Gefahrenhinweiskarte Naturgefahren Basel-Landschaft Gefahrenhinweiskarte Naturgefahren im Kanton Basel-Landschaft Kurzbericht Dezember 2005 Gefahrenhinweiskarte Naturgefahren im Kanton Basel-Landschaft Arbeitsgemeinschaft Geo7, Niederer-Pozzi Geotest, Holinger 1. Einleitung Ausgangslage Die fortschreitende bauliche Erschliessung unseres Landes führt zu einer zunehmenden Exposition von Sachwerten und Menschen gegenüber Naturgefahren. Das Schadenpotenzial wächst und die Verletzlichkeit von Werten wird grösser. Gleichzeitig beobachtet man in der Bevölkerung eine abnehmende Risikoakzeptanz auch gegenüber Naturgefahren. Im Sinne eines guten Risikomanagements gilt es, Gefahren zu erkennen und ihre Wirkung auf Werte zu analysieren, damit geeignete Massnahmen zu deren Schutz getroffen werden können. Übersicht Naturgefahrenpotenziale Der Kanton Basel-Landschaft ist ebenfalls mit Naturereignissen konfrontiert. Eine flächendeckende Übersicht über mögliche Naturgefahren fehlte bisher. Daraus entstand das Bedürfnis, einen Überblick über die vorhandenen Gefahrenpotenziale sowie davon betroffene Schadenpotenziale in Form einer Gefahrenhinweiskarte zu erstellen. Gesetzliche Grundlagen Der Gesetzgeber trägt der Forderung nach Erkennung von Naturgefahren Rechnung, indem er die Kantone und Gemeinden verpflichtet, Grundlagen (Gefahrenkarten und Gefahrenkataster) für den Schutz vor Naturereignissen zu erstellen (Eidg. Waldgesetz, Wasserbaugesetz und Raumplanungsgesetz). 2. Zielsetzung Planungsinstrument auf der Stufe Richtplan Ziel der Gefahrenhinweiskarte Naturgefahren Basel-Landschaft ist die Erstellung eines Planungsinstrumentes auf der Ebene Richtplan. Die Gefahrenhinweiskarte soll aufzeigen, welche Flächen potenziell durch Naturgefahren bedroht sind, also einen Überblick über Gefahrenarten und davon betroffene Gefahrenräume liefern. Sie dient zudem der Festlegung von Prioritäten zur Erarbeitung detaillierter Gefahrenkarten auf der Stufe Ortsplanung. Bearbeitete Naturgefahren Die Gefahrenhinweiskarte soll die Gefährdung durch folgende Prozesse aufzeigen: - Hochwasser / Murgang (Überschwemmung, Übersarung, Murgang, Ufererosion) - Sturz- und Rutschgefahren (Stein-, Blockschlag, Felsrutschung, spontane und permanente Lockergesteinsrutschungen) - Einsturz / Absenkung (Dolinen) Bern, Dezember 2005 Seite 2/13 Gefahrenhinweiskarte Naturgefahren im Kanton Basel-Landschaft Arbeitsgemeinschaft Geo7, Niederer-Pozzi Geotest, Holinger 3. Auftrag Auftrag Aufgrund der oben erwähnten gesetzlichen Grundlagen erteilte die Basellandschaftliche Gebäudeversicherung im Vertrag vom 16.04.2004 der Arbeitsgemeinschaft Geo7 / Niederer + Pozzi / GEOTEST / Holinger den Auftrag zur Erstellung der Gefahrenhinweiskarte für den Kanton Basel-Landschaft. Ausarbeitung Die Gefahrenhinweiskarte des Kantons Basel-Landschaft wurde in den Jahren 2004/2005 für das gesamte Kantonsgebiet und sämtliche Naturgefahren erarbeitet. Projektleitung Die Projektführung liegt bei der Basellandschaftlichen Gebäudeversicherung sowie folgenden Amtsstellen: - Forstamt beider Basel - Amt für Raumplanung - Tiefbauamt, Geschäftsbereich Wasserbau - Vermessungs- und Meliorationsamt, Fachstelle Melioration Bearbeitung Das Projektteam besteht aus vier Firmen: - Geo7 AG, 3012 Bern (Projektleitung, Prozesse Murgang, Übersarung, Überschwemmung bei steilen Fliessgewässer) - GEOTEST AG, 3052 Zollikofen (Prozesse Stein-/Blockschlag, Spontanrutschungen, Kartographie) - Niederer + Pozzi Umwelt AG, 8730 Uznach (Prozess Hochwasser bei flachen Fliessgewässern) - Holinger AG, 4410 Liestal (geologische Grundlagen, Prozesse Felsrutschung, permanente Rutschungen, Einsturz / Absenkung) 4. Beschreibung der Naturgefahrenprozesse Überflutung Bern, Dezember 2005 Von Überflutung spricht man, wenn eine Landfläche ausserhalb des Gerinnebettes mit Wasser (und oft auch mit Feststoffen) bedeckt wird. Oft spielen begleitende Prozesse wie das Mitführen von Schwemmholz, Geschiebeablagerung, Ufererosion oder Dammbrüche eine entscheidende Rolle. Die Gefährdung bzw. Hauptschadenwirkung ergibt sich durch grössere Wassertiefen, starke Strömungen, oft auch Erosion. Entsprechend wird zwischen statischer (geringe Fliessgeschwindigkeit) und dynamischer (hohe Fliessgeschwindigkeit) Überflutung unterschieden. Seite 3/13 Gefahrenhinweiskarte Naturgefahren im Kanton Basel-Landschaft Arbeitsgemeinschaft Geo7, Niederer-Pozzi Geotest, Holinger Übersarung Unter Übersarung versteht man die Ablagerung von Feststoffen durch fliessende Wassermassen («fluvialer Geschiebetransport») ausserhalb des Gerinnes, meist im Bereich von WildbachSchwemmkegeln. Murgänge Murgänge sind schnell fliessende Gemische von Wasser und Feststoffen mit einem hohen Feststoffanteil von ca. 30 – 60 %. Sie bewegen sich mindestens während der Anriss- und Transitphase meist in Gerinnen. Im Kegelbereich sowie auf flacheren Gerinnestrecken (Gefälle < 20 %) kommen Murgänge zum Stillstand. Die Hauptschadenwirkung ergibt sich einerseits aus der Stosswirkung der Murgangstirn, welche durch mitgeführte Einzelblöcke noch verstärkt wird, und andererseits aus den mächtigen Ablagerungen von Geröll und Schutt. Talwärts von Murablagerungen spielen sich in der Regel Überschwemmungs-, Übersarungs- und Erosionsprozesse ab. Rutschungen Rutschungen sind hangabwärts gerichtete Bewegungen von Hangteilen aus Fels- und/oder Lockergesteinen an mässig bis stark geneigten Böschungen. Sie sind Ergebnis eines Scherbruches an der Untergrenze der bewegten Masse. Viele Rutschungen sind alt und heute weitgehend ruhig («schlafend»), können aber allmählich oder plötzlich neu belebt werden. Bei Rutschungen spielt Wasser meist eine entscheidende Rolle, sei es durch die Wirkung des Porenwasserdrucks, von Sickerströmung oder der Druckwirkung quellender Tonminerale. Die Klassierung von Rutschungen erfolgt anhand des Materials (Lockermaterial-, Felsrutschungen), der Gründigkeit (flach-, mittel-, tiefgründig), der Dauer der Rutschphasen (spontane, permanente Rutschungen) und der Rutschgeschwindigkeit. Stein- und Blockschlag Stein- und Blockschlag sind charakterisiert durch mehr oder weniger isolierte Sturzbewegungen von Einzelkomponenten von bis zu mehreren Kubikmetern Grösse. Es werden Geschwindigkeiten bis zu 30 m/s erreicht. Bei Hangneigungen unter ca. 30° kommen bewegte Steine und Blöcke im Allgemeinen zum Stillstand. Wald kann die kinetische Energie der Blöcke stark reduzieren. Felssturz Beim Felssturz löst sich ein grösseres, in sich mehr oder weniger fragmentiertes Gesteinspaket «en bloc» aus dem Gebirgsverband und stürzt ab. Das verlagerte Volumen liegt meist zwischen 100 und mehreren 100'000 m3 pro Ereignis. Im Gegensatz zum Bergsturz sind die Interaktionen zwischen den Sturzkomponenten und der dabei entstehende Energieaustausch relativ gering. Die Verlagerungsgeschwindigkeit liegt häufig im Bereich zwischen 10 und 40 m/s. Einsturz (Dolinen) Dolinen (Einsturztrichter) sind Ausdruck einer spontanen oder kontinuierlichen Absenkung der Geländeoberfläche infolge des Nachbruches unterirdischer Lösungshohlräume (Karst). Die Hohlräume ihrerseits sind das Produkt langfristiger Lösung vergleichsweise leicht löslicher, gesteinsbildender Minerale wie Calcit, Dolomit, Gips oder Steinsalz durch zirkulierendes Sicker- und Grundwasser (Subrosion). Entsprechend sind Einstürze bzw. Absenkungen auf die Verbreitungsgebiete verkarstungsfähiger Gesteine beschränkt. Die Schadenwirkung ergibt sich durch Einstürze und Absenkungen und betrifft insbesondere Gebäude und Infrastruktur. Bern, Dezember 2005 Seite 4/13 Gefahrenhinweiskarte Naturgefahren im Kanton Basel-Landschaft Arbeitsgemeinschaft Geo7, Niederer-Pozzi Geotest, Holinger 5. Ausscheidung und Darstellung der Prozessräume 5.1 Ausscheidung Computergestütztes Verfahren und gutachterliche Bearbeitung Die Prozessflächen Sturz, Spontanrutschungen, Murgang, Übersarung und teilweise Überflutung wurden durch computergestützte Modellierungen erstellt. Eine wichtige Grundlage war dabei das digitale Höhenmodell des Kantons Basel-Landschaft (DHM10). Permanente Rutschungen konnten nicht computergestützt bearbeitet werden. Sie wurden aufgrund bestehender geologischer Grundlagen erfasst. Überschwemmungsgebiete der flachen Fliessgewässer wurden mit ergänzenden Berechnungen und im Gelände gutachterlich abgegrenzt. Die angewendeten Methoden zur Ausscheidung der potentiellen Gefahrengebiete ergeben eine einheitliche, objektive, nachvollziehbare und transparente Gefahrenbeurteilung. Grösstenteils keine Berücksichtigung bestehender Schutzbauten Fehler bedingt durch Eingabedaten Überprüfung der Resultate Die vielerorts bestehenden Verbauungen gegen Rutschungen, Steinschlag und Hochwasser wurden mit Ausnahme der Verbauungen an flachen Gewässern bei der Bearbeitung nicht berücksichtigt. Es wurden lediglich Schutzbauten berücksichtigt, welche sich morphologisch im DHM abzeichnen, das heisst grössere Geländeschüttungen, wie z.B. Schutzwälle, Schutzdämme, Ufermauern und ähnliche. Die Berücksichtigung der übrigen Schutzbauten muss auf Stufe Gefahrenkarte erfolgen. Obschon die Modellrechnungen an sich fehlerfrei arbeiten, können Fehler auftreten. Diese können z.B. durch Ungenauigkeiten im Höhenmodell (10 m-Raster), im Gewässernetz oder durch zu geringen Detaillierungsgrad der geologischen Grundlagendaten bedingt sein. Die Modellierungsergebnisse wurden teilweise anhand von Feldbegehungen überprüft. 5.2 Darstellung Räumliche und thematische Trennung auf sechs Kartenblätter 1:25’000 Die Gefahrenhinweiskarte wurde auf zwei Kartenblätter (Blatt West, Blatt Ost) aufgeteilt. Zur besseren Lesbarkeit wurden die Inhalte der Gefahrenhinweiskarte zudem nach Gefahrenprozessen auf drei Themenkarten 1:25'000 aufgetrennt: - Karte Sturzprozesse (Steinschlag, Felssturz) - Karte Rutschungen und Einsturz (spontane Rutschungen, permanente Rutschungen, Felsrutschungen, Dolinen/Einsturzgefahr) - Karte Wassergefahren (Murgang, Übersarung, Überflutung) Es ergeben sich sechs Einzelkarten. Bern, Dezember 2005 Seite 5/13 Gefahrenhinweiskarte Naturgefahren im Kanton Basel-Landschaft Arbeitsgemeinschaft Geo7, Niederer-Pozzi Geotest, Holinger Legende siehe Titelblatt Karten Die Prozessräume sind als umrahmte oder ausgefüllte Flächen dargestellt. Bei der Farbwahl wurden – soweit möglich – die Standards des «Symbolbaukastens zur Kartierung der Phänomene» (BUWAL/BWG, 1995) verwendet. Jedes Kartenblatt ist mit einer prozessspezifisch ausgestalteten Legende versehen. Methodik Die zur Ausscheidung der Prozessbereiche angewandten Methoden und Modelle sind auf dem Kartentitelblatt kurz zusammengefasst. Für detailliertere Angaben wird auf den umfangreichen Erläuterungsbericht verwiesen. 6. Resultate Steinschlag Im Kanton Basel-Landschaft sind rund 25.6 km2 Fläche durch Steinund Blockschlag betroffen. Davon sind 2.8 km2 Ausbruchzonen 'Fels' 6.5 km2 Ausbruch 'Schuttwald' 16.3 km2 Transit- und Ablagerungsgebiete Die Modellierungsresultate zeigen eine Gliederung des Kantons in einen Nord- und Süd-/Südwestteil. Der südlichste Kantonsteil (Faltenjura) sowie das Laufental mit Seitentälern (Steilstufen Tafeljura) weisen eine flächenmässig grössere Gefährdung durch Stein- und Blockschlag auf als der nördliche und nordöstliche Kantonsteil. Generell liegt ein Grossteil des Prozessraumes Stein-/Blockschlag ausserhalb der Siedlungsgebiete, wodurch nur wenige potentielle Konflikte mit der Raumnutzung resultieren und somit seine Bedeutung für nachfolgende Detailabklärungen (Gefahrenkarten) im Vergleich zu den anderen Naturgefahren stark zurücktritt. Spontane Rutschungen Die modellierte Fläche 'spontane Rutschungen' im Kanton BaselLandschaft beträgt 103 km2, was etwa 20% der Kantonsfläche entspricht. Der relativ hohe Flächenanteil resultiert aus eher pessimistischen Annahmen wie sie für eine Bearbeitung auf Stufe Gefahrenhinweis zweckmässig sind. Die grossen Flächenanteile der modellierten spontanen Rutschungen liegen meist ausserhalb der Siedlungszonen, jedoch werden im ganzen Kantonsgebiet lokal Siedlungen / Häuser und Verbindungswege (Schadenpotential) vom Prozess tangiert. Es ist darauf hinzuweisen, dass Rutschprozesse auf Stufe Gefahrenhinweis, wegen der mehrheitlich fehlenden Feldkartierungen sowie wenig detaillierten Modellparametern, nur mit einer gewissen Unschärfe beurteilt werden können. Bern, Dezember 2005 Seite 6/13 Gefahrenhinweiskarte Naturgefahren im Kanton Basel-Landschaft Permanente Rutschungen Arbeitsgemeinschaft Geo7, Niederer-Pozzi Geotest, Holinger Ein Potential für permanente Rutschungen besteht für gut die Hälfte der Fläche des Kantons Basel-Landschaft. Der Grund dafür liegt in der weiten Verbreitung von zur tiefgründiger Verwitterung und Rutschung neigenden Tonsteinen und Mergeln im Felsuntergrund in Verbindung mit einem ausgeprägten Oberflächenrelief. Grundsätzlich kritisch zu bewerten, sind alle Gebiete, deren Untergrund von Gesteinen des Mittleren Muschelkalks, des Keupers, des Opalinustons, der Oxford- und Callovientone, der Effinger Schichten, der MelettaSchichten sowie der Cyrenenmergel eingenommen werden und deren Oberfläche stärker geneigt ist als 20°. Die erwiesenen Rutschungen, soweit sie aus bestehenden geologischen Karten hervorgehen, nehmen auf der Gefahrenhinweiskarte eine Fläche von 8,0 km2 bzw. 1,5% des Kantonsgebietes ein. Vor allem wegen der Informationslücken im Bereich der Kartenblätter Sissach und Hauenstein, wie auch wegen des Umstandes, dass in den Karten vorwiegend aktive Rutschungen verzeichnet sind, dürften die effektiv von permanenten, tiefgründigen Rutschungen betroffenen Flächen tatsächlich deutlich grösser sein. Felsrutschungen Auf einer Fläche von 9,8 km2 bzw. 2% des Kantonsgebietes besteht ein Potential für Felsrutschungen. Da der Prozesse nur unter der Voraussetzung einer Neigung der Schichten von wenigstens 20° auftreten kann, liegen die fraglichen Gebiete vor allem in dem im Faltenjura gelegenen Anteil des Kantons namentlich den Gebieten um den Blauen, den Passwang und den Hauenstein sowie im Oberen Laufental (Südrand Laufener Becken). Nördlich bzw. ausserhalb des Faltenjura ist mit Felsrutschungen nur lokal im Bereich von flexurartigen Schichtverbiegungen sowie von tektonischen Störungen mit ausgeprägter Verschleppung der Schichten zu rechnen so z.B. an der Ostflanke des Unteren Birstales (Flexur am östlichen Rand des Oberrheingraben), östlich des Wartenberg (östliche Randstörung Wartenberggraben) sowie südlich Maisprach (Bruchzone von ZeiningenWehr). Erwiesene bzw. kartierte Sackungen als Phänomen früherer Felsrutschungen machen auf der Gefahrenhinweiskarte 1,3 km2 bzw. 0,2% des Kantonsgebietes aus. Allerdings dürften diese tatsächlich viel weiter verbreitet sein, da sich Sackungsmassen durch die Bedeckung mit quartären Sedimenten vielerorts der Kartierung entziehen bzw. nicht im vollen Ausmass bekannt sind. Die parallele Darstellung der modellierten spontanen Rutschungen, der gutachterlich aufbereiteten permanenten Rutschungen und potentiellen Felsrutschungen sowie des kantonsweiten Ereigniskatasters auf der Gefahrenhinweiskarte gibt jedoch einen guten Überblick der potentiellen Rutschgefährdung im Kanton. Dolinen und Einsturzgefahr Bern, Dezember 2005 Auf etwa ¾ der Kantonsfläche besteht ein Potential für Einsturz bzw. Absenkung infolge der Verbreitung verkarstungsfähiger Gesteine im Felsuntergrund. Die Verteilung innerhalb des Kantonsgebietes bildet Seite 7/13 Gefahrenhinweiskarte Naturgefahren im Kanton Basel-Landschaft Arbeitsgemeinschaft Geo7, Niederer-Pozzi Geotest, Holinger sehr deutlich die tektonische Gliederung ab, da im Bereich des Rheintalgrabens – zumindest in Oberflächennähe - praktisch keine verkarstungsfähigen Gesteine auftreten, dagegen im Bereich des angrenzenden Tafel- und Faltenjuras sehr häufig sind. Soweit überhaupt dokumentiert liegen Dolinen i.e.S als Ausdruck spontaner Einstürze in Gebieten, wo die verkarstungsfähigen Festgesteine lediglich in geringer Mächtigkeit mit quartären Sedimenten bedeckt sind. Dabei treten besonders die im Blauengebiet und im südlich anschliessenden Laufener Becken an der Oberfläche anstehenden Kalke des Malm (Rauracien, Sequanien), sowie die im östlichen Kanonsteil häufiger oberflächlich vorkommenden Kalke des Oberen Muschelkalks sowie des Hauptrogenstein und die gipsführenden Mergel des Gipskeupers in Erscheinung. Im Bereich des Rheintales hingegen, wo der tiefere Untergrund beinahe flächendeckend von verkarstungsfähigen Gesteinen eingenommen wird, sind kaum Dolinen kartiert oder spontane Einstürze registriert. Die angesichts der mächtigen Überdeckung mit Schottern hier eher zu erwartenden flächenhaften, kontinuierlichen Absenkungen können entweder direkt beobachtet bzw. gemessen oder anhand der Morphologie der Schotterbasis bzw. Felsoberfläche rekonstruiert werden. Solche Absenkungen traten und treten v. a. im Gebiet Muttenz - Schweizerhalle auf. Übersarung, Überschwemmung, Murgang Steile Fliessgewässer Im Kanton Basel-Landschaft sind rund 11.6 km2 (2.3%) der Kantonsfläche durch Wasserprozesse aus den steilen Gewässern betroffen. Davon sind 0.3 km2 oder 3 % durch Murgang betroffene Flächen 2.9 km2 oder 25 % durch Übersarung betroffene Flächen 8.4 km2 oder 72 % durch Überschwemmung betroffene Flächen Wassergefahren durch steile Gewässer treten verstärkt in den Bezirken Waldenburg und Sissach auf. Aufgrund der topographischen Situation mit schmalen Talsohlen, in welchen sich auch die Siedlungsgebiete befinden, ergeben sich hier die meisten Konflikte mit der Raumnutzung. Aufgrund der starken Reliefenergie und der vorherrschenden Geologie ist in zahlreichen Bächen mit der Mobilisierung und Ausuferung von Geschiebe an den Schwachstellen zu rechnen. Mit einem Anteil von 3 % an der gesamten Prozessfläche der steilen Gewässer, spielen Murgänge eine untergeordnete Rolle. Sie erreichen zudem mit wenigen Ausnahmen das Siedlungsgebiet nicht oder nur randlich. Ufererosion Mit verstärkter Ufererosion ist entlang der steilen Fliessgewässer auf rund 7.6 km zu rechnen. Ufererosion ist insbesondere dort möglich, Bern, Dezember 2005 Seite 8/13 Gefahrenhinweiskarte Naturgefahren im Kanton Basel-Landschaft Arbeitsgemeinschaft Geo7, Niederer-Pozzi Geotest, Holinger wo das Gerinne durch mächtigere Lockermaterialschichten fliesst. Flache Fliessgewässer Insgesamt sind im Kanton Basel-Landschaft potenziell 20.6 km2 durch Überschwemmung von flachen Gewässern betroffen. Dies entspricht rund 4% der Kantonsfläche. Im Kanton Basel-Stadt sind 1.5 km2 von potenzieller Überflutung durch den Dorenbach, die Birsig und die Birs betroffen. Raum Ergolz (330 km2; Hinweisfläche: 5.5 km2) Obwohl es sich beim Raum Ergolz (Ergolz mit Seitenbächen sowie Arisdorf, Wintersingen, Buus und Maisprach) mit 330 km2 um den flächenmässig grössten Teil des Kantons Basel-Landschaft handelt, ist der Anteil der potenziellen Überschwemmungsflächen mit 5.5 km2 (= 1.7% des Raums Ergolz) relativ gering. Dies ist auf den schmalen Talboden sämtlicher Fliessgewässer im Einzugsgebiet der Ergolz und die entsprechend begrenzten Ausbreitungsmöglichkeiten des Wassers zurückzuführen. Betroffen sind vorwiegend die tiefgelegenen Dorfbereiche. Raum Birs (120 km2; Hinweisfläche: 7.4 km2) Der Raum Birs umfasst das Einzugsgebiet der Birs innerhalb der Kantonsfläche Basel-Landschaft mit den Seitenbächen Chastelbach, Diebach, Dorfbach Arlesheim, Dorfbach Muttenz, Langimattbach, Löffelbach, Lolibach, Lüssel, Lützel, Rohrbergbach, Seebach, Stürmenbach, Tugbach und Wahlenbach. Auch im Gebiet der Birs sind relativ enge Täler vorherrschend. Mögliche Überschwemmungsflächen bei einem Extremereignis beschränken sich auf den Talboden. Bei einem Extremhochwasser besonders betroffen sind die Gebiete Laufen und Münchenstein. In Muttenz kann der Dorfbach grosse Siedlungsflächen überschwemmen (max. 1.2 km2). Raum Allschwil – Therwil – Reinach (62 km2; Hinweisfl.: 8 km2) Der Raum Allschwil – Therwil – Reinach umfasst neben den genannten Orten die Gemeinden Binningen, Bottmingen, Oberwil, BielBenken, Ettingen und Aesch. Dieses Gebiet zeichnet sich durch flache Ebenen aus. Entsprechend der ebenen Gebietsprägung können bei Extremereignissen relativ grosse Flächen betroffen sein. 13% der 62 km2 sind potenzielles Überschwemmungsgebiet (8 km2). Dies entspricht fast 40% der Hinweisfläche des gesamten Kantons. Am stärksten betroffen sind die Dorfzentren von Allschwil (durch den Allschwiler Dorfbach und den Dorenbach), Therwil (durch den Schlifbach und den Marchbach), Ettingen (durch den Büttenenlochbach und den Eschenbach), Oberwil (durch den Schlif- und Marchbach), Aesch (durch den Chlusbach), Reinach (durch den Erlenbach) und Münchenstein (Neumünchenstein). Zudem ist in den Gemeinden Biel-Benken, Therwil, Ettingen, Aesch und Reinach Landwirtschaftsgebiet betroffen (je zwischen 1 bis 4 ha). Bern, Dezember 2005 Seite 9/13 Gefahrenhinweiskarte Naturgefahren im Kanton Basel-Landschaft Arbeitsgemeinschaft Geo7, Niederer-Pozzi Geotest, Holinger Rhein Im ‚Atlas der Überschwemmungsgefährdung und möglichen Schäden bei Extremhochwasser am Rhein’ von 2001 sind Überschwemmungsflächen im Massstab 1:100'000 dargestellt. Zur Ermittlung der Ausdehnung des Extremereignis’ wurde die Überschwemmungsgrenze des Hochwassers von 1999 mit einem Aufschlag von 1 m versehen. Der Atlas verzeichnet auf Kantonsgebiet BaselLandschaft keine Wasseraustritte. Der gesamte Rheinabschnitt auf Kantonsgebiet Basel-Landschaft befindet sich im Einflussbereich der beiden Kraftwerke Birsfelden und Augst-Wylen. Auf dem Längenprofil des Rheins ist ein Höchsthochwasserabfluss von 5'500 m3/s eingetragen. Dabei sind beidseitig keine Wasseraustritte möglich. Das linksseitige Freibord (Schweizer Ufer) beträgt zwischen 1 und 7 m. Im Bereich des Auhafens ist für ein HHW von 5'500 m3/s ein minimales Freibord von 90 cm vorhanden (rechtsseitig: 5 m). Bei einer Extremhochwassermenge von 5'915 m3/s sind an dieser Stelle Wasseraustritte möglich. Es ist im nordwestlichen Bereich des Auhafens mit einer Überschwemmungstiefe von 0.1 – 0.4 m zu rechnen. Die grossen Tanks sind dabei nicht gefährdet, weil sie mit einer Betonmauer geschützt sind. Hingegen sind die übrigen Gebäude und Lagerhallen sowie die Gleisanlagen betroffen. Eine zweite Stelle mit einem Freibord von 0.9 m (HHW = 5'500 m3/s) befindet sich unmittelbar unterhalb der Gemeindegrenze Muttenz / Pratteln. An dieser Stelle sind aber die Fliessgeschwindigkeiten und somit die Kapazität grösser, so dass bei einer Extremhochwassermenge von 5'915 m3/s nicht mit Wasseraustritten gerechnet werden muss. Ufererosion Insgesamt ist Ufererosion an 194 km der flachen Fliessgewässer möglich. Ein relativ geringer Anteil ist derart stark verbaut, dass keine Ufererosion mehr möglich ist (34 km). Ufererosion ist tendenziell in ländlichen Gebieten möglich, wo die Gewässer weniger stark verbaut sind. Im Siedlungsgebiet ist Ufererosion infolge der meist stark verbauten Gerinne nicht oder nur beschränkt möglich. Basel Stadt Dorfbach Allschwil (Allschwilerbach) und Dorenbach: Aufgrund des sehr flachen Terrains und der deshalb schwer fassbaren Wasserausbreitung erfolgte die Abgrenzung der Hinweisflächen pessimistisch, d.h. auf der sicheren Seite. Infolge Bautätigkeit zur Zeit der Beurteilung (März 2005) in den Gebieten St. Johann (Neubau Kreisel Luzernerring-Flughafenstrasse sowie Bauarbeiten beim Bahnhof St. Johann) und an der Neudorfstrasse darf die Hinweisfläche in diesen Gebieten nicht als abschliessend betrachtet werden. Geringfügige Terrrainänderungen (im Bereich von wenigen cm) ha- Bern, Dezember 2005 Seite 10/13 Gefahrenhinweiskarte Naturgefahren im Kanton Basel-Landschaft Arbeitsgemeinschaft Geo7, Niederer-Pozzi Geotest, Holinger ben bereits Auswirkungen auf die Abflussverhältnisse. Birsig: Die Eindolung beim Zoologischen Garten weist für ein EHQ ein geringes Kapazitätsdefizit auf. Eine Überflutung des Zoos ist eher unwahrscheinlich, aber möglich (geringe austretende Wassermengen). Die Eindolung bei der Heuwaage ist bei einem Extremhochwasser deutlich überlastet. Der grosse Rechen bildet zudem eine erhebliche Verklausungsgefahr. Die dabei austretenden Wassermassen fliessen durch die tiefer gelegenen Teile der Altstadt und schliesslich beim Hotel ‚Drei Könige’ in den Rhein. Birs: Bei linksseitigen Wasseraustritten im Gebiet St. Jakob ist auch das Fussballstadion St. Jakob-Park betroffen. Weitere, vorwiegend linksseitige Wasseraustritte finden erst im Mündungsbereich statt, wobei die Gebäude entlang der Birs- und Lehenmattstrasse betroffen sind. 6. Aussagen und Grenzen der Gefahrenhinweiskarte Hinweise auf Prozessräume Die Gefahrenhinweiskarte des Kantons Basel-Landschaft veranschaulicht diejenigen Flächen, die durch Naturgefahrenprozesse betroffen sein können. Die Karte gibt damit einen Hinweis auf eine mögliche Gefährdung. Nicht alle möglichen Konfliktstellen sind sichtbar Mögliche Konfliktstellen entstehen dort, wo sich Prozessflächen mit Schadenpotenzial decken. Sie sind teilweise auf der Karte ersichtlich (Siedlungen, Verkehrswege), zum Teil jedoch nicht direkt (Bauten im Projektstadium). Keine Angaben zu Häufigkeit (Eintretenswahrscheinlichkeit) und Ausmass (Intensität) der Naturgefahr Die abgegrenzten Gefahrenhinweisgebiete können lokale Gegebenheiten nicht in jedem Fall berücksichtigen. Im Gegensatz zur Gefahrenkarte weist die Gefahrenhinweiskarte weder auf das Ausmass (Intensität, Prozessstärke) noch auf die Häufigkeit des Auftretens (Eintretenswahrscheinlichkeit) der betrachteten Gefahr hin. Daher kann aus der Gefahrenhinweiskarte keine eigentliche Gefährdung abgeleitet werden, sondern allenfalls ein Gefährdungsverdacht. Nicht grundeigentümerverbindlich Keine Schutzziele und Massnahmen Die Gefahrenhinweiskarte ist nicht parzellenscharf und nicht grundeigentümerverbindlich. Sie enthält keine Angaben über Schutzbedürfnisse (Schutzziele) und keine Aussagen zu möglichen oder zu treffenden Schutzvorkehrungen (Massnahmen). Die auf der Gefahrenhinweiskarte dargestellten Prozessräume müssen im Bewusstsein um bestehende Aussagegrenzen interpretiert werden. Insbesondere sind folgende Punkte zu berücksichtigen: Bern, Dezember 2005 Seite 11/13 Gefahrenhinweiskarte Naturgefahren im Kanton Basel-Landschaft Arbeitsgemeinschaft Geo7, Niederer-Pozzi Geotest, Holinger Darstellungsgenauigkeit der Prozessräume 1. Die Modellierungsergebnisse liegen als 10 m-Raster vor, die aus kartografischen Gründen (Lesbarkeit) leicht generalisiert wurden. Somit können die auf der Karte dargestellten Flächen von der ursprünglichen Modellierung abweichen. Diese Abweichung von max. 20 m entspricht auf der Gefahrenhinweiskarte 1:25'000 einer Darstellungsgenauigkeit der Prozessräume von knapp 1 mm. Pessimistische Prozessräume 2. Die auf der Gefahrenhinweiskarte dargestellten Flächen basieren zwar auf realistischen, durch Erfahrung und Beobachtungen abgestützte Modellrechnungen und gutachterliche Beurteilungen, welche durch Feldaufnahmen unterstützt wurden. Gewisse Unsicherheiten ergeben sich aus der begrenzten Auflösung und Genauigkeit der verwendeten Grundlagendaten (Topografie, Geologie, Bodenbedeckung). Aus diesem Grund wurden die Prozessräume bewusst grosszügig ausgeschieden und sind somit tendenziell pessimistisch dargestellt. Grösstenteils keine Berücksichtigung der bestehenden Schutzbauten 3. Allfällige Verbauungen gegen Rutschungen, Steinschlag, Hochwasser und Murgänge sind in der Gefahrenhinweiskarte nicht berücksichtigt. Ebenfalls nicht berücksichtigt ist die stabilisierende Wirkung von Entwässerungsmassnahmen (v.a. bei spontanen Rutschungen). Die entsprechenden Prozessräume sind so dargestellt, als ob keine entsprechenden Schutzbauten bestünden. 7. Anwendung der Gefahrenhinweiskarte Planungsinstrument Ebene Richtplan Mit der Gefahrenhinweiskarte haben die Behörden ein wichtiges Planungsinstrument zur Hand. Überblick über Naturgefahrenprozesse Die Gefahrenhinweiskarte gibt einen umfassenden Überblick über alle relevanten gravitativen Naturgefahrenprozesse im Kanton BaselLandschaft. Notwendigkeit vertiefter Abklärungen Aufgrund der Gefahrenhinweiskarte lassen sich mögliche Konfliktstellen erkennen. Sie bildet eine wesentliche Grundlage zur Festlegung der Gebiete in denen vertiefte Abklärungen nötig sind oder Gefahrenkarten ausgearbeitet werden müssen. Dies ist insbesondere bei betroffenen (bestehenden) Siedlungen und im Rahmen der gemeindlichen Nutzungsplanung von Bedeutung. Nutzungsplanung Grobe Beurteilung von Einzelbauvorhaben Bern, Dezember 2005 Aufgrund der Gefahrenhinweiskarte können Einzelbauvorhaben und Konzessionsgesuche grob beurteilt und gegebenenfalls näher abzuklärende Risiken erkannt werden. Seite 12/13 Gefahrenhinweiskarte Naturgefahren im Kanton Basel-Landschaft Arbeitsgemeinschaft Geo7, Niederer-Pozzi Geotest, Holinger Subventionspolitik Da die Gefahrenhinweiskarte auf einheitlich angewendeten, objektiven Kriterien beruht, kann sie zur Festlegung von Subventionierungsprioritäten dienen, was die Wirkung öffentlicher Gelder optimiert. Ebenso kann der Einsatz öffentlicher Gelder von der Erarbeitung weiterer Gefahrengrundlagen abhängig gemacht werden. Notfallplanung Die Gefahrenhinweiskarte bildet eine wesentliche Grundlage bei der Planung der Notfallorganisationen. Sie zeigt auf, was passieren könnte. Dadurch lassen sich Notfallszenarien ableiten, welche für eine vorausschauende Notfallplanung sehr wichtig sind. Rücksprache mit Fachbehörden vor Anwendung der Gefahrenhinweiskarte Vor Anwendung der Gefahrenhinweiskarte zu einem der erwähnten Zwecke ist es ratsam, die entsprechenden kantonalen Stellen zu kontaktieren: - Amt für Raumplanung (Umsetzung in Raumplanung sowie Prozesse Rutschgefahren) - Forstamt beider Basel (Prozesse Sturzgefahren) - Tiefbauamt, Geschäftbereich Wasserbau (Prozesse Wassergefahren) Diese Fachstellen erteilen Ihnen gerne Auskunft darüber, wie mit der Gefahrenhinweiskarte des Kantons Basel-Landschaft umzugehen ist. Bestellung der Gefahrenhinweiskarte Die Gefahrenhinweiskarte des Kantons Basel-Landschaft kann zum Selbstkostenpreis bei folgender Adresse bezogen werden: Basellandschaftliche Gebäudeversicherung (BGV), Rheinstrasse 33a, 4410 Liestal. Es werden ausschliesslich vollständige Dossiers abgegeben. Der Bezug von Auszügen bzw. Einzelblattkopien ist nicht möglich. Bei der Basellandschaftlichen Gebäudeversicherung und den oben genannten kantonalen Fachstellen kann die Gefahrenhinweiskarte auf Voranmeldung eingesehen werden. Bern, Dezember 2005 Seite 13/13