15-3 Blitzschutzmassnahmen an Deutschlands Anlandestation der

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Blitzschutzmaßnahmen an Deutschlands Anlandestation der
Nord Stream-Pipeline sichern Europas Erdgasversorgung
Lightning Protection measures for Germany´s receiving station
of North Stream-Pipeline ensure Europe‘s natural gas supply
Kurzfassung
Gasanlandestationen, bei denen das Gas gemessen
und zum weiteren Transport aufbereitet wird, haben
in der Regel große flächenmäßige Abmessungen und
exponiert positionierte Ausblasöffnungen mit explosionsgefährdeten Bereichen. Für diese Anwendungsfälle sind Blitzschutz- und Erdungsmaßnahmen äußerst
wichtig. Die Nord Stream Pipeline und die Anlandestation Greifswald stellen mit ihren extrem hohen Betriebsdrücken eine Besonderheit dar und erfordern die
zusätzliche Festlegung von Maßnahmen. Die Realisierung eines solchen Projekts erstreckt sich über
einen Zeitraum von mehreren Jahren. Dieser Beitrag
zeigt einen Auszug über die getroffenen Schutzmaßnahmen.
planung arbeitet GASCADE im Auftrag der Fernleitungsnetzbetreiber der OPAL und der NEL mit THOR
DONAR zusammen.
Abstract
Bild 1: Luftbild der Anlandestation in Lubmin
Autor: Jan Kube/Nord Stream
Landing terminals, where the gas is measured and
prepared for transportation, generally have a great
area size and exposed outlet openings with potentially
explosive areas. For these application cases lightning
protection and grounding measures are extremely important. The North Stream pipeline and the Greifswald
receiving station show a specific feature with extremely high working pressures and require the additional
definition of measures. The realization of such a project applies for a period of several years. This contribution shows an extract about the taken preventive
measures.
2 Planungsauftrag
Im August 2009 wurde der Auftrag für die Ausführungsplanung über das Blitzschutz- und Erdungssystem für den Standort Lubmin erteilt. Planungsgrundlage bildeten die einschlägigen deutschen Normen
und Gesetze. Aufgrund der besonderen Anlagenkonfigurationen war die Umsetzung der Normen nicht in
allen Bereichen vollständig möglich. Hier wurden mit
dem Auftraggeber und dem Sachverständigen standortbezogene Lösungen umgesetzt, die das Schutzziel
sicherstellen.
1 Einleitung
Am Lubminer Ostseestrand schlägt das automatisierungstechnische Herzstück der größten europäischen
Energieinfrastrukturinvestition der letzten Jahre. Dort
erreicht die Nord Stream-Pipeline deutschen Boden
und liefert pro Stunde bis zu 6 Mio. m³ russisches Erdgas zur neuen Anlandestation Greifswald in Lubmin
(Bild 1). Hier wird das im 1.200 Pipeline-km entfernten
russischen Wyborg in die Nord Stream eingespeiste
Erdgas aufbereitet und gemessen, bevor es durch die
Pipelines »OPAL« (Ostsee- Pipeline-Anbindungsleitung) der OPAL Gastransport GmbH & Co. KG nach
Süden bis in die Tschechische Republik sowie »NEL«
(Nordeuropäische Erdgasleitung) der Nel Gastransport GmbH nach Westen in Richtung des Speichers
Rehden weitergeleitet wird. Dazu wurde die größte
Gasmessstation Europas mit zwölf Messschienen
gebaut. Rund 750 Sensoren, mehr als 2.400 Ventile
und 360 elektrische Antriebe wurden installiert. Zum
Schutz der Technik wurde ein Blitz- und Überspannungsschutzkonzept von der EMSR-Planungsabteilung der GASCADE Gastransport GmbH zusammen
mit dem TÜV Hessen erarbeitet. In Basis- und DetailVerfasser: Michael Kieler, Ralf Hartmann
3 Erdungssystem
3.1 Allgemein
Bei der Planung des Erdungssystems sind nicht nur
die Gesichtspunkte des Blitzschutzes sondern auch
die einer Starkstromanlage zu berücksichtigen. In
der Literatur wird daher auch immer wieder auf eine
gemeinsame Erdungsanlage hingewiesen, die sämtliche Anforderungen für alle Bereiche erfüllen muss. Im
Nachfolgenden sollen diese unterschiedlichen Anforderungen angeführt werden.
So stellt sich bei Fundamenten generell die ersten Fragen nach deren Abdichtungen und einer daraus entstehenden Isolation gegenüber dem Erdreich. Auch
unter Fachleuten aus dem Bauwesen kommt es nicht
selten zu Unklarheiten, wann eine Wannenabdichtung
im Sinne der DIN 18014 [1][2] gegeben ist. Diskussionen entstehen oftmals bei der Beurteilung der „weißen
Wanne“. Viele Bauverantwortliche definieren diese
Bauwerksabdichtung ausschließlich über die Festigkeitsklasse des verwendeten Betons. Die DIN 10452 [3], die sich mit den Anforderungen an Betonsorten
befasst, definiert mit dem Wasser-Zement-Wert (w/zWert) ≤ 0,60 und einem Mindestzementgehalt von 280
Dieser Beitrag wurde im Rahmen der VDE / ABB - Tagung am 24. bis 25.10.2013 publiziert
Stand 03/2014
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kg/m³ weitere Mindestkriterien für den wasserundurchlässigen Beton. Die Beurteilung der Betonzusammensetzung reicht alleine nicht aus. Auch der Unterbau
des Baukörpers ist zu berücksichtigen. Besteht dieser
als Ersatz der Sauberkeitsschicht aus kapillarbrechenden Schichten, z.B. aus Recyclingmaterialien oder
Schotter, ist die Erdfühligkeit eines in Beton verlegten
Fundamenterders ebenfalls nicht sichergestellt. Mit
dem Entwurf zur neuen DIN 18014 (2012-12) [2] hat
sich daher der Begriff des „Fundamentes mit erhöhtem
Erdübergangswiderstand“ etabliert. Kann die Erdfühligkeit nicht eindeutig garantiert werden, so sind, wie
im vorliegenden Fall, Maßnahmen außerhalb des Fundamentes erforderlich.
Abständen von 20 m x 20 m wurde daher angesetzt.
Sämtliche Kabel sind mit stromtragfähigen Kabelschirmen ausgestattet, die zusätzlich die Aufteilung eines
möglichen Fehlerstromes ermöglichen.
Um der Forderung der Einhaltung der max. zulässigen
Berührungsspannung von 80V bei 50 Hz Fehlerströmen nachzukommen, wurde eine Potentialsteuerung
durch einen Oberflächenerder in einem Abstand von
etwa 1 m außerhalb der Außenwand des jeweiligen
Gebäudes in einer Tiefe von höchstens 0,5 m realisiert. Dies begründet sich auf die anerkannten Maßnahmen im Anhang M der oben erwähnten Norm [4].
3.2 Gebäudefundamente
Das Erdungssystem eines jeden Gebäudes lässt sich
in drei Bereiche gliedern. Es gibt den Bereich mit den
äußeren, im Erdreich verlegten Maßnahmen sowie
den in den Gebäudefundamenten eingebetteten Fundamenterder mit den im Gebäudeinneren vorgesehenen Anschlussmöglichkeiten.
Der in den Fundamentplatten eingebettete Fundamenterder, der aufgrund seiner elektrischen Isolierung zum
Erdreich bedingt durch den Einsatz von Betongüten
mit hohen Erdübergangswiderständen, ausschließlich als Potentialausgleich wirkt, unterstützt den zuvor
beschriebenen Ansatz einer möglichst großflächigen
Stromaufteilung. Die Maschenweite beträgt 20 m x
20 m für Räume, die als übliche Arbeitsplätze und für
Personenaufenthalte ausgelegt sind. In den Bereichen
von Technikräumen ist die Maschenweite reduziert.
3.2.2 Äußere Maßnahmen
3.2.5 Innere Gebäudemaßnahmen
Die äußeren Maßnahmen stellen dabei die eigentliche
Erdungsanlage dar, da sie die definierte Erdfühligkeit
sicherstellen. Sie bestehen zum einen aus dem Ringerder, der unterhalb des Gebäudes in der Sauberkeitsschicht in den gewohnten Maschenweiten von 10
m x10 m ausgeführt wird. Zum anderen bestehen sie
aus dem maschenförmigen Flächennetz, das über die
gesamte Anlage alle Gebäude miteinander verbindet.
In den Technikräumen, die mit einem Doppelboden
ausgestattet sind, ist zur Aufteilung des Fehlerstromes
und für einen niederimpedanten Anschluss der Geräte ein aufputz installierter Sammelleiter (Ringpotentialausgleichsleiter) vorgesehen. An dieser Stelle legte
der Auftraggeber die Schnittstelle zum Gewerk der
technischen Gebäudeausrüstung fest.
3.2.1 Allgemein
3.2.3 Globales Erdungssystem
Mit Herausgabe der neuen VDE 0101-2 (Erdung von
Starkstromanlagen mit Nennwechselspannungen
über 1 kV) [4] wurde der Begriff des globalen Erdungssystems erläutert. Das Hauptmerkmal eines globalen
Erdungssystems zeichnet sich dadurch aus, dass in
einem bestimmten Gebiet keine bzw. keine nennenswerten Potenzialdifferenzen auftreten können, sodass
zum einen der Schutz von elektrischen Betriebsmitteln
sichergestellt ist und zum anderen Personen aufgrund
von unzulässig hohen Berührungsspannungen nicht
gefährdet sind. Damit dies erreicht wird, sind Maßnahmen erforderlich, die einen möglichst geringen Fehlerstrom an einem bestimmten Punkt im System bzw. in
der Anlage fließen lassen.
Definitionsgemäß wird das gesamte Areal der Anlandestation als das zu betrachtende Gebiet angesehen. Eine großflächige Vermaschung in empfohlenen
Verfasser: Michael Kieler, Ralf Hartmann
3.2.4 Maßnahmen im Fundamentbereich
3.2.6 Dokumentation
Zur Abstimmung der einzelnen Gewerke sind die Ausführungspläne jeweils so aufgebaut, dass lediglich die
Inhalte im Plan verzeichnet sind, die auch tatsächlich
für den Auszuführenden zum Zeitpunkt der Errichtung
von Interesse sind. So gibt es für jedes Gebäude drei
Ausführungspläne: Ringerder und Oberflächenerder,
Fundamenterder mit Anschlusspunkten wie Erdungsfestpunkte und den in den Technikräumen umlaufenden Sammelleiter.
Neben den Ausführungszeichnungen wurde großer
Wert auf Details (Typicals) gelegt, welche gemeinschaftlich erarbeitet wurden. Diese sollten wichtige Informationen für die später ausführende Firma beinhalten. Dabei wurden bereits Vorgaben der einzusetzenden Materialien und Produkte getroffen, die im Vorfeld
mit dem Auftraggeber abgestimmt wurden.
Die Dokumentation soll die Ausführung der Leistungen
vereinfachen aber selbstverständlich auch InformatioStand 03/2014
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nen beinhalten und Auskunft über das Konzept des
Blitzschutzes geben, die für spätere Abnahmen und
Wartungen erforderlich sind.
3.3 Fundamente für Feldkomponenten
Bei den Fundamenten für die im freien Feld angeordneten Komponenten handelt es sich um Rohrlager und
Bedienbühnen sowie Filter, Pumpen und Ventile. Da
die Planungsnorm zum Einbringen des Fundamenterders (DIN 18014:2007-09) [1] keinen Vermerk auf die
Größe des Fundaments angibt, wurde dies im Einvernehmen mit dem Auftraggeber festgelegt.
Die aktuelle DIN 18014 [2] unterscheidet Fundamentplatten und Einzelfundamente. Für Einzelfundamente
wird –unabhängig von deren Größe die Einbringung
eines eigenen, mindestens 2,5 m langen Fundamenterders gefordert. Da im gesamten Baufeld zahlreiche
Einzelfundamente unterschiedlichster Größenordnungen von beispielsweise 0,30 m x 0,30 m bis zu mehreren Quadratmetern vorkommen, musste eine Festlegung erfolgen, ab welcher Größe das Einzelfundament
mit einem eigenen Fundamenterder auszurüsten ist.
Um jedoch das Ziel einer vermaschten Erdungsanlage
mit möglichst vielen Knotenpunkten zu gewährleisten,
musste eine Vielzahl der Fundamente in die Erdungsanlage integriert werden. Mit der Planungsabteilung
der GASCADE wurde daher festgelegt, dass Fundamente ab einer Kantenlänge von 0,50 m mit einem
Fundamenterder ausgestattet werden sollten.
Dies erleichterte die Arbeitsabläufe auf der Baustelle
und ermöglichte eine übersichtlichere Dokumentation.
Auf der Anlandestation in Greifswald kommen unterschiedliche Typen von Einzelfundamenten in unterschiedlichsten Stückzahlen zum Einsatz und das an
oftmals räumlich weit auseinanderliegenden Positionen. Daher war es erforderlich, für jedes Einzelfundament eine Typenzeichnung anzufertigen, nach der
dieses auszuführen war. Ansonsten hätte dieses zu
einem großen Durcheinander führen können, da die
Fundamente desselben Typs unterschiedlichen Erdungsmaßnahmen unterliegen würden.
Um der Forderung der DIN 18014 [1] bezüglich der
Mindesterderlänge von 2,5 m nachzukommen, wurde um die Einzelfundamente zusätzlich ein Ringerder
vorgesehen. Da die Positionierung der Fundamente,
abhängig von der Rohrtrassierung, unterschiedlich
ausfällt, konnte die Dokumentation des Ringerders auf
den Typenzeichnungen nur schemenhaft erfolgen und
musste zusätzliche auf einem Gesamtlageplan verzeichnet werden.
4 Äußeres Blitzschutzsystem Fang- und Ableitungseinrichtung
Verfasser: Michael Kieler, Ralf Hartmann
4.1 Allgemein
Die Anlandestation umfasst zahlreiche Bereiche mit
explosionsgefährdeten Bereichen, denen eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen ist. Normative Grundlage zur Planung und Auslegung von Fangeinrichtungen in explosionsgefährdeten Bereichen stellt die DIN
EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) [6]. In einem Protokoll,
das in gemeinschaftlichem Zusammenwirken mit dem
Auftraggeber und dem TÜV Hessen erarbeitet wurde,
sind zusätzliche, generelle Gegebenheiten zu den
explosionsgefährdeten Bereichen sowie zu treffende
Maßnahmen des Blitzschutzes für diese Bereichen
einheitlich getroffen worden.
Auf der Anlandestation gibt es die generelle Zoneneinteilung in die Ex-Zone 1 bzw. 2. Die Zone 1 tritt im
Normalbetrieb an einzelnen Ausblasöffnungen auf. Zu
einer Zone 2 führt es im Inneren von Gebäuden. Die
Zone 0 kommt auf der Anlage nicht vor.
4.2 Blitzschutzfang- und
Ableitungseinrichtung im freien Feld
4.2.1 Lampenmasten der Straßenbeleuchtung
Auf dem über 11 ha großem Areal stehen insgesamt
über 80 Beleuchtungskörper. Aufgrund ihrer exponierten Lage (Höhe von 6 Metern) dienen diese als bevorzugte Einschlagpunkte und sind daher im Zuge der
Durchführung der Blitzkugel-Analyse besonders zu
berücksichtigen. Im Einschlagfall müssen die Auswirkungen auf die elektrische oder elektronische Versorgungsstruktur beachtet werden.
In diesem Fall wird die überwiegende Anzahl der Maste nicht nur mit der reinen Funktion eines Beleuchtungskörpers zum Einsatz kommen, sondern mit weiteren Einrichtungen wie in diesem Fall der Videoüberwachungs- sowie Sende-/Empfangstechnik ausgerüstet sein.
Mit dem Auftraggeber wurde festgelegt, dass die Beleuchtungsmaste keine zusätzlichen Fangeinrichtungen erhalten. Bedingt durch die Energie des Blitzes
ist wahrscheinlich mit einer Zerstörung des Lampenkopfes sowie der informationstechnischen Ausrüstung
zu rechnen. Dieser Umstand wird wirtschaftlich als
sinnvoller erachtet, als erhöhten Aufwand mit Fangeinrichtungen zu treffen. Bei der Positionierung der
Lampenmaste wurde darauf geachtet, dass sie außerhalb einer explosionsgefährdeten Zone errichtet werden. Prinzipiell werden sämtliche Komponenten für die
Ex-Zone 1 ausgelegt, sodass es während der Montagearbeiten nicht zu Verwechslungen kommen kann.
Im Falle des Blitzeinschlages wird nach normativem
Ansatz 50% des Blitzstromes über das Energiekabel
und dessen stromtragfähigem Schirm zur speisenden
Quelle fließen. Da sich hier nahezu keine StromaufStand 03/2014
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teilungen mehr ergeben, wie bei einem Gebäudeblitzschutz, wurden am jeweiligen Gebäudeeintritt Ableitungseinrichtungen eingeplant. An jedem Mast sind
Konverter vorhanden, die die informationstechnischen
Signale von Kupfer- auf Glasfaserleitungen umsetzen.
Eine Übertragung der Blitzenergie auf diesem Weg ist
daher ausgeschlossen.
4.2.2 Rohrleitungen
Die Rohrleitungssysteme nehmen flächenmäßig den
größten Anteil der Anlandestation ein. Da die zuvor
genannten Beleuchtungskörper den gesamten äußeren Anlagenbereich nicht in einen Schutzbereich
bringen können, sind also auch diese Systeme einem
möglichen Blitzeinschlag ausgesetzt, auch wenn ihre
bauliche Höhe in den meisten Fällen auf bis max. 2 m
begrenzt ist.
Die Rohrleitungen haben eine Wandungsdicke von
mindestens 10 mm. Gemäß der Tabelle 3 aus DIN
EN 62305-3 (VDE 0185-305-3) [6] sind für natürliche
Komponenten aus Stahl Mindestwandstärken von 4
mm erforderlich, um eine Perforation des Materials an
der Einschlagstelle zu verhindern. Demzufolge ist die
Nutzung der Rohrleitungen als natürlicher Bestandteil
des Fang- und Ableitungssystems eine normativ zulässige Variante.
Im Prinzip kann das Rohrleitungsnetz als geschlossenes System betrachtet werden, an dem kein Gasaustritt stattfindet. Damit stellt sich für den Planer die
Frage, ob die erhöhten Anforderungen in explosionsgefährdeten Bereichen überhaupt Anwendung finden müssen. Anhang D zur DIN EN 62305-3 (VDE
0185-305-3) [6], der zusätzliche Informationen für
Blitzschutzsysteme für explosionsgefährdete bauliche
Anlagen aufzeigt, erläutert hierzu: „Das Blitzschutzsystem muss so ausgeführt werden, dass bei einem direkten Blitzeinschlag außer an der Einschlagstelle keine Schmelz- und Sprühwirkungen entstehen.“ Da aufgrund des geschlossenen Systems der Rohrleitungen
grundsätzlich keine Einschläge in das Innere erfolgen,
könnte die Sprühwirkung vernachlässigt werden. Bestätigt wird dies auch durch das Kapitel Funkenbildung
in den Allgemeinen Grundsätzen der Normenreihe [5]:
„Im Allgemeinen ist Funkenbildung nur in entflammbarer Umgebung oder bei Vorhandensein von brennbarem Material von Bedeutung. In den meisten Fällen ist
Funkenbildung für LPS-Bauteile ohne Bedeutung.“
Letztendlich bedeutet das, dass keine speziell für den
explosionsgefährdeten Bereich zugelassenen Bauteile für den Anschluss der Rohrleitung an das Erdungssystem erforderlich sind. Zum Einsatz kamen
herkömmliche Rohrschellen, die an den vorhandenen
2“-Leitungen angeschlossen wurden.
Zusätzlich wurde festgelegt, dass im Falle eines Blitzeinschlages in das Rohrleitungssystem, nachträgVerfasser: Michael Kieler, Ralf Hartmann
liche Kontrollen notwendig sind, um das System auf
mögliche Schäden zu untersuchen und auch weiterhin
die einwandfreie (druckdichte) Arbeitsweise garantieren zu können. Dies wird durch Begehungen und Besichtigung im Anschluss einer Gewittertätigkeit durchgeführt.
4.2.3 Bedienbühnen
Wenn explosionsgefährliche Atmosphäre auftritt, dann
in Bereichen, in denen Antriebe oder Ventile platziert
sind. Diese Bereiche sind aber auch nur dann vorhanden, wenn außerbetriebsmäßige Wartungsarbeiten,
wie beispielsweise ein Filterwechsel, durchgeführt
werden. In einem Ex-Schutzdokument sind diese
möglichen Ex-Zonen aufgrund solcher Wartungsarbeiten üblicherweise nicht zu berücksichtigen. Im aktuellen Projekt wurden in der Betriebsanweisung diese
Bereiche mit dem Hinweis aufgenommen, dass Wartungsarbeiten während einer Gewittertätigkeit nicht
erfolgen dürfen. Betrachtet man die Armatur als mögliche Fehlerquelle für einen Gasaustritt, würde lediglich
die Ex-Zone 2 wirksam werden. Daraus ergeben sich
gemäß Anhang D Kapitel 5.2 [6] für Anlagen mit als
Zonen 2 und 22 festgelegten Bereichen keine zusätzlichen Schutzmaßnahmen. Vor dem Hintergrund, eine
Reduzierung der nachträglichen Kontrollen herbeizuführen, hat man sich dazu entschlossen, zusätzliche
Fangeinrichtungen zu installieren.
Um Wartungsarbeiten an den Armaturen zu ermöglichen, befinden sich in deren unmittelbarer Nähe auch
immer Bedienbühnen. Diese stellen die exponierten
Punkte des Rohrleitungssystems dar. Demzufolge war
es naheliegend, die zusätzlichen Fangstangen an diesen zu befestigen. Geachtet werden musste in diesem
Fall auf eine ausreichende Höhe der Fangstangen, um
nicht in der Augenhöhe von Personen eine zusätzliche Gefahrenquelle im Zuge der Wartungsarbeiten zu
schaffen.
4.3 Blitzschutzfang- und Ableitungseinrichtung für
Gebäudestrukturen
4.3.1 Gebäude ohne explosionsgefährdete Bereiche
Als Planer eines Blitzschutzsystems ist man bestrebt,
dem Kunden eine funktionsfähige, sicherheitstechnische Anlage zu planen und zu errichten. Gerade im industriellen Bereich steht die Funktion im Vordergrund
und optische Gesichtspunkte sollten eher eine untergeordnete Rolle spielen. Das Betriebsgebäude auf der
Anlandestation stellt hier eine Ausnahme dar. Es handelt sich um ein zentral gelegenes Flachdachgebäude
mit einem Obergeschoss. In diesem Obergeschoss
werden Besucher empfangen. Über zwei Terrassen,
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die vom Besucherraum aus zu betreten sind, können
sich Gäste einen ersten Eindruck von der Anlage verschaffen.
Dem Anlagenbetreiber war daher sehr daran gelegen,
die Blitzschutzmaßnahmen möglichst „unsichtbar“ zu
gestalten. Das Betriebsgebäude wird im Erdgeschoss
mit einer Eternit-Fassade verkleidet. Als Lösung wurden die metallenen Unterkonstruktionen dieser Fassade als Ableitungseinrichtung verwendet. Dadurch
ergab sich eine zusätzliche Schirmwirkung für die inneren Systeme. Die Messstellen sind über eine Revisionstür zugänglich.
4.3.2 Gebäude mit explosionsgefährdeten Bereichen
Eine Besonderheit stellt die Anlage aufgrund ihrer hohen Betriebsdrücke von bis zu 180 bar dar. Daraus
ergeben sich Ex-Zonen mit vertikalen Ausdehnungen
von bis zu 40 m Höhe, die im Normalbetrieb gelegentlich auftreten können (Ex-Zone 1). Da die Norm
einen zündfähigen Funken innerhalb dieser Zone nicht
zulässt, muss die Fangeinrichtung außerhalb dieses
Bereiches installiert werden. Aufgrund der extremen
Ausdehnung wäre dies allerdings physikalisch nur mit
sehr hohen Fangstangen realisierbar.
Die Thematik der Positionierung von Fangstangen in
explosionsfähiger Atmosphäre wurde aktuell in Fachkreisen ausgiebig diskutiert. Gemäß dem Blitzkugelverfahren ist das Eintauchen der Blitzkugel in die
Ex-Zone 1 zulässig, solange das Fangen des Blitzes
und die dadurch entstehende Funken- bzw. Sprühwirkung außerhalb dieses Bereichs liegt. Bereits zum
damaligen Planungszeitpunkt hat man sich Gedanken
darüber gemacht, was passiert wenn die Enddurchschlagstrecke des Blitzes durch die explosionsfähige
Atmosphäre verläuft, also der Blitzkanal die Ex-Zone
durchdringt. Heute hat man festgelegt, dass dies nach
Möglichkeit zu verhindern ist, was aber bei einer 40
m hohen Ex-Zone praktisch unmöglich ist. Da für die
Messgebäude auf der Anlandestation, aufgrund der
Zonenausdehnung, eine Positionierung der Fangeinrichtungen außerhalb der Zone 1 nicht umsetzbar war,
hat man für diese Anlage gemeinschaftlich Festlegungen getroffen.
Es wurde festgelegt, dass ein gezieltes Abblasen nur
erfolgen darf, wenn keine Gewittergefahr besteht.
Da betriebsbedingt das Ausströmen des Gases aber
während eines Gewitters auftreten kann, wird in der
Betriebsanweisung eindeutig definiert, dass ein Blitzeinschlag in dieser zugelassen wird. Es sind dann
konstruktive Maßnahmen hinsichtlich des Explosionsschutzes auszuführen. Für die Leitungen und angeschlossenen Geräte bedeutet das in diesem Fall,
dass sie druckstoßfest ausgeführt werden. Dadurch
entsteht keine Gefahr mehr, wenn es zu einer ZünVerfasser: Michael Kieler, Ralf Hartmann
dung des Gas-Luft-Gemisches kommt. Flammenrückschlagsicherungen werden zusätzlich als Maschinenschutz vorgesehen.
Im Falle eines Blitzeinschlages in eine der Ausblasöffnungen können somit Blitzteilströme in die bauliche
Anlage fließen. Zur Reduzierung der Auswirkungen
dieser Blitzteilströme ist bei diesen Gebäuden ein
dreidimensionaler Gebäudeschirm zur Anwendung
gekommen. Es sind das Stahlskelett der baulichen
Anlage sowie die Bewehrungen der Betonfertigteile
zwischen diesen Stahlkonstruktionen durchgehend
miteinander verbunden worden. Mit dieser Maßnahme werden eingekoppelte Blitzteilströme hinreichend
schnell auf ein niedriges Maß verringert.
5 Abschlussbemerkung
Durch die Summe der getroffenen Maßnahmen konnte ein wirkungsvolles Blitzschutzsystem realisiert werden. Durch zahlreiche Abstimmungsgespräche im frühen Planungsstadium konnten nachträgliche Kosten
vermieden werden.
Die gute Zusammenarbeit zwischen den Projektbeteiligten hat das Projekt zum Erfolg geführt und die Realisierung konnte im sehr engen Terminplan fertiggestellt
und erfolgreich abgeschlossen werden.
6Literatur
[1] DIN 18014:2007-09
Fundamenterder - Allgemeine Planungsgrundlagen
[2] DIN EN 18014:2012-12
Fundamenterder - Allgemeine Planungsgrundlagen
[3] DIN 1045-2:2008-08
Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton
- Teil 2: Beton - Festlegung, Eigenschaften, Herstellung und Konformität - Anwendungsregeln zu
DIN EN 206-1
[4] DIN EN 50522; VDE 0101-2:2011-11
Erdung von Starkstromanlagen mit Nennwechselspannungen über 1 kV
[5] DIN EN 62305-1;VDE 185-305-1:2006-10
Blitzschutz - Teil 1: Allgemeine Grundsätze
[6] DIN EN 62305-3; VDE 185-305-3:2006-10
Blitzschutz - Teil 3: Schutz von baulichen Anlagen
und Personen
[7] DIN EN 62305-3 Beiblatt 2; VDE 0185-305-3 Beiblatt 2:2012-10:2012-10
Blitzschutz - Teil 3: Schutz von baulichen Anlagen
und Personen - Beiblatt 2: Zusätzliche Informationen für besondere bauliche Anlagen
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