmt3.4.3 Ersatzschaltungen und Modelle
Viele für den bipolaren Transistor schon besprochenen Eigenschaften gelten im übertragenen Sinne
auch für den Feldeffekt-Transistor. Man benötigt ebenfalls Modelle und Ersatzschaltbilder, um
Schaltungen simulieren und berechnen zu können.
Im einfachsten Fall verhält sich der FET wie ein gesteuerter Widerstand.
iD
iG = 0
UGS
rDS
SUGS
UDS
Abb. 3.39: Einfachstes Kleinsignal-Ersatzschaltbild für den Feldeffekt-Transistor
Für den ohmschen Bereich kann man den Wert der Parameter des Ersatzschaltbildes näherungsweise
angeben zu:
SOB = K UDS
RDS = 1 / (K(UGS – Uth – UDS))
Mit K = S2 /2ID (näherungsweise).
Für den Entwurf von Schaltungen mit MOS-Transistoren im Kleinsignal- und Großsignal-Betrieb
muss deren elektrisches Verhalten simuliert werden. Zu diesem Zweck ist, wie auch für den bipolaren
Transistor, ein brauchbares und ausreichend präzises Ersatzschaltbild notwendig.
Auch hier gibt es wieder Unterschiede zwischen Kleinsignal- und Grossignal-Ersatzschaltbild sowie
zwischen Niederfrequenz- und Hochfrequenz-Ersatzschaltung.
Während man allerdings beim bipolaren Transistor eine Eingangs-Signalspannung von nur ca. 1mV
als Grenze für den Kleinsignal-Betrieb zulassen kann, sind beim FET Werte von ca. 40-80 mV noch
erträglich. Hier macht sich der Unterschied zwischen quadratischer und exponentieller Eingangskennlinie schon bemerkbar.
31
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00
Beim MOSFET, dem bei weitem häufigsten Bauelement, gibt es kein allgemein akzeptiertes und
verwendetes Ersatzschaltbild, vergleichbar dem Gummel-Poon-Modell beim bipolaren Transistor,
sondern eine ganze Serie unterschiedlicher Modelle. In SPICE und PSPICE werden als einfachste
Modelle die sogenannten „Level 1-Modelle“ verwendet. Diese eignen sich aber nicht für
hochintegrierte MOS-Transistoren mit kurzen Kanälen. Dazu werden in SPICE die Level 2- oder
(noch besser) Level 3-Modelle verwendet, oder die derzeit besten, die BSIM-Modelle der University
of California, Berkeley.
Ein einfaches Großsignal-Ersatzschaltbild ist nachfolgend angegeben:
D
B
G
D
G
UGS
entspricht
IDD
UDS
B
ID
S
IDS
S
Abb. 3.40: Großsignal-Ersatzschaltbild für den n-Kanal-MOSFET (Level-1)
Zwischen Kanal und Bulk (Substrat-Anschluss) liegt jeweils eine Diode in Sperr-Richtung.
Ansonsten funktioniert der MOS-Transistor als spannungsgesteuerte Stromquelle.
Hier kann schon ein wichtiger Effekt gezeigt werden: Typischerweise wird ein MOS-Transistor dann
leitend, wenn die Spannung UGS den Schwellenwert Uth überschreitet. Eigentlich aber liegt diese
Steuer-Spannung zwischen Gate und Substrat, der Source-Anschluss ist nicht notwendigerweise auf
demselben Potential wie das Substrat. Insbesondere in integrierten Schaltungen und wenn mehrere
Transistoren in Reihe geschaltet sind, wird die effektive Schwellenspannung Uth um so größer, je
stärker die Substrat-Elektrode (Bulk) negativ gegen den Source-Anschluss vorgespannt ist. Man
nennt diese Erscheinung den „Substrat-Effekt“.
Für den Betrieb bei höheren Frequenzen benötigt man ein entsprechendes Ersatzschaltbild. Dieses
enthält für linearen Kleinsignalbetrieb nur Widerstände, Kondensatoren und gesteuerte Stromund/oder Spannungsquellen.
G
Cgb
Cgs
S
Rs
Id
Cgd
Rd
D
Cdb
B
Abb. 3.41: Ersatzschaltbild für den MOS-Transistor im Großsignal-Betrieb
Abb. 3.41 zeigt ein elektrisches Ersatzschaltbild für einen MOS-Transistor im Großsignalbetrieb.
Einschließlich des Grundsubstrats (Bulk) hat der Transistor vier Anschlusse. Die Werte der
Widerstände und Kondensatoren können aus der Werten von Diffusionsdichten, Schichtdicken usw.
für den Fertigungsprozess gewonnen werden.
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BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00
Für ein Kleinsignal-Ersatzschaltbild kann man näherungsweise auch eine Version angeben, die dem
eines bipolaren Transistors ähnelt. Voraussetzung ist allerdings, dass Source und Bulk
zusammenfallen. Dies ist typischerweise bei diskreten MOS-Transistoren eher als bei integierten
Schaltungen (Substrat-Effekt !).
G
R
G
G‘
CGD
D
rDS
SUGS
CGS
CDS
S
S
Abb. 3.42: Vereinfachtes Kleinsignal-Ersatzschaltbild für den MOS-Transistor
Entsprechend dem bipolaren Transistor kann man auch beim MOS-Transistor im Kleinsignal-betrieb
ganz unterschiedliche Grundschaltungen definieren. Der Name gibt dann jeweils an, welcher
Abschluss des Transistors signalmäßig gemeinsam für Eingang und Ausgang mit Masse (GND)
verbunden ist.
-
die Source-Basis-Schaltung oder Source-Schaltung
die Gate-Basis-Schaltung oder Gate-Schaltung
die Drain-Basis-Schaltung oder Drain-Schaltung.
S
D
B
G
G
S
D
B
G
S
Ua
Ue
Source-Schaltung
D
Ua
Ue
Ue
Drain-Schaltung
Ua
Gate-Schaltung
Abb. 3.43: Grundschaltungen des MOS-Transistors
Dabei ist bemerkenswert, dass in hochintegrierten Schaltungen Source und Drain elektrisch völlig
gleichartig sind, man also beliebig die Funktion von Source und Drain tauschen könnte. Das gilt nicht
immer für diskret aufgebaute Transistoren.
Für den Kleinsignal-Betrieb ist oft eine Arbeitspunkt-Einstellung notwendig:
Mittels des schon vom bipolaren Transistor bekannten Spannungsteilers kann man dem Gate
gegenüber dem Source-Anschluss eine definierte negative Vorspannung geben. Da beim MOSTransistor kein Gate-Strom fließt, kann der Spannungsteiler sehr hochohmig sein.
Wenn dagegen das Gate z. B. bei selbstleitenden MOS-Transistoren negativ gegenüber der Source
vorgespannt sein soll, so geschieht dies über einen zusätzlichen Widerstand am Source-Anschluss.
Der Widerstand R2 belastet nur den Eingangskreis und kann wieder sehr hochohmig sein.
Der Widerstand im Source-Kreis wirkt sich allerdings auch auf das Signalverhalten aus: Die dort
abfallende Signalspannung reduziert die Eingangsspannung und wirkt deshalb als Gegenkopplung.
Eine solche Strom-Gegenkopplung reduziert zwar die Verstärkung der Stufe, stabilisiert sie aber
gegenüber thermischen Effekten.
33
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00
Denselben Effekt der Stabilisierung bewirkt auch die Spannungs-Gegenkopplung, bei der ein
zusätzlicher Widerstand zwischen Gate und Drain geschaltet ist.
Leider sind Widerstände zur Arbeitspunkt-Einstellung in integrierten Schaltungen nur in sehr
begrenzten Werte-Bereichen verfügbar, deshalb werden dort Transistor-Schaltungen zur
Arbeitspunkt-Einstellung herangezogen.
VDD
VDD
VDD
RD
RD
D
RD
RGD
R1
D
D
G
B
Rg
Rg
S
Ue
B
G
Ua
R2
R2
RS
Positive Gate-Vorspannung
Ue
S
B
Rg
Ua
G
Rs
S
Ua
Ue
Negative Gate-Vorspannung
und Strom-Gegenkopplung
SpannungsGegenkopplung
Abb. 3.44: Arbeitspunkt-Einstellung und Gegenkopplung
Die Schaltungen in der obigen Form würde man also nur bei diskret aufgebauten VerstärkerSchaltungen verwenden können.
3.4.4 Grenzen des Betriebes
MOS-Transistoren werden sowohl in hochintegrierten Schaltungen verwendet als auch als LeistungsBauelementen.
Zunächst sind solche Bauelemente sehr empfindlich gegen zu hohe Spannungen zwischen dem GateAnschluss und den anderen Elektroden, also z. B. UGS. Ein Überschreiten der maximalen Spannung
zwischen Gate und Source / Drain bzw. dem Kanal hat unwiederbringliche Zerstörungen zur Folge.
Auch die Spannungen zwischen Source und Drain (UDS) sowie die maximalen Drain-Ströme IDS sind
begrenzt.
Die Verlustleistung ist das Produkt aus: Pv = UDS * ID .
Auch hier ist die maximale (statische) Verlustleistung geringer als der maximal zulässige Strom in
Verbindung mit der maximal zulässigen Spannung. Es kann aber häufig vorkommen, dass bei
Umschaltprozessen der maximale statische Wert von Pv überschritten wird. Dieser ist beschränkt
durch die Wärmeabfuhr vom Transistor.
Hier sei noch vermerkt, dass man speziell bei integrierten MOS-Transistoren zwei sehr bösartige
Effekte kennt:
Beim „Punch-Through“ treffen sich bedingt durch zu hohe Spannungen zwischen Source und Drain
die beiden Sperrzonen, die Kanallänge geht gegen null.
Beim sogenannten „Latch-Up“, der nur in integrierten CMOS-Schaltungen mit n-Kanal und p-KanalTransistoren auftritt, tritt durch einen parasitären bipolaren Transistor der Fall auf, dass ein an sich
gesperrter p-n-Übergang durchschlägt und nachfolgend ein sehr hoher Strom zwischen der
Versorgungsspannung und der GND-Elektrode fließt. Das kann, aber muss nicht zur endgültigen
Zerstörung der Schaltung führen.
3.4.5 Großintegration und Kurzkanal-Effekte
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BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00
Ein wesentlicher Vorteil des MOS-Transistors gegenüber bipolaren Elementen ist, die vorstehend
gezeigt, der geringere Platzverbrauch durch den Effekt der Selbstisolation der Source- und DrainBereiche. MOS-Transistoren haben aber darüber hinaus die Eigenschaft, durch Verkürzung der
Kanallänge schneller und, was die Verstärkung eines einzelnen Transistors betrifft, in etwa linearer
Weise mit fallender Kanallänge auch besser zu werden. Dies ist der wesentliche Grund, weshalb die
Großintegration in den letzten 30 Jahren eine Entwicklung zu immer kürzeren Kanälen genommen
hat. Heutige Speicher- und Prozessor-Technologien arbeiten mit Kanallängen von nur noch ca. 0,18
Mikrometern. Ein wesentliches Problem wird die gleichzeitige Skalierung der Oxid-Dicken:
Bei Gate-Oxid-Dicken von nur noch ca. 10 Nanometern hat man nur noch etwa 20 Atomlagen vor
sich. Geringste Fertigungsfehler wirken sich also katastrophal aus.
Die maximalen Schaltfrequenzen von MOS-Transistoren mit Kanallängen von 0,2 um und darunter
liegen also bereits weit im Bereich der Mikrowellentechnik.
Es gibt aber durchaus Effekte, welche eine beliebige Verkürzung der Kanäle unterbinden. Zunächst
sorgt die Ausdehnung der Sperrschicht zwischen Drain und Substrat für eine Verkürzung der
geometrischen Kanallänge auf einen kürzeren effektiven Wert. Für die Modellierung des Verhaltens
der Schaltung muss dieser Wert berücksichtigt werden. Die Transistor-Modelle für Kurzkanal-FETs
müssen also die Kanallängen-Modulation „können“.
Es gibt auch einen Spezialeffekt für besonders schmale Kanäle: Bei abnehmender Kanalbreite machen
sich Ladungen an den Rändern bemerkbar, welche ihrerseits Ladungen auf dem Gate induzieren.
Diese bewirken eine Reduzierung der Schwellen-Spannung Uth.
Und schließlich gibt es zwischen im Kanal-Gebiet immer noch freie Ladungen, welche einen
„Unterschwellenstrom“ (sub-threshold-current) erzeugen.
Tatsächlich sorgt dieser Effekt dafür, dass unterhalb der eigentlichen Schwellenspannung die StromSpannungs-Abhängigkeit exponential ist und erst beim Erreichen der Schwellenspannung in die
bekannte quadratische Kennlinie übergeht.
Die über eine Kanallänge von weniger als 1 um und auch an der Sperrschicht zwischen Kanal und
Gate (von weniger als 0,1 um Dicke) abfallenden Spannungen sorgen für extrem hohe elektrische
Feldstärken.
Dann können einige Elektronen so hohe Energien erreichen, dass sie die Oxidschicht mittels des
quantenmechanischen Tunneleffekts überwinden und im Gate erscheinen. Die wichtigsten KurzkanalEffekte sind in Abb. 3.45 zusammengefasst.
Tunnel-Effekt
Gate
Poly-Si
Source
Drain
dox
n+
n+
Sperrschicht
Sperrschicht
p - Substrat
Lkeff
Lk
Kanalverkürzung
Abb. 3.45: Kurzkanal-Effekte
35
BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00
Bei Submikrom-Schaltungen muss man, um den Tunneleffekt kontrollieren zu können, mit
Betriebsspannungen unter 5 V arbeiten. Die gegenwärtige Prozessor-Generation arbeitet z. B. mit
3.3 V oder weniger statt der sonst üblichen 5V. ICs mit Versorgungsspannungen unter 2V werden in
Zukunft eher die Regel als die Ausnahme sein.
Diese Spannungsreduktion bringt gleichzeitig auch eine Reduktion der Verlustleistungen, was
hocherwünscht ist.
Es gibt aber auch einige sehr negative Aspekte:
Mit sinkenden Versorgungsspannungen fallen auch die Störabstände, die Schaltungen werden also
potentiell empfindlicher gegen eingestreute Störsignale von außen.
Die Sperrwirkung von p-n-Übergängen wird mit steigender Sperrspannung exponentiell besser. Wird
der Unterschied zwischen High- und Low-Spannung reduziert, so erhöht sich damit zwangsweise der
Pegel der Leckströme im Schaltkreis.
Selbst dann, wenn man beliebig kleine Strukturen im Halbleiter wirtschaftlich erzeugen könnte, ist
also eine gewisse "Sättigung" der technologischen Entwicklung auf der Basis der "klassischen"
Silizium-Technologie erkennbar.
Damit sind einer weiteren unbegrenzten Reduzierung der Strukturgrößen im IC durchaus Grenzen
gesetzt.
Bis diese aber erreicht sind (mit Extrapolation der bisherigen Entwicklung ca. im Jahre 2015 mit 0,07
Mikrometer-Strukturen) sind noch einige Generationen von Speichern und Prozessoren zu erwarten.
3.4.5 MESFETs
Die außerhalb der Silizium-Technologie, insbesondere auf Gallium-Arsenid verwendeten MESFETs
seien hier vorwiegend der Vollständigkeit halber betrachtet.
Source
Gate
n - Diff.
Drain
n- Diff.
Grundsubstrat (semi-isolierend)
Sperrschicht
Abb. 3.46: Struktur eines MESFET
In der Gallium-Arsenid-Technologie wird meistens mit einem semi-isolierenden weil nur sehr niedrig
dotierten (meistens mit Chrom) Grundsubstrat gearbeitet. Die n-Kanal-MESFETs sind
normalerweise selbstleitend.
Für Anwendungen in der Digitaltechnik sind aber selbstsperrende MESFETs günstiger. Diese
werden durch eine Technologie erzeugt, bei der das Gate ins Grundsubstrat zurückgezogen
(recessed) ist.
Wegen des geringen Spannungsbereichs in Vorwärts- und in Rückwärtsrichtung, über den der
Schottky-Kontakt weder in Vorwärtsrichtung leitend wird noch in Rückwärtsrichtung durchbricht,
muss in der digitalen GaAs-Technologie mit relativ niedrigen Spannungshüben unter 1 Volt
gearbeitet werden.
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BTU Cottbus, HL-Schaltungstechnik, Kapitel 3, WS 99/00
Source
Drain
Gate
Grundsubstrat
Abb. 3.47: Recessed-Gate-MESFET
Es hat sich auch erwiesen, dass für sehr kurze Kanallängen der prinzipielle Geschwindigkeitsvorteil
des GaAs-MESFET gegenüber dem MOSFET auf Si-Basis abnimmt.
Die höhere Beweglichkeit der Elektronen im GaAs wirkt sich besonders bei kleineren elektrischen
Feldstärken aus. Im Kurzkanal erreichen aber wegen der hohen Feldstärke die Elektronen fast die
sogenannte Sättigungs-Driftgeschwindigkeit. Und diese Größe ist in Si und GaAs fast gleich.
Eine nochmalige Steigerung der Schaltgeschwindigkeit ist dann mit dem im vorherigen Abschnitt
diskutierten "Trickstrukturen" unter Verwendung von Heterojunctions möglich.
Während GaAs-FETs, die mit Heterojunctions aufgebaut sind, als sogenannte MODFETs seit einiger
Zeit verwendet werden (als Verstärker in Mikrowellenschaltungen bis über 100 GHz), kommen
Heterojunction-Bauelemente auf der Basis von Silizium und Germanium gerade aus den Labors.
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