Kapitel 4 Grundlagen des Lasers und der Laserspektroskopie Dieser Teil des Skriptums basiert in wesentlichen Teilen auf der Ausarbeitung von Prof. Dr. Ernst Otten (Vorlesung: Physik des Lasers), dem ich an dieser Stelle ganz herzlich danken möchte. Auch Kristian Haberkorn sei gedankt für die Unterstützung bei der Erstellung dieses Kapitels. In diesem Kapitel sollen einige Grundlagen des Lasers und der Laserspektroskopie behandelt werden. Der Text kann und soll kein Lehrbuch ersetzen, sondern lediglich einige wichtige Punkte zusammenfassen und zur Erinnerung dienen. Als Lehrbücher sind u.a. zu empfehlen: W. Demtröder, Laser Spectroscopy [Demt1998] und B.E.A. Saleh, M.C. Teich, Fundamentals of Photonics [Sale1991]. Die konventionelle Hochfrequenztechnik, die sich elektronischer Bauelemente zur Erzeugung kohärenter elektromagnetischer Wellen bedient, hatte bis etwa 1950 den gesamten Wellenlängenbereich bis herunter zu den Millimeterwellen erschlossen. Man hatte damals erkannt, dass die Erzeugung noch wesentlich kürzerer Wellenlängen, wie auch der Bau stabiler Frequenznormale, die die Quarzuhren an Genauigkeit übertreffen, hier an technische Grenzen gestoßen war. Ein entscheidender Durchbruch konnte nur durch Realisierung eines gänzlich anderen physikalischen Prinzips gewonnen werden, nämlich dem, die stimulierte Emission zwischen atomaren oder molekularen Niveaus anzufachen. Das gelang in den fünfziger Jahren zunächst durch die Entwicklung des Masers und im optischen Bereich 1960 durch die erste Realisierung eines Lasers durch Maiman. Das Wort Maser (Laser) ist eine Abkürzung für Microwave (Light) Amplification by Stimulated Emission of Radiation. Die hervorstechenden Merkmale der Laserlichtquellen, auf die wir uns hier in dieser Vorlesung konzentrieren, können durch folgende Stichworte zusammengefasst werden: - Die Strahlung kommt durch stimulierte Emission aus elektronisch angeregten Niveaus von Atomen, Molekülen oder Festkörpern zustande. - Sie ist in dem Maße monochromatisch, in dem die beteiligten Niveaus scharf sind. - Die stimuliert emittierte Strahlung zeichnet sich durch starke Kohärenz aus. - Sie ist optimal kollimiert, d.h. das Produkt aus Öffnungswinkel und Durchmesser des Lichtbündels ist von der Größenordnung λ. - Es werden extrem hohe Leistungsdichten erreicht, wodurch unter anderem die Erzeugung einer Vielzahl nichtlinearer optischer Effekte möglich wird. 55 56 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE - Bei Verwendung von Lasermedien mit breiten Emissionsbändern kann die Laserstrahlung monochromatisch über die Bandbreite abgestimmt werden. Alle diese Charakteristika haben ihre gemeinsame physikalische Ursache im Mechanismus der Wechselwirkung des Strahlungsfeldes mit der Materie, dem wir uns in den nächsten Abschnitten ausführlich und aus verschiedenen Blickwinkeln widmen werden. 4.1 Atomphysikalische Grundlagen 4.1.1 Das Wasserstoffspektrum 1. Quantenzahlen Die radialsymmetrische nichtrelativistische Schrödingergleichung (SGL) des Wasserstoffatoms ĤΨ = EΨ mit Ĥ = p̂2 Ze2 ~2 ~ 2 Zα~c ∇ − − =− 2m 4π²0 r 2m r (4.1) lässt sich mit Hilfe eines Produktansatzes Ψ(r, θ, φ) = R(r) Θ(θ) Φ(φ) lösen1 . Dies führt zu Eigenzuständen des Atoms, die sich mit den folgenden Quantenzahlen charakterisieren lassen: • Hauptquantenzahl n • Drehimpulsquantenzahl `, ` = 0, 1, 2, ..., n−1, Drehimpuls `2 = `(`+1)~2 . Bezeichnet werden die Zustände mit ` = 0, 1, 2, 3, 4, ... durch die Kleinbuchstaben s (sharp), p (principal), d (diffuse), f (fundamental), g, h, .... • magnetische Quantenzahl m` , m` = −`, −`+1, ..., 0..., `−1, `; Drehimpulskomponente `z = m` ~. • Mit diesen Quantenzahlen alleine, ließen sich einige Resultate des Stern-Gerlach Experimentes nicht verstehen und auch der so genannte ”anomale Zeeman Effekt” konnte nicht gedeutet werden. Die heuristische Einführung des Elektronenspins in der Pauli Gleichung2 2 1 ~ 2 − Ze − e~ ~σ · B ~ H= (~ p − eA) (4.2) 2m 4π²0 r 2m ~ und den Paulimatrizen ~σ = (σx , σy , σz ), löste diese Probmit dem Vektorpotential A leme. Dabei wurde die z-Komponente des Elektronenspins sz = ± 21 ~ mit der Spinquantenzahl ms , ms = ± 12 als zusätzlicher Freiheitsgrad hinzugefügt. 3 Da sich in einem Mehrelektronenatom alle Elektronen gemäß Pauli Prinzip in mindestens einer Quantenzahl voneinander unterscheiden müssen, finden auf einer Schale mit der P`=n−1 Hauptquantenzahl n insgesamt 2 (2` + 1) = 2n2 Elektronen Platz. Wenn ein `=0 weiteres Elektron hinzugefügt wird, ist dieses deutlich schwächer gebunden. 1 Das Operatorsymbol ˆwird im Weiteren fallen gelassen. Die Pauli Gleichung wurde 1927 von Wolfgang Pauli vor der Dirac’schen Beschreibung des Elektrons eingeführt. Sie kann als nichtrelativistische Näherung der Dirac Gleichung hergeleitet werden. 3 Es sei noch angemerkt, dass sich im Rahmen einer relativistischen Theorie der Elektronenspin zwanglos als integraler Bestandteil der Lösungen der Dirac Gleichung ergibt. 2 4.1. ATOMPHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN 57 2. Energieeigenwerte In der nichtrelativistischen Näherung der SGL ergibt sich für das Wasserstoffatom eine Entartung aller Eigenzustände zu gleichem n gemäß En = −ERyd 1 1 1 = − m(αc)2 2 2 n 2 n (4.3) 2 1 mit der Feinstrukturkonstanten α = 4π²e0 ~c = 137.035 999 [Gabr2006]. 710(96) Der Energieunterschied zwischen zwei elektronischen Niveaus ergibt sich zu ¡ ¢ En = −ERyd n12 − m12 .Damit lässt sich das Spektrum des Wasserstoffatoms bereits sehr gut beschreiben: Für n = 1 ergibt sich die Lyman Serie, für n = 2 die Balmer und für n = 3 die Paschen Serie (m > n). Die `-Entartung wird allerdings durch relativistische Effekte (Feinstruktur) aufgehoben. 3. Wellenfunktionen Die nichtrelativistischen Wellenfunktionen setzen sich aus einer Radialwellenfunktion Rnl (r), den Kugelflächenfunktionen Ylml (θ, φ) und den (zweikomponentigen) Spinwellenfunktionen χms zusammen: µ ¶ µ ¶ 1 0 Ψn ` ml ms = Rn` (r) Y`m` (θ, φ) χms , χms = , . (4.4) 0 1 Die Radialwellenfunktionen Rn` (r) hängen von der Hauptquantenzahl n und dem Bahndrehimpuls ` ab. Einige Beispiele sind in Abb. 4.1 dargestellt. Der Zustand mit ` = 0 hat am Ursprung immer die größte Amplitude. Bei den Zuständen mit ` > 0 erkennt man den Einfluss des Zentrifugalpotentials: je größer der Drehimpuls, desto weiter außen liegt das erste Maximum der Wellenfunktion. Bei der quantenmechanischen Behandlung des Rechteckpotentials und des harmonischen Oszillators (siehe QM I) zeigte sich, dass die Zahl der Nulldurchgänge der Wellenfunktion (radiale Knoten nr ) direkt mit der die Energie kennzeichnenden Quantenzahl verbunden ist. Beim Wasserstoffatom ist dies nicht der Fall, vielmehr gilt hier n = nr + `, wobei die asymptotische Nullstelle mitgezählt wird. Es ist die dem Coulombpotential eigentümliche Entartung, die bewirkt, dass alle Zustände mit gleichem n die gleiche Energie besitzen. (Anm.: In der Kernphysik weicht das Potential stark vom 1/r Potential ab und es ist daher nützlicher die Kernwellenfunktionen nach der Anzahl der radialen Knoten zu klassifizieren.) Die Wahrscheinlichkeit ein RElektron im Abstandsintervall [r, r + dr] zu finden, ist durch 4π das Integral Pn` (r) dr = 0 r2 dΩ |Ψnlm (r)|2 dr = 4πr2 |Rn` |2 dr gegeben, welches in Abb. 4.1(b) für einige Fälle dargestellt ist. Man erkennt, dass Zustände mit Drehimpuls ` = 0 immer ein lokales Maximum in der Nähe des Nullpunktes, also in Kernnähe, besitzen, während mit zunehmendem Drehimpuls das erste Maximum immer weiter nach außen rückt. Dies hat Konsequenzen für die Niveaufolge in Mehrelektronenatomen. Im ”klassischen” Bild nach Sommerfeld entsprechen die Elektronenbahnen mit kleinem Drehimpuls langgestreckten Ellipsen, bei denen sich das Elektron öfter in Kernnähe aufhält als bei den mehr kreisförmigen Bahnen mit ` = n − 1. Man beachte, dass die Aufenthaltswahrscheinlichkeit für n = 1 ihr Maximum beim Bohrschen Radius a0 hat. Allgemein gilt: ½ · ¸¾ n2 1 `(` + 1) hrn` i = a0 1+ 1− , (4.5) Z 2 n2 der zweite Term in der geschweiften Klammer kann als eine (zentrifugalabhängige) Korrektur zum klassisch berechneten Bohrradius angesehen werden. 58 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE Abb. 4.1: Radiale Wellenfunktionen (a) und radiale Wahrscheinlichkeitsdichten (b) von Wasserstoffwellenfunktionen Die Kugelflächenfunktionen Y`m (θ, φ) sind Eigenfunktionen des Drehimpulsoperators mit L2 Y`m = `(` + 1)~2 Y`m und Lz Y`m = m~ Y`m und Lösungen der Azimuthal und Polargleichung für jedes beliebige Zentralpotential. Für ` = 0 zeigen sie keine Winkelabhängigkeit. Zustände mit Drehimpuls ` = 0 sind daher kugelsymmetrisch. Beispiele für Winkelverteilungen mit ` 6= 0 sind in Abb. 4.2 dargestellt. Der Hamiltonoperator ist invariant unter Raumspiegelungen, d.h. ~r → −~r, dementsprechend kann jeder Eigenfunktion von H die Parität +1 oder -1 zugeordnet werden. Ein näherer Blick auf die Wellenfunktionen zeigt, dass P Ψn ` ml ms = (−1)l Ψn ` ml ms , diese also nur von der Drehimpulsquantenzahl ` abhängt. 4. Magnetisches Moment, g-Faktor und Feinstruktur Das Elektron als bewegte Ladung induziert ein Magnetfeld, welches dem Atom ein magnetisches Dipolmoment aufprägt. Klassisch ergibt sich für das magnetische Moment eines 4.1. ATOMPHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN 59 Abb. 4.2: Beispiele von Kugelflächenfunktionen Ylm Kreisstromes der Ladung q mit dem Radius r, und dem Drehimpuls ` = mυr q ¯¯ q ¯¯ µ= `¯ = `¯ . 2m SI 2mc cgs (4.6) ~ ist gegeben durch Epot = Die potentielle Energie eines Dipols im magnetischen Feld B ~ Legt man ein äußeres Magnetfeld an (z-Achse), so beginnt das magnetische −~ µ · B. Moment des Atoms um die B-Feld Achse zu präzedieren und nur die z-Komponente von µ ~ ist erhalten während die Erwartungswerte der x- und y-Komponenten Null werden. Dementsprechend ergibt sich ¯ ¯ −e ~ ~ e~ ¯~¯ (4.7) Epot = − `·B = m` ¯ B ¯. 2me 2me Der Vorfaktor µB = e~ = 9.27 · 10−24 J/T = 1.4 GHz/T 2me (4.8) wird als Bohrsches Magneton bezeichnet. Die Aufpaltung der entarteten Elektronenniveaus in 2` + 1 Komponenten aufgrund des mit dem Bahndrehimpuls verknüpften magnetischen Momentes heißt normaler Zeeman Effekt. Neben dem magnetischen Moment der Bahnbewegung besitzt das Elektron aber auch noch ein intrinsisches magnetisches Moment aufgrund des halbzahligen Spins sz = ~/2. Experimentell findet man, dass der klassische Zusammenhang 4.6 zwischen magnetischem 60 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE Moment und Spin-Drehimpuls in diesem Fall nicht mehr gegeben ist. Das Verhältnis des magnetischen Momentes des freien Elektrons zum mechanischen Drehimpuls ist beim Elektronenspin etwa doppelt so groß. Aus diesem Grund führt man einen zusätzlichen Faktor, den Landé g-Faktor in Gleichung 4.6 ein: µ ~s = gs µB ~s. ~ (4.9) Im Rahmen der relativistischen Dirac Theorie ergibt sich gs = 2; Präzisionsexperimente zeigen jedoch, dass der Landé Faktor des freien Elektrons gs = 2.0023193043617(76) [Odom2006] ist. Die Abweichung von dem Wert 2 kann in der Quantenelektrodynamik (QED) sehr genau berechnet werden und steht in ausgezeichneter Übereinstimmung mit den Experimenten. Das magnetische Moment des Elektrons hat in dem durch die Bahnbewegung verursachten Magnetfeld zwei Einstellmöglichkeiten - es kann sich parallel oder antiparallel ausrichten. Dementsprechend spalten alle Niveaus aus Gl. 4.3 durch die Spin-Bahn-Wechselwirkung auf in ³ ´ ~` . ~ ` = En + gs µB µ0 · Ze En`s = En − µ ~ ·B ~ s · (4.10) ~ · 8πme r3 Das Skalarprodukt ~s · ~` kann positiv oder negativ sein, je nach Spinstellung relativ zum Bahndrehimpuls. Durch die Wechselwirkungsenergie koppeln die beiden Drehimpulse und es ist hilfreich den Gesamtdrehimpuls ~j = ~` + ~s einzuführen. Damit lässt sich Gl. 4.10 Abb. 4.3: Vektormodel der LS-Kopplung und Präzession des Gesamtdrehimpulses in einem ~ = B e~z äußeren Magnetfeld B schreiben als En`s = En + a [j (j + 1) − ` (` + 1) − s (s + 1)] . 2 (4.11) mit der Spin-Bahn-Kopplungskonstanten a = µ0 Ze2 ~2 /8πm2e r3 (Näherung: gs ≈ 2). Für die Wasserstoffwellenfunktionen ergibt sich damit für die Feinstrukturaufspaltung ¿ À ¡ ¢ µ0 Ze2 ~2 ¢ α2 Z 2 1 ¡ 1 1 ∆E`,s = ā l + 2 = l + = −E . (4.12) n 2 8πm2e r3 n(` + 1) 4.1. ATOMPHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN 61 Die Aufspaltung ist somit proportional zu Z 4 /n3 `(` + 1). Berücksichtigt man zusätzlichdie relativistische Massenzunahme des Elektrons so ergibt sich insgesamt ) ( 1 2 (Zα)4 3 1 ∆En,j = mc − (4.13) 2 n3 4n j + 21 und damit eine j-Entartung der Niveauenergien. Die Energie des elektronischen Zustandes (n, l, j) hängt nicht mehr vom Bahndrehimpuls ` ab. Alle Terme mit gleichen n und j haben die gleiche Energie. Dies ist eine Besonderheit des 1/r Potentials und gilt nur bei wasserstoffartigen Systemen. In Mehrelektronensystemen liegt hingegen kein Coulombpotential mehr vor und die Termenergien werden explizit abhängig von `. Das magnetische Moment µ ~ j eines Zustands mit Gesamtdrehimpuls ~j, ist aufgrund des anomalen magnetischen Momentes nicht mehr parallel zu ~j. Vielmehr gilt ´ µB ³ ~ µ ~j = g` ` + gs~s ~ mit g` = 1 und gs ≈ 2. Da ~s und ~` im Magnetfeld der Bahnbewegung präzedieren, präzediert auch µj um die raumfeste Achse von ~j. Der zeitliche Mittelwert ist daher die Projektion von µ ~ j auf ~j. Nach dem Wigner-Eckart-Theorem ergibt sich hµj i = gj µB |~j|/~ mit dem Landé Faktor gj = 1 + j (j + 1) + s (s + 1) − ` (l + 1) . 2 j (j + 1)) Die Abhängigkeit von s und ` führt zu einem wesentlich komplizierteren Aufspaltungsbild im Magnetfeld als beim normalen Zeeman Effekt und wird als anomaler Zeeman-Effekt bezeichnet. 5. Lamb Verschiebung Die j-Entartung der Feinstrukturzustände wird aufgrund der Wechselwirkung des Elektrons mit den Nullpunktsfluktuationen des Vakuums wieder aufgehoben. Klassisch gesehen führen diese Fluktuationen zu einer schnellen oszillatorischen Bewegung des Elektrons und damit zu einer Verschmierung seiner Ladung. Die Folge ist, dass s-Zustände weniger stark gebunden sind als von der Dirac Theorie vorhergesagt. Die sich daraus ergebende Aufspaltungsenergie ist klein und beträgt im Falle des 2s1/2 und des 2p1/2 Zustandes 1057 MHz. Erstmals wurde sie 1947 durch W.E. Lamb und R.C. Retherford gemessen. Die theoretische Behandlung erfolgt mit Hilfe der Quantenelektrodynamik. Die wichtigsten Beiträge erster Ordnung sind die Vakuumpolarisation, die Vertex-Korrektur und die Selbstwechselwirkung. Die theoretische Beschreibung ist in ausgezeichneter Übereinstimmung mit experimentellen Resultaten und aus der Diskrepanz zwischen Theorie und Experiment kann auf die innere Struktur des Protons geschlossen werden. Wir werden bei der Besprechung ausgewählter Experimente auf diesen Punkt zurück kommen. 6. Kernspin und Hyperfeinstruktur Bislang wurde der Atomkern (im Falle des Wasserstoffs also das Proton p) lediglich als Punktladung und Ursprung des Coulombpotentials angesehen. Ebenso wie das Elektron besitzt das Proton jedoch einen Spin und ein dazugehöriges magnetisches Moment: µp = gp µK ~sp ~ (4.14) 62 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE Abb. 4.4: Vollständiges Termschema des Wasserstoffatoms mit allen bekannten Wechselwirkungen. mit dem Kernmagneton µK = e~/2mp ≈ µB /1836 = 5.05·10−27 J/T und dem g-Faktor des Protons gp = 5.58. Die Wechselwirkung von µ ~ p mit dem Elektron führt zu einer Aufspaltung und Verschiebung der Energieniveaus der Elektronenhülle, der ”Hyperfeinstruktur” (HFS). Sie wird hervorgerufen durch zwei Beiträge: • Wechselwirkung des magnetischen Kernmomentes mit dem Magnetfeld Bj das von den Elektronen am Kernort erzeugt wird, • Wechselwirkung des elektronischen magnetischen Momentes mit dem vom Kernmoment erzeugtem Magnetfeld. Die Kopplung zwischen ~j und dem Kernspin I~ führt zur Ausbildung des Gesamtdrehim~ |I − j| ≤ F ≤ I + j. Die Behandlung erfolgt analog der Feinstruktur pulses F~ = ~j + I, und man erhält: A (4.15) ∆EHFS = [F (F + 1) − j (j + 1) − I (I + 1)] , 2 4.1. ATOMPHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN 63 mit dem Intervallfaktor A = gI µK Bj /(I · j). Für den relativen Abstand der Terme gilt die Intervallregel ∆EF +1 − ∆EF = A (F + 1), (4.16) d.h. der Abstand zweier Terme in einem Hyperfeinmultiplett ist proportional zum größeren der beiden F Werte. Der Intervallfaktor enthält ein Produkt aus dem Kernmoment µk und dem Hüllenfeld Bj . Wenn eine der beiden Größen bekannt ist, kann man die andere durch die Beobachtung der Aufspaltung messen. Neben der magnetischen Wechselwirkung zwischen Kern- und Hülle, gibt es im Falle komplexerer, nicht kugelsymmetrischer Kerne auch noch eine elektrostatische Wechselwirkung. Diese wurde in der Hyperfeinstruktur von stabilen Europium-Isotopen entdeckt, bei denen die Intervallregel für die magnetische Hyperfeinstruktur nicht erfüllt wurde. Theoretisch wurden diese Diskrepanzen durch die Abweichung der Kernform von der Kugelgestalt gedeutet: Ist der Kern punktförmig, so gilt die Dirac- oder Schrödingergleichung. Ist der Kern ausgedehnt, aber kugelförmig, so werden die Feinstrukturniveaus verschoben (→ Feldeffekt der Isotopieverschiebung). Ändert sich aber die Gestalt des Kerns von der vorher angenommenen kugelsymmetrischen Form zu einem Rotationsellipsoid, so tritt zusätzlich zur magnetischen die elektrische Hyperfeinstruktur auf, weil die potentielle Energie des Kerns im Gradienten des elektrischen Feldes ∂ 2 φ/∂z 2 der Elektronenhülle abhängig wird von der Orientierung des Kernspins relativ zum Drehimpuls der Elektronenfülle. Abb. 4.5: Formen des Kerns bei Quadrupoldeformation. Links: kugelförmig (Q = 0), Mitte: prolate Deformation (Q > 0); rechts: oblate Deformation (Q < 0). Bei kugelförmiger Gestalt und bei I = 0 ist keine Richtung ausgezeichnet. Atomkerne haben eine kugelförmige Gestalt, wenn sie doppelt magisch sind. Die magischen Zahlen für Neutronenzahl N oder Protonenzahl Z lauten Zmag oder Nmag = 2, 8, 20, 28, 50, 82, 126. Für Z oder N etwas kleiner als Zmag oder Zmag hat der Kern oft eine oblate (diskusförmige) Deformation (Abb. 4.5 rechts). Für Z oder N mit Werten zwischen magischen Protonenzahlen oder Neutronenzahlen nimmt der Kern eine prolate (zigarrenförmige) Gestalt an (Abb. 4.5 Mitte). Das intrinsische Quadrupolmoment einer Ladungsverteilung ergibt sich bei zylindersymmetrischem elektrischen Feld klassisch zu 1 Qz = e Z d3 r (3z 2 − r2 ) ρ(~r). Das spektroskopische Quadrupolmoment Qs ist definiert als der Erwartungswert Qs = hI, mI = I |Qz | I, mI = Ii 64 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE und man findet nach etwas länglicher quantenmechanischer Rechnung für die Wechselwirkungsenergie 1 EQ = 4 µ ∂2φ ∂z 2 ¶ eQs 3 2 C(C + 1) − 2I(I + 1)j(j + 1) I(2I − 1)J(2J − 1) (4.17) mit dem Casimirfaktor C = F (F + 1) − j (j + 1) − I (I + 1) und dem spektroskopischen Quadrupolmoment Qs . Sie tritt lediglich für Zustände mit I, j ≥ 1 auf und ist für das Waserstoffatom (I = 1/2) daher nicht relevant. Der Deuteriumkern hingegen hat I = 1 und besitzt ein Quadrupolmoment, dass sich in den elektronischen Zuständen mit j > 12 bemerkbar macht. Besonders große Quadrupolmomente findet man aufgrund kollektiver Effekte bei schweren Atomkernen mit halbgefüllten Kernschalen zwischen den magischen Zahlen. 4.1.2 Das Heliumatom Bereits für das Zwei-Elektronen-System Helium lassen sich keine analytischen Lösungen für die Wellenfunktionen und Energien der Zustände mehr angeben. Man muss in diesem Fall mit störungstheoretischen Ansätzen arbeiten und kann die Heliumzustände beispielsweise als Superpositionen von Wasserstoffeigenzuständen beschreiben. Eine solche Darstellung führt aber nur zu sehr langsamer Konvergenz, d.h. man braucht sehr viele Basiszustände um einen elektronischen Zustand des Heliums darzustellen. Viele Eigenschaften des Heliumspektrums, wie es in Abb. 4.6 gezeigt ist, kann man aber qualitativ durch Symmetriebetrachtungen verstehen. Dies soll im Folgenden kurz erläutert werden. Wenn mehrere Elektronen in einem Atom vorhanden sind, so verteilen sich die Elektronen auf die verschiedenen Energiezustände so, dass • das Pauli-Prinzip erfüllt ist, d.h. die Gesamtwellenfunktion (räumliche Wellenfunktion ⊗ Spinwellenfunktion) muss unter Vertauschung zweier beliebiger Elektronen vollständig antisymmetrisch sein. • die Gesamtenergie aller Elektronen für den Grundzustand jedes Atoms minimal wird. Mit der Voraussetzung, dass sich die beiden Elektronen des Heliums in mindestens einer Quantenzahl unterscheiden müssen, ist sofort einsichtig, dass maximal 2 Elektronen im 1s Zustand untergebracht werden können. Diese unterscheiden sich in der magnetischen Spinquantenzahl ms , d.h. ihre Spins sind antiparallel ausgerichtet. Alle anderen Quantenzahlen sind identisch, d.h. die Ortswellenfunktion kann nur symmetrisch sein unter Austausch der Elektronen Ψ100 (1)Ψ100 (2) (4.18) weil die entsprechende antisymmetrische Wellenfunktion verschwindet. Folglich muss die Spinwellenfunktion antisymmetrisch sein ´ 1 ³ √ χ 1 ,+ 1 (1)χ 1 ,− 1 (2) − χ 1 ,+ 1 (2)χ 1 ,− 1 (1) . 2 2 2 2 2 2 2 2 2 Wendet man die Operatoren ~s2 und sz auf diese Wellenfunktion an, so stellt man fest, dass dies ~ 2 = (~s1 + ~s2 )2 = 0 und Sz = s1z + s2z = 0 ist. eine Spin-Eigenfunktion mit dem Gesamtspin S Die symmetrischen Spinwellenfunktionen 4.1. ATOMPHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN 65 Abb. 4.6: Niveauschema des Heliumatoms mit Singulett- und Triplettzustäanden bis L=3 χ 1 ,+ 1 (1) · χ 1 ,+ 1 (2) S = 1, MS = +1 2 2 2 2 ³ ´ √1 χ 1 ,+ 1 (1)χ 1 ,− 1 (2) + χ 1 ,+ 1 (2)χ 1 ,− 1 (1) S = 1, MS = 0 2 2 2 2 2 2 2 2 χ 1 ,− 1 (1) · χ 1 ,− 1 (2) 2 2 2 2 (4.19) S = 1, MS = −1 2 hingegen, können nur mit antisymmetrischen Ortswellenfunktionen kombiniert werden. Sie existieren daher nur für angeregte Zustände des Heliumatoms bei denen sich die beiden Elektronen in wenigstens einer der räumlichen Quantenzahlen unterscheiden. Aufgrund der möglichen Ein~ in einem magnetischen Feld, bezeichnet man Zustände stellmöglichkeiten des Gesamtspins S ~ = 0 als Singulett, solche mit S ~ = 1 als Triplett-Zustände. Alle möglichen mit Gesamtspin S Stellungen der beiden Spins zueinander sind in Abb. 4.7 symbolisch dargestellt. Allgemein wird die Zahl der Einstellmöglichkeiten 2S + 1 als Multiplizität des Zustandes bezeichnet und als linker oberer Index vor das Termsymbol geschrieben: 2S+1 LJ ~ = ~`1 + ~`2 der Gesamtbahndrehimpuls und J~ = L ~ +S ~ der Gesamtdrehimpuls ist. Das wobei L 66 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE Abb. 4.7: Vektormodel der Singulett- (S = 0)und Triplett-Zustände (S = 1) bei der Kopplung zweier Elektronenspins Heliumatom hat also den Grundzustand 1s2 1 S0 - ein Triplett-Zustand kann in der Konfiguration 1s2 nach dem Pauli Prinzip nicht existieren. Wird eines der beiden Elektronen durch Stoß oder durch Photonen in ein höher gelegenes Niveau befördert, so kann der räumliche Anteil der Wellenfunktion sowohl gerade als auch ungerade sein, d.h. angeregte Zustände des Heliums existieren sowohl als Singulett-, als auch als Triplett-Zustände. Dabei gilt, dass der Triplettzustand energetisch immer tiefer liegt als der zugehörige Singulett-Zustand. Dies ist durch die Antisymmetrie der Ortswellenfunktion zu erklären: diese muss bei Austausch zweier Elektronen ihr Vorzeichen wechseln Ψ(~r1,~r2 ) = −Ψ(~r2 , ~r1 ) (4.20) d.h. für ~r1 = ~r2 muss Ψ = 0 sein und die elektrostatische Abstoßung der Elektronen ist dadurch reduziert und folglich die Bindungsenergie der Elektronen erhöht. Drehimpulskopplung Wir haben hier ein erstes Beispiel für die Drehimpulskopplung in einem Vielelektronensystem, wie es bei den leichten Elementen fast immer auftritt, die so genannte LS-Kopplung. Sie trägt diesen Namen, weil zunächst die Bahndrehimpulse aller Elektronen zu einem Gesamt- 4.1. ATOMPHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN 67 Abb. 4.8: Termaufspaltung und Wechselwirkungen bei der LS-Kopplung am Beispiel einer (n1 p)1 , (n2 d)1 Konfiguration ~ = PN ~si ~ = PN ~`i und die Spins aller Elektronen zum Gesamtspin S Bahndrehimpuls L i=1 i=1 ~ und S ~ koppeln dann zum elektronischen Gesamtdrehimpuls J~ = L ~ + S. ~ Verekoppeln. L infacht werden diese Betrachtungen dadurch, dass die Elektronenspins und Bahndrehimpulse einer abgeschlossenen Schale (alle Zustände einer Hauptquantenzahl n) oder Unterschale (alle m` die zu einem ` gehören) immer zu Null koppeln. Bei schwereren Atomen wird die Kopplung zwischen dem Spin jedes einzelnen Elektrons und seinem Bahndrehimpuls stärker und es kommt zur immer stärkeren Ausprägung der jj-Kopplung. In ihrer reinen Form bedeutet PNdies, ~ ~ ~ dass zunächst ~si und `i zu ji koppeln und dann der Gesamtdrehimpuls der Hülle J = i=1 ~ji gebildet wird. Der Übergang von der LS zur jj-Kopplung geschieht kontinuierlich. Es sei an dieser Stelle bereits vorweggenommen, dass die Emission und Absorption elektromagnetischer Strahlung gewisse Auswahlregeln für die Quantenzahlen des angeregten Elektrons erfüllen muss. Eine dieser Auswahlregeln besagt, dass elektrische Dipolstrahlung nicht am Elektronenspin angreift, der ja eine magnetische Erscheinung ist, und daher die Kopplung der Spins nicht beeinflusst. Die Auswahlregel lautet daher ∆S = 0 und ein Übergang von einem der 1s2s 3 S Zustände in den Grundzustand 1s2 1 S oder umgekehrt ist ”verboten” - der 3 S Zustand 0 J J ist ”metastabil”. Absorption und Emission wird man also nur zwischen Niveaus innerhalb des Triplett- oder Singulettsystems beobachten, es treten keine sogenannten Interkombinationslinien auf. Dies gilt streng nur für reine LS Kopplung die beim Helium sehr gut erfüllt ist. So gut, dass man lange Zeit glaubte, es gäbe zwei Heliumarten: Orthohelium (Triplett) und Parahelium (Singulett). 4.1.3 Mehrelektronensysteme Für das Verständnis der elektronischen Struktur von Mehrelektronensystemen sind die Alkaliund Erdalkaliatome besonders aufschlussreich, weil man es hier mit ein bis zwei Elektronen außerhalb kompett gefüllter Elektronenschalen zu tun hat. Das Spektrum der Alkaliatome KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE 2 S1/2 2 P1/2 3/2 2 D3/2 5 /2 2 F5/2 7 /2 5.3917 45000 5 5s Energy [eV] 4 4s 5p 4p 4d 3p 3d 5f 40000 4f 30000 3s 3 20000 2 2p Energy [cm-1] 68 10000 1 0 2s 0 Abb. 4.9: Termschema des Lithiumatoms und Erdalkaliionen besitzt eine Struktur die dem des Wasserstoffs ähnlich ist.4 Das äußere Elektron (Leuchtelektron) bewegt sich in einem Potential, welches für große Abstände r durch das Coulombpotential angenähert werden kann. Für kleine Abstände r hingegen, hängt das Potential von der Ladungsdichteverteilung der inneren Elektronen ab. Insbesondere wenn das Leuchtelektron einen kleinen Drehimpuls besitzt, taucht es weit in die Bahnen der inneren Elektronen hinein und erfährt mehr und mehr das Potential der vollen Kernladung Ze, d.h. − e Ze ≤ Φeff (r) ≤ − . 4π²0 r 4π²0 r Dadurch wird die beim Wasserstoff vorhandene Entartung (vor Berücksichtigung der Feinstruktur und Lambshift) der Zustände mit gleichem n und ` aufgehoben. Beispielhaft ist dies am Spektrum des Lithiums in Abb. 4.9 gezeigt. Der 1s2 2s Zustand ist gegenüber dem 1s2 2p Zustand deutlich abgesenkt, entsprechendes gilt für den 3s und 3p Zustand. Man erkennt, dass die Energieunterschiede zwischen den einzelnen Drehimpulszuständen mit gleichem n, bei wachsender Hauptquantenzahl immer geringer werden, weil die Eindringtiefe der s Elektronen in die inneren Schalen abnimmt Für große n lassen sich die Zustände der Alkaliatome analog zum 4 Diese Systeme sollten trotzdem nicht als wasserstoffähnlich bezeichnet werden - dies ist Ionen mit einem einzigen Elektron vorbehalten. 4.2. STRAHLUNGSGESETZE NACH EINSTEIN 69 Wasserstoffatom durch die Rydbergformel En,` = − const const =− 2 (n − δn,` )2 neff beschreiben, wobei die ganzzahlige Hauptquantenzahl n um den von n und ` abhängigen Quantendefekt vermindert wird. Für große n wird δ praktisch unabhängig von n. 4.2 Strahlungsgesetze nach Einstein 4.2.1 Ableitung der Planck-Formel Zwar hatte schon Planck den ersten Erfolg in der Strahlungstheorie mit der Ableitung seines Strahlungsgesetzes unter der Hypothese der Quantisierung der Strahlungsenergie verbucht; jedoch wird darin wenig über die Wechselwirkung zwischen Strahlung und Materie ausgesagt, weil man im thermodynamischen Gleichgewicht der Hohlraumstrahlung von den tatsächlichen Absorptions- und Emissionsraten absehen kann. Einstein war der erste, der diese Prozesse berücksichtigte [Eins1917]. Er ging bei seiner Ableitung von folgenden Voraussetzungen aus: 1. Die relativen Besetzungszahlen Pn diskreter Atomzustände folgen im thermodynamischen Gleichgewicht der Boltzmann-Verteilung Pn = gn e−En /kT . (4.21) gn ist das statistische Gewicht des betrachteten Zustandes, d.h. im allgemeinen die Multiplizität eines entarteten Zustandes. 2. Die abzuleitende Strahlungsformel muss asymptotisch in das mit klassischer Statistik abgeleitete und experimentell im Limes T → ∞ bestätigte Rayleigh-JeansStrahlungsgesetz einmünden 8πν 2 ρ = 3 kT, (4.22) c sowie für T → 0 in das empirisch bestätigte Wiensche Gesetz ρ = αν 3 e−hν/kT . (4.23) ρ ist die Strahlungsenergie pro Volumen- und Frequenzeinheit. Bezüglich des RayleighJeans-Gesetzes erinnern wir daran, dass 8πν 2 /c3 gleich der Anzahl der Eigenschwingungen eines Hohlraums pro Volumen und Frequenzeinheit ist, wobei jede Eigenschwingung im statistischen Mittel den thermischen Energieinhalt kT hat. Auch Planck war bei der Ableitung seines Strahlungsgesetzes vom Rayleigh-Jeans-Gesetz ausgegangen und hatte dann durch Einführung der Quantenhypothese sein Gesetz finden und die Brücke zum Wienschen Gesetz schlagen können. Einstein kommt aber mit den weiteren heuristischen Annahmen über die Wechselwirkung zwischen Strahlungsfeld und Atom viel schneller zum Ziel: Zwischen den (nach Bohr) diskreten Energiezuständen Em und En können zwei Typen von Strahlungsübergängen erfolgen, nämlich: 3. Aus dem energetisch höheren Zustand sei eine spontane Emission in den niedrigeren möglich, die zeitlich einem statistischen, dem radioaktiven Zerfall analogen Gesetz folgt: dNm = −Anm Nm dt. (4.24) 70 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE Dabei ist Nm die Zahl der angeregten Atome und Anm die spontane Zerfallsrate oder der Einsteinsche A-Koeffizient. Bezogen auf das einzelne Atom können wir stattdessen auch die Wahrscheinlichkeit definieren, im Zeitintervall zwischen t und t+dt spontan zu zerfallen als dWm→n = Anm dt. (4.25) 4. Es soll eine induzierte Absorption und Emission aus dem Strahlungsfeld bzw. in das Strahlungsfeld zurück möglich sein (siehe Abb. 4.10), deren Rate jeweils proportional zur vorhandenen Strahlungsdichte ist. Wir haben demnach dWn→m = Bnm ρdt (induzierte Absorption) (4.26) (induzierte Emission) (4.27) und n dWm→n = Bm ρdt Auch hier wird die Rate außer durch ρ durch einen, für den betreffenden Übergang charakteristischen Koeffizienten, den Einsteinschen B-Koeffizienten, bestimmt. Die heuristischen Ansätze (4.26) und (4.27) lehnen sich an das Beispiel des Hertzschen Dipols in der klassischen Elektrodynamik an, dessen Schwingung von einem äußeren, resonanten Strahlungsfeld auch angefacht bzw. gedämpft werden kann, je nach relativer Phasenlage zwischen Dipolschwingung und elektromagnetischer Welle. Wir fragen jetzt nach derjenigen Strahlungsdichte als Funktion von Temperatur und Frequenz, die mit den Prozessen (4.24) bis (4.27) den Gleichgewichtszustand der Boltzmann-Verteilung erhält, d.h. in Summa gleich viele Absorptions- wie Emissionsprozesse erzeugt, also: n ρ + Anm ) . g e−En /kT B m ρ = gm e−Em /kT (Bm | {z } |n {z } n ∼Nn (4.28) ∼Nm Wir betrachten (4.28) für T → ∞, wobei die beiden Exponentialfunktionen gleich 1 werden und wegen ρ → ∞ auch die spontane Emission gegenüber der induzierten vernachlässigbar klein wird; dann folgt n gn Bnm = gm Bm . (4.29) (4.29) eingesetzt in (4.28) und aufgelöst nach ρ ergibt ρ(ν) = 8πν 2 c3 } | {z 1 hν/kT − 1 e | {z } hν |{z} Zahl der Moden im Intervall [ν, ν + dν] Photonenenergie . (4.30) therm. Besetzungszahl der Mode Wenn (4.30) für T → 0 in das Wiensche Gesetz einmünden soll, dann müssen die Argumente der beiden Exponentialfunktionen gleich sein. Hieraus gewinnt Einstein ohne weitere Voraussetzungen die Bohrsche Beziehung zurück Em − En = hν. (4.31) Mit (4.31), eingesetzt in (4.30), betrachten wir jetzt noch einmal den Grenzwert T → ∞ und entwickeln dabei die Exponentialfunktion im Nenner bis zum ersten Glied. Vergleich mit dem Rayleigh-Jeans-Gesetz liefert dann für das Verhältnis der Einstein-Koeffizienten sofort die Einsteinsche Beziehung Anm 8πν 2 8πhν 3 = · hν . = n Bm c3 c3 (4.32) 4.2. STRAHLUNGSGESETZE NACH EINSTEIN 71 (4.32) wieder eingesetzt in (4.30) ergibt das Plancksche Strahlungsgesetz ρ= 8πν 2 1 hν hν/kT . 3 c e −1 (4.33) Diese Aufteilung der Planckschen Formel in die drei Faktoren wie oben lässt deutlich ihre Struktur erkennen: der erste Faktor ist die Zustandsdichte, der zweite das Energiequant eines jeden Zustands, der dritte die Anzahl der Quanten, mit denen jeder Zustand im statistischen Mittel besetzt ist. Abb. 4.10: Schema der Wechselwirkung eines Strahlungsfeldes ρ(ν) mit einem 2-Niveau System. Es treten (a) Absorptions- und (b) induzierte Emissionsprozesse auf, aber auch (c) spontane Emissionsprozesse, die nicht vom Strahlungsfeld abhängen. n1 und n2 sind die Dichten der Atome in Zustand |1i und |2i und B12 , B21 und A21 sind die Einstein - Koeffizienten für Absorption, stimulierte und spontane Emission. Bevor wir diese Zusammenhänge im nächten Abschnitt ausdiskutieren, sei noch auf einige Punkte der Einsteinschen Arbeit aufmerksam gemacht, die in der Literatur nicht so häufig zitiert werden. Zunächst zeigt sich Einstein unbefriedigt darüber, dass er (4.32) nicht aus einer vollständigen Quantentheorie der Strahlung, die die Wechselwirkung zwischen Atom und Photon wirklich beschreibt, ableiten kann, sondern auf Koeffizientenvergleiche angewiesen ist. Insofern sieht er das Problem von der Dynamik her als prinzipiell ungelöst an. Vielmehr “erschließt” er das Gesetz aus heuristischen Annahmen im Rahmen gültiger statistischer Gesetze. Im zweiten Teil der Arbeit führt er die statistischen Überlegungen fort, indem er bei jedem Strahlungsprozess auch den Impulsübertrag des Photons hk auf das Atom mit berücksichtigt, der die Geschwindigkeitsverteilung der Atome beeinflusst. Unter der Annahme, dass die Strahlungswechselwirkung die einzige zwischen den Atomen sei - dass also gaskinetische Stöße keine Rolle spielen (z.B. betrifft das die heißen, dünnen Gase der Sonnencorona) - kann gezeigt werden, dass die Strahlungswechselwirkung dann und nur dann die Boltzmannsche Geschwindigkeitsverteilung der Atome erzeugt, wenn für die Strahlungsdichte das Plancksche Gesetz gilt - ein bemerkenswerter Zusammenhang. 4.2.2 Auswahlregeln Für die Anregung eines Atoms von einem Anfangszustand |ii in einen Endzustand |f i unter Absorption eines Photons, gibt es Auswahlregeln, die sich aus den Symmetrieeigenschaften der Wellenfunktionen und damit letztlich aus den Invarianzeigenschaften des Hamiltonoperators ergeben. Für elektrische Dipolübergänge erhält man aus den Dipolmatrixelementen für linear polarisiertes Licht hψf | ez |ψi i, respektive zirkular polarisiertes Licht hψf | e(x ± iy) |ψi i, die folgenden Auswahlregeln: 72 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE • ` = `0 ± 1, ∆` = ±1 (Drehimpulserhaltung) • unterschiedliche Parität der beiden Zustände • m` = m0` , für linear polarisiertes Licht • m` = m0` ± 1, für rechtszirkular (σ + ), bzw. linkszirkular (σ − ) polarisiertes Licht. Berücksichtigt man die Spin-Bahn-Kopplung, so kann sich auch der Spin ändern, da jetzt der Zustand eine Linearkombination aus Bahndrehimpuls und Spinzuständen ist. Die Lichtwelle greift jedoch immer nur am Bahndrehimpulsanteil an. Die Stärke des Übergangs hängt also vom Anteil der Bahndrehimpulswellenfunktion an der gesamten Wellenfunktion ab. Die Zahlen, die diesen Beitrag angeben, heißen Clebsch-Gordon-Koeffizienten. Man erhält folgende Auswahlregeln: • ∆J = 0, ±1 • ∆mJ = 0, ±1 • kein Übergang von J = 0 → J = 0 • für ∆J = 0 kein mJ = 0 → mJ = 0 Für Hyperfeinübergänge gelten die Regeln entsprechend mit den Quantenzahlen F und mF . Übergänge die diesen Auswahlregeln genügen, heißen ”erlaubte” elektrische (Dipol-, E1)Übergänge, andere Übergänge sind ”verboten”. Aber auch ”verbotene” Übergänge können, stattfinden, beispielsweise als magnetische Dipolübergänge (M1), oder höhere elektrische, bzw. magnetische Multipolübergänge (E`,M`). Desweiteren gibt es die Möglichkeit mehr als ein Photon gleichzeitig zu absorbieren oder emittieren; dann spricht man von Mehrphotonenübergängen. Die Parität eines Photons der Multipolordnung E` ist (−1)` , für M` entsprechend (−1)`+1 . p Ein Photon der Multipolstrahlung der Ordnung ` trägt einen Drehimpuls `(` + 1)~. Aus der Drehimpulserhaltung und der Paritätserhaltung ergeben sich dann wieder entsprechende Auswahlregeln. In der Atomphysik ist im wesentlichen die Dipolstrahlung von Interesse. Dies liegt daran, dass die Übergangswahrscheinlichkeit für einen E`/M` Übergang proportional ist zu µ 2πR λ ¶2l . (4.34) Für Atome R ≈ 10−10 m und Strahlung im sichtbaren Bereich (λ ≈ 6 · 10−7 m) ergibt sich daraus eine Unterdrückung von annähernd 10−6 für Multipolstrahlung der nächsthöheren Ordnung. Bei Kernübergängen (R ≈ 10−15 m, Eλ = 2 MeV) hingegen ist dieser Faktor bereits auf etwa 2 · 10−4 reduziert, hier sind höhere Multipolübergänge von größerer Bedeutung. Magnetische Übergänge sind gegenüber elektrischen der gleichen Multipolordnung auch noch einmal um einen Faktor (υ/c)2 unterdrückt. Trotz (oder gerade wegen) ihrer geringen Übergangswahrscheinlichkeit besitzen auch die Übergänge höherer Multipolordnung z.B. als Uhrenübergänge eine große Bedeutung in der Atomphysik. 4.2. STRAHLUNGSGESETZE NACH EINSTEIN 4.2.3 73 Konsequenzen der Einsteinschen Beziehungen für das Laserprinzip Wir wollen in diesem Abschnitt zwei für das Laserregime sehr wichtige Verhältnisse diskutieren, nämlich - das Verhältnis aus stimulierter Emission zu stimulierter Absorption und - das Verhältnis aus stimulierter Emission zu spontaner Emission. Klarerweise kann eine Verstärkung einer Lichtwelle durch stimulierte Emission in einem Medium nur dann funktionieren, wenn diese die stimulierte Absorption überwiegt. Für ein Gas im thermischen Gleichgewicht ist aber laut (4.28) und (4.29) das Verhältnis gleich nN Bm gn Nm m = = e−(Em −En )/kT < 1. m Bn Nn gm Nn (4.35) Ein thermisches Gas schwächt also in jedem Falle die einfallende Welle. Um eine Verstärkung zu erlangen, muss eine Inversion der Besetzungszahlen vorliegen, derart, dass das betrachtete Verhältnis gn Nm > 1. (4.36) gm Nn wird. Bezogen auf die (entarteten) jeweiligen Unterzustände der beteiligten Terme bedeutet dies, dass die des oberen jeder für sich stärker besetzt sein müssen, als die des unteren, oder dass im schlichten zwei-Niveau-System Nm /Nn > 1 sein muss. Die obige Inversionsbedingung (4.36) ist zwar notwendig, aber keineswegs hinreichend für den Lasereinsatz. Vielmehr muss sich die stimulierte Emission nicht nur gegen die Absorption, sondern auch gegen die Konkurrenz der spontanen Emission durchsetzen. Hierzu wird ein gewisser, minimaler Schwellenwert der Inversion verlangt, der im einzelnen erst im Abschnitt zur Schawlow-Townes-Schwellenbedingung abgeleitet wird. Wir können uns aber an dieser Stelle schon ein Bild darüber machen, wie das Verhältnis aus stimulierter zu spontaner Emission im Falle der Hohlraumstrahlung, also im thermischen Gleichgewicht, aussieht. Wir betrachten die induzierte sowie die spontane Emissionsrate (Γi bzw. Γs ) eines einzelnen Atoms, das sich innerhalb des Hohlraums befinde. Hierfür erhalten wir aus dem Einsteinschen Ansatz und der Planckschen Strahlungsformel (im folgenden n = B und An = A) gelte immer Bm m ρB 1 = hν/kT = δ. A e −1 (4.37) δ war aber gerade der dritte Faktor in (4.33), also die Besetzungszahl des betreffenden Eigenzustands der Frequenz des Hohlraums, die auch Entartungsparameter genannt wird. Die induzierte Emission überwiegt also im Bereich δ > 1, d.h. dann, wenn im Mittel jeder Schwingungsmode mit mehr als einem Quant besetzt ist. Dazu muss, grob gesprochen, die thermische Energie kT größer als die Quantenenergie hν sein. Wir führen zu δ einige Beispiele an: Bei Zimmertemperatur beträgt kT ungefähr 25meV , die Energie eines Lichtquants im optischen Bereich aber etwa 2, 5eV . Der Entartungsparameter ist demnach δ ≈ e−100 , d.h. ein Hohlraum ist bei Zimmertemperatur für das Auge in der Tat absolut schwarz. Selbst im sichtbaren Sonnenlicht, emittiert bei Temperaturen um 6000K, ist δ immer noch kleiner als 1% (Lichtquellen mit δ > 1 haben für das Auge offensichtlich verheerende Blendwirkung; das erklärt die Gefährlichkeit des Lasers). Ganz anders liegen die Verhältnisse im Mikrowellengebiet (z.B. beim Maser). Bei einer Frequenz von 5GHz beträgt die Quantenenergie nur ca. 2 · 10−5 eV . Für den Entartungsparameter gilt dann δ ≈ 103 . Entsprechend drastisch sind die Unterschiede 74 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE im Rauschen: im Mikrowellengebiet, wie auch natürlich im ganzen Radiogebiet, dominiert die thermische Strahlung als Rauschquelle; es lohnt sich also, Empfänger zu kühlen. Im optischen Gebiet dagegen ist die spontane Emission die einzige ernst zu nehmende Rauschquelle. Wir betrachten jetzt noch die totale Emissionswahrscheinlichkeit ΓE tot = Γi + Γs = ρB + A = A (δ + 1) , (4.38) wobei in der letzten Gleichung B mit Hilfe von (4.37) eliminiert wurde. In der Klammer vertritt jetzt δ die induzierte und 1 die spontane Emission. Wir interessieren uns im folgenden statt für einen abstrakten, beliebig großen Hohlraum für einen ganz konkreten Hohlraumresonator, dessen Volumen V das strahlende Lasermedium einschließen soll, und es geht jetzt darum, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Lichtquant in eine ganz bestimmte Eigenschwingung (engl.: mode) emittiert wird. Hierzu nehmen wir an, das Medium emittiere mit einer Spektralfunktion S(ν), deren Maximum auf 1 normiert sei (siehe Abb. 4.11). Wir müssen zunächst die Zahl der Moden Z bestimmen, die unter der Spektralfunktion liegen, d.h. in die hinein Emission erfolgen kann. Wir erhalten sie aus der Faltung der Zustandsdichte dZ/dν des realen Resonators mit der Spektralfunktion S(ν) Z dZ S(ν)dν. (4.39) Z= dν Abb. 4.11: Illustration zur Spektralfunktion S(ν) und Modenzahl eines Hohlraumresonators War 8πν 2 /c3 die Zustandsdichte pro Volumeneinheit, so erhalten wir diejenige des realen Resonators durch Multiplikation mit seinem Volumen V : dZ 8πν 2 = 3 V. dν c (4.40) Bei V = 1cm3 beträgt sie im optischen Bereich ungefähr 1 pro Hertz. Selbst bei den scharfen optischen Spektrallinien passen also noch immer sehr viele Modes unter die Linienbreite, und es war daher gerechtfertigt, in (4.39) die Summation durch das Integral zu ersetzen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Photonen in einen ganz bestimmten Mode k mit der Frequenz νk emittiert werden, ist dann gegeben durch A (nk + 1) S (νk ) . (4.41) ΓE k (νk ) = Z Statt des statistischen Mittels δ wurde in (4.41) die jeweilige Besetzungszahl nk des Modes k eingesetzt. Da Z proportional zu V ist, sieht man, dass (4.41) über das Verhältnis nk /V 4.2. STRAHLUNGSGESETZE NACH EINSTEIN 75 proportional zur Energiedichte im betreffenden Resonatormode ist, wie erwartet. Außerdem ist ΓE k (νk ) nach Voraussetzung proportional zur Spektralfunktion. Je größer das Resonatorvolumen ist, auf umso mehr Modes verteilt sich die Emission, deren Gesamtrate ΓE , die Summe über alle ΓE k , davon allerdings unberührt bleibt. Als Beispiel einer Spektralfunktion führen wir die Lorentzkurve an, deren Breite ∆ν = A/2π nur durch die Strahlungsdämpfung A gegeben sei und erhalten (mit ν0 À ∆ν) Z Z= dν 2πν02 dZ A · V. ≈ dν 1 + (2(ν − ν0 )/∆ν)2 c3 (4.42) In (4.41) hebt sich damit A heraus. Die spezielle Situation des Lasers besteht nun darin, dass die stimulierte Emission nur in einen oder wenige Resonatormodes erfolgt in Konkurrenz zur spontanen Emission in alle übrigen. Wir haben damit schon die meiste Vorarbeit zur Ableitung der Schawlow-TownesSchwellenbedingung geleistet, möchten aber, bevor wir damit fortfahren, in den nächsten beiden Abschnitten noch einige grundsätzliche Fragen der Strahlungsphysik behandeln. 4.2.4 Die Breite von Spektrallinien Die spontane Emission führt zu einer endlichen Lebensdauer des angeregten Zustands |2i und damit zu einer endlichen Energiebreite, d.h. der Zustand ist nicht ”scharf”. Unter der Annahme, dass kein Strahlungsfeld vorhanden ist (ρ(ν) = 0) ist nur die spontane Emission von Null verschieden. Die Lebensdauer von |2i ergibt sich dann aus der Integration von der Gleichung für die spontane Emission mit der Annahme, dass die Besetzungsdichte n2 proportional ist zur quantenmechanischen Wahrscheinlichkeit ein Atom im Zustand |2i zu finden. Die Lösung für n2 lautet n2 (t) = n2 (0) e−A21 t (4.43) 1 A21 1 := γ121 = 2πΓ . Kann das Atom in mehrere 21 ´−1 ³P - die elektromagnetische Welle, die tieferliegende Zustände j zerfallen, so gilt τ2 = j A2j vom Atom abgestrahlt wird, klingt somit exponentiell ab - im Frequenzraum entspricht dies einem Spektrum der Form Γ 1 2 (4.44) GL (ν) = ¡ ¢ π (ν − ν0 )2 + Γ 2 und damit ist die mittlere Lebensdauer τ2 = 2 mit der zentralen Übergangsfrequenz ν0 = = (E2 − E1 )/h und Γ = Γ21 = Γ2 + Γ1 . Ein solches Lorentz-Profil ist in Abb. 4.12(a) als durchgezogene Linie dargestellt. Seine volle Breite zwischen den Punkten halber Intensität ist ∆νFW HM = Γ = 2πA21 . Die Integration über das Profil ergibt die totale Übergangsrate A12 . In einem dichten Gas wird der Wellenzug vor dem natürlichen Abklingen oftmals bereits durch phasenstörende Stöße mit anderen Atomen unterbrochen. Dies führt zu einer zusätzlichen (Druck-)Verbreiterung der Linie5 Γeff = Γ21 + ΓStoß = Γ21 + const · p. (4.45) Beide Arten der Verbreiterung werden als homogen bezeichnet weil sie eine Eigenschaft aller Atome eines Ensembles sind. Weitere homogene Verbreiterungen werden auch verursacht durch kurze Wechselwirkungszeiten zwischen Lichtstrahl und Atomen (Flugzeitverbreiterung) oder sehr starke Strahlungsfelder (Sättigungsverbreiterung). Sie werden als homogen bezeichnet, 5 Darüberhinaus kommt es auch zu einer Verschiebung der Linienlage. 76 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE Abb. 4.12: (a) Linienform von Lorentz- und Gaußprofil. (b) Das Voigtprofil ergibt sich unter Berücksichtigung der homogenen Linienbreite jedes Atoms. weil Licht einer Frequenz, die in das Profil passt, jedes Atom anregen (oder abregen) kann. Dies ist nicht der Fall bei der (scheinbaren) Verbreiterung einer Linie durch den Dopplereffekt in einem Gas (Maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung). Die emitierte Frequenz eines Atoms hängt hier in erster Näherung von der Momentangeschwindigkeit υ der Atome (Masse M ) in Emissionsrichtung ab, d.h. ν = ν0 (1 ± υc ). Dadurch kommt es zu einem Profil mit der Form einer Gauß-Verteilung " r µ ¶ # 4 ln 2 1 M c2 ν − ν0 2 (4.46) GGauss (ν) = exp − π ΓD 2kT ν0 wie sie in Bild Abb. 4.12(a) gestrichelt dargestellt ist. Dabei ist die volle Halbwertsbreite des Gaußprofils durch r r 8kT ln(2) T −7 ΓD = ν0 = 7.16 · 10 ν0 [K/amu] (4.47) M c2 M gegeben. Man √ beachte, dass p die Dopplerbreite proportional ist zur Resonanzfrequenz ν0 des Überganges, zu T und zu 1/M . Diese Verbreiterung der Spektrallinie nennt man inhomogen, weil Licht einer Frequenz aus dem Intervall nur Atome derjenigen Untergruppe anregen kann, deren momentane Geschwindigkeit υz in Richtung auf den Beobachter die Resonanzbedingung νLaser · (1 ± υc ) ≈ ν0 ± Γ2 erfüllt. Beispiel: In einem Gas von Calciumatomen beträgt die Dopplerbreite der 422.8 nm Resonanzlinine von 44 Ca bei 1200 K ungefähr 2.8 GHz. Dies ist rund das 80-fache der natürlichen Linienbreite von 35 MHz. Die Hyperfeinstruktur der ungeraden Isotope 41,43 Ca liegt in der Größenordnung 100 MHz und kann unter diesen Bedingungen nicht aufgelöst werden. Um ein realistischeres Linienprofil für dopplerverbreiterten Linien zu erhalten, muss man berücksichtigen, dass jedes Atom aus dem Dopplerprofil mit der Geschwindigkeit υ selbst noch eine homogene Verbreiterung aufweist. Daher muss das Gaußprofil noch mit einem Lorentzprofil 4.2. STRAHLUNGSGESETZE NACH EINSTEIN 77 gefaltet werden: +∞ Z GVoigt (ν) = dν 0 GGauss (ν 0 ) GLorentz (ν − ν 0 ). (4.48) −∞ Das resultierende Profil wird als Voigt-Profil bezeichnet, sein Zustandekommen ist in Abb. 4.12(b) veranschaulicht. Es ist nahe der Resonanz durch das Dopplerprofil, weitab der Resonanzfrequenz hingegen durch die weiten Flanken des Lorentzprofils dominiert. Es gibt zahlreiche laserspektroskopische Methoden um die inhomogenen Linienverbreiterungen zu überwinden, um Spektren zu erhalten, deren Auflösung nur durch die natürliche Linienbreite begrenzt ist. Beispielhaft seien drei Methoden an dieser Stelle erwähnt: 1. Spektroskopie am kollimierten Atomstrahl Atome die aus einem heißen Röhrchen in z-Richtung austreten (vgl. Kapitel 1) können durch eine entfernte Blende gut kollimiert werden. Die Atome des entstandenen Strahls besitzen nur eine kleine Geschwindigkeitskomponente senkrecht zur Atomstrahlrichtung. Eine Blende mit Durchmesser b im Abstand d führt zu einem vollen Öffnungswinkel des Strahls von ε ≈ b/d (Abb. 4.13). Wird der Laser in der x-y Ebene eingestrahlt, so ist dementsprechend die Dopplerbreite um einen Faktor sin(ε/2) ≈ ε/2 reduziert. Bei Laserstrahlen mit kleinen Durchmessern und hohen Ofentemperaturen kann allerdings durch die kurze Wechselwirkungszeit zwischen Atomen und Laserstrahl eine Flugzeitverbreiterung auftreten. Beispiel: Eine Kollimation b = 1 mm, d = 5 cm führt zu einer Reduktion der Dopplerbreite um einen Faktor 100. Im obigen Beispiel kann die Dopplerbreite ungefähr auf die natürliche Lineinebreite reduziert und die Hyperfeinstruktur der Calciumatome aufgelöst werden. Abb. 4.13: Geometrie bei der Spektroskopie am kollimierten Atomstrahl. 2. Kollineare Spektroskopie Die Beschleunigung von Ionen auf Energien von einigen 10 keV, führt zu einer drastischen Reduktion der Dopplerbreite wenn der Laser in Richtung des Atomstrahls (kollinear oder anti-kollinear) eingestrahlt wird. Für ein Ensemble mit der mittleren kinetischen Energie E = 21 mv 2 beträgt die Energiebreite aufgrund der unterschiedlichen Geschwindigkeiten δE = mυ δυ. Werden diese Ionen in einem elektrostatischen Feld beschleunigt, so bleibt die Energieunschärfe δE erhalten. Da die Geschwindigkeit υ aber stark zunimmt, muss δυ 78 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE entsprechend sinken und damit die Dopplerbreite ΓD auf Γ0D 1 = 2 r δE ΓD E (4.49) reduziert. Anschaulich wird dies verständlich, wenn man bedenkt, dass langsame Ionen länger im Beschleunigungsfeld verweilen als solche die in Feldrichtung bereits mit einer hohen Anfangsgeschwindigkeit starten. Dadurch werden die Unterschiede in der Anfangsgeschwindigkeit ausgeglichen (siehe Übungen). 3. Sättigungsspektroskopie Während man in den ersten beiden Verfahren die externen Freiheitsgrade der Atome bzw. Ionen verändert, werden bei der Sättigungsspektroskopie die Atome einer bestimmten Geschwindigkeitsklasse mittels eines Laserstrahls quasi markiert und diese Markierung mit einem zweiten Laserstrahl abgefragt. Unter Sättigung versteht man, dass mit wachsender Laserleistung der Absorptionskoeffizient sinkt und das Medium für den Laserstrahl transparent wird. Ein intensiver resonanter Laserstrahl (Pumplaser) kann also ein Medium derart ausbleichen, dass ein zweiter, ebenfalls resonanter Laserstrahl (Probestrahl) nicht mehr absorbiert und gestreut wird. Der Pumpstrahl bleicht diejenige Geschwindigkeitsklasse aus, die mit der Laserfrequenz resonant ist. Der Nachweis kann durch das Beobachten einer verminderten Absorption mit dem Probe-Laser erfolgen. Wird für Pump- und Probestrahl der gleiche Laser verwendet (Abb. 4.14 a) und gegenläufig durch eine Gaszelle geschickt, so bleichen sie sich im Resonanzfall gegenseitig aus. Man erhält einen sehr schmalen Einbruch im Spektrum (Lamb-Dip), der von der Aborption der Atome ohne Geschwindigkeitskomponente in z-Richtung stammt (Abb. 4.14 b). Die Resonanzfrequenz bleibt daher unberührt vom Dopplereffekt. Damit kann man atomare Übergangsfrequenzen sehr genau messen und ist nur noch durch die natürliche Linienbreite begrenzt. Abb. 4.14: Experimenteller Sättigungsspektroskopie. Aufbau (a) und Absorptionssignal (b) bei der 4.3. KOHÄRENZVOLUMEN, PHASENZELLE, PHASENFLUKTUATIONEN 4.3 4.3.1 79 Kohärenzvolumen, Phasenzelle, Phasenfluktuationen Kohärenzzeit, Autokorrelationsfunktion, Leistungsspektrum Im Folgenden sei immer ein quasimonochromatisches und schlankes Lichtbündel vorausgesetzt, das die Bedingungen ∆ν ¿ ν0 und ∆ϑ ¿ 2π erfüllt (siehe Abb. 4.15). Abb. 4.15: Illustration zu Monochromasie und Divergenz eines Lichtbündels Als Kohärenzzeit bezeichnet man im allgemeinen die reziproke Linienbreite tc = 1 , ∆ν (4.50) denn nach einer Zeit tc nimmt der relative Phasenunterschied zwischen den verschiedenen spektralen Komponenten des Lichtbündels bereits Werte zwischen 0 ≤ ∆ϕ ≤ 2π∆νtc = 2π, (4.51) an. Bringen wir ein solches Lichtbündel nach einem Laufzeitunterschied von tc mit sich selbst zur Interferenz, so werden die spektralen Komponenten teils konstruktiv, teils destruktiv interferieren und der Interferenzkontrast in summa stark abgeschwächt sein. Wir wollen diese Beziehung genauer untersuchen und zunächst eine exakte Meßvorschrift für die Kohärenzzeit mittels des Michelson-Interferometers geben (siehe Abb. 4.16). Abb. 4.16: Michelson-Interferometer zur Bestimmung der Autokorrelationsfunktion eines Lichtbündels 80 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE Am Empfänger wird die aus der Interferenz der beiden Teilbündel resultierende Intensität I(t) als Funktion des Laufzeitunterschieds τ= 2(L2 − L1 ) c (4.52) gemessen und zwar nicht momentan, sondern bei jedem τ als zeitlicher Mittelwert über eine längere Meßperiode 2T À τ . Die Intensität am Empfängerort ~r ist über die Beziehung I(~r, t) = c · ρ = c ε0 E 2 (~r, t) zum Quadrat der elektrischen Feldstärke am Interferenzort proportional. Wir erhalten somit für den Mittelwert im Limes T → ∞ ZT ¡ ¢2 I(~r, τ ) 1 = lim E(~r, t) + E(~r, t + τ ) dt T →∞ 2T c ε0 −T D¡ ¢2 E = E(~r, t) + E(~r, t + τ ) (4.53) t 2 = 2hE (~r, t) it + 2hE(~r, t)E(~r, t + τ ) it Bei (4.53) müssen wir voraussetzen, dass E 2 (t) über die Messzeit 2T einen stabilen Mittelwert hat, wohingegen kleine Fluktuationen von Amplitude und Frequenz zugelassen sind. Während der erste Term in der letzten Zeile von (4.53) die inkohärente Summe der Teilintensitäten darstellt, beschreibt der zweite Teil 1 K(τ ) = lim T →∞ 2T ZT ¡ ¢ E(~r, t)E(~r, t + τ ) dt (4.54) −T die durch den Laufzeitunterschied entstandene, zeitunabhängige und in τ = 2π/ω periodische Interferenz der beiden Teilstrahlen, die für τ > tc ausklingt (ihre Abhängigkeit vom Beobachtungsort ~r interessiert hier nicht und wird unterdrückt). K(τ ) ist die sogenannte Autokorrelationsfunktion, die bei allen Kohärenzfragen und auch in vielen anderen, statistisch gestörten Systemen ein entscheidendes Charakteristikum ist. Zufolge des Wiener-Khintchine-Theorems besteht zwischen der Autokorrelationsfunktion und dem Leistungsspektrum dI(ν)/dν ein eineindeutiger Zusammenhang über die Fouriertransformationen 1 dI(ν) = cε0 dν Z∞ K(τ )e−2πiντ dτ −∞ bzw. (4.55) Z∞ K(τ ) = −∞ 1 dI(ν) 2πiντ e dν. cε0 dν Die Spektroskopie durch Ausmessung der Autokorrelationsfunktion im Michelson-Interferometer heißt deswegen auch Fourierspektroskopie und hat in den letzten Jahrzehnten sehr an Bedeutung gewonnen, nachdem es möglich geworden ist, mit Hilfe von Prozessrechnern auch sehr komplizierte und datenreiche Autokorrelationsfunktionen schnell einer Fouriertransformation zu unterwerfen. Sie hat besonders im infraroten Spektralbereich Vorteile im Signal-RauschVerhältnis gegenüber anderen hochauflösenden spektroskopischen Methoden. Der Zusammenhang (4.55) gilt für jedes beliebige Spektrum, gleichgültig auf welche Art und Weise die spektrale 4.3. KOHÄRENZVOLUMEN, PHASENZELLE, PHASENFLUKTUATIONEN 81 Verteilung zustande gekommen ist, ob durch Strahlungsdämpfung, Stoßdämpfung, Dopplereffekt, Überlagerung verschiedener Spektrallinien, schwarze Strahlung oder sonstige Effekte. Dies gilt aber wie gesagt nur für die spektrale Intensitätsverteilung, nicht unbedingt für die Amplitudenverteilung, die ja auch im Experiment nicht gemessen wird. Im Folgenden werden wir der Einfachheit halber häufig mit komplexen, statt reellen Feldamplituden rechnen. Die theoretische Optik benutzt hierzu das sogenannte “komplexe analytische Signal” (oder Feld) A(~r, t) (Gabor 1946). Es kann wie folgt definiert werden: Sei ein reelles Feld A(r) (~r, t) gegeben durch das Integral seiner spektralen Fourierkomponenten v(~r, ν) Z∞ (r) A v(~r, ν)e2πiνt dν, (~r, t) = (4.56) −∞ dann muss v(~r, −ν) = v ? (~r, ν) gelten, damit A(r) reell ist. Folglich ist alle Information über A(r) schon in den Komponenten positiver Frequenz enthalten. Deshalb beschränkt man sich bei der Einführung des komplexen analytischen Feldes auf ν > 0: Z∞ v(~r, ν)e2πiνt dν A(~r, t) = 0 (4.57) ⇒ A(r) (~r, t) = 2Re (A(~r, t)) . Enthalte A(r) nur streng monochromatische Komponenten νk , seien also die v(~r, ν) δ-Funktionen von νk (Linienspektrum), dann kann man mit (4.57) leicht nachprüfen, dass der Übergang von A(r) → A wie gewohnt durch die Ersetzung ³ ´ 1 ~ cos ωk t − ~kk ~r → ei(ωk t−kk ~r) 2 erfolgt. Das ist auch noch für quasimonochromatische Felder, auf die wir uns hier immer beschränken können, in guter Näherung richtig, also z.B. für ein schwach gedämpftes Signal der Form Γ e− 2 t cos(ωt) mit Γ ¿ ω. Die Intensität oder genauer Energiedichte von A(t) wird definiert als I(~r, t) = A(~r, t)A? (~r, t) (4.58) und ist bei einem schwach veränderlichen, quasimonochromatischen Feld gleich ¿ ´2 À 1 ³ (r) A (~r, t) I(~r, t) = 2 t gemittelt über eine Periode T . Sie variiert also nicht mehr mit der hohen optischen Frequenz, sondern nur noch mit den längerfristigen Änderungen des mittleren Amplitudenquadrats. Dementsprechend wird auch K(τ ) umdefiniert zu K(τ ) = hA? (~r, t)A(~r, t + τ )it 1 = lim T →∞ 2T ZT A? (~r, t)A(~r, t + τ )dt. −T (4.59) 82 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE Das zugehörige Leistungsspektrum dI(~r, ν) = dν Z∞ K(τ )e−2πiντ dτ (4.60) −∞ enthält jetzt nur noch positive Frequenzen wegen (4.57). Der Zusammenhang (4.55) zwischen Autokorrelationsfunktion und Leistungsspektrum gilt auch unverändert, wenn man nur einzelne Lichtpulse statt einer stationären Lichteinstrahlung betrachtet. Allerdings verschwindet dann im Limes T → ∞ der zeitliche Mittelwert von K(τ ) (vgl. Gl. 4.53) und damit auch von dI(ν)/dν. Man betrachtet daher zweckmäßigerweise stattdessen das zeitliche Integral über das Leistungsspektrum, also das Energiespektrum des Pulses: dE(ν) = dν Z∞ −∞ dI(ν) dt dν das wieder endlich ist. Außerdem ist die Gesamtenergie E des Pulses sowohl als Integral über das Energiespektrum als auch über die zeitliche Verteilung der Intensität darstellbar (vgl. Manuskript von H. Backe, Elektronik): Z∞ E= −∞ 4.3.2 dE dν = dν Z∞ A? (t)A(t)dt −∞ Räumliche Kohärenz und Kohärenzfläche Die Lichtquelle habe einen quasi kreisförmigen Querschnitt der Fläche ∆S und einen Durchmesser ∆l (siehe Abbildung 4.17). Abb. 4.17: Zu Kohärenzfläche und Kohärenzvolumen Dann bezeichnen wir als die Kohärenzfläche ∆A im Abstand R von der Lichtquelle diejenige Fläche, die die Punkte enthält, deren optische Weglänge zu jedem Punkt der Lichtquelle um weniger als λ variiert. Würde man also im Abstand R einen Schirm mit Löchern innerhalb dieser ersten Fresnelzone aufstellen, so würde das Licht dahinter noch klare Interferenzstrukturen zeigen. Die Kohärenzfläche wird berandet durch den Kegel mit dem Öffnungswinkel ∆ϑ ≈ λ0 (λ0 : zentrale Wellenlänge). ∆l 4.3. KOHÄRENZVOLUMEN, PHASENZELLE, PHASENFLUKTUATIONEN 83 Ihre Fläche ist demnach λ20 R2 . (4.61) ∆S Als Kohärenzvolumen bezeichnet man das Produkt aus Kohärenzlänge und Kohärenzfläche, also µ ¶2 4 cλ20 R2 R λ0 ∆V = ctc ∆A ≈ ≈ . (4.62) ∆ν∆S ∆l ∆λ ∆A ≈ (R∆ϑ)2 ≈ Dabei versteht man als Kohärenzlänge diejenige Strecke c · tc , die das Licht innerhalb der Kohärenzzeit zurücklegt. In der klassischen Wellenoptik hat das Kohärenzvolumen folgende Bedeutung: wenn man aus einem Lichtwellenfeld, das durch die Parameter ∆S und ∆ν der Lichtquelle gegeben ist, ein Lichtbündel herausschneidet, das weniger als das Kohärenzvolumen einnimmt, so kann man dieses, im Kohärenzvolumen eingeschlossene Licht auf keine Art und Weise spektral oder räumlich trennen. Geht man vom klassischen Feld zum Feld der Lichtquanten über, so kann man das Kohärenzvoumen im Sinne der Quantenstatistik umdeuten, indem man den Phasenraum betrachtet, den die im Kohärenzvolumen eingeschlossenen Lichtquanten einnehmen. Da wir ein schlankes, quasimonochromatisches Bündel betrachten, ist in erster Näherung die Impulsunschärfe in Ausbreitungsrichtung z (siehe Abbildung 4.17) nur durch die spektrale Unschärfe gegeben, während die transversalen Komponenten um ihren vollen, durch den Öffnungswinkel begrenzten Wert schwanken. Wir haben also ∆pz ≈ h∆ν c (4.63) und hν0 ∆l hν0 ∆α ≈ . c c R Somit erhalten wir für das eingenommene Phasenraumvolumen ∆Φ ∆px ≈ ∆py ≈ ∆Φ = (∆px ∆py ∆pz )(∆V ) à ! à µ ¶ ! µ ¶ h3 ν02 ∆l 2 c 2 R 2 ≈ λ = h3 . ∆ν · c3 R ∆ν 0 ∆l (4.64) (4.65) In der Quantenstatistik ist aber h3 die Größe einer Phasenzelle. Alle Teilchen in der gleichen Phasenzelle sind also im gleichen Quantenzustand und in diesem Sinne ununterscheidbar. Statt einer strahlenden Fläche betrachten wir jetzt ein strahlendes Volumen V und bestimmen den Gesamtphasenraum, in den diese Lichtquelle emittiert, also unter Einschluß des vollen Raumwinkels Ω = 4π. Das Licht sei weiterhin quasimonochromatisch mit der spektralen Breite ∆ν. Der eingenommene Impulsraum ist daher durch den Inhalt der Kugelschale ∆Vp ≈ 4πp20 ∆p ≈ 4πh3 ν02 ∆ν c3 (4.66) gegeben. Multipliziert mit dem Ortsraum V und einem weiteren Faktor 2, der die beiden unabhängigen Polarisationsrichtungen des Lichts als unabhängige Freiheitsgrade berücksichtigt, ergibt sich 8πν 2 0 (4.67) ∆Φ ≈ h3 3 0 ∆νV = h3 Z . c 0 Die Zahl Z der eingenommenen Phasenzellen ist de facto identisch mit der Zahl Z der im Volumen V und Frequenzintervall ∆ν zur Verfügung stehenden Eigenschwingungen eines Hohlraumresonators ((4.39) bis (4.42)); man berücksichtige, dass (4.66) nur eine Abschätzung und keine 84 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE exakte Integration über die Impulsunschärfe war. Für den Laser können wir aus (4.67) folgende Konsequenzen ziehen: Die Laserwirkung durch stimulierte Emission wird im wesentlichen nur eine Phasenzelle be0 treffen und sich gegen die Konkurrenz der spontanen Emission in alle Z durchsetzen müssen. Zahlenmäßig ist dieses Ergebnis das gleiche, wie in Abschnitt 4.2.3. abgeleitet; jedoch ist die Betrachtungsweise viel allgemeiner. Es kommt in der Tat nicht auf das Resonatorvolumen, sondern nur auf das Volumen des Lasermediums an. Das erstere kann ohne weiteres größer sein als das 0 letztere. Die Zahl Z ist dann zwar größer als Z ; das Anwachsen der Resonatormodes wird aber vom Lasermedium gar nicht unterschieden; es fallen dann eben mehrere Resonatormodes in die gleiche Phasenzelle des Lasermediums und tragen daher auch mit der Summe ihrer Lichtquanten kohärent zur stimulierten Emission bei. Am Schwellenwert wird sich dadurch nichts ändern. Es ist natürlich auch unerheblich, ob der Resonator geschlossen ist, oder nur von kleinen Spiegeln im interessanten Raumwinkelbereich des Laserstrahls gebildet wird, die die für die stimulierte Emission in Frage kommenden Modes selektieren; denn dass die Gesamtrate der konkurrierenden, spontanen Emission unabhängig vom Resonatorvolumen ist, hatten wir schon in Abschnitt 4.2.3. gezeigt. Mit (4.67) zeigen wir darüber hinaus, dass die spontane Emission überhaupt unabhängig von der Existenz eines Resonators ist, wie es auch der Einsteinschen Grundannahme über den A-Koeffizienten entspricht (Voraussetzung ist allerdings, dass ein eventueller Resonator groß genug ist, damit genügend Modes innerhalb der natürlichen Linienbreite liegen). Aber auch für die Laserwirkung ist der Resonator im Prinzip nicht notwendig; denn die stimulierte Emission könnte sich bei geeigneten Voraussetzungen auch ohne die Rückkopplung durch die Spiegel in einer Phasenzelle des Lasermediums durchsetzen und dort lawinenartig anwachsen (siehe Abschnitt über Superradianz). 4.3.3 Phasenfluktuationen im Lichtfeld Bei einer klassischen Hochfrequenzwelle ist es im Prinzip kein Problem, alle ihre Parameter, also Amplitude, Frequenz und Phase, beliebig genau zu bestimmen. Das stimmt jedenfalls solange, wie das Feld genügend stark und frei von Rauschen ist. Bevor wir dieses Problem im Bereich der Quantenoptik diskutieren, stellen wir uns erst die Frage, wie man überhaupt die Phase einer Lichtwelle, gegeben durch das klassische Feld ~ A(~r, t) = A0 ei(ωt−k~r+ϕ) (4.68) 0 messen kann. Hierzu könnte man es mit einem Feld A (~r, t) bekannter Frequenz und Phase mischen, indem man beide Felder räumlich kohärent auf einen Photomultiplier oder eine Photodiode einstrahlt. Der Photostrom ist proportional zur einfallenden Gesamtintensität ¯ ¯2 0 ¯ ¯ I(t) ∼ ¯A(~r, t) + A (~r, t)¯ , die mit der Schwebung µ h 0 0 0 i ¶ 0 i ω −ω t− ~k −~k ~ r+ ϕ −ϕ 2Re(A A ) = 2Re A0 A0 e ? 0 (4.69) moduliert ist. Die Schwebungsfrequenz darf die Grenzfrequenz des Empfängers nicht überschreiten, die bei sehr schnellen Dioden im Bereich von 100GHz liegt. Die Schwebung sei nun verrauscht (siehe Abbildung 4.18) durch Fluktuationen von Amplitude, Frequenz und Phase des Feldes A(~r, t). Das Rauschen werde vor allem durch die Intensität der empfangenen 4.3. KOHÄRENZVOLUMEN, PHASENZELLE, PHASENFLUKTUATIONEN 85 Abb. 4.18: Mischung zweier kohärenter Photonenfelder in einer Photodiode Welle bestimmt. Daher wird auch die Unsicherheit, die das Rauschen in der Bestimmung der Schwebungsphase erzeugt, mit abnehmender Intensität wachsen. Im einzelnen sind die Zusammenhänge kompliziert und stellen ein schwieriges Kapitel in der klassischen Wellenoptik dar, z.B. behandelt in [Mand1965], sowie vor allem in [Born1970]. Andererseits liefert die Quantentheorie des Lichts über die Unschärferelation einen Zusammenhang zwischen Energie und Phase einer Lichtwelle. Sei die mittlere Energie Ē im Kohärenzvolumen gegeben durch eine mittlere Anzahl von Photonen n̄ Ē = n̄ ~ ω, dann beträgt deren Schwankung ∆E = ∆n ~ ω = √ n̄ ~ ω. Aus der Unschärferelation folgt dann mit der Kohärenzzeit tc = ∆t als Zeitunschärfe ∆E ∆t = ∆n ~ ω ∆t = ∆n ∆ϕ ~ ≈ ~ und daraus 1 ∆ϕ ≈ √ n̄ (4.70) Von einer definierten Phase kann man also nur bei entartetem Licht sprechen, also in der Regel nur bei Laserlicht. Bei thermischen Lichtquellen, einschließlich aller Typen von Spektrallampen, bei denen der Entartungsparameter sehr viel kleiner als 1 ist, wird man daher auch keine Schwebung beobachten können, selbst dann nicht, wenn das Licht beliebig monochromatisch, die Kohärenzlänge also beliebig lang sein sollte. Die Ableitung (4.70) schaut wie ein Taschenspielertrick aus, ist aber keiner. In der Quantenelektrodynamik kann man zeigen, dass Quantenzahl und Phase kanonisch konjugierte Variable des Lichtfelds sind. Zusammenfassend können wir feststellen, dass sich das Lichtquantenfeld bezüglich seiner Fluktuationen bei hohem Entartungsgrad wie ein klassisches Wellenfeld verhält, wie es auch das Korrespondenzprinzip verlangt. Da bei den meisten Fragestellungen der Laserphysik immer hohe Quantenzahlen im Spiel sind, genügt daher in der Regel eine semiklassische Behandlung, bei der zwar die Zustände der Lasermaterie, nicht aber das Lichtfeld quantisiert werden. 86 4.4 4.4.1 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE Die Schawlow-Townes-Schwellenbedingung und ihre Konsequenzen Die Schwellenbedingung Wir gehen von einem Zwei-Niveau-System aus, wobei das untere den Index 1, das obere den Index 2 tragen soll. Weiterhin setzen wir Inversion voraus, d.h. N2 > N1 . Das Lasermedium nehme das Volumen V ein und sei lediglich von zwei axialen Endspiegeln begrenzt, zwischen denen wir die stimulierte Emission erwarten. Die Bedingung, dass der Resonator geschlossen sei und genau das Volumen V einnehme, können wir nach Kapitel 4.3 fallenlassen, da die Zahl der zur Verfügung stehenden Phasenzellen, in die das Lasermedium emittieren kann, ohnehin nur durch dessen Volumen begrenzt wird und näherungsweise durch (4.67) oder genauer durch Z 8πν02 Z=V S(ν)dν (4.71) c3 gegeben ist. Über Größe, Form und Anordnung der Endspiegel wird an dieser Stelle nicht näher eingegangen; hier genügt es festzustellen, dass sie stabile, longitudinale Eigenschwingungen in Form eines schlanken Lichtbündels gestatten. Die Laserwirkung wird nun in einem der stabilen Moden dieses Spiegelsystems einsetzen, weil die Lichtquanten darin durch mehrfache Reflexion gespeichert werden und für eine längere Wechselwirkungszeit tW mit dem Medium zur Verfügung stehen, bis sie durch die unvollkommene Reflexion oder andere Mechanismen verloren gehen (siehe Abb. 4.19). Nehmen wir an, es sei genau ein Photon in einem solchen Mode, dann müssen wir verlangen, dass es während tW durch stimulierte Emission mit einer Wahrscheinlichkeit, die größer als eins ist, ein weiteres Photon in dem Mode erzeugt, damit die Laserschwingung angefacht wird. Für die stimulierte Emissionsrate in diesem Mode k muss also gelten N2 Γik tW > 1. (4.72) N2 AS(ν)tW > 1. Z (4.73) Aus (4.41) erhalten wir dann mit nk = 1 Neben den Verlusten an den Spiegeln müssen wir natürlich auch die Verluste durch Reabsorption aus dem unteren Zustand, die mit der gleichen Wahrscheinlichkeit wie die stimulierte Emission erfolgt, berücksichtigen und damit die Schwellenbedingung vervollständigen zu (N2 − N1 )AS(ν)tW > 1. Z (4.74) Da Z immer proportional zu V ist, ist die Schwellenbedingung offensichtlich weniger an die absolute Zahl der Inversion geknüpft, als an ihre Dichte. Bei gegebenem Volumen würde es sich aber lohnen, ihm eine lange, schlanke Form zu geben, damit die Flugwege (und damit tW ) größer werden. Für eine Lorentzkurve, deren Breite nur durch die Strahlungsdämpfung A gegeben ist, hatten wir Z bereits in (4.42) berechnet und erhalten hierfür die Schwellenbedingung bei der Frequenz ν: 2πν02 V . (4.75) N2 − N1 > 3 c SL (ν)tW Darin hebt sich die Übergangswahrscheinlichkeit, also das Matrixelement des speziellen Übergangs, wieder heraus. Sie wird also im wesentlichen nur durch die Zustandsdichte im 4.4. DIE SCHAWLOW-TOWNES-SCHWELLENBEDINGUNG 87 Abb. 4.19: Stimulierte Emission eines angeregten Atoms in einen Resonatormode Phasenraum bestimmt. Wir hatten früher gesehen (vgl. Gl. 4.40), dass die Zustandsdichte im optischen Bereich bei einem Volumen von ca. 1cm3 von der Größenordnung 1 pro Hertz ist. Im Zentrum der Spektrallinie bei S(ν0 ) = 1 läge also die Inversionsschwelle bei der reziproken Wechselwirkungszeit, gemessen in Sekunden. Bei einer Länge des Mediums von 1m und einem Reflexionsgrad der Spiegel von 99% ergäbe sich damit ein Mindestüberschuss von 3 · 106 invertierten Atomen. Da diese Zahl mit ν 2 abnimmt, würden im Mikrowellenbereich schon ganz wenige angeregte Atome genügen, um sich gegenseitig zur Laserwirkung zu stimulieren. Obwohl diese Abschätzung in der Regel viel zu optimistisch ist, wie wir im folgenden Absatz sehen werden, gibt es doch ein physikalisches Regime, in dem Laserwirkung von wenigen angeregten Atomen beobachtet wurde, und zwar von sogenannten Rydbergatomen, die sich in sehr hohen Quantenzuständen, n > 20, befinden und Übergangsfrequenzen zum nächst tieferen Zustand im Mikrowellenbeiech haben (siehe z.B. [Haro1981] sowie Kap. 4.4.2 über den Ein-Atom-Maser). In der Regel wird aber die Spektralfunktion durch andere Faktoren bestimmt, im Falle von Gasen insbesondere durch die Geschwindigkeitsverteilung, die zur Dopplerkurve führt ! à r 2ν0 2kT 4 ln 2 (ν − ν0 )2 ln 2 (4.76) mit ∆νD = SD (ν) = exp − c m (∆νD )2 (m ist hier die Masse des Atoms oder Moleküls). Wie bei der Lorentzkurve bezeichnet ∆νD die volle Halbwertsbreite und ist bei Zimmertemperatur, sichtbarem Licht und mittleren Massen von der Größenordnung 1GHz. Die Integration über die Dopplerverteilung liefert für die Zahl der Phasenzellen mit ν0 À ∆νD r π 4πν02 V ∆νD , (4.77) Z= 3 c ln 2 die sich von (4.67) im wesentlichen nur durch die Linienbreite unterscheidet. Bei erlaubten optischen Übergängen ist die Lorentzbreite von der Größenordnung 10M Hz. Durch die Dopplerverbreiterung erhöht sich also die Schwelle um einen Faktor 100 und mehr. Wir fragen jetzt nach der erforderlichen minimalen Lichtleistung Pmin , die das Lasermedium spontan abstrahlen muss, um die Schwelle für den Lasereinsatz zu überwinden. Wir berücksichtigen hierbei wie gesagt nur die spontane Emissionsleistung in dem betreffenden Laserübergang und betrachten die Abstrahlung im übrigen Spektrum sowie die zur Aufheizung und Dissoziation des Plasmas und andere Verlusteffekte notwendige Energiezufuhr als Verlustleistung, die den Wirkungsgrad des Lasers beeinträchtigen. Wenn wir die Reabsorption der spontan emittierten Quanten durch Atome im unteren Zustand vernachlässigen (das ist außer 88 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE für den kleinen, durch die Endspiegel abgedeckten Raumwinkelbereich entlang des Laserrohres sicherlich richtig, weil quer dazu die Schichtdicke sehr klein ist), dann ist die Strahlungsleistung gegeben durch P (ν) = N2 hνA. (4.78) Mit N2 ≥ I = N2 − N1 und den Formeln (4.74, 4.76, 4.77) für I erhalten wir für den Fall des dopplerverbreiterten Spektrums für die minimal erforderliche Leistung die Abschätzung (mit ν0 À ∆νD ) q 8πhν04 2πkT Zhν0 m V Pmin (ν) ≥ (N2 − N1 )hν0 A ≥ = . SD (ν)tW c4 tW SD (ν) (4.79) Die Charakteristika von (4.79) sind: - Pmin ist unabhängig von A und damit vom Matrixelement des speziellen Übergangs. - Pmin ist umgekehrt proportional zur Wechselwirkungszeit tW und bevorzugt damit bei gegebenem Volumen ein lang gestrecktes Lasermedium mit guten Endspiegeln. - Pmin wächst mit der vierten Potenz der Frequenz, wodurch den Lasern im kurzwelligen Bereich praktische Grenzen gesetzt sind. Nimmt man ein Lasermedium von einem Volumen von V = 1cm3 , gestreckt auf 1m Länge, den Reflexionsgrad der Spiegel R = 99% (d.h. ∼ 100 Durchgänge der Lichtquanten) und für die thermische Geschwindigkeit den Wert von vth = 5 · 104 cm/s, so ergibt sich bei der Wellenlänge λ = 1000nm eine Schwellenleistung im Zentrum der Linie (SD (ν0 ) = 1) von P > 0, 05mW . Bei 100nm sind es demnach schon 0, 5W . Das betrifft wie gesagt nur die spontane Strahlungsleistung aus dem betreffenden Laserübergang. Die insgesamt aufzubringende Leistung liegt in der Regel eine bis vier Größenordnungen darüber. Ist die Schwelle für Verstärkung der stimulierten Emission in einem bestimmten Mode einmal überschritten, so wird die Zahl der Quanten in diesem Mode exponentiell anwachsen, weil die Verstärkung jeweils proportional zur Zahl der schon vorhandenen Quanten ist. Die Inversion wird dann rasch abgebaut. Beschränkt man den Laser auf rein axiale Modes, so fallen nur wenige davon unter die Dopplerbreite, weil die Modendichte ganz erheblich eingeschränkt wird. Der Abstand zweier rein axialer Modes n und m, die jeweils der Resonanzbedingung l = λ n/2 bzw. l = λ m/2 genügen müssen, ist im Frequenzmaßstab gleich (m − n) c ∆ν = , (4.80) 2d also minimal gleich c/2d, und das wäre bei einem Spiegelabstand von 1m etwa 150M Hz. 4.4.2 Der Ein-Atom-Maser Wir haben oben schon bemerkt, dass man im Mikrowellenbereich Masertätigkeit schon mit nur wenigen - im Grenzfall einem einzigen - Atom erreichen kann. Wir wollen in diesem Abschnitt auf die Realisierung eines derartigen Ein-Atom-Masers eingehen. Man macht sich dabei zunutzte, dass z.B. nach der Schwellenbedingung (4.75) die erforderliche Anzahl der invertierten Atome mit ν 2 abnimmt und daher im Mikrowellenbereich schon wenige angeregte Atome - im Grenzfall 1 Atom - genügen, um Laser- bzw. Masertätigkeit zu stimulieren. In Atomstrahlexperimenten mit hochangeregten Rydbergzuständen der Atome konnte Masertätigkeit mit nur einem Atom im Strahlungsfeld eines Mikrowellenresonators hoher Güte beobachtet werden. Rydbergatome sind atomare Zustände mit großer Hauptquantenzahl n ≥ 20. Im Falle von 4.4. DIE SCHAWLOW-TOWNES-SCHWELLENBEDINGUNG 89 Abb. 4.20: Experimenteller Aufbau des Ein-Atom-Masers (nach [Mesc1985]) Rubidium wird in einem einstufigen Laseranregungsprozess der Grundzustand (5s 2 S1/2 ) in den Rydbergzustand 63p 2 P3/2 angeregt. Die hochangeregten Zustände zeichnen sich durch eine lange natürliche Lebensdauer aus, die im wesentlichen mit der dritten Potenz der Hauptquantenzahl n skaliert; im betrachteten Fall ist τ ≈ 200µs. Damit lassen sich Atomstrahlexperimente mit makroskopischen Abmessungen l der Wechselwirkungszonen (hier: Mikrowellenresonator) und der Nachweiseinheit durchführen (v̄ ≈ 3 · 104 cm/s ⇒ l = v̄ · τ ≈ 6cm). Der experimentelle Aufbau ist in Abb. 4.20 wiedergegeben und besteht aus einer Atomstrahlquelle (Rb-Ofen), einem Mikrowellenresonator und einem Detektor zum Nachweis der Rydbergatome im oberen Maserniveau durch zustandsselektive Feldionisation. (Bei derart hohen Quantenzahlen trifft ein klassisches, sogenanntes Sattelpunktmodell der Feldionisation gut zu. Demnach ist das Elektron dann nicht mehr gebunden, wenn das wegtreibende äußere elektrische Feld E stärker als das rücktreibende Coulombfeld an der Stelle des maximalen Bahnradius rmax wird: 2 E > e2 /rmax ∼ n−4 . (4.81) Der Bahnradius wächst proportional zum Quadrat der Hauptquantenzahl n.) Die Laseranregung der Rb-Grundzustandsatome in den 63p 2 P3/2 -Zustand erfolgt unmittelbar vor dem Eintritt des Atomstrahls in den Mikrowellenresonator. Bei einer maximalen Laserleistung von 60µW (λ = 297nm) werden ca. N ≈ 30000Atome/s in das obere Maserniveau gehoben. Der Mikrowellenresoantor ist zylinderförmig aufgebaut mit der Möglichkeit einer Feinabstimmung seines T E121 Resonatormodes auf die Frequenz von ν = 21, 506GHz des Übergangs 63p 2 P3/2 → 61d 2 D3/2 . In dem supraleitenden Resonator werden Güten bis zu Q = 8 · 108 bei T = 2 ◦ K erreicht. Damit 90 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE lassen sich mittlere Speicherzeiten eines angefachten Resonatormodes von τ ≈ 5ms erzielen. Bei diesen langen Abklingzeiten wird die Maserschwelle auch dann noch überschritten, wenn sich im zeitlichen Mittel weniger als 1 Atom im oberen Maserniveau befindet (Durchf lugzeit · F luss ≈ 200µs·800/s = 0, 16). Abb.4.21 zeigt die nachgewiesene Rate der Atome im oberen Maserniveau als Funktion der Verstimmmung des Resonators um die Übergangsfrequenz bei 3 verschiedenen Flüssen N . Abb. 4.21: Nachgewiesene Rate der Atome im oberen Maserniveau als Funktion der Frequenzverstimmmung des Resonators von der Übergangsfrequenz 21506.50M Hz [Mesc1985] Die Abnahme dieser Rate in Resonanz zeigt deutlich, dass auch einzelne Atome eine kontinuierliche Oszillation im Mikrowellenresonator anfachen und aufrecht erhalten können. So beträgt unter der Annahme, der Übergang werde im Photonenfeld gesättigt, bei N ≈ 800Atomen/s die mittlere Zahl von Photonen im Resonator: 1 n = N t ≈ 2, 2 d. h. die Hälfte der durchfliegenden Atome geben ihr Energiequant an den Resonator ab. 4.4.3 Superradianz Verzichtet man auf die Speicherung der Lichtquanten im Resonator, so kann man dennoch Laserwirkung erhalten, wenn man die Schwelle um etwa zwei Größenordnungen gegenüber dem Resonatorfall anhebt. Denn dann genügt als Wechselwirkungszeit schon die einfache Durchflugszeit durch das Medium tW = l/c (s. Abb. 4.22), um ein weiteres Photon stimuliert in die gleiche Phasenzelle zu emittieren und (4.74) wird dann zu N2 − N1 > Zc . lAS(ν) (4.82) Zum Verständnis von (4.82) ist es interessant, wiederum den Lorentzfall mit ∆ω = A zu betra- 4.4. DIE SCHAWLOW-TOWNES-SCHWELLENBEDINGUNG 91 Abb. 4.22: Lawinenentwicklung (oben) und Intensitätsverteilung (unten) in einem superradianten Medium chten, für den (4.75) im Maximum bei S(ν0 ) = 1 den Wert annimmt: N1 − N2 = (n1 − n2 )V ≥ 2πV 2πν02 V ≥ 2 2 c l λ0 l λ2 mit σ0 = 0 ⇒ (n1 − n2 )σ0 l > 1 . 2π (4.83) In (4.83) haben wir zunächst die Inversion selbst durch die Inversionsdichte (n2 − n1 ) ersetzt und dann durch das Volumen V dividiert. Nun ist aber λ2 /2π der Wirkungquerschnitt für die Resonanzabsorption bzw. stimulierte Emission eines Photons in der Resonanzmitte. Damit bekommt die Schwellenbedingung die sehr einprägsame Form, dass das Produkt aus Inversionsdichte, Wirkungsquerschnitt und durchstrahlter Länge größer als 1 sein muss. (In [Harv1970] steht auf Seite 310 statt einer 2 eine 4 in der ersten Zeile von (4.83); es wird offensichtlich vom mittleren Flugweg des Photons ¯l = l/2 ausgegangen. Aber in diesen Grenzen ist die Festlegung einer Schwelle immer willkürlich.) Nehmen wir an, das Medium sei durch eine einmalige, kurzzeitige Anregung über die superradiante Schwelle gehoben worden, so wird sich die Inversion in einem superradianten Laserblitz abbauen, dessen zeitliche Länge durch die oben genannte Flugzeit tW = l/c gegeben ist. Dadurch ist auch seine spektrale Breite, ∆ω = 1/tW bestimmt. Er muss ausgelöst werden durch spontan emittierte Quanten, denen im Prinzip der gesamte Raumwinkel Ω = 4π zur Verfügung steht; jedoch ist die Chance, entlang der langen Achse verstärkt zu werden, am größten, so dass der Laserblitz an den beiden Stirnseiten austreten wird. Die Chance ist in beiden Richtungen gleich groß. Die lawinenartige Verstärkung führt zu einem exponentiellen Intensitätsanstieg in beide Richtungen, so dass das Gesamtintensitätsprofil über die Länge geschrieben werden kann als (siehe Abb. 4.22) ¶ µ l α I = I0 cosh x − . 2 92 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE (Hierbei ist α die Verstärkung pro Längeneinheit.) Eine reproduzierbare Intensitätsverteilung des superradianten Laserblitzes wird man nur dann erwarten können, wenn die Schwelle um ein Vielfaches überschritten wurde. In der Nähe der Schwelle ist es sehr unsicher, ob überhaupt und an welcher Stelle des Lasermediums ein Lichtquant zunächst spontan in eine zur Weiterverstärkung geeignete Phasenzelle emittiert wird. Die Zahl der in diesen Phasenzellen stimuliert emittierten Quanten wird im ganzen klein sein und stark schwanken. Der austretende Laserstrahl wird nicht sehr ausgeprägt und weder räumlich noch zeitlich kohärent sein, da er viele Phasenzellen besetzt. Wenn die Schwelle aber stark überschritten wird und die Verstärkung schon auf einem kleinen Bruchteil der zur Verfügung stehenden Länge größer als eins ist, wird die Besetzungszahl in der ersten, mit einem spontan emittierten Lichtquant besetzten Phasenzelle sich so schnell vermehren, dass sie sich als einzige durchsetzen und die Inversionsenergie in einem kurzen, kohärenten Laserpuls abrufen kann. Der Effekt der Superradianz kann manchmal störend wirken, weil er die in einem Lasermedium gespeicherte Energie begrenzt. Hochleistungslaser, wie sie zum Beispiel für die Kernfusion und andere technische Zwecke vorgesehen sind, kann man daher nicht in einem Stück aufbauen, sondern muss sie auf viele, hinereinander aufgereihte Teilstücke aufteilen, die jeweils als Verstärker dienen. In jedem von ihnen muss die Energie unterhalb der Superradianzschwelle bleiben, damit sie gespeichert bleibt, bis der eigentliche, vom Zündlaser stammende Laserpuls durchläuft und die Energie abruft. Aus dem gleichen Grunde empfiehlt es sich, bei Hochleistungslasern ein Medium zu wählen, bei dem das Verhältnis aus Strahlungsbreite zur restlichen Linienbreite besonders klein ist, weil dann zufolge (4.71) und (4.74) die Schwelle besonders hoch ist. Farbstofflaser haben eine sehr hohe Strahlungsbreite und neigen daher leicht zur Superradianz. Sie reagieren dann natürlich nicht auf die Abstimmelemente im Resonator. Relativ leicht erzielt man Superradianz auch im Infraroten wegen (4.83), also z.B. zwischen zwei dicht benachbarten, angeregten Niveaus von Atomen, nachdem man zuvor das höhere der beiden mit einem Laserpuls selektiv angeregt hat. 4.5 Lasertermschemata und Lasertypen Laser ist ein Akronym für ”Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation”. Es handelt sich um optische Oszillatoren, die durch Rückkopplung eines optischen Verstärkers entstehen. Grundlage des Lasers ist der zuvor besprochene Prozess der stimulierten Emission. Wenn es auf irgendeine Weise gelingt, dass sich für einen optischen Übergang |1i → |2i mehr Atome im angeregten Zustand |2i befinden als im Grundzustand |1i (Inversion), so werden Photonen der Resonanzfrequenz beim Durchgang durch das Medium in geringerem Maße absorbiert, als sie durch den Prozess der stimulierten Emission vermehrt werden. Um diesen Effekt zu verstärken, kann man in einem optischen Resonator die produzierten Photonen wieder und wieder durch das Verstärkungsmedium laufen lassen. Es kommt in diesem Fall zum typischen exponentiellen Anwachsen der Photonenzahl. Damit haben wir die wesentlichen Komponenten eines Lasers, wie sie in Abb. 4.23 dargestellt sind, bereits genannt: Benötigt werden (a) ein optisches Verstärkungsmedium Wenn im optischen Medium eine Besetzungsinversion vorliegt, d.h. wenn N2 > N1 , E2 > E1 ist, wird die Rate der stimulierten Emission BρN2 größer als die Absorptionsrate BρN1 . Unter diesen Umständen wird ein Lichtstrahl der mit der Resonanzfrequenz durch das Medium tritt nicht abgeschwächt sondern verstärkt. Das Verstärkungsmedium kann ein Gas, ein Kristall oder eine Flüssigkeit sein. Wir werden im folgenden einige häufig verwendete Typen kennenlernen. 4.5. LASERTERMSCHEMATA UND LASERTYPEN 93 (b) ein Prozess der die Inversion erzeugt (Pumpe) die Inversion ist eine nicht-thermische Besetzungsverteilung, denn nach der Boltzmannverteilung im thermischen Gleichgewicht ist die Besetzungszahl N (E) ∝ e−E/kT der niederenergetischen Zustände immer größer als die der höher energetischen Zustände. Um dieses Nichtgleichgewicht aufrecht zu erhalten muss ständig Energie in das Verstärkungsmedium eingebracht werden. Dazu können beispielsweise Blitzlampen, elektrischer Strom oder die Strahlung leistungsstarker anderer Laser (Pumplaser) verwendet werden. (c) ein optischer Resonator In der Regel ist die Verstärkung beim einfachen Durchgang durch das Verstärkungsmedium sehr klein. Aus diesem Grunde verwendet man Resonatoren, die das Licht vielfach durch das Verstärkungsmedium laufen lassen und für eine positive Rückkopplung sorgen. Dadurch wird der Verstärker zum Oszillator. In Analogie zum elektrischen Oszillator in dessen Rückkopplungskreis man ein Filter einbaut um die Oszillationsfrequenz festzulegen, können frequenzselektive Elemente im Resonator zur Festlegung der Laserwellenlänge dienen. 4.5.1 4.5.1.1 Generelle Prinzipien - Inversion und Verstärkung Die Laserschwelle Um eine Beziehung für die Laserschwelle herzuleiten betrachten wir das in Abbildung 4.24 gezeigte System aus zwei Spiegeln und dem aktiven Medium. Die Spiegel des Resonators haben den Abstand d und das aktive Medium hat die Länge L. Nach dem Lambert-Beerschen Absorptionsgesetz verändert sich die Intensität des Laserstrahles beim Durchgang durch das Medium gemäß I(ν, z) = I(ν, 0) e−α(ν) z . (4.84) Gewöhnlicherweise besitzen die optischen Medien einen Absorptionsindex α > 0 und dementsprechend nimmt die Lichtintensität beim Durchgang durch das Medium ab. Um Lasertätigkeit zu erreichen muss α < 0 sein, damit die Lichtintensität beim Durchgang durch das Medium zunimmt. Mikroskopisch lässt sich der Absorptionskoeffizient ausdrücken durch · ¸ g1 α(ν) = N1 − N2 σ(ν) (4.85) g2 mit dem Wirkungsquerschnitt σ(ν) für die Absorption bzw. induzierte Emission eines Photons und dem Verhältnis der statistischen Gewichte g1 /g2 der Zustände |1i und |2i. Damit α negativ Abb. 4.23: Schematischer Aufbau eines Lasers. 94 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE Abb. 4.24: Schema zur Herleitung der Schwellwertbedingung. wird und Verstärkung eintritt, muss N2 > g2 N1 g1 (4.86) werden (1. Laserbedingung, notwendig aber nicht hinreichend). Dies alleine ist jedoch nicht ausreichend, wir müssen noch berücksichtigen, dass das aktive Medium (Länge L) im Allgemeinen den Resonator (Länge d ) nicht voll ausfüllt. Alle Verluste, die pro Umlauf auftreten, z.B. durch unvollständige Reflexion an den Spiegeln (γR ), Streuung (γS ) oder Beugung (γB ), seien in dem Verlustkoeffizienten γ = γR + γS + γB + · · · zusammengefasst: I(2d) = e−γ . I(0) (4.87) Damit ergibt sich für die Nettoverstärkung G(ν) pro Umlauf G(ν) = e− [2α(ν)·L+γ] (4.88) und als Bedingung für Lasertätigkeit ¶ µ g1 G(ν) > 1 y 2 N1 − N2 σ(ν) L + γ < 0 g2 aus der man problemlos die Schwellwertbedingung ∆N = N2 g2 γ(ν) − N1 ≥ = ∆NSchwelle g1 2 σ(ν) · L (4.89) herleiten kann. Verwendet man noch die Relation, dass der Wirkungsquerschnitt für die Absorption proportional zum Quadrat der Wellenlänge ist, so erhält man den Zusammenhang ∆NSchwelle ∝ γ ν2 , L (4.90) aus dem zu ersehen ist, dass die Laserschwelle mit wachsender Frequenz immer höher liegt und schwerer zu erreichen ist. Dadurch sind LASER auch sehr viel schwieriger zu realisieren als ihre Mikrowellenkollegen, die MASER (100 THz statt 1 GHz → Faktor 1010 ) . 4.5.1.2 Laserschemata Voraussetzung für Laseraktion ist eine Inversion der Zustände, zwischen denen der Laserübergang stattfinden soll. Der Laser arbeitet um so effektiver, je höher dieses Inversion ist. Um eine hohe Inversion zu erhalten, sollte der Einsteinkoeffizient A des oberen 4.5. LASERTERMSCHEMATA UND LASERTYPEN 95 Laserniveaus klein sein, damit die spontane Emission nicht zu Verlusten führt. Das heißt, die Lebensdauer τ des oberen Laserniveaus sollte lang sein. Das untere Laserniveau sollte für eine hohe Inversion möglichst wenig besetzt, d.h. seine Lebensdauer kurz sein. Das Niveau, in das gepumpt wird, muss möglichst effektiv besetzt werden. Deshalb sollte die Absorption aus dem Grundzustand, also Bρ, möglichst groß sein. Dies bedeutet, daß ein großer Einsteinkoeffizient B günstig ist. Dann ist auch der Koeffizient A groß und damit τ kurz. Bei einem Zwei-Niveau-System sind nicht alle Bedingungen gleichzeitig erreichbar. Sowohl im unteren wie im oberen Niveau gibt es Widersprüche zu den obigen Forderungen. Deshalb gibt es keine Zwei-Niveau-Laser. Dies ergibt sich auch direkt aus der Kombination der Ratengleichungen für das Zweiniveausystem. Demnach gilt für die Änderung der Besetzungszahl des oberen Zustandes Ṅ2 = −N2 Bρ + N1 Bρ − N2 A. (4.91) Die Pumplichtquelle kann die Zahl der Atome im oberen Zustand nur solange erhöhen, bis das Geichgewicht Ṅ1 = −Ṅ2 erreicht ist und dementsprechend N2 (Bρ + A) = N1 Bρ ist. Für das Verhältnis der Atomzahl im Grund- und im angeregten Zustand folgt daraus N1 Bρ + A A Bρ→∞ = =1+ ≥ 1 → 1. N2 Bρ Bρ Der Übergang zu sehr hohen Laserleistungen ist gleichbedeutend mit einem sehr großem Produkt Bρ. Daraus ist ersichtlich, dass auch bei beliebig hoher Intensität des Pumplasers maximal eine Gleichbesetzung der beiden Niveaus erfolgen kann - eine Inversion ist nicht erreichbar. Das Medium wird vielmehr für den Pumplaserstrahl transparent, weil auf jede Absorption eine stimulierte Emission kommt. Der Energieeintrag in das aktive Medium ist ineffizient. Bei einem Drei-Niveau-System gibt es einen Widerspruch zu obigen Forderungen entweder im Grundzustand oder in dem Zustand, zu dem gepumpt wird. Dies ist in Abb. 4.25 illustriert. Drei-Niveau-Laser lassen sich nur gepulst realisieren (z.B Rubinlaser) oder als Dauerstrichlaser, wenn die Anregung nichtoptisch erfolgt (Argon-Ionen-Laser). Bei einem Vier-Niveau-System lassen sich alle obigen Forderungen erfüllen und Dauerstrichlaser realisieren. Beispiele sind der Farbstofflaser, der Nd:YAG-Laser oder der Titan-Saphirlaser. 4.5.2 Laserresonatoren Laserresonatoren sind wichtig als Rückkopplungselement, um die Verstärkung der stimulierten Emission und damit einen aktiven Oszillator zu erhalten. Sie sorgen dafür, dass die erzeugten Photonen auf wenige Moden konzentriert werden und damit die Schwellwertbedingung leichter erreicht wird. Ein Resonator der Länge d mit 2 planparallelen Spiegeln hat einen Modenabstand ∆ν oder freien Spektralbereich (FSR) von F SR = ∆ν = c . 2d (4.92) Beispielsweise hat ein Resonator einer Länge von d = 1 m einen longitudinalen Modenabstand von ∆ν = 150 MHz. Durch Beugung an den Rändern der Resonatorspiegel erhält man transversale Moden (TEM = transversal electromagnetic modes), die mit Hilfe der Kirchhoff-Fresnel’schen Beugungstheorie berechnet werden können. Gewünscht wird die transversale Grundmode, die sogenannte TEM00-Mode, da man hiermit ein Gauß’sches Strahlprofil erhält. Abbildung (4.26 a) zeigt die 96 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE Abb. 4.25: Schema von Zwei-, Drei- und Vier-Niveaulasern. Nur bei Vier-Niveaulasern gibt es keine Widersprüche (↔) bei den für eine hohe Inversion geforderten Lebensdauern (∞: unendlich lebender Grundzustand). Amplituden-Verteilung einiger T EMm,n -Moden und Abb. (4.26 b) entsprechende Photographien einiger niedriger Moden. Ein Fabry-Perot-Interferometer mit planparallelen Platten ist als Laserresonator nicht günstig, da diese Konfiguration sehr schwierig zu justieren und instabil ist. Es gibt verschiedene Resonator-Konfigurationen wie konfokale oder konkav-konvexe Anordnungen, die häufig benutzt werden. Wenn mehrere longitudinale Resonator-Moden über der Laser-Schwelle liegen, so kann der Laser auf mehreren Frequenzen anschwingen. Um ihn nur in einem einzigen Mode zu betreiben (single-mode Betrieb), muß eine einzige longitudinale Lasermode selektiert werden. Dies erfolgt durch zusätzliche frequenzselektive Elemente innerhalb des Laserresonators. Häufig verwendet werden beispielsweise Lyot- oder Birefringent-Filter und Etalons (siehe unten). Ihr Wirkungsprinzip ist in Abbildung 4.27 am Beispiel eines Gaslasers dargestellt. Sein Verstärkungsprofil ist durch die Dopplerbreite der Spektrallinie gegeben. Hier liegen vier longitudinale Moden oberhalb der Laserschwelle und können anschwingen. Mit Hilfe einer beidseitig verspiegelten Glasplatte (Etalon), die einen größeren Modenabstand als der Laserresonator besitzt, kann eine einzelne dieser Moden selektiert werden, indem man die Lage einer Etalonmode mit einer der Resonatormoden synchronisiert. Durch nderung der Laserresonatorlnge und synchrones Verkippen des Etalons kann der Laser im Single-Mode-Betrieb über den gesamten Bereich der Dopplerbreite der oberhalb der Laserschwelle liegt, durchgestimmt werden. 4.5. LASERTERMSCHEMATA UND LASERTYPEN 97 Abb. 4.26: Transversale TEMx y Modenprofile. Lyot Filter Ein Lyot- oder Birefringent-Filter dient zur groben Frequenzwahl und seine Wirkungsweise basiert auf der Drehung der Polarisationsebene des Lichtes beim Durchgang durch einen doppelbrechenden Kristall. Es besteht in der Regel aus mehreren Platten des doppelbrechenden Materials die hintereinander angeordnet sind und ein Dickeverhältnis von k : k 2 : k 3 mit einer ganzen Zahl k aufweisen. Kombiniert man ein solches Filter mit einem polarisationsselektiven Element in einem Resonator, so ergeben sich die in Abb. 4.28a gezeigten Transmissionsmaxima durch die einzelnen Platten. Man erkennt, dass für die Gesamtkonfiguration der freie Spektralbereich der dünnsten Platte erhalten bleibt, aber die Breite der Transmissionskurve rasch abnimmt. Während das klassische Lyot-Filter aus dem doppelbrechenden Kristall zwischen 2 Polarisatoren besteht (Abb. 4.28b), kann in einem Resonator auf die Polarisatoren verzichtet werden, wenn die Kristallplatten im Brewsterwinkel angeordnet sind und somit eine Polarisationsrichtung aufgrund geringerer Verluste bevorzugt wird. Mit einem Lyot Filter werden typische Bandbreiten von etwa 0,1 nm (etwa 80 GHz bei 600 nm) erreicht. Etalon Bei einem Etalon6 handelt es sich im einfachsten Fall um eine teilverspiegelte Glasplatte zwischen deren Flächen die Lichtstrahlen viele Male hin und her reflektiert werden. Aufgrund der Vielstrahl-Interferenz weist das Etalon beim Verkippen Transmissionsmaxima im Abstand ∆ν= 2nl ccos θ mit dem Brechungsindex n des Mediums, der Dicke l des Etalons und dem Verkippungswinkel θ gegenüber dem senkrechten Einfall. Damit ändert sich die Resonatorfrequenz bei fester Knotenzahl q = ν/∆ν bei weiterer Verkippung um dν = q 6 von franz. etalon, Eichmaß d(∆ν) sin θ dθ = q ∆ν dθ ≈ νθdθ. dθ cos θ 98 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE Abb. 4.27: Single-Mode Laser Betrieb durch Einfügen eines Etalons in den Resonator. 4.5.3 4.5.3.1 Lasertypen Gaslaser am Beispiel der Edelgas-Ionen-Laser Diese Laser arbeiten im Dauerstrichbetrieb (cw = continuous wave). Das Verstärkungsmedium eines Argon- bzw. Krypton-Ionenlasers besteht aus dem entsprechenden Edelgas in dem bei einem Druck von 0.01 - 0.1 mbar eine Plasmaentladung mit Entladungsströmen von bis zu 60 A brennt. Durch sukzessive Kollisionen mit den Elektronen werden die Edelgasatome ionisiert und angeregte ionische Zustände bevölkert. Das vereinfachte Niveauschema ist in Abb. 4.29 dargestellt. Während Ar+ -Laser im blau-grünen Bereich und im nahen ultraviolett Lasertätigkeit zeigen, liegen die Wellenlängen des Kr+ -Lasers vorwiegend im roten Bereich. Beim Ar+ -Laser sind im Multiline Betrieb 2 bis 100 W (1 bis 20 W für Kr+ ) erreichbar, während für Einzellinien maximal 10 bis 15 Watt erzielt werden können (Ar+ : 2 W @ 363 nm, 15 W @ Abb. 4.28: Wirkungsweise (a) und Aufbau (b) eines Lyot-Filters zur Wellenlängenselektion. 4.5. LASERTERMSCHEMATA UND LASERTYPEN 99 Abb. 4.29: Laserschema des Argon-Ionen-Lasers. 488 nm, 14 W @ 514 nm, Kr+ 10W @ 647 nm). Der Ar+ -Laser hat in der Spektroskopie eine sehr große Bedeutung als Pumplichtquelle für Farbstoff- und Titan-Saphirlaser erlangt. Darüberhinaus wird er in der Medizin z.B. in der Augenchirurgie eingesetzt; auch Disco-Laser sind häufig Ionen-Laser. Nachteile der Ionen-Laser sind ihre geringen Konversionseffizienzen die im Promillebereich liegt (bspw. 10 W Laserlicht bei etwa 10 kW elektrischer Leistung) und der große technologische Aufwand, der durch die hohen Temperaturen im Plasma (ca. 5000◦ C) bedingt ist. Das Entladungsrohr und die Anode müssen gekühlt und hitzebeständige Materialien (Graphit, BeO und Metallkeramik) eingesetzt werden. Abb. 4.30 zeigt einen Querschnitt durch das typischerweise 0,5 bis 1 m lange Plasmarohr. Die inneren Bohrungen des Plasmarohres werden durch widerstandsfähige Wolframscheiben geschützt. Diese sind in Kupferscheiben eingesetzt, die für einen schnellen Abtransport der Wärme sorgen. Axiale Magnetfelder sorgen für eine Einschnürung des Gasplasmas um die Leistung durch die hohen Stromdichten zu verbessern und die Wände vor Abtragung zu schützen. Die Leistung ist über den Entladungsstrom des Plasmas regelbar. Da die Edelgasionen zur Kathode diffundieren, muss das Gas zurückgeführt werden, damit die Plasmaröhre gleichmäßig mit Ar befüllt bleibt. Dies geschieht durch Löcher in den Kupferscheiben in denen der Ausgleichsstrom zurückfließen kann. Durch Implantation der Edelgasionen in die Behälterwand wird das Edelgas im Laufe der Zeit aufgebraucht. Deshalb sind die kommerziellen Ionenlaser mit einem Reservoir ausgestattet, aus dem das Edelgas bei Bedarf automatisch nachgefüllt wird. Die ungenutzte elektrische Leistung wird überwiegend in Wärme umgesetzt und muss durch eine aufwändige Wasserkühlung wieder abtransportiert werden. Aus diesen Gründen werden die Ionenlaser zunehmend durch frequenzverdoppelte Festkörperlaser (Nd:YAG) ersetzt. Falls Pumplicht im UV Bereich benötigt wird, sind die Argon-Ionenlaser allerdings bis heute konkurenzlos. 4.5.3.2 Farbstofflaser Farbstofflaser haben eine sehr große Bedeutung erlangt, da mit Ihnen Laserlicht über den gesamten optischen Spektralbereich erzeugt werden kann. Sie können sowohl gepulst als auch 100 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE Abb. 4.30: Vereinfachter Aufbau des Argon-Ionen-Lasers. kontinuierlich betrieben werden. Als aktives Medium dienen in einem Lösungsmittel (z.B. Methanol oder Ethylenglykol) gelöste Farbstoffe. Diese Farbstoffe sind komplexe organische Moleküle die eine Vielzahl konjugierter Doppelbindungen (d.h. C=C Bindungen die durch eine C-C Einfachbindung separiert sind) besitzen. Bei diesen Molekülen sind die Elektronen Abb. 4.31: Strukturformel des Rhodamin 6G Farbstoffs mit Absorptions- (durchgezogene Linie) und Fluoreszenzspektrum (gepunktete Linie). der Mehrfachbindungen (π-Elektronen) schwach gebunden und entlang der Kohlenstoffkette delokalisiert. Da sie leicht verschoben werden können, weisen die langen Farbstoffmoleküle große Dipolmatrixelemente auf. Als Beispiel ist in Abb. 4.31 die Strukturformel des weit verbreiteten Farbstoffes Rhodamin 6G gezeigt. Bei optischer Anregung beginnen die Farbstoffe zu fluoreszieren; als Pumplichtquellen werden Blitzlampen, gepulste oder kontinuier- 4.5. LASERTERMSCHEMATA UND LASERTYPEN 101 liche Laser eingesetzt. Die elektronischen Grund- und angeregten Zustände dieser Moleküle weisen eine Vibrations- (IR-Bereich) und Rotations-Feinstruktur (Mikrowellenbereich) auf, durch die ein nahezu kontinuierliches Band von Schwingungs- und Rotationszuständen oberhalb des Bandenkopfes jedes elektronisch angeregten Niveaus entsteht. Durch Stöße mit den Lösungsmittelmolekülen relaxieren die Schwingungs- und Rotationsanregungen des Farbstoffmoleküls untereinander mit Zeitkonstanten im Pikosekundenbereich. Diese ”Mischung” der Zustände führt dazu, dass die Auswahlregeln der Übergänge bezüglich der Rotations- und Schwingungsquantenzahl aufgehoben sind. Deshalb liegen nicht nur die Zustände dicht, sondern auch das Spektrum der auftretenden Linien füllt das ganze Band quasi kontinuierlich aus. Abb. 4.32: Niveauschema des Farbstofflasers. Abbildung 4.32 zeigt schematisch einen Ausschnitt aus dem Spektrum eines typischen Laserfarbstoffes, anhand dessen viele Eigenschaften der Farbstofflaser diskutiert werden können: Der elektronische Grundzustand ist meist ein Singulett-Zustand (S0 -Band), bei dem alle Elektronenspins gepaart sind. Gemäß des Interkombinationsverbots erfolgt die optische Dipolanregung mit dem Pumplicht wiederum in einen Singulettzustand, in ein Rotations- Vibrations(=rovibronisches) Niveau des S1 - oder S2 -Bandes, wobei das Franck-Condon Prinzip festlegt, welche Niveaus des gekoppelten elektronischen Zustandes erreicht werden können. Von hier relaxiert das Molekül innerhalb von etwa 1-10 ps zum Bandenkopf herunter, genau gesprochen in eine Umgebung δE ≈ kT oberhalb des Bandenkopfes, um dann durch spontane oder induzierte Emission in eines der rovibronischen Unterniveaus des S0 Grundzustandes zurückzukehren. Dieses wiederum wird durch schnelle Relaxationen wieder in den Bereich des Bandenkopfes entleert, so dass eine Inversion des Laserüberganges leicht erreicht werden kann. Beim Farbstofflaser handelt es sich also um einen Vier-Niveau-Laser. Optische Absorption und Emission erfolgen immer aus der Umgebung des Bandenkopfes, daher ist klar ersichtlich, dass das Emissionsspektrum gegenüber dem Absorptionsspektrum rotverschoben ist (Stokesverschiebung). Abbildung 4.31 zeigt entsprechende Spektren für den Farbstoff Rhodamin 6G. Sie überlappen in einem schmalen Bereich in der Nähe der Absorptionskante, deren Breite von der Größenordnung 102 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE kT ist. Der zur gleichen Elektronenkonfiguration wie das S1 - Band gehörende Triplettzustand mit Spin S = 1, der das T1 Band bildet, liegt analog zum Spektrum des Heliums tiefer als das zugehörige S1 -Band. Während das Interkombinationsverbot für Dipolübergänge bei diesen Molekülen recht streng gilt, erfolgt durch Relaxation7 mittels Stößen zweiter Ordnung (spinaustauschende Stöße) eine Kopplung des S0 - und S1 -Bandes an das T1 -Band. Dies hat wichtige Konsequenzen für die Laserdynamik. Abbildung 4.32 kann entnommen werden, dass die sogenannte Phosphoreszens, d.h. der radiative Zerfall aus dem T1 -Band in das S0 -Band eine partielle Lebensdauer in der Größenordnung 1s besitzt, wohingegen die Relaxation auf der Mikrosekundenskala stattfindet. Ähnlich führt die Relaxationskopplung zwischen dem S1 - und dem T1 Band zu Übergangsraten, die denen des spontanen radiativen Zerfalls S1 → S0 entsprechen. Anhand der Relaxationsraten in der Kaskade S1 → T1 → S0 ist ersichtlich, dass sich im optischen Pumpzyklus der T1 Zustand aufgrund seiner größeren Lebensdauer anreichert. Dies ist unangenehm für den Laserbetrieb, da somit Population aus dem Laserzyklus entfernt wird und darüber hinaus die Absorption des T1 → T2 -Überganges, die im Wellenlängenbereich der Laseremission liegt, die Lasertätigkeit dämpft. Aus diesem Grunde können Farbstofflaser nur im Durchflussbetrieb arbeiten. Für gepulste Laser werden üblicherweise durchströmte Küvetten, im cw Betrieb hingegen ein Hochdruckjet eingesetzt. Der Düsenstrahl mit der Lösung des Farbstoffs wird dabei frei in den Fokus des Pumplasers und des Resonators gespritzt. Dabei muss die Oberfläche des Strahls optische Qualität besitzen, d.h. extrem plan sein. Schwankungen in der Dicke des Jets führen zu unerwünschten Phasenvariationen die zu einem guten Teil für die Restlinienbreite kommerzieller Farbstofflaser im Single-Mode-Betrieb verantwortlich sind. Von Nachteil ist die Giftigkeit vieler der eingesetzten Farbstoffe und die relativ aufwändigen Lasersysteme. Wenn die beim Pumpen angeregten elektronischen Zustände energetisch hoch liegen, z.B. beim Pumpen mit UV Licht oder in das S2 Niveau, so sind sie auch schon reaktiv und es kann zur photochemischen Zersetzung des Farbstoffes kommen, so dass in regelmäßigen Abständen die Farbstofflösung ausgetauscht werden muss. Aus diesen Gründen bemüht man sich mehr und mehr, Farbstofflaser durch wartungsärmere Festkörperlasersysteme zu ersetzen. Im Bereich von 550 - 630 nm sind Farbstofflaser aber immer noch konkurrenzlos. FestkörperLasersysteme können diese Wellenlängen zurzeit nur über Summenfrequenzmischung erreichen. In dem genannten Frequenzbereich wechselt die Farbe des Lichtes von grün rasch über gelb nach rot und das Durchstimmen eines Farbstofflasers über diesen Farbbereich ist sicherlich eine der optisch eindruckvollsten Demonstrationen in einem Laserlabor. Die Durchstimmbereiche der einzelnen Farbstoffe betragen typischerweise mehrere 10 nm. Um zu vermeiden, dass der Laser auf allen Wellenlängen oszilliert, werden wellenlängenselektierende Elemente, beispielsweise Gitter und Etalons, eingesetzt. Gepulste Farbstofflaser Abbildung 4.33 zeigt ein typisches gepulstes Farbstofflasersystem. Der Resonator wird aus einem Spiegel und einem Reflexionsgitter in Littrow-Anordnung, bei der die 1. Gitterordnung in sich zurückreflektiert wird, gebildet. Innerhalb des Resonators befindet sich die Küvette mit der Farbstofflösung die kontinuierlich umgepumpt wird, um die Triplettzustände aus dem Wechselwirkungsvolumen zu entfernen und die Küvette zu kühlen. Das Teleskop dient zur Aufweitung des Laserstrahls, da die Gitterauflösung proportonal zur Zahl der ausgeleucheteten Gitterlinien ist. Statt zweier Linsen kann auch eine Anordnung aus zwei Prismen verwendet werden. Schließlich befindet sich noch ein Etalon zur weiteren Frequen7 Weil sich durch die Vibration der Atome des Moleküls auch der Potentialtopf der Elektronen ändert, sind Vibrations- und Elektronenbewegungen aneinander gekoppelt und elektronische Anregungsenergie aus höheren Bändern kann per Relaxation abgeführt werden. 4.5. LASERTERMSCHEMATA UND LASERTYPEN 103 Abb. 4.33: Laserresonator für gepulsten, seitlich gepumpten Farbstofflaser. zselektion im Resonator. Die frequenzselektierenden Elemente können ihre Wirkung nur entfalten, wenn der Laser unterhalb der Schwelle für die Superradianz bleibt, d. h. wenn nicht allein spontan in Richtung der Längsachse des Verstärkungsmediums emittierte Photonen bereits die Lasertätigkeit einsetzen lassen und die Inversion abrufen. Da die Superradianzschwelle bei Farbstoffen relativ niedrig liegt, bedient man sich zur Erzeugung hoher Leistungen eines Tricks: Man teilt den Pumpstrahl in mehrere Teile auf und führt den größeren Anteil in Verstärkerküvetten außerhalb des Resonators. In beide Küvetten wird das Pumplicht transversal zur anschwingenden Lasermode eingekoppelt und mit einer Zylinderlinse kurz hinter das seitliche Fenster der jeweiligen Küvette fokussiert. Das im Resonator erzeugte Laserlicht wird dann beim Durchlauf durch die Verstärkerküvette unter Beibehaltung seiner spektralen Eigenschaften verstärkt. Kontinuierliche Farbstofflaser Bei einem kontinuierlich arbeitendem Laser muss auch die Pumplichtquelle kontinuierlich sein. Es ist allerdings nicht möglich, die Laserschwelle von Farbstoffen in der Größenordnung 300 kW/cm2 im großen Volumen einer Küvette zu erreichen. Stattdessen verwendet man als Verstärkungsmedium einen Düsenjet der Farbstofflösung in dem das Pumplicht mit einer kurzbrennweitigen Linse auf einen Fleck von einigen Mikrometern Größe fokussiert wird. Um die Taille der Lasermode entsprechend eng zu formen, wird der Resonator von zwei sphärischen Spiegeln gebildet die symmetrisch um den Farbstoff-Jet angeordnet sind. Um ausreichend Platz für wellenlängenselektive Elemente zu bekommen, wir der Resonator gefaltet, d. h. mindestens ein dritter Spiegel hinzugenommen. In diesem Arm wird die Lasermode aufgeweitet und nahezu parallel geformt. Beispielhaft ist dies für ein Ringlasersystem in Abb. 4.34 dargestellt, wie es sowohl für kontinuierlich betriebene (cw = continuous wave) Farbstoff- als auch für Titan-Saphir-Lasersysteme kommerziell eingesetzt wird. Bei dem gezeigten Ringlaser gelingt es durch das Zusammenspiel eines Lyot-Filters und zweier Etalons unterschiedlicher Dicke nur noch einen einzelnen Lasermode anschwingen zu lassen. Dabei ist das Auflösungsvermögen der optischen Elemente so abgestuft, dass immer nur eine Mode des nächst feineren Filters innerhalb der Linienbreite des nächst gröberen liegt. Mit diesen drei optischen Elementen gelingt es also, die spektrale Breite des Farbstoffes von annähernd 100 THz auf ein Fluoreszensspektrum von etwa 1 MHz Breite einzuengen. Diese Breite ist bedingt durch Phasenfluktuationen aufgrund z.B. Dichte und Dickeänderungen im Farbstofflaserjet, Vibrationen der Resonatorspiegel und ähnlichem. Mit technischen Kniffen und einer schnellen Regelung auf sehr stabile Referenzen, lässt sich die Linienbreite sogar auf unter 1 Hertz reduzieren. 104 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE Abb. 4.34: Aufbau eines Ring-Farbstofflasers für den kontinuierlichen Betrieb. Von links kommt der Pumpstrahl, nach rechts wird das Laserlicht ausgekoppelt. Die Signale A und B dienen zur Regelung der Laserfrequenz. Diese wird auf das temperaturstabilisierte Interferometer stabilisiert. Bei Abweichungen von der Sollfrequenz kann die Laserfrequenz mit Hilfe des piezoelektrischen Elementes des einen Faltspiegels (schnelle Variationen = Jitter und der im Resonator befindlichen Brewsterplatte (langsame Variationen = Drift) korrigiert werden. 4.5.3.3 Festkörperlaser Als aktives Medium von Festkörperlasern dienen Gläser oder Kristalle, die mit optisch anregbaren Atomen oder Ionen dotiert sind. Als optisch durchlässige Festkörper werden eine Reihe von Kristallen aber auch Glas verwendet die als laseraktive Zentren Ionen von Metallen, seltenen Erden oder Aktiniden enthalten. Die Ionen besetzen in der Regel normale Gitterplätze des Wirtsgitters und besitzen einerseits breite Absorptionsbänder im optischen Bereich und zum anderen eine Reihe von Fluoreszenzlinien. Abhängig davon, ob das obere Laserniveau an die Schwingungen des Kristallgitters ankoppelt, erhält man Festfrequenzlaser (z.B. Nd:YAG) oder breit abstimmbare Laser (z.B. Titan:Saphir). Festkörperlaser werden ausschließlich optisch gepumpt, dazu werden meist Blitzlampen oder Diodenlaser verwendet; festfrequente Festkörperlaser werden ihrerseits häufig wieder als Pumplaser für Farbstoff- oder Titan-Saphirlaser eingesetzt und verdrängen hier nach und nach die früher meist verwendeten Argon-Ionen-Laser. Tabelle 4.1 zeigt eine kleine Auswahl solcher Laser. Neodym-Laser Die leistungsstärksten Laser sind Neodynm-Glas und Neodym:YAG (Yttrium Aluminium Granat Y3 Al5 O12 ) Laser. Mit ihnen lassen sich bei einer entsprechenden Nachverstärkung im Impulsbetrieb höchste Strahlungsleistungen im nahen Infrarotbereich (1.06 µm) erzeugen. Das aktive Medium enthält als strahlende Zentren Neodym (Nd3+ ) Ionen. Nd dotiertes Glas (bis zu 8% Nd-Ionen) hat den Vorteil, dass es sich in optisch einwandfreier Qualität in größeren Abmessungen (Stäbe bis zu 1 m Länge) herstellen lässt.Beim Nd:YAG Laser sind bis zu 4% Nd Ionen in einen YAG Kristall eingebettet. Vorteilhaft ist hier der gegenüber Glas bis zu einem Faktor drei höhere Absorptionsquerschnitt der Nd Ionen und die höhere optische Qualität der Kristalle. Diese können allerdings nur in kleineren Abmessungen produziert 4.5. LASERTERMSCHEMATA UND LASERTYPEN 105 Tabelle 4.1: Aktive, dotierte Ionen und Wirtskristalle für Festkörperlaser aktives Ion Wirtskristall Wellenlänge [µm] Gd3+ Y3 Al5 O12 0,3146 Ti3+ Al2 O3 0,800 Cr3+ BeAl2 O4 0,752 Er3+ YAlO3 1,6630 Nd3+ Y3 Al5 O12 1,0642 Nd3+ CaWO4 1,0582 Ho3+ (Y,Er)AlO3 2,1230 Tm3+ YAlO3 2,3490 U3+ CaF2 2,6130 werden. Das Energieniveauschema der Nd3+ Ionen in einem Nd:YAG Laser ist vereinfacht in Abb. 4.35 gezeigt. Es handelt sich um ein typisches Vier-Niveau-System. Die Ionen besitzen breite Absorptionsbanden im oberen Pumpniveau 3 die durch optisches Pumpen mit Blitzlichtlampen oder Diodenlasern populiert werden. Durch einen schnellen Relaxationsprozess wird die Energie dann in das obere Laserniveau 2 übertragen. Das untere Laserniveau 1 entleert ebenfalls rasch in das Pumpniveau 0, so dass zwischen den Laserniveaus 1 und 2 Inversion leicht erreicht werden kann. Damit ist Laseremission sowohl im Puls- als auch im kontinuierlichen Betrieb möglich. Fluoreszenzübergänge treten bei den Wellenlängen 920 nm, 1060 nm und 1370 nm auf, wobei üblicherweise der in der Abb. 4.35 gezeigte, intensivste Übergang bei etwa 1060 nm verwendet wird (die genaue Lage ist vom verwendeten Glas abhängig). Weitere Varianten der Nd-Laser sind Nd:YLF und Nd:YVO4 -Laser bei denen die Nd-Ionen in Yttrium-Lithium-Fluorid bzw. Yttrium-Vanadat Kristalle eingebettet sind. Der Nd:YLF Laser (1048.5 nm) besitzt eine hohe Energiespeicherkapazität und eignet sich daher für besonders hohe Pulsleistungen. Nd:YVO4 Laser zeichnen sich hingegen durch einen hohen Wirkungsgrad aus und besitzen mit 1064.3 nm fast die gleiche Wellenlänge wie ein Nd:YAG-Laser (1064.2 nm). Nd-Laser werden unter anderem als Pumplaser für Farbstoff und Titan:Saphir-Laser (frequenzverdoppelt bei 532 nm), zur Materialbearbeitung und in der nichtlinearen Optik angewendet. Titan:Saphir-Laser Der Titan:Saphir-Laser (Ti:Sa) besitzt als aktives Medium Titan Ionen (Ti3+ , bis zu 5%) die in einem Korund Kristall (Al2 O3 ) eingebaut sind. Die Vorteile des Ti:Sa liegen vor allem in den guten optischen Eigenschaften des Wirtskristalls und seiner hohen Wärmeleitfähigkeit, die auch die Realisierung sehr hoher Pumpleistungsdichten ermöglicht. Der Ti:Sa Kristall absorbiert zwischen 400 und 600 nm, wobei ein Maximum bei 485 nm (blau-grün) liegt. Optisch gepumpt wird er meist mit der Strahlung eines Argon-Ionen-Lasers (λ zwischen 488 und 514 nm) oder der zweiten Harmonischen eines Nd:YAG-Lasers bei 532 nm. Die Laserniveaus sind durch Schwingungswechselwirkung verbreitert, wodurch der Laser über einen weiten Bereich abstimmbar (gepulst etwa 650-1100 nm, cw von etwa 700-1000 nm) wird. Kontinuierlich wird der Ti:Sa meist als Ringlaser, analog zu dem in Abb. 4.34 gezeigten Farbstofflaser, betrieben. Aufgrund seiner hohen Bandbreite von bis zu 100 THz, ist er im Pulsbetrieb einer der wichtigsten Laser zur Erzeugung ultrakurzer Pulse. Die bandbreitenbegrenzte Pulslänge 106 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE Abb. 4.35: Niveauschema der Nd3+ Ionen im Nd:YAG Kristall. (Fourierlimit) beträgt etwa 6 fs und es werden Ausgangsenergien von etwa 1 nJ pro Puls bei 10 fs Pulslänge und 100 MHz Repetitionsrate (Pulsfolgefrequenz) erreicht. 4.5.3.4 Halbleiter- oder Diodenlaser Halbleiterlaser besitzen als aktives Medium eine Halbleiterdiode, bei der die Besetzungsinversion in der Regel durch einen Injektionsstrom herbeigeführt wird. Am gebräuchlichsten sind IIIV-Verbindungen (d. h. Verbindungen von Elementen der dritten und fünften Hauptgruppe des Periodensystems) wie GaAs. Bei der Rekombination von Löchern im Valenzband mit Elektronen des Leitungsbandes entsteht Licht. Der Wellenlängenbereich, in dem der Laser Licht aussendet, wird durch die Dotierung des Materials bestimmt, die Feinabstimmung der Wellenlänge erfolgt durch Temperaturänderung und Stromänderung. Bei der Leuchtdiode wird inkohärentes Licht ausgesandt, da hier keine Inversion erreicht wird: Per definitionem liegt bei einem Halbleiter die Fermikante in der Bandlücke zwischen Leitungsund Valenzband wie im linken Teil der Abb. 4.36 zu sehen. Die Besetzungswahrscheinlichkeit der Zustände ist durch 1 f (W ) = (W −F )/kT e +1 gegeben. Man erhält f (WLeitungsband ) ≈ 0, während die Zustände im Valenzband nahezu vollständig besetzt sind f (WValenzband ) ≈ 1. Durch starke Dotierung (1019 Atome/cm3 ) kann aber eine Inversion erreicht werden. Wie im rechten Teil der Abb. 4.36 dargestellt, kann der Halbleiter mit Hilfe von Donatoren so stark n-leitend gemacht werden, dass die zusätzlichen Elektronen die Fermikante in das Leitungsband drücken. Mit Hilfe von Akzeptoren erhält man entsprechend einen p -leitenden Halbleiter, bei dem die Elektronen abgesaugt werden und so die Fermikante verschoben wird. An der Grenzzone zwischen p- und n-leitendem Halbleiterleitermaterial ist die Besetzungswahrscheinlichkeit f (W ) an der Unterkante des Leitungsbandes größer 4.5. LASERTERMSCHEMATA UND LASERTYPEN 107 Abb. 4.36: Bändermodell eines Halbleiters, der stark n- bzw. p-dotiert ist. Die jeweiligen Fermikanten sind eingezeichnet. als an der Oberkante des Valenzbandes. Damit ist eine Inversion erzeugt, die Grenzzone dient als aktives Lasermedium und aus der Leuchtdiode ist ein Diodenlaser geworden. Abbildung 4.37 zeigt schematisch den Aufbau einer Heterostruktur-Laserdiode. Die aktive Laserzone zwischen p- und n- dotiertem GaAs ist etwa 1 µm dick. Längs dieser Schicht wird das Licht, das beim Übergang der Elektronen vom Leitungs- in das Valenzband entsteht, durch stimulierte Emission verstärkt. Die linke Seite der Laserdiode ist verspiegelt. Die Brechungsindexänderung beim Übergang GaAs/Luft auf der rechten Seite, der Frontfacette der Laserdiode, reicht in der Regel zur Rückkopplung aus, denn wegen des hohen Brechungsindex (GaAs bei λ = 850 nm ist n = 3, 5) wird das Reflexionsvermögen µ R= n−1 n+1 ¶2 ≈ 0, 30. (4.93) Aufgrund der hohen Verstärkung genügt dieser Wert, um trotz der hohen Reflexionsverluste von 70% pro Umlauf die Schwelle zur Laseroszillation zu erreichen. Der so gebildete Resonator mit einer Länge von d = 0, 5 mm hat einen Modenabstand von ≈ 200 GHz. Da im Allgemeinen mehrere longitudinale Moden anschwingen, wird der Diodenlaser zur Spektroskopie mit einem externen Resonator versehen. Durch Rückkopplung eines Teils des Lichts erreicht man SingleMode-Betrieb. Typische Ausgangsleistungen solcher Halbleiterlaser liegen bei 10-20 mW, wenn sie mit einem Strom von 100-200 mA gepumpt werden. Es gibt aber auch spezielle Anordnungen, die aus Diodenarrays bestehen, die über 30 W Ausgangsleistung abgeben bei einem Wirkungsgrad von Abb. 4.37: Schematische Darstellung einer Laserdiode. Die etwa 0,5 - 1 µm dicke laseraktive Schicht (Heterostruktur) ist durch Aufdampftechnik seitlich auf 2 - 200 µm begrenzt. Es entsteht ein stark divergentes, asymmetrisches Bündel von Laserlicht. 108 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE etwa 25%. Sie werden zum Schweißen und Härten von Metallen in der metallverarbeitenden Industrie eingesetzt. Single-Mode Laserdioden gibt es vom blauen Bereich bis in das tiefe Infrarot. In der Praxis gibt es aber häufig Schwierigkeiten, für eine bestimmte Wellenlänge die geeignete Laserdiode zu finden, da das Spektrum nicht kontinuierlich abgedeckt wird, sondern an vielen Stellen Lücken auftreten. 4.5.3.5 Der Stickstofflaser Als Beispiel für einen superradianten, gepulsten Laser führen wir den bekannten Stickstofflaser an, der in der Praxis als Pumplaser zur Anregung von gepulsten Farbstofflasern benutzt wird (er wird heute durch leistungsfähigere Pulslaser z.T. vom Markt verdrängt). Das Lasermedium ist molekularer Stickstoff, der durch Elektronenstoß aus dem Grundzustand des Moleküls 1 Σ vorzugsweise in einen angeregten Zustand mit der Bezeichnung C 3 Π (ν = 0) angeregt 0 u wird. Dieser Zustand zerfällt mit einer Lebensdauer von τ2 = 40ns in ein Zwischenniveau mit der Bezeichnung B 3 Πg (ν = 0), das dann seinerseits mit einer Lebensdauer τ1 > τ2 in den Grundzustand zurückfällt (siehe Abb. 4.38). Abb. 4.38: Ausschnitt aus dem Termschema des Stickstoffmoleküls; der Laserübergang erfolgt zwischen den Niveaus 2 und 1 Die Elektronenstoßanregung in das obere Niveau ist stärker als in das mittlere, so dass nach einer pulsförmigen Anregung eine Inversion zwischen den Niveaus 2 und 1 vorliegt. Allerdings kann diese Inversion nur kurzzeitig nach einer Pulsanregung andauern und nicht im stationären Gleichgewicht bei einer Gleichstromanregung. Im letzteren Fall stehen die Besetzungszahlen im gleichen Verhältnis wie die Lebensdauern der Zustände: N2 /N1 = τ2 /τ1 . Dies ist aber in diesem Fall kleiner als eins, und somit liegt keine Inversion vor. Der Laser wird sich also nach einem kurzen Puls durch Abbau der Inversion selbst löschen (self-termination). Um stationäre Bedingungen zu vermeiden, muss also die Anregung in einer schockartigen Gasentladung erfolgen, deren Dauer sehr viel kürzer als τ2 = 40ns ist. Man muss also die elektrische Leistung durch eine kapazitive Entladung mit minimaler Induktion zuführen. Das ist in den Abbildungen 4.39 und 4.40 gezeigt, die aus der Originalarbeit [Gell1968] entnommen sind. Zwei Kupferbleche mit einer dazwischen liegenden Mylar-Folie bilden einen Kondensator, wobei aber die obere Platte geteilt ist, und die Hälften durch das Zünden einer Reihe paralleler Funkenstrecken leitenden Kontakt bekommen. Je eine Kante der unteren und der rechten oberen Platte sind auseinandergebogen, in das Gasentladungsrohr geführt und bilden dort auf 4.5. LASERTERMSCHEMATA UND LASERTYPEN 109 Abb. 4.39: Schaltschema eines gepulsten Stickstofflasers der ganzen Länge des Rohrs die beiden Elektroden. Die untere Platte ist geerdet. Die linke Platte wird jetzt über einen (vergleichsweise langsamen) Schaltkreis, z.B. ein Tyratron, auf ca. 30kV aufgeladen. Dann werden die Funkenstrecken durch einen Triggerpuls gezündet, die Ladung läuft sehr rasch auf die rechte obere Platte und lädt diesen Kondensator solange auf, bis das Gas im Stickstoffrohr durchbricht und dort ein Plasma zündet. Das Plasma im Stickstoffrohr erhält eine sehr große Leitfähigkeit und kann in wenigen Nanosekunden den rechten Kondensatorteil entladen, da die Induktivität in Folge der sehr kleinen, vom Stromkreis gebildeten Schleife minimal ist. Die nach dem Durchbruch des Lasergases über die Funkenstrecken eventuell noch nachfließende Ladung aus dem linken Kondensatorteil kommt dem Laserpuls nicht mehr zugute, da Widerstand und Induktivität der Funkenstrecken sie zu langsam nachführen. Es kommt also nur die in der Zeit zwischen dem Triggern der Funkenstrecke und dem Durchbruch des Lasergases gespeicherte Energie zum Zuge, die proportional zum Quadrat der Durchbruchspannung ist. Nun ist aber die Durchbruchsspannung bei einem allmählichen Anwachsen der Spannung sehr viel kleiner als bei einem plötzlichen, da der Durchbruch selbst Zeit braucht, um sich zu entwickeln. Daher ist es wichtig, dass der rechte Kondensatorteil schnell geladen wird, so dass man den linken Kondensatorteil als Zwischenspeicher einführt, der ebenfalls eine kleine Induktivität hat und über die Funkenstrecken relativ schnell auf den rechten entladen werden kann. Abbildung 4.41 zeigt synchrone Oszillogramme des Spannungsverlaufs am Laserrohr und des Laserpulses, der unmittelbar nach dem Durchbruch einsetzt und nach ca. 10ns beendet ist. Entlang der Stickstoffröhre entwickelt sich der superradiante Laserpuls, der am vorderen Brewsterfenster austritt, wobei auch die rückwärts laufende Welle durch Reflexion am hinteren Spiegel ausgenutzt wird. Abbildung 4.42 zeigt die Laserleistung als Funktion der Durchbruchspannung bei verschiedenen Wellenwiderständen des rechten Stromkreises. Die in der Originalarbeit genannten Daten lauten: Leistung: ca. 1M W Pulsdauer: ca. 10ns Repetitionsrate: 10-100Hz . Sie sind auch für heutige, kommerzielle Stickstofflaser im großen und ganzen typisch. 110 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE Abb. 4.40: Gaslaserrohr eines Stickstofflasers mit Leistungsversorgung 4.6 Die semiklassische Lasertheorie Die semiklassische Lasertheorie behandelt das Lasermedium als ein quantisiertes System und löst für dieses die zeitabhängige Schrödingergleichung unter dem Einfluss eines äußeren Lichtfeldes, das als klassisches Feld angenommen wird. Die Rückwirkung des Lasermediums auf das klassische Feld in Form von Emission, Absorption und Dispersion wird ebenfalls berechnet. Die Annahme eines klassischen Lichtfeldes ist nach dem Korrespondenzprinzip bedenkenlos richtig, wenn das Lichtfeld einen hohen Entartungsgrad besitzt, also viele Quanten im Mode hat. Das trifft für den Laser im allgemeinen zu, ausgenommen, wenn die Anfangsinversion nur knapp die Schwelle erreicht. 4.6.1 Klassische Feldgleichung mit Medium im Resonator Wir wollen zunächst die klassische Feldgleichung in einem Resonator diskutieren, der mit einem Medium angefüllt ist. Die Wechselwirkung des Feldes mit dem Medium wird dann klassisch durch den Brechungsindex n oder die Polarisation ~ − ε0 E ~ P~ = D beschrieben. Wir wollen nun einen ganz bestimmten Mode m mit der Wellenzahl km = m π l (4.94) 4.6. DIE SEMIKLASSISCHE LASERTHEORIE 111 Abb. 4.41: Synchrone Oszillogramme des Spannungsverlaufs am Laserrohr (a) und des Laserpulses (b), Zeitbasis: 10ns/cm, Vertikal: (a) Laserspannung-9.3kV /cm; (b) Leistung-2M W/cm2 betrachten und seine Vakuumfrequenz mit ω und die Frequenz unter dem Einfluß der Polarisation mit Ω bezeichnen, so dass gilt, dass das Verhältnis Ω = nm ω (4.95) gleich dem Brechungsindex n des Mediums für den Mode m ist. Der Resonatormode sei eine ebene stehende Welle in z-Richtung, die in x-Richtung polarisiert ist; das gleiche gilt dann für die Polarisation ~ (z, t) = x̂ 1 E (t) ei(ωt+ϕ(t)) sin (kz) + c.c. E 2 1 P~ (z, t) = x̂ P (t) ei(ωt+ϕ(t)) sin (kz) + c.c. 2 (4.96) In (4.96) haben wir die Amplituden E(t) und P (t) sowie die Phase ϕ(t) noch mit einer expliziten Zeitabhängigkeit versehen, damit sie uns das dynamische Verhalten des Lasers beschreiben können. Ihre zeitlichen Änderungen sind aber sehr langsam im Vergleich zu der des optischen Feldes eiωt . Um die Feldgleichung aufzustellen, betrachten wir die Maxwellgleichungen in SI-Einheiten ~ ·D ~ =ρ ∇ ~ ×H ~ =D ~˙ + J~ ∇ ~ ×E ~ = −B ~˙ ∇ ~ ·B ~ =0 ∇ (4.97) (4.98) (4.99) (4.100) Wir bilden die Rotation von (4.99) und erhalten durch Einsetzen von (4.98) mit Hilfe der Verknüpfungsrelation ~ = µ0 H ~ B (4.101) das Ergebnis ³ ´ ³ ´ ~ × ∇ ~ ×E ~ + µ0 d D ~˙ + J~ = 0 ∇ dt (4.102) 112 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE Abb. 4.42: Laserleistung als Funktion der Durchbruchsspannung bei verschiedenen Werten der Impedanzen des pulsformenden Stromkreises ~ mit Hilfe von (4.94) und benutzen wir das Ohmsche Gesetz in seiner Ersetzen wir jetzt D differentiellen Form ~ J~ = σ E (4.103) so erhalten wir die Wellengleichung im Resonator ³ ´ ~ × ∇ ~ ×E ~ + µ0 ε0 E ~¨ + µ0 σ E ~˙ + µ0 P~¨ = 0 ∇ (4.104) Sie ist gegenüber dem freien Fall um zwei Terme ergänzt. Der erste von ihnen, proportional zu ~˙ , ist ein Verlustterm, der die Schwächung der Welle an den Spiegeln usw. enthält und mit dem σE Vorfaktor µ0 σ (mit σ als Leitfähigkeit) in der fiktiven Form Ohmscher Verluste beschrieben ist. Der letzte Term berücksichtigt den durch die Polarisation verursachten Verschiebungsstrom. Wir setzen jetzt die zweiten und die gemischten Ableitungen der Amplituden- und Phasenfunktionen gleich Null Ë = P̈ = ϕ̈ = Ė ϕ̇ = Ṗ ϕ̇ = 0, (4.105) da sie in Konkurrenz zu der sehr viel stärkeren Ableitung von eiωt stehen. Im gleichen Sinne können wir annehmen, dass die Quellen und Senken schwach sind und das Feld während einer 4.6. DIE SEMIKLASSISCHE LASERTHEORIE 113 Periode 2π/ω kaum verändern. Daraus folgen die Näherungen σ Ė = σ ϕ̇ = Ṗ = 0. (4.106) Setzen wir jetzt mit diesen Vereinfachungen den Ansatz (4.96) in (4.104) ein, so erhalten wir die Differentialgleichung für die Amplituden- und Phasenfunktionen Ω2 E − ω2 iσω E − 2iω Ė − (ω + ϕ̇)2 E = P. ε0 ε0 (4.107) Es ist zweckmäßig, statt der Leitfähigkeit die Güte des Resonators Q einzuführen mit Hilfe von σ= ε0 ω . Q Wir ordnen jetzt (4.107) nach Real- und Imaginärteil und führen noch die Näherung ein Ω2 − (ω + ϕ̇)2 ≈ 2ω(Ω − ω − ϕ̇), (4.108) wobei ϕ̇2 vernachlässigt und Ω + ω ≈ 2ω gesetzt wurde. (4.107) zerfällt dann in die beiden Differentialgleichungen 1ω 1ω Ė + E=− Im(P ) (4.109) 2Q 2 ε0 1 ω Re(P ) . (4.110) 2 ε0 E Statt der Polarisation benutzt man auch häufig die komplexe Suszeptibilität mit der Definition ω + ϕ̇ = Ω − ~ = ε0 (χ0 + iχ00 )E ~ + c.c., P~ = ε0 χE womit (4.109) und (4.110) die Form annehmen µ ¶ 1ω 1 00 Ė = − − ωχ E 2Q 2 (4.111) (4.112) 1 ω + ϕ̇ = Ω − ωχ0 . (4.113) 2 Die Gleichungen lassen erkennen, dass Frequenzverschiebung und die Phase des Lasermodes durch den Realteil der Suszeptibilität beschrieben werden, während der Imaginärteil je nach Vorzeichen eine zusätzliche Dämpfung oder Entdämpfung des Feldes beschreibt. Wir machen das noch deutlicher, indem wir zum einen die stationäre Lösung von (4.113) mit ϕ̇ = 0 betrachten 1 Ω = n = 1 + χ0 , ω 2 (4.114) wodurch wir die bekannte Formel für den Brechungsindex zurückgewinnen. Zum anderen erweitern wir (4.112) mit E und beachten, dass die Energiedichte ρ ∼ E 2 ist, so dass wir eine Differentialgleichung für die Feldenergie erhalten µ ¶ 1 ρ̇ = −ω − χ00 ρ, (4.115) Q eine Formel, die wir in ähnlicher Form aus der Schwingungslehre kennen. Das Laserproblem besteht jetzt darin, P bzw. χ als Funktion der Parameter des Lasers, also des Pumpens, der Relaxationen, der Frequenz, der Intensität etc. zu berechnen. Diese Berechnung 114 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE soll nun quantenmechanisch mit zeitabhängiger Störungsrechnung durchgeführt werden, wobei wir als quantenmechanische Zustände nur die beiden Laserniveaus einführen, a für das untere und b für das obere. Pumpen und Zerfälle werden wir später ad hoc als Raten den Gleichungen hinzufügen. Nehmen wir also ψ(~r, t) = a(t)ua (~r) + b(t)ub (~r), so gilt per definitionem |ψ(t)i X ck (t) |uk i mit Ĥ0 |uk i = Ek |uk i . (4.116) k Dabei zählt dN/dV die Anzahl der lasenden Atome pro Volumeneinheit. Da wir über ein Ensemble von Atomen mitteln müssen, ist es angebracht, den Formalismus der Dichtematrix zu benutzen, aus dem wir im folgenden Abschnitt die wichtigsten Formeln zusammenstellen, da sie im üblichen Kurs der Quantenmechanik meist nur am Rande behandelt werden. 4.6.2 Dichtematrixformalismus Literatur: Alle Lehrbücher der Quantenmechanik, z.B. Messiah: Quantenmechanik Band 1 Die zeitabhängige Wellenfunktion eines einzelnen Atoms sei gegeben durch die Entwicklung X ck (t) |uk i mit Ĥ0 |uk i = Ek |uk i , (4.117) |ψ(t)i = k wobei Ĥ0 der ungestörte zeitunabhängige Hamiltonoperator sei. Dann ist der Dichteoperator definiert durch ρ̂ = |ψ(t)i hψ(t)| . (4.118) Seine Matrixelemente ρik sind dann ρik = hui |ψ(t)i hψ(t)| uk i = ci (t)c∗k (t). (4.119) Die Normierung verlangt: Spur(ρ) = 1 . Aus der zeitabhängigen Schrödingergleichung erhalten wir mit der Definition (4.118) unmittelbar i 1 h ρ̂˙ = Ĥ, ρ̂ i~ 1 X ρ̇ik = (Hil ρlk − ρil Hlk ) . i~ (4.120) l Da (4.117) eine Entwicklung nach Eigenzuständen war, gilt weiterhin für die ungestörte Dichtematrix 1 (Ei − Ek ) ρik (t) i~ ρ̇kk (t) = 0 ρ̇ik (t) = (4.121) ρik (t) = ρik (0)e−i(ωik t+ϕik ) . Die Diagonalelemente beschreiben also die Besetzungswahrscheinlichkeit jedes Eigenzustands des Atoms, während die Nichtdiagonalelemente die Oszillation und Phase eines kohärenten Zustands angeben, die dann auftreten, wenn sich das Atom nicht in einem reinen Eigenzustand befindet. 4.6. DIE SEMIKLASSISCHE LASERTHEORIE 115 Sie sind also nach (4.116) entscheidend für die Polarisation. Aus der Definition ergibt sich weiterhin für den Erwartungswert einer Observablen Ô D E ³ ´ X Ô = hψ| Ô |ψi = Spur ρ̂ · Ô = ρlk Okl . (4.122) l,k Seien nun viele Atome 1, 2, ..., N in einem Ensemble gegeben mit den Wellenfunktionen ψ (1) , ψ (2) , ..., ψ (N ) , wobei sich die ψ (i) durch ihre Zustandsvektoren ~c(i) (t) unterscheiden mögen, nicht aber durch ihre Eigenwerte. Zwecks Einführung einer normierten Dichtematrix dieses Ensembles werden alle Atome mit gleichem Zustandsvektor ~c(i) (t) = ~c(j) (t) zu einer Wahrscheinlichkeit p(k) zusammengefasst, so dass sich die resultierende Dichtematrix schreibt als X ρ= p(k) ρ(k) . (4.123) k Die p(k) können auch eine kontinuierliche Funktion eines Parameters sein, z.B. der Temperatur im Boltzmann-Gleichgewicht, dessen Dichtematrix gegeben ist durch gk e−Ek /kT ρik (T ) = ρik (T )δik = ρkk (T ) = P . −Ek /kT k gk e (4.124) Hierin sind die Nichtdiagonalelemente Null, weil im statistischen Mittel keine einheitliche Phase der atomaren Anregung vorliegt. Nur bei speziellen, Kohärenz erzeugenden äußeren Wechselwirkungen, denen das ganze Ensemble simultan ausgesetzt wird, können sie Werte ungleich Null annehmen. Man erkennt die mangelnde Kohärenz des Ensembles an den Ungleichungen ¡ ¢ ρ̂2 6= ρ̂ bzw. 0 ≤ Spur ρ2 ≤ 1. Für ein einzelnes Atom galt hingegen identisch ρ̂2 = |ψi hψ|ψi hψ| = |ψi hψ| = ρ̂. Letzteres gilt auch dann und nur dann für das ganze Ensemble, wenn alle Atome exakt den gleichen Zustandsvektor haben. Aber auch für das inkohärente Ensemble gelten die Gleichungen (4.120) bis (4.122). Genau das ist der Vorteil des Dichtematrixformalismus gegenüber der Schrödingergleichung, die ein Ensemble nur im Falle strikter Kohärenz beschreiben kann. 4.6.3 Die semiklassische Wechselwirkung zwischen Laserfeld und Medium Wir wollen jetzt den Dichtematrixformalismus auf das Lasermedium unter Einwirkung des Laserfeldes als Störung anwenden. Seien Ĥ0 und V̂ der Hamiltonoperator des ungestörten Laseratoms bzw. der Störung durch das Lichtfeld, so genügt der Dichteoperator jetzt der Gleichung ´ i 1 h³ ρ̂˙ = Ĥ0 + V̂ , ρ̂ i~ mit den Matrixelementen ρ̇ik " # X 1 = (Ei − Ek ) ρik + (Vil ρlk − ρil Vlk ) , i~ (4.125) l wobei ρ̂ diagonal in Ĥ0 angenommen war. V̂ habe nur ein einziges, nennenswertes Matrixelement Vab zwischen den Zuständen a und b, wobei a das untere Laserniveau sei und b das obere. 116 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE Sie haben zeitabhängige Amplituden a(t) und b(t). Wir brauchen daher (4.125) nur für eine zweireihige Matrix zu lösen, die ausgeschrieben lautet: ρ̇aa = 1 (Vab ρba − ρab Vba ) − γa ρaa + λa i~ (4.126) 1 (Vba ρab − ρba Vab ) − γb ρbb + λb (4.127) i~ 1 ρ̇ab = −iω0 ρab + Vab (ρbb − ρaa ) − γρab . (4.128) i~ Zusätzlich zu der Wechselwirkung V haben wir noch die Zerfallsraten γ, γa und γb sowie Pumpraten λa und λb ad hoc eingeführt, ohne den Pump- oder Zerfallsmechanismus explizit spezifizieren und quantenmechanisch durchrechnen zu wollen. Sonst hätten wir auch noch diejenigen Komponenten der Dichtematrix einschließlich der Pump- und Zerfallswechselwirkung in (4.126 - 4.128) zusätzlich aufnehmen müssen, die die übrigen, früher in den Ratengleichungen des Drei- und Vier-Niveau-Lasers vorkommenden Zustände betreffen. Die exakte Quantenmechanik dieser Prozesse ist aber im Rahmen der semiklassischen Lasertheorie nicht interessant und kann daher durch Raten vertreten werden. Man beachte aber, dass dadurch die Normierung von (4.126 - 4.128) verloren geht, so dass ρaa und ρbb jetzt die tatsächlichen Besetzungszahlen darstellen. Besondere Beachtung verdient die Zerfallskonstante γ des Nichtdiagonalelements ρ̇bb = γ= 1 (γa + γb ) + γϕ . 2 (4.129) Darin gehen γa und γb je zur Hälfte ein, da ρab proportional zum Produkt der beiden Amplituden ist. γϕ soll eine zusätzliche Phasenrelaxation beschreiben, die die relative Phase zwischen den beiden Zustönden stört, die Besetzungszahlen aber unverändert lässt. Hierfür könnten im Prinzip zwei Ursachen genannt werden: 1. Eine inhomogene Linienbreite, die die relativen Phasen der Atome auseinanderlaufen lässt. Dieser Fall lässt sich aber nicht so einfach durch eine zusätzliche Phasendämpfung erschlagen, sondern korrekterweise müsste dann ω0 in (4.128) durch ein Spektrum ersetzt werden. Wir wollen uns dieser Komplikation nicht aussetzen, sondern uns auf den zweiten Fall beschränken. 2. Eine zusätzliche homogene Linienverbreiterung, die in einem Gaslaser zum Beispiel durch gaskinetische Stöße verursacht wird. Man hat sich eine solche Phasenrelaxation physikalisch folgendermaßen vorzustellen: Während der kurzen Stoßzeit verschieben sich adiabatisch die Energielagen der beiden Niveaus relativ zueinander infolge der molekularen Wechselwirkung mit dem stoßenden Atom. Dieser Frequenzunterschied multipliziert mit der Stoßdauer ergibt eine Phasenverschiebung des gestoßenen Atoms gegenüber den anderen. Da diese Stöße nach Häufigkeit und Stärke eine statistische Verteilung haben, führen sie zu einer Phasenrelaxation. Der zeitliche Mittelwert der Phasensprünge erzeugt darüber hinaus die sogenannte Druckverschiebung, die wir durch eine Korrektur von ω0 berücksichtigen können und die in der Regel sehr viel kleiner als die Stoßverbreiterung ist. Die Störung durch das in x-Richtung polarisierte und in z-Richtung eine stehende Welle bildende Laserlicht ist gegeben durch 1 Vab (z, t) = − µx E(t)ei(ωt+ϕ(t)) sin(kz) 2 (4.130) 4.6. DIE SEMIKLASSISCHE LASERTHEORIE 117 mit µx = hua | e~r |ub ix . Für die Polarisation des Ensembles erhalten wir daraus mit (4.111) und (4.122) P~ = px x̂ = Spur {µx ρ(z, t)} x̂ = (µx ρab (z, t) + c.c.) x̂, (4.131) wobei in der Spurbildung die Diagonalelemente des Dipoloperators nicht beitragen, da sie bei guter Parität der Eigenfunktionen für einen ungeraden Operator verschwinden. Außerdem haben wir die Dichte dN/dV mit in die ohnehin nicht mehr normierte Dichtematrix hineingezogen. In den Differentialgleichungen (4.96). hatten wir uns allerdings nicht mehr für die schnell veränderliche zeitliche und räumliche Phase ei(ωt+ϕ(t)) · sin(kz) der Polarisation interessiert, sondern für den langsam veränderlichen Amplitudenfaktor P (t), den wir in (4.96) abgespalten hatten. Wir gewinnen ihn aus (4.131) durch Multiplikation mit 2 · e−i(ωt+ϕ(t)) · sin(kz) und Mittelwertbildung über z entlang der Länge L des Lasermediums: P (t) = 2e −i(ωt+ϕ(t)) 2 L ZL sin(kz)µx ρab (z, t)dz. (4.132) 0 Die Aufgabe besteht jetzt darin, mit (4.130) das Gleichungssystem (4.126 - 4.128) zu lösen, diese Lösung in (4.132) einzusetzen und damit in die Feldgleichungen (4.107, 4.109, 4.110) hineinzugehen. Wir können auf diesem Lösungsweg nur Näherungen betrachten und formen hierzu zweckmäßigerweise (4.128) durch Integration in eine Integralgleichung um Z ¡ ¢¤ ¡ ¢ ¡ ¢£ i 0 (4.133) ρab (z, t) = e−(iω0 +γ)(t−t ) Vab z, t0 ρaa z, t0 − ρbb z, t0 dt0 . ~ In der Nähe des eingeschwungenen Lasers können wir annehmen, dass die Amplituden- und Phasenfunktionen E(t) und ϕ(t), ebenso wie die Inversion [ρaa − ρbb ] während Zeiten von der Größenordnung 1/γ nahezu konstant sind. Wir können sie daher vor das Integral ziehen und erhalten µx E(t) i(ωt+ϕ(t)) ρaa (z, t) − ρbb (z, t) ρab (z, t) = − e sin(kz) (4.134) 2i~ i(ω0 − ω) + γ Gehen wir mit der Lösung (4.134) zurück in (4.126) und (4.127), so erhalten wir für die Besetzungszahlen wieder Ratengleichungen ρ̇aa (z, t) = λa − γa ρaa − R (ρaa (z, t) − ρbb (z, t)) ρ̇bb (z, t) = λb − γb ρbb + R (ρaa (z, t) − ρbb (z, t)) µ ¶ γ 1 µx E (t) sin (kz) 2 mit R = . 2 ~ (ω0 − ω)2 + γ 2 (4.135) Wir können jetzt dieses Ratengleichungssystem lösen und damit in (4.134) und (4.132) zurückgehen, so dass wir in der Näherung R erhalten: µ2 E (t) P (t) = − x ~ µ γa + γb ¿1 γa γb λa λb − γa γb ¶ (ω0 − ω) + iγ (ω0 − ω)2 + γ 2 (1 + p) (4.136) 118 KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE Wir sehen jetzt, dass der Realteil von P , der den Brechungsindex beschreibt, die übliche Dispersionskurve ist, während der Imaginärteil, der für Absorption und stimulierte Emission zuständig ist, die Lorentzform zeigt. Der Vorfaktor aus Pump- und Zerfallsraten ist die Besetzungszahldifferenz ρaa − ρbb und bestimmt Größe und Vorzeichen der komplexen Suszeptibilität (s. Abb. 4.43). Man beachte, dass ein invertiertes Medium nicht nur das Vorzeichen des Absorptionskoeffizienten sondern auch das der Dispersion gegenüber dem Normalfall umkehrt. Abb. 4.43: Real- und Imaginärteil der komplexen Suszeptibilität eines Zweiniveausystems. Die oben betrachtete Näherung bezüglich R und den γ , s bedeutete, dass die Rate der stimulierten Prozesse, gegeben durch R, klein sei gegen die Phasenrelaxation γϕ . Mit anderen Worten schwang der Laser kurz über der Schwelle. Ist dies nicht mehr der Fall, so wird der Faktor (1 + p) im Nenner von (4.136) bedeutsam (Effekt der Leistungsverbreiterung, der auch in der Kernresonanz auftritt). In zweiter Näherung ist dieser Faktor gegeben durch (1 + p) = 1 + 3 µ2x E 2 (γa + γb ) . 8 ~2 γγa γb (4.137) Diese Näherung ist bis zu einer Laserleistung von ca. 20% oberhalb der Schwelle gut. Mit der Lösung (4.136) kann man jetzt im letzten Schritt in die klassischen Feldgleichungen (4.109) und (4.110) gehen und gewinnt Differentialgleichungen für E(t) und ϕ(t). Die stationären Lösungen können angegeben werden und bestimmen Intensität und Frequenz des Lasers. Abb. 4.44 zeigt links die Intensität des Lasers als Funktion der Verstimmung des Lasermodes ω gegen die Resonanzfrequenz ω0 in Einheiten der Linienbreite. Mit wachsender Schwelleninversion wird das Intensitätsprofil höher und breiter. 4.6. DIE SEMIKLASSISCHE LASERTHEORIE 119 Abb. 4.44: Links: Intensität des Lasers als Funktion der Frequenzverstimmung; rechts: frequency pulling. Aus dem Verlauf der invertierten Dispersionskurve und dem Zusammenhang (4.95) zwischen Brechungsindex und den Eigenfrequenzen des Resonators im Vakuum und im Medium entnehmen wir qualitativ, dass die Modes von ihrem Vakuumwert weg in Richtung auf die Zentralfrequenz ω0 hin verschoben werden. Der Effekt ist am stärksten in der Flanke und verschwindet im Zentrum der Spektralkurve. Genauer gilt ein Zusammenhang ωi = Ωi + Sω0 , 1+S (4.138) wobei S ein sehr komplizierter Faktor ist, der aber kleiner als 1 ist, so dass man entwickeln kann õ µ ¶ ¶ ! χ0i ω0 SΩi 2 ni − 1 = =S 1− +O . (4.139) 2 Ωi ωi Der erste Term beschreibt demnach die Steigung der Dispersion bei Ωi = ω0 (s. Abb. 4.43). Dieses “frequency pulling” ist qualitativ in Abb. 4.44 dargestellt. Seine wichtigste Folge ist, dass die Modes nicht mehr äquidistant sind, wodurch die phasenstarre Kopplung verschiedener Modes behindert wird.