EU, Klimawandel und Rio +20 Erklärung des EGÖD Angenommen vom EGÖD-Exekutivausschuss am 24. - 25. April 2012 Die Umweltproblematik und der Klimawandel sind für die Gewerkschaften zu einem wichtigen Thema geworden. Der EGÖD hat eine Studie über die Auswirkungen des Klimawandels auf den öffentlichen Dienst herausgegeben, und der Exekutivausschuss hat am 13. und 14. April 2011 eine Reihe von Empfehlungen angenommen. Die Kernaussage lautet, dass öffentliche Investitionen für Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen erforderlich sind. Sie sollten Teil der Strategie für eine Rückkehr zu Wachstum und zur Überwindung der Wirtschaftskrise sein. Die Marktkräfte allein sind als Lösung nicht geeignet. Ein gerechter Übergang und menschenwürdige Arbeitsplätze sind eine Voraussetzung dafür, die Öffentlichkeit zu einer Akzeptanz der für den Wandel erforderlichen Maßnahmen zu bewegen. Der öffentliche Dienst wird eine wichtige Rolle dabei übernehmen, die Gesellschaft auf die Folgen der globalen Erwärmung und des Klimawandels vorzubereiten. Die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes werden in exponierter Stellung dafür sorgen, dass unsere Gesellschaften die zahlreichen Herausforderungen bewältigen können. Der EGÖD-Exekutivausschuss hat sich darauf geeinigt, eine Reihe wichtiger Schlüsselthemen zu verfolgen. Dies sind: 1. Verbindliche Ziele für die Energieeffizienz werden einen Beitrag zur Senkung des Stromverbrauchs und des Verbrauchs fossiler Brennstoffe leisten; sie sind damit ein wichtiger Schritt zur Verringerung der CO2-Emissionen und müssen kombiniert werden mit Maßnahmen gegen die Energiearmut. Der EGÖD hat gemeinsam mit dem EGB Überzeugungsarbeit gegenüber dem Europäischen Parlament geleistet, und wir begrüßen die Abstimmung des EP-Ausschusses für Energie, der auf seiner Sitzung am 28. März verbindliche nationale Ziele für 2020 in dem EU-Richtlinienvorschlag über Energieeffizienz genehmigt hat. Das Europäische Parlament verhandelt jetzt mit dem Ministerrat (einzelstaatliche Regierungen). Der EGÖD fordert den Rat auf, verbindliche nationale Ziele für die Energieeffizienz zu unterstützen und einen Beitrag zu dem Ziel der Verringerung der CO2– Emissionen bis 2020 um 20% oder mehr zu leisten. 2. Das Regelwerk für die Vergabe öffentlicher Aufträge sollte die Berücksichtigung sozialer und umweltrelevanter Kriterien im öffentlichen Aufträgen ermöglichen. Der EGB hat diesen Standpunkt genehmigt, der ebenfalls Bestandteil der Gewerkschaftsplattform für Rio +20 ist. Der EGÖD arbeitet mit dem Netzwerk für ein nachhaltiges öffentliches Auftragswesen zusammen, um dafür zu sorgen, dass die vorgeschlagenen Vergaberichtlinien für öffentliche Aufträge auch soziale und umweltrelevante Kriterien berücksichtigen. Wir fordern das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten auf, dafür zu sorgen, dass durhc die Rechtsvorschriften die weitestgehende Anwendung dieser Kriterien ermöglicht wird und wir ökologischen Herausforderungen begegnen können. EU, Klimawandel und Rio +20 - Erklärung des EGÖD 3. Der EGÖD wird weiterhin nach Möglichkeiten suchen, wie eine Verringerung der CO2Emissionen erreicht werden kann und welche zweckmäßigen Ziele wir uns im Lichte der kohlenstoffarmen Wirtschaft bis 2050 setzen sollten. Aktuelle Entwicklungen wie: die Aussicht auf einen weitgehend CO2-freien Stromsektor im Jahre 2050, wie in dem Energiefahrplan bis 2050 vorgeschlagen die weiterhin bestehende Gefahr einer globalen Erwärmung, wie sie in der oben erwähnten Studie für den EGÖD beschrieben wird die Erkenntnis, dass der Preis des Nichtstuns höher sein wird als Preis für jetzt zu ergreifende Maßnahmen und die Kommissionsstudie mit dem Ergebnis, dass die Kosten für eine einseitige Umsetzung des CO2-Reduktionsziels von 30% bis 2020 geringer sind als ursprünglich angenommen geben Anlass zu ambitionierteren Zielsetzungen. Der EGÖD fordert die Europäische Kommission auf, einen Vorschlag für ein ambitionierteres Ziel der einseitigen Reduzierung von CO2-Emissionens für 2020 um 30% vorzulegen. Dies ist unter folgenden Voraussetzungen akzeptabel: Durchführung einer Agenda für den gerechten Übergang und menschenwürdige Arbeitsplätze, und es gibt eindeutige und transparente Mechanismen zur Bewältigung der sozialen Auswirkungen in den Sektoren und Regionen, die mit negativen Folgen zu rechnen haben. 4. Es ist eine andere wirtschaftspolitische Grundlage erforderlich, bei der weniger der Gewinn im Mittelpunkt steht, sondern bei der vielmehr das Wirtschaftswachstum zur Umsetzung sozialer und umweltrelevanter Ziele beiträgt. Um diese Diskussion voranzubringen, wird der EGÖD gemeinsam mit dem ETUI am 12. Juni 2012 eine Konferenz mit dem Titel „BIP und mehr“ veranstalten. Zielgruppe für das Seminar sind VertreterInnen der Gewerkschaften und der Wissenschaft sowie von Umweltgruppen und sozialen Bewegungen. 5. Ein wichtiger Schwerpunkt ist der Arbeitsplatz als Ausgangspunkt aller Veränderungen. Der EGÖD beteiligt sich an einem EGB-Projekt zur Förderung ökologischer Arbeitsplätze und zur Stärkung der Rolle der betrieblichen ArbeitnehmervertreterInnen. Eine erste Sitzung findet am 15. Mai statt und befasst sich in erster Linie mit europäischen Betriebsräten. 6. Der EGÖD bleibt im Rahmen der EGB-Arbeit weiterhin aktiv und setzt sich im Rahmen der zukünftigen Arbeiten zum Thema Klimawandel in der Zeit nach Durban (Dezember 2011) für den gerechten Übergang und menschenwürdige Arbeit ein. Die in Durban erzielten Ergebnisse waren nicht überzeugend, und die Gewerkschaftsbewegung hat ihre Enttäuschung darüber gezeigt. Zwar hat man sich auf die Fortsetzung der Verhandlungen über ein Kyoto-Nachfolgeprotokoll mit verbindlichen Zielen geeinigt, konkrete Verpflichtungen zur Reduzierung der CO2-Emissionern wurden jedoch nicht erreicht. Der EGÖD fordert die Europäische Kommission und den Europäischen Rat auf, sich weiterhin primär für eine Vereinbarung einzusetzen, die ambitionierte Ziele, Investitionen in Entwicklungsländer und Grundsätze des gerechten Übergangs und menschenwürdiger Arbeit beinhaltet. Soziale Gerechtigkeit und eine grüne Wirtschaft müssen Vorrang vor den etablierten Interessen der Unternehmens- und Finanzwelt haben. 7. IGB und EGB haben die Entscheidung kritisiert, die nächste UN-Klimakonferenz (COP 18 – CMP 8) vom 26. November bis zum 7. Dezember 2012 in Doha, Katar zu veranstalten. 2 EU, Klimawandel und Rio +20 - Erklärung des EGÖD Katars Arbeitsrecht ist extrem restriktiv. In einem Land, in dem ArbeitsmigrantInnen den größten Teil der arbeitenden Bevölkerung stellen (87 % der Gesamtbevölkerung), dürfen Staatsangestellte sowie ausländische Arbeitskräfte keine Gewerkschaften gründen. Der EGÖD fordert die Europäische Kommission und die Kommissionsmitglieder Ashton (EU-Außenbeauftragte) und Hedegaard (Klimaschutz) auf, die Regierung in Katar auf das Thema Gewerkschaftsrechte anzusprechen. Katar hat wichtige IAOÜbereinkommen wie das Übereinkommen über Vereinigungsfreiheit (87) und das Übereinkommen über das Vereinigungsrecht und Kollektivverhandlungen (98) nicht unterzeichnet. 8. Der erste Erdgipfel fand 1992 in Rio de Janeiro statt. Thematisiert wurden zahlreiche Umweltprobleme, und es wurden diverse Empfehlungen angenommen. Seither finden regelmäßig Nachfolgegipfel statt, jedoch mit begrenzten Ergebnissen. Jetzt, 20 Jahre später, wird die UN-Konferenz für nachhaltige Entwicklung (auch genannt Rio +20) die bisherigen Entwicklungen auf den Prüfstand stellen. Sie findet vom 20. bis 22. Juni 2012 statt und wird neue Prioritäten setzen. Ein Schwerpunkt wird das Thema „Eine ökologische Gesellschaft im Kontext von nachhaltiger Entwicklung und Armutsbekämpfung“ sein. EGB und IGB werden an der UN-Konferenz teilnehmen, ebenfalls die IÖD. Die IÖD hat mit dem IGB besonders im Bereich der Thematik der sozialen Grundsicherung gearbeitet und in diesem Kontext die Förderung öffentlicher Dienste und öffentlicher Investitionen gefordert. 9. Die Gewerkschaftsbewegung erwartet Fortschritte in drei Themenbereichen: Grüne & menschenwürdige Arbeit: Eine neue umweltfreundliche Ausrichtung von Investitionen sorgt dafür, dass mehr menschenwürdige Arbeitsplätze und dass zahlreiche neue, nachhaltige Jobs entstehen. Soziale Grundsicherung: Verpflichtung, allen Beschäftigten eine soziale Grundsicherung zu garantieren, damit alle ArbeitnehmerInnen und ihre Familien gegen die zahlreichen ökologischen und ökonomischen Krisen abgesichert sind, mit denen sie konfrontiert werden. Finanztransaktionssteuer: Einführung einer globalen Finanztransaktionssteuer als Möglichkeit der Entwicklungsfinanzierung und der Finanzierung des Kampfes gegen den Klimawandel und als Beitrag zur Reform des Finanzsystems, das überhaupt erst die Finanzkrise verursacht hat. Der EGÖD unterstützt die Forderung des EGB, dass sich die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedstaaten in Rio für diese Kernforderungen einsetzen. Der EGÖD fordert die Mitgliedsgewerkschaften auf, sich gemeinsam mit ihren Gewerkschaftsverbänden für eine entsprechende Verpflichtung der Regierungen einzusetzen. 10. Der EGÖD hat zusammen mit dem EGB den EGB-Standpunkt ausgearbeitet. Im Vorfeld der Konferenz Rio +20 stellt der EGB folgende Forderungen: a. Europa geht über die Europa-2020-Strategie hinaus und fordert eine ambitioniertere Agenda für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum in Europa mit nachhaltigen Investitionen, Erhalt und Schaffung von Arbeitsplätzen und einer ausgewogenen Stärkung der sozialen, ökologischen und ökonomischen Dimensionen; b. Die EU nimmt einen europäischen Fahrplan für den gerechten Übergang an; dies beinhaltet ebenfalls die Förderung des sozialen Dialogs und der Arbeitnehmerrechte und Mitbestimmung bei der nachhaltigen Entwicklung, EU-Ziele für Qualitätsarbeitsplätze durch neue und transformierte Jobs und Initiativen für die Antizipation des Wandels. c. Die EU sorgt für das Mainstreaming der nachhaltigen Entwicklung innerhalb der EU und all ihrer Mitgliedstaaten durch Umsetzung der horizontalen Klauseln im 3 EU, Klimawandel und Rio +20 - Erklärung des EGÖD d. e. f. g. h. Lissabonner Vertrag über Geschlechtergleichstellung, Sozialschutz und Umweltschutz (Artikel 8, 9 und 11 des Vertrags über die Arbeitsweise der EU). Die Sozialpartner sind zu beteiligen. Die EU erkennt die Bedeutung von Behörden, Regulierungen und öffentlichen Haushalten für die Durchführung einer Politik der nachhaltigen Entwicklung an. Dies gilt besonders für den garantierten universellen Zugang zu Wasser und Universaldiensten sowie für die Stärkung der Rolle und der Verwendung sozialer und umweltrelevanter Kriterien bei der Überarbeitung der EU-Beschaffungsrichtlinien; Die Regierungen setzen sich verstärkt für die Neuregulierung und Überwachung der Finanzmärkte, die Austrocknung von Steueroasen, den Kampf gegen Steuerbetrug und die Überprüfung von Investitionsvereinbarungen zur Sicherung nachhaltiger öffentlicher Finanzen ein, um externe Umwelt- und Sozialkosten durch eine geänderte Risikoallokation zu internalisieren und um nachhaltige Investitionen in die Modernisierung und Decarbonisierung der Energie- und Verkehrsinfrastruktur zu fördern; Die EU setzt sich durch verbindliche Vorgaben bei Energieeffizienz und Energieeinsparung von mindestens -20% bis 2020, Förderung einer größeren Effizienz bei der Ressourcennutzung und eine verantwortungsbewusste Abfallwirtschaft ambitioniertere Ziele beim Energie- und Ressourcenverbrauch; Neuausrichtung des EU-Gesamthaushaltes sowie Aufstockung der Struktur- und Regionalfonds bei gleichzeitiger Ex-ante- und Ex-Post-Evaluierung von Krediten der EIB und EBWE unter Berücksichtigung von Sozial- und Umweltkriterien; Einsetzung europäischer und nationaler Bürgerbeauftragter für zukünftige Generationen sowie von dreigliedrigen Ausschüssen für nachhaltige Entwicklung und/oder parlamentarischen oder unabhängigen Kommissionen für zukünftige Generationen. Die EGÖD-Mitgliedsgewerkschaften sind aufgefordert, bei den Mitgliedern des europäischen Parlaments und ihren Regierungen Lobbyarbeit für die Unterstützung dieser Forderungen zu leisten. Es wird ebenfalls vorgeschlagen, dass die Mitgliedsgewerkschaften über diese Erklärung und über die Arbeiten im Umfeld von Rio +20 auf ihren Websites und in ihren Gewerkschaftszeitungen berichten. 4