Hormonelle Kontrazeption - Österreichische Ärztezeitung

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Hormonelle
Kontrazeption
In den letzten Jahren sind zahlreiche Kontrazeptiva mit stark reduzierter Ethinylöstradiolund Gestagendosis bei gleichzeitig erhaltener Sicherheit auf den Markt gekommen. Ein
Leitfaden durch die gängigsten Präparate und sonstigen Applikationsformen.
Von Michael Sator et al.*
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❯ österreichische ärztezeitung ❮ 23/24 ❮ 15. dezember 2004
DFP - Literaturstudium
Einleitung
Als der amerikanische Endokrinologe
Gregory Pincus im Jahre 1959 die ersten Daten über die Anwendung eines Ovulationshemmers veröffentlichte, war nicht vorauszusehen, dass nur 16 Jahre später weltweit etwa 54 Millionen Frauen Ovulationshemmer
gebrauchen würden. Das erste verfügbare
Kombinationspräparat trug den Namen
Enovid® mit den Inhaltsstoffen 9,85 mg
Norethynodrel und 150 mg Mestranol. Hohe kontrazeptive Sicherheit, hoher Anwendungskomfort, ungestörte Sexualität und ein
geringes Nebenwirkungsprofil sind die Anforderungen, die an moderne Kontrazeptiva
gestellt werden. So wurden unterschiedliche
synthetische Gestagene mit spezifischen extragenitalen Partialwirkungen, Kontrazeptiva
ohne Ethinylöstradiol-Anteil, verschiedene
Langzeitkontrazeptiva und die unterschiedlichsten Applikationsformen entwickelt.
© corbis
Verwendete Sexualsteroide
a) Ethinylöstradiol
In den ersten Pillenpräparaten wurden natürliche Östrogene eingesetzt; jedoch kam es doppelt so oft zu Zwischenblutungen als bei der Verwendung des synthetischen Steroids
Ethinylöstradiol. Ethinylöstradiol unterscheidet sich von
Östradiol durch eine Ethinylgruppe am C-Atom 17. Erthinylöstradiol wird nach oraler Aufnahme rasch im Dünndarm
resorbiert; maximale Serumspiegel sind bereits ein bis zwei
Stunden nach der Aufnahme zu erwarten. Bei allen erhältlichen Kontrazeptiva gelangt ausschließlich Ethinylöstradiol
als Östrogen zum Einsatz. Die einzelnen Präparate unterscheiden sich nur hinsichtlich der Ethinylöstradiol-Dosis.
b) Gestagene
Neben der Ovulationshemmung kommt den Gestagenen
aufgrund der unterschiedlichen Partialwirkungen große Bedeutung bei der richtigen Auswahl des Präparates zu. Folgende Partialwirkungen sind von Bedeutung (siehe Tab.1):
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; progesteronartige Wirkung
; glukokortikoide Wirkung
; antiandrogene Wirkung
; antimineralokortikoide Wirkung
Man unterscheidet die dem Progesteron strukturell verwandten Pregnane von den Nortestosteron-Derivaten. Die
Progesteronderivate zeichnen sich vor allem dadurch aus,
dass sie keine antiandrogene Partialwirkung haben, sondern
eine zum Teil ausgeprägte antiandrogene Wirkung aufweisen. Nortestosteronderivate zeigen keine antiandrogene Partialwirkung.
c) Drospirenon
Drospirenon ist seit nahezu zehn Jahren das erste neue
Gestagen. Es gehört zur Progesterongruppe und hat sowohl
gestagene, antiandrogene und auch antimineralokortikoide
Partialwirkungen. Die leichte natriuretische Wirkung antagonisiert die ethinylöstradiolinduzierte Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems mit der Tendenz zur
vermehrten Wassereinlagerung. Drospirenon antagonisiert
nicht den östrogeninduzierten Anstieg des SHBG, somit
wird der Serumspiegel der freien Androgene nicht erhöht.
Therapeutischer Einsatz
hormoneller Kontrazeptiva
Die Einnahme hormoneller Kontrazeptiva hat neben der
primären ovulationsunterdrückenden Wirkung auch Einfluss
auf extragenitale Organsysteme.
Funktionelle Ovarialzysten
Hier ist der therapeutische Einsatz von Ovulationshemmern zur Rezidivprophylaxe gerechtfertigt, sofern ein malignes Geschehen ausgeschlossen werden kann. Sowohl durch
hochdosierte, als auch durch niedrigdosierte Kontrazeptiva
kann eine Reduktion der Inzidenz funktioneller Zysten erreicht werden. Aufgrund der geringeren suppressiven Wirkung
ist dieser Effekt allerdings bei den niedrigdosierten Präparaten
geringer ausgeprägt als bei den hochdosierten Präparaten. Dies
ist allerdings von geringer klinischer Relevanz,
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Wirkungsprofil von Progesteron und anderen Gestagenen
Gestagen
Progesteron
Drospirenon
Levonorgestrel
Gestoden
Dienogest
Norgestimat
Desogestrel
Cyproteronacetat
Chlormadinonacetat
progesteronartige
Wirkung
+
+
+
+
+
+
+
+
+
glukokortikoide
Wirkung
–
–
–
–
–
–
–
+
+
antiandrogene
Wirkung
(+)
+
–
–
+
–
–
+
+
antiminaeralokortikoide Wirkung
+
+
–
–
–
–
–
–
–
Tab. 1
da die meisten funktionellen Zysten ohnehin spontan verschwinden
und so gut wie nie eine chirurgische
Behandlung erforderlich ist.
induzierten Anstieg der hepatischen
SHBG-Sekretion sowie
; auf der antiandrogenen Potenz
der Gestagene.
Hyperandrogenämie
Durch den Anstieg der SHBG-Konzentration sinkt der Anteil des freien,
bioverfügbaren Testosterons im Serum.
Hormonelle Kontrazeptiva und besonders solche mit antiandrogen wirksamen Gestagenen wie Cyproteronacetat (CPA), Chlormadinonacetat und
Dienogest lassen sich zur Behandlung
der Hyperandrogenämie therapeutisch
einsetzen. Zu den Hauptsymptomen
der Hyperandrogenämie gehören Hirsutismus, Akne, ölige Seborrhoe und
androgenetische Alopezie. Während
der Adoleszenz leiden etwa 40 Prozent
aller jungen Mädchen unter einer mehr
oder weniger ausgeprägten Akne.
Dieses Phänomen ist darauf zurückzuführen, dass die Funktion der
Talgdrüsen durch Androgene stimuliert wird und in dieser Lebensphase
die Relation von Androgenen und
Östrogenen noch zugunsten der Androgene verschoben ist. Die Behandlung der Hyperandrogenämie, die auf
einer ovariellen Überfunktion mit konsekutivem Androgenexzess beruht,
kann mit oralen Kontrazeptiva erfolgen. Der therapeutische Effekt beruht
; auf der ovariellen Suppression der
Androgensekretion
; auf dem durch Ethinylöstradiol
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Bei Patientinnen mit leichter Hyperandrogenämie kann auch die Kombination von 35 µg Ethinylöstradiol und 2
mg Cyproteronacetat beziehungsweise
35 µg Ethinylöstradiol und 3 mg
Chlormadinonacetat zur Suppression
der ovariellen Androgenproduktion
eingesetzt werden. Dadurch kommt es
in 70 Prozent der Fälle zu einem deutlichen Rückgang der Symptome. Bei
starker Hyperandrogenämie kommt
initial eine hochdosierte Therapie mit
Cyproteronacetat in Frage. Dazu können beispielsweise 50 mg Cyproteronacetat vom 1.-14. Zyklustag, kombiniert mit 30 µg Ethinylöstradiol gegeben werden. Nach sechs bis zwölf Monaten Behandlung kann man auf eine
niedrig dosierte Standardtherapie übergehen.
Dysmenorrhoe
Man unterscheidet die primäre von
der sekundären Form der Dysmenorrhoe (= schmerzhafte, mit starken Uteruskontraktionen einhergehende Regel). Die primäre Dysmenorrhoe tritt
im jugendlichen Alter auf
und ist Ausdruck einer dysfunktionellen Störung. Die
sekundäre Dysmenorrhoe
tritt im späteren Alter auf
und wird beispielsweise bei
einer Endometriose oder einem Myom beobachtet.
Pathogenetisch liegt der
Dysmenorrhoe eine Imbalance des Eicosanoidstoffwechsels zugrunde. Vermutlich ist die endometriale Synthese von PGF-2α erhöht, von Prostacyclin jedoch erniedrigt; die Relation
zwischen uteruskontrahierenden und
uterusrelaxierenden Mediatoren verschiebt sich zu Ungunsten der Relaxation. Unter oralen Kontrazeptiva
kommt es zu einem signifikanten Absinken der PGF-2α Konzentration im
Menstrualblut; in mehr als 70 Prozent
kommt es darüber hinaus zu einem
Nachlassen der dysmenorrhoischen Beschwerden. Sie stellen somit wirksame
Therapeutika dar.
Rezedivierende Adnexitiden
Die Inzidenz unspezifischer Adnexitiden sieht man bei Frauen unter oralen Kontrazeptiva seltener als bei einem
Vergleichskollektiv. Neben der Ovarialsuppression kommt es bereits zu Beginn der Behandlung zu einem festen
Verschluss des Zervikalkanals. Dabei
wird die zervikale Sekretion inhibiert.
Der im geringen Umfang produzierte
Zervixschleim lagert weniger Wasser
ein, ist in seiner Konsistenz visköser
und damit für pathogene Keime nur
erschwert penetrierbar. Gonokokken
und Chlamydieninfektionen stellen
dabei eine Ausnahme dar.
Zyklusunregelmäßigkeiten
Orale Kontrazeptiva lassen sich auch
zur Behandlung von Zyklusunregelmäßigkeiten einsetzen. Meno-Metrorrhagien und blutungsbedingte
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Eisenmangel-Anämien bessern sich
während der Einnahme oraler Kontrazeptiva in den meisten Fällen.
Auswahl des
Kontrazeptivums
Kombinations- und Sequenzpräparate
Von allen hormonellen Kontrazeptiva werden Kombinationspräparate mit
60 bis 70 Prozent am häufigsten verschrieben. Man unterscheidet
; einstufige Kombinationspräparate
; zweistufige Kombinationspräparate
; dreistufige Kombinationspräparate
Kombinationspräparate enthalten
pro Tablette/Dragee 20-50 µg Ethinylöstradiol bzw. eine entsprechende Dosis eines Gestagens. In einem Zweistufenpräparat wird die Gestagendosis in
der ersten Phase reduziert und erst in
der zweiten Phase angehoben. Die
Östrogenkomponente wird während
der beiden Einnahmephasen nicht verändert. Beim Dreistufenpräparat wird
die Gestagendosis sogar zweimal erhöht, und auch die Östrogenkomponente wird zur besseren Zykluskontrolle angepasst.
wegen entwickelt, da die gleichzeitige
Östrogen- und Gestagengabe in den
Kombinationspräparaten insbesondere
in der frühen Zyklusphase unphysiologisch ist und die sequentielle Gabe von
Östrogenen und Gestagenen den üblichen zyklischen Verhältnissen entspricht.
Minipille
Für Frauen, bei denen eine Kontraindikation gegen östrogenhaltige
Präparate besteht, kann die reine Gestagengabe in Form der Minipille angeboten werden. Bei der Mikropille wiederum handelt es sich um die am niedrig dosiertesten oralen Kontrazeptiva.
Die Gabe der Minipille ist auch in besonderen Situationen, wie zum Beispiel
während der Stillzeit und bei relativ älteren Patientinnen indiziert. Obwohl
die Minipille keine sichere Ovulationshemmung herbeiführt, sie dennoch Effekte auf:
; die Gonadotropinsekretion
; die Corpus-luteum Funktion
; das Endometrium
; den Eizelltransport
; die Zusammensetzung des
Zervikalschleims.
Der Anteil anovulatorischer Zyklen
beträgt unter Anwendung der Minipille 15 bis 20 Prozent. Kommt es zu einer Ovulation, verhindern die Effekte
eine effektive Konzeption. Um einen
ausreichenden Schutz zu gewährleisten, muss die
Minipille täglich, das heißt
auch während
Schematischer Aufbau des Nuva-Ring®
der Blutung eingenommen werden.
Bei Zwei- und Dreistufenpräparaten
handelt es sich um Kombinationspräparate, während Zweiphasenpräparate
zur Gruppe der Sequenzpräparate gehören. Sequenzpräparate wurden des-
Abb. 1
32
Seit einiger
Zeit
ist
in
Deutschland eine Minipille mit
75 µg 3-Ketodesogestrel auf
dem Markt. Im
Gegensatz zu
den bisher verfügbaren Mini-
pillen kommt es bei Einnahme dieser
Minipille zu einer Unterdrückung der
Spitzenspiegel der endogenen Gonadotropine, der ovariellen Aktivität und
der Ovulation. Die kontrazeptive Wirkung wird nicht primär durch extraovarielle Effekte erzielt, sondern ähnlich wie bei den Kombinations- oder
Sequenzpräparaten durch eine Ovulationshemmung.
Hormonelle Kontrazeption
mit dem Vaginalring
Das Vaginalepithel besitzt eine hohe Resorptionsfähigkeit für Steroide.
Die ersten Vaginalringe enthielten
ausschließlich Progesteron mit inakzeptablen Nebenwirkungen. 1993
wurde ein Ring entwickelt, der aus
Ethylenvinylacetat besteht und gleichmäßig Östrogen/Gestagen abgibt
(Nuva-Ring®). Der Ring ist flexibel,
transparent, vier Millimeter dick und
besitzt einen Außendurchmesser von
54 mm. Der Kern enthält eine Gesamtmenge von 2,7 mg Ethinylöstradiol und 11,7 mg Etonogestrel
(ENG). Durch den Nuva-Ring® wird
eine sichere Suppression der Follikelreifung und der Ovulation erreicht.
Nach Entfernung des Ringes ist die
Fertilität unmittelbar wieder gegeben.
Die mediane Zeitdauer bis zur Ovulation nach Entfernen des Ringes betrug 19 Tage ( Abb. 1).
Gestagenhaltige Intrauterinsysteme
Sie stellen eine Form der Kontrazeption dar, welche die Vorteile der klassischen Intrauterinpessare mit denen der
hormonellen Verhütung miteinander
verbinden, ohne die Nachteile beider
Methoden zu haben. Das heute am
häufigsten eingesetzte System besteht
aus einem T-förmigen Polyäthylenkörper, der Levonorgestrel enthält, das in
einer täglichen Menge von 20 µg freigesetzt wird und fünf Jahre lang einen
ausreichenden kontrazeptiven Schutz
bietet. Bereits nach wenigen Wochen
kommt es zu atrophischen Veränderungen des Endometriums, die auf eine Blockade der Östrogenrezeptorfunktion zurückzuführen sind. Diese
führt nach vier bis sechs Monaten zu
einer deutlichen Reduktion
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der menstruellen Blutungsdauer
und des menstruellen Blutvolumens, bei
einigen Frauen bis zur Amenorrhoe.
Während im ersten Anwendungszyklus
(erstes bis fünftes Anwendungsjahr) etwa ein Viertel aller Frauen eine Amenorrhoe entwickeln, steigt diese Rate im
zweiten Anwendungszyklus (sechstes bis
zehntes Anwendungsjahr) auf nahezu 60
Prozent. Diese endometrialen Veränderungen sind vollständig reversibel, so
dass eine Konzeption auch unmittelbar
nach Entfernung des Pessars möglich ist.
Gestagenhaltige Imlantate
Sie stehen in Form von etonogestrelhaltigen Systemen zur Verfügung. Das
in Österreich erhältliche Implantat besteht aus einem Ethylen-Vinyl-AzetatTräger mit einer Länge von vier Zentimeter und einem Durchmesser von
zwei Millimeter. Im Kern des Implantates sind 68 mg kristallines Etonogestrel
in einer Matrix aus Ethylen-Vinyl-Azetat-Kopolymer enthalten. Die Abgaberate beträgt initial 60-70 µg/die, am Ende des ersten Jahres 35-45 µg/die, am
Ende des dritten Jahres 25-30 µg/die.
Das Implantat sollte in den ersten vier
bis fünf Tagen des Zyklus erfolgen. Falls
es unmittelbar postpartal eingesetzt werden soll, empfiehlt sich die Einlage am
21. bis 28. Tag nach der Entbindung.
Das Stäbchen wird in Lokalanästhesie etwa sechs bis acht Zentimeter oberhalb der Ellenbeuge in der Furche zwischen Bizeps und Trizeps (Sulcus bicipitalis medialis) eingesetzt. Auf eine streng
subdermale Lage muss geachtet werden,
da es bei intramuskulärer Plazierung zu
Problemen bei der Entfernung des Stäbchen kommen kann. Die Serumspiegel
für Etonogestrel steigen innerhalb weniger Stunden an und erreichen bereits am
ersten Tag ovulationshemmende Werte.
Nach Entfernung des Stäbchens sinken
die Etonogestrel-Serumspiegel etwa innerhalb einer Woche in den nicht messbaren Bereich; die Fertilität ist somit
wieder gegeben.
Dreimonatsspritze
Beim Depot-Medroxyprogesteronacetat handelt es sich um eine mikrokristalline Suspension, die an der In-
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jektionsstelle ein Depot bildet, aus
dem langsam die Resorption erfolgt.
Medroxyprogesteronacetat hemmt den
präovulatorischen LH-Peak und seine
Wirkung kommt hauptsächlich durch
eine effektive Ovulationshemmung zustande. Am Endometrium kommt es
im Lauf der Zeit zu einer Atrophie des
Endometriums. Nach einjähriger Anwendung von Depot-Medroxyprogesteronacetat zeigen etwa 40 Prozent der
Frauen eine Amenorrhoe. Die Spritze
wird im Abstand von jeweils drei Monaten i.m. injiziert.
Der Pearl-Index liegt bei 0,1 bis 0,6
und ist damit der Sicherheit von Kombinationspräparaten vergleichbar. Frauen, die unter Endometriose, Dysmenorrhoe, Uterus myomatosus oder verstärkten Blutungen leiden, haben
durch die Depotpräparate zusätzlich
Vorteile. In den ersten sechs Anwendungsmonaten kommt es gehäuft zu
Blutungsstörungen. Darüber hinaus ist
bei Frauen mit Osteoporose ein negativer Einfluss bei einer Langzeitanwendung nicht auszuschließen. Nach dem
Absetzen des Depots tritt eine Schwangerschaft durchschnittlich nach zehn
Monaten ein.
Die Pille danach
Bei Frauen zwischen 19 und 26
Jahren beträgt die Schwangerschaftsrate nach einmaligem ungeschützen
Geschlechtsverkehr ein bis zwei Tage
vor der Ovulation bis zu 50 Prozent.
Yuzpe et al. entwickelten bereits in
den 70er Jahren eine Form der Notfallkontrazeption, die aus einer kombinierten Verabreichung von 100 µg
Ethinylöstradiol sowie 1mg Norgestrel besteht. Die häufigen Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen,
Schwindel und Müdigkeit konnten
durch die Verabreichung von „Gestagen-only-pills“ duetlich reduziert werden.
Diese Pillen bestehen nur aus einer
Gestagenkomponente, und zwar aus
0,75 mg Levonorgestrel. Die einmalige Verabreichung von 1,5 mg Levonorgestrel ist genauso effektiv wie die
Verteilung von Levonorgestrel auf
zweimal 0,75 mg (Schwangerschaftsrate 1,5 Prozent vs. 1,8 Prozent). Untersuchungen haben gezeigt, dass eine
Schwangerschaftsrate, wenn die Einnahme binnen zwölf Stunden erfolgt,
bei unter einem Prozent liegt. Erfolgt
die Einnahme innerhalb von 61 bis 72
Stunden, kommt es bei etwas mehr als
drei Prozent zu einer Schwangerschaft.
Der exakte Wirkmechanismus der oralen Notfallkontrazeption ist ungeklärt.
Sicher ist, dass die „Gestagen-only-pille“ nicht mit einer bereits etablierten
Schwangerschaft interferiert. Die orale
Notfallkontrazeption ist daher kein
Abortivum; es mehren sich die Hinweise, dass die Ovulation unterdrückt
wird.
Kontrazeptive Sicherheit
hormonaler Kontrazeptiva
Die Wirksamkeit kontrazeptiver
Methoden wird mit Hilfe des Pearl-Index bewertet, der die Anzahl der
Schwangerschaften innerhalb eines
Jahres bei 100 Anwenderinnen wiedergibt. Realistisch liegt der Pearl-Index
bei Anwendung hormoneller Kontrazeptiva in der Größenordnung zwischen 0,4 und 2,0. Die Versagerquote
ist meist auf Einnahmefehler zurückzuführen (Abb. 3).
Unerwünschte Nebenwirkungen und Komplikationen
Thrombose
Ethinylöstradiol verstärkt die hepatische Produktion von prokoagulatorischen Faktoren wie Faktor VII, Faktor
X und Fibrinogen und erhöht das
Thromboserisiko um das Drei- bis
Vierfache. Bei Frauen, die keine Ethinylöstradiol-hältigen oralen Kontrazeptiva einnehmen, sind fünf bis elf
Thrombosen/100.000 Frauenjahre zu
erwarten. Die Einnahme Ethinylöstradiol-hältiger Kontrazeptiva erhöht die
Thromboserate auf 30/100.000. Zum
Vergleich: Eine Schwangerschaft erhöht
die Thromboserate
auf
60/100.000.
Angeborene Neigungen zur Thrombosebildung führen unter Ethinylöstradiol-hältigen Kontrakzeptiva zu
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DFP - Literaturstudium
einem erhöhten Thromboserisiko. Heterozygote Träger
der Faktor V Leyden-Mutation haben ein 30fach erhöhtes
Thromboserisiko. Sollte eine genetische Thrombophilie bekannt sein, sind Kombinationspräparate kontraindiziert.
Fettstoffwechselstörungen
Literatur beim Verfasser
*) Univ. Prof. Dr. Michael Sator, Dr. Kathrin Sator, Univ. Prof. Dr.
Elisabeth Vytiska-Binsdorfer; alle: AKH Wien, Universitätsklinik für
Frauenheilkunde/Abteilung für gynäkologische Endokrinologie und
Sterilitätsbehandlung, Währinger Gürtel 18-20, 1090 Wien; Tel. 01/40
400/28 16; Fax-DW: 28 17; e-mail: [email protected]
Epidemiologischen Untersuchungen zufolge scheinen
orale Kontrazeptiva nicht mit einem erhöhten LangzeitrisiLecture Board: Univ. Prof. Dr. Christian Egarter, Univ. Prof. DDr.
ko für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems behaftet zu
Johannes Huber, Univ. Prof. Dr. Clemens Tempfer, Alle: Universitätsklinik
sein. Die östrogene Komponente oraler Kontrazeptiva verfür Frauenheilkunde/AKH Wien
stärkt die Entfernung von low density lipoprotein (LDL)
aus der Blutbahn und erhöht die Konzentration von high
Herausgeber: Abteilung für gynäkologische Endokrinologie und
density lipoprotein (HDL). Beide Effekte wirken sich günsSterilitätsbehandlung/Universitätsklinik für Frauenheilkunde
tig auf das Risiko für die Entwicklung von Herz-Kreislauferkrankungen aus. Allerdings kommt es ebenfalls zu einer ErDiesen Artikel finden Sie auch im Web unter www.arztakademie.at
höhung der Triglyzeride im Blut, was als ungünstig zu werten ist. Die Gestagenkomponente wiederum
antagonisiert diese östrogeninduzierten Lipidveränderungen. Ob einzelne Präparate in dieser
Hinsicht besonders vorteilhaft oder nachteilig
Pearl-Index kontrazeptiver Methoden
sind, ist nicht bekannt.
Hypertonie
Orale Kontrazeptiva können sowohl den systolischen als auch den diastolischen Blutdruck um
sechs bis acht mmHg erhöhen. Die WHO Collaborative-Study of Cardiovascular Disease and Steroid Hormone Contraception 1996 zeigte ein signifikant erhöhtes Risiko für Myokardinfarkt und
Schlaganfall bei hypertensiven Anwenderinnen
von oralen Kontrazeptiva. Insgesamt ist es daher
empfehlenswert, nichtrauchenden Frauen <35
Jahren mit unter Therapie stabiler Hypertonie
Präparate, die <35 µg Ethinylestradiol enthalten,
zu verschreiben. Frauen mit koronarer Herzkrankheit, Herzinsuffizienz oder zerebrovaskulären Erkrankungen sollte man aufgrund des erhöhten Thromboserisikos von Kombinationspräparaten abraten und gestagenhaltige Kontrazeptiva
empfehlen.
Nikotin
Ältere Präparate mit >50 µg Ethinylöstradiol
sind bei Raucherinnen mit einem signifikant erhöhten MI-Risiko assoziiert, wobei eine zusätzliche Risikosteigerung bei Frauen >35 Jahre besteht. Neuere Studien zum Gebrauch von oralen
Kontrazeptiva <50 µg Ethinylöstradiol hingegen
zeigen bei Raucherinnen kein erhöhtes Risiko für
einen Herzinfarkt und einen Schlaganfall.
Da in diesen Arbeiten aber eine geringe Anzahl
an Frauen über 35 Jahre untersucht wurde, sollte
Raucherinnen über 35 Jahre weiterhin von Präparaten, die >35 µg Ethinylöstradiol enthalten, abgeraten werden.
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