Tödlicher Lärm. In den «stillen» Ozeanen ist es laut geworden. Sondierbohrungen der Erdölindustrie, Schiffslärm und militärische Schallexperimente verursachen Jahr für Jahr mehr Unterwasserlärm. Für die sensiblen Wale mit ihrem hoch entwickelten Gehör ist die Dauerbelastung eine Folter – mit oft tödlicher Wirkung. Ab einem be­ stimmten Grad an Lärmbelastung versuchen die Tiere, vor dem Krach zu fliehen. Taub und desorientiert schnellen sie panikartig und viel zu schnell an die Ober­ fläche. Dabei platzen ihre Blutgefässe oder sie sterben an der so genannten Taucherkrankheit. Greenpeace fordert deshalb per sofort die Errichtung von grossen Meeresschutzgebieten, um die Meeressäuger vor dem Tod – und vor dem Aussterben – zu bewahren. Industrie Militär Kriegsschiffe senden mit einem Sonarsystem – dem Low Frequency Active Sonar LFAS – niederfrequente Schallwellen aus. Damit kann das Militär UBoote orten. Die Schallwellen haben eine Lautstärke von bis zu 250 Dezibel. Zum Vergleich: Ein Düsenjet bringt es auf 130 Dezibel Lautstärke – bei einem Abstand von 70 Metern. Akustische Scheuchvorrichtung Mit akustischen Scheuchvorrichtungen an Fischernetzen, so genannten «Pingern», werden Töne aktiv ausgesendet, um Wale und Delfine von den Netzen fernzuhalten. Zwar gelingt es damit, den Beifang einiger Wal- und Delfinarten zu verringern, die Lärmbelastung setzt die Tiere aber zusätzlichem Stress aus. Deshalb darf der «Pinger» nicht als Lösung des Beifangproblems in der Indus­ triefischerei herhalten. Drillbohrungen nach Öl und Gas oder die Auf- und Abbauarbeiten von Ölplattformen machen eine Menge Lärm. Hinzu kommen die damit verbundenen Transportmittel wie Lastschiffe und Tanker, die eine weitere immense Lärmquelle darstellen. Schall verbreitet sich unter Wasser fünfmal schneller als in der Luft und über eine Dis­ tanz von mehreren tausend Kilometern. Seismische Untersuchungen / Airguns Schiffsverkehr Bei seismischen Untersuchungen des Meeresbodens wer­den­ Schallwellen eingesetzt, die über mögliche Erdölund Erdgasvorkommen Auskunft geben. «Airguns», seismische Hochenergie-Luftkanonen, schiessen dabei alle paar Sekunden mit einem Schalldruck von bis zu 260 Dezibel durchs Wasser in den Meeresboden. Airguns gehören damit zu den schlimmsten Lärmquellen, mit denen Meereslebewesen heute zu kämpfen haben. Der Schiffsverkehr hat in den letzten Jahren explosionsartig zugenommen – bereits sind über 90 000 Schiffe auf unseren Meeren unterwegs. Öltanker und Containerschiffe verursachen den Grossteil des Lärms. In Küstengebieten tragen aber auch kleinere Boote wie Ausflugsschiffe, private Motorjachten oder Scooters immer mehr zur Lärmbelastung bei. Auswirkungen von Lärm auf Wale und Delfine. Ozeane sind keine schweigende Leere, sondern ein Reich der Akustik. Wale, Delfine, andere Meeressäuger und Schildkröten sind auf akustische Kommunikation angewiesen – zur Orientierung, zur Futtersuche, zur Paarung oder zur sozialen Verständigung unter­ einander. Der Lärmpegel steigt – wie wissenschaftliche Messungen zeigen – im Schnitt jedes Jahrzehnt um 3 bis 5 Dezibel an. Die menschgemachte Lärmkulisse im Meer übertönt die Natur zusehends. Die Tiere verlieren die Orientierung, sind in ihrer Nahrungssuche behindert und stehen unter permanentem Stress, der sich auf ihr gesamtes Verhalten auswirkt. Der Versuch, dem Lärm auszuweichen, kostet die gestressten Tiere zusätzlich Energie. Dies ist umso schlimmer, als die friedlichen Riesen der Ozeane seit langem vom Aussterben bedroht sind. Vom Atlantischen Nordkaper beispielsweise gibt es weltweit nur noch 300 Tiere. Doch nebst der tödlichen Bedrohung durch Unterwasserlärm werden Wale nach wie vor kommerziell gejagt, verenden als Beifang in den Netzen der Industriefischerei, leiden unter der immer schlimmer werdenden Meeresverschmutzung und gehören zu den ersten Opfern der Klimaerwärmung. Es muss daher alles darangesetzt werden, den Bestand der Wale zu erhalten. Denn: Jeder tote Wal ist einer zu viel. Greenpeace fordert deshalb, grosse Meeresgebiete per sofort unter Schutz zu stellen. Tödliches Gift. Whale Watching statt Whale Hunting. Whale Watching boomt: Gut 12 Millionen Menschen nehmen weltweit jährlich an Bootstouren teil. Der Umsatz wird auf mehrere Milliarden Franken geschätzt. Der ökonomisch lukrative Wildlife-Touris­ mus ist ein gutes Argument für den Wal­ schutz und gegen den Walfang. Jedoch haben sich einige Whale-WatchingTouren zu Massenveranstaltungen entwickelt. Verantwortungsvolle Veranstalter bemühen sich deshalb um eine sanfte Form von Whale Watching, bei der die Tiere die Nähe und Intensität der Begegnung bestimmen. Whale Watching – die besten Plätze in Europa. Schwermetalle und Dauergifte aus Indus­ trie, Mülldeponien, Tankerunfällen und chemischen Düngemitteln machen das Meer zu einem Giftcocktail. Diese Giftstoffe sammeln sich in den Körpern von Walen als letztem Glied in der Nahrungkette an. Im Fett von Orcas an der kanadischen Küste wurde beispielsweise ein PCBGehalt (poly­chlorierte Biphenyle) gemes- sen, der das zum Verzehr gesetzte Mass von 3 ppm (Teile pro Millionen) um das 137fache überschreitet. Greenpeace untersuchte gestrandete Pottwale auf ihren Schadstoffgehalt. Die Giftkonzentration war so hoch, dass die Tiere als Sondermüll ent­ sorgt werden mussten. Die angereicherten Gifte machen Walfleisch ungeniessbar – und die Bejagung sinnlos. 1 Halbinsel Snæfellsnes, Island 2 Andenes und Tysfjord, Norwegen 3 Solovetskiy-Inseln, Russland 1 4 Hebriden, Schottland 5 Moray Firth, Schottland 6 Dingle-Halbinsel, Schottland 7 Cape Clear, Irland 8 Cardigan Bay, England 9 Sylt, Schleswig-Holstein 10Sein, Ouessant, Molène, Frankreich 11Golf von Biskaya, Frankreich/Spanien 12Insel Losinj, Kroatien 13Ligurisches Meer, Italien/Frankreich 14Azoren, Portugal 15Gibraltar, Spanien/Grossbritannien 16Kanarische Inseln, Spanien 2 3 4 5 9 8 6 7 10 11 13 12 14 15 16 Blas – verräterische Fontänen. Tödliche Harpunen. Buckelwal Nordkaper Blauwal Finnwal Seiwal Zwergwal Grauwal Pottwal Stösst ein Wal mit hohem Druck seine Atemluft aus, kondensiert sie in der kälteren Umgebung. Dabei entsteht eine charakteristische Fontäne (Blas), an der sich die Walart schon von weitem bestimmen lässt. Obschon Wale auf der Roten Liste bedrohter Tiere stehen, werden sie von Japan, Norwegen und Island nach wie vor schonungslos gejagt. Japan schreckt nicht einmal davor zurück, im antarktischen Schutzgebiet Jagd auf die vom Aussterben bedrohten Riesen zu machen. Dies, obschon für Walfleisch weltweit kein Ab- satzmarkt mehr vorhanden ist. In Japan sind die Kühlhäuser zum Bersten voll. Kaum jemand will mehr Fleisch essen, das mit Dauergiften belastet ist. Heute wird es deshalb in Schulkantinen an Kinder verteilt oder zu Katzen- und Hundefutter verarbeitet. Tödlicher Klimawandel. Greenpeace fordert. • Es soll ein weltweites Netzwerk von Meeresschutzgebieten errichtet werden: Mindestens 40 Prozent der Meere müssen dauerhaft geschützt werden. • Die Internationale Walfangkommission IWC muss die Waljagd endlich stoppen. Auch Japan, Island und Norwegen müssen sich an das Moratorium halten. • Die rücksichtslose Plünderung der Meere mit zerstörerischen Fischereimethoden muss aufhören und der Beifang – Wale, Delfine, Schildkröten und viele andere Meeressäuger – auf ein Minimum reduziert werden. • Militärische Sonareinsätze müssen auf ein Minimum reduziert werden. Die Manövergewässer müssen vor den Sonareinsätzen auf Wale abgehorcht werden. Nur wenn keine Meeressäuger hörbar sind, dürfen Sonare zum Einsatz kommen. • Die Meere dürfen nicht als Müllkippen missbraucht werden. Gifteinträge und radioaktive Einleitungen müssen aufhören. Die Überdüngung der Meere muss gestoppt werden. Das können Sie tun. • Achten Sie beim Kauf von Fisch darauf, welche Sorten Sie unbeschwert geniessen können. Lesen Sie dazu unseren Fischführer «Welcher Fisch darf auf den Tisch» auf www.greenpeace.ch. • Kaufen Sie Produkte aus biologischem Anbau. Damit helfen Sie, die ins Meer fliessende Menge an Düngemitteln zu reduzieren. • Schonen Sie das Klima und damit auch das Meer: Gehen Sie sorgfältig mit Strom um und versuchen Sie, Ihre persönliche CO2-Bilanz zu verbessern. Lesen Sie mehr dazu in unserem Energiesparführer auf www.greenpeace.ch. Die Klimaerwärmung lässt die Polarkappen schmelzen und raubt damit Walen, Robben und vielen anderen Tieren die Nahrungsgrundlage. Denn durch den Wegfall der schützenden Eisdecke verringert sich der Bestand des Planktons und damit die Menge an Krill, der Hauptnahrung der Wale. Der Krillbestand in der Antarktis ist seit den 70er-Jahren bereits um drastische 80 Prozent gesunken. Die unterernährten Muttertiere produzieren in der Folge zu wenig Milch, um ihre neugeborenen Kälber zu säugen. Die kleinen Wale sind zu schwach, um die Reise vom Äquator zurück in die Antarktis zu schaffen, und sterben auf dem Weg an Erschöpfung. • Schreiben Sie Leserbriefe: Die Bedrohung der Wale darf in den Medien nicht untergehen. © Fotos Beilage: Greenpeace / Dorreboom / Kate Davison / Jeremy Sutton-Hibbert / Keith-Nels Swenson / Christoph Engel / Steven Josefsberg / Fred Dott / Daniel Beltra; Okapia / Malcom S. Kirk; Corbis / Denis Scott © Fotos Brief: Greenpeace / Richard Robertson © Illustration Couvert: Greenpeace / Lizzie Barber; Laurent Schmid