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-Publikationen des GeoGeo-Naturparks BergstraßeBergstraße -Odenwald
Prof. Dr. Fritz F. Steininger
Geotope und Geoparks - Erlebbare Archive der Erdgeschichte
Bibliographie/Zitationsweise:
im Original erschienen in englischer Sprache in:
Steininger, Prof. Dr. F. F.: Geotope und Geoparks – Erlebbare Archive der Erdgeschichte
Zitationsweise der Online-Version:
Steininger, Prof. Dr. F. F.: Geotope und Geoparks – Erlebbare Archive der Erdgeschichte.. OnlinePublikationen des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald e. V. ; http://www.geonaturpark.net/daten/forschung/Publikationen.php;
Datum des Abrufs.
Copyright der Online-Version:
Alle Rechte vorbehalten. Verwendung von Text, Textteilen, Grafiken oder Fotografien in gedruckter oder digitaler
Form nur mit ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung der Autoren und des Geo-Naturparks Bergstraße-Odenwald.
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Geotope und Geoparks - Erlebbare Archive der Erdgeschichte
Prof. Dr. Fritz F. Steininger
(Forschungsinstitut und Naturmuseum Senckenberg, Frankfurt am Main)
Der Autor: Herr Prof. Dr. Fritz Steininger ist Paläontologe und Leiter des Senckenberg Forschungsinstitutes in Frankfurt/M.. Er ist einer der Väter des Geopark-Projektes im Naturpark
Bergstraße-Odenwald. Seine Initiative und seine Begeisterung für den Odenwald gaben den Anstoß
für die ersten konkreten Schritte zum Geopark. Während eines Besuches im Kulturpark Kamptal im
österreichischen Waldviertel, dessen Konzeption Herr Prof. Steininger entwickelt hat, ist im Mai 2001
der endgültige Funke für den Projektstart in unserer Region übergesprungen. Seitdem hat Herr Prof.
Steininger den Geopark-Prozess mit fachwissenschaftlicher Beratung, aber auch mit seiner visionären
Kraft und seiner Bereitschaft zum Austausch von Ideen maßgeblich mit gestaltet.
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Einführung
Die über 4.5 Milliarden Jahre bis heute andauernde Entwicklungsgeschichte der festen Erdkruste und
des Lebens auf dem Planeten Erde ist in den Gesteinen und den darin enthaltenen versteinerten
Urkunden des Lebens, den Fossilien, wie in einem Geschichtsarchiv festgehalten. Die
Zusammensetzung der Gesteine aus Mineralkörnern, Gesteinsstücken und Hartteilresten von
Organismen und ihre Entstehungsgeschichte lassen uns ihre Bildungsbedingungen und Herkunft
rekonstruieren. Die Fossilien, die in diesen Gesteinen enthalten sind, geben uns Auskunft über das
erste Auftreten und die Abfolge der einzelnen Entwicklungsstadien des Lebens, sie zeigen uns die
wechselvolle Geschichte der Verbreitung der einzelnen Organismengruppen in Zeit und Raum und
geben uns Auskunft über die Intensität und die zeitliche Abfolge des Klimawechsels in der
Vergangenheit. Damit haben wir aber auch ein Werkzeug in der Hand, um von menschlichen
Aktivitäten unabhängige Klimamodelle aus der Vergangenheit für die Zukunft unseres Planeten und
deren Auswirkungen zu entwickeln.
Die in die Gesteine eingreifende, chemisch-physikalische und biologische Verwitterung bedingt die
von den Gesteinen abhängige Bildung jener Böden, in und auf welchen die heutigen Organismen, die
Pflanzen und Tiere leben. Die Böden sind also die „Mittler“ zum Leben zwischen der Geosphäre und
der Biosphäre. Die Lagerung der Gesteine und ihre Verwitterung gestaltet aber auch die Oberfläche
unserer Erde, das Erscheinungsbild der Landschaft in seiner geomorpholgischen Ausprägung.
So ermöglicht uns also die Geologie in Form von geologischen Aufschlüssen und Lokalitäten in den
einzelnen Regionen nicht nur wesentliche und konkrete Aussagen zur Geschichte dieser Landschaft
und zur Zukunft unseres Planeten, sondern sie bildet auch die Grundlage für die Versorgung mit
mineralischen Rohstoffen, Bausteinen und Trinkwasser. Die Böden wiederum sind der primäre
Produzent unserer Ernährungsgrundlagen, der Pflanzen und Tiere und beeinflussen wesentlich durch
die Mikroorganismen unser Klima. Das Studium und die Kenntnis der Geologie, durch die an der
Erdoberfläche in natürlichen und künstlichen Aufschlüssen auftretenden Gesteine, trägt daher
wesentlich zu unseren Lebensgrundlagen bei und ist dafür eine der wesentlichen Voraussetzungen.
Dieser Aufsatz soll allgemein auf die Bedeutung von erdwissenschaftlichen Lokalitäten und Räumen
hinweisen und die Möglichkeiten der Erhaltung und Unterschutzstellung im Rahmen der gesetzlichen
Maßnahmen aufzeigen. Die Gefährdung von natürlichen und künstlichen Aufschlüssen durch
Baumaßnahmen und (Re-) Kultivierungsmaßnahmen ganzer Landschaftsbereiche verlangen für
geologische Denkmale und geologisch bedeutsame Landschaften jedoch eigene Schutzmaßnahmen.
Diese werden in vielen Ländern heute unter dem Begriff Geotopschutz und Geoparks gefördert und
sollen von der UNESCO in ein eigenes Programm, dem Geoparkprogramm aufgenommen werden.
Auch für diese Maßnahmen sollen die allgemeinen Grundlagen und Voraussetzungen angeführt
werden.
Naturschutz, Denkmalschutz und Geologie
Der Erhaltung, der öffentlichen Ausweisung, der Zugänglichkeit und dem Schutz von solchen
wesentlichen Schlüssellokalitäten der Erdgeschichte des Planeten wurde bisher nur geringe
Aufmerksamkeit geschenkt. Der Schutzgedanke für solche Lokalitäten und Regionen wurde meist auch von der UNESCO - unter dem Gesichtspunkt der Seltenheit oder Bizarrheit von „Felsgebilden“
oder der Schönheit der Landschaft wahrgenommen, weniger unter den oben angeführten
Gesichtspunkten. Größtenteils wurde, sofern eine Unterschutzstellung stattfand, diese im Rahmen des
Naturschutzes geregelt. In Deutschland fällt in den meisten Ländern zumindest die
Unterschutzstellung der paläontologischen Denkmäler in den Bereich des wesentlich effizienteren
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Denkmalschutzes, wie z.B. in Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz oder Thüringen. Damit
verbunden ist wohl theoretisch der Schutz solcher Lokalitäten vor Zerstörung, es mangelt jedoch an
der entsprechenden Publizität und der damit im Zusammenhang stehenden Bewusstseinsbildung in der
breiten Öffentlichkeit. Oft kommt es gerade bei diesen gekennzeichneten Denkmalen zur
Verunstaltung und Beschädigung, bis hin zur Vernichtung, besonders bei erdwissenschaftlichen
Denkmälern. Um erdwissenschaftliche Denkmäler dauerhaft zu erhalten, bedarf es, wie bei
Kulturdenkmälern, einer kontinuierlichen Pflege, da diese sonst verwittern und/oder von der
Vegetation überwuchert werden. Leider werden auch solche Pflegemaßnahmen, ebenso wie die
kontinuierliche Beaufsichtigung, von der Behörde kaum wahrgenommen. Im Rahmen des
Naturdenkmalschutzes führt es oft zu Schwierigkeiten, wenn ein erdwissenschaftliches Denkmal mit
neu entwickelten Methoden weiterführend untersucht werden soll, da prinzipiell jede Veränderung des
Denkmales untersagt ist, oder wenn im Interesse der Rohstoffsicherung solche Denkmale zur
Diskussion gestellt werden (Quade, 2000; Steinmetz, 1997).
Hinzu kommt der „Konflikt“ zwischen dem Schutz von Floren und Faunen in Form von Biotopen /
Biosphärenreservaten und dem Schutz von geologischen Denkmälern. Während in den Biotopen eine
ungestörte, natürliche Sukzession angestrebt wird, müssen geologischen Denkmale meist vor dem
Überwuchern durch Pflanzen geschützt werden (Hiekel, 1997). Einen weiteren Problemkreis stellen
die sogenannten „Landart-Projekte“ dar. Hier soll keineswegs gegen die vielerortens entstandenen, auf
der Geologie aufbauenden Landart-Projekte polemisiert werden, solange diese die geologischen
Denkmale selbst, auf welchen sie oft fußen, nicht in Mitleidenschaft ziehen (Blaas-Pratscher, 1995).
Dennoch ist Naturschutz und Denkmalschutz bis heute die einzige effiziente Möglichkeit auch
erdwissenschaftlich bedeutsame Monumente vor der Vernichtung zu schützen und damit zu erhalten.
Geotop-Schutz und Geoparks als Maßnahmen zum Erhalt von erdwissenschaftlichen Objekten
und Landschaften
Aus zweierlei, völlig unterschiedlichen Gesichtspunkten wuchs in den letzten Jahren die Erkenntnis,
dass der weitere unkontrollierte Verlust an bedeutsamen geologischen Lokalitäten nicht tragbar ist. Im
Rahmen der Urbanisierung der Landschaft, der Bach- und Flussregulierungen, von Großbauvorhaben
wie Kraftwerks- und Straßenbauvorhaben, der Errichtung von Festmülldeponien oder von
agrartechnischen Maßnahmen wurden vielfach, ohne Rücksicht auf ihre Bedeutung solche Lokalitäten
verschüttet oder planiert und sind damit meist für immer verloren gegangen. Diese Verluste betrafen
einerseits, aus wissenschaftlicher Sicht, eine Reihe von für die Wissenschaft unwiederbringliche
Typuslokalitäten für Mineralien, Gesteine und Fossilien und die erdgeschichtliche Zeitgliederung.
Beim Verlust solcher Lokalitäten gingen geologische Standards verloren, die für den
wissenschaftlichen Fortschritt in diesen Fächern unerlässlich sind und nur mit dem Verlust von z.B.
sämtlichen gotischen Baudenkmälern verglichen werden könnten, wodurch dann keine Standards für
gotische Architektur vorhanden wären. Weiters wurden viele Punkte, die im Rahmen von
erdwissenschaftlichen Exkursionen zum Standard für die Erläuterung und das Verständnis der
geologische Entstehungsgeschichte einer geologischen Struktur, wie z.B. den Alpen oder einer
Landschaft wie z.B. des Odenwaldes, oder für die Ausbildung von Studierenden im Gelände, wo das
Lernen am Objekt notwendig ist, davon betroffen.
Andererseits zeigen die erdwissenschaftlich ausgerichteten und für die breite Öffentlichkeit
zugänglichen regional erschlossenen Räume, Wanderwege oder einzelne Lokalitäten weltweit, durch
ihre Besucherzahlen das breite, allgemeine Interesse an der Geschichte der Erde und des Lebens
(Meyer, 1997). Der „Geotourismus“ ist heute ein integrierender Bestandteil von Tourismus Konzepten
(Hofmann & Schönlaub, 1994).
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Unter diesen beiden Aspekten, dem Verlust von Aufschlüssen für die wissenschaftlichen Arbeiten und
die Nachwelt und dem immer stärker wachsenden öffentlichen und touristischen Interesse der
Gesellschaft, hat sich in den 90iger Jahren in ganz Europa und weltweit der Schutzgedanke für
erdwissenschaftliche Monumente verstärkt und ist heute unter der Bezeichnung G e o t o p s c h u t z
ein feststehender Begriff.
Im deutschen Sprachraum, vor allem in Deutschland und Österreich, hat sich folgende Definition für
den Geotopschutz eingebürgert (Kreutzer & Schönlaub, 1995, Look, 1996):
„Geotope sind erdgeschichtliche Bildungen der unbelebten Natur, die Erkenntnisse über die
Entwicklung der Erde oder des Lebens vermitteln. Sie umfassen Aufschlüsse von Gesteinen, Böden,
Mineralien und Fossilien, sowie einzelne Naturschöpfungen und nützliche Landschaftsteile.
Schutzwürdig sind jene Geotope, die sich durch ihre besondere erdgeschichtliche Bedeutung,
Seltenheit, Eigenart oder Schönheit auszeichnen. Für Wissenschaft, Forschung und Lehre, sowie für
Natur- und Heimatkunde sind sie Dokumente von besonderem Wert. Sie können insbesondere dann,
wenn sie gefährdet sind und vergleichbare Geotope zum Ausgleich nicht zur Verfügung stehen, eines
rechtlichen Schutzes bedürfen.“
Die Arbeitsgruppe für Geotopschutz der Schweiz hat eine etwas modifizierte Definition erarbeitet
(Strasser & al., 1995):
„Geotop: Geotope sind räumlich begrenzte Teile der Geosphäre von besonderer geologischer,
geomorphologischer oder geoökologischer Bedeutung. Sie beinhalten wichtige Zeugen der
Erdgeschichte und geben Einblick in die Entwicklung der Landschaft und des Klimas. Je nachdem, ob
die prägenden Prozesse abgeschlossen oder noch im Gang sind, handelt es sich um statische oder
aktive Geotope.
Geotope sind der Nachwelt zu erhalten. Sie sind vor Einflüssen zu bewahren, die ihre Substanz,
Struktur, Form oder natürliche Weiterentwicklung beeinträchtigen.
Geotopschutzgebiet: Geotopschutzgebiete sind operative Bereiche, in denen bestimmte Vorschriften
oder Maßnahmen zur Erhaltung oder Pflege von Geotopen erlassen, angeordnet oder ergriffen werden
sollen.
Geotopschutzgebiete sind, gestützt auf Geotopinventare, im Raumplanungsverfahren auszuscheiden
und mit der nötigen Verbindlichkeit festzulegen. Die Aufnahme von Geotopschutzgebieten in die
geltenden Raumplanungsinstrumente wie Richt- und Nutzungspläne, Schutzverordnungen usw.
dokumentiert, dass neben dem rein wissenschaftlichen auch ein breites abgestütztes öffentliches
Interesse an der Geotoperhaltung besteht.“
Ebensolche Bemühungen sind in den anderen Ländern Europas zu finden. Auf europäischer Basis hat
sich „The European Association for the Conservation of the Geological Heritage“ - „ProGEO“
bemüht, diese Ziele zu erreichen und den Satz „To enable the protection of our Geological Heritage so
it can become accessible to all the peoples of Europe“ als „mission statement“ gewählt.
Im Rahmen der ersten Konferenz in Digne, Frankreich 1991 wurde von den 120 teilnehmenden
Delegierten aus 30 Staaten am 13. Juni folgende Erklärung verabschiedet (Originaltext französisch,
Actes du Premier Symposium - Digne-lesBains, 1994):
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„Internationale Erklärung über das Recht der Erde an ihrer Geschichte“
1 - Jeder Mensch als lebendes Wesen ist einzigartig. Ist es nicht Zeit, auch die Einzigartigkeit der Erde
anzuerkennen?
2 - Die Erde trägt uns. Wir sind an die Erde gebunden, und die Erde ist das Bindeglied zwischen uns.
3 - Die Erde mit ihrem Alter von viereinhalb Milliarden Jahren ist die Wiege des Lebens, der
Erneuerung und der Umbildung alles Lebenden. Ihre lange Entwicklung und ihr langsamer
Reifeprozess haben die Umwelt geformt, in der wir leben.
4 - Unsere persönliche Geschichte und die Geschichte der Erde sind eng miteinander verknüpft. Ihr
Ursprung ist unser Ursprung, ihre Geschichte ist unsere Geschichte und ihre Zukunft wird auch unsere
Zukunft sein.
5 - Das Antlitz der Erde und ihre Gestalt sind die Umwelt des Menschen, verschieden von jener von
gestern und der von morgen. Der Mensch ist ein Zeitpunkt der Erde unter andern; er ist nicht
Endzweck, nur Durchgang.
6 - Wie ein alter Baum in seinem Stamm die Erinnerung an sein Wachstum und sein Leben behält, so
bewahrt die Erde die Erinnerung an ihre Vergangenheit... eine Erinnerung, eingeschrieben in den
Tiefen und an der Oberfläche, in den Gesteinen, den Fossilien und den Landschaften, eine Erinnerung,
die gelesen und gedeutet werden kann.
7 - Heute kann der Mensch die Zeugen seiner eigenen Vergangenheit schützen: die Kulturdenkmäler.
Wir beginnen erst jetzt, unsere unmittelbare Umwelt zu schützen, unser natürliches Erbe. Die
Vergangenheit der Erde ist nicht weniger wichtig als die Vergangenheit des Menschen. Es wird Zeit,
dass der Mensch die Vergangenheit der Erde schützen und dabei auch kennen lernt, nämlich jene
Geschichte, die älter ist als diejenige des Menschen und ein neues Erbe umfasst: das geologische Erbe.
8 - Das geologische Erbe ist ein Allgemeingut des Menschen und der Erde. Jeder Mensch und jede
Regierung ist nur Bewahrer dieses Erbes. Jedermann muss verstehen, dass die kleinste Beraubung eine
Verstümmelung, eine Zerstörung bedeutet, ein Verlust, der nicht wieder gut zu machen ist. Jede
wirtschaftliche Nutzung muss den Wert und die Einzigartigkeit dieses Erbes berücksichtigen.
9 - Die Teilnehmer des ersten internationalen Symposiums zum Schutz des geologischen Erbes mit
über hundert Spezialisten aus dreißig verschiedenen Nationen ersuchen die nationalen und
internationalen Behörden eindringlich, alle rechtlichen, finanziellen und organisatorischen
Maßnahmen zu ergreifen, um das geologische Erbe zu beachten und zu schützen.
Im internationalen Rahmen wird diesem Umstand durch die UNESCO Rechnung getragen. Im
Rahmen der Internationalen UNESCO World Heritage Conservation wurden Anstrengungen
unternommen eine Liste geologischer Standorte (Global Indicative List of Geological Sites - GILGES)
als Grundlage für Vorschläge an das World Heritage Committee zusammenzustellen. Derzeit werden
diese internationalen Aktivitäten von der „Global Geosites Working Group“ der International
Geological Union (IUGS) und UNESCO gemeinsam wahrgenommen, wobei angestrebt wird eine
weltweite Liste von solchen „Geosites“ zu erstellen (Look, 1997; Wimbledon, 1996, 1997). In die
World Heritage Liste wurden bisher nur etwa 100 naturwissenschaftliche Objekte aufgenommen,
darunter nur ganz wenige geologischer oder paläontologischer Natur wie z.B. die ca. 50 Millionen
Jahre alte Fossilfundstelle Messel in Hessen, das derzeit einzige derartige Objekt in Europa.
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In diesen verschiedenen Publikationen werden neben Definitionen auch Anleitungen zur Erfassung
und Bewertung von Geotopen gegeben. Ebenso wird auf deren Bedeutung und der Wert für
Wissenschaft, Gesellschaft, Bildung, außerschulisches Lernen, Ökologie, Raumordnung, Bausteinund mineralische Rohstoff-Industrie, Kunst und Tourismus eingegangen (siehe oben und: Hoppe &
Abel, 1999; Judersleben & Pustal, 2000; Look, 1997). Wesentlich erscheint, dass uns die unmittelbare
Verbindung zwischen Geotopen und Biotopen bewusst ist, wobei letztere ja wesentlich durch den
Untergrund - dem Boden als Geotop - geprägt werden. Auf gewisse Konflikte zwischen Geotopen und
Biotopen wurde bereits oben hingewiesen (Hiekel, 1997). Hoffmann & Zorn (1995) schlagen für das
enge Ineinandergreifen von Geotop und Biotop den Begriff „Geobiotop“ vor und führen dafür einige
Beispiele an. Es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass sich über einen spezifischen
geologischen Untergrund immer ein entsprechend spezifischer Boden bildet und dieser die
Voraussetzungen für d i e spezifische Pflanzen und Tierassoziation - das Biotop - schafft.
Neuerdings strebt die UNESCO mit ihrer Division of Earth Sciences an, neben dem sehr exklusiven
Welterbe-Programm ein neues, mit einem UNESCO Gütesiegel versehenes Programm, das „GeoparkProgramm“ zu etablieren. Hier geht es vor allem um die Ausweisung von größeren durch die Geologie
geprägten, erdgeschichtlich bedeutsamen Landschaften, wobei die geologische Erschließung und
Zugängigkeit dieser Landschaft für die Wissenschaft und die Öffentlichkeit ein maßgebendes
Kriterium für die Verleihung dieses „Gütesiegels“ der UNESCO sein wird. Ebenso soll damit in
strukturschwachen Regionen die Wirtschaft durch geologische, aus diesem Raum kommende
Produkte, und durch den Geotourismus gefördert werden. Es geht also um eine „nachhaltige Nutzung“
- den „sustainable use“ - dieser geologischen Landschaft mit ihren Geotopen, welche die Entstehung
und die erdgeschichtliche Einmaligkeit dieser Landschaft begreiflich machen.
Auch auf europäischer Ebene wird ein solches Netzwerk von erdgeschichtlich bedeutsamen und in
diesem Sinn gut aufbereiteten geologischen Landschaften etabliert. Die erste Konferenz des
„European Geopark Network“ fand im Herbst 2000 in Spanien statt, eine weitere 2001 auf der Insel
Lebos in Griechenland und 2002 wird diese Konferenz in Eggenburg in Österreich im Rahmen des
Kulturpark Kamptal tagen. Dabei werden neue Projekte vorgestellt, geprüft und in die Liste des
„European Geopark Networks“ aufgenommen und die weiteren Grundvoraussetzungen zur Schaffung
dieses Netzwerkes diskutiert. Die Aufnahme in das „European Geopark Network“ ist Voraussetzung
zur Verleihung des UNESCO Gütesiegels.
Sanfter Kulturtourismus, wie er eben auch für Geoparks gefordert wird, muss heute auch die hohen
Ansprüche des Touristen nicht nur im Bereich Gastronomie und Beherbergung berücksichtigen.
Speziell dieser Gast hat in vielen Bereichen, durch die heute jedermann zur Verfügung stehenden,
unterschiedlichsten Medien, ein sehr hohes Bildungsniveau und setzt dementsprechende Erwartungen
in derartige themenbezogene „Parks“. Eine wissenschaftlich abgesicherte und fundierte Basis ist daher
für die dargestellten Attraktionen solcher „Parks“ unerlässlich und wird in Zukunft immer mehr an
Bedeutung gewinnen um den entsprechend vorgebildeten Gast nicht zu enttäuschen. Ferner müsste
auch bei der Vergabe von öffentlichen Mitteln aus Kulturbudgets darauf bedacht genommen werden,
dass der Bildungsauftrag, der nach meiner Ansicht immer mit der Mittelzuweisung aus solchen
Budgets verbunden ist, bestmöglich erfüllt wird. Nur mit solchen integeren und objektiv gestalteten
Einrichtungen können solche „Attraktionen“ auf längere Dauer ihren Bestand erhalten und ihren
Auftrag im Sinne von Vermittlung von Kultur und Wissen nachkommen.
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