Zeitschrift fUr Kristallographie, Die Kristallstruktur Bd. 136, S. 387-401 und Fehlordnung Yon H.MAYER Institut (1972) und H. VOLLENKLE fur Mineralogie, Kristallographie der Technischen Hochschule (Eingegangen yon Ge(OH)P04 am 12. Juni und Strukturchemie Wien * 1972) Abstract The compound Ge(OH)P04 has been prepared by hydrothermal synthesis. The crystal structure is determined by means of three-dimensional single-crystal is built up by octadata (147 independent reflections, R = 0.122). The structure hedral chains of composition [Ge04(OH)], which are connected by [P04] tetrahedra forming a three-dimensional network, whieh exhibits one-dimensional disorder phenomena (OD structure). The determined crystal structure with the orthorhombic unit cell: a = 12.253, b = 7.014 and c = 7.161 A, space group twinned regions, which can Bmam-D~~ and Z = 8 is a result of superimposed be described by a monoclinic unit cell: a = 7.096, b = 7.014 and c = 7.161 A, space group 02/C-O~h and Z = 4. A structural relationship P = 120018', between Ge(OH)P04 and the minerals kieserite, titanite (sphene), lazulite and amblygonite is discussed. Auszug Die Verbindung Ge(OH)P04 wurde dureh Hydrothermalsynthese hergestellt und die Kristallstruktur an Hand dreidimensionaler Einkristalldaten ermittelt (147 unabhiingige Reflexe, R == 0,122). Die Kristallstruktur ist aus [Ge04(OH)]Oktaederketten aufgebaut, die liber [P04]-Tetraeder zu einem dreidimensionalen Strukturverband verbunden sind, und zeigt eine eindimensionale Lagefehlordnung (OD-Struktur). Die rontgenographisch gefundene Struktur mit der orthorhombisehen Elementarzelle: a = 12,253, b = 7,014 und c = 7,161 A, Raumgruppe Bmam-D~~ und Z = 8 resultiert aus einer Uberlagerung verzwillingter Bereiche, fUr die sich eine monokline Elementarzelle: a = 7,096, 02/C-O~h und Z = 4 b = 7,014 und c = 7,161 A, f3 = 120018'; Raumgruppe angeben liiJ3t. Eine strukturehemische Verwandtsehaft der Verbindung Ge(OH)P04 mit den Mineralen Kieserit, Titanit, Lazulith und Amblygonit wird diskutiert. * Getreidemarkt 9, A-1060 Wien. 25* 388 H. MAYER und H. VOLLENKLE Einleitung Uber die Existenz yon Verbindungen der Zusammensetzung und 2Ge02"3P205"H204,6 Ge02 "P205" H201-6, Ge02"P205"2H202-6 im System Ge02-P205-H20 wurde wiederholt berichtet. 1m Ge02reichen Bereich dieses Systems konnte durch Hydrothermalsynthese erstmals auch die Verbindung der Zusammensetzung 2Ge02 " P20S " H20 [Ge(OH)P04J hergestellt werden, deren strukturchemische Unter- suchung Gegenstand vorliegender Arbeit ist. Experimentelles Fur die Synthese wurden Ge02 (99,999% Fluka; Quarzmodifikation) und Orthophosphorsaure (mind. 85% H3P04; Merck) entsprechend einem molaren Verhaltnis Ge02: P205 = 2: 1 verwendet. Die Reaktion wurde in einem vollstandig mit Teflon ausgekleideten Autoklaven durchgefiihrt. Die Komponenten der Einwaage wurden mit einem Platinspatel vermengt und im Autoklaven 65 Stunden bei 180°C zur Reaktion gebracht. Das mit Feuchtigkeit behaftete, kristalline Reaktionsprodukt wurde mit Aceton gewaschen und danach getrocknet. Zur rontgenographischen Charakterisierung des erhaltenen Produktes ist in Tab.1 die Auswertung einer Pulveraufnahme wiedergegeben. Die Reaktion yon Germaniumdioxid mit konzentrierter Phosphorsaure unter hydrothermalen Bedingungen wurde bis zu einem H3P04-UberschuB entsprechend einem molaren Verhaltnis Ge02: P205 < 3: 2 verfolgt. Die quantitative Bestimmung der nicht umgesetzten Phosphorsaure zeigt jedoch, daB die Umsetzung immer im molaren Verhaltnis 2: 1 erfolgt. 1 D. A. EVEREST, The chemistry of bivalent germanium compounds. Part IV. Formation of germanous salts by reduction by hypophosphorous acid. J. Chern. Soc. [London] 1953, 4117-4120. 21. "\iV.TANANAJEW und K. A. AWDUJEWSKAJA, Uber cine Reaktion der Orthophosphorsaure mit Ge02. 2. neorg. Chim. [UdSSR] 8 (1963) 1020-1021 [russ.]. K. A. AWDUJEWSKAJA und 1. W. TANANAJEW, Uber Germaniumphosphate. 2. neorg. Chim. [UdSSR] 10 (1965) 366 [russ.]. 3 A. WINKLER und E. THILO, Uber eine Reihe saurer Verbindungen HXvP20S und HXIVP20S mit Schichtstruktur, XV = As und Sb; XIV = Si, Ge, Sn, Pb, Ti und Zr. Z. anorg. allg. Chern. 346 (1966) 92-112. 4 B. LELONG, Dissertation. Universitat Paris, 1964. 5 H. VOLLENKLE, Dissertation. Universitiit Wien, 1964. 6 J. LECOMTE, A. BOULLE, C. DOREMIEUx-MORIN et B. LELONG, Etude, par spectroscopie P205-Ge02-H20. infrarouge, des composes des systemes P205-Si02-H20 C. R. Acad. Sci. [Paris] 258 (1964) 1447-1451. et Die Kristallstruktur und Fehlordnung van Ge(OH)P04 389 Tabelle 1. AU8wertung einer P1dveraufnahme van Ge(OH)P04 (a = 12,253, b = 7,014, C = 7,161 A; CrK'X-Strahlung; sin2(j < 0,60) sin20 hkl ber. 111 210 020 012 202 Intensitiit I I beob. , I 0,06101 0616J 1067 1290 0,0620 I 1080 1302 (373) 400 1:398 121 222 412 230 610 0:32 1410 2440 2688 2750 34131 3424J 004 4094 602 040 214 4170 4267 4710 432 4822 4850 024 C,22 404 630 800 242 5161 52:3C, 5492 5546 5593 5640 5190 5260 5530 5580 5620 5680 1414 I I 2450 2700 2761 3441 I I 4110 4182 4290 4740 ber. boob. I 871 4(J3J 310 1000 st mst sst st 568 ") 80 95 170 140 1301 s nl m mst 1:391 i I 99 57 45 nlS s s 58 s ss ms Ins s Ins s In :38 132 118 57 111 84 222 Die thermochemische Analyse der Verb in dung zeigt im Verlauf der DTA-Kurve (bei 1 at) zwischen 660 und 760°C (Max. 710°C) eine ausgepragte endotherme Reaktion an. Die TG-Kurve (bei 10-5 Torr) ergibt im selben Temperaturbereich einen Gewichtsverlust yon 5,50/0, was der Abgabe yon etwa einem Mol H20 pro Formeleinheit 2Ge02 . P205 . H20 (theor. 4,90;0) entspricht. Diese endotherme Reaktion wurde auch mit Hilfe einer kontinuierlich registrierenden RontgenHochtemperatur-Kamera nach GUINIER und LENN:E bei Atmospharendruck bis 10500 C verfolgt. Dabei zeigte sich, daB die Verb in dung bei ca. 700 °C in eine bisher beziiglich ihrer Zusammensetzung nicht identifizierte Phase iibergeht, die sich bei ca. 10000 C in die Verbindung Ge50(P04)67 umwandelt. Die bei der thermischen Umwandlung gebil7 H. MAYER und Monatsh. Chom. H. VOLLENKLE, [im DruckJ. Die Kristallstruktur van (jeoO(P04k 390 H. MAYER und H. VOLLENKLE deten Produkte konnen unter Zusatz von H20 durch Hydrothermalsynthese wieder in die Ausgangsverbindung riickverwandelt werden, der somit die Summenformel 2Ge02' P205. H20 zukommt. Die idiomorphen Kristalle hatten rhombisch-kurzprismatisches Aussehen, wobei als Flachenform durchwegs die Kombination zweier vierflachiger Prismen zu beobachten war. Die Vermes sung am optischen Zweikreisgoniometer ergab morphologisch die Kristallklasse mmm und das Achsenabschnittsverhaltnis yon a: b: c = 0,87: 1: 0,51. Die Kristalle erwiesen sich als optisch zweiachsig mit einem geringen Achsenwinkel und negativem Charakter der Doppelbrechung. Es konnte ausschlieBlichgerade bzw. symmetrische Ausloschung beobachtet werden. Fiir die Strukturanalyse wurde ein vollkommen klarer und idiomorpher Kristall mit den Abmessungen 0,07 X 0,08 X 0,07 mm ausgewahlt. Die Gitterparameter wurden aus Buerger-Prazessionsaufnahmen (MoK ex-Strahlung) bestimmt und ergeben eine rhombische Elementarzelle (Tab. 2). Das rontgenographische AchsenverhiiJtnis 1,747: 1: 1,021 stimmt mit dem morphologischen Achsenabschnittsverhaltnis 0,87 ( X 2): 1 :0,51 (X 2) ausgezeichnet iiberein. Die am Kristall auftretenden Prismenflachen sind unter Beriicksichtigung der rontgenographischen Ergebnisse rnit {210} und {012} zu indizieren. Auf Grund der pyknometrisch bestimmten Dichte (Tab.2) ergeben sich 8 Formeleinheiten Ge(OH)P04 pro Elementarzelle. Auf sehr stark belichteten Drehkristallaufnahmen urn [100] und [001] erscheinen l = 2n + 1 nur die Schichtlinien mit dem sehr schwach und weisen Index damit h = 2n deutlich + 1 bzw. auf eine Unterzelle mit den Abmessungen aj2, b und cj2 hin. Die WeissenbergAufnahmen urn [001] (CuKex-Strahlung; nullte bis 6. Schichtebene) Tabelle 2. Kristalldaten fur Ge(OH)P04 a = 12,253, b = 7,014, C = 7,161 A a:b:c = 1,747: 1: 1,021; Raumgruppe Bmam-Dn; V = 615,4 A.3, Dx = 3,98 gjcm3, Dpyk = 3,85 gjcm3; Z = 8. Elementarzelle fur die MOG1-Schichtfolge: a = 7,096, b = 7,014, C = 7,161 A., f3 = 120018'; Raumgruppe C2jc-C~h; a:b:c = 0,988:1:1,021; V = 307,7 A.3, Z = 4. Die Kristallstruktur und Fehlordnung von Ge(OH)P04 391 zeigen auBerdem eine charakteristische Verteilung von scharfen und diffusen Reflexen; wahrend auf den Schichtebenen mit 1 = 2n nur scharfe Reflexe beobachtet werden, treten auf den schwachen Zwischenschichtebenen mit 1 = 2n + 1 nur diffuse stabfOrmige Reflexe auf. Diese Reflexe zeigen ein Schwarzungsmaximum mit einem diffusen Verlauf parallel der a*-Achse des reziproken Gitters und sind ein charakteristischer Hinweis fUr das Auftreten einer eindimensionalen Lagefehlordnung in Richtung [100]8-9. Sowohl fur die scharfen, als auch fUr die diffusen Reflexe wurde rhombische Symmetrie beobachtet. Die beobachteten Reflexe hkl nur mit h + 1 = 2n und hOl nur mit h = 2n und 1 = 2n fUhren auf die Raumgruppen Bma2 und Bmam, wobei fUr die Reflexe hOO mit zusatzlich auch nicht raumgruppenbedingte h = 4n und OOl mit AuslOschungen 1 = 4n auftreten. Bestimmung der Kristallstruktur Fur die Kristallstrukturanalyse wurden die Intensitaten durch visuellen Vergleich mit einer vom selben Kristall hergestellten Schwarzungsskala ermittelt. Die diffusen Reflexe hkl mit 1 = 2 n + 1 wurden hierbei wie die scharfen Reflexe behandelt und jeweils die Intensitat im Schwarzungsmaximum berucksichtigt. Es wurden insgesamt 147 voneinander unabhangige Intensitaten der asymmetrischen Einheit des reziproken Gitters erfaBt. Das sind 95% der durch die Aufnahmen erfaBbaren Intensitaten fur die scharfen Reflexe mit 1 = 2 n und wur420/0 fur die diffusen Reflexe mit 1 = 2n + 1. Die Intensitaten den unter Berucksichtigung der Lorentz- und Polarisationsfaktoren in Strukturamplituden [Pol umgerechnet. Nach der statistischen Methode von WILSON wurde fUr die beobachteten Strukturamplituden ein mittlerer Temperaturkoeffizient B = 0,77 A2 graphisch ermittelt. Zur Bestimmung der Kristallstruktur wurde eine dreidimensionale Patterson-Synthese gerechnet. Daraus konnten die Positionen der Germaniumatome direkt entnommen werden. Die 8 Ge-Atome besetzen in cler Raumgruppe Bmam die speziellen Punktlagen 4c:0,0,0 und 4/: t, i, t. Fur die Germaniumatome fUhrt dies auf eine innenzentrierte Unterzelle mit den Abmessungen aj2, b und cj2. Die mit Hilfe der (Ge-P)- und (Ge-O)-Vektoren abgeleiteten Phosphor- und SauerstoffPositionen fUhren in den Raumgruppen Bmam oder auch Bma2 nur 8 K. DORNBERGER-SOHIFF,Grundziige einer Theorie der OD-Struktur Schichten. Akademie-Verlag, Berlin 1964. 9 K. DORNBERGER-SOHIFF, Lehrgang iiber OD-Strukturen. Berlin 1964. Akademie-Verlag, aus 392 H. MAYER und H. VOLLENKLE @)-@~ Ge(2) 0(2') 0(7 ')1120(]')112 P(7') l % 1~ 0(2J~ i@\ Or]) Ge(1J x \ P(1)~_ I y b --- Fig. 1. Dreidimensionale Fourier-Synthese fUr Ge(OH)P04; Lage der Maxima durch putsprechende Schnitte parallel (xy) (z = Obis 1/4) dargestellt; die Linien der Elektronendichte sind in Intervallen von 5e/A3 gezeiehnet, beginnend mit 5e/A3; fUr die Ge-Atome ist nur jede zweite Dichtelinie eingezeichnet dann zu einem sinnvollen StrukturmodeIl, wenn fur die P- und 0Atome in den Ebenen (1, y, z) und (1, y, z) eine statistische Besetzung (Besetzungswahrscheinlichkeit w = 1/2) angenommen wird. Diese Annahme wird auch durch die beobachteten diffusen Interferenzen gerechtfertigt, die das typische Merkmal einer eindimensionalen Fehlordnung sinds-9. Dreidimensionale Fourier- (Fig.1) und DifferenzFourier-Synthesen mit samtlichen beobachteten Reflexen bestatigen diesen Strukturvorschlag. Die Atomparameter der Struktur sind in Tab.3 angefUhrt. Die Strukturfaktorrechnung ergibt fUr aIle beobTabelle 3. Atomparameter fur Ge(OH)P04; Raumgruppe (mittlerer Temperaturkoeffizient Atom* Punktlagc Besetzung B = 0,77 Bmam-D~~ A2) y x z I Ge(l) °t 4c 1 4f 1 P(l) 4g 1 P(l+) 8l 1 t1 "2" "4 Ge(2) 0(1)** 4g 0(2) 0(1+) 0(3) 0(2+) 0(3+) 8h 8l 8m 8n 160 I 1 I Die Atome P(l), P(1+); * bezuglich ihrer freien Parameter ** (OH)-Gruppe. 1 ] 2 1 1 t 0(1), 0(1+); korreliert. °1 ° 0,1511 0,3826 0,1174 t 0,9089 1 "4 °0,4089 t 0,2540 ° 0,0989 0,2500 0(2), °t "2" 0,5000 0,7540 0(2+) und ° t °0,0694 t 0,3194 0(3), 0(3+) sind Die Kristallstruktur und Fehlordnung von Tabelle 4. Beobachtete und berechnete Strukturamplituden Ilk 1 8"0 12 6 " 10 1\ , 0'0 8 IF,I I F,I 369 "2 315 3" 185 215 0 192 16; "230 6 216 68 89 250 39 69 132 127 228 71 76 25' 99 96 212 271 ",0 2" 2" 111 '"9' 212 "9 188 12 '"73 6'50 10 '35 10 1\ 1 8 ,06 0 8 88 '9' 103 90 111 80 "9 177 85 33 66 87 25 "52 h k 1 IF,I F,I I 2 7 0 66 72 6 o, 8 0 11 3 5 7 9 13 1 ,121 5 7 9 11 ",1 6 1 5 7 9 11 171 3 82 185 9' 173 "2 20 120 38 38 31 26 22 16 67 61 28 "' 22 21 58 " " 52 " 36 "29 37 "31 23 33 2, 23 27 25 '7 28 19 h k 1 IF,I IF,I 5, 7 1 8 1 2 0 2 6 10 ", o 1 2 8 12 2 2 2 6 032 , " 97 20' ~105 " 168 6 6 2 10 o , 72 286 337 71 "' 8 282 113 '8 16 2" ," '95 180 136 133 88 87 '75 153 73 76 221 218 5 156 '" 70 89 7 9 11 21 10 o 5 2 , "2 108 8 97 "17 12 262 77 52 109 68 115 '9 "35" 37""' 33 3 ,1 5 136 65 162 115 10' 111 '" 5 7 9 133 "5 252 " 26; 97 78 275 271 20 20 ,123 86 '37 39 '32 60 '" " 20 21 22 " , 86 8 12 242 6 19 35 52 26 26 25 23 h k 1 IF,I 1",1 32 37 " "37 38 3 5 32 38 " 28 27 20 18 1 6 3 3 39 33 3' 30 36 3' '2 28 393 Ge(OH)P04 fiir Ge(OH)PO, h k 1 , 0, IF,I IF,I h k 1 I F,I IF,j 175 165 '38 5 1 5 7, 27 27 37 29 26 39 38 35 32 28 '93 199 "8 '25 120 '30 158 56 57 290 207 5 7 9 35 "' 35 27 12 167 109 95 "7 17 5 6 0 6 22 33 20 o 96 ,,, 2 2 6 136 128 8 12 2, , 6 10 o, 2 , s 2 6 }"10 , , 8 2 6 5"10 , o, 6 25 22 8 627' 27 26 1 1 5 3 130 13' 177 '61 180 186 so 91 '5 131 5' 151 150 61 150 77 77 102 51 71 55 75 23 27 33 11 127 113 68 55 3 25 165 29 19 189 ,o 1 6 ," " 130 112 6 10 ,036 8 2' 6 150 ," 53 71 121 "058 57 73 6 '51 120 " 137 o 5 6 126 '" 2 6 6 110 , "' 103 52 "5 achteten Reflexe einen R-Wert1Q von 0,122. Fur die schwachen diffusen Reflexe allein betragt der R-Wert 0,137. Die beobachteten und berechneten Strukturamplituden sind in Tab. 4 zusammengestellt. Beschreibung und Diskussion der Kristallstruktur Auf Grund der chemischen und thermischen Analyse sowie der Kristallstrukturanalyse besitzt die Verbindung die chemische Formel Ge(OH)P04. Die P-Atome sind tetraedrisch von vier Sauerstoffatomen umgeben; sie bilden isolierte [P04]-Gruppen. Die P-O-Abstande betragen 1,465 und 1,577 A (Tab. 5) und liegen damit innerhalb der fUr Orthophosphate gefundenen Wertell. Der Mittelwert von 1,521 A stimmt z. B. mit dem fUr Pentagermaniumoxid-hexaphosphat Ge50(P04)67 erhaltenen Wert von 1,525 A ausgezeichnet uberein. Die Ge-Atome sind oktaedrisch von sechs Sauerstoffatomen umgeben, wobei vier planar angeordnete Sauerstoffatome vier verschiedenen [P04]-Tetraedern angehoren, wahrend die restlichen, diametral angeordneten Sauerstoffatome jeweils zwei Ge-Atome miteinander verbinden. Der Mittelwert der Ge-O(--+P)-Abstande betragt 1,851 A und stimmt mit dem entsprechenden Wert von 1,863 A fUr Ge50(P04)67 gut uberein, liegt jedoch etwas unter dem fUr Germanate angegebenen mittleren Ge[6]-O-Abstand von 1,887 A 12. Die beiden Ge-O(--+Ge)- Abstande betragen 1,901 A; die GroBe dieser Abstande legt es nahe, -10 11 R = EllFol-IFcll/E[Fol. F. LIEBAU, Phosphorus. Handbook of Geochemistry, Vol. II/2. Springer- Verlag, Berlin-Heidelberg-New York 1970, 15-A, 1-6. 12 A. WITTMANN, Germanium. Handbook of Geochemistry, Verlag, Berlin-Heidelberg-New York 1970, 32-A, 1-4. Vol. II/2. Springer- H. MAYER und H. VOLLENKLE 394 Tabelle 5. Interatomare Abstilnde und Winkel in Oe(OH)P04 [Oe(OH)204]-Oktaeder Oe-O(l)* Oe-0(2) Oe-0(3) (2X) (2X) (2X) A 1,852 1,849 1,851 Mittelwert O(l)*-Oe-O(l')* 0(1)*-Oe-0(3) 0(1)*-Oe-0(3') 0(2) -Oe-0(2') 0(2) -Oe-0(3) 0(3) -Oe-0(3') Oe-0(1)*-Oe 1,901 (1 X) (2X) (2x) (1 X) (8X) (1 X) 180" 94,0 86,0 180 90 180 140,7 (2X) (2 X) 1,465 rp04]- Tetraeder P-0(2) P-0(3) 1,521 Mittelwel't 0(2)-P-O(2') 0(2')-P-0(3) 0(3) -P-0(3') Mittelwert * A 1,577 (1 X) (4x) (1 X) 111,60 108,8 110,2 109,5 (OH)-Oruppe. daB die beiden diametralen O-Atome [OH]-Gruppen angehoren, was auch im Einklang mit den fUr die einzelnen Sauerstoffatome ermittelten elektrostatischen Bindungsstarken steht. Tabelle 6 zeigt eine Gegentiberstellung der Summe der elektrostatischen Bindungsstiirken der einzelnen Sauerstoffatome und der Ge-O-Abstande. Die beobachteten Unterschiede in den Ge-O-Abstanden stehen inUbereinstimmung mit der allgemeinen Erfahrung, wonach eine Bindungsstarke des Sauerstoffatoms < 2 durch eine Verkiirzung, cine solche > 2 hingegen durch eine Vergro13erung der beteiligten Bindungsabstande ausgeglichen wird. Wie wciters aus Tab. 6 hervorgeht, erhiUt man diese Ubereinstimmung jedoch nur dann, wenn man das H-Atom dem Sauerstoffatom 0(1) zuordnet. Die [Ge04(OH)2]-Oktaeder sind tiber die beiden diametralen [OH]Gruppen miteinander verbunden und bilden somit tiber Ecken ver- Die Kristallstruktur Tabelle 6. Ge[6]-O-Abstiinde und Fehlordnung und elektrostatische von Ge(OH)P04 Bindungsstarken I I 1,852 A Ge, P Ge,P Ge, Go, (H) 0(2,2') 0(3,3') 0(1,1')* 1,849 1,901 in Ge(OH)P04 Summo der el ektrosta tischen Bindungsstarken Koordinierte Kationen Sauerstoffatom 395 1,92 1,92 2,34 (1,34) * (OH)-Gruppo. kniipfte Ketten parallel [001]. Je zwei in der Kette benachbarte Oktaeder sind zusatzlich iiber ein [P04]-Tetraeder verbunden, was zu einer starken Winkelung der Oktaederkette fiihrt (Fig. 2). Diese Oktaederkette kann formelmaBig als ~ [Ge04(OH)] beschrieben werden und ist das charakteristische Strukturelement dieser Verbindung. Die Kette wiederholt sich zusammen mit den [P04]- Tetraedern in der Richtung [010] mit der Translationsperiode b, so daB sich eine zweidimensional periodische Anordnung dieser Ketten parallel der (100)Ebene ergibt. Zur Beschreibung der Kristallstruktur im Sinne einer OD(order-disorder)-Struktur ist diese Anordnung als "Schicht" mit der Aus derartigen, Ebenensymmetrie P ~ ~ ~ zu interpretierenS-9. m c m geometrisch aquivalenten Schichten, die sich in Richtung [100] wiederholen, liWt sich die gesamte Kristallstruktur aufbauen. Ausgehend von einer Schicht gibt es fUr jede nachstfolgende zwei verschiedene, jedoch geometrisch gleichwertige Anordnungen. Die Ausgangsschicht muB ( ) dabm . urn den Vektor tl b = 2 + c -4 bzw. t2 = b 2 c verschoben 4 werden, urn mit der nachstfolgenden Schicht zur Deckung gebracht werden zu konnen (Fig. 2). In dieser Zweideutigkeit der Fortsetzung der Struktur liegt auch die Moglichkeit fUr das Auftreten einer eindimensionalen Lagefehlordnung in Richtung [100] begriindet. Vergleicht man jedoch nicht nur zwei benachbarte Schichten, sondem die verschiedenen moglichen Tripel von drei aufeinanderfolgenden Schichten, so geht nunmehr die geometrische Aquivalenz dieser Anordnungen verloren. Dementsprechend stellen Strukturen, die ausschlieBJich eine Art von Schichttripeln enthalten, die hochstsymmetrischen Anordnungen derartiger Schichtfolgen dar und werden als Strukturen mit maximalem Ordnungsgrad (MOG) bezeichnetl3. 1m vorliegenden 13 Fur den vgl. Z.B.8-9. allgemeinen Fall ist diese Bedingung allein nicht ausreichend, 396 H. MAYER und H. VOLLENKLE a) I L Y b) Fig. 2. Ge(OH)P04, dem Stapelvektor :+ Projektion 81 = 82 in Richtung ~ + a ~ der x-Achse; a) Schichtfolge mit ; b) Schichtfolge mit dem Stapelvektor b = 4 +2 c - 4 Fall ergeben sich vier verschiedene Arten von Tripeln, von denen je zwei geometrisch aquivalent sind und als MOGI und MOGI' bzw. MOG2 und MOG2' bezeichnet werden (Fig. 3). Die beiden verschiedenen I a) I b) I I Fig.3. Strukturen yon maximalem y-Achse. a) MOG!-Struktur, Ordnungsgrad; Raumgruppe Projektion in Richtung 02/0. Die geometrisch der aquivalenten Schichtfolgen MOG! und MOG'r bilden einen Zwilling mit der Zwillingsebene (100). b) MOG2-Struktur, Raumgruppe Pbnm. Die geometrisch aquivalenten Schichtfolgen MOG2 und MOG' 2 zeigen eine Parallelverwachsung 398 H. MAYER und H. VOLLENKLE Anordnungen MOGI und MOG2 sind an der unterschiedlichen Translationsperiode senkrecht zum schichtformigen Bauelement zu erkennen, die fUr MOGI vier Schichten, fUr MOG2 hingegen nur zwei Schichten umfaBt. In der Kristallstruktur von Ge(OH)P04 ist demnach auf Grund der Gitterkonstante a die Anordnung MOGI realisiert. Diese Anordnung kann durch die wiederholte Anwendung des Stapelvektors 81= ;+ ~ +~ beschrieben werden und weist eine monokline Elementarzelle mit den in Tab.2 angefiihrten Daten auf. Alternieren in einer Anordnung Sequenzen mit den Stapelvektor 81 (MOGI) und solche mit dem Stapelvektor 82 = + ~.- ~ + (MOGI '), so fiihrt dies za einem polysyntheti- schen Zwilling oder, wie im vorliegenden Fall, wo die Bereiche klein genug sind, urn diffuse Reflexe parallel a* auf den Rontgendiagrammen zu ergeben, zu einer fehlgeordneten Struktur, in der Sequenzen mit MOG1- bzw. MOG1'-Anordnung vorherrschen. Die bei dem untersuchten Kristall beobachtete rhombische Reflexsymmetrie sowie die statistische Besetzung der Phosphor- und Sauerstoffpositionen in den Ebenen (!, y, z) und (!, y, z) mit der Besetzungswahrscheinlichkeit w = 1/2 ergibt sich nun dadurch, daB die Streuvolumenanteile der monoklinen Gitterbereiche MOGI und MOG1' im Mittel gleich groB sind, so daB durch deren Uberlagerung die experimentell ermittelte rhombische Zelle mit der Raumgruppensymmetrie Bmam (Bma2) resultiert. In den Schichtfolgen MOG2 und MOG2' wechseln die Stapelvektoren 81 und 82 periodisch und erzeugen dadurch eine orthorhombische Anordnung mit der Raumgruppensymmetrie Pbnm (Fig. 3). Ein Fehler in der Stapelfolge fUhrt hier nicht zu einer VerzwilIingung wie bei MOGI, sondern zu einer Parallelverwachsung yon zwei rhombischen KristaIlen, die urn c/2 gegeneinander versetzt sind. Diese strukturelle Anordnung wurde bei der Verbindung Ge(OH)P04 bisher nicht aufgefunden, sie ist jedoch bei den Kristallstrukturen der Verbindungen Fe(OH)S0414, In(OH)S04I4 und VOS0415 verwirklicht. Weiters waren noch prinzipiell Strukturen denkbar, in denen die Stapelvektoren 81 und 82 in weitgehend statistischer Abfolge auftreten. Verbindungen dieser Anordnungen wurden jedoch bisher noch nicht beobachtet. 14 Acta G. JOHANSSON, On the crystal Chern. 15 Scand. 16 (1962) structures of Fe(OH)S04 P. KlERKEGAARD and J. M. LONGO, The crystal oxide sulphate, VOS04. and In(OH)S04. 1234-1244. Acta Chern. Scand. structure ofvanadiurn(IV) 19 (1965) 1906-1914. Die Kristallstruktur und Fehlordnung von Ge(OH)P04 399 Die Beziehung der Kristallstruktur yon Ge(OH)P04 zu den Mineralen Kieserit, Titanit, Lazulith und Amblygonit Die Strukturen der Minerale Kieseritl6 Mg(H20)S04, Titanitl7 Ca[TiOSi04J, Lazulith IS Mg[ AI(OH)P04J2 und Amblygonitl9 Li[AI(OH,F)P04J konnen als Abkommlinge der Struktur von Ge(OH)P04 aufgefaBt werden, die von allen genannten Strukturen die hochstsymmetrische Anordnung zeigt. In Fig. 4 sind die Strukturen dieser Verbindungen in Projektionen in Richtung der Oktaederkette wiedergegeben, wobei deutlich die analoge Vernetzung der tetraedrischen nnd oktaedrischen Baugruppen zu erkennen ist. Fur das Germaniumhydroxidphosphat ist die in dielwr Verbindung auftretende MOG1Anordnungdargestellt, die dieselbe Raumgruppensymmetrie 02/c wie die Strukturen von Kieserit und Titanit besitzt (Tab. 7). 1m Kieserit Mg(H20)S04 sind gegenuber Ge(OH)P04 die tetraedrischen Gruppen auf den zweizahligen Achsen verdreht, was zu einer Aufhebung der Pseudosymmetrie - und dam it des OD-Charakters der erstgenanntell Verbindung fiihrt. Einer der energetischen Grunde fur diese Symmetrieerniedrigung durfte in der Ausbildung von Wasserstoffbriickenbindungen im Kieserit zu suchen sein: wahrend die OH-Gruppe im Germanium-hydroxidphosphat nur vier nachste Sauerstoffnachbarn mit 3,11 bzw. 3,29 A (je zweimal) aufweist, bietet die Struktur des Kieserits dem Wassermolekiil mit zwei Sauerstoffatomen in 2,70 A Entfernung ideale Voraussetzungen zur Wasserstoffbriickenbildung. Die Struktur des Titanits Ca[TiOSi04J zeigt eine ahnliche Deformation wie die des Kieserits, enthalt jedoch zusatzlich vier Ca-Ionen pro Elementarzelle in Hohlraumen des [TiOSi04]-Gerustes eingelagert (Fig. 4). 1m Lazulith Mg[AI(OH)P04J2 besetzen zwei Mg-Ionell pro Elementarzelle oktaedrisch koordillierte Positionen zwischen je zwei [AI04(OHh]-Oktaedern, was die neue Raumgruppensymmetrie P21/C zur Folge hat (Tab.7). Die Li-Ionen im Amblygonit besetzen im Prinzip die gleichen Liickenpositionen wie die Ca-Ionen im Titanit, Iiegen jedoch gegeniiber den Titanit-Positionen etwas neb en den zwei16 J. LIWNHARDT und R. WEISS, Das Kristallgitter des Kieserits MgS04 . H20. Naturwiss.44 (1957) 338-339. 17 W. H. ZACHARIASEN, The crystal structure of titanite. (1930) 7-16. 18 M. L. LINDBERG and C. L. CHlUS'L" Crystal structures minerals lazulite, scorzalite and barbosalite. Acta Crystallogr. 19 W. H. BAUR, Die Kristallstruktur des Edelamblygonits Acta Crystallogr. 12 (1959) 988--994. Z. Kristallogr. of the isostructural 12 (1959) 695-697. LiAlP04(OH,F). 73 400 H. MAYER und H. VOLLENKLE Ge (OH) P04 Ca [TiO Si04], Titanit Mg [AI (OH) P04]2, Lazulith Li [AI (OH, F) P04], Amblygonit Fig.4. Projektion der Kristallstruktur des Germanium-hydroxidphosphats Ge(OH)P04, sowie der Minerale Kieserit Mg(H20)S04' Titanit Ca[TiOSi04], Lazulith Mg[AI(OH)P04]2 und Amblygonit Li [AI(OH,F)P04] in Richtung der Oktaederkette Die Kristallstruktur und Fehlordnung von Ge(OH)P04 Tabelle 7. Beispiele fur Mincrale, die zu Ge(OH)P04 Ge(OH)P04 Kieserit-Reihe 401 homootyp sind Germaniumhydroxidphosphat monoklin 0 2/C-O~h (MOG1-Anordnung) Kieserit monoklin 0 2/C-O~h Titanit Malayait Isokit Tilasit Durangit monoklin 02/C-O~h 20 Mg(H20)S04 auch bekannt mit den Kationen Fe, Co, Mn, Cu, Zn. 20 Titanit- Tilasit-Reihe Ca[TiOSi04] Ca[SnOSi04] Ca[MgFP04] Ca[MgF As04] N a[ AIF As04] Lazulith-Reihe20 Mg[AI(OH)P04h Fe[ AI(OH)P04h Fe[Fe(OH)P04]2 Amblygonit-Reihe Lazulith Scorzalith Barbosalith 20 Li[ AI(OH,F)P04] Li[Fe(OH )P04] Amblygonit Tavorit triklin P I -ot ziihligen Achsen, wodurch die Symmetrie der Struktur auf PI erniedrigt wird. Die Koordinationszahl des eingelagerten Ions verringert sich dabei von [7] im Titanit auf [5] im Amblygonit. Dem Institutsvorstand, Herrn Prof. Dr. A. WITTMANN danken wir fUr die Forderung dieser Arbeit. Die Rechenarbeiten wurden an der Rechenanlage IBM 7040 des Institutes fUr numerische Mathematik der Technischen Hochschule Wien durchgefuhrt. Fur die zur VerfUgung gestellte Rechenzeit danken wir dem Vorstand dieses Institutes Herrn Prof. Dr. H. STETTER. Der Osterreichischen N ationalbank sind wir fur die finanzielle Unterstutzung bei der Anschaffung wissenschaftlicher Gerate sehr zu Dank verpflichtet. 20 H. STRUNZ, Mineralogische schaft, Leipzig Z. Kristallogr. Tabellen. 5. Auflage. Akadem. Verlagsgesell- 1970. Ed. 136, 5/6 26