MAGAZIN Whale and Dolphin Conservation Society Ausgabe 02/2012 www.wdcs.org EDITORIAL Ein großes Thema: Schutzgebiete Liebe Wal- und Delfinfreundinnen, Liebe Wal- und Delfinfreunde, seit Februar 2012 leite ich als Elternzeitvertretung von Ruth Gründler das Deutschland-Büro der WDCS. Ich bin Juristin und war viele Jahre in der Entwicklungszusammenarbeit tätig. Ich freue mich nun sehr, meine Erfahrungen aus den Bereichen Qualitätssicherung und Wissensmanagement im Arten- und Umweltschutz einzusetzen. Ich kann mich dabei auf das Wissen und die Erfahrungen eines hoch motivierten und engagierten Teams verlassen, was mir meine neue Aufgabe sehr erleichtert. Das Jahr 2012 ist schon weit fortgeschritten. Im April hat sich die Explosion der Ölförderplattform Deepwater Horizon zum zweiten Mal gejährt. Die ökologischen Folgen dieser Katastrophe sind immer noch gravierend, ein regelrechtes Delfinsterben hat in der Region eingesetzt. Im Mai haben wir unsere große Meeresschutzgebietskampagne gestartet, rechtzeitig zum Europäischen Tag der Meere (21. Mai) und dem Tag des Ostsee-Schweinswals am 20. Mai, dessen Lebensraum in vielfältiger Weise bedroht ist. Nur Meeresschutzgebiete, die nicht einzig und allein auf dem Papier bestehen, sind ein Garant für ein sicheres Leben dieser wunderbaren Tiere. Im Juni findet die weltweit wichtigste Umweltkonferenz Rio+20 statt und es tagt die internationale Walfangkommission, diesmal in Panama. Die WDCS wird vor Ort durch Experten vertreten sein und den Walen und Delfinen in diesen Gremien eine starke Stimme verleihen. Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre unseres Magazins und bedanke mich bei Ihnen für Ihre Unterstützung, die unsere Arbeit erst möglich macht! Ihre Franziska Walter Executive Management WDCS Deutschland Der Schweinswal: Ein kleiner Wal lebt in deutschen Gewässern dortigen Gewässern werden massiv Windkraftanlagen geplant. In Deutschland gelten hingegen strengere Regeln und die Niederlande und Dänemark haben wieder andere Regeln. Umweltschutzorganisationen wie der WDCS kommt daher die Rolle zu, auf die Umsetzung des vereinheitlichten europäischen Naturschutzrechts und der Festsetzung von gemeinschaftlich strengen Bestimmungen zu drängen. Mit höchstens 1,85 Meter Länge und einem Gewicht von 60 bis 76 kg zählt der Schweinswal zu den kleineren Vertretern der Meeressäuger. Seine Gestalt ist eher unauffällig, seine Färbung charakteristisch für viele Meerestiere: Der kräftige Körper ist am Rücken dunkel gefärbt, sodass sich die Tiere von oben gegen den dunklen Meeresgrund kaum abheben. Die Bauchseite hingegen ist weißlich bis hellgrau: So verschmelzen die Farben von unten mit dem helleren Himmel. Im Vergleich zu den aktiven und allseits bekannten Großen Tümmlern ist der Schweinswal, Phocoena phocoena, ein scheuer und unaufregender Geselle. Meist lassen die Tiere nicht viel von sich sehen und haben es daher nicht zu so großer Popularität wie ihre Verwandten gebracht. Doch der geschulte Beobachter erkennt den kleinen Wal an der geringen Körpergröße, dem typischen rollenden Schwimmstil und der kleinen dreieckigen Rückenflosse. Außerdem charakteristisch für Schweinswale ist das Geräusch, das die Tiere manchmal beim Ausatmen erzeugen. Es klingt wie ein Schnäuzen oder Schnaufen und brachte den Schweinswalen vielleicht ihren Namen. Der englische Begriff für Schweinswale »porpoise« - leitet sich vom lateinischen »porcus« (Schwein) ab. Doch es gibt auch andere Theorien und Vermutungen über die Herkunft des Namens »Schweinswal«. So soll der kleine Wal den Römern als Schweinefleischersatz gedient haben. Zahlreichen Gefahren ausgesetzt Die kleinen Säuger sind wie viele ihrer größeren Verwandten massiv bedroht. Zu den größten Gefahren gehören der Beifang in Fischernetzen, die Vergiftung durch ins Meer geleitete Giftstoffe, der Lärm unter Wasser sowie die zunehmende Überfischung der Meere. Durch Überfischung wird ihnen die Nahrungsgrundlage entzogen und von Fischern ausgebrachte Stellnetze töten vor allem in der Ostsee jährlich unzählige Wale. Europaweit sterben jedes Jahr über 10.000 Schweinswale durch menschliche Aktivitäten! Eine umfassende Regulierung der Fischerei ist notwendig, um Schweinswale und andere Meeressäuger sowie bedrohte Fischarten zu schützen. Dabei ist eine räumliche oder zeitliche Beschränkung von schädigenden Fischereimethoden sicher die effizienteste Maßnahme. Mit den derzeit üblichen Baumethoden wird beim Bau von Windkraftanlagen intensiver Schall erzeugt, der Schweinswale und Schweinswale sind in Kleingruppen oder alleine unterwegs. Typisch für den Schweinswal sind die dreieckige Rückenflosse und der gerundete Kopf ohne Schnabel. andere Organismen empfindlich stört, ja sogar direkt verletzen kann. Vor allem wenn der Bau in der Nähe von wichtigen Schweinswalhabitaten oder Schutzgebieten durchgeführt wird, ist eine Reduktion des Schalls dringend notwendig. Erprobte und wirksame Methoden zur Schalldämmung oder alternative Methoden für das Verankern der Fundamente im Meeresboden müssen intensiver gefördert und erforscht werden. Die WDCS fordert, dass diesbezüglich zwingende Verordnungen verabschiedet werden. Zuhause in der Nord- und Ostsee Schweinswale leben ganzjährig in der Nord- und Ostsee und treten meist einzeln oder in kleinen Gruppen auf. Das Gebiet vor den Inseln Amrum und Sylt ist ein besonders wichtiger Lebensraum für die kleinen Gesellen: Hier ziehen sie bevorzugt ihre Jungen auf. Aus diesem Grund wurden die Gewässer vor Sylt vom Land Schleswig-Holstein bereits im Jahr 1999 zu einem speziellen Schutzgebiet für Schweinswale erklärt. Doch es hat einen großen Schwachpunkt: Die Erklärung besteht weitgehend nur auf dem Papier! Die touristische Nutzung wurde in keinerlei Hinsicht eingeschränkt, Fischer bringen weiterhin Stellnetze aus, die jährlich den Tod von tausenden Schweinswalen verursachen, Abwässer verschmutzen das Meer und militärische Übungen finden direkt im Schutzgebiet statt. Ein weiteres Ziel unserer Kampagne für Meeresschutzgebiete ist es, diesen sogenannten »Paper Parks« Zähne zu verleihen und dafür zu sorgen, dass effiziente Maßnahmen zum Schutz der Tiere und Gebiete zeitnah umgesetzt werden. Ein anderer Hotspot von Schweinswalen ist die Doggerbank, eine riesige, zentral in der Nordsee liegende unterseeische Sandbank. Die Doggerbank gilt als ökologisch wertvoll und ist traditionell ein Hauptfanggebiet für die Fischerei in der Nordsee. Die hohe Artenvielfalt ist Lebensgrundlage für viele Fische, die große Mengen Seevögel und auch Schweinswale anziehen. Bedenklich ist, dass die vier Staaten, die für das Gebiet verantwortlich sind, bisher nicht in der Lage waren, ein einheitliches Schutzkonzept zu entwickeln. In England gilt der Schweinswal zum Beispiel als nicht besonders schutzwürdig und in den Die dritte bekannte »deutsche« Schweinswalpopulation lebt in der Ostsee und ist vom Aussterben bedroht. Sie zählt nur noch wenige hundert Tiere und somit gehört der Ostsee-Schweinswal zu den am meisten bedrohten Säugetierarten der Welt. Schweinswale warten auf Ihre Hilfe! Sie leiden unter Nahrungsmangel, sterben in Stellnetzen und sind durch Lärm belastet. Bitte unterstützen Sie unsere Kampagne für die Errichtung von Meeresschutzgebieten mit Ihrer Spende. Vielen herzlichen Dank für Ihre Hilfe! Bitte verwenden Sie den beiliegenden Überweisungsträger oder lassen Sie uns Ihre Spende auf folgendes Konto zukommen, Kennwort: Schweinswal Stadtsparkasse München BLZ 701 500 00, Kto-Nr: 162164 IBAN: DE59701500000000162164 BIC: SSKMDEMM Ein Schweinswal erzählt … In unserem neuen Blog versetzen wir uns in den kleinen Wal und schildern die Dinge aus seiner Perspektive. Mehr über Schweinswale und unsere Kampagne zu Meeresschutzgebieten finden Sie unter www.wdcs-de.org/betheirvoice Wir fordern eine sichere Heimat für Wale und Delfine! WDCS-Kampagne zur Einrichtung von Meeresschutzgebieten Um das langfristige Überleben von Walen und Delfinen sicherzustellen, ist es unumgänglich, die Regionen zu bewahren, in denen sie leben. Ziel der WDCS ist es, die Auswahl und Einrichtung von großen Meeresschutzgebieten voranzutreiben, sodass wichtige Lebensräume für verletzliche und gefährdete Populationen geschützt sind. Was zeichnet ein Meeresschutzgebiet aus? Ein Meeresschutzgebiet (MPA) ist ein bestimmter Bereich im Meer, in dem Teile des Ökosystems oder das Gebiet als Ganzes per Gesetz vor der (Über-)Nutzung durch den Menschen bewahrt werden sollen. Der Schutz kann sich dabei auf Arten oder Artengruppen (z.B. Fische, Wale oder besonders seltene Arten) oder auf bestimmte Lebensräume (z.B. Korallenriffe oder Wattenmeere) beziehen. In jedem Fall werden bestimmte Nutzungsformen (z.B. Fischerei, Walfang, Tourismus, Ölbohrungen) eingeschränkt oder verboten. Costa Rica Dome 1 Schutzgebiet ist nicht gleich Schutzgebiet Während ein Nationalpark z.B. strengen Schutz der Natur garantiert, ist in einem Naturschutzgebiet eine vielfältige Nutzung möglich. Oft sind konkrete Schutzmaßnahmen und erlaubte bzw. verbotene Aktivitäten sogar für jedes einzelne Schutzgebiet speziell festgeschrieben. Daraus ergibt sich, dass »Schutzgebiet nicht gleich Schutzgebiet« ist. Vor allem ist zu beachten, dass der eigentliche Schutz erst durch die Umsetzung, also die Überwachung der Einhaltung von Schutzbestimmungen erreicht wird. Da dies oft nicht ausreichend der Fall ist, spricht man nicht selten von »Paper Parks«. Gemeint sind damit Schutzgebiete, die eigentlich nur auf dem Papier bestehen, ohne dass der anvisierte Schutz im Gebiet tatsächlich umgesetzt wird. Weil die Kontrolle von Bestimmungen auf dem Meer besonders schwierig ist, leiden Meeresschutzgebiete daher nicht selten unter mangelnder Umsetzung. In der EU-Umweltpolitik spielt das Netzwerk aus Natura2000-Schutzgebieten eine herausragende Rolle. Blauwal Das Gebiet beherbergt eines der reichsten tropischen Meeresökosysteme. Zudem handelt es sich um eines der seltenen Gebiete, in denen Blauwale sich sowohl paaren als auch auf Nahrungssuche gehen. Pottwale und verschiedene tropische Delfinarten kommen hier ebenfalls vor. Pottwal Die erst kürzlich zum Schutzgebiet erklärte Zone in der französischen Karibik soll auf weitere karibische Gewässer wie beispielsweise den dänischen Bereich ausgeweitet werden. Arten, die man dort beobachtet, sind Buckelwale, Pottwale, Schlankdelfine, Atlantische Große Tümmler, Kleine Schwertwale und Zwergschwertwale. Amazonas-Flussdelfin Diese Initiative hat sich zum Ziel gesetzt, ein Netzwerk stark geschützter Bereiche für Flussdelfine zu schaffen. Vom Schutz profitieren würden Amazonas-Flussdelfine, darunter auch der Bolivianische Flussdelfin, Tucuxi und Amazonas-Sotalia. Grindwal Dieses vorgeschlagene Areal im Westatlantik würde einen wichtigen Lebensraum für Jungfische und ein Dutzend Wal- und Delfinarten, darunter Blau-, Buckel- und Pottwale, Nördliche Entenwale, Grindwale, Orcas und verschiedenste Delfine und Schweinswale schützen. Rundkopfdelfin Das hier vorgeschlagene Meeresschutzgebiet ist einer der wichtigsten Lebensräume für Wale und Delfine in europäischen Gewässern. Hier leben Zwergwale, Rundkopfdelfine, Atlantische Große Tümmler und Schweinswale sowie Riesenhaie und Steinadler. Finnwal Bei diesem Gebiet handelt es sich um einen der facettenreichsten Lebensräume von Walen und Delfinen im Mittelmeer. Grindwale, Pottwale, Finnwale und Cuvier-Schnabelwale sowie vier Delfinarten und eine Gruppe von ungefähr 30 Orcas leben hier. Sanctuary of the French Antilles (AGOA) 2 South American River Dolphin Protected Area Network (SARDPAN) 3 Southeast Shoal of the Grand Bank MPA 4 Hebrides Marine Reserve and Cetacean Critical Habitat Network 5 Alboran Sea MPA and Specially Protected Area of Mediterranean Importance 6 Saya de Malha Banks MPA 7 Buckelwal 5 12 6 2 Irawadi-Delfin Man hat festgestellt, dass die Sundarbans-Mangroven extrem wichtige Lebensräume für acht Delfinarten darstellen, darunter der Ganges-Delfin, der Irawadi-Delfin und der Indische Schweinswal sowie der Schlankdelfin und der Ostpazifische Delfin. Stupsfinnen-Delfin Australien entwickelt ein Netzwerk von Meeresschutzgebieten rund um seine Küste. Die von der Regierung vorgeschlagenen Schutzzonen für Wale und Delfine sind aber bis heute nicht durchgesetzt. Blau-, Buckel-, Pottund Südliche Glattwale sowie Australische Stupsfinnen-Delfine sind aber dringend darauf angewiesen. Hector-Delfin Einige bereits bestehende Schutzgebiete haben geholfen, die Zukunft des bedrohten Neuseeland-Delfins vorläufig zu sichern, aber sie haben die Abnahme ihrer Anzahl nicht stoppen können. Im vorgeschlagenen Schutzgebiet würden alle Treib- und Schleppnetze an wichtigen Stellen der Küste in Gewässern bis zu 100 Metern Tiefe verboten werden. Orca Dieses vorgeschlagene Schutzgebiet in der Antarktis würde das größte noch bestehende und unberührte Kontinentalschelf-Ökosystem der Welt schützen. Im Rossmeer leben der Antarktische Zwergwal und drei Ökotypen der Orcas, die eines Tages zu drei unterschiedlichen Arten erklärt werden könnten. Zwergwal Dieses Biosphären-Reservat ist das zurzeit größte Meeresschutzgebiet in Russland. Wir schlagen eine Erweiterung sowie eine spezielle Schutzzone für Wale und Delfine vor. In den kalten Gewässern des Nordpazifiks leben Orcas, Pott-, Finn- und Zwergwale, Baird-Schnabelwale sowie Dall-Hafenschweinswale und Gewöhnliche Schweinswale. West Australian Cetacean Marine Sanctuary Network 9 8 1 3 Protected Area Network for Cetacean Diversity 8 4 Einmal um den Globus Meeresschutzgebiete weltweit Neben den deutschen Gewässern hat die WDCS weltweit zwölf Gebiete oder Netzwerke von Gebieten ausgewählt, die für viele verschiedene Wal- und Delfinarten wichtig sind und unserer Einschätzung nach unter Schutz gestellt werden sollen. Die Saya de Malha Bank ist die größte Meeresbank der Welt und noch kaum erforscht. Blau- und Buckelwale leben hier, während Pottwale und verschiedene tropische Delfine die tieferen Gewässer im Umkreis bewohnen. 7 New Zealand Hector's Dolphin Protected Area Network 10 9 Ross Sea Marine Reserve 11 10 Mehr unter www.wdcs-de.org/betheirvoice Commander Islands and Kamchatka Cetacean Reserve Network 12 11 Unsere Aktivitäten im Rahmen der WDCSKampagne gegen den Walfang Walfang, Walbeobachtung und Walfleischkonsum in Island Die WDCS zeigt auf: Walfangverantwortliche in neues Ökofisch-Label involviert Islands Gewässer zählen zu den Hotspots für die Beobachtung von Großwalen und jährlich kommen rund 600.000 Touristen nach Island, die meisten aus den USA, England und Deutschland. Leider gehört Island auch zu den wenigen Ländern, die Wale jagen, darunter gefährdete Finnwale. Diese grausame Praxis dauert an, obwohl viele Isländer selbst gar kein Walfleisch essen. Der inländische Markt für das Fleisch der Meeressäuger ist klein und jedes Jahr exportieren die Walfangunternehmen Tonnen von Walfleisch nach Japan. Immer mehr Menschen möchten mit ihrem Konsumverhalten Einfluss nehmen und so zum Beispiel auch Fisch aus verantwortungsvoller Fischerei kaufen. Dabei bleibt ihnen keine andere Wahl, als den Herkunftslogos zu vertrauen, die einen nachhaltigen Umgang mit der Ressource Fisch versprechen. Die WDCS hat nun aufgedeckt, dass bei einem neuen isländischen Ökofisch-Label (IRF - »Iceland Responsible Fisheries Programme«) die Verantwortlichen Verbindungen zur Walfang-Industrie haben. Fischprodukte mit dem IRF-Logo werden bereits über renommierte ÖkoErzeugerverbände in deutschen Biomärkten vertrieben. Die WDCS fordert die Verantwortlichen des IRF-Labels auf, ihre Beziehungen zur Walfang-Industrie zu beenden, damit der ökologisch interessierte Verbraucher sich auf die Integrität des Labels verlassen kann. Nachhaltiger Fischkonsum darf nicht mit der isländischen Walfangindustrie in Verbindung stehen, denn diese Industrie hat mit einem verantwortungsvollen Umgang mit unserer Umwelt nichts zu tun und verstößt gegen international geltende Abkommen. Die WDCS klärt auf Dennoch wird Walfleisch in ganz Island als »lokale Küche« angeboten. Eine Versuchung, der gerade Touristen - auch aus Deutschland - oftmals nicht widerstehen können. So verzehren ausländische Touristen 35 bis 40% des Fleisches der vor Island getöteten Zwergwale - und dies trägt dazu bei, den kommerziellen Walfang in Island am Leben zu erhalten. Die WDCS möchte deshalb Island-Touristen ermuntern, Wale gemeinsam mit einem verantwortungsvollen Tourenanbieter zu erleben, und klärt über die Folgen des Verzehrs von Walfleisch auf - nicht nur für die intelligenten Meeressäuger, sondern auch für die Walbeobachtungsindustrie. Dazu haben wir ein Lesezeichen drucken lassen, das Islandtouristen mit einer positiven Message davon abhalten soll, Walfleisch zu kosten. Das Lesezeichen wird in Kooperation mit Reiseanbietern in Deutschland und Walbeobachtungsunternehmen in Island an möglichst viele Islandurlauber verteilt. Ein Zwergwal durchbricht die Meeresoberfläche welch ein faszinierender Anblick! Vorschau auf die kommende Tagung der Internationalen Walfangkommission in Panama Indigener Walfang In diesem Jahr wird die IWC die Quoten für den indigenen Subsistenzwalfang für die nächsten fünf Jahre festlegen. Die WDCS lehnt jede Form des Walfangs ab, respektiert aber unterschiedliche kulturelle Zugänge. Wir rufen die Regierungen der betreffenden Staaten auf, die Notwendigkeit des Subsistenzwalfangs genau zu prüfen und die Quoten dem tatsächlichen Bedarf anzupassen (was eine Herabsetzung der Quoten bedeuten würde). Wir hoffen, dass irgendwann auch dieser Form des Walfangs ein Ende gesetzt wird. Walschutzgebiet im Südatlantik Bereits im Jahr 2001 hatten Brasilien und Argentinien den Antrag auf Einrichtung eines Walschutzgebietes im Südatlantik eingebracht. Im Jahr 2012 wird sich Uruguay den beiden Staaten beim Schutzgebietsantrag anschließen. Die WDCS unterstützt den Antrag seit dem Jahr 2001 und fordert die IWC-Mitgliedsstaaten auf, für ihn zu stimmen. Japans Walfang Japan setzt die Jagd auf Wale fort und verkauft weiterhin Walfleisch. Die WDCS lehnt dies mit Nachdruck ab. Japan nutzt ein Schlupfloch innerhalb des IWC-Vertrags, das Walfang für wissenschaftliche Zwecke gestattet. Die WDCS ist davon überzeugt, dass keine Wale für Forschungszwecke sterben müssen. Wir unterstützen nicht-invasive Forschungsmethoden, bei denen die Tiere nicht beeinträchtigt werden. Zwei Jahre danach - die Lehren und Leeren der Katastrophe im Golf von Mexiko Eine Katastrophe untermesslichen Ausmaßes: die brennende Ölplattform »Deepwater Horizon« im Golf von Mexico. Am 20. April 2010 explodierte die Bohrplattform »Deepwater Horizon« im Golf von Mexiko. Zahlreiche Versuche, das Leck in der Tiefe zu verschließen, scheiterten und erst drei Monate später konnte das Öl durch eine neue Abdichtung erstmals am Ausströmen gehindert werden. Im September 2010 wurde das Ölleck am Meeresboden durch eine Betonfüllung versiegelt. Die unmittelbaren Auswirkungen sind ein Umweltdesaster: Der Ölteppich breitete sich über den Golf von Mexiko an den Küsten der US-Bundesstaaten von Louisiana, Alabama und Mississippi aus. Auch die Chandeleur Islands, eines der ältesten Naturschutzgebiete der USA, waren betroffen. Helfer aus der ganzen Welt stellten sich dem Mammutprojekt, die Strände von Louisiana und Florida, das Meer und Vögel von Ölklumpen zu befreien. Doch vielen Tieren konnte nur noch der Gnadenschuss weiteres Leiden ersparen. Die US-Armee entsendete Hubschrauber, um über Flussdeltas Sandsäcke als Schutzmauer gegen eindringendes Öl abzuwerfen. Fischer durften ihrer Arbeit monatelang nicht nachgehen und unzählige Tiere starben. Ende Mai 2010 veranlasste die US-Regierung ein halbjähriges Moratorium für neue Tiefseebohrungen. British Petroleum (BP) hatte währenddessen bereits hohe finanzielle Einbußen zu beklagen, aber das endgültige Ausmaß der Katastrophe sollte noch längst nicht erreicht sein. 32 Ölunternehmen klagten gegen das von der Regierung auferlegte Bohrungsverbot. Das Gericht entsprach dieser Klage am 22. Juni 2010, der Ölbohrstopp wurde aufgehoben. Im Juli 2010 gab BP zu, sowohl technische als auch menschliche Fehler begangen zu haben. Halliburton, der amerikanische Konzern, der für die Zementfüllung nach der Explosion verantwortlich war, sowie Transocean, der Betreiber der Ölplattform, wiesen jegliche Vorwürfe zurück und beschuldigten BP, alleine für die Katastrophe verantwortlich zu sein. Das Bohrloch sei schlichtweg schlecht konstruiert worden. Trotz der Katastrophe im Golf von Mexiko erhielt BP bereits im August 2010 - nur vier Monate nach der Explosion auf der »Deepwater Horizon« - die Erlaubnis für Tiefseebohrungen im Mittelmeer. BP darf nun vor der Libyschen Küste mit der gleichen Technik und in noch größerer Tiefe als im Golf von Mexiko Öl fördern. Damit wird das vermutlich größte Ölfeld Afrikas (30.000 km²) erschlossen werden. Proteste von Ländern nördlich der libyschen Küste wie Italien und Malta blieben ungehört und kritische Stimmen im eigenen Land, die vor den Risiken für die Tourismusindustrie warnten, wurden ignoriert. Auch jetzt, rund zwei Jahre nach dem Unfall, werden weitere Umweltfolgen bekannt. Seit Februar 2010 werden ungewöhnlich viele Meeressäuger an den Stränden im Golf von Mexiko tot angeschwemmt. So erhöhten sich die Strandungen an den Küsten von Franklin County, Florida, bis zur Grenze Texas/Louisiana, von jährlich durchschnittlich 70 Tieren in den Jahren 2002 bis 2009 auf 265 im Jahr 2010 und 362 im Jahr 2011. Zwischen Januar und März 2012 wurden bereits 92 Tiere aufgefunden (Quelle: Webseite der National Oceanic and Atmospheric Administration). Obwohl die Zahl der toten Delfine weiter ansteigt, dringt kaum Information über die mögliche Todesursache der Tiere an die Öffentlichkeit. Presseinformationen zufolge hat die zuständige US-Behörde ein Redeverbot verhängt, das den Forschern verbietet, über ihre Erkenntnisse hinsichtlich der Todesursachen zu sprechen. BP taxiert seinen finanziellen Schaden durch die Katastrophe auf rund 41 Mrd. Dollar (etwa 30,5 Mrd. Euro). Über einen 20 Mrd. Dollar schweren Entschädigungsfonds zahlte der Konzern bereits knapp acht Mrd. Dollar an Betroffene aus. 7,8 Mrd. Dollar, die während eines Sammelklagen-Prozesses gegen BP ausgehandelt wurden, sollen ebenfalls dem Fonds entnommen werden. Für den Kampf gegen die Ölpest musste BP 13,6 Mrd. Dollar aufbringen. Dennoch schloss BP das Geschäftsjahr 2011 mit einem überraschend hohen Gewinn ab. Der Konzern saß Ende 2010 zwar auf einem Schuldenberg von 29 Mrd. Dollar, trennte sich aber von weniger lukrativen Ölfeldern und Raffinerien, die nicht zum Kerngeschäft gehörten. Der hohe Ölpreis trug des Weiteren dazu bei, dass BP wieder schwarze Zahlen schrieb. Die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko verdeutlicht den verantwortungslosen Umgang der Ölindustrie mit dem marinen Lebensraum. Trotz der Katastrophe, deren Ausmaß nie in vollem Umfang erfasst werden kann, wird die Erschließung von Ölfeldern in besonders sensiblen Ökosystemen wie der Tiefsee fortgesetzt. Die WDCS wird Politiker und Verantwortliche in der Industrie weiter in die Pflicht nehmen und sich vehement für den Schutz von Walen und Delfinen einsetzen! Delfine essen? Es klingt unglaublich, doch offenbar nimmt der menschliche Konsum von Delfinfleisch jährlich weltweit zu. Neben Japan, dem Schauplatz grausamer Delfintreibjagden, und der Jagd auf Grindwale auf den zu Dänemark gehörenden FaröerInseln gibt es eine ganze Reihe von Nationen - vor allem Entwicklungsländer - in denen Delfine zunehmend gejagt werden. Das Fatale dabei: Menschen weichen häufig auf Delfinfleisch aus, nachdem die Fischbestände massiv überfischt wurden. In einigen asiatischen sowie afrikanischen Ländern wird Delfinfleisch auch als Köder für Haie verwendet, deren Flossen dann einen hohen Preis am Markt erzielen, da sie in Fernost als »Feinkost« verkauft werden. So führt die Überfischung der Meere auch über Umwege dazu, dass Meeressäuger immer mehr unter Druck geraten. Eine Arbeitsgruppe der IWC zum Thema des so genannten »Marine Bushmeat« setzt sich nun intensiver mit dem Thema auseinander - die WDCS ist mit dabei. WDCS erzielt Erfolg auf EU-Ebene Ziel der EU-Meeresschutzstrategie (als Teil der »Integrierten Meerespolitik für die Europäische Union«) ist es, alle Mitgliedstaaten der EU zu verpflichten, bis zum Jahre 2020 für einen »guten Umweltzustand« in den nationalen Meeren zu sorgen. Dazu wurden elf Bewertungskriterien definiert, die alle gemeinsam eine Aussage über den Zustand der Meere liefern sollen. Einer dieser Deskriptoren ist Energie bzw. Unterwasserschall. Auf Grund der Kontroverse bei diesem Thema hat die EU-Kommission eine ca. 20-köpfige wissenschaftliche Arbeitsgruppe eingerichtet und die WDCS um Mitarbeit gebeten. Einen ersten Erfolg gibt es bereits, da im aktuellen Arbeitsbericht auch die Wirkung von Unterwasserlärm auf die Tiere berücksichtigt wird. Bisher wurde dieser wichtige Aspekt ignoriert. Darüber hinaus hat sich die WDCS an einer gemeinschaftlichen Kritik der deutschen Naturschutzverbände an der gegenwärtigen Beschreibung des Zustandes der deutschen Meeresumwelt beteiligt. In dieser sind einige problematische Zustände nicht erwähnt. Diese Beschreibung ist wichtig, da Probleme nur gelöst werden können, wenn sie auch als solche erkannt werden. Erfreulich ist, dass Deutschland als erstes europäisches Land seinen Zustandsbericht zur Konsultation veröffentlicht hat. Die EU muss bis 2020 für einen »guten Umweltzustand« in den nationalen Meeren sorgen. WDCS setzt sich für Meeresschutzgebiete in Schottland ein Ein Großer Tümmler beim Fischfang. Wir setzen uns vor Ort für ein Schutzgebiets-Netzwerk für die Tiere ein. Die schottische Regierung möchte ein Netzwerk von Schutzgebieten für Schottlands reiche Meereswelt schaffen. Das sind grundsätzlich fantastische Aussichten, doch besteht das Risiko, dass Wale und Delfine nicht davon profitieren. Die WDCS setzt sich dafür ein, dass bei der Auswahl der Schutzgebiete auch jene Lebensräume berücksichtigt werden, die für Wale und Delfine wichtig sind. Dabei erhielten wir bereits großartige Unterstützung! Über 10.000 Unterschriften konnten wir schon sammeln, die unser Vorhaben unterstützen - dies macht Eindruck auf die Entscheidungsträger! Die Auswahl der Schutzgebiete wird zurzeit diskutiert und so wie es aussieht, werden sich die Gespräche noch über den Sommer hinziehen. WDCSMitarbeiterin Sarah Dolman sitzt mit den Interessensvertretern und Politikern an einem Tisch, stellt die von uns ausgearbeitete Liste an Schutzgebieten vor und erläutert die Bedeutung dieser Gebiete für Wale und Delfine. Wir informieren Sie weiterhin auf www.wdcs-de.org über die Kampagne und bitten Sie um Ihre Unterschrift auf der Online-Petition. Bitte informieren Sie auch Ihre Freunde, Verwandten und Bekannten, sodass wir die sensationelle Anzahl von 10.000 Unterschriften noch verdoppeln können! Für eine EU ohne Delfinarien Auch in Deutschland gibt es noch drei Delfinarien, in denen Delfine in kleinen Betonbecken leben. In der freien Natur schwimmen die Tiere hunderte Kilometer am Tag und leben in großen Familiengruppen. Deshalb möchte die WDCS auf lange Sicht die Schließung aller Delfinarien in Europa erreichen. Bitte unterstützen Sie diese Forderung mit selbst gefalteten Origami-Delfinen, die gemeinsam mit mindestens 10.000 weiteren Papier-Delfinen im Oktober 2012 den Abgeordneten des Europäischen Parlaments überreicht werden. Bitte basteln Sie mit! Eine Bastelanleitung liegt diesem Magazin bei. Impressum / Medieninhaberin: WDCS, Whale and Dolphin Conservation Society gGmbH, gemeinnützige Körperschaft, AG München HRB 126158 WDCS, 81245 München, Altostraße 43, Tel: 089 6100 2393 | Fax: 089 6100 2394 | E-Mail: [email protected] | www.wdcs.org Für den Inhalt verantwortlich: Franziska Walter, Julia Neider | Grafik & Layout: Roman Richter Fotos: © Regina Asmutis-Silvia, Isabel Beasley, Alison Gill, GREMM, Nicola Hodgins, Miguel Iñiguez, Lucy Molleson, Leigh Ogden, Charlie Phillips, Public Domain, Dagmar Schröder, Alison Smith, Jeremy Stafford-Deitsch, Michael J. Tetley, Deb Thiele, Fernando Trujillo, John Y. Wang, WDCS Das WDCS-Magazin ist auf FSC-zertifiziertem Papier gedruckt, das chlorfrei gebleicht wird. FSC (Forest Stewardship Council) ist ein Zertifikat für Papier aus nachhaltiger Forstwirtschaft. Mehr unter www.fsc-deutschland.de Die WDCS ist die globale Stimme für den Schutz von Walen und Delfinen und ihrem Lebensraum