AKTION „GESUNDE GEMEINDE“ Ein gesundes Oberösterreich ist unser Ziel! Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Landessanitätsdirektion 4021 Linz, Bahnhofplatz 1, Tel. (0732) 7720-14363 Fax (0732) 7720-214396, E-Mail: [email protected] GICHT - EINE KRANKHEIT MIT TRADITION Der Begriff "Gicht" stammt aus der Volksmedizin des 12. Jahrhunderts (angelsächsisch "ghida" = der Körperschmerz) und wurde auch damals schon als "Wohlstandserkrankung" bezeichnet. Bereits Hippokrates befasste sich (um 460 v. Chr.) mit diesem Leiden. Etwa ein bis zwei Prozent unserer Bevölkerung leiden an Gicht, Männer häufiger und früher als Frauen, weil diese bis zum Wechsel durch Östrogen geschützt sind. Die ersten Symptome können bereits zwischen dem 20. und 30. Lebensjahr auftreten. Ausgelöst wird Gicht durch eine Erhöhung des Harnsäurewertes im Blut. In weiterer Folge kommt es zur Bildung von Ablagerungen in Form von Harnsäurekristallen, die an verschiedenen Stellen im Körper – besonders in den Gelenken – schmerzhafte Entzündungen hervorrufen. Die Harnsäure entsteht im Körper durch den Abbau von Purinen, die sowohl in pflanzlicher als auch tierischer Nahrung vorkommen. Über den Puringehalt im Essen und den körpereigenen Stoffwechsel werden im gesunden Körper bis zu 700 mg Purine pro Tag gebildet und zu 1/4 über den Darm und etwa 3/4 über die Niere ausgeschieden. Wird zu viel Harnsäure gebildet oder zu wenig Harnsäure ausgeschieden, führt dies zu Hyperurikämie (= Erhöhung des Harnsäurewertes). ARTEN DER HYPERURIKÄMIE Primäre (angeborene) Hyperurikämie – liegt bei 95 % der Erkrankten vor, ist erblich bedingt und durch äußere Umwelteinflüsse (beispielsweise Übergewicht, Ernährungsgewohnheiten ...) mitbeeinflusst. Sekundäre (erworbene) Hyperurikämie – kann als Begleiterscheinung bei anderen Erkrankungen auftreten, z.B. Nierenfunktionsstörungen, Diabetes mellitus, Leukämie, Chemotherapie. Die Häufigkeit dieser Erkrankungsform liegt bei 5%. Normale Harnsäure-Werte liegen beim gesunden Menschen unter 6,5 mg/dl. Bei Frauen liegt der Durchschnittswert zwischen 2,5 - 5,7 mg/dl, bei Männern zwischen 3,5 - 7mg/dl. FOLGEN VON HYPERURIKÄMIE Bei einem akuten Gichtanfall kommt es zur Bildung von Harnsäurekristallen. Diese lagern sich in Gelenken und im Gewebe ab. Die Symptome sind plötzliche, heftige Schmerzen bei Berührung, gerötete, angeschwollene, schmerzhafte und heiße Hautstellen, Fieber, selten Kopfschmerzen, Erbrechen oder Tachykardie. Auslöser für einen akuten Gichtanfall können eine vermehrte Purinzufuhr durch die Nahrung, eine verminderte Harnsäureausscheidung durch reichlichen Alkoholkonsum, Arzneimittel (beispielsweise Diuretika, Zytostatika), Stress (Extremsport) oder Fastenkuren sein. Bleibt die Gicht unbehandelt, sind die Folge Schmerzattacken bis hin zu Gelenksdeformationen. In diesem Fall spricht man von einer chronischen Gicht. Langzeitfolgen der chronischen Gicht können Gichtknötchen (an Ohrläppchen, Händen, Füßen, Ellenbogen, außerhalb der Kniegelenke), Nierenfunktionsstörungen und Bildung von Nierensteinen sein. ERNÄHRUNG Einen wesentlichen Einfluss bei Gicht hat die Ernährung, ergänzt durch Medikamente, welche die Bildung von Harnsäure im Körper hemmen oder die Ausscheidung von Harnsäure über die Nieren erhöhen. Die günstigste Ernährungsform ist die so genannte —ovo-lakto-vegetabile Kost – eine Form der vegetarischen Ernährung mit Milch, Milchprodukten und Eiern, die arm an Purinen/Harnsäure, arm an Alkohol und reich an Flüssigkeit ist. TIPPS FÜR DIE PRAXIS Lebensmittel Meiden Sie purinreiche Lebensmittel wie: • Innereien – Bries, Leber(wurst), Niere, Herz, Hirn, • Fisch und Fischwaren – Sprotten, Ölsardinen, Heringe, Sardellen, Hummer, Muscheln, Garnelen, Räucherlachs, • fettreiche Fleisch(waren), • Fleischextrakt, Geflügel mit Haut, • fettreiche Wurst – Salami, Kantwurst, Bratwürste, • Hefe und Hefeprodukte Purinarm sind magere Milch und Milchprodukte, Käse, Eier, Obst (außer getrocknete Früchte), Gemüse (Gurke, Karotte, Kürbis, Melanzani, Kohlrabi, Salat, Zucchini, Radieschen, Paprika, Rettich, Zwiebeln, Salat, Sauerkraut (Kohl), Tomaten, Fenchel, Kartoffeln). Fett Eine hohe Fettzufuhr führt ähnlich wie Fasten zu einer verstärkten Bildung von Ketonkörpern (= Fettabbauprodukt), die die Harnsäure-Ausscheidung über die Niere hemmen. • Darum empfehlen wir, alle sehr fettreichen Lebensmittel – mit verstecktem und sichtbarem Fett in Salaten mit Mayonnaise, fette Käsesorten (35 % F.i.T., Chips, Pommes frites,...) - sowie • Nahrungsmittel mit einem sehr hohen Anteil schnell resorbierbarerer Kohlenhydrate (Mehl, Zucker, Marmelade, Limonaden, Mehlspeisen, Trockenobst, Schokolade, ...), vor allem Fruchtzucker und Saccharose (= Haushaltszucker), möglichst zu reduzieren. Eiweiß Eine hohe Eiweißzufuhr (v.a. tierisches Eiweiß) bedeutet meist auch eine erhöhte Aufnahme an Purinen. • Darum decken Sie Ihren Eiweißbedarf überwiegend durch purinfreie, fettarme Milch und Milchprodukte (Käse, Joghurt, Topfen, Buttermilch) und ergänzen Sie diese mit Ei. • Meiden Sie alle Lebensmittel tierischer Herkunft mit mehr als 250 mg Harnsäure/100 g essbarem Anteil – Innereien, Fleischextrakt, bestimmte Fische (Anchovis, Hering, Ölsardinen, Sprotten geräuchert, Krabben, usw.). • Von der verbleibenden Auswahl an fettarmem Fleisch und Fisch (Heilbutt, Seezunge, Kabeljau, Scholle, Petersfisch, Seelachs) nur kleine Portionen (ca. 100 g Rohware) täglich (bei streng purinarmer Kost nur zweimal pro Woche) als Bestandteil einer warmen Mahlzeit oder in Form von Brotbelag. • Bei Geflügel und Fisch ist die purinreiche Haut vor dem Verzehr zu entfernen. • Fleisch, Fisch und Geflügel kochen oder dünsten und das Kochwasser nicht verwenden. Der Puringehalt kann dadurch bis zu 20 % reduziert werden, da die Purine ins Kochwasser übergehen. Vegetarische Lebensmittel • Beschränken Sie den Konsum von – Hülsenfrüchten, grünen Erbsen, Schnittbohnen, Steinpilzen, Champignons, Spinat, Sellerie, Mangold, Kohlsprossen, Schwarzwurzel, Blumenkohl, Spargel, Weizenkeime - weil sie mehr Purine enthalten als die anderen Gemüsesorten. Es wird angenommen, dass Purine im pflanzlichen Verband weniger belastend sind als solche aus tierischen Quellen. Verzichten Sie auf Erdnüsse, Sojaprodukte, Bierhefe, Fleischextrakt und Fleischbrühe. Ballaststoffe Sie haben keinen Einfluss auf den Harnsäurespiegel, unterstützen aber die Verdauung, beeinflussen die Sättigung und damit das Körpergewicht. Sie können den Cholesterinspiegel senken und giftige oder krebserregende Stoffe werden schneller ausgeschieden. Aufgrund dieser positiven Wirkung sollte eine ballaststoffreiche Kost im Vordergrund stehen, d.h. essen Sie viele Vollkornprodukte, Naturreis, Kartoffeln, frisches Obst und bevorzugt purinarme Gemüsesorten. Getränke Achten Sie auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr von 2 Litern pro Tag, um die Ausscheidung der Harnsäure sicherzustellen. Geeignete Getränke sind Leitungs- und Mineralwasser, ungesüßte Kräuterund Früchtetees, verdünnte Obstsäfte. Auf den Genuss von schwarzem Tee, Bohnenkaffee, Kakao und Colagetränke muss nicht verzichtet werden. Alkohol Alkoholkonsum kann Gichtanfälle begünstigen. Diese treten häufig nachts auf, besonders wenn am Vorabend größere Mengen Alkohol getrunken wurden. • Empfehlenswert ist ein weitgehender Alkoholverzicht, v.a. alkoholische Getränke mit „Restsüße“, wie süße Weiß- und Rotweine, Dessertweine, Aperitifs, Liköre (süße Schnäpse), süßer Sekt, Bier, Most. Wein enthält (anders als Bier) keine Purine, erhöht aber den Harnsäurespiegel durch den Alkoholgehalt. • Alkoholfreies oder -armes Bier enthält etwa gleich viele Purine wie normales Bier. • Fleisch und Alkohol sollten nicht gleichzeitig konsumiert werden - entweder eine kleine Fleischportion oder 1 Glas Alkohol. • Alkohol maximal 1 Glas pro Tag, bei streng purinarmer Kost bitte striktes Alkoholverbot! Bedarfsgerechte Energiezufuhr Einschränkung der Kalorienzufuhr bei Übergewicht nach Rücksprache mit Ihrem Arzt. Radikale, einseitige Diäten und Fastenkuren (Nulldiäten) sollten Sie auf jeden Fall meiden – lieber durch eine gezielte Ernährungsumstellung und mehr Bewegung langsam bis zu einem halben Kilogramm pro Woche abnehmen. Zusammenfassend - Bevorzugen Sie: • Gemüse, Obst, Salate mit einem Harnsäuregehalt bis 50 mg/100g Lebensmittel • Milch, Milchprodukte und Eier • Getreideprodukte, Backwaren und Wurstwaren mit einem Harnsäuregehalt bis 100 mg/100g Reduzieren von: • Fleisch, Wurstwaren, Fisch und Fischkonserven mit einem Harnsäuregehalt bis 150 mg/100g • Hülsenfrüchte und Sonstiges mit einem Harnsäuregehalt bis zu 200mg/100g Meiden von: • allen Lebensmittel mit einem Harnsäuregehalt über 250 mg/100g • • • Bier, u.a. Weizenbier und Spirituosen, Fettreichen Lebensmitteln Lebensmitteln mit einem hohen Anteil schnell verwertbarer Kohlenhydrate, wie bsp. Haushaltszucker. Zubereitung: • Alle Zubereitungsarten sind erlaubt. • Die purinreiche Haut von Geflügel und Fisch entfernen • Bei —streng purinarmer Kostia das Fleisch kochen, die Fleischbrühe nicht verwenden. Die Harnsäurezufuhr sollte für eine • • „purinarm Kost" – maximal 500 mg Harnsäure pro Tag oder 3000 mg Harnsäure pro Woche und „streng purinarm Kost" – 300 mg Harnsäure pro Tag oder 2000 mg Harnsäure pro Woche nicht überschreiten. Auch bei Beschwerdefreiheit nicht auf die bewusste Ernährung vergessen! Der Harnsäuregehalt ist in dieser Tabelle in —mg pro 100 g essbarem Lebensmittel angegeben. Lebensmittel mit niederem Gehalt an Harnsäure Gemüse, Salat Auberginen 20 Bohnen grün 42 Blumenkohl 45 Broccoli 50 Champignon 63 Chicoree, Kartoffel 15 Chinakohl, Spargel 25 Endivien 11 Feldsalat 24 Fenchel, Zwiebel 16 Gewürzgurke 15 Karotte, Paprika 10 Kohlrabi 30 Kohlsprossen 47 Kopfsalat, Tomate 10 Lauch, Rotkohl 40 Radieschen, Rettich 10 Salatgurke 6 Sellerie frisch 70 Sellerieknolle 30 Sojasprossen 15 Spinat 50 Weißkraut Zucchini 20 Sauerkraut gegart 22 Obst Ananas, Mandarine 20 Apfel, Kirschen 15 Birne, Grapefruit 15 Banane, Erdbeere 25 Himbeere, Pfirsich 18 Honigmelone 25 Johannisbeeren 15 Kirsche, süß 15 Kiwi, Zwetschke 20 Rhabarber 5 Wassermelone, Marille 20 Weintrauben 20 Getreide(produkte) Buchweizen gegart 59 Cornflakes 80 Grünkern gegart 49 Hafer gegart 40 Haferflocken 100 Hirse 85 Knäckebrot 90 Mischbrot 45 Naturreis 35 Teigwaren, Eier 60 Vollkornteigwaren 80 Vollkornbrot 60 Weckerl/Semmerl 40 Weizengrieß 80 Zwieback 60 Milch(produkte), Ei Vollmilch 3,6 % 0 Joghurt, Topfen 0 Camembert 30 Schafskäse 30 Schmelzkäse 40 % 20 Eidotter/-klar 5/0 Butter/Marg./Öle 0 Wurstwaren Frankfurter 73 Weiß-, Mettwurst 73 Diverses Bonbon, Zucker 0 Eiscreme 10 Erdnüsse geröstet 70 Haselnüsse 40 Honig, Marmelade 0 Marzipan 50 Miesmuscheln 46 Miso, Zuckererbse 60 Emmentaler 11 Fruchtjoghurt 11 Gouda, Edamer 10 Cottage cheese 0 Bierkäse 15 % 25 Schoko halbbitter 70 Tofu (Sojakäse) 68 Vollmilchschokolade 60 Walnüsse 25 Lebensmittel mit mittlerem Gehalt an Harnsäure Fleisch, Geflügel, Wurstwaren Brathuhn, roh 160 - mit Haut gegrillt 300 Bratwurst 100 Käsekrainer 113 Reh 150 gr. frische Erbsen 150 Knackwurst 110 Krakauer 81 Lachsschinken 180 Linsen 75 Sojabohnen 220 Sojasauce 76 Ente 180 Frankfurter 76 Geselchtes 110 Hase 170 Kalbfleisch 150 Lammfleisch 120 Leberwurst 120 Mortadella 120 Putenbrust 130 Putenschnitzel 160 Rindfleisch 140 Schinken gekocht 130 Schinken geräuchert 160 Schweinefleisch 150 Salami 100 Scholle gegart 78 Hülsenfrüchte Bohnen weiß 75 Marillen getrocknet 118 Rosinen 107 Schwarzwurzel 74 Sellerie frisch 70 Sonnenblumenkerne 160 Lebensmittel mit hohem und sehr hohem Gehalt an Harnsäure Fleisch, Innereien Kalbsbries 1468 Kalbsherz 180 Kalbskotelett 198 Kalbsleber 260 Kalbsniere 210 Rinderleber 360 Rinderzunge 160 Schweineleber 300 Schweinemilz 380 Schweinezunge 140 Fleisch, -dauerwaren Forelle mit Haut 200 Forelle gegart 161 Hering mit Haut 320 Kabeljau mit Haut 110 Karpfen mit Haut 150 Krabben 165 Rotbarschfilet 130 Schellfischfilet 140 Räucherfisch Bückling 145 Forelle 180 Lachs, Makrele 170 Sprotten 500 Fischkonserven Anchovis 260 Bismarckhering 180 Krabben 165 Matjesfilet 210 Ölsardinen mit H. 350 Sardellen 260 Thunfisch mit Öl 180 Diverses Bäckerhefe 450 Hefeflocken 1500 [Quellen: GU Nährwert-Kalorien-Tabelle 2000/01; Rieder/Kiefer/Wipler (2003): Die Anti-Gicht-Diät]