FAM Umbruch 2_11_FAM Umbruch 2_11 16.06.11 12:31 Seite 12 12 FA M INFO Malaria Update 2011 verfasst von Doz. Dr. Ursula Hollenstein Fachärztin für Infektionen und Tropenmedizin, Traveldoc – Wien Malaria ist nach wie vor eine der wichtigsten, nicht durch Impfung verhinderbaren, Tropenerkrankungen, die im Rahmen einer reisemedizinischen Vorbereitung besprochen werden müssen. Da sich die Epidemiologie und Resistenzlage ständig ändern und auch einige Neuigkeiten im Bereich der Therapie zu berichten sind, soll der folgende Artikel die wichtigsten „Neuerungen“ darstellen. Epidemiologie Ganz zu Beginn die beste Nachricht auf diesem Gebiet: Die Zahl der Malariafälle nimmt weltweit ab! (siehe Abbildung 1) Betrug die Zahl der Malariatodesfälle weltweit im Jahr 1995 noch zwischen 1,5 und 2,7 Millionen, so sank sie bis 2010 auf ca. 780.000 Fälle ab. Die Gründe dafür sind vielfältig: Anstrengungen der Weltgesundheitsorganisation und privater Organisationen wie der Bill und Melinda Gates Stiftung haben zu einer Vervielfachung finanzieller Ressourcen geführt. Damit bessern sich die Diagnostik (vor allem durch die Einführung von Schnelltests für Labors und Krankenhäuser - RDTs), Prävention (besonders die Verwendung von imprägnierten Moskitonetzen durch die einheimische Bevölkerung) und die Behandlung der Malaria in Endemiegebieten (die neuen Artemisinin-Kombinationstherapien haben zu einer beispiellosen Verbesserung der Heilungsraten geführt). Selbst im Hochrisikogebiet von SubsaharaAfrika haben manche Länder die Zahl der Malariafälle um 30-50 % senken können, in kleinen Teilbereichen konnte eine Eradikation erreicht werden (fast malariafrei: Sansibar, Sokotra, Capverden) Der Erreger Neben den vier bekannten humanpathogenen Plasmodienspezies – P. falciparum, P. vivax, P. ovale und P. malariae – existiert eine fünfte, primär Affen befallende Art, Abbildung 1: weltweite Malariaverbreitung (WHO 2011) P. knowlesi, die erst in den letzten Jahren – zuerst in Malaysien – als Erreger humaner Malariafälle identifiziert wurde. (siehe Abbildung 2) Für die Prophylaxe oder Wahl der Standby-Medikation ergeben sich durch das Vorkommen von P. knowlesi keine Änderungen. Lediglich bei der Abklärung einer möglichen Malaria beim Tropenrückkehrer (insbesondere aus Malaysien und den benachbarten SOasiatischen Ländern muss an diese Malariaform gedacht werden). Bisher spielen Importe von durch P. knowlesi aus gelösten Malariafällen hierzulande allerdings noch keine Rolle. Resistenzen P. falciparum bereitet nach wie vor die größten Resistenzprobleme. Die Resistenz gegen Chloroquin (Resochin®) und Pyrimethamin/Sulfadoxin (Fansidar®) ist praktisch ubiquitär. Eine Mefloquinresistenz (Lariam®) findet sich seit den Achtzigerjahren vor allem in Südostasien, besonders in Kambodscha, selten in Südamerika. Resistenzen gegen Atovaquon/Proguanil (Malarone®) finden sich bisher nur in Einzelfällen, ohne geografische Häufung. Beunruhigenderweise werden auch schon Resistenzen gegen Artemisinin und seine Derivate aus der Grenzregion Thailand/ Kambodscha sowie herabgesetzte Empfindlichkeiten aus Französisch-Guayana berichtet. Es ist nur zu hoffen, dass uns diese Substanzgruppe, auf der derzeit alle Hoffnungen für einen erfolgreichen Kampf gegen Malaria insbesondere in Afrika ruhen, noch einige Jahre erhalten bleiben. Ein wichtiger Schritt dazu ist die vermehrte Produktion (und Verwendung) von fixen Medikamenten- FAM Umbruch 2_11_FAM Umbruch 2_11 16.06.11 12:31 Seite 13 FA M INFO Schluss, dass hinsichtlich der Wirkung bei sehr limitierter Datenlage keine sicheren Unterschiede festgestellt werden können, dass jedoch Mefloquin eine höhere Rate an Nebenwirkungen aufweist [FA Jacquerioz, Cochrane Database Syst Rev 2009]. Abbildung 2: Verbreitung der bisherigen Fälle von P. knowlesi-Malaria (nach Veeranoot Nissapatorn, IMC 2010) kombinationen – Artemisinin + Kombinationspartner in EINER Tablette vereint – um so die resistenzfördernde Alleineinnahme von Artemisinin zu verhindern. Artemisinin OHNE Kombinationspartner ist zudem klinisch nicht ausreichend wirksam. Selbst P. vivax, das vielfach als harmloser Malariaerreger abgetan wird, zeigt Resistenzen gegen Chloroquin (z.B. in Papua Neuguinea und Indien). Die exoerythrozytären Leberformen (Hypnozoiten) von P. vivax sind regional (wieder vor allem in Papua Neuguinea) vermindert auf Primaquin empfindlich. Da Primaquin derzeit die einzige Substanz ist, mit der die Hypozoiten behandelt werden können, ist dies besonders bitter. In den meisten Fällen kann man mit erhöhten Dosen (30 mg statt 15 mg pro Tag), verlängerter Therapiedauer und/oder wiederholten Therapiezyklen eine Ausheilung und damit Rückfallsfreiheit erzielen. Medikamente für Prophylaxe und Stand-byNotfallsselbstbehandlung Prophylaxe Die Chemoprophylaxe ist eine Unterdrückung des krankmachenden, erythrozytären Entwicklungszyklus der Plasmodien und schützt weder vor primärer Infektion noch vor Rezidiven im Falle einer Infektion mit P. vivax oder ovale. Bei den Medikamenten, die zur Prophylaxe der Malaria in Hochrisikogebieten zur Verfügung stehen, gibt es keine Änderungen zu den letzten Jahren. Leider sind es nach wie vor nur 3 Substanzen, zwischen denen gewählt werden kann: Doxycyclin (mehrere Präparate), Mefloquin (Lariam®) und Atovaquon/Proguanil (Malarone®). Dosierungen Doxycyclin: 100 mg (1 Tabl.) pro Tag, von einem Tag vor Reiseantritt (bzw. Einreise ins Malariagebiet) bis 4 Wochen nach Reiseende (bzw. Verlassen des Malariagebiets). Mefloquin: 1 Tablette pro Woche, von einer Woche vor Reiseantritt (bzw. Einreise ins Malariagebiet) bis 4 Wochen nach Reiseende (bzw. Verlassen des Malariagebiets). Atovaquon/Proguanil: 1 Tablette pro Tag, von einem Tag vor Reiseantritt (bzw. Einreise ins Malariagebiet) bis 1 Woche nach Reiseende (bzw. Verlassen des Malariagebiets). Ein Cochrane-Review verglich Atovaquon/Proguanil, Mefloquin und Doxycyclin in der Malariaprävention und kam zu dem Dosierungen: Medikament Riamet® Malarone® Eurartesim® Tag 1 2x 4 Tabletten 4 Tabletten 1 Tablette Notfallsselbstbehandlung Das Konzept der Notfall-Selbstmedikation hat sich vor allem in den deutschsprachigen Ländern mit dem Ziel entwickelt, die Verschreibungshäufigkeit von Malaria-Chemoprophylaxe und damit das Auftreten potenzieller Nebenwirkungen bei Reisen in Gebiete mit geringer Malariainzidenz zu verringern. Ohne eine ausführliche Beratung über das Verhalten im Notfall („Fieberfall“) ist die Empfehlung einer NSM nicht zulässig. Eine zusätzliche schriftliche Anleitung als Gedächtnisstütze ist wünschenswert. Empfohlen wird derzeit ArtemetherLumefantrin (Riamet®) oder Atovaquon/ Proguanil (Malarone®). Eine neue Substanzkombination, Dihydroartemisinin-Piperaquin, die wie auch das Riamet® ein Artemisininderivat enthält, ist derzeit im Zulassungsprozess und wird unter dem Namen Eurartesim® vermarktet werden. Obwohl in den letzten Jahren zunehmend wirksame Medikamentenkombinationen zur Behandlung der Malaria in einigen Reiseländern erhältlich sind, sollten die Präparate für die Behandlung im Notfall VOR Reiseantritt verschrieben und in Österreich erworben werden, da für den Laien die Einschätzung von Wirksamkeit und Toxizität lokal verfügbarer Produkte nicht möglich ist. Zum Abschluss soll nicht unerwähnt bleiben, dass die effizienteste und einfachste Malariaprophylaxe im konsequenten Mückenschutz besteht. Repellentien, Kleidungsimprägnierung und Mosquitonetz müssen in jeder reisemedizinischen Beratung Platz finden. Tag 2 2x 4 Tabletten 4 Tabletten 1 Tablette Tag 3 2x 4 Tabletten 4 Tabletten 1 Tablette 13