Wirtschafts magazin 4 | 2015 www.giessen-friedberg.ihk.de Industrie- und Handelskammer Gießen-Friedberg Die Unternehmer-Mitmachorganisation Mahlzeit! Genuss in der Mittagspause für eine gesunde Belegschaft Gunstlage der Wetterau IHK-Vollversammlung Sonderthema Innovationen Region kann durch die nahe Metropole profitieren. Seite 18 Der Kampf für eine gerechte Erbschaftsteuer Seite 24 Erfolgschancen mit einer guten Idee und Finanzierung Seite 38 Foto: privat EDITORIAL Fit für den Arbeitsalltag D ie Ernährung von Unternehmern und kigem Gemüse und Reis, Kartoffeln oder Mitarbeitern ist in der heutigen Zeit Teigwaren kann den Energiebedarf gut wichtiger denn je. Oft braucht man decken. Und nur so viel, wie man auch tat- gar nicht so viele Kalorien, eher mehr sächlich braucht: Der Organismus wird hier- Vitamine und Ballaststoffe. Kennen Sie durch weniger belastet, man fühlt sich nach Ihren persönlichen Energiebedarf? dem Essen nicht träge und kann die weite- Denn bei geringer körperlicher AnstrenRainer Dietz, IHK-Vollversammlungsmitglied und Inhaber vom Posthotel und Restaurant Johannesberg in Lauterbach gung und vermehrter Sinnesanforderungen ren beruflichen Anforderungen fit und ausgewogen angehen. sollte man leichtere Speisen zu sich nehmen. Da der Geschmack schon in den ersten Mir fällt immer öfter auf, dass Essen Lebensjahren geprägt wird, sollte hier schon nebenbei läuft und sich wenig Zeit dafür darauf verstärkt geachtet werden, wie eine genommen wird. Dabei isst man nicht nur Zusammenstellung von Mahlzeiten erfolgt. unbewusst zu viel, sondern nimmt häufig zu Kinder sollten deshalb die unterschiedlichen viele gehärtete Fette zu sich. Die Omega- Geschmackseigenschaften Fettsäuren kommen oft zu kurz, sind sie für Lebensmitteln für die Ernährung kennenler- uns doch lebensnotwendig. Dabei kann man nen, um als Erwachsener eine ausgewogene sich durch die Verwendung von kalt gepress- und genussreiche Speisenzusammenstellung tem Distel-, Lein-, Traubenkern- oder auch treffen zu können. von frischen Rapsöl und ein- bis zweimal die Woche Fisch wie Hering, Lachs, Makrele oder Forel- Bleiben Sie ausgewogen und genussvoll. le sehr gut versorgen und den Stoffwechsel unterstützen. Eine auch das Auge ansprechende Zusammenstellung von kleinen Mengen an www.giessen-friedberg.ihk.de Geflügel, Wild oder auch Rind- und Kalb- Herzlichst fleisch mit frischem bunten Salat oder knak- Rainer Dietz WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 4/2015 3 INHALT Foto: Uli Geis Aufmacher 6 Mut zum Genuss Interview mit Ernährungscoach Guido Ritter 8 Gesundes Essen in den Pausenzeiten 11 Regionale Gerichte aus dem Vogelsbergkreis Wirtschaft und Politik WIRTSCHAFT UND POLITIK ãIHK-Verbund MittelhessenÒ - Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier referiert im März 2015 in einer Plenarsitzung zum Thema „Mittelhessen im Zeichen der demografischen Herausforderung – Selbsthilfe und Flankierung durch die Landespolitik“. Seite 12 12 TragfŠhige Kompromisse „Wir-Gefühl“ in Mittelhessen schaffen 14 FachkrŠfte finden Arbeitskreis will Flüchtlingen helfen, Fuß zu fassen. 16 Tourismus in der Wetterau Neu gegründete Gesellschaft hat viel vor. 18 †berschwapp-Effekte nutzen Der Wetteraukreis kann von der Metropole Frankfurt Foto: K. Schmitt profitieren. 21 Wirtschaftsjunioren Gie§en-Vogelsberg Kleiderschränke für guten Zweck ausgeräumt IHK Service 22 Beispielhaftes Gesamtengagement Urkunde für Regionalgesellschaft Aldi Butzbach SERVICE ãIHK-VollversammlungÒ - In der März-Sitzung nimmt IHK-Präsident Rainer Schwarz (Mitte) formell die beiden gewählten Kandidaten Andreas Schmitt (links, BLFP Frielinghaus Architekten Planungs GmbH, Friedberg) und Hans-Theodor Wegener (R. & M. Wegener, Lauterbach) in das regionale Wirtschaftsparlament auf. Seite 24 24 Tagung der Vollversammlung 28 AHK Frankreich Fünf Fragen an Hauptgeschäftsführer Jörn Bousselmi 30 Marketingtipps Richtiges Marketing für mehr Gäste 32 Veranstaltungskalender 33 Lob fŸr ZollŠmter Foto: I. Jakob-Diedolph Ergebnis der Umfrage ist positiv. 34 Veranstaltung im KurzportrŠt 35 VerŠnderungen im Handelsregister Personalien 36 36 JubilŠen Neu im Vorstand Stellvertretendes Mitglied im Vorstand der Sparkasse Oberhessen NACHRICHTEN ãBetriebsjubilŠumÒ - Die Familienunternehmer Silke und Thomas Pfeiffer mit Sohn Mark und dessen Lebensgefährtin Katrin Klös (v. rechts) feiern mit ihrer Belegschaft in diesem Jahr den 85. Geburtstag der Rohrleitungsbau Fritz GmbH & Co. KG. Seite 49 4 WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 4/2015 www.giessen-friedberg.ihk.de - ANZEIGE - Sonderthema Innovationen 38 Fachkräftesicherung InnovationsbŸro FachkrŠfte fŸr die Region 39 IHK-Innovationsberatung Hessen UnterstŸtzung fŸr die Umsetzung innovativer Ideen 40 Informationsveranstaltung der IHK und KfW Finanzielle UnterstŸtzung fŸr Unternehmen und Innovationen 42 Patente Warum Patente, und wann patentieren lassen? Nachrichten aus der Region 44 Facebook heute Werbung als Grund zum Aufhšren 50 HassiaGruppe in Bad Vilbel Bilanz 2014 weist Absatzplus aus. 53 Gefragter Mittelstandspartner Deutsche Bank Gie§en prŠsentiert das Vorjahresergebnis. Lebensart 58 Allendorf (Lumda) StandortportrŠt aus dem Landkreis Gie§en 61 „Land und Genuss“ Landrat und Gastronom brutzeln gemeinsam auf der BŸhne. Impressum 66 Autoren dieser Ausgabe 66 Vorschau Wir bitten um freundliche Beachtung... der Beilage „Engelbert & Strauss“, „Wortmann AG“ und in einem Teil der Auflage „Trabert – Besser Hören“. www.giessen-friedberg.ihk.de WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 4/2015 5 AUFMACHER Auch Unternehmer brauchen Mut zum Genuss Hochschuldozent Guido Ritter über Genuss und Geschmack bei Kantinenessen Guido Ritter ist Lebensmittelchemiker und unserer Erfahrung heraus ist die Nummer eins Es gibt ja auch schon heute, was das Catering promovierte an der Justus-Liebig-Universi- doch oftmals noch die Bratwurst. angeht, wunderbare Angebote aus der Region, tät in Gießen zum Dr. oec. troph. Seit nun- die auch kreativ angerichtet sind. Gerade bei mehr 15 Jahren lehrt er an der Fachhoch- Jeder kennt den Spruch von Paracelsus der Tagungs- oder Meeting-Verpflegung haben schule Münster, seine Themenschwerpunk- „Der Mensch ist, was er isst“. Von daher Unternehmen noch eine große Entwicklungs- te sind Lebensmittelrecht, Lebensmittelsen- ist die Ernährung der Mitarbeiter auch möglichkeit, ihren Mitarbeitern etwas anzu- sorik, nachhaltige Produktentwicklung und ein sehr sensibles Thema. Die meisten bieten, was andere Unternehmen nicht haben. die Entwicklung von Geschmack und wollen sich hier vielleicht auch nicht Viele kennen den Kreislauf des Arbeitsalltags. Genuss. Ritter bildet auch zum Ernährungs- reinreden lassen? Der Tag ist ausgebucht mit dem Tagesgeschäft, coach mit IHK-Abschluss (IHK Frankfurt Die Aufgabe der Unternehmer ist es hier, ein Telefonaten, Besprechungen, und häufig am Main) aus. Stück weit etwas vorzuleben, um neue Wege erscheint das Essen als nicht so wichtig. Man in der Ernährung zu signalisieren und dem übergeht das Hungergefühl und arbeitet wei- Herr Ritter, betriebliches Gesundheits- Ganzen auch eine Attraktivität zu geben. Es ter. Die Folgen sind häufig Unterzuckerung, die management wird von Unternehmen gibt beispielsweise auch für Kantinen und Psyche verändert sich, der Stresslevel steigt, häufig so umgesetzt, dass sie ihren Mit- Cateringfirmen die Möglichkeit, sich nach den und die Konzentration lässt nach. Am Abend arbeitern Kurse oder Zuschüsse bei- Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft will man dann das fehlende Essen vom Tag spielsweise zu Massagen, Fitness-Trai- für Ernährung zertifizieren zu lassen. nachholen. Dabei sind Übermaß oder Heiß- nings oder auch zur Stress-Reduzierung Wie sieht es denn mit den Pausen beim Genuss kommt hier meist immer zu kurz. ausgewogene energieliefernde Meeting-Marathon aus? Haben Sie hier- Auf der anderen Seite zeigen Studien, dass die Ernährung in den Fokus. Sehen Sie auch für einen energieliefernden Tipp? Quali- Kommunikation am Tisch effektiver sein kann hier die Unternehmer in der Verantwor- tätsstandards gibt es doch keine, oder? als ein Meeting, weil einfach Sachverhalte und tung? 6 hunger sehr schlechte Ratgeber. Und der anbieten. Derzeit rückt immer mehr eine Das stimmt. Sie legen gerade den Finger in besprochen werden, die oft nochmal in einen Es ist wichtig, dass Unternehmen mehr darauf eine Wunde. Für Pausen, wenn es sie denn anderen Kontext zusammengebracht werden. schauen, ihre Mitarbeiter fit zu halten, aber überhaupt gibt, gibt es keine Standards. Oft auch ein attraktives Angebot zu machen, was werden ja nur die öden halben Brötchen ange- Sie haben den Genuss erwähnt. Ist er die Ernährung betrifft. Der Unternehmer sollte boten. Die sind so unkreativ und wenig wert- denn so wichtig? Was verstehen Sie dar- dabei möglichst seine Mitarbeiter in einen Ver- schätzend den Mitarbeitern gegenüber, die unter? änderungsprozess einbinden, beispielsweise zu danach weiter Leistung bringen sollen. Die Genuss ist beim Essen sehr wichtig. Für mich Ernährungswünschen in der Kantine oder auch Wertschätzung ist dann schon eine ganz ande- gehören Mut, Grenzerfahrung und Verantwor- mal für die Stärkung in den Meeting-Pausen. re, wenn mal frisches Obst angeboten würde tung dazu. So wie ein Unternehmer Mut und Durch die Einbindung werden Wertschätzung oder wenn Joghurt mit dabei ist oder über- Verantwortung zeigen kann, indem er bei- und Personalbindung gelebt. Jedoch sollte man haupt Abwechslung angeboten wird. Das neh- spielsweise während des Meeting-Marathons hier keine 1:1-Veränderung erzwingen oder men die Arbeitnehmer auch bewusst war. Das regelmäßig Pausen einführt, in denen kreativ schon gar nicht mit erhobenem Zeigefinger sind zwar nur Kleinigkeiten, doch auch damit angerichtete und energieliefernde Snacks etwas verbieten. Das funktioniert nicht. Aus kann man schon viel erreichen. angeboten werden. WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 4/2015 www.giessen-friedberg.ihk.de Foto: XXX Foto: privat AUFMACHER Guido Ritter ist auch Ernährungscoach. Es gibt Studienergebnisse, die zeigen, dass das Risiko, adipös zu werden, schon verringert ist, wenn man Wert darauf legt, dass man zu Hause gemeinsam isst, dass der Tisch schön gedeckt ist und dass Kommunikation am Tisch läuft. Ein gesunder Ernährungsstil hängt sozusagen auch mit dem Genuss zusammen. Prägen Geschmacks-Erfahrungen aus der Kindheit unsere Ernährung? Zum Genuss gehört tatsächlich auch die Erfahrung. Es gibt beispielsweise 30.000 Apfelsorten weltweit, und gerade mal acht Sorten bestimmen das Angebot im konventionellen Markt. Wir haben eine relative Einengung auf wenige Das heißt, Sie verbinden mit Genuss Arten und somit auch eine Einengung des auch eine bestimmte Haltung im Leben? Geschmackes. Dieser wird in den ersten acht Ja, das ist ein Stück weit auch Verantwortung, Lebensjahren geprägt und dann später an die sich mit dem Thema, woher das Lebensmittel kommende Generation weitergegeben. Heut- stammt, zu beschäftigen. Und das ist nicht nur zutage wird oft mit Fertigprodukten gekocht. der Unternehmer, der dies vorleben oder Ange- Und diese Fertigprodukte prägen auch wieder bote machen könnte, sondern auch der Mitar- einen bestimmten Geschmack. Viele Kinder beiter, der durch dieses „Guck mal“ einen wissen ja gar nicht mehr, wie es ist, in eine rohe Anstoß erhält und so die Verantwortlichkeit in Kartoffel zu beißen und wie sie schmeckt. Und sein Privatleben tragen könnte. Mir persönlich doch: Trotz der Prägung im Kindesalter kann schmeckt beispielsweise die Schokolade nicht, man Genussfähigkeit auch später noch lernen. wenn ich weiß, dass sie mit Kinderarbeit zu Zusammenfassend könnte man sagen, dass tun hat. Genussmenschen bewusster im Leben stehen. Dann der Genuss als ‚bewusstes Essen mit Derzeit führen wir eine Studie durch mit der allen Sinnen‘. Dazu gehören das Wahrnehmen These, dass Genussmenschen mehr auf ihren von Aussehen, Geruch und Geschmack. Diese Lebensstil achten, sie mehr ihren Körper wert- Erfahrungen werden als positive Erfahrungen schätzen. Dass sie den Moment einfach bewus- im Gehirn abgespeichert, und man isst, im ster wahrnehmen, also im Hier und Jetzt leben. Sinne von essen, dann einfach glücklicher. Und es zeigt sich überall: Es kommt nicht nur Aber Genuss hat auch etwas mit Grenzsetzung darauf an, was wir essen, sondern auch wie wir zu tun. Dass man nur so viel isst, wie man essen. braucht, um zufrieden zu sein und nicht darüber hinaus. Also nicht: Das Essen war ausge- Das ist ein schönes Schlusswort. Herzli- sprochen gut, weil das Schnitzel über den Tel- chen Dank für das erfrischende Inter- lerrand hing – dies hat nichts mit Genuss zu view. tun. www.giessen-friedberg.ihk.de Es wurde von Margarete Göhmann geführt. n WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 4/2015 7 AUFMACHER Gesund essen Erhöhte Arbeitsausfälle durch verantwortungsvolle Betriebsverpflegung mindern. VON MARGARETE GÖHMANN 2013 gab es einen politischen Appell, als die Grünen gesetzlich einen „Veggie-Day“ in Kantinen verankern wollten. Einmal in der ner und gut 50 Prozent der Frauen über- Woche kein Fleisch essen zu können, erregte gewichtig, jede/jeder Fünfte ist adipös. viele Gemüter; und doch befürworteten Dadurch steigt das Risiko für ernährungsbe- damals laut Infratest schon 36 Prozent der dingte Krankheiten. Im Rahmen der Natio- befragten Bundesbürger diese Empfehlung. nalen Verzehrsstudie II des Max Rubner- Im IHK-Bezirk reagieren immer mehr Unter- Instituts im Auftrag des Bundesministeri- nehmen auf derartige Nachrichten. Neben ums für Ernährung, Landwirtschaft und dem schon fast selbstverständlich geworde- Verbraucherschutz wurden unter anderem nen betrieblichen Gesundheitsmanagement Gründe wie mangelndes Ernährungswissen rückt auch die Ernährung zunehmend in den aber auch ein ungünstiges Essverhalten Fokus. Und nicht nur auf vitaminreiche Kost genannt. Als Folgen gelten erhöhte Arbeits- wird Wert gelegt, auch soziale, regionale ausfälle und das vorzeitige Ausscheiden vor und ökologische Verantwortung spielen ting gibt es Bio-Obst oder auch belegte Voll- dem Verrentungsalter. häufiger eine wichtige Rolle. kornbrötchen und Joghurtgetränke. Der Veggie-Tag in Butzbach ter täglich bewirtet. Jeder kann sich mit sie- i Foto: M. Göhmann n Deutschland sind 66 Prozent der Män- KAMAX: Küchenleiter Martin Jantosca bevorzugt italienische Antipasti und Käse. In der Kantine werden circa 90 Mitarbei- Foto: HessNatur benfach gefiltertem Wasser an bestimmten Die Hess Natur-Textilien GmbH aus Zapfstellen versorgen. Seit 2006 beteiligt Butzbach ist dieses Wagnis eingegangen sich das Butzbacher Unternehmen am Audit und hat 2013 einen Veggie-Tag eingeführt. „Beruf & Familie“, woraus sich später das Und obwohl hier ökologische und regionale Gesundheitsmanagement entwickelte. Die Küche neben der frischen Zubereitung schon Projektgruppe „Gesundes Essen“ unterstützt lange umgesetzt werden, „war das gar nicht das Küchenteam, startet Mitarbeiterbefra- so einfach“, berichtet Personalleiterin Kers- gungen zu Lieblingsessen und plant beson- tin Bach. Da im Vorfeld schon viele Mitar- dere Essens-Events. beiter murrten, befürchtete Küchenchef Thomas Wolf, dass dieser Tag nicht angenommen werden würde. Und nun – anderthalb Jahre später – gibt es in der Kantine am Veggie-Tag nur noch wenige freie Plätze. Hessnatur: Küchenchef thomas Wolf (li.), irina pauls vom Service und Stefan Seibt, Stellvertretender Küchenchef; mögen Pasta in allen Variationen, gerne fruchtig mit Schafskäse und frisch gebratenem Gemüse. 8 WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 4/2015 Soziale Verantwortung und leichte Küche Andere Ernährungsschwerpunkte für Einmal im Monat wird zudem ein beson- seine Mitarbeiter setzt die Kantine des deres vegetarisches Menü angeboten. Und Unternehmens KAMAX Holding GmbH & jetzt wird schon weiter geplant und darüber Co. KG aus Homberg. Seit 15 Jahren hat nachgedacht, ob man nicht sogar ein vega- Martin Jantosca die Küchenleitung inne und nes Menü parallel anbieten will. Zu den ein- verköstigt derzeit täglich etwa 250 Mitarbei- deutigen Rennern gehören aber immer noch ter. „In dieser Zeit hat sich schon einiges in der Hamburger, das Schnitzel und die asia- der Ernährung geändert. Hauptsächlich isst tische Küche. Als kleiner Imbiss zum Mee- man nicht mehr so schwer, es wird viel www.giessen-friedberg.ihk.de AUFMACHER ca. Drei Menüs bieten er und sein Team zum Mittagessen an. Dazu gehören ein vegetarisches, ein Fleisch-Menü und seit 2011 das Das Auge als Tor zum Genuss Im Februar 2014 weihte das Unterneh- K-Fit-Menü. Das vegetarische Angebot gab men RINN Beton- und Naturstein GmbH & es von Anfang an und das K-Fit Menü ist Co. KG in Heuchelheim sein neues Bistro auf Wunsch der Mitarbeiter, sich kalorienre- „Wilhelms“ ein, benannt nach dem Gründer duzierter zu ernähren, entstanden. Zu den des Unternehmens. „Ein bewusster Umgang Lieblingsessen das mit der Gesundheit, auf Arbeitssicherheit, Schnitzel, der Puten-Gyros und der See- Ernährung und Fitness zu achten, das sind lachs. wichtige Ziele im Rahmen der Nachhaltig- gehören eindeutig Dem Küchenchef ist es wichtig, das keit, die wir uns gesetzt haben. Wir haben Fleisch aus der Region zu erhalten – entwe- schon immer Essen angeboten und wollten der beliefert vom heimischen Metzger oder hiermit eines der Ziele, den Ausbau einer aus Alsfeld vom hessischen Weiderind. ausgewogenen und regionalen Küche, mehr Außerdem unterstützt die Kantine die Arbeit in den Fokus stellen“, erklärt Personalleite- mit der Behindertenwerkstatt in Alsfeld. Es rin Anja Viehl. Die gesunde Ernährung der gibt Praktikumsplätze, und in der Küche Mitarbeiter liegt dem Unternehmen am Her- kann auch mitgearbeitet werden. Derzeit zen. Foto: M. Göhmann bewusster und leichter gegessen“, so Jantos- Stephan Gütlich, Küchenchef bei RINN Betonund Naturstein, präsentiert eine Vorspeise. Er liebt gegrillten Fisch. sind die Mitarbeiter Schnellesser, da die Zum Frühstück gibt es ein reichhaltiges Kantinengröße nicht mit dem Wachstum Buffet, auch mit warmen Essen für die von KAMAX mithalten konnte. Doch eine Schichtarbeiter, zum Mittag immer ein frisch Vergrößerung steht schon im Raum und zubereitetes Salatbuffet, Vorspeisen sowie dann auch dem Genuss nichts mehr im drei Hauptgerichte (auch vegetarisch). Selbst kurse mit Kantinenchef Gütlich stehen auf Wege. hergestellte Nachtische mit frischen Bio- dem Programm, sodass jeder Mitarbeiter Früchten runden das Angebot ab. Wichtig Ideen zur gesunden und genussvollen ist dem Kantinenchef Stephan Gütlich, dass Ernährung mit nach Hause nehmen kann. eine frisch zubereitete und das Auge anspreFoto: M. Jantosca chende Vielfalt angeboten wird. „Die Leute Ein Gericht aus der Catering-Küche von Martin Jantosca. www.giessen-friedberg.ihk.de sehen glücklich aus, wenn sie hier essen und mein erstes Ziel ist, dass die Mitarbeiter am Catering regional, ökologisch und kreativ Freitag sagen, dass sie froh sind, am Montag Nicht jedes Unternehmen kann seinen wieder hier essen zu können“, erzählt Güt- Mitarbeitern eine Kantine bieten. Doch für lich mit einem Augenzwinkern. Zu den die Meeting-Pausen oder auch für Unter- Lieblingsessen der Mitarbeiter gehören nehmensfeiern gibt es eine Vielzahl von Steaks, Fisch und Pasta. Cateringbetrieben aus der Region, die hier In den Meeting-Pausen werden leichte eine Alternative bieten. Jeder Caterer legt und energieliefernde Zwischenmahlzeiten, dabei seinen eigenen Schwerpunkt bezüg- beispielsweise frisches Obst mit Joghurt lich frischer Zubereitung, regionaler oder oder Tomate mit Mozzarella im Glas sowie auch ökologischer Herkunft, verbunden mit Fingerfood, angeboten. Auch gefiltertes sozialen Aspekten und einer Menge Kreati- Trinkwasser steht jedem Mitarbeiter zur Ver- vität. fügung. Weitere Ziele aus dem Nachhaltig- So zum Beispiel das Martin Jantosca keitsbericht sind in Arbeit. Beispielsweise ist Catering aus Homberg/Ohm. Martin Jantos- ein Bewegungsraum für die Mitarbeiter kurz ca ist nicht nur Küchenchef bei KAMAX, vor der Fertigstellung. Hier werden dann sondern bietet seit 2007 als gelernter und Yoga, Rücken-Fit-Stunden und progressive diätetisch geschulter (DGE) Koch einen Muskelentspannung angeboten. Auch Koch- Catering-Service an. Zum Team gehören WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 4/2015 9 AUFMACHER Foto: LiLo Foto: FAB Regionalität und Vielfalt, dem Einsatz von kontrolliert biologischen Produkten, Grundlagen nach Empfehlungen der DGE, Belieferung von Schulen und Kindergärten, ACTIVcatering für jeden Anlass, Front-Cooking und Meeting-Snacks für Unternehmen. Die Lieblingsspeise der Kinder ist eindeutig das Nudelgericht. Unternehmer wünschen sich häufig Fingerfood oder auch den klassischen Kartoffelsalat. Zum betrieblichen Gesundheitsmanagement unterstützt die FAB ihre Mitarbeiter beim Besuch von Fitness-Studios und bietet Gesundheitstage an. Die LiLo-Küchenbetriebe Die Küchenbetriebe der Lebenshilfe Gießen e.V. verpflegen Kindergärten und Schulen. Zudem bieten sie auch Catering für Unternehmen an. Hier können Feste organisiert, aber auch Meeting-Snacks für Unternehmen kreiert werden. Schwerpunkte von vier Festangestellte und zehn Minijobber. Lilo sind: Menschen mit Behinderung in den Schwerpunkte sind frische und kreativ ersten Arbeitsmarkt zu bringen, Bio-Produk- zubereitete Speisen, frische Kräuter und te in mindestens 15 Prozent der Beilagen, ursprüngliche Gewürze, Fingerfood und vegetarisches Menü nach DGE-Richtlinien Grillevents für Feiern bis 300 Gäste sowie und Optimix, möglichst regionales Fleisch, Meeting-Snacks für Unternehmen. Auch für frisches Obst und Gemüse, Catering für Feste, Betriebe, die gerne etwas Besonderes für ihre auch mit Geschirrverleih. Die Lebenshilfe Meeting-Pausen anbieten wollen, beispiels- engagiert sich seit über 50 Jahren für Men- weise bei internationalem Besuch, sorgt das schen mit Behinderung in Gießen und im Jantosca Catering für Abwechslung. Dem Landkreis. Seit November 2014 betreiben die Koch ist es wichtig, dass seine Kunden sei- LiLo-Küchenbetriebe beispielsweise die Kan- ner Kreativität vertrauen und ihn „machen tine im Polizeipräsidium Mittelhessen in Gie- lassen“. Er liebt es, genussreiches Essen zu ßen. Auch Mitarbeiter anderer Firmen kön- kreieren und bevorzugt die regionale Her- nen hier zu Mittag essen. Bei LiLo-Küchen kunft vom Fleisch, beispielsweise vom Rind sind 21 Festangestellte und 30 Menschen mit oder Wild. Behinderung beschäftigt. Eine Ökotropholo- KochFABrik Das ACTIVcatering gin stellt unter anderem die ausgewogenen Speisepläne zusammen. n Das Lieblingsessen von Swen Groß, Leiter der LiLo-Küchenbetriebe, ist Linseneintopf nach Großmutters Rezept. STECKRÜBEN-KARTOFFELSTAMPF MIT KA Foto: bykst/pixabay FAB: Bereichsleiter Matthias Becker hat ein Faible für exotische Gewürze und Gemüse. Die FAB in Friedberg ist eine gemeinnützige GmbH und arbeitet seit Jahren mit und für Menschen mit Unterstützungsbedarf für eine berufliche Qualifizierung. Zum Team gehören zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Schwerpunkte liegen auf Frische, 10 WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 4/2015 ONLINE www.jantosca-catering.de www.fab-wetterau.de/ernaehrung www.lilo-kuechen.de www.giessen-friedberg.ihk.de Foto: Vogelsberg Touristik AUFMACHER tourismus trifft Kochkunst: Roger Merk, Geschäftsführer der Region Vogelsberg Touristik GmbH (li.), präsentiert mit Michael Haupt, Geschäftsführer der A&Z Foodmanufaktur GmbH, die Aktionswochen Vogelsberg. Vogelsberg mit allen Sinnen Euro-Toques-Köche aus der Region Vogelsberg bringen typische Gerichte auf über 3.000 Teller pro Tag. VON MAGDALENA TONNER L ammbratwurst, Vogelsberg Touristik GmbH (RVT). Die Kantine des Bundesministeriums für Ernäh- oder das traditionelle „Beulches“ sind Kartoffelbratwurst Rezepte Haupt, rung und Landwirtschaft dabei war“, sagt deftige Gerichte, wie man sie seit Jahr- Geschäftsführer der A&Z Foodmanufaktur, Roger Merk, Geschäftsführer der RVT. „Hier hunderten im Vogelsberg kocht. Vom 9. bis zusammen mit seinen Koch-Kollegen von finden Theorie und Praxis zusammen, wenn 13. März verwöhnte die A&Z Foodmanu- Euro-Toques (Sporthotel die Fachleute für regionale Ernährung und faktur GmbH die Mitarbeiter einiger Grünberg), Hans Schmidt (Landgasthaus die Weiterentwicklung von ländlichen Bundesministerien und -institute in Bonn, Jägerhof Lauterbach) und Hubertus Schultz Regionen Vogelsberger Lamm auf den Teller Köln und Düsseldorf mit diesen regionalen (SchlossHotel Gedern). bekommen.“ Zu den weiteren größeren Kan- entwickelte Stefan Michael Brodt Spezialitäten. Entstanden war dieses Pro- „Besonders freuen wir uns, dass bei den tinen, die bei der Aktionswoche versorgt jekt in Zusammenarbeit mit der Region 14 unterschiedlichen Betrieben auch die wurden, gehörten die des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte sowie des Bundesministeriums für wirtschaftliche ARTOFFELBRATWURST Zusammenarbeit und Entwicklung. REzEpt FüR 4 poRtionEn 500 g Steckrüben 500 g Kartoffeln 200 g Möhren 60 bis 80 g weiche Butter 1 bis 2 Zwiebeln Gemüsefond Rapskern-Öl Salz, Pfeffer, Zucker Vogelsberger Kartoffelbratwurst 4 Stk. [160 g] oder 8 Stk. [80 g] zUBEREitUnG Steckrüben, Kartoffeln und Möhren schälen und in drei bis vier Zentimeter große Stücke schneiden. Diese nun mit Gemüsefond aufstellen, mit Salz und www.giessen-friedberg.ihk.de Pfeffer würzen und bei mittlerer Hitze weich kochen. Danach die Flüssigkeit abschütten und die Kartoffel-Steckrübenmischung ausdämpfen lassen. Nun die Butter zugeben und mit einen Stampfer grob zerkleinern [stampfen]. Nochmals abschmecken. Man kann auch etwas frisch klein gehackte Petersilie unterheben. Die Bratwurst in Rapsöl von allen Seiten anbraten. Nach Bedarf kann man geschmorte Zwiebeln dazu machen. Hierfür die Zwiebeln schälen und in feine Streifen schneiden. Im Fett der Bratwurst die Zwiebeln anbraten. Die Zwiebeln werden mit etwas Zucker bestreut und durch den Zucker in der Pfanne karamelisiert. Nun die Zwiebeln mit etwas Balsamico-Essig ablöschen. Kartoffel-Steckrübenstampf auf dem Teller anrichten, die Bratwurst anlegen und etwas von den geschmorten Zwiebeln über die Bratwurst geben. Dass die Region Vogelsberg nicht nur auf dem Teller ein Genuss ist, sondern sich auch sehr gut für einen Urlaub eignet, erfuhren die über 3.000 Kantinengänger außerdem. Informationsmaterial zu Wander- und Radurlaub sowie ein Gewinnspiel mit drei attraktiven Preisen rundeten die Aktion ab. „Die Städte an Rhein und Niederrhein sind als Quellgebiet für unsere Urlaubsdestination sehr interessant“, weiß Merk. „Darum ist es ideal für uns, dass wir hier mit unserem Pfund, der herrlichen Natur, die man mit allen Sinnen genießen kann, wuchern können.“ n ONLINE www.vogelsberg-touristik.de www.facebook.com/regionvogelsberg WIRTSCHAFTSMAGAZIN · 4/2015 11