"(Wieder-) Entdeckung" des Bewusstseins

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Im Porträt: Prof. Andrea Kübler
Die „(Wieder-) Entdeckung“ des Bewusstseins
Die Biologin und Psychologin Andrea Kübler ist seit 2008
Professorin für Psychologie an der Julius-MaximiliansUniversität Würzburg. Ihre Schwerpunkte sind klinische und
biologische Psychologie; ihr Spezialgebiet das Brain-computer
Interfacing. Seit anderthalb Jahren koordiniert sie das im 7.
EU-Forschungsrahmenprogramm (7. FRP) geförderte Projekt
DECODER (Deployment of Brain-Computer Interfaces for the
Detection of Consciousness in Non-Responsive Patients).
Neun Einrichtungen aus sieben EU-Staaten bilden das
Konsortium. DECODER will dazu beitragen, Bewusstsein bei
Menschen zu erkennen, die durch Verletzungen oder
Erkrankungen des Gehirns „bewusstlos“ wirken und ihnen die Kommunikation mit ihrer
Umwelt erleichtern bzw. erst ermöglichen.
Wenn das Gehirn durch Verletzungen (traumatic brain injury) oder durch neurodegenerative
Erkrankungen (z.B. Amyotrophe Lateralsklerose) schwer geschädigt wird, kommt es vor,
dass Patientinnen und Patienten nicht mehr mit ihrer Umwelt kommunizieren können. Dies
kann bedingt sein durch vollständige Lähmung oder Störungen des Bewusstseins (z.B.
"Wachkoma"). Bei solchen Menschen ist es sehr schwer zu beurteilen, ob sie bewusst sind,
was dann aufgrund von fehlender Reaktion auf verschiedene Aufforderungen erschlossen
wird. Mit modernen akustischen Stimulationsverfahren können jedoch Reaktionen im Gehirn
ausgelöst und mittels Elektroenzephalografie oder funktioneller Magnetresonanztomografie
aufgezeichnet werden. Damit lassen sich Rückschlüsse über das Ausmaß an kognitiver
Verarbeitung - also auch das Bewusstsein - ziehen. „An dieser Stelle, “ so Prof. Kübler, „will
DECODER einen Beitrag zur verbesserten Diagnostik solcher Patientinnen und Patienten
leisten. Wenn Bewusstsein ‚entdeckt’ wird, soll DECODER in einem zweiten Schritt eine so
genannte Gehirn-Computer-Schnittstelle (englisch: brain-computer interface, BCI) zur
einfachen Ja-Nein-Kommunikation zur Verfügung stellen. Auch hier werden Reaktionen im
Gehirn gezielt ausgelöst, die dann zur aktiven Interaktion mit der Umwelt genutzt werden
können.“
Als Partnerin oder koordinierend ist Andrea Kübler derzeit mit insgesamt vier EU-Projekten
befasst. Bei einer so erfolgreichen Beteiligung überrascht es nicht, dass sie für ihre
Erfahrung mit der EU- Forschung eine positive Bilanz zieht. Um an die begehrte EUFörderung zu gelangen, empfiehlt sie die Berücksichtigung einiger wichtiger Aspekte: Wer
einen Antrag im 7. FRP einreichen möchte, sollte unbedingt rechtzeitig mit den
Vorbereitungen beginnen. Zunächst muss man die Ausschreibung genau lesen, so Prof.
Kübler. In den meisten Fällen erfolgen Ausschreibungen „top down“, Anträge müssen also
auf eine genaue Themenvorgabe eingereicht werden. Dabei ist es von zentraler Bedeutung,
genau in das ausgeschriebene Topic zu passen. Für ein Verbundprojekt, in dem in der Regel
mindestens drei Einrichtungen aus mindestens drei Ländern ein Konsortium bilden, sollte die
Auswahl der Partner mit großer Sorgfalt getroffen werden, so ein weiterer Tipp der
Wissenschaftlerin. Die EU-Kommission erwartet, dass die Mitglieder eines Konsortiums sich
ergänzen und im Idealfall zu den bedeutendsten Stakeholdern eines Bereichs gehören.
Lieber Allianzen bilden und wenn möglich mit potentiellen Konkurrenzeinrichtungen
gemeinsam einen Antrag einreichen, lautet die häufig geäußerte Empfehlung der EUKommission. Zusätzlich zur professionellen Beratung durch die Nationalen Kontaktstellen für
das 7. FRP empfiehlt Prof. Kübler den Kontakt zu erfolgreichen Antragstellerinnen und
Antragstellern. Wer schon mal mit Erfolg einen EU-Antrag geschrieben hat, hat schließlich
alles durchlaufen, was für den eigenen Projektantrag erfüllt werden muss.
Nachwuchswissenschaftlerinnen rät sie eher davon ab, sofort Koordinatorin werden zu
wollen und große Verbundprojekte selbst zu beantragen. „Darum“, so die Meinung der
Psychologin, „sollten sich Menschen kümmern, die in gesicherten Positionen sind, da das
Prozedere sehr aufwändig ist.“ Entsprechend sieht sie in den häufigen Stellenbefristungen
eine mögliche Hürde für Wissenschaftlerinnen, sich am 7. FRP zu beteiligen, zumindest in
der Verbundforschung. Ihre eigenen Projekte sind alle Verbundprojekte mit
Partnereinrichtungen aus mehreren Ländern. Der entsprechend hohe administrative
Aufwand führe natürlich leider auch dazu, dass man zeitweilig vom Forschen abgehalten
wird, räumt Prof. Kübler ein. Insgesamt überwiegt für sie aber das Positive. Am meisten
gefällt ihr an der Arbeit in ihren EU-Projekten der buchstäblich grenzenlose Austausch mit
Kolleginnen und Kollegen im In- und Ausland.
Neben dem Engagement in ihren EU-Projekten ist Andrea Kübler auch in die Datenbank der
Europäischen Kommission für Gutachterinnen und Gutachter eingetragen. Die EUKommission sucht jedes Jahr tausende Expertinnen und Experten für die Begutachtung von
Anträgen im Peer-Review-Verfahren. Besonders qualifizierte Frauen sind zum Eintrag
aufgerufen, da der weibliche Anteil auch in diesem Bereich des 7. FRP zu niedrig ist. Dabei
ist die Begutachtung von Anträgen für die EU eine hervorragende Möglichkeit, einen Einstieg
in Philosophie und Struktur des 7. FRP zu bekommen. Nicht zuletzt können dabei
gewonnene Kenntnisse für zukünftige eigene Anträge nützlich sein.
Die Kontaktstelle FiF empfiehlt allen interessierten Wissenschaftlerinnen sich in diese
Datenbank einzutragen und hat unter http://www.eubuero.de/fif-gutachterinnen.htm einen
Leitfaden zusammengestellt.
Weitere Informationen
Prof. Andrea Kübler, Projektleiterin, Universität Würzburg, Lehrstuhl für Psychologie 1, Marcusstr. 9-11,
97070 Würzburg, 0931 80179; [email protected]
http://www.i1.psychologie.uni-wuerzburg.de/int/home/; http://www.decoderproject.eu/
Akronym
DECODER
Funktion
Koordinatorin
Projektname
Deployment of Brain-Computer
Interfaces for the Detection of
Consciousness in Non-Responsive
Patients
Projektlaufzeit
36 Monate
(02/2010 – 02/2013)
Programmbereich
Informations- und Kommunikationstechnolgien (Thema 3 im
Spezifischen Programm Kooperation)
Förderinstrument
Verbundprojekt
Ziele
Entwicklung eines diagnostischen
Instruments für (vermeintlich)
komatöse Patienten; Verbesserung
der Kommunikationsmöglichkeit
mittels Brain-Computer-Interfaces
Partner
9
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