DAS FOLGENDE RUNDSCHREIBEN RICHTET SICH AN ALLE ZULASSUNGSINHABERINNEN VON PRÄPARATEN MIT WIRKSTOFFEN, DIE IN DER FORM VON MESILATEN, TOSILATEN ODER BESILATEN VORLIEGEN. 23. Okt. 2007 AUFFORDERUNG ZUR BEURTEILUNG DES RISIKOS DES AUFTRETENS VON MESILATESTERVERUNREINIGUNGEN UND VERWANDTER VERBINDUNGEN IN PHARMAZEUTISCHEN PRÄPARATEN Sehr geehrte Damen und Herren Präklinische Studien mit Mesilatestern haben gezeigt, dass durch deren DNSalkylierende Wirkung mutagene, karzinogene und teratogene Effekte induziert werden können. Es liegen jedoch keine entsprechenden Daten zu den Mesilatestern im Menschen vor. Aus diesem Grund fordert Swissmedic alle betroffenen Zulassungsinhaberinnen auf, eine Risikobeurteilung zum Vorhandensein dieser Verunreinigungen in ihren Präparaten vorzunehmen und Swissmedic zu informieren, falls ein Risiko festgestellt wird, welches korrigierende Massnahmen bei der Herstellung und der Kontrolle des Arzneimittels erfordert. Nachfolgend finden Sie unterstützende Informationen für Ihre Risikobeurteilung. (1) In welchen Präparaten können Mesilatester (oder Alkylmesilate) als Verunreinigungen auftreten? Alkylmesilate, wie z.B. Methansulfonsäuremethylester (MMS) und Methansulfonsäureethylester (EMS) sind Ester der Methansulfonsäure mit Methanol, Ethanol resp. mit anderen niederen Alkoholen. Alkylmesilate können daher als potenzielle Verunreinigungen insbesondere in Wirkstoffen, welche als Salze der Methansulfonsäure bzw. Mesilate vorliegen oder in Wirkstoffen, bei welchen Methansulfonsäure in der Synthese verwendet wird, enthalten sein. (2) Gibt es weitere potenziell gefährliche Sulfonsäuresterverunreinigungen, die in Arzneimitteln auftreten können? In Wirkstoffen, welche als Besilate (Benzolsulfonsäureester) und Tosilate (Paratoluolsulfonsäureester) vorliegen, könnten die analogen ArylsulfonesterVerunreinigungen enthalten sein; das Risiko ihres Auftretens sollte daher abgeklärt werden. (3) Gibt es einen Schwellenwert für diese Verunreinigungen, unterhalb dessen das Risiko vernachlässigbar klein ist? Welche Limiten sollten angewandt werden? Zur Festlegung der Limiten kann in der Praxis der TTC (Treshold of toxicological Concern) für genotoxische Verunreinigungen (vgl. EMEA Richtlinie „ Limits for Genotoxic Impurities“ EMEA/CHMP/QWP/251334/2006) angewandt werden. (Berechnung der anzuwendenden Limite: 1,5 microgramm dividiert durch die maximale Tagesdosis in g ergibt die Limite in ppm bezogen auf den Wirkstoff). (4) Welche gesetzliche Basis gibt es zur Begrenzung von Alkylmesilaten in pharmazeutischen Wirkstoffen? Im Europäischen Arzneibuch werden bei allen Monographien von Wirkstoffen, welche als Mesilate vorliegen, im Rahmen der Herstellung folgende Sicherheitsmassnahmen gefordert: „Das Herstellungsverfahren muss überprüft werden, um das Vermögen, Alkylmesilate zu bilden, abzuschätzen. Die Bildung von Alkylmesilaten ist besonders wahrscheinlich, wenn niedere Alkohole im Reaktionsmedium vorhanden sind. Falls erforderlich, wird das Herstellungsverfahren einer Validierung unterzogen, um sicherzustellen, dass im Endprodukt keine Alkylmesilate nachweisbar sind“. (5) Wie sind diese Anforderungen in der Praxis umsetzbar? Die Herstellung und Lagerung der betroffenen Wirkstoffe und Fertigpräparate sollte einer Risikoanalyse in folgenden Punkten unterzogen werden (nicht abschliessend): • Werden bei der Wirkstoffherstellung niedere aliphatische Alkohole wie Methanol, Ethanol, n-Propanol, Isopropanol als Lösungsmittel in Anwesenheit von Methansulfonsäure (resp. Benzolsulfonsäure, Paratoluolsulfonsäure) oder der entsprechenden Säurechloride verwendet? Falls ja, wird die Entstehung von Alkylmesilaten oder der analogen Alkylbesilate und -tosilate minimiert und ist ein effizienter Reinigungsschritt nachgeschaltet? • Sind geeignete Spezifikationen und validierte Prüfmethoden vorhanden, um die Alkyl- oder Arylsulfonsäureesterverunreinigungen im Wirkstoff (am TTC) nachzuweisen? • Wird die Qualität der Ausgangsstoffe Methansulfonsäure (Benzolsulfonsäure, Paratoluolsulfonsäure) bezüglich Alkyl- oder Arylsulfonsäureesterverunreinigungen (z.B. EMS und MMS in Methansulfonsäure) und der entsprechenden Säurechloride kontrolliert? Sind geeignete Spezifikationen und validierte Prüfmethoden dafür vorhanden? • Ist sichergestellt, dass durch die Verwendung von mit Sulfonsäureestern oder verwandten Verbindungen verunreinigten Sulfonsäuren als Ausgangsstoffe zur Wirkstoffherstellung keine Überschreitung des TTC für die potenziell genotoxischen Verunreinigungen im Wirkstoff erfolgt? Das kumulative Risiko verschiedener alkyl- oder arylsubstituierter Sulfonsäureesterverunreinigungen ist dabei zu berücksichtigen. • Wird ein Sulfonsäurederivat in einem der letzten Syntheseschritte bei der Wirkstoffherstellung verwendet, so sind diese in die Risikoanalyse miteinzubeziehen. • Wird die Qualität rezyklierter Lösungsmittel bzgl. der Anreicherung und Verschleppung von Sulfonsäureesterverunreinigungen (z.B. EMS in Ethanol, MMS in Methanol, IMS in Isopropanol) überwacht? • Kann die Bildung von Alkyl- oder Arylsulfonsäureestern während der Lagerung eines Wirkstoffs, welcher in Form eines Mesilats, Besilats, oder Tosilats vorliegt, resp. im zugehörigen Fertigpräparat ausgeschlossen werden? • Kann die Bildung von Alkyl- oder Arylsulfonsäureestern bei der Verarbeitung von Mesilat-, Besilat- oder Tosilat-Wirkstoffen zum Fertigarzneimittel, z.B. bei der Verwendung von Alkoholen zur Granulierung, ausgeschlossen werden? Ist eine ausreichend empfindliche Methode zum Nachweis dieser Verunreinigungen in der Arzneiform (am TTC) verfügbar? (6) In welchen Fällen sollten die Ergebnisse der Risikoanalyse gemäss (5) und die zugehörigen Untersuchungen Swissmedic vorgelegt werden? Für die Durchführung der Risikoanalyse zu Mesilatester - und verwandter Verunreinigungen trägt die Zulassungsinhaberin des Fertigpräparates die Verantwortung. Die erforderlichen Informationen zur Risikobeurteilung sollten der Zulassungsinhaberin von den involvierten Herstellern für die galenische Produktion und insbesondere von den Wirkstoffherstellern zur Verfügung gestellt werden. Ist ein entsprechendes Risiko vorhanden, welches über Änderungen bei der Herstellung oder anhand von Spezifikationen kontrolliert werden muss, so sind die entsprechenden genehmigungspflichtigen Änderungen der Zulassung raschmöglichst bei Swissmedic einzureichen. Wir bitten Sie, Swissmedic bis zum 30. April 2008 zu bestätigen, dass die Risikoabklärung vorgenommen und gegebenenfalls notwendige Schritte eingeleitet worden sind. Mit freundlichen Grüssen Swissmedic Abteilung Marktkontrolle Arzneimittel