6. Richelsdorfer Gespräche mit Hr. Dr. med. Bernhard Croissant zum Thema „Neurobiologie, Persönlichkeit und Sucht“ 1 Vorwort Neurobiologie, Persönlichkeit und Sucht Das 6. Richelsdorfer Gespräch beschäftigte sich mit den neurobiologischen Veränderungen, die zur Entstehung und Aufrechterhaltung der Alkoholabhängigkeit beitragen. Als Referent wurde Dr. med. Bernhard Croissant vom Zentralinstitut für seelische Gesundheit in Mannheim gewonnen. Dr. Croissant durchschritt in seinem etwa eineinhalbstündigen Vortrag wesentliche Phasen der bisherigen Hirnforschung und ihre Ergebnisse, erläuterte insbesondere die Bedeutung der verschiedenen Neurotransmitter auf unsere Emotionen und unser Erleben auf die Umwelt. Dabei ging er auch auf die Frage der erblichen Disposition bzw. der Auswirkungen individueller Entwicklungsbedingungen ein. Er unterstrich, dass die Disposition zur Alkoholabhängigkeit nicht aus moralisch bewertbaren Auffälligkeiten wie z. B. einer Willensschwäche oder Genusssucht resultiert, sondern vielmehr aus so scheinbar nebensächlichen Bedingungen wie z. B. der Fähigkeit, viel Alkohol konsumieren zu können, ohne unangenehme Folgen zu verspüren. Am Beispiel der Primatenforschung wies er darauf hin, dass erhebliche und andauernde Stressbedingungen, wie z. B. soziale Isolation in jungen Jahren, den Hirnstoffwechsel verändern und daraus erhöhte Ängstlichkeit und Depressivität, sowie soziale Inkompetenz resultieren, die sich dann im Erwachsenenalter als erhöhte Aggressivität niederschlagen. Zusätzlich lässt sich eine erhöhte Alkoholtoleranz und ein erhöhter freiwilliger Alkoholkonsum nachweisen. Diese Untersuchungen unterstreichen laut Dr. Croissant die Bedeutung von Stress- und Lernfaktoren in der Ausgestaltung von hirnphysiologischen Dysfunktionen und verweisen auf mögliche prophylaktische und pharmakologische Behandlungsmöglichkeiten. Möglich erschiene z. B., die hohe Rückfallgefährdung durch den spezifischen Einsatz von Pharmaka in integrierten Behandlungsprogrammen zu reduzieren. Am Nachmittag wurden in Kleingruppen die berichteten Ergebnisse sowie die daraus resultierenden Chancen und Risiken offen und intensiv diskutiert. Die Skepsis gegenüber neurobiologischer Grundlagenforschung, genährt durch reißerische Aufmachung in den Medien (Sucht-Gen entdeckt!), wurde ebenso diskutiert wie die Notwendigkeit, sich mit den Vorgängen zu befassen, die in unserem Gehirn den Umgang mit psychoaktiven Wirkstoffen kontrollieren. Es wäre nach Ansicht der meisten Teilnehmer wünschenswert , die Kenntnisse über neurobiologische Prozesse zu nutzen und sie in ein ganzheitliches Konzept des Verständnisses von Suchterkrankungen einzubeziehen. Man war sich allerdings einig, dass es wohl noch eine Weile dauern wird, bis schlüssige und in der alltäglichen Praxis verwertbare Ergebnisse vorlägen. Vortrag Kurze Zusammenfassung der wesentlichen Aussagen aus dem Vortrag von Herrn Dr. Croissant zu neuen Erkenntnissen und Forschungsergebnissen über die Neurophysiologie der Sucht: · Die Bedeutung des Neurotransmitters Serotonin für das Wohlbefinden Serotonin ist ein Stoff, der für eine allgemeine positive Stimmungslage wichtig ist. Ein Serotonin-Defizit führt zu depressiv-ängstlicher Stimmung und im weiteren Lebensweg zu erhöhter Aggressivität. Ein Serotonin-Defizit bedeutet verminderte Motivation und schlechtere Lernprozesse, führt zu einem Gefühl der allgemeinen Bedrohung und Unsicherheit. Es ist davon auszugehen, dass gewalttätige Menschen primär unter einer erhöhten Ängstlichkeit (bei Serotonindefizit) leiden, die nach der Pubertät durch aggressives Verhalten überkompensiert wird. Bei Menschen wird davon ausgegangen, dass bei der Ausprägung der Höhe des Serotoninspiegels der genetische Faktor etwa 35% ausmacht, dass also soziale Faktoren mit 65% eine große Rolle spielen. Serotonin ist hoch bei sozial dominanten Individuen. · Zur Genese der Alkoholabhängigkeit aus neurophysiologischer Sicht Ein wesentlicher Risikofaktor für die Entstehung der Alkoholabhängigkeit ist schnelle Toleranzentwicklung (d.h. wenig subjektive Nebenwirkungen des Alkohols trotz sich steigernder Alkoholmenge man verträgt viel und immer mehr), so dass ein natürliches Warnsignal für exzessiven Alkoholkonsum wegfällt. Bewahrt vor einer Alkoholabhängigkeit werden meist Menschen, deren Alkoholabbau verlangsamt ist. Es entsteht durch den langsameren Abbau ein giftiges Abbauprodukt (Acetylaldehyd), das unangenehme Nebenwirkungen und Missempfinden verursacht, das verständlicherweise einer Erhöhung der Trinkmenge und damit einer Abhängigkeitsentwicklung entgegensteht. Tragischerweise wird in unserer Kultur geringe Empfindlichkeit gegenüber Alkohol nicht als Gefahr, alkoholabhängig zu werden, sondern als Stärke ("ich kann andere unter den Tisch trinken") interpretiert, vor allem bei jungen Menschen. Erhöhte Alkoholtoleranz könnte Folge eines Serotonindefizits sein, sowohl genetisch bedingt als auch durch frühen sozialen Stress (z.B. bei Vernachlässigung oder Gewalterfahrungen). Bei einem Serotonindefizit kann Alkohol durch seine sedierende Wirkung Bedrohung und Angst entgegenwirken, weswegen besonders auch Menschen mit früher sozialer Isolation (Heimkinder) gefährdet sind, alkoholabhängig zu werden. Gesellschaftliche Ablehnung und Etikettierung (ebenso auch der Eintritt von Arbeitslosigkeit) kann im Erwachsenenalter erneut zur Isolation führen und damit zur Serotoninverminderung und vermehrtem Alkoholkonsum zur Sedierung von Angst und Depressionen. · Neurobiologische Erklärung von Toleranzentwicklung und Entzugssymptomatik: Bei alkoholbedingter Sedierung reagiert das Gehirn mit aktivierender Gegenregulation, um der beruhigenden Wirkung entgegenzuwirken und einen ausreichenden Wachzustand zu erhalten. Dadurch kann zunehmend mehr Alkohol konsumiert werden, ohne dass eine exzessive Betäubung stattfindet. Bei Unterbrechung der Alkoholzufuhr kommt es dann zu erheblicher Unruhe, zu Krampfanfällen und anderen Entzugssyndromen. Die morgendliche vegetative Entzugssymptomatik nach Unterbrechung der Alkoholzufuhr in der Nacht ist eines der verlässlichsten Symptome einer eingetretenen Alkoholabhängigkeit. · Die Bedeutung des Neurotransmitters Dopamin für das Alkoholverlangen und den Teufelskreis in die Sucht Dopamin als Belohnungsstoff ist entwicklungsgeschichtlich alt und reguliert lebensnotwendige Reize wie Essen und Sexualität. Wie anderen Drogen mit Abhängigkeitspotential stimuliert Alkohol die Dopaminfreisetzung, was ein angenehmes Gefühl der Leistungsfähigkeit und des Erfolgreichseins hervorruft. Dies ist ein sehr begehrenswerter Zustand. Dieses Gefühl motiviert zu weiterem Alkoholkonsum. Wenn sich ein Mensch in eine Situation begibt, in der er regelmäßig Alkohol getrunken hat, oder wenn er den Alkoholkonsum nach Entgiftung wieder aufnimmt, kommt es zu einem verstärkten Ausschütten von Dopamin, d.h. zu einem Belohnungsgefühl. Das System wird durch wiederholten Alkoholkonsum immer empfindlicher. Selbst kleine Mengen Alkohol und Reize, die wir mit Alkohol in Verbindung setzen können, lösen die Reaktion aus, provozieren ein Alkoholverlangen und bewirken eine verminderte Kontrolle über den Alkohol. · Zentralnervöse Schlüsselreize für Rückfall Entzugssymptome entstehen im Sinne eines "konditionierten Entzugs" auch nach längerer Abstinenz. Umweltreize, die mit Alkoholkonsum assoziiert sind (auch alkoholfreie Getränke mit dem gleichen Geschmack wie das Suchtmittel, z.B. sog. alkoholfreies Bier) lösen die Erwartung der Wirkung im Organismus aus. Das Gehirn bereitet sich sozusagen gegenregulatorisch auf die betäubende Wirkung des Alkohols vor und löst eine zentralnervöse Übererregung aus, die man, wenn es nicht zur Alkoholaufnahme kommt, als Unruhe, Ängstlichkeit und Alkoholverlangen (Craving) spürt. Literatur: Heinz, A.: Serotonerge Dysfunktion als Folge sozialer Isolation Bedeutung für die Entstehung von Aggression und Alkoholabhängigkeit. In Nervenarzt (1999) 70:780-789, Springer Verlag. Heinz, A., Mann, K.: Neurobiologie der Alkoholabhängigkeit. In: Deutsches Ärzteblatt, Jg 98 Heft 36 (2001) A2279-2283 M E D I Z I N Serie: Alkoholismus Andreas Heinz Karl Mann Zusammenfassung Die aktuelle Forschung konnte eine Vielzahl jener neurobiologischen Veränderungen identifizieren, die zur Entstehung und Aufrechterhaltung der Alkoholabhängigkeit beitragen. Die Disposition zur Alkoholabhängigkeit resultiert nicht aus moralisch bewertbaren Auffälligkeiten wie einer Willensschwäche oder Genusssucht, sondern aus so unscheinbaren Bedingungen wie der Fähigkeit, viel Alkohol konsumieren zu können, ohne unangenehme Folgewirkungen zu verspüren. Die zunehmende Kenntnis der neurobiologischen Grundlagen der Alkoholabhängigkeit bietet neue Möglichkeiten, die hohe Rückfallgefährdung durch den spezifischen Einsatz von Pharmaka in integrierten Behandlungsprogrammen zu reduzieren. Neurobiologie der Alkoholabhängigkeit E ine Vielzahl von Studien zeigt übereinstimmend, dass genetische Faktoren deutlich zur Entwicklung einer Alkoholabhängigkeit beitragen (12, 31). Dieser genetische Anteil ist offenbar in Subgruppen alkoholabhängiger Patienten mit besonders schwerem Krank heitsverlauf am stärksten ausgeprägt. Er könnte dort für die Entwicklung der Abhängigkeitserkrankung bedeutsamer sein als der Einfluss von Umweltfak- Schlüsselwörter: Alkoholentzug, dopaminerges Belohnungssystem, NMDA-Rezeptor, Sensitivierung, Alkoholverlangen Summary Neurobiological Basis of Alcoholism Current research has identified a variety of neurobiological factors that are involved in the pathogenesis and maintenance of alcoholism. Unlike previously assumed predisposing factors do not include moral vices such as debauchery or the lack of a strong will. Instead, the disposition to alcoholism is associated with the rather unsuspicious ability to consume a high amount of alcohol without experiencing unpleasant effects. The knowledge about the neurobiological basis of alcoholism is increasing and may lead to the use of specific medications in holistic treatment programs. Key words: alcohol withdrawal, dopamine reward system, NMDA receptor, sensitization, alcohol craving Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit (Direktor: Prof. Fritz Henn MD PhD), Mannheim, der Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg Abbildung 1: Serotonerge Funktionsstörung bei erwachsenen Primaten. a) Lokalisation der Raphekerne, des Ursprungsgebiets der zentralen serotonergen Neurone, in der koregistrierten Kernspinaufnahme. b) Gesunder Primat. c) Störung der Serotonintransporter bei einem erwachsenen Tier als Folge einer Stressbelastung durch frühe soziale Isolation (23). Deutsches Ärzteblatt½ Jg. 98½ Heft 36½ 7. September 2001 toren (31). Patienten mit einem derart schweren Verlauf der Alkoholabhängigkeit erkranken oft bereits vor dem 25. Lebensjahr (30). Disposition zur Alkoholabhängigkeit Cloninger hatte 1987 postuliert (11), dass es sich bei diesen Patienten um einen Subtyp, den so genannten „Typ 2“ der Alkoholabhängigkeit, handelt, der durch eine hohe genetische Disposition zur Abhängigkeit sowie durch Impulsivität, Aggressivität und antisoziale Persönlichkeitszüge gekennzeichnet sei. Neuere Studien haben dies allerdings nicht bestätigen können. So war das Auftreten aggressiver Handlungen bei Alkoholabhängigen nicht signifikant mit einer genetischen Disposition verbunden (31). Zudem reichten die von Cloninger benannten diagnostischen Kriterien nicht aus, um einen „Typ 2“ der Alkoholabhängigkeit klinisch von anderen Subgruppen alkoholabhängiger Patienten abzugrenzen (57). Das gemeinsame Auftreten einer antisozialen Persönlichkeitsstörung und einer Alkoholabhängigkeit ist offenbar vielmehr als eine Komorbidität zu verstehen, bei der die Alkoholabhängigkeit nur eines der Probleme darstellt, die in Zusammenhang mit der antisozialen Persönlichkeitsstörung auftreten (8, 30). Auch kann die antisoziale Persönlichkeitsstörung nicht als einer der erblichen Faktoren gewertet werden, die zur Alkoholabhängigkeit disponieren, da ihr Auftreten überwiegend von Umweltfaktoren bestimmt wird (10, 14). Zudem finden sich Hinweise auf eine antisoziale Persönlichkeitsstörung nur bei einer geringen Zahl Alkoholabhängiger (8); bei der überwiegenden Mehrzahl kann die Entwicklung der Alkoholabhängigkeit also nicht als Folge antisozialer Persönlichkeitszüge verstanden werden. A 2279 M E D I Z I N Toleranz gegenüber akuten Alkoholwirkungen koholkonsums (23). Die Regulation der Informationsvermittlung im Kortex und in subkortikalen Hirnarealen ist in Grafik 1 dargestellt. Eine Verminderung der serotonergen Neurotransmission führt zu einer verminderten GABAergen Sedation und einer erhöhten Toleranz gegenüber den akuten Alkoholwirkungen. Diese kann zum exzessiven Alkoholkonsum disponieren, da unangenehme Wirkungen beziehungsweise Warnzeichen des Alkoholkonsums erst verspätet eintreten (13). In eine ähnliche Richtung zeigt die Untersuchung der Alkoholmetabolisation. Bei Menschen mit einer genetisch Ein viel unscheinbareres Merkmal ist nach Studien von Schuckit und Mitarbeitern entscheidend an der Disposition zur Alkoholabhängigkeit beteiligt, nämlich eine teilweise genetisch bedingte, schwache Auswirkung akuten Alkoholkonsums (47). Prospektiv wurde bei jungen Männern und Frauen, die erstmals begonnen hatten, Alkohol zu konsumieren, die Frage untersucht, welche Charakteristika eine spätere Alkoholabhängigkeit voraussagen würden (47, 48). Als wesentlicher Risikofaktor zeigte sich das Ausmaß der akuten Alkoholwirkungen, beispielsweise der eintretenden Sedierung oder der Ataxie. Dabei waren Grafik 1 die Personen besonders geGlutamat GABA fährdet, die akut nur wenig stimuliert hemmt Auswirkungen des Alkohols verspürten. Offenbar ruft Alkoholkonsum bei diesen Menschen kaum unangenehSubstantia nigra (DA) me Wirkungen hervor, sodass Locus coeruleus (NA) ein natürliches Warnsignal Raphekerne (5-HT) fehlt, das den Betroffenen anzeigt, wie gefährlich exzessiver Alkoholkonsum für sie ist (47). Aktuelle genetische StuDie rasche Informationsverarbeitung erfolgt im Kortex mitdien und Untersuchungen im hilfe des exzitatorisch wirkenden Botenstoffs Glutamat und Primatenmodell weisen dar- des inhibitorischen Neurotransmitters GABA. Die aus dem auf hin, dass die erhöhte Al- Hirnstamm aufsteigenden dopaminergen, noradrenergen koholtoleranz Folge einer und serotonergen (DA-, NA- und 5-HT-)- Systeme modulieren Unterfunktion der serotoner- die zentrale Neurotransmission. GABA, Gammaaminobuttersäure. gen Neurotransmission sein könnte. Diese serotonerge Funktionsstörung kann genetisch be- bedingten Verlangsamung des Alkoholdingt sein oder als Folge früher sozialer abbaus steigt der toxische Metabolit Stressbedingungen auftreten. Sie ver- Acetaldehyd an und verursacht höchst mindert offenbar die Reaktion auf se- unangenehme Wirkungen, die die Bedierende, GABAerg (GABA, Gam- troffenen meist vor einem exzessiven maaminobuttersäure) vermittelte Wir- Alkoholkonsum und der Entwicklung kungen des Alkohols (15, 23, 46). einer Alkoholabhängigkeit bewahren Abbildung 1 zeigt eine serotonerge (3). Die entsprechenden Genotypen, Funktionsstörung bei erwachsenen Pri- Varianten der Alkohol-Dehydrogenase maten. Die stressbelasteten Tiere wei- und der Aldehyd-Dehydrogenase, finsen einen verminderten Serotoninum- den sich häufiger bei Menschen aus Asisatz auf, der sich auch im Erwachsenen- en und könnten regionale Unterschiede alter noch nachweisen ließ, und eine er- in Trinkmustern und der Häufigkeit des höhte Verfügbarkeit ihrer Serotonin- Auftretens einer Alkoholabhängigkeit transporter. Die serotonerge Funkti- erklären (42). Gemeinsames Kennzeionsstörung war mit zwei Faktoren ver- chen dieser Risikofaktoren ist also, dass bunden, die zum späteren exzessiven sie mit einer geringen Ausprägung unAlkoholkonsum disponieren: erhöhter angenehmer Wirkungen akuten AlkoAggressivität und erhöhter Toleranz holkonsums einhergehen. Dies wird von gegenüber den Wirkungen akuten Al- den Betroffenen meist nicht als Gefahr, A 2280 sondern eher als vermeintliche Stärke erlebt („ich kann andere unter den Tisch trinken“). Gerade jene jungen Menschen, die viel Alkohol vertragen, sind aber besonders gefährdet, auf längere Sicht alkoholabhängig zu werden. Diese wichtige Beobachtung sollte gerade in der schulischen Präventionsarbeit verstärkt beachtet werden. Einfluss sozialer Isolation Rhesusaffen, die ohne Mütter aufwachsen müssen, zeigten in Studien als erwachsene Tiere einen exzessiven Alkoholkonsum (27). Während die Primaten vor der Pubertät eher ängstlich und angespannt sind, wirken die männlichen Tiere nach der Pubertät aggressiv und gereizt (23, 26). Als Folge der frühen sozialen Isolation findet sich bei diesen Tieren eine persistierende serotonerge Funktionsstörung, die mit der Schwere der Aggressivität und dem Alkoholkonsum korreliert (23). Möglicherweise konsumieren diese Tiere exzessiv Alkohol, weil dessen sedierende Wirkung dem Gefühl der Bedrohung und Angst entgegenwirkt. In Adoptionsstudien zeigte sich, dass auch Menschen, die in ihrer frühen Kindheit lange in Heimen leben mussten, als Erwachsene häufig exzessiv Alkohol konsumieren und ein erhöhtes Risiko aufweisen, alkoholabhängig zu werden (7, 12). Aus anthropologischer Sicht ist soziale Isolation einer der wichtigsten Stressfaktoren bei Menschen und Primaten (6). Verschiedene soziopsychologische Theorien verweisen auf die Bedeutung der fehlenden sozialen Integration und gesellschaftlichen Anerkennung (28) für die Entstehung abhängigen Verhaltens. Eine erhebliche Diskrepanz zwischen Wünschen und sozialen Möglichkeiten kann zum Rückzug in einen exzessiven Alkoholkonsum beitragen, und die gesellschaftliche Ablehnung und abwertende Etikettierung abhängigen Verhaltens kann die soziale Isolation weiter verstärken (45). Auch der Eintritt von Arbeitslosigkeit gilt als sozialer Stressfaktor, der bereits bestehende Alkoholprobleme verschärfen kann (25). Leider liegen fast keine Untersuchungen dazu vor, wie sich derartige Belastungen auf die neurobiologischen Korrelate ab- Deutsches Ärzteblatt½ Jg. 98½ Heft 36½ 7. September 2001 M E D I Z I N hängigen Verhaltens auswirken. Es ist bekannt und in vielen Studien dokumentiert, dass weitere individuelle, soziale und kulturelle Faktoren entscheidend zur Entwicklung einer Alkoholabhängigkeit beitragen. Zu diesen Faktoren gehören persönliche Einstellungen, kulturelle Trinkgepflogenheiten und Zwänge, das Konflikterleben und andere aktuelle Belastungen (25, 36, 45). Diese wichtigen Faktoren werden in nachfolgenden Artikeln im Deutschen Ärzteblatt erörtert. Neurobiologische Korrelate des chronischen Alkoholmissbrauchs In den aktuellen Klassifikationssytemen psychiatrischer Krankheiten der Weltgesundheitsorganisation (ICD-10) und der American Psychiatric Association (DSM-IV) wird der Alkoholmiss- a brauch nicht durch die Menge des konsumierten Alkohols, sondern durch die aufgrund von Alkoholkonsum auftretenden Folgeschäden definiert. Zu diesen zählen körperliche oder seelische Folgeschäden wie beispielsweise eine depressive Episode nach exzessivem Alkoholkonsum (22). Als einer der wichtigsten Schäden infolge von Alkoholkonsum ist die alkoholassoziierte Hirnatrophie zu nennen, die die graue und weiße Substanz betrifft und sich als Ventrikelerweiterung und Verbreiterung der Sulci in bildgebenden Verfahren darstellen lässt (Abbildung 2) (9, 32, 37). Bei vergleichbarem Alkoholkonsum sind Frauen von einer Hirnatrophie stärker betroffen als Männer (35). Die Hirnatrophie ist im frontalen Kortex und Zerebellum besonders ausgeprägt (33), findet sich aber auch im anterioren Hippocampus alkoholabhängiger Patienten, und zwar unabhängig vom Vorliegen eines Wernicke-Korsakow-Syndroms (53). Das Ausmaß der alkoholassoziierten Hirnatrophie im frontalen und temporalen Kortex ist klinisch besonders wichtig, da eine Störung der genannten Hirnareale die längerfristige Handlungsplanung und das Arbeitsgedächtnis beeinträchtigen und einen auf kurzfristige Belohnung angelegten Alkoholkonsum verstärken kann (2, 4, 13). Bei langfristiger Abstinenz bildet sich die Atrophie zumindest partiell zurück (32). Damit bildet die Alkoholabhängigkeit im Gegensatz zum irreversiblen Verlauf demenzieller Prozesse (zum Beispiel beim Morbus Alzheimer) ein heuristisches Modell, welches einen direkten Einblick in die Plastizität des menschlichen Gehirns erlaubt (34). Aufrechterhaltung der Alkoholabhängigkeit b Abbildung 2: Hirnatrophie mit Verbreiterung der Sulci und Ventrikelerweiterung bei einer Person mit chronischem Alkoholmissbrauch (a) im Vergleich zur Darstellung einer gleichaltrigen Kontrollperson (b) (MRT, sagittale Darstellung). Zu den Symptomen der Alkoholabhängigkeit zählen die Toleranzerhöhung, Entzugssymptome bei Beendigung des Konsums, ein Verlangen nach Alkohol, die Kontrollminderung beim Alkoholkonsum, ein anhaltender Missbrauch trotz schädlicher Folgen und ein Vorrang des Alkoholkonsums vor anderen Deutsches Ärzteblatt½ Jg. 98½ Heft 36½ 7. September 2001 Grafik 2 GABAerge Neurotransmission in der frühen Abstinenz. Alkoholkonsum in höheren Dosen sediert, ein Effekt, der über zentrale GABAA-Rezeptoren vermittelt wird. Bei chronischem Alkoholkonsum nimmt die Toleranz gegenüber diesen sedierenden Wirkungen zu und der Patient verträgt subjektiv mehr Alkohol. GABA, Gammaaminobuttersäure Aktivitäten und Verpflichtungen (29). Diese auf den ersten Blick heterogen wirkenden Symptome werden im Folgenden anhand ihrer neurobiologischen Korrelate diskutiert. Toleranzentwicklung und Entzugssymptomatik Bedeutsame Merkmale für ein neurobiologisches Verständnis der Alkoholabhängigkeit sind einerseits die zunehmende Toleranz gegenüber den Auswirkungen des exzessiven Alkoholkonsums und das Auftreten von Entzugserscheinungen bei Unterbrechung der Alkoholzufuhr und andererseits eine Sensitivierung gegenüber den verhaltensmodulierenden Wirkungen des Alkoholkonsums. Die Toleranzentwicklung und das Auftreten von Entzugssymptomen wurden von Edwards (16) in das Zentrum des modernen Abhängigkeitskonzepts gesetzt. Um das Konzept der Toleranzentwicklung zu verstehen, muss man sich vergegenwärtigen, dass das Gehirn als autoregulatives Organ auf die Beibehaltung einer Homöostase eingerichtet ist. Wird diese beispielsweise durch die alkoholbedingte Sedierung aus dem Gleichgewicht gebracht, reagiert das Gehirn mit einer gegenregulatorischen Verminderung der GABAA-Rezeptoren, über die ein wichtiger Teil der sedativen Wirkungen des Alkohols vermittelt wird (1). Vor kurzem gelang es der Arbeitsgruppe von Harris und Mitarbeitern (38, 39), A 2281 M E D I Z I N die Angriffsstelle des Alkohols am GABAA-Rezeptor zu identifizieren. Dabei handelt es sich um eine relativ kleine, durch 45 Aminosäuren gebildete „Tasche“, die die Alkoholwirkung auf den Ionenkanal des GABAA-Rezeptors vermittelt. Zudem blockiert Alkohol die Übertragung am glutamatergen NMDA-Rezeptor (NMDA, N-Methyl-D-Aspartat) (54). So kann zunehmend mehr Alkohol konsumiert werden, ohne dass eine exzessive Sedierung erfolgt. Diese Befunde könnten ein ganz neues Kapitel der Pharmakologie des Alkohols eröffnen. Die Kehrseite der Medaille ist die erhöhte Empfindlichkeit gegen eine Unterbrechung der Alkoholzufuhr. Denn zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts zwischen Erregung und Hemmung steigt die Zahl der durch Alkohol in ihrer Funktion behinderten NMDARezeptoren an (54). Im Entzug trifft der exzitatorische Botenstoff Glutamat auf eine erhöhte Zahl glutamaterger Rezeptoren, während sein Gegenspieler, der sedierende Neurotransmitter GABA, nur auf eine reduzierte Rezeptorenzahl einwirken kann (Grafik 2). Damit verschiebt sich das Gleichgewicht zwischen Exzitation und Sedation im Gehirn und es kann zu Krampfanfällen oder anderen Entzugssymptomen kommen (19, 54). In fortgeschrittenen Fällen genügt die Unterbrechung der Alkoholzufuhr während des Nachtschlafs, um eine morgendliche Entzugssymptomatik auszulösen. Diese morgendliche Entzugssymptomatik ist eines der verlässlichsten Symptome einer eingetretenen Alkoholabhängigkeit. Konditionierter Entzug Wenn eine Alkoholabhängigkeit eingetreten ist, wird der chronische Alkoholkonsum oft beibehalten, um das Auftreten von unangenehmen und körperlich bedrohlichen Entzugserscheinungen zu vermeiden (16, 59). Entzugserscheinungen können aber auch als konditionierte Reaktionen auftreten. Dann lösen Umweltreize, die bisher mit dem Alkoholkonsum assoziiert waren, im Organismus die Erwartung aus, dass jetzt der Alkoholkonsum unmittelbar bevorsteht. Das Konzept geht auf Wikler (58) zurück, der beobachtete, dass A 2282 Laborratten, die an eine Opiatgabe in einer bestimmten Umgebung gewöhnt waren, Entzugserscheinungen zeigten, wenn sie in dieser Umgebung kein Opiat erhielten. Wikler (58) und Siegel (51) folgerten, dass als konditionierte Reaktion Prozesse auftreten, die der Wirkung der Suchtsubstanz entgegengesetzt sind. Die Wirkung des Suchtmittelkonsums wird so begrenzt und eine zu starke Störung der Funktion des zentralen Nervensystems wird verhindert. Auf den Alkoholkonsum bezogen bedeutet das, dass beispielsweise die sedierende Wirkung des Alkohols durch eine konditionierte Verstärkung der exzitatorischen Übertragung im Nervensystem ausgeglichen wird. Kommt es allerdings nicht zur antizipierten Alkohol- NMDA-Rezeptor (41, 52). In kontrollierten Studien verringerte die Acamprosatgabe die Rückfallrate entgifteter Patienten (44). Möglicherweise sprechen gerade die Patienten besonders gut auf Acamprosat an, die unter einem konditionierten Alkoholentzug und Alkoholverlangen leiden (55). Sensitivierung und Alkoholverlangen Alkohol beeinflusst nicht nur die Wirkung inhibitorischer und exzitatorischer Botenstoffe wie GABA und Glutamat, sondern auch die Ausschüttung von Katecholaminen wie Dopamin, Serotonin und Noradrenalin und ihre Interaktion mit dem Neurotransmitter Acetylcholin. Dopaminerge, Grafik 3 Vor Konditionierung 10 Belohnung Licht Nach Konditionierung 10 -400 -200 0 Licht 200 400 600 800 -400 -200 0 200 400 600 ms Belohnung Beginn der Armbewegung Bedeutung der dopaminergen Neurotransmission für das Verlangen nach belohnenden Substanzen. Dargestellt ist ein Tierversuch von Schultz und Mitarbeitern (49) bei dem ein Affe erlernt, auf einen konditionierten Reiz hin (das Aufleuchten eines Lichts) einen Knopf zu drücken und so eine Banane zu erhalten. Wenn die Banane überraschend eintrifft, steigt die Entladungsrate der dopaminergen Nervenzellen im Belohnungssystem des Gehirns (oben). Das Tier lernt, dass das Aufleuchten des Lichts einen (konditionierten) Reiz darstellt, der nach der Durchführung einer zweckdienlichen Handlung das Eintreffen einer Belohnung (der Banane) verspricht. Sobald es dies gelernt hat, feuern die dopaminergen Neurone bei Präsentation des konditionierten Reizes, nicht aber beim Eintreffen der Banane (unten). einnahme, kann der Patient subjektiv die zentralnervöse Übererregung als innere Unruhe, Ängstlichkeit und Alkoholverlangen spüren (55). Die Übererregung des Zentralnervensystems im konditionierten Entzug kann durch die so genannte „AntiCravingsubstanz“ Acamprosat abgeschwächt werden. Acamprosat reduziert die glutamaterge Übertragung am serotonerge und noradrenerge Nervenzellen sind jeweils im Stammhirn lokalisiert, wirken mit aufsteigenden Projektionsbahnen modulierend auf eine Vielzahl zentraler Hirnareale ein und werden mit spezifischen Verhaltenskorrelaten in Verbindung gebracht (5, 59). Bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der Alkoholabhängigkeit kommt offenbar der Interaktion zwischen der opioid- Deutsches Ärzteblatt½ Jg. 98½ Heft 36½ 7. September 2001 M E D I Z I N ergen und dopaminergen Neurotransmission eine Schlüsselrolle zu (20). Das so genannte dopaminerge Belohnungssytem ist ein entwicklungsgeschichtlich altes System, das durch überlebensnotwendige Reize wie Essen oder Sexualität angesprochen wird. Dopaminerge Stimulation des ventralen Striatums, des Kernbereichs des hirneigenen Belohnungssystems, führt zum verstärkten Auftreten all jener Verhaltensweisen, die die Dopaminausschüttung verursacht haben (21). Wie andere Drogen mit Abhängigkeitspotenzial stimuliert Alkohol die Dopaminfreisetzung und verstärkt so den Alkoholkonsum (59). Der Grund für diese Verhaltensverstärkung liegt offenbar darin, dass Reize, die mit dem Alkoholkonsum gepaart Grafik 4 Sensitivierung der zentralen dopaminergen Neurotransmission. Akuter Alkoholkonsum stimuliert die Dopaminfreisetzung im Striatum. Chronischer Konsum und Entzug von Alkohol kann zu einer erhöhten Empfindlichkeit der zentralen dopaminergen Neurotransmission führen. Dabei können alkoholassoziierte Reize eine verstärkte präsynaptische Ausschüttung von Dopamin (DA) bewirken, das zudem postsynaptisch auf Dopamin-D1-Rezeptoren (DRD1) mit erhöhter Stimulierbarkeit trifft (21, 43, 60). sind, durch die begleitende Dopaminausschüttung als besonders begehrenswert erscheinen und das Individuum motivieren, nach diesen Reizkonstellationen zu suchen und Alkohol zu konsumieren (Grafik 3) (43, 50). Die dopaminerge Stimulation motiviert offenbar zu zielgerichteten Handlungen, um eine belohnende Substanz zu erringen, und ruft wahrscheinlich das Verlangen nach dieser Substanz hervor (55). Der Genuss beim Verspeisen der Belohnung ist dagegen nicht an die dopaminerge Aktivierung gebunden und könnte durch weitere Neurotransmittersysteme wie die opioiderge oder serotonerge Neu- rotransmission vermittelt werden. Die alkoholinduzierte Dopaminausschüttung spielt demnach eine wesentliche Rolle in der Entstehung des Alkoholverlangens („Cravings“). In prospektiven Studien war das Ausmaß der Veränderung der dopaminergen Neurotransmission mit einem hohen Rückfallrisiko verbunden (22, 24). Die alkoholbedingte Dopaminausschüttung wird teilweise durch Stimulation der m-Opiatrezeptoren vermittelt (20). Während die Dopaminfreisetzung entscheidend zum Alkoholverlangen beiträgt (43), könnte die Aktivierung weiterer Opioidrezeptoren im ventralen Striatum mit den angenehmen Gefühlen in Verbindung stehen, die durch Alkoholkonsum ausgelöst werden können. Zumindest stellt sich das Wohlbefinden, das durch Alkoholkonsum ausgelöst werden kann, nach Blockade der m-Opiatrezeptoren mittels Naltrexon nicht mehr ein (56). Das hirneigene Verstärkungssystem weist nun eine Eigenschaft auf, die für die Entstehung und Aufrechterhaltung der Alkoholabhängigkeit von entscheidender Bedeutung sein könnte: es wird durch wiederholten Alkoholkonsum immer empfindlicher (60). Diese Sensitivierung zeigt sich als erhöhte Attraktivität jener Reize, die mit dem Suchtmittelkonsum in Verbindung stehen (Grafik 4) (44). Selbst kleine Mengen konsumierten Alkohols und Reize, die mit einem früheren Alkoholkonsum verbunden sind, können deshalb eine verstärkte dopaminerge Neurotransmission auslösen, die sich als Alkoholverlangen und verminderte Kontrolle über den Alkoholkonsum zeigt. Wenn sich also ein Patient in eine Situation begibt, in der er regelmäßig Alkohol getrunken hat oder wenn er den Alkoholkonsum nach Entgiftung wieder aufnimmt, kann es zu einer verstärkten dopaminergen Neurotransmission im Belohnungssystem kommen, die sich als Alkoholverlangen und Kontrollminderung zeigt. Tatsächlich war der hirneigene Dopaminumsatz bei Patienten mit einem hohen Rückfallrisiko erhöht (17, 18). Eine Blockade der zentralen Dopaminrezeptoren beispielsweise durch Neuroleptika bietet sich allerdings nicht als therapeutische Strategie an, da das dopaminerge System bei Deutsches Ärzteblatt½ Jg. 98½ Heft 36½ 7. September 2001 allen neu auftretenden, Genuss oder Belohnung verheißenden Reizen anspringt (50). Seine Blockade würde also verhindern, dass ungewohnte, belohnungsanzeigende Reize die Patienten zu neuen Aktivitäten motivieren. In einer Situation, in der entgiftete Patienten andere genussvolle Tätigkeiten an die Stelle des Alkoholkonsums setzen sollen, wäre eine solche Blockade kontraproduktiv. Vielversprechender scheint zumindest bei einer Subgruppe der Patienten der Versuch zu sein, die Wirkungen des Alkoholkonsums auf die m-Opiatrezeptoren abzublocken und so das Verlangen nach Alkohol und die Lust am Trinken zu reduzieren (40, 56). Derartige medikamentengestützte Behandlungsversuche machen natürlich nur Sinn, wenn sie im Rahmen einer ganzheitlichen Behandlung unter Einbeziehung von Selbsthilfegruppen und Beratungsstellen erfolgen. ❚ Zitierweise dieses Beitrags: Dt Ärztebl 2001; 98: A 2279–2283 [Heft 36] Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist. Anschrift für die Verfasser: Prof. Dr. med. Karl Mann Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin Zentralinstitut für Seelische Gesundheit Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg 68159 Mannheim E-Mail: [email protected] In der Serie Alkoholismus sind bisher erschienen: Alkoholmissbrauch und Alkoholabhängigkeit Prof. Dr. med. Rainer Tölle Dt Ärztebl 2001; 98: A 1957 [Heft 30] Das Alkoholproblem in der Medizingeschichte Prof. Dr. med. Dr. phil. Heinz Schott Dt Ärztebl 2001; 98: A 1958–1962 [Heft 30] Alkoholassoziierte Organschäden Befunde in der Inneren Medizin, Neurologie und Geburtshilfe/Neonatologie Prof. Dr. med. Manfred V. Singer, Priv.-Doz. Dr. med. Stephan Teyssen Dt Ärztebl 2001; 98: A 2109–2120 [Heft 33] A 2283 M E D I Z I N Serie: Alkoholismus Karl F. Mann Neue ärztliche Aufgaben bei Alkoholproblemen Von der Behandlungskette zum Behandlungsnetz Zusammenfassung In Deutschland leben rund 4,3 Millionen Menschen mit behandlungsbedürftigen Alkoholproblemen. Eine suchtspezifische Therapie erhalten weniger als fünf Prozent. Die Folgen sind Chronifizierung, frühzeitige Berentung und eine um 15 Jahre verkürzte Lebenserwartung. Gab es früher im Wesentlichen nur eine wohnortferne Standardbehandlung, so ist nach jüngsten Forschungsergebnissen das Ziel der Abstinenz durch die individuelle Kombination und den teilweise auch wiederholten Einsatz ambulanter, teilstationärer oder stationärer Therapiemaßnahmen für sehr viel mehr Patienten erreichbar. Auf diesen Erkenntnissen baut ein neues, wissenschaftlich begründetes Konzept für eine wohnortnahe Behandlung von Menschen mit Alkoholproblemen auf. Ein zentrales Element der Akutbehandlung ist der „qualifizierte Entzug". P atientinnen und Patienten mit Alkoholproblemen sind sehr häufig in den Praxen niedergelassener Ärzte und Abteilungen der Allgemeinkrankenhäuser zu finden (Grafik 1). Dabei sind Ärzte auf kaum eine andere Patientengruppe durch Studium und Weiterbildung so wenig vorbereitet (25). Die Folge sind Unbehagen im Umgang mit Suchtpatienten und Mängel bei der Diagnosestellung. In der Regel werden weniger als die Hälfte der therapiebedürftigen Alkoholprobleme richtig erkannt (30, 37) (Tabelle 1). Als Grund für die Defizite in Diagnosestellung und Einleitung einer adäquaten Therapie werden häufig die geringen Heilungsaussichten genannt. Es ist ein Anliegen des vorliegenden Beitrags, diesen Eindruck zu korrigieren und die ermutigenden Erfolgszahlen jüngerer Therapieevaluationsstudien zu verbreiten (Tabellen 2 und 3). Angesichts der Inanspruchnahme diagnostischer und therapeutischer Leistungen wird das Potenzial eines verstärkten ärztlichen Engagements deutlich (Grafik 2). A 632 Er führt zu mehr Weitervermittlungen in Rehabilitationsbehandlungen und erzielt sechs bis acht Monate später Abstinenzquoten von 40 bis 50 Prozent. Die ärztlichen Möglichkeiten innerhalb des Therapienetzes werden durch bessere Fortbildung (Zusatzqualifikation „Suchtmedizinische Grundversorgung“) und den Einsatz neuer AntiCraving-Medikamente deutlich erweitert. Schlüsselwörter: Alkoholabhängigkeit, Entzugstherapie, Therapiekonzept, Entgiftung Summary The Doctors’ New Role Within the Network for the Treatment of Alcohol Problems Currently about 4.3 million people with alcohol problems in Germany need treatment. Although many of them are seen by their gen- eral practitioner only about 5 per cent receive specific interventions for harmful drinking or alcohol dependence. „Qualified withdrawal treatment" is a new approach which adds motivational techniques to standard acute treatment. Teaching courses of 50 hours duration are now offered to all doctors. Apart from improving their diagnostic skills, doctors are taught new techniques to motivate patients for changing their behavior. The prescription of “anticraving medication” such as acamprosate or naltrexone improve the chances of patients considerably. Altogether addiction research and addiction medicine provide medical doctors with much better tools for helping patients with alcohol and other substance-related problems nowadays. Key words: alcohol dependence, withdrawal treatment, therapy concept, detoxification Grafik 1 Patienten mit Alkoholproblemen in Arztpraxen und Allgemeinkrankenhäusern Eine Betrachtung von Prävalenzen, Mortalitätszahlen und volkswirtschaftlichen Auswirkungen unterstreicht die Bedeutung von Alkoholproblemen und Alkoholfolgekrankheiten. In den westlichen Industrienationen gehen rund 25 Prozent aller Todesfälle direkt oder indirekt auf die Einnahme psychotroper Substanzen zurück (28). Auch die durch Tod oder frühzeitige Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin (Direktor: Prof. Dr. med. Karl F. Mann), Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim, Universität Heidelberg Invalidität eingetretenen Verluste liegen bei etwa 25 Prozent: Zwölf Prozent sind durch regelmäßiges Rauchen bedingt und elf Prozent durch Alkohol (32). Neuere Untersuchungen in Deutschland beziffern die Zahl der Alkoholabhängigen auf etwa 1,6 Millionen. Dies entspricht etwa drei Prozent der erwachsenen Bevölkerung (fünf Prozent der Männer, knapp zwei Prozent der Frauen). Bei Frauen ist die Tendenz in den letzten Jahren ansteigend. Weniger als ein Drittel der alkoholabhängiDeutsches Ärzteblatt½ Jg. 99½ Heft 10½ 8. März 2002 M E D I Z I N ´ Tabelle 1 Die Rechtslage ´ Häufigkeit von Patienten mit Alkoholproblemen und Anteil der richtigen Diagnosestellung durch die Stationsärzte (modifiziert nach 30) Häufigkeit von Alkoholproblemen Davon richtig diagnostiziert (Prozent) (Prozent) HNO 43 – Psychiatrie 30 67 Innere Medizin 24 52 Chirurgie 21 20 Neurologie 19 46 Gynäkologie 12,5 7 n = 2002 gen Personen ist in Behandlung, viele davon nur sporadisch (37). In den Allgemeinkrankenhäusern erhalten nur neun Prozent spezifische Hilfen bezüglich der zugrunde liegenden Alkoholprobleme. 91 Prozent werden ausschließlich wegen ihrer somatischen Folgekrankheiten behandelt (14). Sechs Prozent aller Alkoholabhängigen finden den Weg in Suchtabteilungen der psychiatrischen Krankenhäuser und drei Prozent den in Suchtfachkliniken. Neben den Alkoholabhängigen gibt es etwa 2,7 Millionen Erwachsene, die einen „schädlichen Gebrauch“ von Alkohol betreiben und weitere 5 Millionen Personen mit einem „riskanten Konsum“ (5) (Grafik 3) (Definition: Textkasten 1). Nimmt man die´ Tabelle 2 se drei Gruppen zusammen, dann besteht in Deutschland bei etwa 9,3 Millionen Menschen alkoholbedingter Beratungs- oder Behandlungsbedarf. Neue Evaluationen belegen eine generelle Wirksamkeit therapeutischer Maßnahmen (Tabelle 2 und 3). Dies gilt sowohl für die pharmakologische (34, 38) wie für die psychotherapeutische Behandlung alkoholabhängiger Personen (27, 35, 47). In größerem Umfang durchgeführt, würden suchtspezifische Behandlungen nicht nur die Lebenssituation der Patienten verbessern, sondern auch einen Beitrag zur Senkung der auf rund 20 Milliarden A pro Jahr geschätzten Folgekosten leisten. Die Alkoholabhängigkeit wurde 1968 in einem Grundsatzurteil als Krankheit anerkannt. Somit besteht gemäß § 27 SGB V für krankenversicherte und behandlungsbedürftige Alkoholabhängige ein umfassender Anspruch auf Krankenbehandlung einschließlich der Sekundärprävention, das heißt der Früherkennung und Verkürzung der Dauer einer Krankheit. Die Behandlung umfasst körperliche, soziale und seelische Aspekte. Nach § 70 Abs. 1 SGB V muss eine Versorgung der Versicherten entsprechend dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse sichergestellt werden. Ferner muss die Versorgung „ausreichend und zweckmäßig“ sein und „wirtschaftlich erbracht“ werden. Weiterhin haben die Versicherten gemäß § 39 Abs. 1 SGB V Anspruch auf eine vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Pflege erreicht werden kann. In einer 1978 getroffenen und 2001 erneuerten „Empfehlungsvereinbarung“ zwischen Krankenkassen und Rentenversicherungsträgern wurde die Zuständigkeit bezüglich der Kostenübernahme geregelt: Die medizinische Grundversorgung wird von den Krankenkassen übernommen, während die Rehabilitation der Patienten mit dem ´ Ergebnisse nach qualifiziertem Entzug Olbrich 2001 Stetter und Mann 1997 Veltrup 1995 Böning et al. 2001 Bauer und Hasenöhrl 2000 (33) (46) (48) (3) (2) 3 Wochen allgemeinpsychiatrische Station 3 Wochen Suchtstation 6 Wochen Suchtstation 6 Wochen Suchtstation 4 bis 8 Wochen Suchtstation 6 Monate 8 Monate 8 Monate 12 Monate 28 Monate 102 227 196 151 92 Persönlich Telefonisch Persönlich Persönlich Postalisch Abstinenzrate der nachuntersuchten Patienten 58 % 52 % 58 % 45 % 51 % Abstinenzrate bezogen auf die Ausgangsstichprobe 48 % 46 % 38 % 36 % 32 % Behandlung Zeitpunkt der Nachuntersuchung Anzahl der Patienten Durchführung Deutsches Ärzteblatt½ Jg. 99½ Heft 10½ 8. März 2002 A 633 M E D I Z I N ´ Tabelle 3 ´ Ergebnisse nach stationärer Entwöhnungsbehandlung Stationäre Stationäre Stationäre/Ambulante Stationäre/Ambulante Langzeittherapie Langzeittherapie Therapie Therapie (20) (53) (23) (26) Stationäre Entwöhnungsbehandlung 4 bis 6 Monate (21 Kliniken) Stationäre Entwöhnungsbehandlung 6 Monate 6 Wochen stationär 1 Jahr ambulant 6 Wochen stationär 1 Jahr ambulant 6 Monate 1 Jahr 1 Jahr 1 Jahr Anzahl der Patienten 1 410 3 060 790 212 Abstinenzrate 67 % 60 % 68 % 67 % Behandlung Zeitpunkt der Nachuntersuchung Ziel einer Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit durch die Rentenversicherungsträger zu leisten ist. Zur Erreichung dieses Ziels ist die Erlangung einer dauerhaften Abstinenz wesentlich. Hieraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass das Ziel der absoluten Abstinenz ausschließlich Gegenstand von Rehabilitationsmaßnahmen sein könne, die Abstinenz somit gewissermaßen monopolisiert würde. Die genannten Rechtsgrundlagen sind insofern von großer Bedeutung, als in den letzten Jahren immer wieder versucht wurde, die stationäre Behandlung von Alkoholabhängigen unter Bezug auf die Empfehlungsvereinbarung von 1978 auf eine körperliche Entgiftung von wenigen Tagen zu beschränken. Eine derartige Verwaltungsvereinbarung regelt jedoch nicht den Gesamtumfang einer stationären Akutbehandlung von Suchtkranken, sondern lediglich ein bestimmtes Abgrenzungsproblem zum Beispiel zwischen verschiedenen Kostenträgern. Für Art und Umfang der stationären Behandlung sind, wie oben aufgeführt, lediglich die Paragraphen des SGB V maßgeblich. Hierauf stützt sich auch die Formulierung der Behandlungsbereiche Sucht 1 bis Sucht 6 der Psychiatriepersonalverordnung. Von der Behandlungskette zum Behandlungsnetz In den „Empfehlungen der Expertenkommission der Bundesregierung zur Reform der Versorgung im psychiatrischen und psychotherapeutisch/psycho- A 636 somatischen Bereich“ (6, 13) wird betont, dass das therapeutische Ziel der Abstinenz bei verschiedenen Patienten nur durch eine unterschiedliche Kombination von Maßnahmen (zum Beispiel ambulante, stationäre oder teilstationäre Behandlung, Betreuung durch Suchtberatungsstellen) zu erreichen ist. Dabei muss immer berücksichtigt werden, dass Rückfälle bei Patienten wenig mit Willen und nichts mit Charakter zu tun haben, sondern als Teil der Störung anzusehen sind und häufig erst einen weiterführenden therapeutischen Zugang eröffnen. Aus diesem Grund empfahl die Expertenkommission, dass nur eine Vielzahl differenzierter und leicht zugänglicher Einrichtungen und Versorgungsangebote, sowie flexible Übergänge zwischen den Versorgungsformen ein notwendiges Gesamtkonzept suchtspezifischer Versorgung darstellen. Dabei sollten sich die jeweiligen Versorgungsangebote flexibel den individuellen Behandlungsbedürfnissen anpassen. Ein solches Verbundsystem von Versorgungseinrichtungen lässt sich nur gemeindenah realisieren. Durch diese Vorgehensweise kann die Familie und das soziale Umfeld in die Therapie leichter einbezogen werden. Außerdem wird der Tatsache Rechnung getragen, dass viele Patienten nicht in der Lage sind, sich über einen längeren Zeitraum aus ihrer gewohnten Umgebung zu entfernen. Auch im Rahmen einer Expertise im Auftrag der Deutschen Hauptstelle gegen Suchtgefahren (1) wurde die wohnortnahe Versorgung als eines der Grundprinzipien der Suchthilfe genannt. Die Autoren empfehlen bezüglich der Weiterentwicklung der Suchtkrankenhilfe ausdrücklich die Bereitstellung von Angeboten, welche für Betroffene leicht zu erreichen sind. So kann der bisherigen Vernachlässigung bevölkerungsbezogener, auf Public Health abzielender Angebote wirksam begegnet werden, womit in erster Linie Maßnahmen der Sekundärprävention und Motivationsarbeit geGrafik 2 Anteil der Alkoholabhängigen, die in verschiedenen Einrichtungen behandelt werden (nach 41, 50). Deutsches Ärzteblatt½ Jg. 99½ Heft 10½ 8. März 2002 M E D I Z I N meint sind. Auf dieser Basis könnte die zeitgemäße Versorgung von alkoholabhängigen Personen die Komponenten enthalten, die in Grafik 4 aufgeführt sind. Grafik 3 Behandlungsziele differenzieren Diese Empfehlungen erfordern ein Umdenken bei den Behandlungszielen. Auch wenn die dauerhafte Abstinenz das Endziel sämtlicher therapeutischer Bemühungen bleiben muss, so ist doch eine Formulierung von individuell erreichbaren Zwischenzielen hilfreich, die sich an der momentanen Situation der Betroffenen orientiert. Dieses Umdenken greift Erfahrungen aus der Behandlung Drogenabhängiger auf, wo mit dem Begriff der „Schadensminimierung“ schon länger erfolgreich operiert wird (40). Die Übertragung des Konzeptes der Schadensminimierung wird dabei der chronischen Verlaufsform des Alkoholismus besser gerecht als das „chirurgische Modell“ einer einmaligen Operation, deren Erfolg dann am fehlenden „Willen“ des Patienten scheitert. Das Erreichen von Zwischenzielen vermittelt dagegen Erfolgserlebnisse und hilft, die allseitigen Frustrationen bei noch nicht erreichter dauerhafter Abstinenz abzubauen. Eine mögliche Hierarchie der Therapieziele für Menschen mit Alkoholproblemen ist im Textkasten 2 dargestellt. Bausteine des Behandlungsnetzes Primär ambulante Behandlung Das Prinzip der ambulanten Versorgung vor der stationären Behandlung gilt auch für Alkoholabhängige. Hier bietet sich ein weites Betätigungsfeld für niedergelassene Ärzte in Zusammenarbeit mit den Beratungsstellen (Grafik 1). Durch die Zusatzqualifikation der „Suchtmedizinischen Grundversorgung“ sowie durch die Einführung Abstinenz fördernder Medikamente wird der Bereich der haus- A 638 sorgungsverpflichtung psychiatrische Institutsambulanzen betreiben. Diese neue gesetzlich ermöglichte Behandlungsoption ist für psychisch Kranke mit einem chronischen oder chronisch rezidivierenden Verlauf vorgesehen, wobei Suchtkranke mit Komorbidität als Patientengruppe eigens genannt sind. Ambulante Entgiftung Häufigkeit von Alkoholproblemen in der Bevölkerung (5). Es sind 9,3 Millionen Personen betroffen oder gefährdet. ärztlichen Betreuung in Zukunft sehr an Bedeutung gewinnen. Neu entwickelte Verfahren zur Gesprächsführung mit Abhängigen wurden in dieser Serie bereits beschrieben (16). Ideal wäre eine zusätzliche Fachambulanz, die Patienten von niedergelassenen Ärzten und Beratungsstellen zur Diagnostik und eventuell zur Weiterbehandlung übernehmen könnte. Seit April 2001 besteht die Möglichkeit (§118 Abs. 2 SGB V), dass Allgemeinkrankenhäuser mit selbstständigen, fachärztlich geleiteten psychiatrischen Abteilungen mit regionaler Ver- Inzwischen liegen positive Befunde darüber vor, dass Entgiftungen bei relativ wenig beeinträchtigten Patienten (sozial integriert und motiviert) auch in einem ambulanten Rahmen mit gutem Erfolg durchgeführt werden können, sofern tägliche Arztkontakte gesichert sind (39). Soyka et al. (45) berichten von einem Modell, in dem die Patienten täglich für etwa eine Woche in eine Suchtambulanz kamen, wo sie eine pharmakologische Behandlung ihrer Entzugssymptomatik und zusätzlich etwa drei psychotherapeutische Einzelsitzungen nach den Prinzipien der „motivierenden Gesprächsführung“ (29) erhielten. Von 141 Patienten konnten 90 Prozent die Entgiftung erfolgreich beenden. 86 Prozent begaben sich nach ihrem Abschluss in eine weiterführende ambulante Therapie. Zehn Monate nach Beendigung Textkasten 1 Definitionen und Diagnosen Die Weltgesundheitsorganisation WHO ordnet die Zuständigkeit für Diagnostik, Behandlung und für Teilaspekte der Prävention von „substanzinduzierten Störungen“ dem Bereich der seelischen Gesundheit zu. In der derzeit gültigen 10. Version der ICD 10 werden die entsprechenden Diagnosegruppen genau definiert, abgegrenzt und operationalisiert. Von einer Abhängigkeit wird gesprochen, wenn mindestens drei von insgesamt sechs Kriterien im Laufe eines Jahres nachweisbar waren. ❃ Starker Wunsch oder Zwang, Alkohol zu konsumieren, ❃ Minderung der Kontrolle über Beginn, Umfang und Beendigung des Konsums von Alkohol, ❃ eine Toleranzentwicklung, ❃ das Auftreten von Entzugserscheinungen, ❃ die Vernachlässigung anderer Neigungen und Interessen zugunsten des Alkoholkonsums, ❃ die Fortführung des Alkoholkonsums trotz eindeutig eingetretener körperlicher, psychischer oder sozialer Folgeschäden. Der „schädliche Gebrauch“ ist von der Alkoholabhängigkeit abzugrenzen. Dies wurde früher als Missbrauch oder Abusus bezeichnet und definiert ein Konsummuster, das zu einer physischen (zum Beispiel Gastritis oder Pankreatitis infolge Alkoholkonsums) oder psychischen (zum Beispiel kognitive Störungen oder depressive Episode nach massivem Alkoholkonsum) Gesundheitsschädigung führt ohne die Kriterien einer Abhängigkeit zu erfüllen. Der „riskante Konsum“ leitet sich von der durchschnittlichen täglichen Trinkmenge beziehungsweise dem Konsum überhaupt ab (4). Die WHO nennt einen täglichen Alkoholkonsum von 20 g (0,2 Liter Wein oder 0,4 Liter Bier) für Frauen und 40 g (0,4 Liter Wein oder 0,8 Liter Bier) für Männer als Grenzwerte, deren Überschreitung innerhalb eines interindividuell unterschiedlichen Zeitraums zu Gesundheitsschädigungen führt. Manche Experten halten diese Grenze für zu hoch angesetzt. Deutsches Ärzteblatt½ Jg. 99½ Heft 10½ 8. März 2002 M E D I Z I N der Entgiftung waren 50 Prozent dieser Patienten abstinent und befanden sich weiterhin in ambulanter Therapie. Stationäre Entgiftungen in Allgemeinkrankenhäusern Die traditionelle körperliche Entgiftung konzentriert sich auf die Sicherstellung des Überlebens unter adäquater medikamentöser Behandlung der vegetativen Entzugserscheinungen oder des Vollbilds eines Delirium tremens (21, 39, 45). Wie bereits erwähnt, werden spezifische Maßnahmen gegen die Grunderkrankung der Abhängigkeit bisher in weniger als zehn Prozent der Fälle durchgeführt (14). Die Nachuntersuchungszahlen dieser traditionellen Entgiftung sind mit rund 40 Prozent Verstorbenen und nur fünf Prozent Abstinenten nach durchschnittlich acht Jahren außerordentlich schlecht (51). Entsprechend häufig müssen die Patienten zu weiteren Entgiftungen in die stationäre Behandlung zurückkehren (9). Somit wird das Überleben akut zwar gesichert, Krankheitseinsicht und die Motivation zur Veränderung des Verhaltens mit dem endgültigen Ziel der Abstinenz werden jedoch nicht systematisch gefördert und kaum erreicht. Im Laufe der letzten Jahre wurde wissenschaftlich belegt, dass wiederholte Entzüge zu immer gravierenderen Schäden führen zum Beispiel durch exzitotoxische Schädigungen von Neuronen (10). Als Kindlingphänomen wurde ein von mal zu mal stärkeres Ansprechen der in das Entgiftungsgeschehen involvierten Neurotransmittersysteme mit einer Kaskade weiterer Folgen beschrieben (zum Beispiel zerebrale Krampfanfälle). Es ist also nicht gleichgültig, ob jemand drei oder 13 Entgiftungen mitmacht. Die alte Vorstellung, wonach durch besonders schwere Entzüge eine besonders gute Motivation für weiterführende Behandlungen zu erzielen sei, erwies sich als deletär. Der frühere therapeutische Grundsatz, wonach die Patienten erst an einem Tiefpunkt angekommen sein müssen, um entsprechende Schritte einzuleiten, ist aus heutiger Sicht obsolet. Leider führt der administrative Aufwand infolge A 640 der Trennung der Zuständigkeiten zwischen Krankenkassen und Rentenversicherern immer noch zu Wartezeiten und unbefriedigender Inanspruchnahme der Rehabehandlung, womit erneute Entgiftungen mit allen geschilderten Konsequenzen nötig werden können. Eine wesentliche Verbesserung des bestehenden Versorgungssystems kann erreicht werden durch Liaison-Dienste im Rahmen der stationären Entgiftung in Allgemeinkrankenhäusern. Dabei sen der körperlichen Entgiftung. Anstatt die Entgiftung passiv zu erleiden, kann sie aktiv genutzt und gestaltet werden. Ansätze hierzu wurden schon 1988 in den Empfehlungen der Expertenkommission angedeutet. Unter dem programmatischen Titel „Keine Entgiftung ohne psychotherapeutische Begleitung“ stellten Mann und Stetter 1991 (22) eine Konzeptualisierung dieser Ideen vor. Wesentliche Merkmale der erweiterten Entgiftung, für die sich der Be- Grafik 4 Behandlungsnetz für Alkoholabhängige übernimmt eine suchtmedizinisch geschulte Fachkraft die Weiterbildung und Supervision der Ärztinnen und Ärzte sowie des Pflegepersonals. Von Fall zu Fall können auch direkte Patientenkontakte wahrgenommen werden. Nach Pörksen et al. (36) könnte eine zusätzliche Fachkraft im Rahmen eines Alkohol-Liaison-Dienstes für etwa 320 Betten zuständig sein. Die Rate der Vermittlung in weiterführende Therapieangebote kann mit diesen Maßnahmen nahezu verdoppelt werden (von 29 Prozent auf 42 Prozent [11], von 29 Prozent auf 56 Prozent [14], von 19 Prozent auf 33 Prozent [19]). Qualifizierte Entzugsbehandlung Eine weitere Möglichkeit zur Verbesserung der Versorgung von alkoholabhängigen Personen liegt in der besseren therapeutischen Nutzung der Pha- griff „qualifizierte Entzugsbehandlung“ durchgesetzt hat, sind neben einer differenzierten, somatisch gut fundierten Diagnostik und Behandlung der Entzugssymptome und der körperlichen Begleiterkrankungen und Folgeerkrankungen (42, 52) vor allem das Fehlen abwehrender Aufnahmeprozeduren, motivationsprüfender Schwellen oder abwertender Konfrontationen. Therapeutische Maßnahmen zur Motivationsbildung bezüglich Therapieantritt, Abstinenz und Veränderungen im Verhalten und in der Lebensführung sind essenzielle Bestandteile und tragen wesentlich zur Qualifizierung des Entzugs bei (29). Hier wird also die körperliche Entzugssituation als Chance aufgefasst, durch gezielte psychotherapeutische Beeinflussung Motivationsarbeit zu leisten. Ziel dieser Maßnahmen ist die konsequente Erarbeitung einer Deutsches Ärzteblatt½ Jg. 99½ Heft 10½ 8. März 2002 M E D I Z I N hinreichenden Krankheitseinsicht, die, über verschiedene Motivationsstrategien verstärkt, letztendlich zu der Bereitschaft des Patienten führt, eine weiterführende Behandlung anzutreten. Ein derartiger Prozess ist langwierig, sodass die Behandlungsdauer mit drei bis sechs Wochen anzusetzen ist. Damit wird auch das protrahierte Entzugssyndrom mit seiner erhöhten Rückfallgefährdung besser beherrscht. Dieses Konzept konnte von der Arbeitsgruppe des Autors empirisch validiert werden (24, 46). Ähnliche Ergebnisse wurden auch von Forschungsgruppen in Jena, Lübeck, Mannheim und Würzburg vorgelegt (Tabelle 2) (2, 3, 33, 48). Im Sinne von sekundärpräventiven Maßnahmen wurde damit ein nachhaltiger Beitrag zu einer früheren Diagnostik und Intervention geleistet. Diese Resultate ließen sich nicht nur anhand von Erfolgszahlen bezüglich des Trinkverhaltens belegen, sondern auch durch eine Senkung der Kosten aufgrund signifikant geringerer Inanspruchnahme von Krankenbehandlungen in der Folgezeit (8). Die bereits aufgeführten Merkmale des qualifizierten Entzugs wurden in jüngster Zeit auch von anderen Stellen aufgegriffen und in Konsensuspapieren formuliert, zum Beispiel durch eine Arbeitsgruppe im Rahmen des „Landesprogramms gegen die Sucht Nordrhein-Westfalen“. Dieses vom Sozialministerium in Auftrag gegebene Konzept hat besonderes Gewicht, weil es einen Konsens zwischen den beteiligten Ärzten, Wissenschaftlern und Krankenkassen darstellt. Einvernehmliche Regelungen zu einer mehrwöchigen, stationären psychiatrischen Grundversorgung alkoholabhängiger Patienten wurden auch in Sachsen vereinbart. Tagesklinische Behandlung Zur Ergänzung ambulanter und vollstationärer Versorgung im Rahmen eines gemeindeintegrierten Behandlungssystems bietet sich eine tagesklinische Behandlung von Patienten mit Alkoholproblemen an. Dabei handelt es sich um ein Akutprogramm zur Wiederherstellung von körperlicher A 642 Textkasten 2 Hierarchie der Therapieziele bei Alkoholabhängigen ❃ Sicherung des Überlebens ❃ Behandlung von Folge- und Begleitkrankheiten ❃ Förderung von Krankheitseinsicht und Motivation zur Veränderung ❃ Aufbau alkoholfreier Phasen ❃ Verbesserung der psychosozialen Situation ❃ Dauerhafte Abstinenz ❃ Angemessene Lebensqualität und psychischer Funktionsfähigkeit mit Finanzierung durch die Krankenkassen (18). Hierfür haben sich verschiedene medizinische Maßnahmen und psychiatrisch psychologische Interventionen bewährt. Der tagesklinische Ansatz ermöglicht eine große Alltagsnähe, sodass der Transfer der im Rahmen der Behandlung erworbe- Bei etwa 30 bis 50 Prozent der alkoholabhängigen Personen liegt neben den Alkoholproblemen eine aktuelle psychische Störung vor (Komorbidität), die unter Umständen einer vollstationären Behandlung nicht bedarf, wo aber ambulante Maßnahmen nicht ausreichend wären (17). Die genannten Teilgruppen sind potenzielle Inanspruchnehmer einer tagesklinischen Behandlung. Alternativ zur hier geschilderten teilstationären Akutbehandlung kann die Tagesklinik auch der Ort für Entwöhnungsbehandlungen sein. In diesem Fall gelten im Wesentlichen die nachfolgenden Ausführungen. Ambulante Entwöhnungsbehandlung Im Jahr 1991 vereinbarten die Rentenversicherungsträger die „ambulante Rehabilitation Sucht“. Multiprofessionell zusammengesetzte und entsprechend qualifizierte Suchtberatungsstellen werden hier„Bei Ärzten und Pflegepersonal herrschen für auf Antrag zertifiziert. die Vorurteile, dass Suchtpatienten vorsätzlich und Ende 2000 waren dies 369 von 1 390 Beratungsstellen völlig freiwillig ihr Leben zerstören und es (31). Nach ersten Auswersomit eigentlich nicht mehr verdient haben, tungen sind die Therapien im Krankenhaus versorgt zu werden. Schließlich erfolgreich (31, 44). Allermüssten sie ,ja nur aufhören‘, ihre Suchtmittel dings berichteten Simon einzunehmen.“ und Palazetti (41) über die Jahresstatistik 1998 der amM. P. Krankenschwester, 6. 10. 2001 bulanten Beratungs- und Behandlungsstellen für nen Coping-Strategien in die persönli- Suchtkranke in Deutschland (EBISche Lebenswelt möglich wird. Bericht): „Gemessen an der GesamtFür die Tagesklinik geeignet sind zahl behandelter Klienten spielt die FiPatienten, bei denen der Chronifizie- nanzierung nach der Vereinbarung rungsprozess der Alkoholabhängig- über „ambulante Rehabilitation“ imkeit noch nicht stark fortgeschritten mer noch eine relativ geringe Rolle. Es ist, die noch sozial integriert sind und handelt sich um insgesamt etwa acht noch über ausreichend potenzielle Be- Prozent der stationären Behandlunwältigungsressourcen verfügen sowie gen.“ Patienten, bei denen nach Abschluss der körperlichen Entzugsbehandlung Stationäre Entwöhnungsbehandlung ein protrahiertes Entzugssyndrom besteht, das sich in depressiven Verstim- Diese Behandlungsform war lange mungen, erhöhtem Angstpegel und Zeit das Kernstück der Therapie von länger anhaltenden vegetativen Dys- alkoholabhängigen Personen. Sie wurregulationen, insbesondere Schlaf- de nach dem zweiten Weltkrieg ausgestörungen, ausdrückt. Bei diesen Pati- baut, als Alkoholkonsum und Folgeenten ist der rasche Übergang von der probleme sprunghaft stiegen. Von den stationären Behandlung zurück in den damals vorherrschenden KrankheitsLebensalltag mit einem hohen Rück- vorstellungen zur Alkoholabhängigkeit als einer „Charakterneurose“ ausfallrisiko verbunden. Deutsches Ärzteblatt½ Jg. 99½ Heft 10½ 8. März 2002 M E D I Z I N gehend, betrugen die stationären Behandlungszeiten neun bis zwölf Monate. Im Laufe der Zeit wurden sie auf sechs Monate reduziert und die Behandlung wurde vollständig in die Finanzierung der Rentenversicherungsträger gelegt. In den letzten Jahren haben immer mehr verhaltenstherapeutische Elemente Einzug in die Therapie gehalten und die tiefenpsychologischen Methoden ergänzt oder auch ersetzt. Hierzu gehören Analysen von Rückfallsituationen, Rollenspiele zur Rückfallprophylaxe, soziales Kompetenztraining, Alkoholexpositionstrainings und so weiter. Dank einer vom Verband Deutscher Rentenversicherungsträger in Auftrag gegebenen Evaluation weiß man relativ gut über die Wirksamkeit dieser Behandlungen Bescheid. Küfner und Feuerlein (20) legten Daten von 1 410 Patienten aus 21 Fachkliniken vor (Tabelle 3). Diese Studie hat zugleich ein paradoxes Ergebnis geliefert: Diejenigen Patienten, die nach gültigen Prognosekriterien die günstigsten Aussichten hatten, wurden zugleich am längsten behandelt. Langfristig werden Abstinenzraten von 46 Prozent nach vier Jahren (20) und 40 Prozent nach zehn Jahren berichtet (27). In den letzten Jahren legen neuere und kürzere gemeindenahe Therapiemodelle den Schluss nahe, dass vergleichbare Therapieresultate auch mit weniger Aufwand erreichbar sind (23, 26). Somit trat neben der Effektivität der Gesichtspunkt der Effizienz in den Vordergrund. Es ist jedoch weitgehend unbestritten, dass die stationäre Langzeittherapie auch in der Zukunft für eine Reihe von alkoholabhängigen Personen notwendig sein wird, zumal ein Zusammenhang zwischen Therapiedauer und Therapieerfolg wahrscheinlich ist (43). Allerdings gehen die Empfehlungen dahin, die Fachkliniken stärker in die regionale Versorgung einzubinden. Außerdem müssten klarere Indikationskriterien entwickelt werden, wonach eher die schwer abhängigen, bisher therapieresistenten und nicht die motivierten Patienten mit ohnehin schon guter Prognose tatsächlich längerfristig stationär behandelt werden. A 644 Ambulante Nachbetreuung Nach einer (teil-)stationären Entzugsoder Entwöhnungstherapie sollte eine ambulante Nachbetreuung angeboten werden. Sie dient der Unterstützung bei der Wiedereingliederung ins Alltagsleben und bietet eine schnelle und für die Patienten unkompliziert zu erreichende Interventionsmöglichkeit während akuter psychischer Krisen mit hoher Rückfallgefährdung. Der Schwerpunkt einer ambulanten Nachbetreuung ist die Beibehaltung der Abstinenz und die Stabilisierung der in der (teil-)stationären Phase initiierten Verhaltensänderung. Eine besondere Rolle sollte hier der Zusammenarbeit von Beratungsstellen mit niedergelassenen Ärzten zukommen. Dies setzt allerdings eine wesentlich bessere Aus-, Weiter- und Fortbildung in Suchtmedizin sowie eine angemessene Honorierung voraus. Neben der regelmäßigen ambulanten Betreuung der leichter Abhängigen und weniger Geschädigten durch Haus- und Fachärzte hat sich die regelmäßige Teilnahme an Selbsthilfegruppen bewährt (zum Beispiel Anonyme Alkoholiker, Blaukreuzler, Guttempler und so weiter). Anti-Craving-Substanzen in der ambulanten Rückfallprophylaxe In den letzten Jahren konnten die therapeutischen Möglichkeiten in der ambulanten Nachbetreuung mit der Einführung so genannter Anti-Craving-Substanzen wesentlich erweitert werden. Sie reduzieren das Verlangen nach Alkohol und verdoppeln die Abstinenzaussichten annähernd. Außerdem verblieben in einer großen Doppelblindstudie Patienten mit Acamprosat signifikant länger in der ambulanten Behandlung als mit Placebo behandelte Patienten (38). Bisher wurden Substanzen mit Wirkungen auf das cholinerge, glutamaterge, serotonerge und opioiderge System klinisch geprüft. Auf der Basis dieser Befunde kann eine Therapieempfehlung für den Glutamatmodulator Acamprosat gegeben werden. Naltrexon, ein Opiatantagonist, ist eine viel versprechende Alternative, die in Deutschland bisher aber nur in anderer Indikation zugelassen ist (21). Weitere Substanzen befinden sich derzeit in der klinischen Prüfung. Manuskript eingereicht: 5. 11. 2001, revidierte Fassung angenommen: 16. 11. 2001 ❚ Zitierweise dieses Beitrags: Dtsch Arztebl 2002; 99: A 632–644 [Heft 10] Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist. Anschrift des Verfassers: Prof. Dr. med. Karl F. Mann Lehrstuhl für Suchtforschung Universität Heidelberg Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin Zentralinstitut für Seelische Gesundheit J 5 68159 Mannheim E-Mail: [email protected] In der Serie Alkoholismus sind bisher erschienen: Alkoholmissbrauch und Alkoholabhängigkeit Prof. Dr. med. Rainer Tölle Dtsch Arztebl 2001; 98: A 1957 [Heft 30] Das Alkoholproblem in der Medizingeschichte Prof. Dr. med. Dr. phil. Heinz Schott Dtsch Arztebl 2001; 98: A 1958–1962 [Heft 30] Alkoholassoziierte Organschäden Befunde in der Inneren Medizin, Neurologie und Geburtshilfe/Neonatologie Prof. Dr. med. Manfred V. Singer, Priv.-Doz. Dr. med. Stephan Teyssen Dtsch Arztebl 2001; 98: A 2109–2120 [Heft 33] Neurobiologie der Alkoholabhängigkeit Prof. Dr. med. Karl Mann Dtsch Arztebl 2001; 98: A 2279–2283 [Heft 36] Missbrauch oder Abhängigkeit von Alkohol Frühdiagnostik und Frühintervention in der Praxis Prof. Dr. phil. Ulrich John Dtsch Arztebl 2001; 98: A 2438–2442 [Heft 38] Beziehung von Alkoholismus, Drogen und Tabakkonsum Priv.-Doz. Dr. med. Anil Batra Dtsch Arztebl 2001; 98: A 2590–2593 [Heft 40] Psychische und soziale Folgen chronischen Alkoholismus Prof. Dr. med. Michael Soyka Dtsch Arztebl 2001; 98: A 2732–2736 [Heft 42] Deutsches Ärzteblatt½ Jg. 99½ Heft 10½ 8. März 2002