Grundlagen des Lasers und der Laserspektroskopie

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Kapitel 4
Grundlagen des Lasers und der
Laserspektroskopie
Dieser Teil des Skriptums basiert in wesentlichen Teilen auf der Ausarbeitung von Prof. Dr.
Ernst Otten (Vorlesung: Physik des Lasers), dem ich an dieser Stelle ganz herzlich danken
möchte. Auch Kristian Haberkorn sei gedankt für die Unterstützung bei der Erstellung dieses
Kapitels.
In diesem Kapitel sollen einige Grundlagen des Lasers und der Laserspektroskopie behandelt werden. Der Text kann und soll kein Lehrbuch ersetzen, sondern lediglich einige wichtige
Punkte zusammenfassen und zur Erinnerung dienen. Als Lehrbücher sind u.a. zu empfehlen:
W. Demtröder, Laser Spectroscopy [Demt1998] und B.E.A. Saleh, M.C. Teich, Fundamentals of
Photonics [Sale1991].
Die konventionelle Hochfrequenztechnik, die sich elektronischer Bauelemente zur Erzeugung kohärenter elektromagnetischer Wellen bedient, hatte bis etwa 1950 den gesamten
Wellenlängenbereich bis herunter zu den Millimeterwellen erschlossen. Man hatte damals
erkannt, dass die Erzeugung noch wesentlich kürzerer Wellenlängen, wie auch der Bau stabiler
Frequenznormale, die die Quarzuhren an Genauigkeit übertreffen, hier an technische Grenzen
gestoßen war. Ein entscheidender Durchbruch konnte nur durch Realisierung eines gänzlich
anderen physikalischen Prinzips gewonnen werden, nämlich dem, die stimulierte Emission
zwischen atomaren oder molekularen Niveaus anzufachen. Das gelang in den fünfziger Jahren
zunächst durch die Entwicklung des Masers und im optischen Bereich 1960 durch die erste
Realisierung eines Lasers durch Maiman. Das Wort Maser (Laser) ist eine Abkürzung für
Microwave (Light) Amplification by Stimulated Emission of Radiation. Die hervorstechenden
Merkmale der Laserlichtquellen, auf die wir uns hier in dieser Vorlesung konzentrieren, können
durch folgende Stichworte zusammengefasst werden:
- Die Strahlung kommt durch stimulierte Emission aus elektronisch angeregten Niveaus von
Atomen, Molekülen oder Festkörpern zustande.
- Sie ist in dem Maße monochromatisch, in dem die beteiligten Niveaus scharf sind.
- Die stimuliert emittierte Strahlung zeichnet sich durch starke Kohärenz aus.
- Sie ist optimal kollimiert, d.h. das Produkt aus Öffnungswinkel und Durchmesser des
Lichtbündels ist von der Größenordnung λ.
- Es werden extrem hohe Leistungsdichten erreicht, wodurch unter anderem die Erzeugung
einer Vielzahl nichtlinearer optischer Effekte möglich wird.
55
56
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
- Bei Verwendung von Lasermedien mit breiten Emissionsbändern kann die Laserstrahlung
monochromatisch über die Bandbreite abgestimmt werden.
Alle diese Charakteristika haben ihre gemeinsame physikalische Ursache im Mechanismus der
Wechselwirkung des Strahlungsfeldes mit der Materie, dem wir uns in den nächsten Abschnitten
ausführlich und aus verschiedenen Blickwinkeln widmen werden.
4.1
Atomphysikalische Grundlagen
4.1.1
Das Wasserstoffspektrum
1. Quantenzahlen
Die radialsymmetrische nichtrelativistische Schrödingergleichung (SGL) des Wasserstoffatoms
ĤΨ = EΨ
mit
Ĥ =
p̂2
Ze2
~2 ~ 2 Zα~c
∇ −
−
=−
2m 4π²0 r
2m
r
(4.1)
lässt sich mit Hilfe eines Produktansatzes Ψ(r, θ, φ) = R(r) Θ(θ) Φ(φ) lösen1 . Dies führt
zu Eigenzuständen des Atoms, die sich mit den folgenden Quantenzahlen charakterisieren
lassen:
• Hauptquantenzahl n
• Drehimpulsquantenzahl `, ` = 0, 1, 2, ..., n−1, Drehimpuls `2 = `(`+1)~2 . Bezeichnet
werden die Zustände mit ` = 0, 1, 2, 3, 4, ... durch die Kleinbuchstaben s (sharp), p
(principal), d (diffuse), f (fundamental), g, h, ....
• magnetische Quantenzahl m` , m` = −`, −`+1, ..., 0..., `−1, `; Drehimpulskomponente
`z = m` ~.
• Mit diesen Quantenzahlen alleine, ließen sich einige Resultate des Stern-Gerlach Experimentes nicht verstehen und auch der so genannte ”anomale Zeeman Effekt” konnte nicht gedeutet werden. Die heuristische Einführung des Elektronenspins in der
Pauli Gleichung2
2
1
~ 2 − Ze − e~ ~σ · B
~
H=
(~
p − eA)
(4.2)
2m
4π²0 r 2m
~ und den Paulimatrizen ~σ = (σx , σy , σz ), löste diese Probmit dem Vektorpotential A
leme. Dabei wurde die z-Komponente des Elektronenspins sz = ± 21 ~ mit der Spinquantenzahl ms , ms = ± 12 als zusätzlicher Freiheitsgrad hinzugefügt. 3
Da sich in einem Mehrelektronenatom alle Elektronen gemäß Pauli Prinzip in mindestens
einer Quantenzahl voneinander unterscheiden
müssen, finden auf einer Schale mit der
P`=n−1
Hauptquantenzahl n insgesamt 2
(2` + 1) = 2n2 Elektronen Platz. Wenn ein
`=0
weiteres Elektron hinzugefügt wird, ist dieses deutlich schwächer gebunden.
1
Das Operatorsymbol ˆwird im Weiteren fallen gelassen.
Die Pauli Gleichung wurde 1927 von Wolfgang Pauli vor der Dirac’schen Beschreibung des Elektrons
eingeführt. Sie kann als nichtrelativistische Näherung der Dirac Gleichung hergeleitet werden.
3
Es sei noch angemerkt, dass sich im Rahmen einer relativistischen Theorie der Elektronenspin zwanglos als
integraler Bestandteil der Lösungen der Dirac Gleichung ergibt.
2
4.1. ATOMPHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN
57
2. Energieeigenwerte
In der nichtrelativistischen Näherung der SGL ergibt sich für das Wasserstoffatom eine
Entartung aller Eigenzustände zu gleichem n gemäß
En = −ERyd
1
1
1
= − m(αc)2 2
2
n
2
n
(4.3)
2
1
mit der Feinstrukturkonstanten α = 4π²e0 ~c = 137.035 999
[Gabr2006].
710(96)
Der Energieunterschied
zwischen
zwei
elektronischen
Niveaus
ergibt
sich zu
¡
¢
En = −ERyd n12 − m12 .Damit lässt sich das Spektrum des Wasserstoffatoms bereits sehr gut beschreiben: Für n = 1 ergibt sich die Lyman Serie, für n = 2 die Balmer
und für n = 3 die Paschen Serie (m > n). Die `-Entartung wird allerdings durch
relativistische Effekte (Feinstruktur) aufgehoben.
3. Wellenfunktionen
Die nichtrelativistischen Wellenfunktionen setzen sich aus einer Radialwellenfunktion
Rnl (r), den Kugelflächenfunktionen Ylml (θ, φ) und den (zweikomponentigen) Spinwellenfunktionen χms zusammen:
µ ¶ µ ¶
1
0
Ψn ` ml ms = Rn` (r) Y`m` (θ, φ) χms ,
χms =
,
.
(4.4)
0
1
Die Radialwellenfunktionen Rn` (r) hängen von der Hauptquantenzahl n und dem Bahndrehimpuls ` ab. Einige Beispiele sind in Abb. 4.1 dargestellt. Der Zustand mit ` = 0
hat am Ursprung immer die größte Amplitude. Bei den Zuständen mit ` > 0 erkennt
man den Einfluss des Zentrifugalpotentials: je größer der Drehimpuls, desto weiter außen
liegt das erste Maximum der Wellenfunktion. Bei der quantenmechanischen Behandlung
des Rechteckpotentials und des harmonischen Oszillators (siehe QM I) zeigte sich, dass
die Zahl der Nulldurchgänge der Wellenfunktion (radiale Knoten nr ) direkt mit der die
Energie kennzeichnenden Quantenzahl verbunden ist. Beim Wasserstoffatom ist dies nicht
der Fall, vielmehr gilt hier n = nr + `, wobei die asymptotische Nullstelle mitgezählt wird.
Es ist die dem Coulombpotential eigentümliche Entartung, die bewirkt, dass alle Zustände
mit gleichem n die gleiche Energie besitzen. (Anm.: In der Kernphysik weicht das Potential stark vom 1/r Potential ab und es ist daher nützlicher die Kernwellenfunktionen nach
der Anzahl der radialen Knoten zu klassifizieren.)
Die Wahrscheinlichkeit ein RElektron im Abstandsintervall [r, r + dr] zu finden, ist durch
4π
das Integral Pn` (r) dr = 0 r2 dΩ |Ψnlm (r)|2 dr = 4πr2 |Rn` |2 dr gegeben, welches in
Abb. 4.1(b) für einige Fälle dargestellt ist. Man erkennt, dass Zustände mit Drehimpuls
` = 0 immer ein lokales Maximum in der Nähe des Nullpunktes, also in Kernnähe, besitzen,
während mit zunehmendem Drehimpuls das erste Maximum immer weiter nach außen
rückt. Dies hat Konsequenzen für die Niveaufolge in Mehrelektronenatomen. Im ”klassischen” Bild nach Sommerfeld entsprechen die Elektronenbahnen mit kleinem Drehimpuls
langgestreckten Ellipsen, bei denen sich das Elektron öfter in Kernnähe aufhält als bei den
mehr kreisförmigen Bahnen mit ` = n − 1. Man beachte, dass die Aufenthaltswahrscheinlichkeit für n = 1 ihr Maximum beim Bohrschen Radius a0 hat. Allgemein gilt:
½
·
¸¾
n2
1
`(` + 1)
hrn` i = a0
1+
1−
,
(4.5)
Z
2
n2
der zweite Term in der geschweiften Klammer kann als eine (zentrifugalabhängige) Korrektur zum klassisch berechneten Bohrradius angesehen werden.
58
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
Abb. 4.1: Radiale Wellenfunktionen (a) und radiale Wahrscheinlichkeitsdichten (b) von Wasserstoffwellenfunktionen
Die Kugelflächenfunktionen Y`m (θ, φ) sind Eigenfunktionen des Drehimpulsoperators mit
L2 Y`m = `(` + 1)~2 Y`m und Lz Y`m = m~ Y`m und Lösungen der Azimuthal und Polargleichung für jedes beliebige Zentralpotential. Für ` = 0 zeigen sie keine Winkelabhängigkeit. Zustände mit Drehimpuls ` = 0 sind daher kugelsymmetrisch. Beispiele
für Winkelverteilungen mit ` 6= 0 sind in Abb. 4.2 dargestellt.
Der Hamiltonoperator ist invariant unter Raumspiegelungen, d.h. ~r → −~r, dementsprechend kann jeder Eigenfunktion von H die Parität +1 oder -1 zugeordnet werden.
Ein näherer Blick auf die Wellenfunktionen zeigt, dass P Ψn ` ml ms = (−1)l Ψn ` ml ms ,
diese also nur von der Drehimpulsquantenzahl ` abhängt.
4. Magnetisches Moment, g-Faktor und Feinstruktur
Das Elektron als bewegte Ladung induziert ein Magnetfeld, welches dem Atom ein magnetisches Dipolmoment aufprägt. Klassisch ergibt sich für das magnetische Moment eines
4.1. ATOMPHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN
59
Abb. 4.2: Beispiele von Kugelflächenfunktionen Ylm
Kreisstromes der Ladung q mit dem Radius r, und dem Drehimpuls ` = mυr
q ¯¯
q ¯¯
µ=
`¯ =
`¯ .
2m SI
2mc cgs
(4.6)
~ ist gegeben durch Epot =
Die potentielle Energie eines Dipols im magnetischen Feld B
~ Legt man ein äußeres Magnetfeld an (z-Achse), so beginnt das magnetische
−~
µ · B.
Moment des Atoms um die B-Feld Achse zu präzedieren und nur die z-Komponente von
µ
~ ist erhalten während die Erwartungswerte der x- und y-Komponenten Null werden.
Dementsprechend ergibt sich
¯ ¯
−e ~ ~
e~
¯~¯
(4.7)
Epot = −
`·B =
m` ¯ B
¯.
2me
2me
Der Vorfaktor
µB =
e~
= 9.27 · 10−24 J/T = 1.4 GHz/T
2me
(4.8)
wird als Bohrsches Magneton bezeichnet. Die Aufpaltung der entarteten Elektronenniveaus in 2` + 1 Komponenten aufgrund des mit dem Bahndrehimpuls verknüpften magnetischen Momentes heißt normaler Zeeman Effekt.
Neben dem magnetischen Moment der Bahnbewegung besitzt das Elektron aber auch
noch ein intrinsisches magnetisches Moment aufgrund des halbzahligen Spins sz = ~/2.
Experimentell findet man, dass der klassische Zusammenhang 4.6 zwischen magnetischem
60
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
Moment und Spin-Drehimpuls in diesem Fall nicht mehr gegeben ist. Das Verhältnis
des magnetischen Momentes des freien Elektrons zum mechanischen Drehimpuls ist beim
Elektronenspin etwa doppelt so groß. Aus diesem Grund führt man einen zusätzlichen
Faktor, den Landé g-Faktor in Gleichung 4.6 ein:
µ
~s =
gs µB
~s.
~
(4.9)
Im Rahmen der relativistischen Dirac Theorie ergibt sich gs = 2; Präzisionsexperimente
zeigen jedoch, dass der Landé Faktor des freien Elektrons gs = 2.0023193043617(76)
[Odom2006] ist. Die Abweichung von dem Wert 2 kann in der Quantenelektrodynamik
(QED) sehr genau berechnet werden und steht in ausgezeichneter Übereinstimmung mit
den Experimenten.
Das magnetische Moment des Elektrons hat in dem durch die Bahnbewegung verursachten
Magnetfeld zwei Einstellmöglichkeiten - es kann sich parallel oder antiparallel ausrichten.
Dementsprechend spalten alle Niveaus aus Gl. 4.3 durch die Spin-Bahn-Wechselwirkung
auf in
³
´
~` .
~ ` = En + gs µB µ0 · Ze
En`s = En − µ
~ ·B
~
s
·
(4.10)
~ · 8πme r3
Das Skalarprodukt ~s · ~` kann positiv oder negativ sein, je nach Spinstellung relativ zum
Bahndrehimpuls. Durch die Wechselwirkungsenergie koppeln die beiden Drehimpulse und
es ist hilfreich den Gesamtdrehimpuls ~j = ~` + ~s einzuführen. Damit lässt sich Gl. 4.10
Abb. 4.3: Vektormodel der LS-Kopplung und Präzession des Gesamtdrehimpulses in einem
~ = B e~z
äußeren Magnetfeld B
schreiben als
En`s = En +
a
[j (j + 1) − ` (` + 1) − s (s + 1)] .
2
(4.11)
mit der Spin-Bahn-Kopplungskonstanten a = µ0 Ze2 ~2 /8πm2e r3 (Näherung: gs ≈ 2). Für
die Wasserstoffwellenfunktionen ergibt sich damit für die Feinstrukturaufspaltung
¿ À
¡
¢ µ0 Ze2 ~2
¢
α2 Z 2
1 ¡
1
1
∆E`,s = ā l + 2 =
l
+
=
−E
.
(4.12)
n
2
8πm2e
r3
n(` + 1)
4.1. ATOMPHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN
61
Die Aufspaltung ist somit proportional zu Z 4 /n3 `(` + 1). Berücksichtigt man zusätzlichdie
relativistische Massenzunahme des Elektrons so ergibt sich insgesamt
)
(
1 2 (Zα)4
3
1
∆En,j = mc
−
(4.13)
2
n3
4n
j + 21
und damit eine j-Entartung der Niveauenergien. Die Energie des elektronischen Zustandes
(n, l, j) hängt nicht mehr vom Bahndrehimpuls ` ab. Alle Terme mit gleichen n und j haben
die gleiche Energie. Dies ist eine Besonderheit des 1/r Potentials und gilt nur bei wasserstoffartigen Systemen. In Mehrelektronensystemen liegt hingegen kein Coulombpotential
mehr vor und die Termenergien werden explizit abhängig von `.
Das magnetische Moment µ
~ j eines Zustands mit Gesamtdrehimpuls ~j, ist aufgrund des
anomalen magnetischen Momentes nicht mehr parallel zu ~j. Vielmehr gilt
´
µB ³ ~
µ
~j =
g` ` + gs~s
~
mit g` = 1 und gs ≈ 2. Da ~s und ~` im Magnetfeld der Bahnbewegung präzedieren,
präzediert auch µj um die raumfeste Achse von ~j. Der zeitliche Mittelwert ist daher die
Projektion von µ
~ j auf ~j. Nach dem Wigner-Eckart-Theorem ergibt sich
hµj i = gj µB |~j|/~ mit dem Landé Faktor gj = 1 +
j (j + 1) + s (s + 1) − ` (l + 1)
.
2 j (j + 1))
Die Abhängigkeit von s und ` führt zu einem wesentlich komplizierteren Aufspaltungsbild
im Magnetfeld als beim normalen Zeeman Effekt und wird als anomaler Zeeman-Effekt
bezeichnet.
5. Lamb Verschiebung
Die j-Entartung der Feinstrukturzustände wird aufgrund der Wechselwirkung des Elektrons mit den Nullpunktsfluktuationen des Vakuums wieder aufgehoben. Klassisch gesehen
führen diese Fluktuationen zu einer schnellen oszillatorischen Bewegung des Elektrons und
damit zu einer Verschmierung seiner Ladung. Die Folge ist, dass s-Zustände weniger stark
gebunden sind als von der Dirac Theorie vorhergesagt. Die sich daraus ergebende Aufspaltungsenergie ist klein und beträgt im Falle des 2s1/2 und des 2p1/2 Zustandes 1057
MHz. Erstmals wurde sie 1947 durch W.E. Lamb und R.C. Retherford gemessen. Die
theoretische Behandlung erfolgt mit Hilfe der Quantenelektrodynamik. Die wichtigsten
Beiträge erster Ordnung sind die Vakuumpolarisation, die Vertex-Korrektur und die Selbstwechselwirkung. Die theoretische Beschreibung ist in ausgezeichneter Übereinstimmung
mit experimentellen Resultaten und aus der Diskrepanz zwischen Theorie und Experiment kann auf die innere Struktur des Protons geschlossen werden. Wir werden bei der
Besprechung ausgewählter Experimente auf diesen Punkt zurück kommen.
6. Kernspin und Hyperfeinstruktur
Bislang wurde der Atomkern (im Falle des Wasserstoffs also das Proton p) lediglich als
Punktladung und Ursprung des Coulombpotentials angesehen. Ebenso wie das Elektron
besitzt das Proton jedoch einen Spin und ein dazugehöriges magnetisches Moment:
µp = gp
µK
~sp
~
(4.14)
62
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
Abb. 4.4: Vollständiges Termschema des Wasserstoffatoms mit allen bekannten Wechselwirkungen.
mit dem Kernmagneton µK = e~/2mp ≈ µB /1836 = 5.05·10−27 J/T und dem g-Faktor des
Protons gp = 5.58. Die Wechselwirkung von µ
~ p mit dem Elektron führt zu einer Aufspaltung und Verschiebung der Energieniveaus der Elektronenhülle, der ”Hyperfeinstruktur”
(HFS). Sie wird hervorgerufen durch zwei Beiträge:
• Wechselwirkung des magnetischen Kernmomentes mit dem Magnetfeld Bj das von
den Elektronen am Kernort erzeugt wird,
• Wechselwirkung des elektronischen magnetischen Momentes mit dem vom Kernmoment erzeugtem Magnetfeld.
Die Kopplung zwischen ~j und dem Kernspin I~ führt zur Ausbildung des Gesamtdrehim~ |I − j| ≤ F ≤ I + j. Die Behandlung erfolgt analog der Feinstruktur
pulses F~ = ~j + I,
und man erhält:
A
(4.15)
∆EHFS = [F (F + 1) − j (j + 1) − I (I + 1)] ,
2
4.1. ATOMPHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN
63
mit dem Intervallfaktor A = gI µK Bj /(I · j). Für den relativen Abstand der Terme gilt
die Intervallregel
∆EF +1 − ∆EF = A (F + 1),
(4.16)
d.h. der Abstand zweier Terme in einem Hyperfeinmultiplett ist proportional zum größeren
der beiden F Werte. Der Intervallfaktor enthält ein Produkt aus dem Kernmoment µk
und dem Hüllenfeld Bj . Wenn eine der beiden Größen bekannt ist, kann man die andere
durch die Beobachtung der Aufspaltung messen.
Neben der magnetischen Wechselwirkung zwischen Kern- und Hülle, gibt es im Falle komplexerer, nicht kugelsymmetrischer Kerne auch noch eine elektrostatische Wechselwirkung.
Diese wurde in der Hyperfeinstruktur von stabilen Europium-Isotopen entdeckt, bei denen
die Intervallregel für die magnetische Hyperfeinstruktur nicht erfüllt wurde. Theoretisch
wurden diese Diskrepanzen durch die Abweichung der Kernform von der Kugelgestalt
gedeutet: Ist der Kern punktförmig, so gilt die Dirac- oder Schrödingergleichung. Ist
der Kern ausgedehnt, aber kugelförmig, so werden die Feinstrukturniveaus verschoben (→
Feldeffekt der Isotopieverschiebung). Ändert sich aber die Gestalt des Kerns von der vorher
angenommenen kugelsymmetrischen Form zu einem Rotationsellipsoid, so tritt zusätzlich
zur magnetischen die elektrische Hyperfeinstruktur auf, weil die potentielle Energie des
Kerns im Gradienten des elektrischen Feldes ∂ 2 φ/∂z 2 der Elektronenhülle abhängig wird
von der Orientierung des Kernspins relativ zum Drehimpuls der Elektronenfülle.
Abb. 4.5: Formen des Kerns bei Quadrupoldeformation. Links: kugelförmig (Q = 0), Mitte:
prolate Deformation (Q > 0); rechts: oblate Deformation (Q < 0). Bei kugelförmiger Gestalt
und bei I = 0 ist keine Richtung ausgezeichnet.
Atomkerne haben eine kugelförmige Gestalt, wenn sie doppelt magisch sind. Die magischen Zahlen für Neutronenzahl N oder Protonenzahl Z lauten Zmag oder Nmag = 2,
8, 20, 28, 50, 82, 126. Für Z oder N etwas kleiner als Zmag oder Zmag hat der Kern oft
eine oblate (diskusförmige) Deformation (Abb. 4.5 rechts). Für Z oder N mit Werten
zwischen magischen Protonenzahlen oder Neutronenzahlen nimmt der Kern eine prolate
(zigarrenförmige) Gestalt an (Abb. 4.5 Mitte). Das intrinsische Quadrupolmoment einer
Ladungsverteilung ergibt sich bei zylindersymmetrischem elektrischen Feld klassisch zu
1
Qz =
e
Z
d3 r (3z 2 − r2 ) ρ(~r).
Das spektroskopische Quadrupolmoment Qs ist definiert als der Erwartungswert
Qs = hI, mI = I |Qz | I, mI = Ii
64
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
und man findet nach etwas länglicher quantenmechanischer Rechnung für die Wechselwirkungsenergie
1
EQ =
4
µ
∂2φ
∂z 2
¶
eQs
3
2 C(C
+ 1) − 2I(I + 1)j(j + 1)
I(2I − 1)J(2J − 1)
(4.17)
mit dem Casimirfaktor C = F (F + 1) − j (j + 1) − I (I + 1) und dem spektroskopischen
Quadrupolmoment Qs .
Sie tritt lediglich für Zustände mit I, j ≥ 1 auf und ist für das Waserstoffatom (I = 1/2)
daher nicht relevant. Der Deuteriumkern hingegen hat I = 1 und besitzt ein Quadrupolmoment, dass sich in den elektronischen Zuständen mit j > 12 bemerkbar macht. Besonders
große Quadrupolmomente findet man aufgrund kollektiver Effekte bei schweren Atomkernen mit halbgefüllten Kernschalen zwischen den magischen Zahlen.
4.1.2
Das Heliumatom
Bereits für das Zwei-Elektronen-System Helium lassen sich keine analytischen Lösungen für die
Wellenfunktionen und Energien der Zustände mehr angeben. Man muss in diesem Fall mit
störungstheoretischen Ansätzen arbeiten und kann die Heliumzustände beispielsweise als Superpositionen von Wasserstoffeigenzuständen beschreiben. Eine solche Darstellung führt aber nur
zu sehr langsamer Konvergenz, d.h. man braucht sehr viele Basiszustände um einen elektronischen Zustand des Heliums darzustellen. Viele Eigenschaften des Heliumspektrums, wie es in
Abb. 4.6 gezeigt ist, kann man aber qualitativ durch Symmetriebetrachtungen verstehen. Dies
soll im Folgenden kurz erläutert werden.
Wenn mehrere Elektronen in einem Atom vorhanden sind, so verteilen sich die Elektronen
auf die verschiedenen Energiezustände so, dass
• das Pauli-Prinzip erfüllt ist, d.h. die Gesamtwellenfunktion (räumliche Wellenfunktion
⊗ Spinwellenfunktion) muss unter Vertauschung zweier beliebiger Elektronen vollständig
antisymmetrisch sein.
• die Gesamtenergie aller Elektronen für den Grundzustand jedes Atoms minimal wird.
Mit der Voraussetzung, dass sich die beiden Elektronen des Heliums in mindestens einer
Quantenzahl unterscheiden müssen, ist sofort einsichtig, dass maximal 2 Elektronen im 1s Zustand untergebracht werden können. Diese unterscheiden sich in der magnetischen Spinquantenzahl ms , d.h. ihre Spins sind antiparallel ausgerichtet. Alle anderen Quantenzahlen sind
identisch, d.h. die Ortswellenfunktion kann nur symmetrisch sein unter Austausch der Elektronen
Ψ100 (1)Ψ100 (2)
(4.18)
weil die entsprechende antisymmetrische Wellenfunktion verschwindet. Folglich muss die Spinwellenfunktion antisymmetrisch sein
´
1 ³
√ χ 1 ,+ 1 (1)χ 1 ,− 1 (2) − χ 1 ,+ 1 (2)χ 1 ,− 1 (1) .
2
2
2
2
2
2
2
2
2
Wendet man die Operatoren ~s2 und sz auf diese Wellenfunktion an, so stellt man fest, dass dies
~ 2 = (~s1 + ~s2 )2 = 0 und Sz = s1z + s2z = 0 ist.
eine Spin-Eigenfunktion mit dem Gesamtspin S
Die symmetrischen Spinwellenfunktionen
4.1. ATOMPHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN
65
Abb. 4.6: Niveauschema des Heliumatoms mit Singulett- und Triplettzustäanden bis L=3
χ 1 ,+ 1 (1) · χ 1 ,+ 1 (2)
S = 1, MS = +1
2
2
2
2
³
´
√1
χ 1 ,+ 1 (1)χ 1 ,− 1 (2) + χ 1 ,+ 1 (2)χ 1 ,− 1 (1)
S = 1, MS = 0
2
2
2
2
2
2
2
2
χ 1 ,− 1 (1) · χ 1 ,− 1 (2)
2
2
2
2
(4.19)
S = 1, MS = −1
2
hingegen, können nur mit antisymmetrischen Ortswellenfunktionen kombiniert werden. Sie existieren daher nur für angeregte Zustände des Heliumatoms bei denen sich die beiden Elektronen
in wenigstens einer der räumlichen Quantenzahlen unterscheiden. Aufgrund der möglichen Ein~ in einem magnetischen Feld, bezeichnet man Zustände
stellmöglichkeiten des Gesamtspins S
~ = 0 als Singulett, solche mit S
~ = 1 als Triplett-Zustände. Alle möglichen
mit Gesamtspin S
Stellungen der beiden Spins zueinander sind in Abb. 4.7 symbolisch dargestellt. Allgemein wird
die Zahl der Einstellmöglichkeiten 2S + 1 als Multiplizität des Zustandes bezeichnet und als
linker oberer Index vor das Termsymbol geschrieben:
2S+1
LJ
~ = ~`1 + ~`2 der Gesamtbahndrehimpuls und J~ = L
~ +S
~ der Gesamtdrehimpuls ist. Das
wobei L
66
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
Abb. 4.7: Vektormodel der Singulett- (S = 0)und Triplett-Zustände (S = 1) bei der Kopplung
zweier Elektronenspins
Heliumatom hat also den Grundzustand 1s2 1 S0 - ein Triplett-Zustand kann in der Konfiguration 1s2 nach dem Pauli Prinzip nicht existieren. Wird eines der beiden Elektronen durch Stoß
oder durch Photonen in ein höher gelegenes Niveau befördert, so kann der räumliche Anteil
der Wellenfunktion sowohl gerade als auch ungerade sein, d.h. angeregte Zustände des Heliums
existieren sowohl als Singulett-, als auch als Triplett-Zustände. Dabei gilt, dass der Triplettzustand energetisch immer tiefer liegt als der zugehörige Singulett-Zustand. Dies ist durch die
Antisymmetrie der Ortswellenfunktion zu erklären: diese muss bei Austausch zweier Elektronen
ihr Vorzeichen wechseln
Ψ(~r1,~r2 ) = −Ψ(~r2 , ~r1 )
(4.20)
d.h. für ~r1 = ~r2 muss Ψ = 0 sein und die elektrostatische Abstoßung der Elektronen ist dadurch
reduziert und folglich die Bindungsenergie der Elektronen erhöht.
Drehimpulskopplung
Wir haben hier ein erstes Beispiel für die Drehimpulskopplung in einem Vielelektronensystem, wie es bei den leichten Elementen fast immer auftritt, die so genannte LS-Kopplung. Sie
trägt diesen Namen, weil zunächst die Bahndrehimpulse aller Elektronen zu einem Gesamt-
4.1. ATOMPHYSIKALISCHE GRUNDLAGEN
67
Abb. 4.8: Termaufspaltung und Wechselwirkungen bei der LS-Kopplung am Beispiel einer
(n1 p)1 , (n2 d)1 Konfiguration
~ = PN ~si
~ = PN ~`i und die Spins aller Elektronen zum Gesamtspin S
Bahndrehimpuls L
i=1
i=1
~ und S
~ koppeln dann zum elektronischen Gesamtdrehimpuls J~ = L
~ + S.
~ Verekoppeln. L
infacht werden diese Betrachtungen dadurch, dass die Elektronenspins und Bahndrehimpulse
einer abgeschlossenen Schale (alle Zustände einer Hauptquantenzahl n) oder Unterschale (alle
m` die zu einem ` gehören) immer zu Null koppeln. Bei schwereren Atomen wird die Kopplung zwischen dem Spin jedes einzelnen Elektrons und seinem Bahndrehimpuls stärker und es
kommt zur immer stärkeren Ausprägung der jj-Kopplung. In ihrer reinen Form bedeutet
PNdies,
~
~
~
dass zunächst ~si und `i zu ji koppeln und dann der Gesamtdrehimpuls der Hülle J = i=1 ~ji
gebildet wird. Der Übergang von der LS zur jj-Kopplung geschieht kontinuierlich.
Es sei an dieser Stelle bereits vorweggenommen, dass die Emission und Absorption elektromagnetischer Strahlung gewisse Auswahlregeln für die Quantenzahlen des angeregten Elektrons
erfüllen muss. Eine dieser Auswahlregeln besagt, dass elektrische Dipolstrahlung nicht am Elektronenspin angreift, der ja eine magnetische Erscheinung ist, und daher die Kopplung der Spins
nicht beeinflusst. Die Auswahlregel lautet daher ∆S = 0 und ein Übergang von einem der 1s2s
3 S Zustände in den Grundzustand 1s2 1 S oder umgekehrt ist ”verboten” - der 3 S Zustand
0
J
J
ist ”metastabil”. Absorption und Emission wird man also nur zwischen Niveaus innerhalb des
Triplett- oder Singulettsystems beobachten, es treten keine sogenannten Interkombinationslinien
auf. Dies gilt streng nur für reine LS Kopplung die beim Helium sehr gut erfüllt ist. So gut,
dass man lange Zeit glaubte, es gäbe zwei Heliumarten: Orthohelium (Triplett) und Parahelium
(Singulett).
4.1.3
Mehrelektronensysteme
Für das Verständnis der elektronischen Struktur von Mehrelektronensystemen sind die Alkaliund Erdalkaliatome besonders aufschlussreich, weil man es hier mit ein bis zwei Elektronen
außerhalb kompett gefüllter Elektronenschalen zu tun hat. Das Spektrum der Alkaliatome
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
2
S1/2
2
P1/2 3/2
2
D3/2 5 /2
2
F5/2 7 /2
5.3917
45000
5
5s
Energy [eV]
4
4s
5p
4p
4d
3p
3d
5f 40000
4f
30000
3s
3
20000
2
2p
Energy [cm-1]
68
10000
1
0 2s
0
Abb. 4.9: Termschema des Lithiumatoms
und Erdalkaliionen besitzt eine Struktur die dem des Wasserstoffs ähnlich ist.4 Das äußere
Elektron (Leuchtelektron) bewegt sich in einem Potential, welches für große Abstände r durch
das Coulombpotential angenähert werden kann. Für kleine Abstände r hingegen, hängt das
Potential von der Ladungsdichteverteilung der inneren Elektronen ab. Insbesondere wenn das
Leuchtelektron einen kleinen Drehimpuls besitzt, taucht es weit in die Bahnen der inneren
Elektronen hinein und erfährt mehr und mehr das Potential der vollen Kernladung Ze, d.h.
−
e
Ze
≤ Φeff (r) ≤ −
.
4π²0 r
4π²0 r
Dadurch wird die beim Wasserstoff vorhandene Entartung (vor Berücksichtigung der Feinstruktur und Lambshift) der Zustände mit gleichem n und ` aufgehoben. Beispielhaft ist dies am
Spektrum des Lithiums in Abb. 4.9 gezeigt. Der 1s2 2s Zustand ist gegenüber dem 1s2 2p Zustand deutlich abgesenkt, entsprechendes gilt für den 3s und 3p Zustand. Man erkennt, dass
die Energieunterschiede zwischen den einzelnen Drehimpulszuständen mit gleichem n, bei wachsender Hauptquantenzahl immer geringer werden, weil die Eindringtiefe der s Elektronen in die
inneren Schalen abnimmt Für große n lassen sich die Zustände der Alkaliatome analog zum
4
Diese Systeme sollten trotzdem nicht als wasserstoffähnlich bezeichnet werden - dies ist Ionen mit einem
einzigen Elektron vorbehalten.
4.2. STRAHLUNGSGESETZE NACH EINSTEIN
69
Wasserstoffatom durch die Rydbergformel
En,` = −
const
const
=−
2
(n − δn,` )2
neff
beschreiben, wobei die ganzzahlige Hauptquantenzahl n um den von n und ` abhängigen Quantendefekt vermindert wird. Für große n wird δ praktisch unabhängig von n.
4.2
Strahlungsgesetze nach Einstein
4.2.1
Ableitung der Planck-Formel
Zwar hatte schon Planck den ersten Erfolg in der Strahlungstheorie mit der Ableitung seines
Strahlungsgesetzes unter der Hypothese der Quantisierung der Strahlungsenergie verbucht;
jedoch wird darin wenig über die Wechselwirkung zwischen Strahlung und Materie ausgesagt,
weil man im thermodynamischen Gleichgewicht der Hohlraumstrahlung von den tatsächlichen
Absorptions- und Emissionsraten absehen kann. Einstein war der erste, der diese Prozesse
berücksichtigte [Eins1917]. Er ging bei seiner Ableitung von folgenden Voraussetzungen aus:
1. Die relativen Besetzungszahlen Pn diskreter Atomzustände folgen im thermodynamischen
Gleichgewicht der Boltzmann-Verteilung
Pn = gn e−En /kT .
(4.21)
gn ist das statistische Gewicht des betrachteten Zustandes, d.h. im allgemeinen die Multiplizität eines entarteten Zustandes.
2. Die abzuleitende Strahlungsformel muss asymptotisch in das mit klassischer Statistik abgeleitete und experimentell im Limes T → ∞ bestätigte Rayleigh-JeansStrahlungsgesetz einmünden
8πν 2
ρ = 3 kT,
(4.22)
c
sowie für T → 0 in das empirisch bestätigte Wiensche Gesetz
ρ = αν 3 e−hν/kT .
(4.23)
ρ ist die Strahlungsenergie pro Volumen- und Frequenzeinheit. Bezüglich des RayleighJeans-Gesetzes erinnern wir daran, dass 8πν 2 /c3 gleich der Anzahl der Eigenschwingungen
eines Hohlraums pro Volumen und Frequenzeinheit ist, wobei jede Eigenschwingung im
statistischen Mittel den thermischen Energieinhalt kT hat.
Auch Planck war bei der Ableitung seines Strahlungsgesetzes vom Rayleigh-Jeans-Gesetz
ausgegangen und hatte dann durch Einführung der Quantenhypothese sein Gesetz finden
und die Brücke zum Wienschen Gesetz schlagen können. Einstein kommt aber mit den
weiteren heuristischen Annahmen über die Wechselwirkung zwischen Strahlungsfeld und
Atom viel schneller zum Ziel:
Zwischen den (nach Bohr) diskreten Energiezuständen Em und En können zwei Typen
von Strahlungsübergängen erfolgen, nämlich:
3. Aus dem energetisch höheren Zustand sei eine spontane Emission in den niedrigeren
möglich, die zeitlich einem statistischen, dem radioaktiven Zerfall analogen Gesetz folgt:
dNm = −Anm Nm dt.
(4.24)
70
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
Dabei ist Nm die Zahl der angeregten Atome und Anm die spontane Zerfallsrate oder der
Einsteinsche A-Koeffizient. Bezogen auf das einzelne Atom können wir stattdessen auch
die Wahrscheinlichkeit definieren, im Zeitintervall zwischen t und t+dt spontan zu zerfallen
als
dWm→n = Anm dt.
(4.25)
4. Es soll eine induzierte Absorption und Emission aus dem Strahlungsfeld bzw. in das
Strahlungsfeld zurück möglich sein (siehe Abb. 4.10), deren Rate jeweils proportional zur
vorhandenen Strahlungsdichte ist. Wir haben demnach
dWn→m = Bnm ρdt
(induzierte Absorption)
(4.26)
(induzierte Emission)
(4.27)
und
n
dWm→n = Bm
ρdt
Auch hier wird die Rate außer durch ρ durch einen, für den betreffenden Übergang charakteristischen Koeffizienten, den Einsteinschen B-Koeffizienten, bestimmt. Die heuristischen Ansätze (4.26) und (4.27) lehnen sich an das Beispiel des Hertzschen Dipols in
der klassischen Elektrodynamik an, dessen Schwingung von einem äußeren, resonanten
Strahlungsfeld auch angefacht bzw. gedämpft werden kann, je nach relativer Phasenlage
zwischen Dipolschwingung und elektromagnetischer Welle. Wir fragen jetzt nach derjenigen Strahlungsdichte als Funktion von Temperatur und Frequenz, die mit den Prozessen
(4.24) bis (4.27) den Gleichgewichtszustand der Boltzmann-Verteilung erhält, d.h. in
Summa gleich viele Absorptions- wie Emissionsprozesse erzeugt, also:
n
ρ + Anm ) .
g e−En /kT B m ρ = gm e−Em /kT (Bm
|
{z
}
|n {z } n
∼Nn
(4.28)
∼Nm
Wir betrachten (4.28) für T → ∞, wobei die beiden Exponentialfunktionen gleich 1 werden
und wegen ρ → ∞ auch die spontane Emission gegenüber der induzierten vernachlässigbar
klein wird; dann folgt
n
gn Bnm = gm Bm
.
(4.29)
(4.29) eingesetzt in (4.28) und aufgelöst nach ρ ergibt
ρ(ν) =
8πν 2
c3 }
| {z
1
hν/kT − 1
e
| {z }
hν
|{z}
Zahl der Moden
im Intervall [ν, ν + dν]
Photonenenergie
.
(4.30)
therm. Besetzungszahl der Mode
Wenn (4.30) für T → 0 in das Wiensche Gesetz einmünden soll, dann müssen die Argumente der beiden Exponentialfunktionen gleich sein. Hieraus gewinnt Einstein ohne
weitere Voraussetzungen die Bohrsche Beziehung zurück
Em − En = hν.
(4.31)
Mit (4.31), eingesetzt in (4.30), betrachten wir jetzt noch einmal den Grenzwert T → ∞
und entwickeln dabei die Exponentialfunktion im Nenner bis zum ersten Glied. Vergleich
mit dem Rayleigh-Jeans-Gesetz liefert dann für das Verhältnis der Einstein-Koeffizienten
sofort die Einsteinsche Beziehung
Anm
8πν 2
8πhν 3
=
· hν .
=
n
Bm
c3
c3
(4.32)
4.2. STRAHLUNGSGESETZE NACH EINSTEIN
71
(4.32) wieder eingesetzt in (4.30) ergibt das Plancksche Strahlungsgesetz
ρ=
8πν 2
1
hν hν/kT
.
3
c
e
−1
(4.33)
Diese Aufteilung der Planckschen Formel in die drei Faktoren wie oben lässt deutlich ihre
Struktur erkennen: der erste Faktor ist die Zustandsdichte, der zweite das Energiequant
eines jeden Zustands, der dritte die Anzahl der Quanten, mit denen jeder Zustand im
statistischen Mittel besetzt ist.
Abb. 4.10: Schema der Wechselwirkung eines Strahlungsfeldes ρ(ν) mit einem 2-Niveau System.
Es treten (a) Absorptions- und (b) induzierte Emissionsprozesse auf, aber auch (c) spontane
Emissionsprozesse, die nicht vom Strahlungsfeld abhängen. n1 und n2 sind die Dichten der
Atome in Zustand |1i und |2i und B12 , B21 und A21 sind die Einstein - Koeffizienten für Absorption, stimulierte und spontane Emission.
Bevor wir diese Zusammenhänge im nächten Abschnitt ausdiskutieren, sei noch auf einige
Punkte der Einsteinschen Arbeit aufmerksam gemacht, die in der Literatur nicht so häufig zitiert werden. Zunächst zeigt sich Einstein unbefriedigt darüber, dass er (4.32) nicht aus einer
vollständigen Quantentheorie der Strahlung, die die Wechselwirkung zwischen Atom und Photon wirklich beschreibt, ableiten kann, sondern auf Koeffizientenvergleiche angewiesen ist. Insofern sieht er das Problem von der Dynamik her als prinzipiell ungelöst an. Vielmehr “erschließt” er das Gesetz aus heuristischen Annahmen im Rahmen gültiger statistischer Gesetze.
Im zweiten Teil der Arbeit führt er die statistischen Überlegungen fort, indem er bei jedem
Strahlungsprozess auch den Impulsübertrag des Photons hk auf das Atom mit berücksichtigt,
der die Geschwindigkeitsverteilung der Atome beeinflusst. Unter der Annahme, dass die
Strahlungswechselwirkung die einzige zwischen den Atomen sei - dass also gaskinetische Stöße
keine Rolle spielen (z.B. betrifft das die heißen, dünnen Gase der Sonnencorona) - kann
gezeigt werden, dass die Strahlungswechselwirkung dann und nur dann die Boltzmannsche
Geschwindigkeitsverteilung der Atome erzeugt, wenn für die Strahlungsdichte das Plancksche
Gesetz gilt - ein bemerkenswerter Zusammenhang.
4.2.2
Auswahlregeln
Für die Anregung eines Atoms von einem Anfangszustand |ii in einen Endzustand |f i unter
Absorption eines Photons, gibt es Auswahlregeln, die sich aus den Symmetrieeigenschaften der
Wellenfunktionen und damit letztlich aus den Invarianzeigenschaften des Hamiltonoperators
ergeben. Für elektrische Dipolübergänge erhält man aus den Dipolmatrixelementen für linear
polarisiertes Licht hψf | ez |ψi i, respektive zirkular polarisiertes Licht hψf | e(x ± iy) |ψi i, die folgenden Auswahlregeln:
72
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
• ` = `0 ± 1,
∆` = ±1 (Drehimpulserhaltung)
• unterschiedliche Parität der beiden Zustände
• m` = m0` , für linear polarisiertes Licht
• m` = m0` ± 1, für rechtszirkular (σ + ), bzw. linkszirkular (σ − ) polarisiertes Licht.
Berücksichtigt man die Spin-Bahn-Kopplung, so kann sich auch der Spin ändern, da jetzt
der Zustand eine Linearkombination aus Bahndrehimpuls und Spinzuständen ist. Die Lichtwelle
greift jedoch immer nur am Bahndrehimpulsanteil an. Die Stärke des Übergangs hängt
also vom Anteil der Bahndrehimpulswellenfunktion an der gesamten Wellenfunktion ab. Die
Zahlen, die diesen Beitrag angeben, heißen Clebsch-Gordon-Koeffizienten. Man erhält folgende
Auswahlregeln:
• ∆J = 0, ±1
• ∆mJ = 0, ±1
• kein Übergang von J = 0 → J = 0
• für ∆J = 0 kein mJ = 0 → mJ = 0
Für Hyperfeinübergänge gelten die Regeln entsprechend mit den Quantenzahlen F und mF .
Übergänge die diesen Auswahlregeln genügen, heißen ”erlaubte” elektrische (Dipol-,
E1)Übergänge, andere Übergänge sind ”verboten”. Aber auch ”verbotene” Übergänge können,
stattfinden, beispielsweise als magnetische Dipolübergänge (M1), oder höhere elektrische, bzw.
magnetische Multipolübergänge (E`,M`). Desweiteren gibt es die Möglichkeit mehr als ein Photon gleichzeitig zu absorbieren oder emittieren; dann spricht man von Mehrphotonenübergängen.
Die Parität eines Photons der Multipolordnung E` ist (−1)` , für M` entsprechend
(−1)`+1 .
p
Ein Photon der Multipolstrahlung der Ordnung ` trägt einen Drehimpuls `(` + 1)~. Aus
der Drehimpulserhaltung und der Paritätserhaltung ergeben sich dann wieder entsprechende
Auswahlregeln.
In der Atomphysik ist im wesentlichen die Dipolstrahlung von Interesse. Dies liegt daran,
dass die Übergangswahrscheinlichkeit für einen E`/M` Übergang proportional ist zu
µ
2πR
λ
¶2l
.
(4.34)
Für Atome R ≈ 10−10 m und Strahlung im sichtbaren Bereich (λ ≈ 6 · 10−7 m) ergibt sich daraus
eine Unterdrückung von annähernd 10−6 für Multipolstrahlung der nächsthöheren Ordnung. Bei
Kernübergängen (R ≈ 10−15 m, Eλ = 2 MeV) hingegen ist dieser Faktor bereits auf etwa 2 · 10−4
reduziert, hier sind höhere Multipolübergänge von größerer Bedeutung. Magnetische Übergänge
sind gegenüber elektrischen der gleichen Multipolordnung auch noch einmal um einen Faktor
(υ/c)2 unterdrückt. Trotz (oder gerade wegen) ihrer geringen Übergangswahrscheinlichkeit besitzen auch die Übergänge höherer Multipolordnung z.B. als Uhrenübergänge eine große Bedeutung in der Atomphysik.
4.2. STRAHLUNGSGESETZE NACH EINSTEIN
4.2.3
73
Konsequenzen der Einsteinschen Beziehungen für das Laserprinzip
Wir wollen in diesem Abschnitt zwei für das Laserregime sehr wichtige Verhältnisse diskutieren,
nämlich
- das Verhältnis aus stimulierter Emission zu stimulierter Absorption und
- das Verhältnis aus stimulierter Emission zu spontaner Emission.
Klarerweise kann eine Verstärkung einer Lichtwelle durch stimulierte Emission in einem Medium
nur dann funktionieren, wenn diese die stimulierte Absorption überwiegt. Für ein Gas im
thermischen Gleichgewicht ist aber laut (4.28) und (4.29) das Verhältnis gleich
nN
Bm
gn Nm
m
=
= e−(Em −En )/kT < 1.
m
Bn Nn
gm Nn
(4.35)
Ein thermisches Gas schwächt also in jedem Falle die einfallende Welle. Um eine Verstärkung
zu erlangen, muss eine Inversion der Besetzungszahlen vorliegen, derart, dass das betrachtete
Verhältnis
gn Nm
> 1.
(4.36)
gm Nn
wird. Bezogen auf die (entarteten) jeweiligen Unterzustände der beteiligten Terme bedeutet
dies, dass die des oberen jeder für sich stärker besetzt sein müssen, als die des unteren, oder
dass im schlichten zwei-Niveau-System Nm /Nn > 1 sein muss. Die obige Inversionsbedingung
(4.36) ist zwar notwendig, aber keineswegs hinreichend für den Lasereinsatz. Vielmehr muss sich
die stimulierte Emission nicht nur gegen die Absorption, sondern auch gegen die Konkurrenz
der spontanen Emission durchsetzen. Hierzu wird ein gewisser, minimaler Schwellenwert der Inversion verlangt, der im einzelnen erst im Abschnitt zur Schawlow-Townes-Schwellenbedingung
abgeleitet wird. Wir können uns aber an dieser Stelle schon ein Bild darüber machen, wie
das Verhältnis aus stimulierter zu spontaner Emission im Falle der Hohlraumstrahlung, also im
thermischen Gleichgewicht, aussieht. Wir betrachten die induzierte sowie die spontane Emissionsrate (Γi bzw. Γs ) eines einzelnen Atoms, das sich innerhalb des Hohlraums befinde. Hierfür
erhalten wir aus dem Einsteinschen Ansatz und der Planckschen Strahlungsformel (im folgenden
n = B und An = A)
gelte immer Bm
m
ρB
1
= hν/kT
= δ.
A
e
−1
(4.37)
δ war aber gerade der dritte Faktor in (4.33), also die Besetzungszahl des betreffenden Eigenzustands der Frequenz des Hohlraums, die auch Entartungsparameter genannt wird. Die induzierte
Emission überwiegt also im Bereich δ > 1, d.h. dann, wenn im Mittel jeder Schwingungsmode
mit mehr als einem Quant besetzt ist. Dazu muss, grob gesprochen, die thermische Energie kT
größer als die Quantenenergie hν sein.
Wir führen zu δ einige Beispiele an:
Bei Zimmertemperatur beträgt kT ungefähr 25meV , die Energie eines Lichtquants im optischen Bereich aber etwa 2, 5eV . Der Entartungsparameter ist demnach δ ≈ e−100 , d.h. ein
Hohlraum ist bei Zimmertemperatur für das Auge in der Tat absolut schwarz. Selbst im sichtbaren Sonnenlicht, emittiert bei Temperaturen um 6000K, ist δ immer noch kleiner als 1%
(Lichtquellen mit δ > 1 haben für das Auge offensichtlich verheerende Blendwirkung; das erklärt
die Gefährlichkeit des Lasers). Ganz anders liegen die Verhältnisse im Mikrowellengebiet (z.B.
beim Maser). Bei einer Frequenz von 5GHz beträgt die Quantenenergie nur ca. 2 · 10−5 eV .
Für den Entartungsparameter gilt dann δ ≈ 103 . Entsprechend drastisch sind die Unterschiede
74
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
im Rauschen: im Mikrowellengebiet, wie auch natürlich im ganzen Radiogebiet, dominiert die
thermische Strahlung als Rauschquelle; es lohnt sich also, Empfänger zu kühlen. Im optischen
Gebiet dagegen ist die spontane Emission die einzige ernst zu nehmende Rauschquelle. Wir
betrachten jetzt noch die totale Emissionswahrscheinlichkeit
ΓE
tot = Γi + Γs = ρB + A = A (δ + 1) ,
(4.38)
wobei in der letzten Gleichung B mit Hilfe von (4.37) eliminiert wurde. In der Klammer vertritt
jetzt δ die induzierte und 1 die spontane Emission. Wir interessieren uns im folgenden statt
für einen abstrakten, beliebig großen Hohlraum für einen ganz konkreten Hohlraumresonator,
dessen Volumen V das strahlende Lasermedium einschließen soll, und es geht jetzt darum,
mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Lichtquant in eine ganz bestimmte Eigenschwingung (engl.:
mode) emittiert wird. Hierzu nehmen wir an, das Medium emittiere mit einer Spektralfunktion
S(ν), deren Maximum auf 1 normiert sei (siehe Abb. 4.11). Wir müssen zunächst die Zahl der
Moden Z bestimmen, die unter der Spektralfunktion liegen, d.h. in die hinein Emission erfolgen
kann. Wir erhalten sie aus der Faltung der Zustandsdichte dZ/dν des realen Resonators mit der
Spektralfunktion S(ν)
Z
dZ
S(ν)dν.
(4.39)
Z=
dν
Abb. 4.11: Illustration zur Spektralfunktion S(ν) und Modenzahl eines Hohlraumresonators
War 8πν 2 /c3 die Zustandsdichte pro Volumeneinheit, so erhalten wir diejenige des realen Resonators durch Multiplikation mit seinem Volumen V :
dZ
8πν 2
= 3 V.
dν
c
(4.40)
Bei V = 1cm3 beträgt sie im optischen Bereich ungefähr 1 pro Hertz. Selbst bei den scharfen optischen Spektrallinien passen also noch immer sehr viele Modes unter die Linienbreite, und es war
daher gerechtfertigt, in (4.39) die Summation durch das Integral zu ersetzen. Die Wahrscheinlichkeit, dass Photonen in einen ganz bestimmten Mode k mit der Frequenz νk emittiert werden,
ist dann gegeben durch
A (nk + 1) S (νk )
.
(4.41)
ΓE
k (νk ) =
Z
Statt des statistischen Mittels δ wurde in (4.41) die jeweilige Besetzungszahl nk des Modes
k eingesetzt. Da Z proportional zu V ist, sieht man, dass (4.41) über das Verhältnis nk /V
4.2. STRAHLUNGSGESETZE NACH EINSTEIN
75
proportional zur Energiedichte im betreffenden Resonatormode ist, wie erwartet. Außerdem ist
ΓE
k (νk ) nach Voraussetzung proportional zur Spektralfunktion. Je größer das Resonatorvolumen
ist, auf umso mehr Modes verteilt sich die Emission, deren Gesamtrate ΓE , die Summe über alle
ΓE
k , davon allerdings unberührt bleibt.
Als Beispiel einer Spektralfunktion führen wir die Lorentzkurve an, deren Breite ∆ν = A/2π
nur durch die Strahlungsdämpfung A gegeben sei und erhalten (mit ν0 À ∆ν)
Z
Z=
dν
2πν02
dZ
A · V.
≈
dν 1 + (2(ν − ν0 )/∆ν)2
c3
(4.42)
In (4.41) hebt sich damit A heraus.
Die spezielle Situation des Lasers besteht nun darin, dass die stimulierte Emission nur in
einen oder wenige Resonatormodes erfolgt in Konkurrenz zur spontanen Emission in alle
übrigen. Wir haben damit schon die meiste Vorarbeit zur Ableitung der Schawlow-TownesSchwellenbedingung geleistet, möchten aber, bevor wir damit fortfahren, in den nächsten beiden
Abschnitten noch einige grundsätzliche Fragen der Strahlungsphysik behandeln.
4.2.4
Die Breite von Spektrallinien
Die spontane Emission führt zu einer endlichen Lebensdauer des angeregten Zustands |2i und
damit zu einer endlichen Energiebreite, d.h. der Zustand ist nicht ”scharf”. Unter der Annahme, dass kein Strahlungsfeld vorhanden ist (ρ(ν) = 0) ist nur die spontane Emission von
Null verschieden. Die Lebensdauer von |2i ergibt sich dann aus der Integration von der Gleichung für die spontane Emission mit der Annahme, dass die Besetzungsdichte n2 proportional
ist zur quantenmechanischen Wahrscheinlichkeit ein Atom im Zustand |2i zu finden. Die Lösung
für n2 lautet
n2 (t) = n2 (0) e−A21 t
(4.43)
1
A21
1
:= γ121 = 2πΓ
. Kann das Atom in mehrere
21
´−1
³P
- die elektromagnetische Welle, die
tieferliegende Zustände j zerfallen, so gilt τ2 =
j A2j
vom Atom abgestrahlt wird, klingt somit exponentiell ab - im Frequenzraum entspricht dies
einem Spektrum der Form
Γ
1
2
(4.44)
GL (ν) =
¡ ¢
π (ν − ν0 )2 + Γ 2
und damit ist die mittlere Lebensdauer τ2 =
2
mit der zentralen Übergangsfrequenz ν0 = = (E2 − E1 )/h und Γ = Γ21 = Γ2 + Γ1 . Ein solches
Lorentz-Profil ist in Abb. 4.12(a) als durchgezogene Linie dargestellt. Seine volle Breite zwischen
den Punkten halber Intensität ist ∆νFW HM = Γ = 2πA21 . Die Integration über das Profil ergibt
die totale Übergangsrate A12 . In einem dichten Gas wird der Wellenzug vor dem natürlichen
Abklingen oftmals bereits durch phasenstörende Stöße mit anderen Atomen unterbrochen. Dies
führt zu einer zusätzlichen (Druck-)Verbreiterung der Linie5
Γeff = Γ21 + ΓStoß = Γ21 + const · p.
(4.45)
Beide Arten der Verbreiterung werden als homogen bezeichnet weil sie eine Eigenschaft aller
Atome eines Ensembles sind. Weitere homogene Verbreiterungen werden auch verursacht durch
kurze Wechselwirkungszeiten zwischen Lichtstrahl und Atomen (Flugzeitverbreiterung) oder
sehr starke Strahlungsfelder (Sättigungsverbreiterung). Sie werden als homogen bezeichnet,
5
Darüberhinaus kommt es auch zu einer Verschiebung der Linienlage.
76
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
Abb. 4.12: (a) Linienform von Lorentz- und Gaußprofil. (b) Das Voigtprofil ergibt sich unter
Berücksichtigung der homogenen Linienbreite jedes Atoms.
weil Licht einer Frequenz, die in das Profil passt, jedes Atom anregen (oder abregen) kann.
Dies ist nicht der Fall bei der (scheinbaren) Verbreiterung einer Linie durch den Dopplereffekt
in einem Gas (Maxwellsche Geschwindigkeitsverteilung). Die emitierte Frequenz eines Atoms
hängt hier in erster Näherung von der Momentangeschwindigkeit υ der Atome (Masse M ) in
Emissionsrichtung ab, d.h. ν = ν0 (1 ± υc ). Dadurch kommt es zu einem Profil mit der Form
einer Gauß-Verteilung
"
r
µ
¶ #
4 ln 2 1
M c2 ν − ν0 2
(4.46)
GGauss (ν) =
exp −
π ΓD
2kT
ν0
wie sie in Bild Abb. 4.12(a) gestrichelt dargestellt ist. Dabei ist die volle Halbwertsbreite des
Gaußprofils durch
r
r
8kT ln(2)
T
−7
ΓD = ν0
= 7.16 · 10 ν0
[K/amu]
(4.47)
M c2
M
gegeben. Man √
beachte, dass
p die Dopplerbreite proportional ist zur Resonanzfrequenz ν0 des
Überganges, zu T und zu 1/M . Diese Verbreiterung der Spektrallinie nennt man inhomogen,
weil Licht einer Frequenz aus dem Intervall nur Atome derjenigen Untergruppe anregen kann,
deren momentane Geschwindigkeit υz in Richtung auf den Beobachter die Resonanzbedingung
νLaser · (1 ± υc ) ≈ ν0 ± Γ2 erfüllt.
Beispiel: In einem Gas von Calciumatomen beträgt die Dopplerbreite der 422.8 nm Resonanzlinine von 44 Ca bei 1200 K ungefähr 2.8 GHz. Dies ist rund das 80-fache der natürlichen
Linienbreite von 35 MHz. Die Hyperfeinstruktur der ungeraden Isotope 41,43 Ca liegt in der
Größenordnung 100 MHz und kann unter diesen Bedingungen nicht aufgelöst werden.
Um ein realistischeres Linienprofil für dopplerverbreiterten Linien zu erhalten, muss man
berücksichtigen, dass jedes Atom aus dem Dopplerprofil mit der Geschwindigkeit υ selbst noch
eine homogene Verbreiterung aufweist. Daher muss das Gaußprofil noch mit einem Lorentzprofil
4.2. STRAHLUNGSGESETZE NACH EINSTEIN
77
gefaltet werden:
+∞
Z
GVoigt (ν) =
dν 0 GGauss (ν 0 ) GLorentz (ν − ν 0 ).
(4.48)
−∞
Das resultierende Profil wird als Voigt-Profil bezeichnet, sein Zustandekommen ist in
Abb. 4.12(b) veranschaulicht. Es ist nahe der Resonanz durch das Dopplerprofil, weitab der
Resonanzfrequenz hingegen durch die weiten Flanken des Lorentzprofils dominiert. Es gibt
zahlreiche laserspektroskopische Methoden um die inhomogenen Linienverbreiterungen zu
überwinden, um Spektren zu erhalten, deren Auflösung nur durch die natürliche Linienbreite
begrenzt ist. Beispielhaft seien drei Methoden an dieser Stelle erwähnt:
1. Spektroskopie am kollimierten Atomstrahl
Atome die aus einem heißen Röhrchen in z-Richtung austreten (vgl. Kapitel 1) können
durch eine entfernte Blende gut kollimiert werden. Die Atome des entstandenen Strahls
besitzen nur eine kleine Geschwindigkeitskomponente senkrecht zur Atomstrahlrichtung.
Eine Blende mit Durchmesser b im Abstand d führt zu einem vollen Öffnungswinkel des
Strahls von ε ≈ b/d (Abb. 4.13). Wird der Laser in der x-y Ebene eingestrahlt, so ist
dementsprechend die Dopplerbreite um einen Faktor sin(ε/2) ≈ ε/2 reduziert. Bei Laserstrahlen mit kleinen Durchmessern und hohen Ofentemperaturen kann allerdings durch die
kurze Wechselwirkungszeit zwischen Atomen und Laserstrahl eine Flugzeitverbreiterung
auftreten.
Beispiel: Eine Kollimation b = 1 mm, d = 5 cm führt zu einer Reduktion der Dopplerbreite
um einen Faktor 100. Im obigen Beispiel kann die Dopplerbreite ungefähr auf die natürliche
Lineinebreite reduziert und die Hyperfeinstruktur der Calciumatome aufgelöst werden.
Abb. 4.13: Geometrie bei der Spektroskopie am kollimierten Atomstrahl.
2. Kollineare Spektroskopie
Die Beschleunigung von Ionen auf Energien von einigen 10 keV, führt zu einer drastischen
Reduktion der Dopplerbreite wenn der Laser in Richtung des Atomstrahls (kollinear oder
anti-kollinear) eingestrahlt wird. Für ein Ensemble mit der mittleren kinetischen Energie
E = 21 mv 2 beträgt die Energiebreite aufgrund der unterschiedlichen Geschwindigkeiten
δE = mυ δυ. Werden diese Ionen in einem elektrostatischen Feld beschleunigt, so bleibt
die Energieunschärfe δE erhalten. Da die Geschwindigkeit υ aber stark zunimmt, muss δυ
78
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
entsprechend sinken und damit die Dopplerbreite ΓD auf
Γ0D
1
=
2
r
δE
ΓD
E
(4.49)
reduziert. Anschaulich wird dies verständlich, wenn man bedenkt, dass langsame Ionen
länger im Beschleunigungsfeld verweilen als solche die in Feldrichtung bereits mit einer
hohen Anfangsgeschwindigkeit starten. Dadurch werden die Unterschiede in der Anfangsgeschwindigkeit ausgeglichen (siehe Übungen).
3. Sättigungsspektroskopie
Während man in den ersten beiden Verfahren die externen Freiheitsgrade der Atome bzw.
Ionen verändert, werden bei der Sättigungsspektroskopie die Atome einer bestimmten
Geschwindigkeitsklasse mittels eines Laserstrahls quasi markiert und diese Markierung mit
einem zweiten Laserstrahl abgefragt. Unter Sättigung versteht man, dass mit wachsender
Laserleistung der Absorptionskoeffizient sinkt und das Medium für den Laserstrahl transparent wird. Ein intensiver resonanter Laserstrahl (Pumplaser) kann also ein Medium derart ausbleichen, dass ein zweiter, ebenfalls resonanter Laserstrahl (Probestrahl) nicht mehr
absorbiert und gestreut wird. Der Pumpstrahl bleicht diejenige Geschwindigkeitsklasse
aus, die mit der Laserfrequenz resonant ist. Der Nachweis kann durch das Beobachten einer
verminderten Absorption mit dem Probe-Laser erfolgen. Wird für Pump- und Probestrahl
der gleiche Laser verwendet (Abb. 4.14 a) und gegenläufig durch eine Gaszelle geschickt, so
bleichen sie sich im Resonanzfall gegenseitig aus. Man erhält einen sehr schmalen Einbruch
im Spektrum (Lamb-Dip), der von der Aborption der Atome ohne Geschwindigkeitskomponente in z-Richtung stammt (Abb. 4.14 b). Die Resonanzfrequenz bleibt daher unberührt
vom Dopplereffekt. Damit kann man atomare Übergangsfrequenzen sehr genau messen
und ist nur noch durch die natürliche Linienbreite begrenzt.
Abb. 4.14:
Experimenteller
Sättigungsspektroskopie.
Aufbau
(a)
und
Absorptionssignal
(b)
bei
der
4.3. KOHÄRENZVOLUMEN, PHASENZELLE, PHASENFLUKTUATIONEN
4.3
4.3.1
79
Kohärenzvolumen, Phasenzelle, Phasenfluktuationen
Kohärenzzeit, Autokorrelationsfunktion, Leistungsspektrum
Im Folgenden sei immer ein quasimonochromatisches und schlankes Lichtbündel vorausgesetzt,
das die Bedingungen ∆ν ¿ ν0 und ∆ϑ ¿ 2π erfüllt (siehe Abb. 4.15).
Abb. 4.15: Illustration zu Monochromasie und Divergenz eines Lichtbündels
Als Kohärenzzeit bezeichnet man im allgemeinen die reziproke Linienbreite
tc =
1
,
∆ν
(4.50)
denn nach einer Zeit tc nimmt der relative Phasenunterschied zwischen den verschiedenen spektralen Komponenten des Lichtbündels bereits Werte zwischen
0 ≤ ∆ϕ ≤ 2π∆νtc = 2π,
(4.51)
an. Bringen wir ein solches Lichtbündel nach einem Laufzeitunterschied von tc mit sich selbst
zur Interferenz, so werden die spektralen Komponenten teils konstruktiv, teils destruktiv interferieren und der Interferenzkontrast in summa stark abgeschwächt sein. Wir wollen diese
Beziehung genauer untersuchen und zunächst eine exakte Meßvorschrift für die Kohärenzzeit
mittels des Michelson-Interferometers geben (siehe Abb. 4.16).
Abb. 4.16: Michelson-Interferometer zur Bestimmung der Autokorrelationsfunktion eines
Lichtbündels
80
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
Am Empfänger wird die aus der Interferenz der beiden Teilbündel resultierende Intensität I(t)
als Funktion des Laufzeitunterschieds
τ=
2(L2 − L1 )
c
(4.52)
gemessen und zwar nicht momentan, sondern bei jedem τ als zeitlicher Mittelwert über eine
längere Meßperiode 2T À τ . Die Intensität am Empfängerort ~r ist über die Beziehung
I(~r, t) = c · ρ = c ε0 E 2 (~r, t) zum Quadrat der elektrischen Feldstärke am Interferenzort proportional. Wir erhalten somit für den Mittelwert im Limes T → ∞
ZT
¡
¢2
I(~r, τ )
1
= lim
E(~r, t) + E(~r, t + τ ) dt
T →∞ 2T
c ε0
−T
D¡
¢2 E
= E(~r, t) + E(~r, t + τ )
(4.53)
t
2
= 2hE (~r, t) it + 2hE(~r, t)E(~r, t + τ ) it
Bei (4.53) müssen wir voraussetzen, dass E 2 (t) über die Messzeit 2T einen stabilen Mittelwert
hat, wohingegen kleine Fluktuationen von Amplitude und Frequenz zugelassen sind. Während
der erste Term in der letzten Zeile von (4.53) die inkohärente Summe der Teilintensitäten
darstellt, beschreibt der zweite Teil
1
K(τ ) = lim
T →∞ 2T
ZT
¡
¢
E(~r, t)E(~r, t + τ ) dt
(4.54)
−T
die durch den Laufzeitunterschied entstandene, zeitunabhängige und in τ = 2π/ω periodische
Interferenz der beiden Teilstrahlen, die für τ > tc ausklingt (ihre Abhängigkeit vom Beobachtungsort ~r interessiert hier nicht und wird unterdrückt). K(τ ) ist die sogenannte Autokorrelationsfunktion, die bei allen Kohärenzfragen und auch in vielen anderen, statistisch gestörten
Systemen ein entscheidendes Charakteristikum ist.
Zufolge des Wiener-Khintchine-Theorems besteht zwischen der Autokorrelationsfunktion und
dem Leistungsspektrum dI(ν)/dν ein eineindeutiger Zusammenhang über die Fouriertransformationen
1 dI(ν)
=
cε0 dν
Z∞
K(τ )e−2πiντ dτ
−∞
bzw.
(4.55)
Z∞
K(τ ) =
−∞
1 dI(ν) 2πiντ
e
dν.
cε0 dν
Die Spektroskopie durch Ausmessung der Autokorrelationsfunktion im Michelson-Interferometer
heißt deswegen auch Fourierspektroskopie und hat in den letzten Jahrzehnten sehr an Bedeutung gewonnen, nachdem es möglich geworden ist, mit Hilfe von Prozessrechnern auch sehr
komplizierte und datenreiche Autokorrelationsfunktionen schnell einer Fouriertransformation
zu unterwerfen. Sie hat besonders im infraroten Spektralbereich Vorteile im Signal-RauschVerhältnis gegenüber anderen hochauflösenden spektroskopischen Methoden. Der Zusammenhang (4.55) gilt für jedes beliebige Spektrum, gleichgültig auf welche Art und Weise die spektrale
4.3. KOHÄRENZVOLUMEN, PHASENZELLE, PHASENFLUKTUATIONEN
81
Verteilung zustande gekommen ist, ob durch Strahlungsdämpfung, Stoßdämpfung, Dopplereffekt, Überlagerung verschiedener Spektrallinien, schwarze Strahlung oder sonstige Effekte. Dies
gilt aber wie gesagt nur für die spektrale Intensitätsverteilung, nicht unbedingt für die Amplitudenverteilung, die ja auch im Experiment nicht gemessen wird.
Im Folgenden werden wir der Einfachheit halber häufig mit komplexen, statt reellen Feldamplituden rechnen. Die theoretische Optik benutzt hierzu das sogenannte “komplexe analytische
Signal” (oder Feld) A(~r, t) (Gabor 1946). Es kann wie folgt definiert werden: Sei ein reelles Feld
A(r) (~r, t) gegeben durch das Integral seiner spektralen Fourierkomponenten v(~r, ν)
Z∞
(r)
A
v(~r, ν)e2πiνt dν,
(~r, t) =
(4.56)
−∞
dann muss v(~r, −ν) = v ? (~r, ν) gelten, damit A(r) reell ist. Folglich ist alle Information über A(r)
schon in den Komponenten positiver Frequenz enthalten. Deshalb beschränkt man sich bei der
Einführung des komplexen analytischen Feldes auf ν > 0:
Z∞
v(~r, ν)e2πiνt dν
A(~r, t) =
0
(4.57)
⇒ A(r) (~r, t) = 2Re (A(~r, t)) .
Enthalte A(r) nur streng monochromatische Komponenten νk , seien also die v(~r, ν) δ-Funktionen
von νk (Linienspektrum), dann kann man mit (4.57) leicht nachprüfen, dass der Übergang von
A(r) → A wie gewohnt durch die Ersetzung
³
´
1
~
cos ωk t − ~kk ~r → ei(ωk t−kk ~r)
2
erfolgt. Das ist auch noch für quasimonochromatische Felder, auf die wir uns hier immer
beschränken können, in guter Näherung richtig, also z.B. für ein schwach gedämpftes Signal
der Form
Γ
e− 2 t cos(ωt) mit Γ ¿ ω.
Die Intensität oder genauer Energiedichte von A(t) wird definiert als
I(~r, t) = A(~r, t)A? (~r, t)
(4.58)
und ist bei einem schwach veränderlichen, quasimonochromatischen Feld gleich
¿
´2 À
1 ³ (r)
A (~r, t)
I(~r, t) =
2
t
gemittelt über eine Periode T . Sie variiert also nicht mehr mit der hohen optischen Frequenz,
sondern nur noch mit den längerfristigen Änderungen des mittleren Amplitudenquadrats. Dementsprechend wird auch K(τ ) umdefiniert zu
K(τ ) = hA? (~r, t)A(~r, t + τ )it
1
= lim
T →∞ 2T
ZT
A? (~r, t)A(~r, t + τ )dt.
−T
(4.59)
82
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
Das zugehörige Leistungsspektrum
dI(~r, ν)
=
dν
Z∞
K(τ )e−2πiντ dτ
(4.60)
−∞
enthält jetzt nur noch positive Frequenzen wegen (4.57).
Der Zusammenhang (4.55) zwischen Autokorrelationsfunktion und Leistungsspektrum gilt auch
unverändert, wenn man nur einzelne Lichtpulse statt einer stationären Lichteinstrahlung betrachtet. Allerdings verschwindet dann im Limes T → ∞ der zeitliche Mittelwert von K(τ ) (vgl.
Gl. 4.53) und damit auch von dI(ν)/dν. Man betrachtet daher zweckmäßigerweise stattdessen
das zeitliche Integral über das Leistungsspektrum, also das Energiespektrum des Pulses:
dE(ν)
=
dν
Z∞
−∞
dI(ν)
dt
dν
das wieder endlich ist. Außerdem ist die Gesamtenergie E des Pulses sowohl als Integral
über das Energiespektrum als auch über die zeitliche Verteilung der Intensität darstellbar (vgl.
Manuskript von H. Backe, Elektronik):
Z∞
E=
−∞
4.3.2
dE
dν =
dν
Z∞
A? (t)A(t)dt
−∞
Räumliche Kohärenz und Kohärenzfläche
Die Lichtquelle habe einen quasi kreisförmigen Querschnitt der Fläche ∆S und einen
Durchmesser ∆l (siehe Abbildung 4.17).
Abb. 4.17: Zu Kohärenzfläche und Kohärenzvolumen
Dann bezeichnen wir als die Kohärenzfläche ∆A im Abstand R von der Lichtquelle diejenige
Fläche, die die Punkte enthält, deren optische Weglänge zu jedem Punkt der Lichtquelle um
weniger als λ variiert. Würde man also im Abstand R einen Schirm mit Löchern innerhalb dieser
ersten Fresnelzone aufstellen, so würde das Licht dahinter noch klare Interferenzstrukturen
zeigen. Die Kohärenzfläche wird berandet durch den Kegel mit dem Öffnungswinkel
∆ϑ ≈
λ0
(λ0 : zentrale Wellenlänge).
∆l
4.3. KOHÄRENZVOLUMEN, PHASENZELLE, PHASENFLUKTUATIONEN
83
Ihre Fläche ist demnach
λ20 R2
.
(4.61)
∆S
Als Kohärenzvolumen bezeichnet man das Produkt aus Kohärenzlänge und Kohärenzfläche, also
µ ¶2 4
cλ20 R2
R
λ0
∆V = ctc ∆A ≈
≈
.
(4.62)
∆ν∆S
∆l
∆λ
∆A ≈ (R∆ϑ)2 ≈
Dabei versteht man als Kohärenzlänge diejenige Strecke c · tc , die das Licht innerhalb der
Kohärenzzeit zurücklegt. In der klassischen Wellenoptik hat das Kohärenzvolumen folgende
Bedeutung: wenn man aus einem Lichtwellenfeld, das durch die Parameter ∆S und ∆ν der
Lichtquelle gegeben ist, ein Lichtbündel herausschneidet, das weniger als das Kohärenzvolumen
einnimmt, so kann man dieses, im Kohärenzvolumen eingeschlossene Licht auf keine Art und
Weise spektral oder räumlich trennen.
Geht man vom klassischen Feld zum Feld der Lichtquanten über, so kann man das
Kohärenzvoumen im Sinne der Quantenstatistik umdeuten, indem man den Phasenraum
betrachtet, den die im Kohärenzvolumen eingeschlossenen Lichtquanten einnehmen. Da wir
ein schlankes, quasimonochromatisches Bündel betrachten, ist in erster Näherung die Impulsunschärfe in Ausbreitungsrichtung z (siehe Abbildung 4.17) nur durch die spektrale Unschärfe
gegeben, während die transversalen Komponenten um ihren vollen, durch den Öffnungswinkel
begrenzten Wert schwanken. Wir haben also
∆pz ≈
h∆ν
c
(4.63)
und
hν0 ∆l
hν0
∆α ≈
.
c
c R
Somit erhalten wir für das eingenommene Phasenraumvolumen ∆Φ
∆px ≈ ∆py ≈
∆Φ = (∆px ∆py ∆pz )(∆V )
Ã
! Ã
µ ¶ !
µ ¶
h3 ν02 ∆l 2
c 2 R 2
≈
λ
= h3 .
∆ν ·
c3
R
∆ν 0 ∆l
(4.64)
(4.65)
In der Quantenstatistik ist aber h3 die Größe einer Phasenzelle. Alle Teilchen in der gleichen Phasenzelle sind also im gleichen Quantenzustand und in diesem Sinne ununterscheidbar.
Statt einer strahlenden Fläche betrachten wir jetzt ein strahlendes Volumen V und bestimmen den Gesamtphasenraum, in den diese Lichtquelle emittiert, also unter Einschluß des vollen
Raumwinkels Ω = 4π. Das Licht sei weiterhin quasimonochromatisch mit der spektralen Breite
∆ν. Der eingenommene Impulsraum ist daher durch den Inhalt der Kugelschale
∆Vp ≈ 4πp20 ∆p ≈
4πh3 ν02
∆ν
c3
(4.66)
gegeben. Multipliziert mit dem Ortsraum V und einem weiteren Faktor 2, der die beiden
unabhängigen Polarisationsrichtungen des Lichts als unabhängige Freiheitsgrade berücksichtigt,
ergibt sich
8πν 2
0
(4.67)
∆Φ ≈ h3 3 0 ∆νV = h3 Z .
c
0
Die Zahl Z der eingenommenen Phasenzellen ist de facto identisch mit der Zahl Z der im Volumen V und Frequenzintervall ∆ν zur Verfügung stehenden Eigenschwingungen eines Hohlraumresonators ((4.39) bis (4.42)); man berücksichtige, dass (4.66) nur eine Abschätzung und keine
84
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
exakte Integration über die Impulsunschärfe war.
Für den Laser können wir aus (4.67) folgende Konsequenzen ziehen:
Die Laserwirkung durch stimulierte Emission wird im wesentlichen nur eine Phasenzelle be0
treffen und sich gegen die Konkurrenz der spontanen Emission in alle Z durchsetzen müssen.
Zahlenmäßig ist dieses Ergebnis das gleiche, wie in Abschnitt 4.2.3. abgeleitet; jedoch ist die Betrachtungsweise viel allgemeiner. Es kommt in der Tat nicht auf das Resonatorvolumen, sondern
nur auf das Volumen des Lasermediums an. Das erstere kann ohne weiteres größer sein als das
0
letztere. Die Zahl Z ist dann zwar größer als Z ; das Anwachsen der Resonatormodes wird aber
vom Lasermedium gar nicht unterschieden; es fallen dann eben mehrere Resonatormodes in die
gleiche Phasenzelle des Lasermediums und tragen daher auch mit der Summe ihrer Lichtquanten
kohärent zur stimulierten Emission bei. Am Schwellenwert wird sich dadurch nichts ändern. Es
ist natürlich auch unerheblich, ob der Resonator geschlossen ist, oder nur von kleinen Spiegeln
im interessanten Raumwinkelbereich des Laserstrahls gebildet wird, die die für die stimulierte
Emission in Frage kommenden Modes selektieren; denn dass die Gesamtrate der konkurrierenden, spontanen Emission unabhängig vom Resonatorvolumen ist, hatten wir schon in Abschnitt
4.2.3. gezeigt. Mit (4.67) zeigen wir darüber hinaus, dass die spontane Emission überhaupt
unabhängig von der Existenz eines Resonators ist, wie es auch der Einsteinschen Grundannahme über den A-Koeffizienten entspricht (Voraussetzung ist allerdings, dass ein eventueller
Resonator groß genug ist, damit genügend Modes innerhalb der natürlichen Linienbreite liegen).
Aber auch für die Laserwirkung ist der Resonator im Prinzip nicht notwendig; denn die stimulierte Emission könnte sich bei geeigneten Voraussetzungen auch ohne die Rückkopplung durch
die Spiegel in einer Phasenzelle des Lasermediums durchsetzen und dort lawinenartig anwachsen
(siehe Abschnitt über Superradianz).
4.3.3
Phasenfluktuationen im Lichtfeld
Bei einer klassischen Hochfrequenzwelle ist es im Prinzip kein Problem, alle ihre Parameter, also
Amplitude, Frequenz und Phase, beliebig genau zu bestimmen. Das stimmt jedenfalls solange,
wie das Feld genügend stark und frei von Rauschen ist. Bevor wir dieses Problem im Bereich
der Quantenoptik diskutieren, stellen wir uns erst die Frage, wie man überhaupt die Phase einer
Lichtwelle, gegeben durch das klassische Feld
~
A(~r, t) = A0 ei(ωt−k~r+ϕ)
(4.68)
0
messen kann. Hierzu könnte man es mit einem Feld A (~r, t) bekannter Frequenz und Phase
mischen, indem man beide Felder räumlich kohärent auf einen Photomultiplier oder eine Photodiode einstrahlt.
Der Photostrom ist proportional zur einfallenden Gesamtintensität
¯
¯2
0
¯
¯
I(t) ∼ ¯A(~r, t) + A (~r, t)¯ ,
die mit der Schwebung
µ
h 0
0
0
i ¶
0 i
ω −ω t− ~k −~k ~
r+ ϕ −ϕ
2Re(A A ) = 2Re A0 A0 e
?
0
(4.69)
moduliert ist.
Die Schwebungsfrequenz darf die Grenzfrequenz des Empfängers nicht
überschreiten, die bei sehr schnellen Dioden im Bereich von 100GHz liegt. Die Schwebung
sei nun verrauscht (siehe Abbildung 4.18) durch Fluktuationen von Amplitude, Frequenz und
Phase des Feldes A(~r, t). Das Rauschen werde vor allem durch die Intensität der empfangenen
4.3. KOHÄRENZVOLUMEN, PHASENZELLE, PHASENFLUKTUATIONEN
85
Abb. 4.18: Mischung zweier kohärenter Photonenfelder in einer Photodiode
Welle bestimmt. Daher wird auch die Unsicherheit, die das Rauschen in der Bestimmung
der Schwebungsphase erzeugt, mit abnehmender Intensität wachsen. Im einzelnen sind die
Zusammenhänge kompliziert und stellen ein schwieriges Kapitel in der klassischen Wellenoptik
dar, z.B. behandelt in [Mand1965], sowie vor allem in [Born1970].
Andererseits liefert die Quantentheorie des Lichts über die Unschärferelation einen Zusammenhang zwischen Energie und Phase einer Lichtwelle. Sei die mittlere Energie Ē im
Kohärenzvolumen gegeben durch eine mittlere Anzahl von Photonen n̄
Ē = n̄ ~ ω,
dann beträgt deren Schwankung
∆E = ∆n ~ ω =
√
n̄ ~ ω.
Aus der Unschärferelation folgt dann mit der Kohärenzzeit tc = ∆t als Zeitunschärfe
∆E ∆t = ∆n ~ ω ∆t = ∆n ∆ϕ ~ ≈ ~
und daraus
1
∆ϕ ≈ √
n̄
(4.70)
Von einer definierten Phase kann man also nur bei entartetem Licht sprechen, also in der Regel
nur bei Laserlicht. Bei thermischen Lichtquellen, einschließlich aller Typen von Spektrallampen, bei denen der Entartungsparameter sehr viel kleiner als 1 ist, wird man daher auch keine
Schwebung beobachten können, selbst dann nicht, wenn das Licht beliebig monochromatisch,
die Kohärenzlänge also beliebig lang sein sollte.
Die Ableitung (4.70) schaut wie ein Taschenspielertrick aus, ist aber keiner. In der Quantenelektrodynamik kann man zeigen, dass Quantenzahl und Phase kanonisch konjugierte Variable des
Lichtfelds sind.
Zusammenfassend können wir feststellen, dass sich das Lichtquantenfeld bezüglich seiner Fluktuationen bei hohem Entartungsgrad wie ein klassisches Wellenfeld verhält, wie es auch das
Korrespondenzprinzip verlangt. Da bei den meisten Fragestellungen der Laserphysik immer
hohe Quantenzahlen im Spiel sind, genügt daher in der Regel eine semiklassische Behandlung,
bei der zwar die Zustände der Lasermaterie, nicht aber das Lichtfeld quantisiert werden.
86
4.4
4.4.1
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
Die Schawlow-Townes-Schwellenbedingung und ihre Konsequenzen
Die Schwellenbedingung
Wir gehen von einem Zwei-Niveau-System aus, wobei das untere den Index 1, das obere den
Index 2 tragen soll. Weiterhin setzen wir Inversion voraus, d.h. N2 > N1 . Das Lasermedium
nehme das Volumen V ein und sei lediglich von zwei axialen Endspiegeln begrenzt, zwischen
denen wir die stimulierte Emission erwarten. Die Bedingung, dass der Resonator geschlossen sei
und genau das Volumen V einnehme, können wir nach Kapitel 4.3 fallenlassen, da die Zahl der
zur Verfügung stehenden Phasenzellen, in die das Lasermedium emittieren kann, ohnehin nur
durch dessen Volumen begrenzt wird und näherungsweise durch (4.67) oder genauer durch
Z
8πν02
Z=V
S(ν)dν
(4.71)
c3
gegeben ist. Über Größe, Form und Anordnung der Endspiegel wird an dieser Stelle nicht näher
eingegangen; hier genügt es festzustellen, dass sie stabile, longitudinale Eigenschwingungen in
Form eines schlanken Lichtbündels gestatten. Die Laserwirkung wird nun in einem der stabilen
Moden dieses Spiegelsystems einsetzen, weil die Lichtquanten darin durch mehrfache Reflexion
gespeichert werden und für eine längere Wechselwirkungszeit tW mit dem Medium zur Verfügung
stehen, bis sie durch die unvollkommene Reflexion oder andere Mechanismen verloren gehen
(siehe Abb. 4.19).
Nehmen wir an, es sei genau ein Photon in einem solchen Mode, dann müssen wir verlangen,
dass es während tW durch stimulierte Emission mit einer Wahrscheinlichkeit, die größer als eins
ist, ein weiteres Photon in dem Mode erzeugt, damit die Laserschwingung angefacht wird. Für
die stimulierte Emissionsrate in diesem Mode k muss also gelten
N2 Γik tW > 1.
(4.72)
N2 AS(ν)tW
> 1.
Z
(4.73)
Aus (4.41) erhalten wir dann mit nk = 1
Neben den Verlusten an den Spiegeln müssen wir natürlich auch die Verluste durch Reabsorption
aus dem unteren Zustand, die mit der gleichen Wahrscheinlichkeit wie die stimulierte Emission
erfolgt, berücksichtigen und damit die Schwellenbedingung vervollständigen zu
(N2 − N1 )AS(ν)tW
> 1.
Z
(4.74)
Da Z immer proportional zu V ist, ist die Schwellenbedingung offensichtlich weniger an die
absolute Zahl der Inversion geknüpft, als an ihre Dichte. Bei gegebenem Volumen würde es
sich aber lohnen, ihm eine lange, schlanke Form zu geben, damit die Flugwege (und damit tW )
größer werden.
Für eine Lorentzkurve, deren Breite nur durch die Strahlungsdämpfung A gegeben ist, hatten
wir Z bereits in (4.42) berechnet und erhalten hierfür die Schwellenbedingung bei der Frequenz
ν:
2πν02 V
.
(4.75)
N2 − N1 > 3
c SL (ν)tW
Darin hebt sich die Übergangswahrscheinlichkeit, also das Matrixelement des speziellen
Übergangs, wieder heraus. Sie wird also im wesentlichen nur durch die Zustandsdichte im
4.4. DIE SCHAWLOW-TOWNES-SCHWELLENBEDINGUNG
87
Abb. 4.19: Stimulierte Emission eines angeregten Atoms in einen Resonatormode
Phasenraum bestimmt. Wir hatten früher gesehen (vgl. Gl. 4.40), dass die Zustandsdichte im
optischen Bereich bei einem Volumen von ca. 1cm3 von der Größenordnung 1 pro Hertz ist.
Im Zentrum der Spektrallinie bei S(ν0 ) = 1 läge also die Inversionsschwelle bei der reziproken
Wechselwirkungszeit, gemessen in Sekunden. Bei einer Länge des Mediums von 1m und einem
Reflexionsgrad der Spiegel von 99% ergäbe sich damit ein Mindestüberschuss von 3 · 106
invertierten Atomen. Da diese Zahl mit ν 2 abnimmt, würden im Mikrowellenbereich schon ganz
wenige angeregte Atome genügen, um sich gegenseitig zur Laserwirkung zu stimulieren. Obwohl
diese Abschätzung in der Regel viel zu optimistisch ist, wie wir im folgenden Absatz sehen
werden, gibt es doch ein physikalisches Regime, in dem Laserwirkung von wenigen angeregten
Atomen beobachtet wurde, und zwar von sogenannten Rydbergatomen, die sich in sehr hohen
Quantenzuständen, n > 20, befinden und Übergangsfrequenzen zum nächst tieferen Zustand im
Mikrowellenbeiech haben (siehe z.B. [Haro1981] sowie Kap. 4.4.2 über den Ein-Atom-Maser).
In der Regel wird aber die Spektralfunktion durch andere Faktoren bestimmt, im Falle von
Gasen insbesondere durch die Geschwindigkeitsverteilung, die zur Dopplerkurve führt
!
Ã
r
2ν0 2kT
4 ln 2 (ν − ν0 )2
ln 2
(4.76)
mit ∆νD =
SD (ν) = exp −
c
m
(∆νD )2
(m ist hier die Masse des Atoms oder Moleküls). Wie bei der Lorentzkurve bezeichnet ∆νD die
volle Halbwertsbreite und ist bei Zimmertemperatur, sichtbarem Licht und mittleren Massen
von der Größenordnung 1GHz. Die Integration über die Dopplerverteilung liefert für die Zahl
der Phasenzellen mit ν0 À ∆νD
r
π
4πν02 V
∆νD ,
(4.77)
Z=
3
c
ln 2
die sich von (4.67) im wesentlichen nur durch die Linienbreite unterscheidet. Bei erlaubten
optischen Übergängen ist die Lorentzbreite von der Größenordnung 10M Hz. Durch die
Dopplerverbreiterung erhöht sich also die Schwelle um einen Faktor 100 und mehr.
Wir fragen jetzt nach der erforderlichen minimalen Lichtleistung Pmin , die das Lasermedium
spontan abstrahlen muss, um die Schwelle für den Lasereinsatz zu überwinden.
Wir
berücksichtigen hierbei wie gesagt nur die spontane Emissionsleistung in dem betreffenden
Laserübergang und betrachten die Abstrahlung im übrigen Spektrum sowie die zur Aufheizung
und Dissoziation des Plasmas und andere Verlusteffekte notwendige Energiezufuhr als Verlustleistung, die den Wirkungsgrad des Lasers beeinträchtigen. Wenn wir die Reabsorption der
spontan emittierten Quanten durch Atome im unteren Zustand vernachlässigen (das ist außer
88
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
für den kleinen, durch die Endspiegel abgedeckten Raumwinkelbereich entlang des Laserrohres
sicherlich richtig, weil quer dazu die Schichtdicke sehr klein ist), dann ist die Strahlungsleistung
gegeben durch
P (ν) = N2 hνA.
(4.78)
Mit N2 ≥ I = N2 − N1 und den Formeln (4.74, 4.76, 4.77) für I erhalten wir für den Fall des
dopplerverbreiterten Spektrums für die minimal erforderliche Leistung die Abschätzung (mit
ν0 À ∆νD )
q
8πhν04 2πkT
Zhν0
m V
Pmin (ν) ≥ (N2 − N1 )hν0 A ≥
=
.
SD (ν)tW
c4 tW SD (ν)
(4.79)
Die Charakteristika von (4.79) sind:
- Pmin ist unabhängig von A und damit vom Matrixelement des speziellen Übergangs.
- Pmin ist umgekehrt proportional zur Wechselwirkungszeit tW und bevorzugt damit bei
gegebenem Volumen ein lang gestrecktes Lasermedium mit guten Endspiegeln.
- Pmin wächst mit der vierten Potenz der Frequenz, wodurch den Lasern im kurzwelligen
Bereich praktische Grenzen gesetzt sind.
Nimmt man ein Lasermedium von einem Volumen von V = 1cm3 , gestreckt auf 1m Länge, den
Reflexionsgrad der Spiegel R = 99% (d.h. ∼ 100 Durchgänge der Lichtquanten) und für die
thermische Geschwindigkeit den Wert von vth = 5 · 104 cm/s, so ergibt sich bei der Wellenlänge
λ = 1000nm eine Schwellenleistung im Zentrum der Linie (SD (ν0 ) = 1) von P > 0, 05mW . Bei
100nm sind es demnach schon 0, 5W . Das betrifft wie gesagt nur die spontane Strahlungsleistung aus dem betreffenden Laserübergang. Die insgesamt aufzubringende Leistung liegt in der
Regel eine bis vier Größenordnungen darüber.
Ist die Schwelle für Verstärkung der stimulierten Emission in einem bestimmten Mode einmal
überschritten, so wird die Zahl der Quanten in diesem Mode exponentiell anwachsen, weil die
Verstärkung jeweils proportional zur Zahl der schon vorhandenen Quanten ist. Die Inversion
wird dann rasch abgebaut.
Beschränkt man den Laser auf rein axiale Modes, so fallen nur wenige davon unter die Dopplerbreite, weil die Modendichte ganz erheblich eingeschränkt wird. Der Abstand zweier rein axialer
Modes n und m, die jeweils der Resonanzbedingung l = λ n/2 bzw. l = λ m/2 genügen müssen,
ist im Frequenzmaßstab gleich
(m − n) c
∆ν =
,
(4.80)
2d
also minimal gleich c/2d, und das wäre bei einem Spiegelabstand von 1m etwa 150M Hz.
4.4.2
Der Ein-Atom-Maser
Wir haben oben schon bemerkt, dass man im Mikrowellenbereich Masertätigkeit schon mit nur
wenigen - im Grenzfall einem einzigen - Atom erreichen kann. Wir wollen in diesem Abschnitt
auf die Realisierung eines derartigen Ein-Atom-Masers eingehen. Man macht sich dabei
zunutzte, dass z.B. nach der Schwellenbedingung (4.75) die erforderliche Anzahl der invertierten
Atome mit ν 2 abnimmt und daher im Mikrowellenbereich schon wenige angeregte Atome - im
Grenzfall 1 Atom - genügen, um Laser- bzw. Masertätigkeit zu stimulieren. In Atomstrahlexperimenten mit hochangeregten Rydbergzuständen der Atome konnte Masertätigkeit mit nur
einem Atom im Strahlungsfeld eines Mikrowellenresonators hoher Güte beobachtet werden.
Rydbergatome sind atomare Zustände mit großer Hauptquantenzahl n ≥ 20. Im Falle von
4.4. DIE SCHAWLOW-TOWNES-SCHWELLENBEDINGUNG
89
Abb. 4.20: Experimenteller Aufbau des Ein-Atom-Masers (nach [Mesc1985])
Rubidium wird in einem einstufigen Laseranregungsprozess der Grundzustand (5s 2 S1/2 )
in den Rydbergzustand 63p 2 P3/2 angeregt. Die hochangeregten Zustände zeichnen sich
durch eine lange natürliche Lebensdauer aus, die im wesentlichen mit der dritten Potenz der
Hauptquantenzahl n skaliert; im betrachteten Fall ist τ ≈ 200µs.
Damit lassen sich Atomstrahlexperimente mit makroskopischen Abmessungen l der
Wechselwirkungszonen (hier: Mikrowellenresonator) und der Nachweiseinheit durchführen
(v̄ ≈ 3 · 104 cm/s ⇒ l = v̄ · τ ≈ 6cm).
Der experimentelle Aufbau ist in Abb. 4.20 wiedergegeben und besteht aus einer Atomstrahlquelle (Rb-Ofen), einem Mikrowellenresonator und einem Detektor zum Nachweis der
Rydbergatome im oberen Maserniveau durch zustandsselektive Feldionisation.
(Bei derart hohen Quantenzahlen trifft ein klassisches, sogenanntes Sattelpunktmodell der
Feldionisation gut zu. Demnach ist das Elektron dann nicht mehr gebunden, wenn das
wegtreibende äußere elektrische Feld E stärker als das rücktreibende Coulombfeld an der Stelle
des maximalen Bahnradius rmax wird:
2
E > e2 /rmax
∼ n−4 .
(4.81)
Der Bahnradius wächst proportional zum Quadrat der Hauptquantenzahl n.)
Die Laseranregung der Rb-Grundzustandsatome in den 63p 2 P3/2 -Zustand erfolgt unmittelbar
vor dem Eintritt des Atomstrahls in den Mikrowellenresonator. Bei einer maximalen Laserleistung von 60µW (λ = 297nm) werden ca. N ≈ 30000Atome/s in das obere Maserniveau
gehoben. Der Mikrowellenresoantor ist zylinderförmig aufgebaut mit der Möglichkeit einer Feinabstimmung seines T E121 Resonatormodes auf die Frequenz von ν = 21, 506GHz des Übergangs
63p 2 P3/2 → 61d 2 D3/2 .
In dem supraleitenden Resonator werden Güten bis zu Q = 8 · 108 bei T = 2 ◦ K erreicht. Damit
90
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
lassen sich mittlere Speicherzeiten eines angefachten Resonatormodes von τ ≈ 5ms erzielen. Bei
diesen langen Abklingzeiten wird die Maserschwelle auch dann noch überschritten, wenn sich im
zeitlichen Mittel weniger als 1 Atom im oberen Maserniveau befindet (Durchf lugzeit · F luss ≈
200µs·800/s = 0, 16). Abb.4.21 zeigt die nachgewiesene Rate der Atome im oberen Maserniveau
als Funktion der Verstimmmung des Resonators um die Übergangsfrequenz bei 3 verschiedenen
Flüssen N .
Abb. 4.21: Nachgewiesene Rate der Atome im oberen Maserniveau als Funktion der Frequenzverstimmmung des Resonators von der Übergangsfrequenz 21506.50M Hz [Mesc1985]
Die Abnahme dieser Rate in Resonanz zeigt deutlich, dass auch einzelne Atome eine kontinuierliche Oszillation im Mikrowellenresonator anfachen und aufrecht erhalten können. So beträgt
unter der Annahme, der Übergang werde im Photonenfeld gesättigt, bei N ≈ 800Atomen/s die
mittlere Zahl von Photonen im Resonator:
1
n = N t ≈ 2,
2
d. h. die Hälfte der durchfliegenden Atome geben ihr Energiequant an den Resonator ab.
4.4.3
Superradianz
Verzichtet man auf die Speicherung der Lichtquanten im Resonator, so kann man dennoch
Laserwirkung erhalten, wenn man die Schwelle um etwa zwei Größenordnungen gegenüber dem
Resonatorfall anhebt. Denn dann genügt als Wechselwirkungszeit schon die einfache Durchflugszeit durch das Medium tW = l/c (s. Abb. 4.22), um ein weiteres Photon stimuliert in die
gleiche Phasenzelle zu emittieren und (4.74) wird dann zu
N2 − N1 >
Zc
.
lAS(ν)
(4.82)
Zum Verständnis von (4.82) ist es interessant, wiederum den Lorentzfall mit ∆ω = A zu betra-
4.4. DIE SCHAWLOW-TOWNES-SCHWELLENBEDINGUNG
91
Abb. 4.22: Lawinenentwicklung (oben) und Intensitätsverteilung (unten) in einem superradianten Medium
chten, für den (4.75) im Maximum bei S(ν0 ) = 1 den Wert annimmt:
N1 − N2 = (n1 − n2 )V ≥
2πV
2πν02 V
≥ 2
2
c l
λ0 l
λ2
mit σ0 = 0 ⇒ (n1 − n2 )σ0 l > 1 .
2π
(4.83)
In (4.83) haben wir zunächst die Inversion selbst durch die Inversionsdichte (n2 − n1 ) ersetzt
und dann durch das Volumen V dividiert. Nun ist aber λ2 /2π der Wirkungquerschnitt für
die Resonanzabsorption bzw. stimulierte Emission eines Photons in der Resonanzmitte. Damit
bekommt die Schwellenbedingung die sehr einprägsame Form, dass das Produkt aus Inversionsdichte, Wirkungsquerschnitt und durchstrahlter Länge größer als 1 sein muss. (In [Harv1970]
steht auf Seite 310 statt einer 2 eine 4 in der ersten Zeile von (4.83); es wird offensichtlich vom
mittleren Flugweg des Photons ¯l = l/2 ausgegangen. Aber in diesen Grenzen ist die Festlegung
einer Schwelle immer willkürlich.)
Nehmen wir an, das Medium sei durch eine einmalige, kurzzeitige Anregung über die superradiante Schwelle gehoben worden, so wird sich die Inversion in einem superradianten Laserblitz
abbauen, dessen zeitliche Länge durch die oben genannte Flugzeit tW = l/c gegeben ist. Dadurch
ist auch seine spektrale Breite, ∆ω = 1/tW bestimmt. Er muss ausgelöst werden durch spontan
emittierte Quanten, denen im Prinzip der gesamte Raumwinkel Ω = 4π zur Verfügung steht;
jedoch ist die Chance, entlang der langen Achse verstärkt zu werden, am größten, so dass der
Laserblitz an den beiden Stirnseiten austreten wird. Die Chance ist in beiden Richtungen gleich
groß. Die lawinenartige Verstärkung führt zu einem exponentiellen Intensitätsanstieg in beide
Richtungen, so dass das Gesamtintensitätsprofil über die Länge geschrieben werden kann als
(siehe Abb. 4.22)
¶
µ
l α
I = I0 cosh x −
.
2
92
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
(Hierbei ist α die Verstärkung pro Längeneinheit.)
Eine reproduzierbare Intensitätsverteilung des superradianten Laserblitzes wird man nur dann
erwarten können, wenn die Schwelle um ein Vielfaches überschritten wurde. In der Nähe
der Schwelle ist es sehr unsicher, ob überhaupt und an welcher Stelle des Lasermediums ein
Lichtquant zunächst spontan in eine zur Weiterverstärkung geeignete Phasenzelle emittiert wird.
Die Zahl der in diesen Phasenzellen stimuliert emittierten Quanten wird im ganzen klein sein und
stark schwanken. Der austretende Laserstrahl wird nicht sehr ausgeprägt und weder räumlich
noch zeitlich kohärent sein, da er viele Phasenzellen besetzt. Wenn die Schwelle aber stark
überschritten wird und die Verstärkung schon auf einem kleinen Bruchteil der zur Verfügung
stehenden Länge größer als eins ist, wird die Besetzungszahl in der ersten, mit einem spontan
emittierten Lichtquant besetzten Phasenzelle sich so schnell vermehren, dass sie sich als einzige
durchsetzen und die Inversionsenergie in einem kurzen, kohärenten Laserpuls abrufen kann.
Der Effekt der Superradianz kann manchmal störend wirken, weil er die in einem Lasermedium
gespeicherte Energie begrenzt. Hochleistungslaser, wie sie zum Beispiel für die Kernfusion und
andere technische Zwecke vorgesehen sind, kann man daher nicht in einem Stück aufbauen, sondern muss sie auf viele, hinereinander aufgereihte Teilstücke aufteilen, die jeweils als Verstärker
dienen. In jedem von ihnen muss die Energie unterhalb der Superradianzschwelle bleiben, damit
sie gespeichert bleibt, bis der eigentliche, vom Zündlaser stammende Laserpuls durchläuft und
die Energie abruft. Aus dem gleichen Grunde empfiehlt es sich, bei Hochleistungslasern ein
Medium zu wählen, bei dem das Verhältnis aus Strahlungsbreite zur restlichen Linienbreite
besonders klein ist, weil dann zufolge (4.71) und (4.74) die Schwelle besonders hoch ist.
Farbstofflaser haben eine sehr hohe Strahlungsbreite und neigen daher leicht zur Superradianz.
Sie reagieren dann natürlich nicht auf die Abstimmelemente im Resonator. Relativ leicht erzielt
man Superradianz auch im Infraroten wegen (4.83), also z.B. zwischen zwei dicht benachbarten,
angeregten Niveaus von Atomen, nachdem man zuvor das höhere der beiden mit einem Laserpuls
selektiv angeregt hat.
4.5
Lasertermschemata und Lasertypen
Laser ist ein Akronym für ”Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation”. Es handelt sich um optische Oszillatoren, die durch Rückkopplung eines optischen Verstärkers entstehen. Grundlage des Lasers ist der zuvor besprochene Prozess der stimulierten Emission. Wenn
es auf irgendeine Weise gelingt, dass sich für einen optischen Übergang |1i → |2i mehr Atome im
angeregten Zustand |2i befinden als im Grundzustand |1i (Inversion), so werden Photonen der
Resonanzfrequenz beim Durchgang durch das Medium in geringerem Maße absorbiert, als sie
durch den Prozess der stimulierten Emission vermehrt werden. Um diesen Effekt zu verstärken,
kann man in einem optischen Resonator die produzierten Photonen wieder und wieder durch
das Verstärkungsmedium laufen lassen. Es kommt in diesem Fall zum typischen exponentiellen
Anwachsen der Photonenzahl.
Damit haben wir die wesentlichen Komponenten eines Lasers, wie sie in Abb. 4.23 dargestellt
sind, bereits genannt: Benötigt werden
(a) ein optisches Verstärkungsmedium
Wenn im optischen Medium eine Besetzungsinversion vorliegt, d.h. wenn N2 > N1 , E2 > E1
ist, wird die Rate der stimulierten Emission BρN2 größer als die Absorptionsrate BρN1 . Unter
diesen Umständen wird ein Lichtstrahl der mit der Resonanzfrequenz durch das Medium tritt
nicht abgeschwächt sondern verstärkt. Das Verstärkungsmedium kann ein Gas, ein Kristall oder
eine Flüssigkeit sein. Wir werden im folgenden einige häufig verwendete Typen kennenlernen.
4.5. LASERTERMSCHEMATA UND LASERTYPEN
93
(b) ein Prozess der die Inversion erzeugt (Pumpe)
die Inversion ist eine nicht-thermische Besetzungsverteilung, denn nach der Boltzmannverteilung
im thermischen Gleichgewicht ist die Besetzungszahl N (E) ∝ e−E/kT der niederenergetischen
Zustände immer größer als die der höher energetischen Zustände. Um dieses Nichtgleichgewicht
aufrecht zu erhalten muss ständig Energie in das Verstärkungsmedium eingebracht werden. Dazu
können beispielsweise Blitzlampen, elektrischer Strom oder die Strahlung leistungsstarker anderer Laser (Pumplaser) verwendet werden.
(c) ein optischer Resonator
In der Regel ist die Verstärkung beim einfachen Durchgang durch das Verstärkungsmedium
sehr klein. Aus diesem Grunde verwendet man Resonatoren, die das Licht vielfach durch das
Verstärkungsmedium laufen lassen und für eine positive Rückkopplung sorgen. Dadurch wird der
Verstärker zum Oszillator. In Analogie zum elektrischen Oszillator in dessen Rückkopplungskreis
man ein Filter einbaut um die Oszillationsfrequenz festzulegen, können frequenzselektive Elemente im Resonator zur Festlegung der Laserwellenlänge dienen.
4.5.1
4.5.1.1
Generelle Prinzipien - Inversion und Verstärkung
Die Laserschwelle
Um eine Beziehung für die Laserschwelle herzuleiten betrachten wir das in Abbildung 4.24
gezeigte System aus zwei Spiegeln und dem aktiven Medium. Die Spiegel des Resonators haben
den Abstand d und das aktive Medium hat die Länge L. Nach dem Lambert-Beerschen Absorptionsgesetz verändert sich die Intensität des Laserstrahles beim Durchgang durch das Medium
gemäß
I(ν, z) = I(ν, 0) e−α(ν) z .
(4.84)
Gewöhnlicherweise besitzen die optischen Medien einen Absorptionsindex α > 0 und dementsprechend nimmt die Lichtintensität beim Durchgang durch das Medium ab. Um
Lasertätigkeit zu erreichen muss α < 0 sein, damit die Lichtintensität beim Durchgang durch
das Medium zunimmt. Mikroskopisch lässt sich der Absorptionskoeffizient ausdrücken durch
·
¸
g1
α(ν) = N1 − N2 σ(ν)
(4.85)
g2
mit dem Wirkungsquerschnitt σ(ν) für die Absorption bzw. induzierte Emission eines Photons
und dem Verhältnis der statistischen Gewichte g1 /g2 der Zustände |1i und |2i. Damit α negativ
Abb. 4.23: Schematischer Aufbau eines Lasers.
94
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
Abb. 4.24: Schema zur Herleitung der Schwellwertbedingung.
wird und Verstärkung eintritt, muss
N2 >
g2
N1
g1
(4.86)
werden (1. Laserbedingung, notwendig aber nicht hinreichend). Dies alleine ist jedoch nicht ausreichend, wir müssen noch berücksichtigen, dass das aktive Medium (Länge L) im Allgemeinen
den Resonator (Länge d ) nicht voll ausfüllt. Alle Verluste, die pro Umlauf auftreten, z.B. durch
unvollständige Reflexion an den Spiegeln (γR ), Streuung (γS ) oder Beugung (γB ), seien in dem
Verlustkoeffizienten γ = γR + γS + γB + · · · zusammengefasst:
I(2d)
= e−γ .
I(0)
(4.87)
Damit ergibt sich für die Nettoverstärkung G(ν) pro Umlauf
G(ν) = e− [2α(ν)·L+γ]
(4.88)
und als Bedingung für Lasertätigkeit
¶
µ
g1
G(ν) > 1 y 2 N1 − N2 σ(ν) L + γ < 0
g2
aus der man problemlos die Schwellwertbedingung
∆N = N2
g2
γ(ν)
− N1 ≥
= ∆NSchwelle
g1
2 σ(ν) · L
(4.89)
herleiten kann. Verwendet man noch die Relation, dass der Wirkungsquerschnitt für die Absorption proportional zum Quadrat der Wellenlänge ist, so erhält man den Zusammenhang
∆NSchwelle ∝
γ ν2
,
L
(4.90)
aus dem zu ersehen ist, dass die Laserschwelle mit wachsender Frequenz immer höher liegt und
schwerer zu erreichen ist. Dadurch sind LASER auch sehr viel schwieriger zu realisieren als ihre
Mikrowellenkollegen, die MASER (100 THz statt 1 GHz → Faktor 1010 ) .
4.5.1.2
Laserschemata
Voraussetzung für Laseraktion ist eine Inversion der Zustände, zwischen denen der
Laserübergang stattfinden soll. Der Laser arbeitet um so effektiver, je höher dieses Inversion ist. Um eine hohe Inversion zu erhalten, sollte der Einsteinkoeffizient A des oberen
4.5. LASERTERMSCHEMATA UND LASERTYPEN
95
Laserniveaus klein sein, damit die spontane Emission nicht zu Verlusten führt. Das heißt, die
Lebensdauer τ des oberen Laserniveaus sollte lang sein. Das untere Laserniveau sollte für eine
hohe Inversion möglichst wenig besetzt, d.h. seine Lebensdauer kurz sein.
Das Niveau, in das gepumpt wird, muss möglichst effektiv besetzt werden. Deshalb sollte
die Absorption aus dem Grundzustand, also Bρ, möglichst groß sein. Dies bedeutet, daß ein
großer Einsteinkoeffizient B günstig ist. Dann ist auch der Koeffizient A groß und damit τ kurz.
Bei einem Zwei-Niveau-System sind nicht alle Bedingungen gleichzeitig erreichbar. Sowohl im
unteren wie im oberen Niveau gibt es Widersprüche zu den obigen Forderungen. Deshalb gibt es
keine Zwei-Niveau-Laser. Dies ergibt sich auch direkt aus der Kombination der Ratengleichungen für das Zweiniveausystem. Demnach gilt für die Änderung der Besetzungszahl des oberen
Zustandes
Ṅ2 = −N2 Bρ + N1 Bρ − N2 A.
(4.91)
Die Pumplichtquelle kann die Zahl der Atome im oberen Zustand nur solange erhöhen, bis das
Geichgewicht Ṅ1 = −Ṅ2 erreicht ist und dementsprechend
N2 (Bρ + A) = N1 Bρ
ist. Für das Verhältnis der Atomzahl im Grund- und im angeregten Zustand folgt daraus
N1
Bρ + A
A
Bρ→∞
=
=1+
≥ 1 → 1.
N2
Bρ
Bρ
Der Übergang zu sehr hohen Laserleistungen ist gleichbedeutend mit einem sehr großem Produkt
Bρ. Daraus ist ersichtlich, dass auch bei beliebig hoher Intensität des Pumplasers maximal
eine Gleichbesetzung der beiden Niveaus erfolgen kann - eine Inversion ist nicht erreichbar.
Das Medium wird vielmehr für den Pumplaserstrahl transparent, weil auf jede Absorption eine
stimulierte Emission kommt. Der Energieeintrag in das aktive Medium ist ineffizient.
Bei einem Drei-Niveau-System gibt es einen Widerspruch zu obigen Forderungen entweder
im Grundzustand oder in dem Zustand, zu dem gepumpt wird. Dies ist in Abb. 4.25 illustriert.
Drei-Niveau-Laser lassen sich nur gepulst realisieren (z.B Rubinlaser) oder als Dauerstrichlaser,
wenn die Anregung nichtoptisch erfolgt (Argon-Ionen-Laser). Bei einem Vier-Niveau-System
lassen sich alle obigen Forderungen erfüllen und Dauerstrichlaser realisieren. Beispiele sind der
Farbstofflaser, der Nd:YAG-Laser oder der Titan-Saphirlaser.
4.5.2
Laserresonatoren
Laserresonatoren sind wichtig als Rückkopplungselement, um die Verstärkung der stimulierten
Emission und damit einen aktiven Oszillator zu erhalten. Sie sorgen dafür, dass die erzeugten
Photonen auf wenige Moden konzentriert werden und damit die Schwellwertbedingung leichter
erreicht wird. Ein Resonator der Länge d mit 2 planparallelen Spiegeln hat einen Modenabstand
∆ν oder freien Spektralbereich (FSR) von
F SR = ∆ν =
c
.
2d
(4.92)
Beispielsweise hat ein Resonator einer Länge von d = 1 m einen longitudinalen Modenabstand
von ∆ν = 150 MHz.
Durch Beugung an den Rändern der Resonatorspiegel erhält man transversale Moden (TEM
= transversal electromagnetic modes), die mit Hilfe der Kirchhoff-Fresnel’schen Beugungstheorie berechnet werden können. Gewünscht wird die transversale Grundmode, die sogenannte
TEM00-Mode, da man hiermit ein Gauß’sches Strahlprofil erhält. Abbildung (4.26 a) zeigt die
96
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
Abb. 4.25: Schema von Zwei-, Drei- und Vier-Niveaulasern. Nur bei Vier-Niveaulasern gibt es
keine Widersprüche (↔) bei den für eine hohe Inversion geforderten Lebensdauern (∞: unendlich
lebender Grundzustand).
Amplituden-Verteilung einiger T EMm,n -Moden und Abb. (4.26 b) entsprechende Photographien einiger niedriger Moden.
Ein Fabry-Perot-Interferometer mit planparallelen Platten ist als Laserresonator nicht
günstig, da diese Konfiguration sehr schwierig zu justieren und instabil ist. Es gibt verschiedene
Resonator-Konfigurationen wie konfokale oder konkav-konvexe Anordnungen, die häufig benutzt
werden.
Wenn mehrere longitudinale Resonator-Moden über der Laser-Schwelle liegen, so kann der
Laser auf mehreren Frequenzen anschwingen. Um ihn nur in einem einzigen Mode zu betreiben
(single-mode Betrieb), muß eine einzige longitudinale Lasermode selektiert werden. Dies erfolgt
durch zusätzliche frequenzselektive Elemente innerhalb des Laserresonators. Häufig verwendet
werden beispielsweise Lyot- oder Birefringent-Filter und Etalons (siehe unten). Ihr Wirkungsprinzip ist in Abbildung 4.27 am Beispiel eines Gaslasers dargestellt. Sein Verstärkungsprofil ist
durch die Dopplerbreite der Spektrallinie gegeben. Hier liegen vier longitudinale Moden oberhalb
der Laserschwelle und können anschwingen. Mit Hilfe einer beidseitig verspiegelten Glasplatte
(Etalon), die einen größeren Modenabstand als der Laserresonator besitzt, kann eine einzelne
dieser Moden selektiert werden, indem man die Lage einer Etalonmode mit einer der Resonatormoden synchronisiert. Durch nderung der Laserresonatorlnge und synchrones Verkippen des
Etalons kann der Laser im Single-Mode-Betrieb über den gesamten Bereich der Dopplerbreite
der oberhalb der Laserschwelle liegt, durchgestimmt werden.
4.5. LASERTERMSCHEMATA UND LASERTYPEN
97
Abb. 4.26: Transversale TEMx y Modenprofile.
Lyot Filter Ein Lyot- oder Birefringent-Filter dient zur groben Frequenzwahl und seine
Wirkungsweise basiert auf der Drehung der Polarisationsebene des Lichtes beim Durchgang
durch einen doppelbrechenden Kristall. Es besteht in der Regel aus mehreren Platten des
doppelbrechenden Materials die hintereinander angeordnet sind und ein Dickeverhältnis von
k : k 2 : k 3 mit einer ganzen Zahl k aufweisen. Kombiniert man ein solches Filter mit einem
polarisationsselektiven Element in einem Resonator, so ergeben sich die in Abb. 4.28a gezeigten
Transmissionsmaxima durch die einzelnen Platten. Man erkennt, dass für die Gesamtkonfiguration der freie Spektralbereich der dünnsten Platte erhalten bleibt, aber die Breite der Transmissionskurve rasch abnimmt. Während das klassische Lyot-Filter aus dem doppelbrechenden
Kristall zwischen 2 Polarisatoren besteht (Abb. 4.28b), kann in einem Resonator auf die Polarisatoren verzichtet werden, wenn die Kristallplatten im Brewsterwinkel angeordnet sind und
somit eine Polarisationsrichtung aufgrund geringerer Verluste bevorzugt wird. Mit einem Lyot
Filter werden typische Bandbreiten von etwa 0,1 nm (etwa 80 GHz bei 600 nm) erreicht.
Etalon Bei einem Etalon6 handelt es sich im einfachsten Fall um eine teilverspiegelte Glasplatte zwischen deren Flächen die Lichtstrahlen viele Male hin und her reflektiert werden. Aufgrund der Vielstrahl-Interferenz weist das Etalon beim Verkippen Transmissionsmaxima im Abstand ∆ν= 2nl ccos θ mit dem Brechungsindex n des Mediums, der Dicke l des Etalons und dem
Verkippungswinkel θ gegenüber dem senkrechten Einfall. Damit ändert sich die Resonatorfrequenz bei fester Knotenzahl q = ν/∆ν bei weiterer Verkippung um
dν = q
6
von franz. etalon, Eichmaß
d(∆ν)
sin θ
dθ = q ∆ν
dθ ≈ νθdθ.
dθ
cos θ
98
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
Abb. 4.27: Single-Mode Laser Betrieb durch Einfügen eines Etalons in den Resonator.
4.5.3
4.5.3.1
Lasertypen
Gaslaser am Beispiel der Edelgas-Ionen-Laser
Diese Laser arbeiten im Dauerstrichbetrieb (cw = continuous wave). Das Verstärkungsmedium
eines Argon- bzw. Krypton-Ionenlasers besteht aus dem entsprechenden Edelgas in dem bei
einem Druck von 0.01 - 0.1 mbar eine Plasmaentladung mit Entladungsströmen von bis zu
60 A brennt. Durch sukzessive Kollisionen mit den Elektronen werden die Edelgasatome
ionisiert und angeregte ionische Zustände bevölkert. Das vereinfachte Niveauschema ist in
Abb. 4.29 dargestellt. Während Ar+ -Laser im blau-grünen Bereich und im nahen ultraviolett Lasertätigkeit zeigen, liegen die Wellenlängen des Kr+ -Lasers vorwiegend im roten Bereich.
Beim Ar+ -Laser sind im Multiline Betrieb 2 bis 100 W (1 bis 20 W für Kr+ ) erreichbar, während
für Einzellinien maximal 10 bis 15 Watt erzielt werden können (Ar+ : 2 W @ 363 nm, 15 W @
Abb. 4.28: Wirkungsweise (a) und Aufbau (b) eines Lyot-Filters zur Wellenlängenselektion.
4.5. LASERTERMSCHEMATA UND LASERTYPEN
99
Abb. 4.29: Laserschema des Argon-Ionen-Lasers.
488 nm, 14 W @ 514 nm, Kr+ 10W @ 647 nm).
Der Ar+ -Laser hat in der Spektroskopie eine sehr große Bedeutung als Pumplichtquelle für
Farbstoff- und Titan-Saphirlaser erlangt. Darüberhinaus wird er in der Medizin z.B. in der
Augenchirurgie eingesetzt; auch Disco-Laser sind häufig Ionen-Laser.
Nachteile der Ionen-Laser sind ihre geringen Konversionseffizienzen die im Promillebereich
liegt (bspw. 10 W Laserlicht bei etwa 10 kW elektrischer Leistung) und der große technologische Aufwand, der durch die hohen Temperaturen im Plasma (ca. 5000◦ C) bedingt ist.
Das Entladungsrohr und die Anode müssen gekühlt und hitzebeständige Materialien (Graphit,
BeO und Metallkeramik) eingesetzt werden. Abb. 4.30 zeigt einen Querschnitt durch das typischerweise 0,5 bis 1 m lange Plasmarohr. Die inneren Bohrungen des Plasmarohres werden
durch widerstandsfähige Wolframscheiben geschützt. Diese sind in Kupferscheiben eingesetzt,
die für einen schnellen Abtransport der Wärme sorgen. Axiale Magnetfelder sorgen für eine Einschnürung des Gasplasmas um die Leistung durch die hohen Stromdichten zu verbessern und
die Wände vor Abtragung zu schützen. Die Leistung ist über den Entladungsstrom des Plasmas
regelbar. Da die Edelgasionen zur Kathode diffundieren, muss das Gas zurückgeführt werden,
damit die Plasmaröhre gleichmäßig mit Ar befüllt bleibt. Dies geschieht durch Löcher in den
Kupferscheiben in denen der Ausgleichsstrom zurückfließen kann. Durch Implantation der Edelgasionen in die Behälterwand wird das Edelgas im Laufe der Zeit aufgebraucht. Deshalb sind
die kommerziellen Ionenlaser mit einem Reservoir ausgestattet, aus dem das Edelgas bei Bedarf
automatisch nachgefüllt wird. Die ungenutzte elektrische Leistung wird überwiegend in Wärme
umgesetzt und muss durch eine aufwändige Wasserkühlung wieder abtransportiert werden. Aus
diesen Gründen werden die Ionenlaser zunehmend durch frequenzverdoppelte Festkörperlaser
(Nd:YAG) ersetzt. Falls Pumplicht im UV Bereich benötigt wird, sind die Argon-Ionenlaser
allerdings bis heute konkurenzlos.
4.5.3.2
Farbstofflaser
Farbstofflaser haben eine sehr große Bedeutung erlangt, da mit Ihnen Laserlicht über den
gesamten optischen Spektralbereich erzeugt werden kann. Sie können sowohl gepulst als auch
100
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
Abb. 4.30: Vereinfachter Aufbau des Argon-Ionen-Lasers.
kontinuierlich betrieben werden. Als aktives Medium dienen in einem Lösungsmittel (z.B.
Methanol oder Ethylenglykol) gelöste Farbstoffe. Diese Farbstoffe sind komplexe organische
Moleküle die eine Vielzahl konjugierter Doppelbindungen (d.h. C=C Bindungen die durch
eine C-C Einfachbindung separiert sind) besitzen. Bei diesen Molekülen sind die Elektronen
Abb. 4.31: Strukturformel des Rhodamin 6G Farbstoffs mit Absorptions- (durchgezogene Linie)
und Fluoreszenzspektrum (gepunktete Linie).
der Mehrfachbindungen (π-Elektronen) schwach gebunden und entlang der Kohlenstoffkette
delokalisiert. Da sie leicht verschoben werden können, weisen die langen Farbstoffmoleküle
große Dipolmatrixelemente auf. Als Beispiel ist in Abb. 4.31 die Strukturformel des weit
verbreiteten Farbstoffes Rhodamin 6G gezeigt. Bei optischer Anregung beginnen die Farbstoffe zu fluoreszieren; als Pumplichtquellen werden Blitzlampen, gepulste oder kontinuier-
4.5. LASERTERMSCHEMATA UND LASERTYPEN
101
liche Laser eingesetzt. Die elektronischen Grund- und angeregten Zustände dieser Moleküle
weisen eine Vibrations- (IR-Bereich) und Rotations-Feinstruktur (Mikrowellenbereich) auf,
durch die ein nahezu kontinuierliches Band von Schwingungs- und Rotationszuständen oberhalb des Bandenkopfes jedes elektronisch angeregten Niveaus entsteht. Durch Stöße mit den
Lösungsmittelmolekülen relaxieren die Schwingungs- und Rotationsanregungen des Farbstoffmoleküls untereinander mit Zeitkonstanten im Pikosekundenbereich. Diese ”Mischung” der
Zustände führt dazu, dass die Auswahlregeln der Übergänge bezüglich der Rotations- und
Schwingungsquantenzahl aufgehoben sind. Deshalb liegen nicht nur die Zustände dicht, sondern auch das Spektrum der auftretenden Linien füllt das ganze Band quasi kontinuierlich aus.
Abb. 4.32: Niveauschema des Farbstofflasers.
Abbildung 4.32 zeigt schematisch einen Ausschnitt aus dem Spektrum eines typischen Laserfarbstoffes, anhand dessen viele Eigenschaften der Farbstofflaser diskutiert werden können:
Der elektronische Grundzustand ist meist ein Singulett-Zustand (S0 -Band), bei dem alle
Elektronenspins gepaart sind. Gemäß des Interkombinationsverbots erfolgt die optische Dipolanregung mit dem Pumplicht wiederum in einen Singulettzustand, in ein Rotations- Vibrations(=rovibronisches) Niveau des S1 - oder S2 -Bandes, wobei das Franck-Condon Prinzip festlegt,
welche Niveaus des gekoppelten elektronischen Zustandes erreicht werden können. Von hier relaxiert das Molekül innerhalb von etwa 1-10 ps zum Bandenkopf herunter, genau gesprochen in
eine Umgebung δE ≈ kT oberhalb des Bandenkopfes, um dann durch spontane oder induzierte
Emission in eines der rovibronischen Unterniveaus des S0 Grundzustandes zurückzukehren.
Dieses wiederum wird durch schnelle Relaxationen wieder in den Bereich des Bandenkopfes
entleert, so dass eine Inversion des Laserüberganges leicht erreicht werden kann. Beim Farbstofflaser handelt es sich also um einen Vier-Niveau-Laser. Optische Absorption und Emission erfolgen immer aus der Umgebung des Bandenkopfes, daher ist klar ersichtlich, dass das Emissionsspektrum gegenüber dem Absorptionsspektrum rotverschoben ist (Stokesverschiebung). Abbildung 4.31 zeigt entsprechende Spektren für den Farbstoff Rhodamin 6G. Sie überlappen in
einem schmalen Bereich in der Nähe der Absorptionskante, deren Breite von der Größenordnung
102
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
kT ist.
Der zur gleichen Elektronenkonfiguration wie das S1 - Band gehörende Triplettzustand mit
Spin S = 1, der das T1 Band bildet, liegt analog zum Spektrum des Heliums tiefer als das
zugehörige S1 -Band. Während das Interkombinationsverbot für Dipolübergänge bei diesen
Molekülen recht streng gilt, erfolgt durch Relaxation7 mittels Stößen zweiter Ordnung (spinaustauschende Stöße) eine Kopplung des S0 - und S1 -Bandes an das T1 -Band. Dies hat wichtige
Konsequenzen für die Laserdynamik. Abbildung 4.32 kann entnommen werden, dass die sogenannte Phosphoreszens, d.h. der radiative Zerfall aus dem T1 -Band in das S0 -Band eine partielle
Lebensdauer in der Größenordnung 1s besitzt, wohingegen die Relaxation auf der Mikrosekundenskala stattfindet. Ähnlich führt die Relaxationskopplung zwischen dem S1 - und dem T1 Band zu Übergangsraten, die denen des spontanen radiativen Zerfalls S1 → S0 entsprechen.
Anhand der Relaxationsraten in der Kaskade S1 → T1 → S0 ist ersichtlich, dass sich im optischen Pumpzyklus der T1 Zustand aufgrund seiner größeren Lebensdauer anreichert. Dies
ist unangenehm für den Laserbetrieb, da somit Population aus dem Laserzyklus entfernt wird
und darüber hinaus die Absorption des T1 → T2 -Überganges, die im Wellenlängenbereich der
Laseremission liegt, die Lasertätigkeit dämpft. Aus diesem Grunde können Farbstofflaser nur im
Durchflussbetrieb arbeiten. Für gepulste Laser werden üblicherweise durchströmte Küvetten,
im cw Betrieb hingegen ein Hochdruckjet eingesetzt. Der Düsenstrahl mit der Lösung des Farbstoffs wird dabei frei in den Fokus des Pumplasers und des Resonators gespritzt. Dabei muss
die Oberfläche des Strahls optische Qualität besitzen, d.h. extrem plan sein. Schwankungen in
der Dicke des Jets führen zu unerwünschten Phasenvariationen die zu einem guten Teil für die
Restlinienbreite kommerzieller Farbstofflaser im Single-Mode-Betrieb verantwortlich sind.
Von Nachteil ist die Giftigkeit vieler der eingesetzten Farbstoffe und die relativ aufwändigen
Lasersysteme. Wenn die beim Pumpen angeregten elektronischen Zustände energetisch hoch
liegen, z.B. beim Pumpen mit UV Licht oder in das S2 Niveau, so sind sie auch schon reaktiv
und es kann zur photochemischen Zersetzung des Farbstoffes kommen, so dass in regelmäßigen
Abständen die Farbstofflösung ausgetauscht werden muss. Aus diesen Gründen bemüht man
sich mehr und mehr, Farbstofflaser durch wartungsärmere Festkörperlasersysteme zu ersetzen.
Im Bereich von 550 - 630 nm sind Farbstofflaser aber immer noch konkurrenzlos. FestkörperLasersysteme können diese Wellenlängen zurzeit nur über Summenfrequenzmischung erreichen.
In dem genannten Frequenzbereich wechselt die Farbe des Lichtes von grün rasch über gelb nach
rot und das Durchstimmen eines Farbstofflasers über diesen Farbbereich ist sicherlich eine der
optisch eindruckvollsten Demonstrationen in einem Laserlabor.
Die Durchstimmbereiche der einzelnen Farbstoffe betragen typischerweise mehrere
10 nm.
Um zu vermeiden, dass der Laser auf allen Wellenlängen oszilliert, werden
wellenlängenselektierende Elemente, beispielsweise Gitter und Etalons, eingesetzt.
Gepulste Farbstofflaser Abbildung 4.33 zeigt ein typisches gepulstes Farbstofflasersystem.
Der Resonator wird aus einem Spiegel und einem Reflexionsgitter in Littrow-Anordnung, bei
der die 1. Gitterordnung in sich zurückreflektiert wird, gebildet. Innerhalb des Resonators
befindet sich die Küvette mit der Farbstofflösung die kontinuierlich umgepumpt wird, um die
Triplettzustände aus dem Wechselwirkungsvolumen zu entfernen und die Küvette zu kühlen.
Das Teleskop dient zur Aufweitung des Laserstrahls, da die Gitterauflösung proportonal zur
Zahl der ausgeleucheteten Gitterlinien ist. Statt zweier Linsen kann auch eine Anordnung aus
zwei Prismen verwendet werden. Schließlich befindet sich noch ein Etalon zur weiteren Frequen7
Weil sich durch die Vibration der Atome des Moleküls auch der Potentialtopf der Elektronen ändert, sind
Vibrations- und Elektronenbewegungen aneinander gekoppelt und elektronische Anregungsenergie aus höheren
Bändern kann per Relaxation abgeführt werden.
4.5. LASERTERMSCHEMATA UND LASERTYPEN
103
Abb. 4.33: Laserresonator für gepulsten, seitlich gepumpten Farbstofflaser.
zselektion im Resonator. Die frequenzselektierenden Elemente können ihre Wirkung nur entfalten, wenn der Laser unterhalb der Schwelle für die Superradianz bleibt, d. h. wenn nicht allein
spontan in Richtung der Längsachse des Verstärkungsmediums emittierte Photonen bereits die
Lasertätigkeit einsetzen lassen und die Inversion abrufen. Da die Superradianzschwelle bei Farbstoffen relativ niedrig liegt, bedient man sich zur Erzeugung hoher Leistungen eines Tricks: Man
teilt den Pumpstrahl in mehrere Teile auf und führt den größeren Anteil in Verstärkerküvetten
außerhalb des Resonators. In beide Küvetten wird das Pumplicht transversal zur anschwingenden Lasermode eingekoppelt und mit einer Zylinderlinse kurz hinter das seitliche Fenster der
jeweiligen Küvette fokussiert. Das im Resonator erzeugte Laserlicht wird dann beim Durchlauf
durch die Verstärkerküvette unter Beibehaltung seiner spektralen Eigenschaften verstärkt.
Kontinuierliche Farbstofflaser Bei einem kontinuierlich arbeitendem Laser muss auch die
Pumplichtquelle kontinuierlich sein. Es ist allerdings nicht möglich, die Laserschwelle von Farbstoffen in der Größenordnung 300 kW/cm2 im großen Volumen einer Küvette zu erreichen.
Stattdessen verwendet man als Verstärkungsmedium einen Düsenjet der Farbstofflösung in dem
das Pumplicht mit einer kurzbrennweitigen Linse auf einen Fleck von einigen Mikrometern
Größe fokussiert wird. Um die Taille der Lasermode entsprechend eng zu formen, wird der
Resonator von zwei sphärischen Spiegeln gebildet die symmetrisch um den Farbstoff-Jet angeordnet sind. Um ausreichend Platz für wellenlängenselektive Elemente zu bekommen, wir der
Resonator gefaltet, d. h. mindestens ein dritter Spiegel hinzugenommen. In diesem Arm wird
die Lasermode aufgeweitet und nahezu parallel geformt. Beispielhaft ist dies für ein Ringlasersystem in Abb. 4.34 dargestellt, wie es sowohl für kontinuierlich betriebene (cw = continuous
wave) Farbstoff- als auch für Titan-Saphir-Lasersysteme kommerziell eingesetzt wird. Bei dem
gezeigten Ringlaser gelingt es durch das Zusammenspiel eines Lyot-Filters und zweier Etalons
unterschiedlicher Dicke nur noch einen einzelnen Lasermode anschwingen zu lassen. Dabei ist
das Auflösungsvermögen der optischen Elemente so abgestuft, dass immer nur eine Mode des
nächst feineren Filters innerhalb der Linienbreite des nächst gröberen liegt. Mit diesen drei optischen Elementen gelingt es also, die spektrale Breite des Farbstoffes von annähernd 100 THz
auf ein Fluoreszensspektrum von etwa 1 MHz Breite einzuengen. Diese Breite ist bedingt durch
Phasenfluktuationen aufgrund z.B. Dichte und Dickeänderungen im Farbstofflaserjet, Vibrationen der Resonatorspiegel und ähnlichem. Mit technischen Kniffen und einer schnellen Regelung
auf sehr stabile Referenzen, lässt sich die Linienbreite sogar auf unter 1 Hertz reduzieren.
104
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
Abb. 4.34: Aufbau eines Ring-Farbstofflasers für den kontinuierlichen Betrieb. Von links kommt
der Pumpstrahl, nach rechts wird das Laserlicht ausgekoppelt. Die Signale A und B dienen zur
Regelung der Laserfrequenz. Diese wird auf das temperaturstabilisierte Interferometer stabilisiert. Bei Abweichungen von der Sollfrequenz kann die Laserfrequenz mit Hilfe des piezoelektrischen Elementes des einen Faltspiegels (schnelle Variationen = Jitter
und der im Resonator befindlichen Brewsterplatte (langsame Variationen = Drift) korrigiert
werden.
4.5.3.3
Festkörperlaser
Als aktives Medium von Festkörperlasern dienen Gläser oder Kristalle, die mit optisch anregbaren Atomen oder Ionen dotiert sind. Als optisch durchlässige Festkörper werden eine Reihe
von Kristallen aber auch Glas verwendet die als laseraktive Zentren Ionen von Metallen, seltenen
Erden oder Aktiniden enthalten. Die Ionen besetzen in der Regel normale Gitterplätze des Wirtsgitters und besitzen einerseits breite Absorptionsbänder im optischen Bereich und zum anderen
eine Reihe von Fluoreszenzlinien. Abhängig davon, ob das obere Laserniveau an die Schwingungen des Kristallgitters ankoppelt, erhält man Festfrequenzlaser (z.B. Nd:YAG) oder breit abstimmbare Laser (z.B. Titan:Saphir). Festkörperlaser werden ausschließlich optisch gepumpt,
dazu werden meist Blitzlampen oder Diodenlaser verwendet; festfrequente Festkörperlaser werden ihrerseits häufig wieder als Pumplaser für Farbstoff- oder Titan-Saphirlaser eingesetzt und
verdrängen hier nach und nach die früher meist verwendeten Argon-Ionen-Laser. Tabelle 4.1
zeigt eine kleine Auswahl solcher Laser.
Neodym-Laser Die leistungsstärksten Laser sind Neodynm-Glas und Neodym:YAG (Yttrium Aluminium Granat Y3 Al5 O12 ) Laser. Mit ihnen lassen sich bei einer entsprechenden Nachverstärkung im Impulsbetrieb höchste Strahlungsleistungen im nahen Infrarotbereich
(1.06 µm) erzeugen. Das aktive Medium enthält als strahlende Zentren Neodym (Nd3+ ) Ionen.
Nd dotiertes Glas (bis zu 8% Nd-Ionen) hat den Vorteil, dass es sich in optisch einwandfreier
Qualität in größeren Abmessungen (Stäbe bis zu 1 m Länge) herstellen lässt.Beim Nd:YAG Laser
sind bis zu 4% Nd Ionen in einen YAG Kristall eingebettet. Vorteilhaft ist hier der gegenüber
Glas bis zu einem Faktor drei höhere Absorptionsquerschnitt der Nd Ionen und die höhere optische Qualität der Kristalle. Diese können allerdings nur in kleineren Abmessungen produziert
4.5. LASERTERMSCHEMATA UND LASERTYPEN
105
Tabelle 4.1: Aktive, dotierte Ionen und Wirtskristalle für Festkörperlaser
aktives Ion
Wirtskristall
Wellenlänge [µm]
Gd3+
Y3 Al5 O12
0,3146
Ti3+
Al2 O3
0,800
Cr3+
BeAl2 O4
0,752
Er3+
YAlO3
1,6630
Nd3+
Y3 Al5 O12
1,0642
Nd3+
CaWO4
1,0582
Ho3+
(Y,Er)AlO3
2,1230
Tm3+
YAlO3
2,3490
U3+
CaF2
2,6130
werden. Das Energieniveauschema der Nd3+ Ionen in einem Nd:YAG Laser ist vereinfacht in
Abb. 4.35 gezeigt. Es handelt sich um ein typisches Vier-Niveau-System. Die Ionen besitzen
breite Absorptionsbanden im oberen Pumpniveau 3 die durch optisches Pumpen mit Blitzlichtlampen oder Diodenlasern populiert werden. Durch einen schnellen Relaxationsprozess wird die
Energie dann in das obere Laserniveau 2 übertragen. Das untere Laserniveau 1 entleert ebenfalls
rasch in das Pumpniveau 0, so dass zwischen den Laserniveaus 1 und 2 Inversion leicht erreicht
werden kann. Damit ist Laseremission sowohl im Puls- als auch im kontinuierlichen Betrieb
möglich. Fluoreszenzübergänge treten bei den Wellenlängen 920 nm, 1060 nm und 1370 nm
auf, wobei üblicherweise der in der Abb. 4.35 gezeigte, intensivste Übergang bei etwa 1060 nm
verwendet wird (die genaue Lage ist vom verwendeten Glas abhängig). Weitere Varianten der
Nd-Laser sind Nd:YLF und Nd:YVO4 -Laser bei denen die Nd-Ionen in Yttrium-Lithium-Fluorid
bzw. Yttrium-Vanadat Kristalle eingebettet sind. Der Nd:YLF Laser (1048.5 nm) besitzt
eine hohe Energiespeicherkapazität und eignet sich daher für besonders hohe Pulsleistungen.
Nd:YVO4 Laser zeichnen sich hingegen durch einen hohen Wirkungsgrad aus und besitzen mit
1064.3 nm fast die gleiche Wellenlänge wie ein Nd:YAG-Laser (1064.2 nm). Nd-Laser werden
unter anderem als Pumplaser für Farbstoff und Titan:Saphir-Laser (frequenzverdoppelt bei 532
nm), zur Materialbearbeitung und in der nichtlinearen Optik angewendet.
Titan:Saphir-Laser Der Titan:Saphir-Laser (Ti:Sa) besitzt als aktives Medium Titan Ionen (Ti3+ , bis zu 5%) die in einem Korund Kristall (Al2 O3 ) eingebaut sind. Die Vorteile des
Ti:Sa liegen vor allem in den guten optischen Eigenschaften des Wirtskristalls und seiner hohen
Wärmeleitfähigkeit, die auch die Realisierung sehr hoher Pumpleistungsdichten ermöglicht. Der
Ti:Sa Kristall absorbiert zwischen 400 und 600 nm, wobei ein Maximum bei 485 nm (blau-grün)
liegt. Optisch gepumpt wird er meist mit der Strahlung eines Argon-Ionen-Lasers (λ zwischen
488 und 514 nm) oder der zweiten Harmonischen eines Nd:YAG-Lasers bei 532 nm. Die Laserniveaus sind durch Schwingungswechselwirkung verbreitert, wodurch der Laser über einen weiten
Bereich abstimmbar (gepulst etwa 650-1100 nm, cw von etwa 700-1000 nm) wird. Kontinuierlich wird der Ti:Sa meist als Ringlaser, analog zu dem in Abb. 4.34 gezeigten Farbstofflaser,
betrieben. Aufgrund seiner hohen Bandbreite von bis zu 100 THz, ist er im Pulsbetrieb einer
der wichtigsten Laser zur Erzeugung ultrakurzer Pulse. Die bandbreitenbegrenzte Pulslänge
106
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
Abb. 4.35: Niveauschema der Nd3+ Ionen im Nd:YAG Kristall.
(Fourierlimit) beträgt etwa 6 fs und es werden Ausgangsenergien von etwa 1 nJ pro Puls bei
10 fs Pulslänge und 100 MHz Repetitionsrate (Pulsfolgefrequenz) erreicht.
4.5.3.4
Halbleiter- oder Diodenlaser
Halbleiterlaser besitzen als aktives Medium eine Halbleiterdiode, bei der die Besetzungsinversion
in der Regel durch einen Injektionsstrom herbeigeführt wird. Am gebräuchlichsten sind IIIV-Verbindungen (d. h. Verbindungen von Elementen der dritten und fünften Hauptgruppe des
Periodensystems) wie GaAs. Bei der Rekombination von Löchern im Valenzband mit Elektronen
des Leitungsbandes entsteht Licht. Der Wellenlängenbereich, in dem der Laser Licht aussendet,
wird durch die Dotierung des Materials bestimmt, die Feinabstimmung der Wellenlänge erfolgt
durch Temperaturänderung und Stromänderung.
Bei der Leuchtdiode wird inkohärentes Licht ausgesandt, da hier keine Inversion erreicht wird:
Per definitionem liegt bei einem Halbleiter die Fermikante in der Bandlücke zwischen Leitungsund Valenzband wie im linken Teil der Abb. 4.36 zu sehen. Die Besetzungswahrscheinlichkeit
der Zustände ist durch
1
f (W ) = (W −F )/kT
e
+1
gegeben. Man erhält f (WLeitungsband ) ≈ 0, während die Zustände im Valenzband nahezu
vollständig besetzt sind f (WValenzband ) ≈ 1. Durch starke Dotierung (1019 Atome/cm3 ) kann
aber eine Inversion erreicht werden. Wie im rechten Teil der Abb. 4.36 dargestellt, kann der
Halbleiter mit Hilfe von Donatoren so stark n-leitend gemacht werden, dass die zusätzlichen
Elektronen die Fermikante in das Leitungsband drücken. Mit Hilfe von Akzeptoren erhält man
entsprechend einen p -leitenden Halbleiter, bei dem die Elektronen abgesaugt werden und so die
Fermikante verschoben wird. An der Grenzzone zwischen p- und n-leitendem Halbleiterleitermaterial ist die Besetzungswahrscheinlichkeit f (W ) an der Unterkante des Leitungsbandes größer
4.5. LASERTERMSCHEMATA UND LASERTYPEN
107
Abb. 4.36: Bändermodell eines Halbleiters, der stark n- bzw. p-dotiert ist. Die jeweiligen
Fermikanten sind eingezeichnet.
als an der Oberkante des Valenzbandes. Damit ist eine Inversion erzeugt, die Grenzzone dient
als aktives Lasermedium und aus der Leuchtdiode ist ein Diodenlaser geworden.
Abbildung 4.37 zeigt schematisch den Aufbau einer Heterostruktur-Laserdiode. Die aktive
Laserzone zwischen p- und n- dotiertem GaAs ist etwa 1 µm dick. Längs dieser Schicht wird
das Licht, das beim Übergang der Elektronen vom Leitungs- in das Valenzband entsteht, durch
stimulierte Emission verstärkt. Die linke Seite der Laserdiode ist verspiegelt. Die Brechungsindexänderung beim Übergang GaAs/Luft auf der rechten Seite, der Frontfacette der Laserdiode,
reicht in der Regel zur Rückkopplung aus, denn wegen des hohen Brechungsindex (GaAs bei
λ = 850 nm ist n = 3, 5) wird das Reflexionsvermögen
µ
R=
n−1
n+1
¶2
≈ 0, 30.
(4.93)
Aufgrund der hohen Verstärkung genügt dieser Wert, um trotz der hohen Reflexionsverluste von
70% pro Umlauf die Schwelle zur Laseroszillation zu erreichen. Der so gebildete Resonator mit
einer Länge von d = 0, 5 mm hat einen Modenabstand von ≈ 200 GHz. Da im Allgemeinen
mehrere longitudinale Moden anschwingen, wird der Diodenlaser zur Spektroskopie mit einem
externen Resonator versehen. Durch Rückkopplung eines Teils des Lichts erreicht man SingleMode-Betrieb.
Typische Ausgangsleistungen solcher Halbleiterlaser liegen bei 10-20 mW, wenn sie mit einem
Strom von 100-200 mA gepumpt werden. Es gibt aber auch spezielle Anordnungen, die aus
Diodenarrays bestehen, die über 30 W Ausgangsleistung abgeben bei einem Wirkungsgrad von
Abb. 4.37: Schematische Darstellung einer Laserdiode. Die etwa 0,5 - 1 µm dicke laseraktive
Schicht (Heterostruktur) ist durch Aufdampftechnik seitlich auf 2 - 200 µm begrenzt. Es entsteht
ein stark divergentes, asymmetrisches Bündel von Laserlicht.
108
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
etwa 25%. Sie werden zum Schweißen und Härten von Metallen in der metallverarbeitenden
Industrie eingesetzt.
Single-Mode Laserdioden gibt es vom blauen Bereich bis in das tiefe Infrarot. In der Praxis
gibt es aber häufig Schwierigkeiten, für eine bestimmte Wellenlänge die geeignete Laserdiode zu
finden, da das Spektrum nicht kontinuierlich abgedeckt wird, sondern an vielen Stellen Lücken
auftreten.
4.5.3.5
Der Stickstofflaser
Als Beispiel für einen superradianten, gepulsten Laser führen wir den bekannten Stickstofflaser
an, der in der Praxis als Pumplaser zur Anregung von gepulsten Farbstofflasern benutzt wird
(er wird heute durch leistungsfähigere Pulslaser z.T. vom Markt verdrängt). Das Lasermedium
ist molekularer Stickstoff, der durch Elektronenstoß aus dem Grundzustand des Moleküls
1 Σ vorzugsweise in einen angeregten Zustand mit der Bezeichnung C 3 Π (ν = 0) angeregt
0
u
wird. Dieser Zustand zerfällt mit einer Lebensdauer von τ2 = 40ns in ein Zwischenniveau mit
der Bezeichnung B 3 Πg (ν = 0), das dann seinerseits mit einer Lebensdauer τ1 > τ2 in den
Grundzustand zurückfällt (siehe Abb. 4.38).
Abb. 4.38: Ausschnitt aus dem Termschema des Stickstoffmoleküls; der Laserübergang erfolgt
zwischen den Niveaus 2 und 1
Die Elektronenstoßanregung in das obere Niveau ist stärker als in das mittlere, so dass nach
einer pulsförmigen Anregung eine Inversion zwischen den Niveaus 2 und 1 vorliegt. Allerdings
kann diese Inversion nur kurzzeitig nach einer Pulsanregung andauern und nicht im stationären
Gleichgewicht bei einer Gleichstromanregung. Im letzteren Fall stehen die Besetzungszahlen
im gleichen Verhältnis wie die Lebensdauern der Zustände: N2 /N1 = τ2 /τ1 . Dies ist aber in
diesem Fall kleiner als eins, und somit liegt keine Inversion vor. Der Laser wird sich also nach
einem kurzen Puls durch Abbau der Inversion selbst löschen (self-termination).
Um stationäre Bedingungen zu vermeiden, muss also die Anregung in einer schockartigen
Gasentladung erfolgen, deren Dauer sehr viel kürzer als τ2 = 40ns ist. Man muss also die
elektrische Leistung durch eine kapazitive Entladung mit minimaler Induktion zuführen. Das
ist in den Abbildungen 4.39 und 4.40 gezeigt, die aus der Originalarbeit [Gell1968] entnommen
sind.
Zwei Kupferbleche mit einer dazwischen liegenden Mylar-Folie bilden einen Kondensator, wobei
aber die obere Platte geteilt ist, und die Hälften durch das Zünden einer Reihe paralleler
Funkenstrecken leitenden Kontakt bekommen. Je eine Kante der unteren und der rechten
oberen Platte sind auseinandergebogen, in das Gasentladungsrohr geführt und bilden dort auf
4.5. LASERTERMSCHEMATA UND LASERTYPEN
109
Abb. 4.39: Schaltschema eines gepulsten Stickstofflasers
der ganzen Länge des Rohrs die beiden Elektroden. Die untere Platte ist geerdet. Die linke
Platte wird jetzt über einen (vergleichsweise langsamen) Schaltkreis, z.B. ein Tyratron, auf
ca. 30kV aufgeladen. Dann werden die Funkenstrecken durch einen Triggerpuls gezündet,
die Ladung läuft sehr rasch auf die rechte obere Platte und lädt diesen Kondensator solange
auf, bis das Gas im Stickstoffrohr durchbricht und dort ein Plasma zündet. Das Plasma
im Stickstoffrohr erhält eine sehr große Leitfähigkeit und kann in wenigen Nanosekunden
den rechten Kondensatorteil entladen, da die Induktivität in Folge der sehr kleinen, vom
Stromkreis gebildeten Schleife minimal ist. Die nach dem Durchbruch des Lasergases über die
Funkenstrecken eventuell noch nachfließende Ladung aus dem linken Kondensatorteil kommt
dem Laserpuls nicht mehr zugute, da Widerstand und Induktivität der Funkenstrecken sie zu
langsam nachführen. Es kommt also nur die in der Zeit zwischen dem Triggern der Funkenstrecke und dem Durchbruch des Lasergases gespeicherte Energie zum Zuge, die proportional
zum Quadrat der Durchbruchspannung ist.
Nun ist aber die Durchbruchsspannung bei einem allmählichen Anwachsen der Spannung
sehr viel kleiner als bei einem plötzlichen, da der Durchbruch selbst Zeit braucht, um sich zu
entwickeln. Daher ist es wichtig, dass der rechte Kondensatorteil schnell geladen wird, so dass
man den linken Kondensatorteil als Zwischenspeicher einführt, der ebenfalls eine kleine Induktivität hat und über die Funkenstrecken relativ schnell auf den rechten entladen werden kann.
Abbildung 4.41 zeigt synchrone Oszillogramme des Spannungsverlaufs am Laserrohr und
des Laserpulses, der unmittelbar nach dem Durchbruch einsetzt und nach ca. 10ns beendet
ist. Entlang der Stickstoffröhre entwickelt sich der superradiante Laserpuls, der am vorderen
Brewsterfenster austritt, wobei auch die rückwärts laufende Welle durch Reflexion am hinteren
Spiegel ausgenutzt wird. Abbildung 4.42 zeigt die Laserleistung als Funktion der Durchbruchspannung bei verschiedenen Wellenwiderständen des rechten Stromkreises.
Die in der Originalarbeit genannten Daten lauten:
Leistung: ca. 1M W
Pulsdauer: ca. 10ns
Repetitionsrate: 10-100Hz .
Sie sind auch für heutige, kommerzielle Stickstofflaser im großen und ganzen typisch.
110
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
Abb. 4.40: Gaslaserrohr eines Stickstofflasers mit Leistungsversorgung
4.6
Die semiklassische Lasertheorie
Die semiklassische Lasertheorie behandelt das Lasermedium als ein quantisiertes System und
löst für dieses die zeitabhängige Schrödingergleichung unter dem Einfluss eines äußeren Lichtfeldes, das als klassisches Feld angenommen wird. Die Rückwirkung des Lasermediums auf das
klassische Feld in Form von Emission, Absorption und Dispersion wird ebenfalls berechnet. Die
Annahme eines klassischen Lichtfeldes ist nach dem Korrespondenzprinzip bedenkenlos richtig,
wenn das Lichtfeld einen hohen Entartungsgrad besitzt, also viele Quanten im Mode hat. Das
trifft für den Laser im allgemeinen zu, ausgenommen, wenn die Anfangsinversion nur knapp die
Schwelle erreicht.
4.6.1
Klassische Feldgleichung mit Medium im Resonator
Wir wollen zunächst die klassische Feldgleichung in einem Resonator diskutieren, der mit einem
Medium angefüllt ist. Die Wechselwirkung des Feldes mit dem Medium wird dann klassisch
durch den Brechungsindex n oder die Polarisation
~ − ε0 E
~
P~ = D
beschrieben.
Wir wollen nun einen ganz bestimmten Mode m mit der Wellenzahl
km = m
π
l
(4.94)
4.6. DIE SEMIKLASSISCHE LASERTHEORIE
111
Abb. 4.41: Synchrone Oszillogramme des Spannungsverlaufs am Laserrohr (a) und des Laserpulses (b), Zeitbasis: 10ns/cm, Vertikal: (a) Laserspannung-9.3kV /cm; (b) Leistung-2M W/cm2
betrachten und seine Vakuumfrequenz mit ω und die Frequenz unter dem Einfluß der Polarisation
mit Ω bezeichnen, so dass gilt, dass das Verhältnis
Ω
= nm
ω
(4.95)
gleich dem Brechungsindex n des Mediums für den Mode m ist. Der Resonatormode sei eine
ebene stehende Welle in z-Richtung, die in x-Richtung polarisiert ist; das gleiche gilt dann für
die Polarisation
~ (z, t) = x̂ 1 E (t) ei(ωt+ϕ(t)) sin (kz) + c.c.
E
2
1
P~ (z, t) = x̂ P (t) ei(ωt+ϕ(t)) sin (kz) + c.c.
2
(4.96)
In (4.96) haben wir die Amplituden E(t) und P (t) sowie die Phase ϕ(t) noch mit einer expliziten
Zeitabhängigkeit versehen, damit sie uns das dynamische Verhalten des Lasers beschreiben
können. Ihre zeitlichen Änderungen sind aber sehr langsam im Vergleich zu der des optischen Feldes eiωt .
Um die Feldgleichung aufzustellen, betrachten wir die Maxwellgleichungen in SI-Einheiten
~ ·D
~ =ρ
∇
~ ×H
~ =D
~˙ + J~
∇
~ ×E
~ = −B
~˙
∇
~ ·B
~ =0
∇
(4.97)
(4.98)
(4.99)
(4.100)
Wir bilden die Rotation von (4.99) und erhalten durch Einsetzen von (4.98) mit Hilfe der
Verknüpfungsrelation
~ = µ0 H
~
B
(4.101)
das Ergebnis
³
´
³
´
~ × ∇
~ ×E
~ + µ0 d D
~˙ + J~ = 0
∇
dt
(4.102)
112
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
Abb. 4.42: Laserleistung als Funktion der Durchbruchsspannung bei verschiedenen Werten der
Impedanzen des pulsformenden Stromkreises
~ mit Hilfe von (4.94) und benutzen wir das Ohmsche Gesetz in seiner
Ersetzen wir jetzt D
differentiellen Form
~
J~ = σ E
(4.103)
so erhalten wir die Wellengleichung im Resonator
³
´
~ × ∇
~ ×E
~ + µ0 ε0 E
~¨ + µ0 σ E
~˙ + µ0 P~¨ = 0
∇
(4.104)
Sie ist gegenüber dem freien Fall um zwei Terme ergänzt. Der erste von ihnen, proportional zu
~˙ , ist ein Verlustterm, der die Schwächung der Welle an den Spiegeln usw. enthält und mit dem
σE
Vorfaktor µ0 σ (mit σ als Leitfähigkeit) in der fiktiven Form Ohmscher Verluste beschrieben ist.
Der letzte Term berücksichtigt den durch die Polarisation verursachten Verschiebungsstrom. Wir
setzen jetzt die zweiten und die gemischten Ableitungen der Amplituden- und Phasenfunktionen
gleich Null
Ë = P̈ = ϕ̈ = Ė ϕ̇ = Ṗ ϕ̇ = 0,
(4.105)
da sie in Konkurrenz zu der sehr viel stärkeren Ableitung von eiωt stehen. Im gleichen Sinne
können wir annehmen, dass die Quellen und Senken schwach sind und das Feld während einer
4.6. DIE SEMIKLASSISCHE LASERTHEORIE
113
Periode 2π/ω kaum verändern. Daraus folgen die Näherungen
σ Ė = σ ϕ̇ = Ṗ = 0.
(4.106)
Setzen wir jetzt mit diesen Vereinfachungen den Ansatz (4.96) in (4.104) ein, so erhalten wir die
Differentialgleichung für die Amplituden- und Phasenfunktionen
Ω2 E −
ω2
iσω
E − 2iω Ė − (ω + ϕ̇)2 E =
P.
ε0
ε0
(4.107)
Es ist zweckmäßig, statt der Leitfähigkeit die Güte des Resonators Q einzuführen mit Hilfe von
σ=
ε0 ω
.
Q
Wir ordnen jetzt (4.107) nach Real- und Imaginärteil und führen noch die Näherung ein
Ω2 − (ω + ϕ̇)2 ≈ 2ω(Ω − ω − ϕ̇),
(4.108)
wobei ϕ̇2 vernachlässigt und Ω + ω ≈ 2ω gesetzt wurde. (4.107) zerfällt dann in die beiden
Differentialgleichungen
1ω
1ω
Ė +
E=−
Im(P )
(4.109)
2Q
2 ε0
1 ω Re(P )
.
(4.110)
2 ε0 E
Statt der Polarisation benutzt man auch häufig die komplexe Suszeptibilität mit der Definition
ω + ϕ̇ = Ω −
~ = ε0 (χ0 + iχ00 )E
~ + c.c.,
P~ = ε0 χE
womit (4.109) und (4.110) die Form annehmen
µ
¶
1ω
1 00
Ė = −
− ωχ E
2Q 2
(4.111)
(4.112)
1
ω + ϕ̇ = Ω − ωχ0 .
(4.113)
2
Die Gleichungen lassen erkennen, dass Frequenzverschiebung und die Phase des Lasermodes
durch den Realteil der Suszeptibilität beschrieben werden, während der Imaginärteil je nach
Vorzeichen eine zusätzliche Dämpfung oder Entdämpfung des Feldes beschreibt. Wir machen
das noch deutlicher, indem wir zum einen die stationäre Lösung von (4.113) mit ϕ̇ = 0 betrachten
1
Ω
= n = 1 + χ0 ,
ω
2
(4.114)
wodurch wir die bekannte Formel für den Brechungsindex zurückgewinnen. Zum anderen erweitern wir (4.112) mit E und beachten, dass die Energiedichte ρ ∼ E 2 ist, so dass wir eine
Differentialgleichung für die Feldenergie erhalten
µ
¶
1
ρ̇ = −ω
− χ00 ρ,
(4.115)
Q
eine Formel, die wir in ähnlicher Form aus der Schwingungslehre kennen.
Das Laserproblem besteht jetzt darin, P bzw. χ als Funktion der Parameter des Lasers, also des
Pumpens, der Relaxationen, der Frequenz, der Intensität etc. zu berechnen. Diese Berechnung
114
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
soll nun quantenmechanisch mit zeitabhängiger Störungsrechnung durchgeführt werden, wobei
wir als quantenmechanische Zustände nur die beiden Laserniveaus einführen, a für das untere
und b für das obere. Pumpen und Zerfälle werden wir später ad hoc als Raten den Gleichungen
hinzufügen. Nehmen wir also
ψ(~r, t) = a(t)ua (~r) + b(t)ub (~r),
so gilt per definitionem
|ψ(t)i
X
ck (t) |uk i mit Ĥ0 |uk i = Ek |uk i .
(4.116)
k
Dabei zählt dN/dV die Anzahl der lasenden Atome pro Volumeneinheit. Da wir über ein
Ensemble von Atomen mitteln müssen, ist es angebracht, den Formalismus der Dichtematrix zu
benutzen, aus dem wir im folgenden Abschnitt die wichtigsten Formeln zusammenstellen, da sie
im üblichen Kurs der Quantenmechanik meist nur am Rande behandelt werden.
4.6.2
Dichtematrixformalismus
Literatur: Alle Lehrbücher der Quantenmechanik, z.B. Messiah: Quantenmechanik Band 1
Die zeitabhängige Wellenfunktion eines einzelnen Atoms sei gegeben durch die Entwicklung
X
ck (t) |uk i mit Ĥ0 |uk i = Ek |uk i ,
(4.117)
|ψ(t)i =
k
wobei Ĥ0 der ungestörte zeitunabhängige Hamiltonoperator sei. Dann ist der Dichteoperator
definiert durch
ρ̂ = |ψ(t)i hψ(t)| .
(4.118)
Seine Matrixelemente ρik sind dann
ρik = hui |ψ(t)i hψ(t)| uk i = ci (t)c∗k (t).
(4.119)
Die Normierung verlangt: Spur(ρ) = 1 .
Aus der zeitabhängigen Schrödingergleichung erhalten wir mit der Definition (4.118) unmittelbar
i
1 h
ρ̂˙ =
Ĥ, ρ̂
i~
1 X
ρ̇ik =
(Hil ρlk − ρil Hlk ) .
i~
(4.120)
l
Da (4.117) eine Entwicklung nach Eigenzuständen war, gilt weiterhin für die ungestörte Dichtematrix
1
(Ei − Ek ) ρik (t)
i~
ρ̇kk (t) = 0
ρ̇ik (t) =
(4.121)
ρik (t) = ρik (0)e−i(ωik t+ϕik ) .
Die Diagonalelemente beschreiben also die Besetzungswahrscheinlichkeit jedes Eigenzustands des
Atoms, während die Nichtdiagonalelemente die Oszillation und Phase eines kohärenten Zustands
angeben, die dann auftreten, wenn sich das Atom nicht in einem reinen Eigenzustand befindet.
4.6. DIE SEMIKLASSISCHE LASERTHEORIE
115
Sie sind also nach (4.116) entscheidend für die Polarisation.
Aus der Definition ergibt sich weiterhin für den Erwartungswert einer Observablen Ô
D E
³
´ X
Ô = hψ| Ô |ψi = Spur ρ̂ · Ô =
ρlk Okl .
(4.122)
l,k
Seien nun viele Atome 1, 2, ..., N in einem Ensemble gegeben mit den Wellenfunktionen ψ (1) , ψ (2) ,
..., ψ (N ) , wobei sich die ψ (i) durch ihre Zustandsvektoren ~c(i) (t) unterscheiden mögen, nicht aber
durch ihre Eigenwerte. Zwecks Einführung einer normierten Dichtematrix dieses Ensembles
werden alle Atome mit gleichem Zustandsvektor ~c(i) (t) = ~c(j) (t) zu einer Wahrscheinlichkeit p(k)
zusammengefasst, so dass sich die resultierende Dichtematrix schreibt als
X
ρ=
p(k) ρ(k) .
(4.123)
k
Die p(k) können auch eine kontinuierliche Funktion eines Parameters sein, z.B. der Temperatur
im Boltzmann-Gleichgewicht, dessen Dichtematrix gegeben ist durch
gk e−Ek /kT
ρik (T ) = ρik (T )δik = ρkk (T ) = P
.
−Ek /kT
k gk e
(4.124)
Hierin sind die Nichtdiagonalelemente Null, weil im statistischen Mittel keine einheitliche Phase
der atomaren Anregung vorliegt. Nur bei speziellen, Kohärenz erzeugenden äußeren Wechselwirkungen, denen das ganze Ensemble simultan ausgesetzt wird, können sie Werte ungleich Null
annehmen. Man erkennt die mangelnde Kohärenz des Ensembles an den Ungleichungen
¡ ¢
ρ̂2 6= ρ̂ bzw. 0 ≤ Spur ρ2 ≤ 1.
Für ein einzelnes Atom galt hingegen identisch
ρ̂2 = |ψi hψ|ψi hψ| = |ψi hψ| = ρ̂.
Letzteres gilt auch dann und nur dann für das ganze Ensemble, wenn alle Atome exakt den
gleichen Zustandsvektor haben. Aber auch für das inkohärente Ensemble gelten die Gleichungen (4.120) bis (4.122). Genau das ist der Vorteil des Dichtematrixformalismus gegenüber der
Schrödingergleichung, die ein Ensemble nur im Falle strikter Kohärenz beschreiben kann.
4.6.3
Die semiklassische Wechselwirkung zwischen Laserfeld und Medium
Wir wollen jetzt den Dichtematrixformalismus auf das Lasermedium unter Einwirkung des Laserfeldes als Störung anwenden. Seien Ĥ0 und V̂ der Hamiltonoperator des ungestörten Laseratoms
bzw. der Störung durch das Lichtfeld, so genügt der Dichteoperator jetzt der Gleichung
´ i
1 h³
ρ̂˙ =
Ĥ0 + V̂ , ρ̂
i~
mit den Matrixelementen
ρ̇ik
"
#
X
1
=
(Ei − Ek ) ρik +
(Vil ρlk − ρil Vlk ) ,
i~
(4.125)
l
wobei ρ̂ diagonal in Ĥ0 angenommen war. V̂ habe nur ein einziges, nennenswertes Matrixelement
Vab zwischen den Zuständen a und b, wobei a das untere Laserniveau sei und b das obere.
116
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
Sie haben zeitabhängige Amplituden a(t) und b(t). Wir brauchen daher (4.125) nur für eine
zweireihige Matrix zu lösen, die ausgeschrieben lautet:
ρ̇aa =
1
(Vab ρba − ρab Vba ) − γa ρaa + λa
i~
(4.126)
1
(Vba ρab − ρba Vab ) − γb ρbb + λb
(4.127)
i~
1
ρ̇ab = −iω0 ρab + Vab (ρbb − ρaa ) − γρab .
(4.128)
i~
Zusätzlich zu der Wechselwirkung V haben wir noch die Zerfallsraten γ, γa und γb sowie
Pumpraten λa und λb ad hoc eingeführt, ohne den Pump- oder Zerfallsmechanismus explizit
spezifizieren und quantenmechanisch durchrechnen zu wollen. Sonst hätten wir auch noch
diejenigen Komponenten der Dichtematrix einschließlich der Pump- und Zerfallswechselwirkung
in (4.126 - 4.128) zusätzlich aufnehmen müssen, die die übrigen, früher in den Ratengleichungen
des Drei- und Vier-Niveau-Lasers vorkommenden Zustände betreffen. Die exakte Quantenmechanik dieser Prozesse ist aber im Rahmen der semiklassischen Lasertheorie nicht interessant
und kann daher durch Raten vertreten werden. Man beachte aber, dass dadurch die Normierung
von (4.126 - 4.128) verloren geht, so dass ρaa und ρbb jetzt die tatsächlichen Besetzungszahlen
darstellen.
Besondere Beachtung verdient die Zerfallskonstante γ des Nichtdiagonalelements
ρ̇bb =
γ=
1
(γa + γb ) + γϕ .
2
(4.129)
Darin gehen γa und γb je zur Hälfte ein, da ρab proportional zum Produkt der beiden Amplituden ist. γϕ soll eine zusätzliche Phasenrelaxation beschreiben, die die relative Phase zwischen
den beiden Zustönden stört, die Besetzungszahlen aber unverändert lässt. Hierfür könnten im
Prinzip zwei Ursachen genannt werden:
1. Eine inhomogene Linienbreite, die die relativen Phasen der Atome auseinanderlaufen lässt.
Dieser Fall lässt sich aber nicht so einfach durch eine zusätzliche Phasendämpfung erschlagen, sondern korrekterweise müsste dann ω0 in (4.128) durch ein Spektrum ersetzt werden.
Wir wollen uns dieser Komplikation nicht aussetzen, sondern uns auf den zweiten Fall
beschränken.
2. Eine zusätzliche homogene Linienverbreiterung, die in einem Gaslaser zum Beispiel
durch gaskinetische Stöße verursacht wird. Man hat sich eine solche Phasenrelaxation
physikalisch folgendermaßen vorzustellen: Während der kurzen Stoßzeit verschieben sich
adiabatisch die Energielagen der beiden Niveaus relativ zueinander infolge der molekularen Wechselwirkung mit dem stoßenden Atom. Dieser Frequenzunterschied multipliziert
mit der Stoßdauer ergibt eine Phasenverschiebung des gestoßenen Atoms gegenüber den
anderen. Da diese Stöße nach Häufigkeit und Stärke eine statistische Verteilung haben,
führen sie zu einer Phasenrelaxation. Der zeitliche Mittelwert der Phasensprünge erzeugt
darüber hinaus die sogenannte Druckverschiebung, die wir durch eine Korrektur von ω0
berücksichtigen können und die in der Regel sehr viel kleiner als die Stoßverbreiterung ist.
Die Störung durch das in x-Richtung polarisierte und in z-Richtung eine stehende Welle bildende
Laserlicht ist gegeben durch
1
Vab (z, t) = − µx E(t)ei(ωt+ϕ(t)) sin(kz)
2
(4.130)
4.6. DIE SEMIKLASSISCHE LASERTHEORIE
117
mit
µx = hua | e~r |ub ix .
Für die Polarisation des Ensembles erhalten wir daraus mit (4.111) und (4.122)
P~ = px x̂ = Spur {µx ρ(z, t)} x̂ = (µx ρab (z, t) + c.c.) x̂,
(4.131)
wobei in der Spurbildung die Diagonalelemente des Dipoloperators nicht beitragen, da sie bei
guter Parität der Eigenfunktionen für einen ungeraden Operator verschwinden. Außerdem haben
wir die Dichte dN/dV mit in die ohnehin nicht mehr normierte Dichtematrix hineingezogen.
In den Differentialgleichungen (4.96). hatten wir uns allerdings nicht mehr für die schnell
veränderliche zeitliche und räumliche Phase ei(ωt+ϕ(t)) · sin(kz) der Polarisation interessiert,
sondern für den langsam veränderlichen Amplitudenfaktor P (t), den wir in (4.96) abgespalten
hatten. Wir gewinnen ihn aus (4.131) durch Multiplikation mit 2 · e−i(ωt+ϕ(t)) · sin(kz) und
Mittelwertbildung über z entlang der Länge L des Lasermediums:
P (t) = 2e
−i(ωt+ϕ(t))
2
L
ZL
sin(kz)µx ρab (z, t)dz.
(4.132)
0
Die Aufgabe besteht jetzt darin, mit (4.130) das Gleichungssystem (4.126 - 4.128) zu lösen,
diese Lösung in (4.132) einzusetzen und damit in die Feldgleichungen (4.107, 4.109, 4.110)
hineinzugehen. Wir können auf diesem Lösungsweg nur Näherungen betrachten und formen
hierzu zweckmäßigerweise (4.128) durch Integration in eine Integralgleichung um
Z
¡
¢¤
¡
¢
¡
¢£
i
0
(4.133)
ρab (z, t) =
e−(iω0 +γ)(t−t ) Vab z, t0 ρaa z, t0 − ρbb z, t0 dt0 .
~
In der Nähe des eingeschwungenen Lasers können wir annehmen, dass die Amplituden- und
Phasenfunktionen E(t) und ϕ(t), ebenso wie die Inversion [ρaa − ρbb ] während Zeiten von der
Größenordnung 1/γ nahezu konstant sind. Wir können sie daher vor das Integral ziehen und
erhalten
µx E(t) i(ωt+ϕ(t))
ρaa (z, t) − ρbb (z, t)
ρab (z, t) = −
e
sin(kz)
(4.134)
2i~
i(ω0 − ω) + γ
Gehen wir mit der Lösung (4.134) zurück in (4.126) und (4.127), so erhalten wir für die Besetzungszahlen wieder Ratengleichungen
ρ̇aa (z, t) = λa − γa ρaa − R (ρaa (z, t) − ρbb (z, t))
ρ̇bb (z, t) = λb − γb ρbb + R (ρaa (z, t) − ρbb (z, t))
µ
¶
γ
1 µx E (t) sin (kz) 2
mit R =
.
2
~
(ω0 − ω)2 + γ 2
(4.135)
Wir können jetzt dieses Ratengleichungssystem lösen und damit in (4.134) und (4.132)
zurückgehen, so dass wir in der Näherung
R
erhalten:
µ2 E (t)
P (t) = − x
~
µ
γa + γb
¿1
γa γb
λa λb
−
γa
γb
¶
(ω0 − ω) + iγ
(ω0 − ω)2 + γ 2 (1 + p)
(4.136)
118
KAPITEL 4. GRUNDLAGEN DES LASERS UND DER LASERSPEKTROSKOPIE
Wir sehen jetzt, dass der Realteil von P , der den Brechungsindex beschreibt, die übliche Dispersionskurve ist, während der Imaginärteil, der für Absorption und stimulierte Emission zuständig
ist, die Lorentzform zeigt. Der Vorfaktor aus Pump- und Zerfallsraten ist die Besetzungszahldifferenz ρaa − ρbb und bestimmt Größe und Vorzeichen der komplexen Suszeptibilität (s. Abb.
4.43). Man beachte, dass ein invertiertes Medium nicht nur das Vorzeichen des Absorptionskoeffizienten sondern auch das der Dispersion gegenüber dem Normalfall umkehrt.
Abb. 4.43: Real- und Imaginärteil der komplexen Suszeptibilität eines Zweiniveausystems.
Die oben betrachtete Näherung bezüglich R und den γ , s bedeutete, dass die Rate der stimulierten Prozesse, gegeben durch R, klein sei gegen die Phasenrelaxation γϕ . Mit anderen
Worten schwang der Laser kurz über der Schwelle. Ist dies nicht mehr der Fall, so wird der
Faktor (1 + p) im Nenner von (4.136) bedeutsam (Effekt der Leistungsverbreiterung, der auch
in der Kernresonanz auftritt). In zweiter Näherung ist dieser Faktor gegeben durch
(1 + p) = 1 +
3 µ2x E 2 (γa + γb )
.
8
~2 γγa γb
(4.137)
Diese Näherung ist bis zu einer Laserleistung von ca. 20% oberhalb der Schwelle gut.
Mit der Lösung (4.136) kann man jetzt im letzten Schritt in die klassischen Feldgleichungen
(4.109) und (4.110) gehen und gewinnt Differentialgleichungen für E(t) und ϕ(t). Die stationären
Lösungen können angegeben werden und bestimmen Intensität und Frequenz des Lasers.
Abb. 4.44 zeigt links die Intensität des Lasers als Funktion der Verstimmung des Lasermodes ω
gegen die Resonanzfrequenz ω0 in Einheiten der Linienbreite. Mit wachsender Schwelleninversion wird das Intensitätsprofil höher und breiter.
4.6. DIE SEMIKLASSISCHE LASERTHEORIE
119
Abb. 4.44: Links: Intensität des Lasers als Funktion der Frequenzverstimmung; rechts: frequency pulling.
Aus dem Verlauf der invertierten Dispersionskurve und dem Zusammenhang (4.95) zwischen
Brechungsindex und den Eigenfrequenzen des Resonators im Vakuum und im Medium entnehmen wir qualitativ, dass die Modes von ihrem Vakuumwert weg in Richtung auf die Zentralfrequenz ω0 hin verschoben werden. Der Effekt ist am stärksten in der Flanke und verschwindet
im Zentrum der Spektralkurve. Genauer gilt ein Zusammenhang
ωi =
Ωi + Sω0
,
1+S
(4.138)
wobei S ein sehr komplizierter Faktor ist, der aber kleiner als 1 ist, so dass man entwickeln kann
õ
µ
¶
¶ !
χ0i
ω0
SΩi 2
ni − 1 =
=S 1−
+O
.
(4.139)
2
Ωi
ωi
Der erste Term beschreibt demnach die Steigung der Dispersion bei Ωi = ω0 (s. Abb. 4.43).
Dieses “frequency pulling” ist qualitativ in Abb. 4.44 dargestellt. Seine wichtigste Folge ist,
dass die Modes nicht mehr äquidistant sind, wodurch die phasenstarre Kopplung verschiedener
Modes behindert wird.
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