Erzeugung menschliche Gehirn aus Stammzellen

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Prof. Dr. Ulrich Eibach
Ev. Theol. Fakultät der Universität Bonn
Erzeugung eines menschlichen Gehirns aus Stammzellen? –
Eine ethische Bewertung.
Stammzellforschern in Wien ist die künstliche biotechnische Erzeugung der
Anfangsstadien des menschlichen Gehirns aus embryonalen Stammzellen
gelungen (Bericht FAZ 28.08.2013). Wie ist dieser Schritt ethisch zu bewerten?
1. Die Forschung mit embryonalen Stammzellen ist ethisch äußerst
umstritten, vor allem wenn dabei frühe menschliche Embryonen verbraucht, also
getötet werden. Gerechtfertigt wird die Forschung in der Regel hauptsächlich
mit erwarteten therapeutischen Erfolgen.
2. Die biotechnische Erschaffung eines menschlichen Gehirns aus
manipulierten embryonalen Stammzellen ist schon allein wegen des Verbrauchs
menschlicher Embryonen in sich ethisch äußerst problematisch. Sie wird es aber
erst recht, wenn man bedenkt, dass es sich um das menschliche Gehirn handelt.
Zwar ist ein isoliertes Gehirn kein Mensch und ein in Zellkulturen erzeugtes
Gehirn in den Anfangsstadien seiner Entwicklung auch kein Embryo. Aber das
Gehirn ist das zentrale Organ des menschlichen Körpers, es ist Bedingung dafür,
dass sich die spezifisch menschlichen seelisch-geistigen Fähigkeiten entwickeln
können. Insofern unterscheidet sich die biotechnische Herstellung eines Gehirns
grundsätzlich von den Versuchen zur Herstellung von anderen Organen, etwa
zum Zweck der Organtransplantation. Dagegen sind keine grundsätzlichen
ethischen Bedenken zu erheben. Aber die Versuche, das Gehirn durch
biotechnische Verfahren zu erschaffen, könnten erste Schritte zur
Menschenzüchtung durch Menschen sein. Es stellt sich hier die Frage, ob man
den Anfängen solcher Menschenzüchtung nicht grundsätzlich wehren sollte.
3. Es ist wesentlich zu fragen, welchen Zweck und Sinn solche Verfahren
haben sollen. Um die frühe Hirnentwicklung zu erforschen, braucht man keine
menschlichen Gehirne künstlich zu erzeugen. Geht es also nur um den Erweis
der Machbarkeit durch biotechnische Verfahren, und zwar am zentralen Organ
des Menschseins, dem Gehirn? Das wäre selbst dann problematisch, wenn man
mit Gehirnen z.B. von Primaten diese Versuche machen würde. Dann sollte man
dem Machen des Machbaren ethisch und rechtlich einen Riegel vorschieben. Es
kommt im Falle der Züchtung menschlicher Gehirne einem Verstoß gegen die
„Menschenwürde“ wenigstens sehr nahe.
4. Natürlich wird man solche Versuche wieder damit rechtfertigen, dass aus
ihnen nicht nur theoretische sondern auch therapeutisch wertvolle Erkenntnisse
gewonnen werden, die dazu dienen, dass z.B. Erkrankungen des Gehirns besser
und auch schon früh in der Entwicklung im Mutterleib geheilt werden. Das sind
Utopien, die, wenn sie überhaupt je Wirklichkeit werden können, in ferner
Zukunft liegen. Das Gehirn ist ein so kompliziertes Organ, dass keiner in die
frühe Hirnentwicklung eingreifen und das Risiko eingehen sollte, mehr zu
schaden als zu helfen. Verfahren der „Hirnzüchtung“ mit derart vagen Utopien
zu rechtfertigen, stellt einen Missbrauch des Begriffs „Therapie“ dar. Auch
mögliche therapeutische Erkenntnisse dürfen nur dann zur Rechtfertigung von
medizintechnischen Verfahren herangezogen werden, wenn diese Verfahren
nicht gegen entscheidende ethische Grundsätze wie die Achtung der
Menschenwürde und des menschlichen Lebens verstoßen.
5. Dem Gesetzgeber kann nur empfohlen werden, in dieser Frage rechtliche
Klarheit zu schaffen, und das heißt, den Versuchen zur künstlichen Herstellung
eines menschlichen Gehirns in seinen Anfängen zu wehren.
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